Hungerstreik wegen Ruanda-Ausschaffungen, Pushbacks nach Italien, Freispruch für Mousafir

“Wir bleiben in Biel”: Letzten Donnerstag demonstrierten Aktivist*innen von Stop Isolation Bözingen, Migrant Solidarty Network und solidarische Bieler*innen vor dem Bieler Parlament.

Antira Wochenschau 13.06.22

Was war eher gut?

Griechenland: Freispruch für Mousafir

Gute Nachrichten von Europas Aussengrenzen gibt es nicht oft. Mousafir, der in Griechenland zu 47 Jahren Gefängnis verurteilt wurde, weil er sich gegen einen Pushback gewehrt hatte, wurde nun vom Vorwurf des Schmuggels freigesprochen.

Widerstand mit Wirkung. Mousafir ist nun freigesprochen.
Widerstand mit Wirkung. Mousafir ist nun freigesprochen.

Der Berufungsprozess fand am 9. Juni in Komotini statt. Mousafir hatte im Oktober 2019 versucht, Griechenland über das Thrakische Meer zu erreichen. Sein Boot wurde Ziel eines Pushback-Versuchs durch Frontex. Weil Mousafir versuchte, das Frontex-Boot mit einem Metallstock auf Distanz zu halten, wurde er von der Küstenwache als Schmuggler “identifiziert”. Daraufhin verbrachte er elf Monate in Untersuchungshaft, bevor er am 8. September 2020 wegen “Beihilfe zur unerlaubten Einreise” von 44 Personen, seiner eigenen “unerlaubten Einreise” und “gewaltsamen Widerstands” zu 47 Jahren und 6 Monaten Haft verurteilt wurde. Die einzige Zeugenaussage gegen ihn kam von der griechischen Küstenwache.

Willkürliche Verhaftungen, haltlose Anklagen und unfaire Prozesse dieser Art gibt es in Griechenland seit mehreren Jahren systematisch. Wenn es zu einem Prozess kommt, dauert dieser durchschnittlich nur 38 Minuten und führt im Durchschnitt zu einer Strafe von 44 Jahren und Geldstrafen von über 370’000 Euro.

Die Mutter von Mousafir, die sich gemeinsam mit seinem Vater und seinen Geschwistern für die Freilassung von Mousafir von Afghanistan aus eingesetzt hat, wurde inzwischen von den Taliban ermordet.

https://www.borderline-europe.de/unsere-arbeit/griechenland-weil-mousafir-widerstand-gegen-einen-pushback-leistete-wurde-er-zu-47?l=en
https://www.borderline-europe.de/eigene-publikationen/stigmatisiert-inhaftiert-kriminalisiert-der-kampf-gegen-vermeintliche-schleuser?l=en

Was geht ab beim Staat?

Parlament entscheidet gegen Aufnahme aus Griechenland und für Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten

Es gibt Menschen, die lassen sich in Parlamente wählen und entscheiden über das Schicksal von anderen. Hier ein paar Entscheidungen, die letzte Woche im Schweizer Parlament getroffen wurden.

  • Das Arbeitsverbot für abgewiesene Geflüchtete sei aufzuheben. Das befand der Nationalrat mit 102 zu 80 Stimmen. Relativ ehrlich stellte der Rat fest, viele Abgewiesene könnten nicht zurück und seien am Arbeitsplatz integriert. Justizministerin Karin Keller-Sutter hetzte und sprach von einem Fehlanreiz, der neue Personen motivieren könnte, sich ins Schweizer Paradies für Sans-Papiers zu begeben. Dann log sie und behauptete, abgewiesene Personen, die nicht zurück können, würden eine vorläufige Aufnahme (Ausweis F) erhalten und einer Lohnarbeit nachgehen dürfen. Die unzähligen illegalisierten Personen zeigen, dass dies nicht stimmt. Die Motion geht an den Ständerat.
  • Der Nationalrat sprach sich dafür aus, dass Sans-Papiers nicht mehr von der nachobligatorischen Bildung ausgeschlossen werden. Es sei wenig sinnvoll, junge motivierte Erwachsene mit Potenzial, die sich sowieso schon in der Schweiz befänden, von der beruflichen Ausbildung auszuschliessen, lautete der Tenor. Der Vorstoss geht nun an den Ständerat.
  • Geht es nach dem Nationalrat, soll es keine zusätzliche Aufnahmen von besonders schutzbedürftigen Geflüchteten von den griechischen Inseln geben. Eine Standesinitiative aus Basel-Stadt „um die Kapazitäten der Bundesasylzentren und der kantonalen Asylzentren vollständig auszulasten“ wurde abgelehnt. Die Folge dieses Entscheides: Die Menschen müssen den Weg über die Balkanroute beschreiten und riskieren Gewalt durch die lokalen Grenzpolizist*innen sowie durch Frontex-Beamt*innen, die in den unterschiedlichen Balkanstaaten bewaffnet dafür sorgen, dass die Abschottungsinteressen der Schengenstaaten brav umgesetzt werden.

https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2022/20220608130906164194158159038_bsd104.aspx
https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2022/20220609172313464194158159038_bsd168.aspx

Corona-Zwangstests für abgewiesene Asylsuchende bleiben

Der Bundesrat hat die Massnahme bis Juni 2024 verlängert. Damit können Asylsuchende weiterhin unter Zwang getestet werden um deren Ausschaffung durchzusetzen.

Der Ausschaffungsknast beim Flughafen Zürich-Kloten ist für viele abgewiesene Asylsuchende die letzte Station in der Schweiz.
Der Ausschaffungsknast beim Flughafen Zürich-Kloten ist für viele abgewiesene Asylsuchende die letzte Station in der Schweiz.

Im September 2021 entschied das Parlament, dass abgewiesene Asylsuchende unter Zwang auf Corona getestet werden sollen. Ohne negativen Test weigerten sich die meisten Fluggesellschaften, die Menschen zu transportieren. Und die Aufnahmeländer liessen die Menschen nicht einreisen. Die vorerst bis Ende 2022 befristete Massnahme wurde nun bis Mitte 2024 verlängert. Um eine Wegweisung durchführen zu können, wurden zwischen 1. Oktober 2021 und 31. März 2022 insgesamt 146 Menschen gegen ihren Willen zu einem Corona-Test gezwungen. Der Bundesrat spricht von einem «bewährten Instrument» in einer «pandemiebedingten unsicheren Situation». Dabei wird mit den Zwangstests das Recht, frei über den eigenen Körper zu entscheiden, mit Füssen getreten.

Dies sieht sogar Hans Wolff, Präsident der Schweizer Gefängnisärzte, so: «Zwangsmassnahmen in der Medizin sind nur erlaubt, wenn ein Mensch sich oder andere akut in Gefahr bringt.» Und davon kann im Falle der Durchsetzung einer Wegweisung absolut nicht die Rede sein. Wollf widerspricht auch dem Bundesrat, dass die Erfahrungen mir der Testpflicht bisher «durchwegs positiv» seien. Gefängnisärzt*innen aus verschiedenen Kantonen haben gemeldet, dass zur Durchführung der Tests Gewalt angewendet werden musste. «Für die abgewiesenen Asylsuchenden und für die Ärzt*innen ist das eine traumatische Erfahrung», so Wolff weiter. Bereits bei der Einführung wurden die Zwangstests aus juristischer und ethischer Sicht scharf kritisiert. Doch dem Bundesrat und der bürgerlichen Mehrheit im Parlament geht es um die «Glaubwürdigkeit des Asylsystems». Die Verlängerung der Massnahme erfolgt nun mit der Begründung, dass viele Herkunftsstaaten sowie die Fluggesellschaften weiterhin einen negativen Covid-19-Test verlangen. Doch warum bis Juni 2024? Als ob irgendwer jetzt wissen kann, wie die Situation in zwei Jahren aussieht.

Die Zwangstests für abgewiesene Asylsuchende stehen symptomatisch für den Zustand des Schweizer Asylsystems. Da diese Menschen keine Lobby in Politik oder Wirtschaft besitzen und ihre Stimmen systematisch ignoriert werden, können solche Beschlüsse einfach im Stillen gemacht werden. Selbst im Wissen, dass Massnahmen und Praktiken gegen nationales oder internationales Recht verstossen. Gleichzeitig fällt auf, dass es aus den Reihen der Corona-Massnahmen-Gegner*innen kaum explizite Kritik an dieser Zwangsmassnahme gab. Weisse, mittelständische Menschen mit Schweizer Pass sahen in den kleinsten Massnahmen, welche sie selber betrafen, ihre durch die Verfassung garantierten Freiheiten und Rechte bedroht. Wo aber wirklich Zwang angewendet wurde, schauten fast alle weg. Corona-Massnahmen-Gegner*innen bilden keine homogene Gruppe, die sich per se in die rechte Ecke stellen liesse. Aber in vielen Kritiken wurden die Massnahmen gegenüber Asylsuchenden, die bereits vor der Pandemie täglich strukturelle Diskriminierung erlitten, bewusst oder unbewusst ausgeklammert. Und wer dies bewusst tut, der tritt den Gang in die rechte Ecke freiwillig an.

https://magazin.nzz.ch/nzz-am-sonntag/schweiz/bundesrat-haelt-an-zwangstests-fest-ld.1687420
(Volltext ohne Abo-Zugang unter https://antira.org/2022/06/05/medienspiegel-5-juni-2022/#more-10245)
https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2021/20210915092637655194158159038_bsd058.aspx

Was ist aufgefallen?

Rassistische Ausbeutung und Kontrollen im Namen des Lohnschutzes

Um die Konkurrenz und die Lohndrückerei aufgrund von (rassistischen) Ausbeutungsdynamiken einzuschränken, führen Staat, Arbeitgeber*innenverbände und Gewerkschaften „Schwarzarbeitskontrollen und Lohnkontrollen” durch. Diese treffen vorwiegend jene, die an sich geschützt werden sollten. Während missbräuchliche Unternehmen meist mit einem blauen Auge davon kommen, stellen diese Kontrollen für ausgebeutete (illegalisierte) Migrant*innen eine existenzielle Gefahr dar.

Im Dokumentarfilm
Im Dokumentarfilm “Schwarzarbeit” sind rassistische Arbeitsverhältnisse und Arbeitsmarktkontrollen sowie ihre politisch-moralische Weisswaschung sichtbar.

Kapitalistische Betriebe sind nicht wirklich frei in der Entscheidung, Arbeitende auszubeuten. Wenn sie bestehen wollen, müssen sie dies tun. Ein Betrieb, der stärker ausbeutet, kann seine Waren billiger verkaufen und sich von der Konkurrenz abheben. Andere, die nicht nachziehen, bleiben auf ihren Waren sitzen und gehen ein. Um die Konkurrenz ein wenig einzuschränken, vertrauen Kapitalist*innen gerne dem Staat oder den Sozialpartner*innen (Unternehmer*innenverbände und Gewerkschaften). Als Schiedsrichter*innen von aussen können diese den Teufelskreis der Lohndrückerei durch gemeinsame Spielregeln (Gesetze, Gesamtarbeitsverträge) in einer Branche oder einem Staat etwas befrieden.

Eine Möglichkeit dies zu tun, sind die Kontrollen gegen sogenannte „Schwarzarbeit“. Im vergangenen Jahr finanzierte der Staat hierfür 79 Vollzeitstellen. Offiziell sollen diese Kontrollen helfen, die Betriebe zu finden, die sich einen Marktvorteil erhoffen, indem sie für die Angestellten keine Sozialversicherungsbeiträge und Quellensteuern bezahlen. In der Praxis geht es aber genauso stark darum, Sans-Papiers zu jagen.

Insgesamt wurden 34’208 Arbeitende in 12’062 Betrieben kontrolliert. 5’256 Verdachtsmomente betrafen Verstösse gegen das Sozialversicherungsrecht und 3’687 mal wurden Verstösse gegen das Quellensteuerrecht weitergemeldet. Mit der Kontrolle dieser beiden Bereiche liesse sich Schwarzarbeit wirksam bekämpfen. Die Betriebe, die Schwarzarbeitende – meist Sans-Papiers – ausbeuten, könnten bestraft werden, ohne die Betroffenen der Ausbeutung zu bedrohen. Doch während missbräuchliche Betriebe in der Regel nur verwarnt oder sanft gebüsst werden, wurde 4’325 mal eine Meldung an die Polizei und Migrationsbehörden erstattet. Besonders oft werden Sans-Papiers in Basel-Stadt, Wallis, Bern und Genf verraten. Für Sans-Papiers kann eine solche Meldung zur Abschiebung führen.

Eine zweite Art von Arbeitsmarktkontrollen stellen die „flankierende Massnahmen“ zur innereuropäischen Personenfreizügigkeit dar. 35’795 solche Kontrollen wurden letztes Jahr durchgeführt. Dort, wo es allgemeinverbindliche Gesamtarbeitsverträge (GAV) gibt, kontrollierten Gewerkschaften und Arbeitgeber*innenverbände 11% der Unternehmen. Dort, wo es keine allgemeinverbindlichen GAVs gibt, kontrolliert der Staat. Er besuchte gerade mal 4% der Betriebe. In rund jedem 10 Betrieb stellte er zu tiefe Löhne fest, während die Kontrollen der Gewerkschaften und Arbeitgeber*innen in fast jedem fünften Betrieb Lohnunterbietungen feststellten. Ähnlich wie bei der „Schwarzarbeitsbekämpfung“ müssen missbräuchliche Firmen nicht wirklich viel befürchten. So wurden 1’278 Betriebe im Rahmen des sogenannten „Verständigungsverfahrens“ einfühlsam eingeladen, keinen Lohnmissbrauch zu betreiben und allfällige Lohndifferenzen doch zu bezahlen. Eigentliche Bussen wurden letztes Jahr nur gegen 2’009 Betriebe verhängt. 736 Betriebe, die vom Ausland her in der Schweiz Aufträge erfüllen, erhielten zudem eine Sperre.

Arbeitgeber*innen verdienen ihr Geld also nicht nur damit, dass sie einen hohen Anteil des Firmenumsatzes einfach einstecken, sie profitieren auch spezifisch von Migrant*innen, die aufgrund von rassistischer Entrechtung und Diskriminierung weniger (Durchsetzungs-) Macht haben als Angestellte mit Schweizer Pass. Besonders wenig Macht haben Sans-Papiers. Als Illegalisierte sind sie von Sozialversicherungen bzw. staatlicher Unterstützung ausgeschlossen. Wer keine Unterstützung von Familie oder Freund*innen erhält, muss quasi jeden Job annehmen und noch so ausbeuterische Arbeits- und Lohnbedingungen aushalten. Theoretisch dürften Sans-Papiers vor Gericht Arbeitsrechte einklagen, doch wenn sie für den Staat sichtbar werden, droht ihnen Haft und Abschiebung.

Nicht nur Migrant*innen ohne, sondern auch Migrant*innen mit Aufenthaltsrechten werden im Vergleich zu Schweizer Arbeiter*innen spezifisch ausgebeutet. Erstens sind Einreise- aber auch Bleiberechte (Ausweis B und C) an einen Arbeitsvertrag geknüpft. Grundsätzlich gilt: Wer nicht lohnarbeitet, verliert das Aufenthaltsrecht. Für gute Löhne und Arbeitsbedingungen einzustehen, sich zu wehren und dabei den Job zu riskieren, ist für sie daher gefährlicher als für Schweizer*innen. Zweitens wirkt der sogenannte „Inländer*innenvorrang“ diskriminierend. Der gesetzliche Zwang, dass Schweizer*innen Vorrang auf dem Arbeitsmarkt haben, fördert eine rassistische Segmentierung des Arbeitsmarkts. In Branchen, die bei Arbeitnehmenden mit Schweizer Pass beliebt sind, werden Migrant*innen ausgeschlossen. Diese stehen dann unter Druck, die übrig bleibenden – meist anstrengenden, gefährlichen und schlecht bezahlten – Jobs zu übernehmen. Jobs, die viele Schweizer*innen meiden, wenn sie es sich leisten können. Solche wertschöpfungsarmen Jobs wurden in vielen Branchen in den Globalen Süden ausgelagert. Dort wo dies nicht möglich ist, arbeiten viele Migrant*innen: in der Gastro-, Landwirtschafts-, Bau- oder Care-Branche.

Schliesslich schwächt eine dritte Art der Diskriminierung die Macht der migrantischen Arbeitenden auf dem Arbeitsmarkt. Wer sich bewirbt oder es wagt, mit Chef*innen über den Lohn zu verhandeln, wird versuchen, das was die Chef*innen unser „Humankapital“ nennen (Ausbildungen, Berufserfahrungen, Sprachkenntnisse usw.) zu einem möglichst hohen Preis zu verkaufen. Aufgrund von rassistischen Fantasien und staatlichen Regelungen können Unternehmen nicht-schweizerische Diplome, Arbeitserfahrungen und Sprachkenntnisse in vielen Fällen unbestraft entwerten. Dies führt im Endeffekt dazu, dass Migrant*innen für die gleiche Tätigkeit über Jahrzehnte viel weniger Lohn als Schweizer*innen erhalten. Auch von dieser Diskriminierung profitieren die Unternehmer*innen.

https://www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/71908.pdf
https://www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/71871.pdf

Über 24’000 Pushbacks an der französisch-italienischen Grenze 2021

Französische Behörden hinderten im letzten Jahr zehntausende Migrant*innen an der Einreise aus Italien. Die angewandten Praktiken sind rechtlich fraglich und haben oft tödliche Folgen für Menschen auf der Flucht.

Lebensmittelverteilung bei den Autobahnbrücken in Ventimiglia.
Lebensmittelverteilung bei den Autobahnbrücken in Ventimiglia.

Ventimiglia ist eine der Grenzstädte an der Côte d’Azur, an der tausende Migrant*innen versuchen, nach Frankreich einzureisen. Zwanzig Kilometer Niemandsland liegen zwischen der letzten grösseren italienischen Stadt und Menton, der ersten grösseren französischen Stadt. Es gibt drei Möglichkeiten, die Grenze zu überwinden:

  • Mit sogenannten Passeurs, Taxifahrer*innen, die dafür bezahlt werden, Migrant*innen nach Frankreich zu bringen. Wenn sie entdeckt werden, werden sie zurück hinter die Grenze abgeschoben.
  • Mit den Zügen, jedoch werden diese stark kontrolliert. Deshalb versuchen Menschen auch, sich auf Zugdächern zu verstecken. Immer wieder kommt es zu Todesfällen durch Kontakt mit den Fahrleitungen oder durch den Aufprall beim Springen, wenn sie versuchen, vor Erreichen der ersten Station abzusteigen.
  • Eine letzte Möglichkeit ist die Grenzüberquerung zu Fuss. Der Weg durch die Berge ist lang und gefährlich. Auch hier sterben Menschen durch Unfälle oder Kälte. Zudem ist die französische Armee ständig am Ende der von Italien kommenden Wege postiert, was den Zugang zu Menton über die Berge noch schwieriger macht.

Aufgrund des Dublin-Abkommens sind alle diese Wege für Menschen ohne europäische Papiere illegalisiert. Dublin schreibt vor, dass Menschen im Erstankunftsland Asyl beantragen müssen. Dem gegenüber stehen die Schengen-Abkommen, die Bewegungsfreiheit innerhalb Europas garantieren sollen. Frankreich verstösst seit Jahren gegen dieses Abkommen, aus «Sicherheitsgründen». Die Militarisierung der französisch-italienischen Grenze schreitet voran. Im Jahr 2021 wurden 24’000 Migrant*innen an der Grenze zurückgewiesen, noch mehr als in den Jahren zuvor.

Weiter nördlich benutzt die französische Polizei sogar einen Aussenposten auf italienischem Boden, um Migrant*innen schon vor ihrer Einreise zurückzuweisen. Er befindet sich an den Mautstellen am Eingang des Fréjus-Tunnels, der Italien mit Frankreich verbindet, und liegt an einer kurvenreichen Strasse durch die Alpen. Migrant*innen werden dort vor allem in Bussen aufgegriffen, welche über die Grenze fahren.

Sie erhalten ein Dokument mit der Einreiseverweigerung und werden willkürlich bis zu 24 Stunden festgehalten, bevor die italienische Polizei sie abholt. Verschiedenes daran ist in seiner Legalität mindestens fragwürdig: Wieso führt die französische Polizei Kontrollen auf italienischem Gebiet durch? Welcher gesetzliche Rahmen erlaubt diese Pushbacks, zumal die Menschen die Grenze noch nicht einmal überquert haben? Wenn ein Land die Einreise verweigert, muss es auch über das Recht informieren, Asyl zu beantragen. Aber in diesem Fall scheint das nicht zu geschehen. Indem die Grenzbeamt*innen Migrant*innen ihre Rechte verweigern, tragen sie dazu bei, dass lebensgefährliche Routen gewählt werden. Mit ihrem Verhalten tragen sie die Mitverantwortung für jeden einzelnen Todesfall an der italienisch-französischen Grenze.

Keine offizielle Stelle übernimmt Verantwortung für die Menschen, die es nicht über die Grenze schaffen und über Monate in der Grenzregion festsitzen. Viele leben auf den Strassen und schlafen unter Autobahnbrücken. Solidarische Strukturen wie Progetto20k in Ventimiglia probieren für das Nötigste wie Lebensmittel und Schlafplätze zu sorgen. Und auf die Pushback-Praktiken auch mitten in Europa aufmerksam zu machen.

https://www.imperianews.it/2022/06/08/leggi-notizia/argomenti/cronaca-6/articolo/oltre-24-mila-i-migranti-respinti-alla-frontiera-senza-una-riforma-legislativa-e-civica-anche-quest.html
http://www.infomigrants.net/en/post/40942/illegal-methods-the-shadow-zones-employed-by-french-border-police-on-italian-soil
https://www.infomigrants.net/en/post/40935/by-night-i-sleep-under-a-bridge-in-ventimiglia-by-day-i-moonlight-in-the-fields
https://www.facebook.com/progetto20k

Deutschland: Aussetzung von Dublin-Verfahren wegen Corona-Pandemie waren rechtswidrig

Deutschland hat während der Corona-Pandemie tausende Dublin-Verfahren ausgesetzt. Nun hat der EU-Generalanwalt entschieden, dass dieser Entscheid rechtswidrig war. Dies könnte entscheidenden Einfluss auf die ausgesetzten Dublin-Überstellungen in osteuropäische Staaten haben.

Mit Ausbruch der Corona-Pandemie im März 2020 schlossen viele europäische Staaten ihre Landesgrenzen. Dies führte dazu, dass die Rückführung von Asylsuchenden gemäss Dublin-Abkommen nicht mehr möglich war. In Deutschland setzte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bis 1. Juni 2020 insgesamt 21’735 Verfahren aus. Mit diesem juristischen Trick sollte die Überstellungsfrist unterbrochen werden. Denn laut Dublin-Verordnung muss nach dem rechtsgültigen Entscheid eine Überstellung in den für das Asylverfahren zuständigen Mitgliedstaat innerhalb von sechs Monaten erfolgen. Geschieht dies nicht, wird der Mitgliedstaat zuständig, der für die Überstellung angefragt hat. An einem Beispiel erklärt: Wenn eine geflüchtete Person mit dem Boot über das Mittelmeer in Italien ankommt und dort registriert wird, ist Italien für das Asylverfahren zuständig. Reist die Person weiter nach Deutschland und stellt dort einen Asylantrag, kann Deutschland diese Person innerhalb von sechs Monaten nach Italien zurückführen.

Mit der Aussetzung der Dublin-Verfahren wollte das BAMF diese Frist aussetzen und nach dem Ende der Reisebeschränkungen von Neuem laufen lassen. Organisationen wie PRO ASYL hatten diese Massnahme von Beginn an als europarechtswidrig angeprangert. Denn solche Aussetzungen sind nur in ganz konkreten Fällen, wie einer Inhaftierung oder wenn die Person flüchtig ist, gestattet. Am 2. Juni hat nun auch der EU-Generalanwalt entschieden, dass eine Aussetzung der Dublin-Frist wegen der Pandemie rechtswidrig war. Dies hätte für die asylsuchenden Menschen ganz konkrete Folgen, wie PRO ASYL schreibt: «Wenn das Gericht dem folgen würde, wäre das insbesondere für die von der Aussetzung Betroffenen wichtig, denn erst dann würde feststehen: Deutschland ist für ihr Asylverfahren zuständig geworden, als die ursprüngliche Frist ablief.» Die Richter*innen am Europäischen Menschengerichtshof (EugH) sind zwar nicht an die Anträge der Generalanwält*innen gebunden, leisten diesen aber oft Folge.

Das Verfahren könnte auch Auswirkungen auf die aktuellen Aussetzungen von Dublin-Überstellungen in osteuropäische Länder haben. Wegen der grossen Anzahl Kriegsgeflüchteter aus der Ukraine nehmen einige osteuropäische Länder keine Antrage auf Rücknahme von Asylsuchenden gemäss Dublin-Verfahren mehr entgegen. Der Informationsverbund Asyl & Migration hat eine Übersicht erstellt, in der die aktuelle Lage in Polen, Tschechien, der Slowakei, Rumänien und Bulgarien erörtert wird. Die Rechtswidrigkeit von Dublin-Bescheiden ist in den deutschen Verwaltungsgerichten aktuell umstritten. Dabei geht es unter anderem um die Frage, ob Menschen in diese Länder überstellt werden dürfen, wenn Ihnen dort wegen mangelhafter Aufnahme- und Verfahrensbedingungen eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht.

Der Entscheid der EU-Generalanwaltschaft könnte nun entscheidenden Einfluss bekommen. Denn im Schlussantrag wird explizit auf die «Möglichkeit des Selbsteintritts» in der Dublin-Verordnung hingewiesen. Ein Mitgliedstaat kann freiwillig die Zuständigkeit für ein Asylverfahren übernehmen. Diese Forderung kommt schon seit langem von Asylorganisationen und nun auch von der EU-Generalanwaltschaft: “Der von mir vorgeschlagene Ansatz hätte eine grössere Solidarität widergespiegelt, insbesondere gegenüber den Mitgliedstaaten, die sowohl die Folgen der Gesundheitskrise als auch grosse Migrationsströme zu bewältigen haben.» Sprich: Die reichen westeuropäischen Länder sollen Geflüchtete aufnehmen, anstatt sie mit Hinweis auf die Dublin-Bestimmungen nach Ost- oder Südeuropa zurückzuführen.”

https://www.proasyl.de/news/eu-generalanwalt-aussetzung-von-dublin-verfahren-wegen-corona-pandemie-war-rechtswidrig/
https://www.asyl.net/view/uebersicht-auswirkungen-des-ukraine-krieges-auf-dublin-ueberstellungen

Was nun?

Beratungsangebote für alle traumatisierten Geflüchteten benötigt

Das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) des Kantons St. Gallen beginnt mit einem Beratungsangebot für traumatisierte Geflüchtete aus der Ukraine. So begrüssenswert dieses Angebot ist, zeigt sich in diesem Vorgehen einmal mehr die Ungleichbehandlung geflüchteter Menschen.

Das Restaurant Jägerhof in St. Gallen hat an einem Benefiz-Dinner 10’000 Franken für ukrainische Geflüchtete gesammelt. Mit dieser Spende startet das SRK des Kantons St. Gallen ein Beratungsangebot. Konkret beinhaltet dieses ein Abklärungsgespräch und anschliessend fünf therapeutische Gespräche. Die Tatsache, dass es für die Finanzierung dieses Angebotes ein privates Benefiz-Dinner brauchte, ist absurd. Welchen Stellenwert hat die psychische Gesundheit geflüchteter Menschen in diesem Staat?

Einmal mehr fällt die Antwort je nach Staatsangehörigkeit der Person anders aus. Depressionen, Angststörungen, Schlaflosigkeit – die Symptome eines Kriegstraumas sind schwer. Psychologische Unterstützung ist zwingend notwendig. Dabei sollte es keine Rolle spielen, welcher Krieg das Trauma verursacht hat. Krieg ist Krieg, Kriegstrauma ist Kriegstrauma. Doch während für Geflüchtete aus der Ukraine eigene Beratungsangebote aufgebaut werden (was antira.org selbstverständlich begrüsst), fehlt es anderen Geflüchteten an Zugang zu psychologischer Unterstützung. Anstatt geflüchtete Menschen und ihre physische und psychische Gesundheit zu schützen, werden die Menschen hier vom Schweizer Staat systematisch weiter psychisch unter Druck gesetzt – sei es durch unwürdige Lebensbedingungen in den Asyllagern, Isolation, fehlenden Zugang zu Unterstützungsangeboten oder durch einen unsicheren Aufenthaltsstatus und Abschiebegefahr.

https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/ressort-ostschweiz/interview-depressionen-angststoerungen-schlaflosigkeit-traumatisierte-ukrainische-gefluechtete-erhalten-in-stgallen-psychologische-hilfe-ld.2302337

Wo gabs Widerstand?

Grossbritannien: Hungerstreik gegen erste Ruanda-Ausschaffungen

Abschiebungen aus Grossbritannien haben ein neues Level erreicht. Wie viele europäische Staaten wird auch Grossbritannien in der Effizienz und Effektivität von Abschiebungen gebremst, sobald sich Menschen weigern, freiwillig zurückzukehren und kein Rückübernahmeabkommen mit dem Herkunftsland besteht. Um Abschiebungen in Zukunft trotzdem gegen den Willen einer Person durchführen zu können, wurde ein Abkommen mit Ruanda geschlossen. Dort werden nun von der EU externalisierte und finanzierte Lager betrieben, wohin Menschen aus Grossbritannien ausgeschafft werden – unabhängig davon, woher die Menschen geflüchtete sind. Eine Gruppe betroffener Menschen ist darum in den Hungerstreik getreten.

Die britische Innenministerin Priti Patel und der ruandische Minister Vincent Biruta unterzeichnen die Partnerschaft im Bereich Migration und wirtschaftliche Entwicklung.
Die britische Innenministerin Priti Patel und der ruandische Minister Vincent Biruta unterzeichnen die Partnerschaft im Bereich Migration und wirtschaftliche Entwicklung.

Viele der ersten 100 Personen, die von diesen willkürlichen Abschiebungen nach Ruanda betroffen sind, stammen beispielsweise aus dem Sudan oder aus Afghanistan. Sie wurden also in eine ihnen wildfremde Umgebung abgeschoben, wo sie weder die Sprache sprechen, noch irgendein soziales Netz besitzen. Das Innenministerium kommunizierte dies den betroffenen Personen in einem Schreiben, welches sagt, dass «Sie die Möglichkeit haben, das Vereinigte Königreich freiwillig zu verlassen. Sollten Sie jedoch abgeschoben werden, wird dies nach Ruanda geschehen.»

Grund für die Ablehnung der Asylanträge und die Abschiebung nach Ruanda bietet für das britische Innenministerium die Art und Weise, wie die Personen Grossbritannien erreicht haben, nämlich mit dem Schlauchboot über den Ärmelkanal. Das ist laut dem Innenministerium «unzulässig», obwohl es für viele Menschen die einzige Möglichkeit ist, nach Grossbritannien gelangen zu können. Das Schreiben fügt hinzu: «Gegen die Entscheidung, Ihren Asylantrag als unzulässig zu behandeln, gibt es kein Rechtsmittel.» Es ist also nicht möglich, gegen diesen Entscheid Einsprache zu erheben. Karen Doyle von Movement For Justice, sagt dazu: «Es ist, als ob das Innenministerium dieser Gruppe von Asylsuchenden sagt: ‘Hier ist eine Hölle, die wir für euch in Ruanda geschaffen haben, aber ihr könnt euch stattdessen dafür entscheiden, in die Hölle zurückzukehren, aus der ihr geflohen seid.’ Das ist keine Wahl.»

Eine Gruppe von Menschen, die von der Ausschaffung bedroht ist, trat diese Woche in einen Hungerstreik. Und am Freitag begannen dutzende von Personen im Brook House-Gefängnis in der Nähe des Flughafens Gatwick mit einer Protestaktion auf dem Übungsplatz. Das Vorgehen Grossbritanniens ist nebst seiner Brutalität und Absurdität auch deshalb sehr problematisch, weil Verschärfungen des Asylsystems in vielen Fällen von anderen Staaten übernommen werden. Dies zeigt sich momentan beispielsweise in der geplanten Auslagerung von Asylprüfungen in Drittstaaten. Der österreichische Innenminister hat angekündigt, diese Praxis umsetzen zu wollen, inspiriert von den Auslagerungsplänen Grossbritanniens. So verschärft sich das europäische Asylregime kontinuierlich weiter.

https://www.derstandard.at/story/2000136373574/innenminister-karner-will-asylpruefungen-in-drittstaaten-auslagern?ref=rss
https://www.theguardian.com/uk-news/2022/jun/06/home-office-offers-asylum-seekers-choice-between-war-zones-they-fled-and-rwanda?CMP=Share_iOSApp_Other

Wir bleiben in Biel: Aktion vor dem Bieler Parlament

Der Bieler Gemeinderat hat auf die Forderung „Wir bleiben in Biel“ enttäuschend geantwortet. Nun ist das Parlament der Stadt Biel gefragt. Aktivist*innen von Stop Isolation Bözingen, Migrant Solidarty Network und solidarische Bieler*innen richteten sich lezte Woche an die Stadträt*innen. Für ein selbstbestimmten neuen Wohnort hätte es in Biel Platz, z.B. im leerstehenden ehemaligen Altersheim «Oberes Ried».

Flyer der Gruppe

Von migrant-solidarity-network.ch.

“Das Rückkehrcamp Bözingen schliesst im Juli. Der Entscheid des Bieler Gemeinderates war richtig, doch ging nicht weit genug. Die Verhältnisse im Containercamp sind menschenunwürdig. Nun braucht es einen neuen Ort in Biel, z.B. im leerstehenden Altersheim «Oberes Ried». Dort könnte eine kollektive Privatunterkunft entstehen – mit Selbstbestimmung und Privatsphäre für die Bewohnenden.
Im Rückkehrcamp Bözingen leben noch rund 50 alleinstehende Männer und Familien mit französisch eingeschulten Kindern. Ihnen droht die Isolation im berüchtigten Rückkehrcamp Gampelen, weit ausserhalb, irgendwo verloren im Grossen Moos.
Der Kanton hat kein Verständnis für die Bewohnenden und die Forderung «Wir bleiben in Biel». Der zuständige Regierungsrat Philippe Müller äussert sich herablassend. Der Bieler Gemeinderat reagiert bisher unsolidarisch und versteckt sich hinter Paragrafen. Petitionen, Demonstrationen, (Medien-)Berichte haben ihn nicht bewegt. Es braucht mehr Druck. Das Bieler Parlament könnte helfen, die Situation zu deblockieren.
Der Gemeinderat verschleiert seine bestehenden Handlungsspielräume. In Biel hätte es Platz… z.B. im leerstehenden ehemaligen Altersheim «Oberes Ried».”
 
Mehr Fotos des Protestes und Zitate der Betroffenen und Politiker*innen:
https://migrant-solidarity-network.ch/2022/06/09/wir-bleiben-in-biel-aktion-vor-dem-bieler-parlament/

Was steht an?

Fiasko Aussengrenzen & Frontex Diskussion
16.06.2022 I 18:30 Uhr | Basel, Uferstrasse 40
Diskussionabend zum Fiasko N°8, das sich mit diesem Themen befasst: Europa, du mieses Stück Scheisse,»Nieder mit der EU-Aussengrenze! Gegen die Gleichgültigkeit!«, Madina, Pushbacks und Menschenrechtsverletzungen an der kroatischen Grenze zu Bosnien-Herzegowina,Gewaltvolle Balkanrouten, Ich frage mich, wie sie nachts ruhig schlafen können, Mein Name ist Tayiub, ich komme aus Afghanistan, Hinter deinen Zahlen standen Leben, Refugees In Libya – Unser politisches Manifest
https://barrikade.info/event/1762

Soliparty für die Hinterbliebenen eines Helvetizid
18.06.2022 I 17:00 Uhr | Wagenplatz Bern-Bethlehem

Das Asylregime in der Schweiz tötet. Nesurasa ist einer von vielen, der einen entwürdigenden Helvetizid erfahren musste. Am 15. Februar 2022 wurde er zuletzt gesehen von seinem Zimmermitbewohner, sein Leichnam wurde erst am Freitag darauf auf dem Feld ungefähr 500m vom Rückkehrlager Gampelen entfernt gefunden.
Die Familie verlohr nicht nur ihren Vater und Ehemann, sie verlohren auch die Unterstützung, die sie brauchen, um in der gegenwärtigen Wirtschaftskrise klar zu kommen. Darum werden wir alle Einnahmen von dieser Soliveranstaltung der Familie von Nesurasa geben.
https://migrant-solidarity-network.ch/2022/06/09/soliparty-fuer-die-familie-von-nesurasa

Beim Namen nennen
18.-19.06.22 I 24 Stunden ab 12:00 Uhr I Basel, Bern, Chur, Genf, Lausanne, Luzern, Neuchâtel, Zürich

Seit 1993 sind mehr als 48000 Menschen beim Versuch, nach Europa zu flüchten, gestorben. Die meisten sind im Mittelmeer ertrunken. Andere wurden an Grenzübergängen erschossen. Männer, Frauen, Jugendliche, Kinder und Babys. Für die meisten Flüchtlinge ist Europa eine Festung. An den europäischen Aussengrenzen leben aktuell hunderttausende Menschen in erbärmlichen Verhältnissen und Lagern.
In verschiedenen Städten finden öffentliche Lesungen der «List of Deaths» statt. Dazu werden die Angaben jeder verstorbenen Person auf ein Stück Stoff geschrieben und an einer Installation befestigt. So entstehen im Gedenken an die Verstorbenen öffentliche Mahnmale.
Beteilige dich an den Aktionen. Kein Schweigen zum Sterben auf dem Mittelmeer! #saytheirnames #keinmenschistegal
https://www.beimnamennennen.ch/

Aktionswoche Solidarität kennt keine Grenzen
18.-26.06.22 I Luzern

Die Trägerschaft «Solidarität kennt keine Grenzen» möchte dazu beitragen, dass Grenzen zwischen Menschen aufgehoben oder zumindest verkleinert werden. Dazu finden in der Solidaritätswoche dutzende Veranstaltungen in und um Luzern statt, darunter auch Besuche gegen die Eingrenzung in Asyl- und Nothilfeunterkünften. Das ganze Programm findet sich online.
https://solinetzluzern.ch/solidarisch-luzern

Veranstaltungsübersicht des Antira-Kompass
Juni bis September 22
Ab 2. Juni bis 11. September in Frankfurt: Forensic Architecture zum Mord an Oury Jalloh und zur Kette des Versagens in Hanau +++ 22./23. Juni in Berlin: Sahel-Konferenz +++ 26. Juni in Kassel: 25 Jahre kein mensch ist illegal +++ 26. Juni bis 11. Juli in verschiedenen Städten: Veranstaltungstour des Alarm Phone Sahara +++ 12.-17. Juli bei Nantes: Transborder Summer Camp +++ Freisprüche in Prozessen gegen Migrant:innen in Griechenland und Italien +++ Ausblick: August in Berlin: 20 Jahre Women in Exile
https://www.antira-kompass.info/sites/default/files/2022-06/105KompassNL.pdf

Widerständiges Sommercamp: Eine andere Welt ist möglich
01.-10.07.22 I Basel
Von der Klimakatastrophe, über das Grenzregime bis zum Patriachat. Wir leben in einer Zeit vieler Krisen. Doch während all das Realität ist, gehen überall auf der Welt Menschen auf die Strasse um für eine gerechtere, solidarischere und ökologischere Welt zu kämpfen. Am Sommercamp wollen wir aus den verschiedenen Kämpfen lernen, uns vernetzen und aktiv werden. Komm auch du an das widerständige Sommercamp und beteilige dich an den Aktionstagen. Gemeinsam können wir zeigen: Eine andere Welt ist möglich!
https://barrikade.info/article/5198

Lesens -/Hörens -/Sehenswert

Abschiebungen in die Türkei: Deutschland als Erdogans Handlanger?
Abschiebungen aus Deutschland in die Türkei sind keine Seltenheit – deutsche Behörden lehnen reihenweise Asylanträge von politisch Verfolgten ab und schieben immer mehr Menschen in die Türkei zurück, wo sie von Erdogans Regime weiter verfolgt oder inhaftiert werden. Spätestens der Fall des türkischen Menschenrechtsaktivisten Osman Kavala hat gezeigt: In der Türkei gibt es keine unabhängige Justiz mehr. Osman Kavala muss für viele Jahre hinter Gitter. Das Urteil gegen ihn sorgte europaweit für Entsetzen. Auch die Bundesregierung gab sich empört. Doch Kavala ist nur ein Fall unter vielen – trotzdem: Deutschland schiebt weiter politisch Verfolgte in die Türkei ab. Doku von MONITOR.
https://www.youtube.com/watch?v=lHk6U77-dJM