Medienspiegel 3. April 2024

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspieg

+++ZUG
Waldheim in Risch: Diese Personen werden in der Flüchtlingsunterkunft beherbergt
Die Zuger Regierung beantwortet die Fragen von drei Parlamentariern zur Unterkunft für ukrainische Flüchtlinge in Risch. Es geht um die Anzahl Flüchtlinge, Hundekot und Altglascontainer.
https://www.zentralplus.ch/regionales-leben/diese-leute-werden-in-der-fluechtlingsunterkunft-beherbergt-2633919/


+++ZÜRICH
Minderjährige Asylsuchende – Beim FC Witikon läuft der Ball wieder rund – dank jungen Afghanen
Beim FC Witikon spielen 20 Jugendliche aus Afghanistan mit. Die Integration brauchte Zeit.
https://www.srf.ch/news/schweiz/minderjaehrige-asylsuchende-beim-fc-witikon-laeuft-der-ball-wieder-rund-dank-jungen-afghanen


+++SCHWEIZ
100 Tage Bundesrat Jans: Ein «Feind» des Rechtsstaats als Justizminister
Schnellere Asylverfahren, bessere Integration der Ukrainer, mehr Lohngleichheit: Der neue SP-Justizminister Beat Jans präsentiert nach 100 Tagen im Amt eine ambitionierte Agenda.
https://www.watson.ch/schweiz/bundesrat/998577902-100-tage-bundesrat-jans-die-bewaehrungsprobe-folgt-erst


Wie weiter mit Schutzstatus S? – Tagesschau
Bundesrat Beat Jans möchte den Flüchtlingsstatus der Ukrainerinnen und Ukrainer anpassen. Berufstätige sollen nach zwei Jahren Aufenthalt einen Aufenthaltsstatus erhalten. Aktuell arbeiten erst 22 Prozent der Geflüchteten aus der Ukraine.
https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/wie-weiter-mit-schutzstatus-s?urn=urn:srf:video:956f1d09-1945-4036-871b-935449ca96e1
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/ukrainische-fluechtlinge-justizminister-jans-denkt-ueber-anpassung-des-schutzstatus-s-nach


Migration beeinflusst die psychische Gesundheit
Menschen mit Migrationshintergrund stehen in der Schweiz häufig unter einer hohen psychischen Belastung. Wieso das so ist und was dagegen helfen könnte.
https://www.20min.ch/story/migration-beeinflusst-die-psychische-gesundheit-103075550
-> https://www.20min.ch/video/blickwechsel-meine-mutter-glaubt-nicht-an-depressionen-oder-mental-health-103053622


Tabubruch – SVP will bereits bei Diebstahl Zwangsausschaffungen
Seit 100 Tagen amtiert Beat Jans schon als Justizminister und hat im Asylwesen schon einiges aufgegleist. Langsam zu viel, wie die SP befürchtet – oder noch viel zu wenig, wie die SVP moniert.
https://www.20min.ch/story/jans-migrationspolitik-tabubruch-svp-will-bereits-bei-diebstahl-zwangsausschaffungen-103076481?version=1712163344177


+++EUROPA
Flüchtlingsdeals der EU: Kein Durchkommen
Die Länder der Europäischen Union bezahlen Tunesien, Mauretanien und Ägypten dafür, Migration zu stoppen. Das lassen sie sich einiges kosten.
https://taz.de/Fluechtlingsdeals-der-EU/!5999192/


+++UGANDA
Staatshomophobie: Ugandas Verfassungsgericht weist Klage gegen antiqueeres Gesetz ab
In Uganda droht queeren Menschen weiterhin die Todesstrafe: Eine Klage gegen ein entsprechendes Gesetz wies der Oberste Gerichtshof ab.
https://www.queer.de/detail.php?article_id=49016
.- https://www.spiegel.de/ausland/uganda-gericht-bestaetigt-anti-lgbtq-gesetz-trotz-klage-von-menschenrechtlern-a-02086610-ce7c-4d85-89e9-0d875ddd2901
-> https://www.srf.ch/news/international/lgbtiq-in-afrika-uganda-gericht-stuetzt-gesetz-gegen-homosexualitaet
-> https://taz.de/Anti-LGBTQI-Gesetz-in-Uganda/!6002334/


++++FREIRÄUME
„Tuntenhaus forever“ – Kampf um queeres Wohnprojekt
Seit mehr als 30 Jahren leben schwule und queere Menschen in der Kastanienallee 86 im Tuntenhaus. Das Gebäude wurde verkauft, jetzt droht die Verdrängung. Es geht dabei aber um mehr als der Verlust eines Wohnprojektes.
https://www.youtube.com/watch?v=vCbtviTkTaQ


+++GASSE
Desolate Sicherheitslage:  «Schütz» zu gefährlich für städtische Interventions¬truppe
Nach Angriffen und Drohungen patrouillieren die Pinto-Angestellten nur noch tagsüber auf der Berner Schützenmatte.
https://www.derbund.ch/schuetzenmatte-ist-zu-gefaehrlich-fuer-staedtische-interventionstruppe-668102726158
-> https://www.baerntoday.ch/bern/stadt-bern/drohungen-und-angriffe-sozialarbeit-pinto-reduziert-praesenz-auf-schuetzenmatte-156709029
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/sicherheitslage-auf-der-berner-schuetz-156713038
-> https://www.20min.ch/story/angriffe-und-drohungen-nachts-trauen-sich-sozialarbeiter-nicht-mehr-auf-die-schuetz-103076923
-> https://www.baerntoday.ch/bern/stadt-bern/mehr-gewalt-wegen-drogenkonsum-das-sagen-stadt-bern-und-suchthilfe-156709029?autoplay=true&mainAssetId=Asset:156713167


Stadt Luzern reagiert auf sichtbare Drogenszene
Die Drogenszene in der Stadt Luzern wird immer sichtbarer. Der Konsum von Crack nimmt besonders an Hotspots wie dem Bahnhof zu. So sehr, dass die Stadt sich gezwungen sieht einzugreifen. Die Drogenabhängigen sollen noch mehr Unterstützung bekommen und der öffentliche Raum soll dadurch wieder sicherer werden.
https://www.tele1.ch/nachrichten/stadt-luzern-reagiert-auf-sichtbare-drogenszene-156713093


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Kommunalwahlen in der Türkei: Spontane Kurden-Demo gegen Erdogan in Bern
Gut 50 Personen demonstrierten am Mittwochabend vor dem Bahnhof Bern gegen den Versuch Erdogans, einen gewählten Bürgermeister abzusetzen.
https://www.derbund.ch/bern-spontane-kurden-demo-gegen-erdogan-245653721529
-> Video: https://twitter.com/gegen_oben/status/1775583587720470731
-> Aufruf: https://twitter.com/gegen_oben/status/1775540836920365373


UNO-Expert*innen kritisieren Schweizer Behörden
Fünf UNO-Sonderberichterstatter*innen wandten sich jüngst in einem Brief an die Schweiz. Darin äusserten sie Bedenken bezüglich des Rechts auf Protest. Insbesondere die strafrechtliche Verfolgung von Klimaschützer*innen in Zusammenhang mit zwei Aktionen sei besorgniserregend, hiess es im Brief. Die Expert*innen befürchten eine «eine unangemessene und ungerechtfertigte Einschränkung der Rechte auf freie Meinungsäusserung und friedliche Versammlung».
https://rabe.ch/2024/04/03/uno-expertinnen-kritisieren-schweizer-behoerden/


Wegen umstrittener Aufkleber: Polizei macht Jagd auf Rösti-Gegner
Der Gewaltaufruf gegen SVP-Bundesrat Albert Rösti hat ein Nachspiel. Unbekannte hatten Aufkleber in Berns Strassen verteilt, die zum präventiven Abschuss des Umweltministers auffordern. Die Behörden nehmen den Fall ernst.
https://www.blick.ch/politik/wegen-umstrittener-aufkleber-polizei-macht-jagd-auf-roesti-gegner-id19598865.html


Das steckt hinter den Eritrea-Ausschreitungen in der Schweiz
Die Polizei verhindert Zusammenstösse zwischen Eritreern in Gerlafingen SO. Der Vorfall verdeutlicht Spannungen innerhalb der Gemeinschaft in der Schweiz.
https://www.nau.ch/news/schweiz/das-steckt-hinter-den-eritrea-ausschreitungen-in-der-schweiz-66737558
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/gerlafingen-so-gemeindeprasident-wehrt-sich-nach-eritreer-krawall-66738139
-> https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/lebern-bucheggberg-wasseramt/falsche-fluechtlinge-gewalt-an-eritrea-fest-in-gerlafingen-das-sagen-landsleute-und-politiker-ld.2602104



blick.ch 03.04.2024

Langzeit-Herrscher Isaias Afewerki ist Held und Hassfigur zugleich: Wegen ihm gehen Eritreer in der Schweiz aufeinander los

Immer wieder geraten Eritreer in der Schweiz aneinander. Am Sonntag erst in Gerlafingen SO. Meistens stehen sich Regimebefürworter und Oppositionelle entgegen. Doch woher kommt eigentlich die Gewalt? Blick beantwortet die drängendsten Fragen.

Sebastian Babic

Über 500 Eritreer gaben sich am Ostersonntag in der beschaulichen Gemeinde Gerlafingen SO aufs Dach. Der Grund dafür war ein Fest, bei dem rund 350 Anhänger den eritreischen Machthaber Isayas Afewerki (78) feierten. Daraufhin reisten aus der ganzen Schweiz rund 180 regimekritische Eritreer an. Immer wieder kommt es zu Auseinandersetzungen innerhalb der eritreischen Diaspora in der Schweiz. Doch warum ist das so? Blick beantwortet die wichtigsten Fragen.

Wieso kommt es immer wieder zu gewalttätigen Zusammenstössen zwischen Eritreern?

Die Zusammenstösse zwischen Eritreern in der Schweiz resultieren aus der politischen und sozialen Spaltung innerhalb der eritreischen Diaspora. Diese ist zwischen Unterstützern und Gegnern des Regimes des ostafrikanischen Landes geteilt. Vor allem bei grösseren Veranstaltungen kam es in der Vergangenheit bereits mehrfach zu gewalttätigen Zusammenstössen zwischen den beiden Lagern.
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Woher rührt der Konflikt?

Der Konflikt geht auf die politischen Verhältnisse in Eritrea zurück, wo das Regime unter Präsident Isaias Afewerki (78) als repressiv und autoritär gilt. Dies führt zu Spannungen sowohl innerhalb des Landes als auch in der Diaspora, einschliesslich jener in der Schweiz. Afewerki führt das afrikanische Land seit 1993 als Präsident, zuvor leitete er die eritreische Volksbefreiungsfront, die in einem jahrzehntelangen Krieg gegen Äthiopien die Unabhängigkeit erkämpfte, weshalb er für gewisse Eritreer auch heute noch als Nationalheld gilt.

Weshalb gibt es in der Schweiz auch regimetreue Eritreer?

In der Schweiz gibt es regimetreue Eritreer, weil ein Teil der Diaspora Langzeitherrscher Afewerki und seine Politik unterstützt. Ein wichtiger Teil dieser Gruppe ist zwischen 1980 und 1999 in die Schweiz emigriert. Laut «NZZ» gilt dies aktuell für rund 600 Personen, die Dunkelziffer der Regimetreuen dürfte aber deutlich höher sein. Offizielle Statistiken dazu gibt es nicht.

Zwischen den 70er- und 90er-Jahren galt Afewerki als Held, weil er Eritrea in die Unabhängigkeit von Äthiopien führte. Seit der Jahrtausendwende kommen jedoch überwiegend regimekritische Eritreer in die Schweiz, die vor Verfolgung im eigenen Land flüchten.

Unter welchen Umständen erhalten Eritreer in der Schweiz Asyl?

Eritreer erhalten in der Schweiz Asyl, wenn sie glaubhaft machen können, dass ihnen in ihrem Heimatland Verfolgung aus politischen, religiösen, sozialen Gründen oder wegen ihrer Rasse droht. Besonders Deserteure werden in der Schweiz vorläufig aufgenommen, da sie bei Militärdienstverweigerung drakonische Strafen und Folter erwarten. Früher galt bereits die illegale Ausreise aus Eritrea als Asylgrund. Dies wurde 2017 geändert.

Wie gross ist die eritreische Diaspora in der Schweiz? Wie ist sie organisiert?

Die eritreische Diaspora in der Schweiz besteht laut Bundesrat im Herbst letzten Jahres aus deutlich über 40’000 Personen. Sie ist durch verschiedene Gemeinschaftsorganisationen, kulturelle Vereine und politische Gruppierungen geprägt, die ein breites Spektrum politischer Ansichten vertreten – von Regimekritikern bis zu Regimeanhängern. Die Schweiz gehört zu den beliebtesten Fluchtländern der Eritreer. Insbesondere, weil in der Schweiz schon eine grosse Gemeinschaft aus Eritreern leben.

Welche Zusammenstösse sorgten in den vergangenen Jahren für Schlagzeilen?

In den vergangenen Jahren sorgten mehrere gewalttätige Auseinandersetzungen für Schlagzeilen, darunter die Massenschlägerei im Glattpark in Opfikon und Ausschreitungen in anderen europäischen Städten, die mit der eritreischen Diaspora und deren politischen Spannungen in Verbindung stehen.
(https://www.blick.ch/news/langzeit-herrscher-isaias-afewerki-ist-held-und-hassfigur-zugleich-wegen-ihm-gehen-eritreer-in-der-schweiz-aufeinander-los-id19597108.html)


+++SPORT
FC St. Gallen gibt der Sicherheit Vorrang
Am Ostermontag reisten rund 800 Fans aus Luzern an. Aus Sicherheitsgründen und in Absprache mit der Polizei wurde für diese Fans der gesperrte Gästesektor geöffnet. Nun äussert sich der FC St. Gallen zum ersten Mal zu diesem Entscheid und sieht ihn noch immer als richtig an.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-ostschweiz/fc-st-gallen-gibt-der-sicherheit-vorrang?id=12566213
-> https://www.fcsg.ch/home/redaktionsbaum/club/20240402-stellungnahme-fcsgfcl/
-> https://www.dieostschweiz.ch/artikel/nach-dem-fan-debakel-sagt-matthias-hueppi-die-sicherheit-fuer-18000-menschen-zu-uebernehmen-ist-eine-unglaubliche-verantwortung-j6AaPJ8
-> Schweiz Aktuell: https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/knatsch-nach-fanaufmarsch-beim-spiel-st–gallen-gegen-luzern?urn=urn:srf:video:60027db7-3e7b-4ef9-b900-f4be28e3795e
-> https://www.tvo-online.ch/aktuell/nach-fan-fiasko-fcsg-und-stadt-aeussern-sich-zur-oeffnung-des-gaestesektors-156713278
-> https://www.tagblatt.ch/sport/fcluzern/stgallen-von-wegen-friedlich-schlaegerei-mit-fcl-chaoten-in-sbb-regelzug-ld.2602214
-> https://www.pilatustoday.ch/sport/fcl/wir-wurden-von-20-fcl-fans-umzingelt-schlaegerei-im-zug-nach-fan-aufmarsch-156710720
-> https://www.zentralplus.ch/sport/fc-luzern/fcl-fans-verpruegeln-st-galler-fan-im-zug-2634053/
-> https://www.luzernerzeitung.ch/sport/fcluzern/stgallen-von-wegen-friedlich-schlaegerei-mit-fcl-chaoten-in-sbb-regelzug-ld.2602214


Luzerner Fussballfans zeigen den Behörden die lange Nase – das Kaskadenmodell ein Flop?
Dass Luzerner Fans in St.Gallen in den eigentlich gesperrten Fansektor durften, gibt viel zu reden – und lässt die Fragezeichen hinter dem Kaskadenmodell noch grösser werden.
https://www.watson.ch/sport/fussball/841521078-fussballfans-zeigen-behoerden-die-lange-nase-kaskadenmodell-als-flop


Fußball-EM 2024: Kritik an potenziellen Überwachungsmaßnahmen
Bald rollt der Ball bei der Fußball-Europameisterschaft – und alle hoffen auf ein friedliches Turnier. Trotzdem darf die Veranstaltung nicht Anlass zum Überwachungs-Albtraum werden, mahnt der Deutsche Anwaltverein.
https://netzpolitik.org/2024/fussball-em-2024-kritik-an-potenziellen-ueberwachungsmassnahmen/


+++BIG BROTHER
Illegale Datenbeschaffung – Cyber-Skandal: So schwer tut sich der NDB
Der Nachrichtendienst NDB beschaffte jahrelang illegal Daten zum Überwachen. Recherchen von SRF Investigativ zeigen: Die Aufarbeitung der sogenannten Cyber-Affäre stiess von Beginn an auf grosse Widerstände. Es geht um eine «Hexenjagd», anonyme Schreiben und eine Kündigung.
https://www.srf.ch/news/schweiz/illegale-datenbeschaffung-cyber-skandal-so-schwer-tut-sich-der-ndb


+++POLIZEI ZH
tagesanzeiger.ch 03.04.2024

Diskriminierende Polizeikontrollen: Schwarze Aktivistin trifft Zürcher Kapo-Aspiranten zur Aussprache

Der Gerichtshof für Menschenrechte hat die Schweiz wegen Racial Profiling gerügt. Das Urteil hat Folgen für die Korps: Die Kantonspolizei Zürich setzt bei der Ausbildung auch auf Hilfe aus der schwarzen Community.

Martin Huber, Urs Jaudas(Fotos)

Montagnachmittag in einem kahlen Schulungsraum der Kantonspolizei am Flughafen Zürich. Sechs Polizeiaspiranten und eine Polizeiaspirantin sitzen an einem Tisch. Sie tragen Uniform, Schutzweste, Headset und Dienstwaffe. Erwartungsvoll blicken sie in Richtung der Referentin, die soeben vor ihnen Platz genommen hat.

«Ich habe ein mulmiges Gefühl», erklärt die Frau gleich als Erstes, was ein überraschtes Raunen in den Reihen der angehenden Kantonspolizisten auslöst. Das mulmige Gefühl habe damit zu tun, dass «die Anwesenheit von so vielen Polizisten mir nicht unbedingt ein Gefühl von Sicherheit vermittelt», erklärt Mandy Abou Shoak.

Doch dann lächelt sie. Und die Anspannung im Raum löst sich, in den Bänken der Polizisten ist Erleichterung spürbar. Bei Abou Shoak scheint die anfängliche Nervosität ebenfalls verflogen.

Plan: Austausch fördern

Die 34-jährige SP-Kantonsrätin und Anti-Rassismus-Expertin trifft sich an diesem Nachmittag erstmals zu einem Gespräch mit Polizeiaspiranten der Flughafenpolizei. Abou Shoak, geboren im Sudan, nimmt an einer Schulung der Kantonspolizei im Zusammenhang mit Racial Profiling teil. Der Begriff steht für diskriminierende Personenkontrollen der Polizei gegenüber bestimmten Personengruppen.

«Wir haben Mandy Abou Shoak eingeladen, um ihr einen Einblick zu geben, wie die Kantonspolizei Mitarbeitende im Umgang mit der Thematik schult», sagt Ausbildungsleiter Thomas Gerber, der an der Zürcher Polizeischule unterrichtet und ein Lehrmittel zur Prävention von Racial Profiling mitverfasst hat. Das Treffen mit der Menschenrechtsaktivistin und Expertin für Gewaltprävention soll aber auch den angehenden Polizistinnen und Polizisten die Dringlichkeit dieses brisanten Themas näherbringen.

Auf Geheiss der Kantonspolizei dürfen die Aspiranten nicht namentlich genannt werden.

Rassismusvorwürfe gegen Polizei

Hintergrund des Treffens ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom Februar. Das Gericht in Strassburg befand, dass die Kontrolle eines schwarzen Mannes durch die Stadtpolizei im Zürcher HB diskriminierend gewesen war.

Das Urteil löste heftige Reaktionen aus. Im Stadtparlament zeigten sich Linke schockiert, dass Racial Profiling immer noch nicht genügend ernst genommen werde. Sicherheitsvorsteherin Karin Rykart (Grüne) wehrte sich darauf gegen Rassismusvorwürfe an die Stadtpolizei.

«Menschen, die so aussehen wie ich, also nicht weisse Menschen, sind von solchen Polizeikontrollen stark betroffen, das Urteil hat in dieser Community Erwartungen ausgelöst», sagt Abou Shoak vor den Polizeiaspiranten im Schulungsraum am Flughafen. Als gewählte Politikerin sei es ihre Aufgabe, sich diesem Problem zu stellen und etwas gegen diskriminierende Polizeikontrollen zu unternehmen.

Klare Positionsbezüge statt Schmusekurs

«Welche Rolle spielt die Hautfarbe bei einer Kontrolle?», will Polizeiausbildner Gerber wissen. Ein junger Polizist hebt die Hand. «Keine», versichert er rundweg und erntet zustimmendes Nicken aus der Runde. Allein die Hautfarbe dürfe nie eine Personenkontrolle begründen, so werde es ihnen in der Ausbildung beigebracht.

Die Polizeiaspirantin meldet sich zu Wort und verweist auf klare Kriterien, die für Personenkontrollen der Kantonspolizei gälten. Eine Kontrolle müsse notwendig sein, um den polizeilichen Auftrag zu erfüllen, etwa Gefahren abzuwehren oder Straftaten zu verhindern. Sie müsse zudem durch einen bestimmten Anlass begründet sein, etwa ein verdächtiges Verhalten oder das Erscheinungsbild einer Person. Schliesslich müsse sie verhältnismässig und respektvoll sein.

Ein dritter Polizist wirft ein, es gehe bei Kontrollen um das Erkennen von Personen und Situationen, «die irgendwie nicht passen». Wenn er vor einer Synagoge einen Mann mit nordafrikanischem Aussehen längere Zeit herumstehen sehe, «dann werde ich natürlich schon stutzig».

Bei dem Austausch treten die unterschiedlichen Sichtweisen in Bezug auf Racial Profiling offen zutage. Mandy Abou Shoak und die angehenden Polizisten verzichteten dabei auf einen Schmusekurs aus Höflichkeit und pochten auf ihren jeweiligen Standpunkt. So wehrten sich die Polizisten etwa dezidiert gegen den Vorwurf der Diskriminierung, während Abou Shoak wiederholt an die schlechten Erfahrungen vieler Schwarzer mit Polizeikontrollen erinnerte.

«Kontrolle ist doch keine Kriminalisierung»

«Viele Schwarze fühlen sich von der Polizei weniger geschützt als kriminalisiert», sagt sie. Das will ein junger Polizist nicht auf sich sitzen lassen: «Eine Personenkontrolle ist doch keine Kriminalisierung», meint er. Wann es Kontrollen geben dürfe, sei klar geregelt. «Für uns ist das einfach daily business», sagt der Aspirant.

Zudem sei der Kollateralschaden bei Personenkontrollen doch eher gering. «Das Ganze dauert ein bisschen länger, als wenn man im Zug das Ticket zeigen muss.» Als Jugendlicher sei er auch mehrmals von der Polizei kontrolliert worden, verrät er, was die Runde mit kurzem Gelächter quittiert.

«Eingriff in die Persönlichkeitsrechte»

Abou Shoak berichtet darauf von einer Personenkontrolle, bei der ein schwarzer Mann sich auf Geheiss der Polizei ausziehen musste – vor den eigenen Kindern. «Das war einfach erniedrigend. Und ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte.» Und sie fragt, ob es nicht allen gedient wäre, wenn es dazu mehr Zahlen und unabhängige Beschwerde- und Untersuchungsstellen gäbe.

«Nur weil ich Polizist bin»

Das wiederum lockt einen weiteren Polizisten aus der Reserve. «Mich nervt einfach, dass ich von gewissen Leuten grundsätzlich als Rassist angeschaut werde, nur weil ich Polizist bin», sagt er. Klar sehe es nie gut aus, wenn er bei einer Festnahme und Kontrolle jemanden «uf dä Bode» bringen müsse. Und klar landeten solche Bilder sofort in den sozialen Medien. Nur zeigten sie eben nur einen Ausschnitt und nicht die Vorgeschichte. «Es wäre einfach gut, wenn die Bevölkerung jeweils mehr über die Hintergründe von Kontrollen wissen würde», meint der Polizist.

Wenn Kontrollierte «die Rassismus-Karte spielen»

Ein Kollege pflichtet ihm bei. Bei Personenkontrollen von Nordafrikanern spielten diese oft «die Rassismus-Karte.» «Ihr nehmt mich ja nur auseinander, weil ich Marokkaner bin», bekämen sie dann zu hören. «Was soll man da sagen? Es ist megaverhärtet», meint der angehende Flughafenpolizist eher resigniert.

Dann fügt er noch an: Je enger das Korsett und je grösser die Angst, etwas falsch zu machen, desto eher scheuten Polizisten davor zurück, jemanden zu kontrollieren, um gar nicht erst in eine heikle Situation zu geraten.

Mandy Abou Shoak ihrerseits erwidert, es sei nun mal eine Tatsache, dass sich schwarze Jugendliche kaum im öffentlichen Raum in Zürich bewegen könnten, ohne dass sie von der Polizei kontrolliert würden. «Das macht etwas mit ihnen und ihrem Selbstverständnis, und es beeinflusst ihr Bild von der Polizei.»

Wieder hält ein Polizist dagegen: «Es gibt auch Leute, die grundsätzlich Mühe mit der Polizei haben und unsere Arbeit nicht so sehr schätzen.» Wichtig sei, dass die Kontrollen auf Augenhöhe abliefen und dass man eine genaue Begründung liefere, um jeden Anschein von Willkür zu verhindern.

Mandy Abou Shoak meint, wichtig wäre dabei auch eine Diskussion über «Cop Culture» beziehungsweise den Schweigekodex in Polizeikorps.

Hoffnung: Mehr gegenseitiges Verständnis

Was nehmen die Polizisten vom gut einstündigen Austausch mit? «Es war gut, einmal zu hören, wie die Personenkontrollen in der Community von Mandy Abou Shoak erlebt werden», meint ein 35-jähriger Aspirant am Ende des Treffens.

Es sei zu hoffen, dass der Austausch dazu beitrage, mehr gegenseitiges Vertrauen aufzubauen. Und dann kommt der Polizist nochmals auf die Kriminalisierung zurück. «Das sehen wir einfach von einer ganz anderen Seite», meint der 35-Jährige achselzuckend, bevor er sich zu seiner Abendschicht im Terminal 1 aufmacht.

Ausbildner Thomas Gerber gibt sich diplomatisch: «Wenn wir Polizisten uns bewusst sind, dass das Gegenüber sich bei einer Kontrolle kriminalisiert vorkommen kann, ist schon einiges gewonnen.» Wichtig sei aber auch, den Grund für die Kontrolle stets aktiv zu nennen.

Mandy Abou Shoak erzählt, dass sie zu Beginn des Treffens ziemlich nervös gewesen sei. Die Polizisten habe sie dann aber als «gesprächsbereit und engagiert» erlebt. Aber es sei auch klar, dass die Dissonanzen damit nicht einfach aus dem Weg geräumt seien. Nun gehe es darum, gemeinsam Konsequenzen aus dem Entscheid des EGMR zu ziehen und Lösungen zu finden. Dabei dürfe man eines nicht vergessen: «Strukturelle Herausforderungen lassen sich nicht auf individueller Ebene lösen.»
(https://www.tagesanzeiger.ch/racial-profiling-in-zuerich-schwarze-aktivistin-trifft-kapo-aspiranten-zur-aussprache-564324813998)


+++RASSISMUS
Rassismus oder Tradition? Der Streit um «Blackfacing» im Tessin – Rundschau
Sollen sich die Teilnehmer an der historischen Osterprozession in Mendrisio schwarz schminken dürfen? Das sogenannte «Blackfacing» gilt heute als rassistisch. Die Organisatoren der Prozession wollten dies deshalb verbieten. Doch dagegen gab es emotionale Proteste aus der lokalen Bevölkerung – und deshalb dürfen die Teilnehmer nun doch wieder schwarz sein. Doch der Entscheid ist nicht definitiv – sondern nur vertagt.
https://www.srf.ch/play/tv/rundschau/video/rassismus-oder-tradition-der-streit-um-blackfacing-im-tessin?urn=urn:srf:video:06aa57f8-e0da-4d40-b3a1-36dcce984a36
Theke mit Rohit Jahn: https://www.srf.ch/play/tv/-/video/-?urn=urn:srf:video:60d8130f-58d5-477e-9949-802efea9f499


Justizminister Jans besucht jüdisches Opfer
Justizminister Beat Jans hat den orthodoxen Juden besucht, der vor rund einem Monat von einem 15-jährigen Jugendlichen in Zürich lebensbedrohlich verletzt wurde.
https://www.tachles.ch/artikel/news/justizminister-jans-besucht-juedisches-opfer


Judenhass und radikaler Islamismus auf den Schulhöfen: So gehen Kantonsschule und Burghalde damit um
Überall in der Schweiz häufen sich Konflikte zwischen muslimischen und jüdischen Schülerinnen und Schülern. Dass der Ausbruch des Nahostkonflikts für Spannungen sorgt, spüren auch die Schulen in Baden – so reagieren sie auf die Unsicherheiten.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/baden/baden-judenhass-und-radikaler-islamismus-auf-den-schulhoefen-so-gehen-kantonsschule-und-burghalde-damit-um-ld.2597138


+++RECHTSPOPULISMUS
SVP nimmt einen neuen Anlauf für die Begrenzung der Zuwanderung
Die SVP hat die Initiative «Keine 10-Millionen-Schweiz!» am Mittwoch eingereicht. Die «Nachhaltigkeits-Initiative» soll die Zuwanderung begrenzen.
https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/svp-nimmt-einen-neuen-anlauf-fur-die-begrenzung-der-zuwanderung-66738468
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/svp-reicht-nachhaltigkeitsinitiative-ein-156713054
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/svp-reicht-nachhaltigkeitsinitiative-ein-156713042
-> https://www.tele1.ch/nachrichten/svp-reicht-nachhaltigkeitsinitiative-ein-156713081
-> https://www.tvo-online.ch/aktuell/kampf-der-zuwanderung-svp-initiative-stoesst-bei-parteien-auf-ablehnung-156713237


JSVP-Chef Fiechter dabei – Linke stören Unterschriften-Übergabe
Die SVP reichte heute die Unterschriften für ihre Initiative gegen die Zuwanderung ein. Auch der in Kritik stehende Jungpartei-Chef Nils Fiechter war vor Ort – genauso wie die Juso-Spitze, welche den Anlass störte.
https://www.20min.ch/story/zuwanderung-jsvp-chef-fiechter-dabei-linke-stoeren-unterschriften-uebergabe-103076966


NEIN zur Aushöhlung des Flüchtlingsschutzes
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) lehnt die eidgenössische Volksinitiative «Keine 10-Millionen-Schweiz! (Nachhaltigkeitsinitiative)», die die SVP heute eingereicht hat, entschieden ab. Die Initiative macht Kriegsvertriebene zum Sündenbock, entzieht ihnen das Recht auf Integration und drängt sie in die Nothilfe. Mit dieser Massnahme werden weder Umweltprobleme gelöst noch nimmt die Wohnbevölkerung ab.
https://www.fluechtlingshilfe.ch/medienmitteilungen/nein-zur-aushoehlung-des-fluechtlingsschutzes


Baba News bekommt nun doch Geld vom Kanton Bern
Weil das Online-Magazin nach Einschätzung des Kantons zu einseitig über den Nahostkonflikt berichtet, wurde die Zusammenarbeit im November 2023 beendet. Geld gibt es jetzt trotzdem.
https://www.20min.ch/story/zusammenarbeit-aufgeloest-baba-news-bekommt-nun-doch-geld-vom-kanton-bern-103077176?version=1712164501917



aargauerzeitung.ch 03.04.2024

Von der «Eisenjugend» zur «Jungen Tat»: Wie gefährlich ist die Gruppierung, deren Nähe einige Jung-SVPler suchen?

Mitglieder der Jungen SVP sympathisieren mit der Jungen Tat, damit lösten sie einen Eklat aus. Doch was ist das überhaupt für eine Organisation? Unser Extremismus-Spezialist hat in deren Milieu recherchiert: Er traf auf auf Identitäre, von denen einige Migrationshintergrund haben.

Kurt Pelda*

Vor dem Aargauer Regierungsgebäude steigt roter Rauch auf. Vermummte recken die Fäuste in die Höhe und skandieren: «Jugend leistet Widerstand.» Es ist ein Protest dagegen, dass Wohnungsmieter auf Wunsch der Behörden Asylsuchenden Platz machen sollen. Die Vermummten haben eine weisse Tafel aufgestellt, darauf steht: «Das Regierungsgebäude wird nun als Remigrationszentrum verwendet.» Gezeichnet: Das Volk.

Die Gruppierung, die sich hier mit gehöriger Selbstüberschätzung mit dem Volk gleichsetzt, warnt vor Massenzuwanderung. Diese werde die abendländische Kultur zerstören und die Schweizer in ihrem eigenen Land in die Minderheit versetzen. Nach der Aktion verbreitet die Junge Tat ein Video, das ihre Untergangsstimmung treffend mit einem Song unterlegt: Er heisst «End of the world». Auf dem Cover der Aufnahme, das im Aktionsvideo nicht zu sehen ist, sieht man einen Uniformierten mit einem Sturmgewehr. Statt eines Kopfs hat er einen Totenschädel.

Angst vor «Überfremdung»

Die Junge Tat besteht fast nur aus jungen Männern. In den Medien werden sie meist als Neonazis oder Rechtsextremisten gebrandmarkt. 2022 hat es die Truppe sogar in den jährlichen Terrorismusbericht von Europol geschafft, auf Grund einer Meldung des Bundesamts für Polizei: In den sozialen Medien betreibe die neue Gruppe eine Kommunikationsstrategie, die in der rechtsextremistischen Szene bisher beispiellos sei, heisst es da.

Doch stimmt das? Weder die Ideologie noch die Art und Weise, wie die Junge Tat ihre Botschaften verbreitet, sind neu oder einzigartig. Vielmehr hat sie sowohl die verwendete Bildsprache als auch die Inhalte zu einem grossen Teil von identitären Gruppen aus dem Ausland übernommen und an Schweizer Verhältnisse angepasst. Vieles wurde zum Beispiel von der neu-rechten Bewegung «Die Österreicher» inspiriert.

Auf Flugblättern verweist die Junge Tat sogar auf eine Website einer identitären Jugendgruppe in Österreich. Die Webseite soll den «Bevölkerungsaustausch» statistisch untermauern. Da stösst man auf düstere Voraussagen, wonach schon im Jahr 2049 Menschen mit Migrationshintergrund die Mehrheit der Gesamtbevölkerung stellen könnten. Demografische Prognosen über einen so langen Zeitraum sind natürlich Unfug, damit schüren rechtsextreme Gruppen Ängste vor Überfremdung.

Der Bevölkerungsaustausch sei eine statistische Tatsache, behauptet der 23-jährige Winterthurer Manuel C., Gründer der Jungen Tat. Doch «Bevölkerungsaustausch» würde bedeuten, dass Schweizer durch Ausländer ersetzt werden. Dazu müsste dem Einwanderungssaldo der Ausländer eine entsprechende Auswanderung von Schweizern gegenüberstehen.

Eine solche Entwicklung wird durch die Zahlen des Bundesamts für Statistik aber nicht belegt: In den 20 Jahren von 2002 bis 2021 wanderten unter dem Strich 1,3 Millionen Ausländer in die Schweiz ein, während per Saldo nur knapp 112’000 Schweizer das Land verliessen. Von einem Austausch der Schweizer durch Ausländer kann also keine Rede sein, vielmehr wachsen durch die Nettozuwanderung sowohl die Bevölkerung als auch der Ausländeranteil.

Bevölkerungsaustausch bedeute aber nicht Abwanderung der Einheimischen, wendet Manuel C. dagegen ein, sondern Rückgang des Anteils der Schweizer an der Gesamtbevölkerung mit gleichzeitiger Zunahme des Ausländeranteils durch Migration. Ohne Zuwanderung würde die Einwohnerzahl der Schweiz kaum wachsen.

Identitäre mit Migrationshintergrund

So, wie sich die Junge Tat heute präsentiert, lässt sie sich klar dem identitären Spektrum zuordnen. Identitäre wehren sich gegen Massenzuwanderung, Islamisierung und Multikulturalismus, am liebsten wäre es ihnen, wenn die Völker gemäss dem «Ethnopluralismus» jeweils getrennt in ihren eigenen Ländern lebten. Das wäre dann eine Art ethnischer Apartheid, wobei die Trennlinien durch Staatsgrenzen gezogen würden. «Die Erhaltung unserer Kultur und ein funktionierender Grenzschutz sind Grundlagen des Nationalstaates», entgegnet der Chef der Jungen Tat. Mit Apartheid habe dies nichts zu tun.

Identitäre fabulieren gerne von «Remigration», der Abschiebung ganzer Migrantengruppen, manchmal aber auch nur von der Ausschaffung krimineller Ausländer. «Die Kultur und die Ethnien unserer Nachbarländer ähneln uns weit mehr als jene aus dem globalen Süden», meint Manuel C. dazu. Völker und Kulturen mit erhöhten Geburtenraten und niedriger Produktivität belasteten unsere Infrastruktur und seien meist nicht assimilationswillig.

Ironischerweise finden sich auch in der Jungen Tat viele Leute mit Migrationshintergrund. Das gilt zum Beispiel für die Führungsfiguren Manuel C. und Tobias L.: C. trägt einen aus Italien stammenden Nachnamen, und die Mutter von L. kommt aus Österreich.

Ähnliches lässt sich bei weiteren Mitgliedern beobachten, deren Namen hier aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes geändert sind: Die Vorfahren von Francesco G., einem der wenigen Studenten in der Jungen Tat, kommen ebenfalls aus Italien, und Matej D. sowie Ante P. haben slawische Wurzeln. Der 24-jährige Alejandro S. hat seinen schweizerisch klingenden Familiennamen kurioserweise abgelegt, um einen typisch spanischen Nachnamen anzunehmen. Bei einem Hausbesuch dieser Zeitung zieht es der Bürger von St. Gallen vor, Englisch statt Deutsch zu sprechen.

Manuel C. beschwichtigt: «Ein grosser Teil unserer Aktivisten hat einen kulturnahen Migrationshintergrund.» Kulturfremd seien in den Augen der Jungen Tat vor allem Menschen aus dem globalen Süden und dem muslimischen Raum. Christliche Europäer stellten für sie kein Problem dar, genau so wenig wie ausländische Minderheiten, die sich integrierten. «Ausserdem gibt es die Möglichkeit, Fremde zu akzeptieren, eine Sichtweise, die sich diametral von der nationalsozialistischen Rassenlehre unterscheidet.»

Am Anfang war die Eisenjugend

Woher kommt die Junge Tat? Die kleine Vorläuferorganisation Eisenjugend hatte ihren ersten öffentlichen Auftritt am internationalen Frauentag im März 2020 in Zürich. Damals fiel eine kleine Gruppe feixender junger Männer unangenehm auf und wurde fotografiert. Neben Manuel C. waren auf den Bildern auch der Student Francesco G. und Simon F. (Name geändert) zu sehen.

Bei Simon F. handelt es sich um einen Schulkollegen von Manuel C. aus Winterthur, der in einem verstörenden Eisenjugend-Video eine israelische Fahne verbrannte. Die Minigruppe verbreitete damals rabiate nationalsozialistische und rassistische Propaganda. Die drei jungen Männer wurden dann auch in der Jungen Tat aktiv, die im Herbst 2020 ihren heute noch bestehenden Telegram-Kanal eröffnete.

Noch vor zwei Jahren wurde Manuel C. wegen mehrfacher antisemitischer Rassendiskriminierung, mehrfacher Sachbeschädigung und eines Vergehens gegen das Waffengesetz zu einer bedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 30 Franken und Verfahrenskosten von rund 20’000 Franken verurteilt. Weitere Mitglieder der Eisenjugend, die heute zum Teil auch bei der Jungen Tat mitmischen, erhielten damals ebenfalls per Strafbefehl bedingte Geldstrafen, weil sie «die Ideologie des Nationalsozialismus» verbreitet sowie Juden und Dunkelhäutige diskriminiert und Hass gegen sie geschürt hatten.

Heute bereue er «zutiefst», was er damals in «jugendlichem Leichtsinn» gemacht habe, sagt der Chef der Jungen Tat. Es sei eine Reaktion auf das linksdominierte Meinungsfeld gewesen – und eine Provokation. Mit Nationalsozialismus wolle er nichts mehr zu tun haben. «Wir sind gewaltfreie politische Aktivisten und wehren uns nur, wenn wir von Linksextremen angegriffen werden.»

Sonderbar wirkt allerdings, dass die «friedfertige» Junge Tat die Tiwaz-Rune, einen nach oben gerichteten Pfeil, als ihr Symbol ausgewählt hat. Dabei handelte es sich bei Tiwaz ausgerechnet um den altnordischen Kriegsgott. Die Tiwaz-Rune wurde als Symbol auch im Dritten Reich und später von diversen Neonazi-Gruppen verwendet. Manuel C. behauptet, dass ihm der Bezug der Rune zum Dritten Reich bei der Gründung der Jungen Tat nicht bewusst gewesen sei. Der Pfeil solle die Zielstrebigkeit der Gruppe symbolisieren.

Nach wie vor eine Splittergruppe

Heute besteht die Gruppe aus ungefähr 20 Aktivisten und bis zu 100 Sympathisanten. Die Grösse der Jungen Tat steht somit in keinem Verhältnis zur Berichterstattung in den Medien. Die Junge Tat fühlt sich auf Grund ihrer rechten Ansichten diffamiert und wirft grossen Teilen der Presse einen «undemokratischen Umgang mit anderen Meinungen» und eine «kriminalisierende Berichterstattung» vor.

Manuel C. spricht von gewaltfreiem Protest, aber an der Zürcher Corona-Demonstration im Februar 2022 ging Tobias L. einen Zivilpolizisten an. Kurze Zeit später verpasste ein anderer «Aktivist» demselben Polizisten einen Fusstritt, worauf dieser kurz zu Boden ging. Der zweite Täter wurde deshalb per Strafbefehl verurteilt. Er ist inzwischen nicht mehr bei der Jungen Tat.

Weitere Strafverfahren der Zürcher Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der Protestaktion sind noch nicht abgeschlossen. Bei dieser Demonstration marschierten bei der Jungen Tat ausserdem hartgesottene Neonazis des Netzwerks Blood & Honour mit. Seither hat sich die Junge Tat allerdings von solchen Neonazigruppen abgewandt.

Immer wenn Migranten in Mord, Totschlag oder Vergewaltigungen verwickelt sind, spült das Wasser auf die Mühlen der Identitären. Darüber hinaus bringen die sogenannte Frühsexualisierung von Kindern und die penetrante Diskussion um die Gender-Ideologie neue Mitglieder und Anhänger, wie Manuel C. erklärt. Das Thema beschäftige die Bevölkerung, die meisten sähen es kritisch.

Dennoch hat sich das Wachstum der Mitgliederzahl verlangsamt. Das sieht man auch an der Entwicklung der Abonnentenzahl auf dem Kanal der Jungen Tat auf Telegram, dem inzwischen wichtigsten sozialen Medium der Schweizer Identitären: In den zwölf Monaten zwischen Herbst 2020 und 2021 schoss die Zahl der Abonnenten von Null auf mehr als 5000, doch seither geht es wesentlich langsamer aufwärts. Aktuell, im April 2024, sind es 7200 Abonnenten (innerhalb der letzten zwölf Monate kamen nur rund 400 dazu). Das Potenzial am rechten Rand des politischen Spektrums ist begrenzt.

«Globalistische Elite»

Viele Mitglieder und Helfer der Jungen Tat leben auf dem Land oder in der Agglomeration, wo «Multikulti» oder Gender-Sprache eher auf Ablehnung stossen als in den städtischen Zentren. Typisch für eine Jugendgruppe ist auch, dass ein grosser Teil noch bei den Eltern oder bei Verwandten wohnt. Selbst wenn viele Aktivisten einen Beruf haben, stehen doch nur wenige wirtschaftlich ganz auf eigenen Füssen.

Auffällig ist auch, wie viele der «Aktivisten» und Sympathisanten mit Schiesssport und Schusswaffen liebäugeln. Studenten oder Intellektuelle sind die Ausnahme, auch wenn sich die Führungsfiguren häufig intellektuell wirkender Versatzstücke aus Seminaren und der Literatur der identitären Bewegung bedienen.

Der Chef der Jungen Tat spricht auch gerne vom «globalistischen Establishment», das aus Politikern und Medienschaffenden bestehe, meistens Linken oder Liberalen. Sie würden bewusst oder unbewusst den «Bevölkerungsaustausch» vorantreiben. In einem lesenswerten Bericht des niedersächsischen Verfassungsschutzes heisst es, dass sich die Identitären ideologisch nicht am historischen Nationalsozialismus orientierten. Sie seien organisatorisch auch nicht Teil der neonazistischen Szene. Dennoch ordnen der deutsche und der österreichische Verfassungsschutz die Identitären klar der rechtsextremen Szene zu.

Das tut auch der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) im Fall der Jungen Tat, selbst wenn der Begriff «Identitäre» in den veröffentlichten NDB-Berichten bisher nicht auftaucht. Manuel C. widerspricht dieser Darstellung vehement, er sieht die Junge Tat als «rechts» und nicht «rechtsextrem». Die Junge Tat habe sich wiederholt auf Flugblättern und Transparenten gegen Extremismus positioniert. Die Aktionen und die Weltanschauung der Mitglieder hätte nichts zu tun mit extremistischem Gedankengut. Man werde einfach von den Medien in diese Ecke gedrängt, damit die politischen Positionen der Jungen Tat diskreditiert würden.

Verbote in Frankreich und Österreich

Positionen, die Mitglieder in den sozialen Medien vertreten, kann man allerdings durchaus als rassistisch bezeichnen. Nehmen wir zum Beispiel Tobias L., neben dem Gründer der Jungen Tat die zweite Führungsfigur. Noch vor drei Jahren bezeichnete er sich auf Twitter als «Nationalist, Sozialist, Aktivist». Inzwischen sind die Worte «Nationalist» und «Sozialist» aus der Profilbeschreibung verschwunden.

Tobias L. wohnt in einer malerischen Altstadt, irgendwo im Kanton Bern. Seine Nachbarn sind arabischstämmig, sprechen aber perfekt Mundart. Einerseits sagt Tobias L. bei einem Hausbesuch: «Ich habe keine Probleme mit Individuen. Meine Nachbarn sind ganz ordentliche Menschen. Ich habe nur Mühe mit Massenmigration, ausländischen Kriminellen und Sozialhilfebezügern.»

In einem Tweet verglich er auszuschaffende Ausländer mit einem kleinen Affen aus einem Globi-Buch, den Globi gerade einzufangen versucht. Im Zusammenhang mit einem Gewaltverbrechen in Basel, bei dem nach zwei mutmasslich nordafrikanischen Messerstechern gefahndet wurde, schrieb er ausserdem: «Zuwanderung kulturfremder Ausländer bedeutet Messer im Hals.»

Sina (Name geändert), eines der ganz wenigen weiblichen Mitglieder, findet das Engagement der Frauen in der patriotischen Bewegung extrem wichtig. Denn es seien besonders Frauen, die von den Konsequenzen der Massenmigration betroffen seien, meint die ehemalige Klimaaktivistin aus der Region Nordwestschweiz.

Anhand ihrer Profile in den sozialen Medien lässt sich ihr Gesinnungswandel von Links-Grün bis weit Rechts nachvollziehen. Auf Instagram beschwerte sie sich kürzlich über aggressive Ameisen, die sich in Winterthur ausbreiteten. Im selben Atemzug spricht sie von «importiertem Gesindel», das einen Haufen Ärger mache, und vergleicht die Insekten implizit mit Migranten. Das ist astreiner Rassismus.

Zum Bild, das die Junge Tat von sich zu zeichnen versucht, nicht so recht passen will auch folgende Tatsache: Bei der Aktion in Aarau zeigten Vermummte immer wieder das Okay-Zeichen, bei dem Daumen und Zeigefinger ein «O» formen. Spreizt man die drei übrigen Finger der Hand ab, bilden diese ein «W». In dieser Konstellation lassen sich Daumen und Zeigefinger statt als «O» auch als «P» interpretieren: Aus dem Okay wird so ein «WP» für «White Power», ein Symbol weisser Rassisten.

Spätestens seitdem der Attentäter von Christchurch vor einem neuseeländischen Gericht mit seinen Fingern das White-Power-Zeichen geformt hat, gilt das Okay-Zeichen im rechtsextremen Kontext als Symbol weisser Überlegenheit. Der Terrorist ermordete 2019 insgesamt 51 Muslime. Das Zeichen sei in der Jungen Tat aber anders gemeint, erklärt deren Chef. Es sei in Amerika aufgekommen im Zusammenhang mit dem Spruch «It’s okay to be white». Die Aktivisten wollten damit bloss zum Ausdruck bringen, dass es in Ordnung sei, weiss zu sein.

*Bei diesem Text handelt es sich um eine aktualisierte Version des Beitrags, der 2023 (vor dem aktuellen JSVP-Eklat) in der «Schweiz am Wochenende» erschien.
(https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/milieu-recherche-von-der-eisenjugend-zur-jungen-tat-wie-gefaehrlich-ist-die-gruppierung-deren-naehe-einige-jung-svpler-suchen-ld.2602321)


+++RECHTSEXTREMISMUS
Streit in der Jungen SVP – jetzt spricht Sarah Regez
Sarah Regez verteidigt sich in einem Video. Auf das Treffen mit Martin Sellner geht sie nicht ein, sie distanziert sich auch nicht davon. Verschiedene Meinungen gehörten zur Demokratie dazu, sagt sie.
https://www.watson.ch/schweiz/svp/546469953-streit-in-der-jungen-svp-jetzt-spricht-sarah-regez
-> https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/junge-svp-parteichef-freundin-soll-zurucktreten-sie-wehrt-sich-66738246
-> https://www.blick.ch/politik/nach-treffen-mit-rechtsextremen-jetzt-spricht-sarah-regez-id19598555.html
-> https://www.20min.ch/story/zoff-um-die-jsvp-nach-rechtsextremismus-vorwuerfen-jetzt-spricht-sarah-regez-103076864?version=1712129359588&utm_source=twitter&utm_medium=social
-> https://www.tagblatt.ch/schweiz/junge-svp-streit-in-der-jungen-svp-nun-meldet-sich-die-umstrittene-strategiechefin-der-jungpartei-zu-wort-ld.2602087?utm_medium=Social&utm_source=Twitter#Echobox=1712136240
-> https://telebasel.ch/sendungen/punkt6/215917
-> 10vor10: https://www.srf.ch/play/tv/10-vor-10/video/sektionen-der-jungen-svp-fordern-sarah-regez-zum-ruecktritt-auf?urn=urn:srf:video:de699689-daa8-4621-8315-b00fb846b993


Muss die Mutterpartei die Junge SVP an die Hand nehmen?
Die Junge SVP streitet über ihre Haltung zu Rechtsextremen. Denn JSVP-Politikerin Sarah Regez soll an einem Treffen von Rechtsextremen teilgenommen haben. Zu alledem will sich die Spitze der Mutterpartei bisher nicht äussern. Eine Sichtweise, die nicht alle SVP-Mitglieder teilen.
https://www.srf.ch/audio/echo-der-zeit/muss-die-mutterpartei-die-junge-svp-an-die-hand-nehmen?partId=12566870
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/unruhe-um-die-junge-svp-kein-kommentar-von-der-svp-spitze-zur-jungpartei


Jungparteien kritisieren das Verhalten der Jungen SVP
Die Junge SVP soll sich klar von rechtsextremen Personen und Inhalten distanzieren. Das fordern sechs Jungparteien. Sie werfen der Jungen SVP unter anderem vor, durch ihr Schweigen und ihrer Nähe zu rechtsextremen Kreise die Demokratie zu gefährden.
https://www.toponline.ch/tele-top/detail/news/parteien-00236034/
-> https://primenews.ch/articles/2024/04/jungparteien-fordern-regez-ausschluss-aus-dem-vorstand


Grossmutter Marie (77) schockiert über Treffen von Sarah Regez mit Rechtsextremen: «Die Haltung meiner Enkelin ist für mich unverständlich»
Marie Regez hat sich schon von den rechten Positionen ihrer Enkelin distanziert, als diese in den Nationalrat wollte. Jetzt äussert sie sich zu deren Treffen mit Martin Sellner. Auch aus Regez’ Heimatkanton kommen kritische Töne.
https://www.blick.ch/politik/grossmutter-marie-77-schockiert-ueber-treffen-von-sarah-regez-mit-rechtsextremen-die-haltung-meiner-enkelin-ist-fuer-mich-unverstaendlich-id19601410.html



bzbasel.ch 03.04.2024

Fall Sarah Regez: Von der rechten Hoffnungsträgerin zur Gefahr für die Baselbieter Kantonalpartei

Hat sie oder hat sie nicht an einem Meeting mit dem Rechtsextremen Martin Sellner aus Österreich teilgenommen? Die Baselbieter SVP sollte das nicht kümmern: Sie muss jetzt so schnell wie möglich auf Distanz zu ihrem Aushängeschild Sarah Regez gehen.

Andreas Schwald

Sarah Regez ist ein Shootingstar der SVP. Nicht nur im Baselbiet, auch national. Die 30-Jährige aus Sissach ist die Frau, die laut ihren Wahlplakaten sagen will, was andere nur denken. Sie ist die Frau, für die ihre eigene Grossmutter aus Reinach per viel beachtetem Leserbrief eine explizite Nichtwahlempfehlung ausgab. Und sie ist die Frau, die an den Nationalratswahlen im Baselbiet 2023 dennoch mit einem Glanzresultat abschnitt. Regez ist auf der SVP-Liste Erstnachrückende nach den wiedergewählten Nationalräten Sandra Sollberger und Thomas de Courten.

Nun schaffen es manche dieser Shootingstars in eine lange Umlaufbahn am Polithimmel. Andere verbrennen kurz nach dem Start. Sarah Regez gehört eher zur zweiten Sorte.

Aktuell lässt sich das öffentlich beobachten: Regez, die auch als Strategie-Chefin der Jungen SVP Schweiz amtiert, soll in dieser Funktion im Mai 2023 – fünf Monate vor den eidgenössischen Wahlen – an einem Treffen mit dem Rechtsaktivisten Martin Sellner teilgenommen haben. Der 35-jährige Österreicher ist ein Autor der rechtsextremen Szene und steht in Verbindung mit der rechtsradikalen Gruppe Junge Tat, die wiederum bei einigen Jung-SVPlern starke Sympathien geniesst.

Wie man sich machtpolitisch unmöglich macht

Publik gemacht hatte das der «Sonntags-Blick». Am Mittwoch äusserte sich Regez nun per Videobotschaft zu den Vorwürfen – oder eben auch nicht. Auf das Treffen mit Sellner geht sie gar nicht ein, wie die Portale dieser Zeitung berichten, und sie distanziert sich auch nicht davon. Sie stellt sich per Botschaft auf den Standpunkt, dass verschiedene Meinungen nun mal zur Demokratie gehören würden.

Nun ist das eine zwar richtig, das andere aber machtpolitisch dumm. Ein Flirt mit Sellners Positionen ist in der Schweiz auch für weit nach rechts schielende SVPler politisches Plutonium: Es reicht der kurze Kontakt, und die Person oder die Partei machen sich im öffentlichen Diskurs unmöglich.

Der schnelle Fall einer talentierten Provokationspolitikerin

Das ist doppelt dumm für die Baselbieter SVP. Regez war bislang eine talentierte Provokationspolitikerin am äussersten rechten Flügel. Sie kann öffentlichkeitswirksam austeilen – das hervorragende Wahlresultat zeigt es –, und ihre Person bewirtschaftet Empörung, ohne als Trägerin höherer Würden öffentlich Rechenschaft ablegen zu müssen. Maximale Provokation, minimale Haftbarkeit, optimale Wirkung: Ein machiavellistischer Traum.

Das war parteiintern nützlich. Regez’ Resultat bei den nationalen Wahlen, aber auch ihre Karriere bei der Jungen SVP schienen der Tatbeweis zu sein, dass sie tatsächlich sagt, was andere nur denken. Für einige Beweis genug, dass der moderate Flügel der Kantonalpartei mit seinen älteren, weitgehend männlichen Protagonisten politisch impotent und nicht mehr bei den Leuten sei. Dass nicht nur der amtierende Parteipräsident Dominik Straumann das Heu mit Regez nicht auf derselben Bühne hat, ist kein Geheimnis.

Es trifft die zerstrittene Kantonalpartei im Herzen

Es ist also dumm für die Baselbieter SVP, weil Regez das politische Plutonium von Sellner in die zerstrittene Kantonalpartei trägt, ob sie will oder nicht. Das muss einigen noch älteren Herren der Partei rund um Fraktionspräsident Peter Riebli und alt Landrat Hanspeter Weibel zu denken geben: Die nützliche Provokateurin Regez ist zur Hypothek geworden. Umso dümmer, dass dies kurz vor dem Wahlparteitag am 25. April geschieht: Die Nähe des rechten Flügels zu Regez kann somit auch der Präsidiumskandidatur von Landrätin Caroline Mall gefährlich werden.

Bislang liess die Baselbieter SVP die Kontroversen um Sarah Regez an sich vorbeiziehen. Zu fern ist die JSVP Schweiz, zu wenig profiliert war Regez im Kanton, als dass die Kontroversen um ihre Person auf den harten Kern der SVP zurückfallen konnten.

Die Sellner-Episode ändert alles. Die JSVP Säntis, Graubünden, Schaffhausen, Thurgau, Solothurn und auch Basel-Stadt teilten bereits mit, dass für Regez ein «allfälliger Rücktritt oder Ausschluss aus der Parteileitung in Betracht» gezogen werden soll. Die Baselbieter SVP muss ebenso deutlich auf Distanz gehen – das gilt insbesondere für den rechten Flügel mit Präsidiumskandidatin Mall und Fraktionschef Riebli. Denn wer wieder in die Baselbieter Regierung will, kann sich diese unheimliche Nähe zu rechtem Extremismus nicht leisten.
(https://www.bzbasel.ch/basel/baselland/analyse-zur-krise-der-svp-fall-sarah-regez-von-der-rechten-hoffnungstraegerin-zur-gefahr-fuer-die-baselbieter-kantonalpartei-ld.2602235)


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Altdorf UR: Urner Bauer wegen Corona-Demo vor Gericht
300 Personen versammelten sich 2021 nach einer Corona-Demo auf dem Hof eines Bauern in Altdorf UR. Das zieht jetzt für den Landwirt Konsequenzen mit sich.
https://www.nau.ch/news/schweiz/altdorf-ur-urner-bauer-wegen-corona-demo-vor-gericht-66738290


+++HISTORY
Rolle des St. Galler Kaufmanns Hieronymus Sailer im internationalen Sklavenhandel historisch aufgearbeitet (ab 02:30)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-ostschweiz/anaesthesie-am-kinderspital-keine-zusammenarbeit-mehr-mit-kssg?id=12566033


St. Gallens frühkoloniale Verflechtungen
Waren die reichsten St.Galler im 16. Jahrhundert Sklavenhändler? Solchen und vielen weiteren Fragen geht das St.Galler Stadtarchiv im postkolonialen Themenmonat nach.
https://www.saiten.ch/st-gallens-fruehkoloniale-verflechtungen/


Zuger Politiker fordern Denkmal für Opfer von Hexenprozessen – Rendez-vous
Rund 10’000 Hexenprozesse gab es auf dem Gebiet der heutigen Schweiz zwischen dem 15. und dem 18. Jahrhundert. Nur an wenigen Orten in der Schweiz erinnern Gedenkstätten an die Opfer dieses blutigen Kapitels der Justizgeschichte. Nun gibt es im Kanton Zug einen Anlauf für ein Mahnmal.
https://www.srf.ch/audio/rendez-vous/zuger-politiker-fordern-denkmal-fuer-opfer-von-hexenprozessen?partId=12566270