Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspieg
+++SCHWEIZ
In die Schweiz geflüchtet – und hier eingebunkert
Bund, Kantone und Gemeinden bringen Hunderte Asylsuchende in Zivilschutzanlagen unter. Das ritze an den Menschenrechten, sagt die nationale Anti-Folter-Kommission. Doch SP-Bundesrat Beat Jans sieht kein Problem.
https://www.republik.ch/2024/04/02/in-die-schweiz-gefluechtet-und-hier-eingebunkert
«Sie wollen ihr Leben verbessern»
Maghreb-Kenner und Buchautor Beat Stauffer über junge Menschen aus Nordafrika, die in die Schweiz kommen und teilweise delinquieren.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/sie-wollen-ihr-leben-verbessern?partId=12565889
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/wie-wirkt-das-neue-asyl-schnellverfahren?urn=urn:srf:video:c90cf272-0478-415f-9e87-2bab9a42beec
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/24-stunden-asylverfahren-experte-fuer-maghrebiner-ist-es-in-europa-schwieriger-geworden
BEAT JANS:
-> 100 Tage im Amt: https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-100580.html
-> Rendez-vous: https://www.srf.ch/audio/rendez-vous/bundesrat-beat-jans-zieht-erste-bilanz?partId=12565169
-> Rendez-vous-Tagesgespräch : https://www.srf.ch/audio/rendez-vous/tagesgespraech-bundesrat-beat-jans-100-tage-im-amt?partId=12565187
-> https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/bundesrat-beat-jans-zwischenbilanz-nach-100-tagen-im-amt-66737561
-> https://www.blick.ch/politik/100-tage-im-amt-medienkonferenz-um-9-30-uhr-asylminister-jans-zieht-erste-bilanz-id19594892.html
-> https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/live-ab-930-uhr-live-so-war-der-einstieg-als-bundesrat-fuer-beat-jans-ld.2601146
-> https://www.20min.ch/story/medienkonferenz-100-tage-im-amt-das-sagt-beat-jans-zu-seinem-bundesrats-start-103075188
-> https://telebasel.ch/sendungen/punkt6/215895
-> https://www.srf.ch/audio/echo-der-zeit/den-realitaetscheck-hat-der-sp-asylminister-erst-vor-sich?partId=12565928
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/100-tage-im-amt—bundesrat-beat-jans-zieht-erste-bilanz?urn=urn:srf:video:cebed487-5267-430f-ac85-33076939a360
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/beat-jans-zieht-bilanz-nach-100-tagen-im-bundesrat-156705901
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/beat-jans-zieht-bilanz-nach-100-tagen-im-bundesrat-156705965
-> https://www.telem1.ch/aktuell/beat-jans-zieht-bilanz-nach-100-tagen-im-bundesrat-156705851
-> https://www.tele1.ch/nachrichten/bilanz-100-tage-bundesrat-156706013
-> https://www.plattformj.ch/artikel/219612/
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/beat-jans-100-tage-im-amt-den-realitaetscheck-hat-der-sp-asylminister-erst-vor-sich
-> https://bajour.ch/a/cluii0igk5111402sgu4y7suzv8/beat-jans-ist-100-tage-im-amt-ein-ausblick
-> 10vor10: https://www.srf.ch/play/tv/10-vor-10/video/fokus-bundesrat-beat-jans-100-tage-im-amt?urn=urn:srf:video:7b989a15-37e3-4595-b4fc-4c91a7ae8430
-> https://www.derbund.ch/beat-jans-100-tage-im-amt-kritik-aus-der-sp-wischt-er-weg-996968342684
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/100-tage-im-amt-beat-jans-18-messerstiche-ich-nehme-das-sehr-ernst
+++MAROKKO
nzz.ch 02.04.2024
Gestrandet im Gewächshaus: Marokko nutzt Migranten als Druckmittel gegenüber Europa
Das deutsch-marokkanische Migrationsabkommen steht kurz vor dem Abschluss. Bislang stecken Migranten zwischen den Fronten zu Spanien und dem Süden fest – das kommt dem König entgegen. Eine Reportage.
Andrea Marti, Ait Amira
Zwischen Ait Amira und der Hoffnung auf ein besseres Leben liegen 400 Kilometer und unzählige Gewächshäuser. Rund um die südmarokkanische Kleinstadt wachsen Tomaten, Gurken und Peperoni für den europäischen Markt. Geerntet wird das Gemüse von Migranten, die kaum etwas verdienen und nicht aus Ait Amira wegkönnen. Sie stehen im Zentrum marokkanischer Aussenpolitik – als Druckmittel gegenüber der EU. Und sie werden immer mehr.
An diesem Februartag steht die Hitze in den Gewächshäusern. Draussen ist es 26 Grad warm, so heiss wie praktisch nie im Februar, auch in Marokko nicht. Trotz der Hitze arbeiten die Migranten auf den Feldern, in einem der Gewächshäuser sortieren drei Männer Tomaten, einer spritzt Pestizide, ein paar andere ernten.
Den Überblick über das Geschehen hat Gaston Armand aus Kamerun. Er bewegt sich im Gewächshaus, als gehöre es ihm. Seine natürliche Autorität hat ihm unter den Migranten im Gewächshaus den Spitznamen «le corporal» eingebracht. Armand ist so etwas wie ein Vorarbeiter: Er prüft die Qualität der Tomaten, teilt Aufgaben zu und zahlt einmal pro Woche die Löhne aus. Er ist verantwortlich für etwa zehn Arbeiter auf dem Feld, einige stammen wie Armand aus Kamerun, andere aus Côte d’Ivoire, einer kommt aus Burundi.
Viele der Männer sind vor ihrer Perspektivlosigkeit geflohen, vor der Armut und der Arbeitslosigkeit, manche vor dem Krieg. Die meisten haben ihre Heimat schon vor Jahren verlassen. Fragt man Armand, wie er nach Marokko gekommen sei, sagt er knapp: «Zu Fuss.» Armand durchquerte Niger, Nigeria, Libyen, Tunesien und Algerien. Auf den langen Märschen durch die Wüste drohen Entführungen, Folter, Hunger und Durst. Er zuckt mit den Schultern. «Die Route halt.»
Marokko erhält von der EU viel Geld
Für viele soll Marokko das Sprungbrett nach Europa sein. Versuche, aus den anderen Ländern entlang der Mittelmeerküste nach Europa zu gelangen, scheitern häufig: In Libyen an Menschenhändlern, in Tunesien an der Küstenwache, in Algerien an der Polizei. Deswegen bleibt vielen nur noch der Weg über Marokko. Im Norden trennen das Königreich wenige Kilometer Meer vom europäischen Festland, mit den spanischen Enklaven Ceuta und Melilla teilt Marokko sogar Landgrenzen. Die Fluchtroute über Nordmarokko war deshalb lange Zeit einfacher und weniger gefährlich als andere.
Doch auch dieser Weg nach Europa wird zunehmend schwierig. Es gibt zwar kein offizielles Flüchtlingsabkommen, die Europäische Union aber zahlte Marokko zwischen 2014 und 2020 rund 345 Millionen Euro, damit das Königreich die Grenzen nach Spanien dichtmacht. Im EU-Budget bis 2027 sind weitere 500 Millionen Euro dafür vorgesehen. Die Gelder zeigen Wirkung: Laut dem marokkanischen Militär wurden allein 2023 etwa 87 000 Migranten in Marokko zurückgehalten, die Tendenz ist steigend.
Marokko will im Zuge laufender Verhandlungen über Migrationsabkommen präventiv beweisen, dass es die Grenzen unter Kontrolle hat. Dieser demonstrative Kooperationswille folgt Marokkos politischem Kalkül: Rabat nutzt die Migrationspolitik, um internationale Unterstützung für seinen Anspruch auf die rohstoffreiche Westsahara zu gewinnen – und so sein wichtigstes aussenpolitisches Ziel zu erreichen.
Melilla: Mit Schlagstöcken gegen Migranten
Dabei nutzt König Mohammed VI. die Migranten mitunter ganz direkt als Druckmittel. 2022 etwa öffnete der König mehrmals die Grenzen, weil Spanien sich weigerte, marokkanischen Forderungen zur Westsahara nachzugeben. Unter dem Druck des Grenzübertritts von Tausenden von Migranten gab Spanien schliesslich nach. Marokko schloss die Grenzen im Norden gewaltsam, mindestens 23 Menschen starben.
Die Bilder aus Melilla gingen um die Welt. Videos zeigen Grenzbeamte, die Migranten mit Schlagstöcken verprügeln. «Mir haben sie einfach die Füsse gebrochen, am helllichten Tag», sagt Armand. Manche erlagen noch am Zaun ihren Verletzungen.
Seither versuchen immer weniger von ihnen, die Landgrenzen nach Spanien zu überqueren. «Der Norden ist zu», sagt Gaston Armand. Vergangenen Oktober unterzeichnete die deutsche Innenministerin Nancy Faeser in Marokko eine Absichtserklärung für ein Migrationsabkommen. Vorangegangen waren dem Staatsbesuch deutsche Zugeständnisse in der Westsahara-Frage. Marokko verstärkte im Gegenzug die Schutzmassnahmen an der Nordgrenze.
Die deutschen Gespräche gelten als exemplarisch für Verhandlungen zwischen der EU und Marokko. Dabei wird auch die Union um Zugeständnisse kaum herumkommen: Will Europa Migranten an der Überfahrt über das Mittelmeer hindern, ist es auf die Mitarbeit nordafrikanischer Staaten angewiesen.
Diese Kooperation birgt aber Tücken: Ein Abkommen mit Tunesien scheiterte vergangenes Jahr, mit dem bürgerkriegsgeplagten Libyen ist kaum eine verlässliche Partnerschaft möglich. Algerien betrachtet Migration als innenpolitisches Thema, Verhandlungen mit der EU sähe es als europäische Einmischung in die eigene Politik. Auf der Suche nach dringend benötigten Erfolgen haben also auch die europäischen Politiker nur noch eine Chance: Marokko.
Die europäische Migrationspolitik hat auch zur Folge, dass sich die Migrationsrouten innerhalb Marokkos verschieben. In den Monaten nach den dramatischen Ereignissen bei Melilla wurden Tausende von Migranten vom marokkanischen Militär in den Süden des Landes abgeschoben – und landeten so in Gewächshäusern wie jenen um Ait Amira.
Angestellt werden sie von wohlhabenden Marokkanern, denen die Felder gehören. In Armands Fall ist das ein Bauer Mitte fünfzig mit kleinem Bierbauch, der nicht namentlich genannt werden möchte. Armand wirkt gelassen, als der Bauer im Gewächshaus eintrifft. Das Verhältnis zum Chef scheint gut zu sein – was wohl eher eine Ausnahme ist. NGO berichten von Misshandlungen in den Gewächshäusern, von nicht bezahlten Löhnen und willkürlichen Kündigungen. Wehren können sich die Migranten dagegen kaum, weil sie illegal im Land sind.
Die Schlepper verlangen bis zu 3500 Euro
Besonders deutlich wird der Unterschied zwischen Migranten und Marokkanern auf dem Weg durch Ait Amira. Armands Arbeitsweg führt entlang der Hauptstrasse, die von Restaurants und Läden gesäumt ist. Dann geht es über einen Markt, wo sich kaputte Haushaltsgegenstände auf Leintüchern stapeln. Vor den Geldautomaten stehen die Leute zu Dutzenden an. In Ait Amira wohnen viel mehr Menschen, als eigentlich Platz haben.
Je näher Armand seinem Zimmer kommt, desto kahler werden die Häuser. Die Wände sind nicht mehr bunt, sondern aus grauem Beton; ab und zu fehlen Fenster. Er geht an einem staubigen Platz vorbei, auf dem Jugendliche Fussball spielen, ohne Tor. Im Haus, in dem Armand ein Zimmer mietet, wäscht eine Frau aus Côte d’Ivoire in einem Plastikzuber auf dem Boden ihr Geschirr. Hier ist Ait Amira die Stadt der Migranten.
Und man kennt sich. Armand erzählt von einer Freundin, die neben der Feldarbeit ein kleines Kind grosszieht. Viele Migranten in Ait Amira sind erst Anfang 20. Manche sagen, dass sie nach einem Jahr wieder weg sein würden. Die Älteren nicken dann müde. Sie wissen, dass es länger dauern wird. Weil die Grenzkontrollen an der Küste immer engmaschiger werden, verlangen Schlepper inzwischen bis zu 3500 Euro pro Überfahrt. Bei knappen fünf Euro Lohn pro Tag sparen die Migranten dafür mindestens sechs Jahre.
«Die Politik braucht die Jungs hier»
Zurück führt aber auch kein Weg. Die Herkunftsländer wollen die Migranten nicht zurücknehmen, weil sie auf deren Geld aus dem Ausland angewiesen sind. Duldet Marokko die Migranten, statt sie auszuweisen, sitzt das Land in den Verhandlungen am längeren Hebel – nicht nur gegenüber Europa, sondern auch gegenüber Subsahara-Afrika. «Die Politik braucht die Jungs hier, und zwar genau so, ohne legalen Aufenthaltsstatus und ohne Perspektive», sagt der Bauer auf dem Tomatenfeld.
Wer als Migrant in Ait Amira wohnt, will weg. «Das ist kein Leben in Marokko», sagt Armand. Sein Chef nickt. Das ewige Provisorium ist politisch gewollt: «Würden die Jungs hier integriert statt nur toleriert, könnte der König niemanden mehr mit ihnen erpressen.» Ihre Verzweiflung ist sein Kapital.
Sie treibt sie zur riskanten Überfahrt aus Südmarokko an, die in Ait Amira beginnt. An der marokkanischen Westküste steigen die Migranten in Gummiboote, um über den Atlantik auf die Kanarischen Inseln zu gelangen. Die Überfahrt kann bis zu 50 Stunden dauern – wenn sie gelingt. Wegen der Strömungen zwischen der marokkanischen Küste und den Inseln treiben viele der Boote ab und kentern. Laut der NGO Caminando Fronteras starben bei der Überfahrt auf die Kanarischen Inseln entlang der westafrikanischen Küste vergangenes Jahr über 6000 Menschen. Die Route gehört damit zu den gefährlichsten Migrationsrouten der Welt.
Trotzdem sind die Migranten in Ait Amira bereit, das Risiko auf sich zu nehmen – in Armands Fall bereits zum sechzehnten Mal, wie er sagt. Er weiss von den Verhandlungen, die gerade zwischen Marokko und Europa laufen. Er weiss, dass die Zeit auch für ihn knapp wird. Werden die Abkommen einmal umgesetzt und die Grenzkontrollen verstärkt, wird es noch schwieriger, von Ait Amira nach Europa zu gelangen.
Das deutsch-marokkanische Migrationsabkommen steht kurz vor dem Abschluss, eines mit der EU könnte folgen. Auch die Europäer dürften sich den marokkanischen Forderungen beugen und beispielsweise den marokkanischen Autonomieplan für die Westsahara anerkennen. Spätestens wenn das geschieht, wird der Weg aus den Gewächshäusern in Ait Amira versperrt sein. Dann werden sich die Routen wieder verschieben – und ein neues Ait Amira entsteht.
(https://www.nzz.ch/international/migration-via-maghreb-wie-marokko-migranten-als-druckmittel-nutzt-ld.1822370)
+++FREIRÄUME
Wie weiter im Krienser Hinterschlund? – In der Wagenburg lebt es sich trotz Illegalität gemütlich
Mit dem Einreichen des Baugesuchs ist die Wagenburg auf dem Areal Hinterschlund wieder ins öffentliche Visier geraten. Seit zweieinhalb Jahren stehen die Wagen auf dem Kiesplatz. Doch wie es weiter geht, vermag niemand zu sagen.
https://www.zentralplus.ch/regionales-leben/in-der-wagenburg-lebt-es-sich-trotz-illegalitaet-gemuetlich-2631095/
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ajour.ch 02.04.2024
Kollektiv «l’équipe» auf dem Bührer-Areal: Aus dem illegalen Sommerflirt wird eine legale Beziehung
15 Jahre lang darf das ehemalige Besetzer-Kollektiv auf dem Bieler Bührer-Areal Projekte durchführen. Danach soll der Gymer Strandboden dort einen Neubau bekommen.
Matthias Gräub
Die Sicherheitsleute sind schon weg, der Stacheldraht wird es bald auch sein. Seit Dienstag hat das einstige Kollektiv «l’équipe» die Schlüssel zum Gelände am Unteren Quai 30, das es im vergangenen Sommer illegal besetzt hatte. Am Dienstagnachmittag sitzen ein knappes Dutzend junger Menschen auf alten Sofas und geniessen die Sonne, die langsam wieder durchbricht.
Einen Sommerflirt nennt das Kollektiv die dreiwöchige Besetzung vom letzten Jahr, die mit einer Räumungsandrohung und dem Rückzug des Kollektivs geendet hatte.
Der Flirt wird nun zur Langzeitbeziehung.
«Ich hatte nur mit drei, vier Jahren gerechnet»
Das Kollektiv, inzwischen als Verein «Unterer Quai 30» organisiert, hat mit dem Kanton Bern, dem Eigentümer des Areals, einen Baurechtsvertrag mit einer Laufzeit von 15 Jahren unterschrieben. Darin enthalten ist das gesamte Areal – ausser der Fabrikantenvilla der einstigen Baufirma Bührer.
15 Jahre, das ist eine sehr lange Laufzeit für eine Zwischennutzung, findet auch Lara Bieri, ein Mitglied des Kollektivs, die bereitwillig durch das nun ganz legal belebte Gebiet führt. «Ich hatte vielleicht mit drei, vier Jahren gerechnet», sagt sie. Beklagen wird sie sich über die 15 Jahre nicht.
Die lange Zwischennutzung hat einen guten Grund, sagt Lorenz Held, Vorsteher des kantonalen Amts für Grundstücke und Gebäude: «Wir sehen in diesem Terrain das Potenzial, in etwa 15 Jahren eine Erweiterung des Gymnasiums Strandboden zu bauen.»
Weil ein solches Vorhaben einiges an Vorlaufzeit braucht, brauche man diese 15 Jahre. «Es muss zunächst ein Programm entstehen, dann ein Projektwettbewerb», sagt Held. «Bis dahin ist eine Zwischennutzung die Ideallösung.»
Kanton will Villa selbst nutzen
Für die Fabrikantenvilla prüfe der Kanton derzeit eine eigene Zwischennutzung, deshalb bleiben ihre Türen vorerst verbarrikadiert. «Wir prüfen immer eine eigene Nutzung, bevor wir ein Gebäude an Externe abgeben», sagt Lorenz Held. Was genau geprüft wird, könne er noch nicht sagen.
Bei «l’équipe» besteht noch Hoffnung, dass der Kanton mit seinem Vorhaben auf einen anderen Standort ausweicht und auch die Villa dereinst in die Organisation des Vereins gelangt. «Es gibt noch weiteren Leerstand in der Stadt», sagt Kollektivmitglied Valeria Sheak.
Bis dahin darf der Verein gemäss Baurechtsvertrag das Terrain – im Rahmen des Gesetzes – beliebig nutzen. Das will er mit dem kollektiven Aufbau und einer Vielzahl von Projekten tun.
Der basisdemokratisch organisierte Verein besteht derzeit aus rund 50 Mitgliedern, die insgesamt schon gut 30 Projekte angedacht haben.
«Das geht von Zirkus über Musik, einen Skatepark bis hin zu politischen Räumen», sagt Kollektivmitglied Miguel Rodriguez. So will etwa der Verein «Tesoro» in den Fabrikräumen eine Ausstellung über die Geschichte der Saisonniers in Biel schaffen.
«Im Moment sind wir am Organisieren, was wo Platz findet», sagt Rodriguez. Am 14. April finde die nächste Sitzung statt, die für alle offen zum Mitreden sei. Danach dürfte das grosse Anpacken losgehen.
5000 Franken Mietzins
Ganz gratis darf das Kollektiv das Bührer-Areal nicht nutzen: 5000 Franken Mietzins verlangt der Kanton pro Jahr, dazu kommen Strom und Wasser, die der Energie Service Biel schon wieder angeschaltet hat.
Kosten wird laut Miguel Rodriguez aber auch das Aufmöbeln der heruntergekommenen Gebäude: «Es gibt einiges zu tun: Wir müssen viele Strukturen stabilisieren, andere ersetzen.» So sei etwa das Obergeschoss des einen Gebäudes noch baufällig. «Das alles wird einiges an Arbeit kosten, aber wir wollen einen Grossteil selbst stemmen», sagt Rodriguez. Für den Rest werde man direkt bei Unternehmen für Geld und Sachspenden anfragen.
Auch sonst hoffe man auf freiwillige Spenden, ein Crowdfunding soll ausserdem helfen, die ersten Investitionen zu ermöglichen. Der Mietzins soll durch Vereinsbeiträge eingespielt werden.
Pünktlich auf den Frühling bereitet sich «l’équipe» auf einen neuen Sommerflirt mit dem Bührer-Areal vor. Diesmal ist es ein legaler, und einer, der mindestens bis 2039 dauern wird.
(https://ajour.ch/de/story/502822/kollektiv-lquipe-auf-dem-b%C3%BChrerareal-aus-dem-illegalen-sommerflirt-wird-eine-legale-beziehung)
+++GASSE
In Luzern gelten neue Massnahmen – Zunehmendes Crack-Problem: Stadt und Kanton werden aktiv
In Luzern wird zunehmend an öffentlichen Orten Crack konsumiert. Deswegen ergreifen Kanton und Stadt verschiedene Massnahmen. Unter anderem wird die Gassechuchi und die Kontakt- und Anlaufstelle künftig länger offen haben.
https://www.zentralplus.ch/gesellschaft/zunehmendes-crack-problem-stadt-und-kanton-werden-aktiv-2633537/
-> https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/stadt-region-luzern/suchtpolitik-wegen-mehr-crack-so-wollen-stadt-und-kanton-luzern-den-drogenkonsum-eindaemmen-ld.2601624
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zentralschweiz/living-smile-vidya-bringt-ihr-leben-als-trans-frau-auf-die-buehne?id=12565871 (ab
+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Recht auf Protest: Uno weist auf Versäumnisse der Schweiz hin
Uno-Sonderberichterstatter*innen sind besorgt über den mangelnden Schutz für Menschenrechts- und Umweltverteidiger*innen während friedlicher Versammlungen in der Schweiz.
https://www.amnesty.ch/de/laender/europa-zentralasien/schweiz/dok/2024/uno-weist-auf-versaeumnisse-der-schweiz-hin
Hunderte Eritreer stürmten Gerlafingen SO mit Steinen und Stangen – Bewohner schockiert: «Es war wie in einem Film!»
Am Sonntag rückte die Polizei mit einem Grossaufgebot nach Gerlafingen SO aus. Der Grund: 180 Eritreer demonstrierten gegen ein Fest zu Ehren des eritreischen Diktators. Die Situation ist eskaliert.
https://www.blick.ch/schweiz/mittelland/solothurn/hunderte-eritreer-stuermten-gerlafingen-so-mit-steinen-und-stangen-bewohner-schockiert-es-war-wie-in-einem-film-id19594033.html
-> https://www.blick.ch/video/aktuell/polizei-muss-eritreer-schlacht-verhindern-so-erlebten-anwohner-den-grosseinsatz-in-gerlafingen-so-id19594213.html
-> https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/lebern-bucheggberg-wasseramt/polizei-einsatz-wasserwerfer-und-traenengas-in-gerlafingen-eskaliert-streit-zwischen-eritreern-ld.2601126
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-aargau-solothurn/fragen-an-gemeinde-nach-vorfall-mit-eritreern-in-gerlafingen?id=12565256 (ab 03:38)
-> https://www.telem1.ch/aktuell/eritreer-randale-was-landsleute-und-politiker-zum-vorfall-in-gerlafingen-sagen-156705862
Sie bringen ihre Konflikte aus der Heimat mit : Darum eskalieren Eritreer-Feste in Europa immer wieder
Am Sonntag treffen in Gerlafingen SO verfeindete Gruppen aus Eritrea aufeinander. Die Sache eskaliert, die Polizei muss mit Wasserwerfern und Tränengas dazwischen gehen. Eritreer-Festivals sorgen in ganz Europa immer wieder für Ärger.
https://www.blick.ch/schweiz/sie-bringen-ihre-konflikte-aus-der-heimat-mit-darum-eskalieren-eritreer-feste-in-europa-immer-wieder-id19593950.html
-> Schweiz Aktuell: https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/eritreer-feste-in-europa-sind-ein-pulverfass?urn=urn:srf:video:038c4f75-e2c4-4faf-a2dc-9580f96546a7
+++SPORT
Nach Spiel gegen Luzern: Stadtpolizei will Aufarbeitung
Trotz gesperrtem Gästesektor sind laut Polizeiangaben rund 800 Fans des FC Luzern zum Spiel in St. Gallen angereist. Aus Sicherheitsgründen habe man die Sperrung des Gästesektors kurzfristig aufheben müssen. Nun sollen die Ereignisse aufgearbeitet und weitere Massnahmen diskutiert werden.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-ostschweiz/nach-spiel-gegen-luzern-stadtpolizei-will-aufarbeitung?id=12564971
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zentralschweiz/fcl-fans-trotz-gesperrtem-sektor-in-st-gallen-praesent?id=12564977
-> https://www.tele1.ch/nachrichten/fcl-fans-trotz-verbot-im-gaestesektor-156706045
-> https://www.tvo-online.ch/aktuell/trotz-verbot-800-luzern-fans-im-kybunpark-156706402
-> https://www.tvo-online.ch/aktuell/fans-vs-behoerden-die-stadtpolizei-st-gallen-nimmt-stellung-zum-gaestesektor-entscheid-156706385
-> https://www.espenblock.ch/
-> https://www.jungewelt.de/artikel/472608.staatsfeind-fu%C3%9Fballfan-konter-der-ultras.html
-> https://www.blick.ch/sport/ultras-zwingen-polizei-in-knie-plan-gegen-fangewalt-scheitert-schon-vor-einfuehrung-id19597727.html
-> https://www.blick.ch/sport/fussball/superleague/zum-fan-chaos-in-st-gallen-die-ultras-lassen-den-behoerden-die-hosen-runter-id19597841.html
-> https://www.pilatustoday.ch/sport/fussball/schwanz-einziehen-geht-nicht-fcl-fanaufmarsch-soll-konsequenzen-haben-156702368?autoplay=true&mainAssetId=Asset%3A156705822
Wie weiter mit dem Kaskadenmodell im Fussball?
Nachdem die Schliessung des Gästesektors im St. Galler Stadion kurzfristig aufgehoben wurde – stellt sich die Frage, wie sinnvoll die Massnahmen des sogenannten Kaskadenmodells sind. Die St. Galler Regierung fordert einmal mehr den Verkauft personalisierter Tickets.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-ostschweiz/wie-weiter-mit-dem-kaskadenmodell-im-fussball?id=12565121
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-ostschweiz/im-linthgebiet-darf-der-kormoran-laenger-geschossen-werden?id=12565943
-> 10vor10: https://www.srf.ch/play/tv/10-vor-10/video/fussball-kaskadenmodell-wird-zur-farce?urn=urn:srf:video:bb290216-ae8d-48a5-b982-ab1c327dc28b
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tagblatt.ch 02.04.2024
«Die Öffnung des Gästesektors war unumgänglich»: Polizei und Vereine kritisieren das Kaskadenmodell – und stehen hinter ihrem Entscheid
Am Ostermontag sollte beim Spiel zwischen dem FC St.Gallen und dem FC Luzern der Gästesektor leer bleiben. Aus Sicherheitsgründen öffnete die Stadtpolizei St.Gallen kurzfristig den Auswärtsblock. Die Polizei, die beiden Vereine und die Fanarbeit nehmen Stellung.
Davide De Martis und Lukas Zwiefelhofer
Im vergangenen Jahr hatte die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und Polizeidirektoren (KKJPD) für diese Saison bei Partien zwischen dem FC St.Gallen und dem FC Luzern eine Sperrung der Gästesektoren beschlossen. Beim Spiel am Ostermontag liessen die Sicherheitsverantwortlichen trotz Sperrung mehrere hundert Luzerner Fans kurzfristig auf die Gästeränge.
Die Stadtpolizei St.Gallen leitete am vergangenen Montag den Einsatz beim Spiel zwischen dem FC St.Gallen und dem FC Luzern. Sie hatte über die Schliessung verfügt und den Sektor wegen der Umstände wieder geöffnet. Die Öffnung wurde gemäss Mediensprecher Dionys Widmer durch die Polizei beschlossen. Er zieht eine erste Bilanz: «Trotz Sperre und Aufruf an die Fans des Gästeteams, nicht an das Spiel zu reisen, waren insgesamt 800 Luzerner Fans vor Ort. Sie hatten Tickets für verschiedene Sektoren im Kybunpark. Aus Sicherheitsgründen haben wir deshalb beschlossen, den Gästesektor zu öffnen.»
Polizei bestätigt: Entscheid ist direkt vor Ort getroffen worden
Der Entscheid sei entgegen der Gerüchte, dass er bereits im Vorfeld gefallen sei, direkt vor Ort getroffen worden. Auch die Öffnung der Verpflegungsstände im Stadion für die FCL-Anhänger sei spontan passiert. «Die Infrastruktur ist im Stadion vorhanden und konnte deshalb schnell in Betrieb gesetzt werden», sagt Widmer. Die Stadtpolizei trage die Massnahmen mit, in der Praxis zeigten sich jedoch Herausforderungen. Widmer sagt: «Es hat sich zum wiederholten Mal gezeigt, dass eine Sperrung des Gästesektors in einem vollen Stadion Herausforderungen mit sich bringt.»
In Stadien, in denen gewisse Ränge leer blieben, weil nicht ausverkauft, könnten Gästefans auf diese Plätze ausweichen. Das sei im Kybunpark nicht möglich. Von einer Kapitulation vor den Fans könne jedoch nicht gesprochen werden. Den Herausforderungen, die Massnahmen gegen Fangruppierungen mit sich bringen, müsse man sich aber dringend stellen.
Markus Krienbühl, Mediensprecher des FC Luzern, zeigt sich nicht überrascht vom Vorgehen der Gästefans in St.Gallen, wie er auf Anfrage erklärt: «Aufgrund dessen, dass für dieses Spiel ein öffentlicher Vorverkauf stattgefunden hat, musste man davon ausgehen, dass sich auch Fans aus Luzern im Vorfeld Tickets für dieses Spiel gesichert haben.»
Auch Fabian Achermann, Stellenleiter der Fanarbeit Luzern, rechnete damit, dass so etwas passieren würde. Er sagt gegenüber dieser Zeitung: «Es war davon auszugehen, dass sich FCL-Fans mit Tickets eindecken und beim Spiel präsent sind. Dies war auch von vornherein allen Beteiligten des Spieltags bewusst und deckt sich mit den schweizweiten Erfahrungen der letzten Monate und Jahre von Spieltagen unter einschränkenden Massnahmen.»
FCL und Fanarbeit stützen Vorgehen der St.Galler Behörden
Da es sich um ein Heimspiel des FC St.Gallen gehandelt habe, sei insbesondere der organisierende Klub im Austausch mit den Behörden und den Fangruppierungen vor Ort gewesen, erklärt FCL-Sprecher Krienbühl. Und der FCL stehe hinter dem Entscheid der St.Galler: «In Anbetracht der Ausgangslage erachtet der FC Luzern den Entscheid des FC St.Gallen und der Stadtpolizei St. Gallen, den Gästesektor zu öffnen, als richtig. Somit konnte ein sicheres und friedliches Spiel für alle Fans im Stadion ermöglicht werden.»
Gemäss Fabian Achermann habe sich exemplarisch und wiederholt gezeigt, «dass Sperrungen von Gästesektoren ein Unsicherheitsfaktor sind». Die bewährte Fantrennung sei damit kaum zu gewährleisten, kritisiert Achermann. Gleichzeitig lobt er die Stadtpolizei St.Gallen sowie die Verantwortlichen des FC St.Gallen.
Kaskadenmodell «nicht zielführendes Mittel»
Beide Parteien hätten mit ihrem Entscheid Augenmass, Verantwortungsbewusstsein und Vernunft bewiesen. «Es ist im Sinne der Planungssicherheit des Spieltags, dass sich Gästefans im Gästesektor befinden und kanalisiert mit Extrazügen anreisen», argumentiert Achermann. Eine Abkehr von diesen erfolgreichen Abläufen generiere einen Mehraufwand für alle.
Erneut positioniert sich der FCL zudem klar gegen das von der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) präsentierte Kaskadenmodell. Krienbühl betont: «Wie dies schon mehrfach durch den FC Luzern kommuniziert wurde, erachtet der FC Luzern das gesamte Kaskadenmodell, insbesondere aber auch die Schliessung von Gästesektoren, als nicht zielführendes Mittel, um Vorfälle rund um das Fussballspiel einzudämmen.»
Während des Spiels kam es mehrfach zu strafbarem Verhalten. Die Gästefans haben massiv Pyros gezündet und waren teils vermummt. Zudem kam es zu Provokationen von Seiten der FCL-Anhänger. Ausschreitungen habe es sowohl innerhalb als auch ausserhalb des Stadions keine gegeben. Wie dieses Verhalten beurteilt wird, müsse noch diskutiert werden, sagt Dionys Widmer.
FC St.Gallen steht hinter seinem Entscheid
Der FC St.Gallen liess auf eine Stellungnahme warten und möchte am Tag nach der Sektoröffnung noch keine Fragen dazu beantwortet. Diese Aufgabe übernimmt Vereinspräsident Matthias Hüppi nach der Spieltags-Pressekonferenz am Mittwoch.
Die Grün-Weissen äussern sich auf der Vereinswebsite zur Öffnung des Gästesektors. In der Stellungnahme heisst es, dass der FC St.Gallen «in Absprache und mit Einverständnis der Stadtpolizei St.Gallen den Gästesektor öffnete». Der Entscheid sei kurz vor Spielbeginn gefällt worden.
Dass Bier und Bratwurst im Gästesektor beim Eintreffen der rund 800 Luzerner Fans quasi bereit standen, liess viele mutmassen, dass der Entscheid bereits im Vorfeld getroffen worden war. Dem sei jedoch nicht so. Der Kybunpark war gemäss Mitteilung ausverkauft und das Catering dementsprechend auf eine Vollbesetzung ausgelegt. Somit habe «lediglich eine Material- und Personalverschiebung in den Gästesektor» umgesetzt werden müssen.
Der Verein bleibt in seinem Entscheid standhaft, wie er weiter mitteilt: «Der FC St.Gallen 1879 steht zu dieser Entscheidung, da die Sicherheit aller Matchbesuchenden für den FCSG immer oberste Priorität hat.»
Der Entscheid wurde unter anderem gefällt, weil sich die Gästefans Tickets in den anderen Sektoren gekauft hatten. Der FC St.Gallen schreibt auf seiner Website, dass bereits das Spiel im Februar zwischen den beiden Klubs gezeigt habe, dass Ticketrestriktionen nicht verhindern könnten, dass Gästefans Tickets in anderen Sektoren erwerben. «In Rücksprache mit den Behörden wurde daher auf Massnahmen im Ticketverkauf verzichtet.»
Es habe zu keinem Zeitpunkt ein Verbot für Gästefans gegeben. Die Luzerner Fans hätten aber die Erwartungen, die durch die Faninformation der Stadtpolizei St.Gallen an die Luzerner Fans gestellt wurden, nicht eingehalten. «Dadurch wurde die Öffnung des Gästesektors für den FCSG unumgänglich, um die Sicherheit im Kybunpark zu gewährleisten», schreibt der Verein.
Auch der FCSG wehrt sich gegen das Kaskadenmodell
Der FC St.Gallen steht zu seinem Entscheid. Den Verantwortlichen ist dennoch bewusst, dass eine Lösung her muss. Bereits am Tag nach dem Spiel seien «weiterführende Gespräche mit den verschiedenen lokalen Anspruchsgruppen» geführt worden, um die Sektoröffnungen aufzuarbeiten.
Grün-Weiss steht genau wie der FC Luzern weiterhin nicht hinter dem Kaskadenmodell, wie im Statement der St.Galler deutlich wird: «Für den FC St.Gallen 1879 haben die gestrigen Vorfälle ein weiteres Mal aufgezeigt, dass Sektorschliessungen, speziell in Stadien mit einer hohen Auslastung, keine wirkungsvollen Massnahmen zur Förderung der Sicherheit aller Fans im Stadion darstellen.»
Unklare Reisewege, die ungewisse Anzahl Gästefans sowie das nicht vorhersehbare Fanverhalten spielen gemäss Statement eine besondere Rolle und «erschweren die Fantrennung inner- sowie ausserhalb des Stadions erheblich».
(https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/ressort-ostschweiz/fc-stgallen-fc-luzern-die-oeffnung-des-gaestesektors-war-unumgaenglich-polizei-und-vereine-kritisieren-das-kaskadenmodell-und-stehen-hinter-ihrem-entscheid-ld.2601257)
+++KNAST
Gericht entscheidet: Arbeiten muss trotz Landesverweis möglich sein
Wer einen Landesverweis kassiert hat, kann in vielen Kantonen die Strafe nicht in Halbgefangenschaft absitzen. Das verstösst gegen Bundesrecht.
https://www.beobachter.ch/gesetze-recht/justiz/arbeiten-muss-trotz-landesverweis-moglich-sein-698107
+++POLICE BE
hauptstadt.be 02.04.2024
Fühl dich bitte nicht diskriminiert
Stadt und Kanton Bern setzen beim Thema Racial Profiling vor allem auf das Projekt «Dialog». Aber hinter dem Schlagwort steckt wenig Inhalt – und dieser richtet sich mehr an Betroffene als an Verantwortliche.
Von Selina Frutig (Illustration) und Jana Schmid und Joël Widmer (Text)
In der Stadt Bern von der Polizei kontrolliert werden, bedeutet für viele Bewohner*innen: Einmal alle paar Jahre mit dem Velo in eine Grosskontrolle geraten. Sonst haben sie kaum je mit der Polizei zu tun.
Anders ist es im Alltag vieler Schwarzer Menschen. Oder Personen, die durch sonstige Merkmale einer gesellschaftlichen Minderheit zugeschrieben werden, zum Beispiel wegen ihrer sozialen Rolle, ethnischen Herkunft oder sexuellen Orientierung. Etwa Sexarbeiterinnen oder Roma.
«Racial Profiling» bezeichnet eine Praxis, bei der die Polizei Personen aufgrund von äusseren Merkmalen solchen Gruppen zuordnet und sie pauschal als verdächtig behandelt. Das verstösst gegen das Diskriminierungsverbot und ist damit menschenrechtswidrig. Mit anderen Worten: Die Polizei darf Personen nicht anhalten und kontrollieren, etwa nur, weil sie Schwarz sind. Polizist*innen müssen neben der Hautfarbe weitere sachliche Gründe für die Kontrolle nachweisen können. Ansonsten ist sie rechtswidrig.
Darum geht es in einem Präzedenzurteil, das der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte kürzlich gefällt hat. Der Gerichtshof hat die Schweiz wegen ihres Umgangs mit einer diskriminierenden Polizeikontrolle am Zürcher Hauptbahnhof gerügt. Der Vorfall ist fast zehn Jahre her, und der betroffene Aktivist Mohamed Wa Baile hat sich durch sämtliche Instanzen der Schweizer Justiz gekämpft. Erst in Strassburg bekam er recht.
Das Urteil zeigt auf: Die Schweizer Behörden haben bis anhin zu wenig unternommen, um die rechtswidrige Praxis anzuerkennen und zu verhindern.
Weder Zahlen noch Beschwerdestellen
Wie oft Racial Profiling in der Schweiz vorkommt, ist unklar. Denn rassistisch motivierte Polizeikontrollen werden in der Regel nicht statistisch erfasst.
Gina Vega leitet die Fachstelle Rassismus und Diskriminierung bei der Menschenrechtsorganisation humanrights.ch. Sie sagt: «Oft werden Fälle von Racial Profiling von der Polizei als Einzelfälle bezeichnet. Das Urteil zeigt aber auf, dass es sich um ein institutionelles, strukturelles Problem handelt.»
Die Organisation fordert Massnahmen: Eine gesetzliche Grundlage, die die Praxis explizit verbietet. Eine statistische Erfassung von Polizeikontrollen. Und unabhängige Beschwerdestellen für Betroffene.
Im Kanton Bern existiert nichts davon.
Eine kantonale Ombudsstelle für Beschwerden zu Polizeieinsätzen hat der Grosse Rat seit 2001 fünfmal abgelehnt, zuletzt 2019.
2016 forderten linke Parteien im Berner Stadtrat zur Bekämpfung von Racial Profiling ein Quittungssystem für Polizeikontrollen. Dabei sollte die Polizei bei jeder Personenkontrolle eine Quittung mit Angaben zu den beteiligten Beamt*innen und dem Grund der Kontrolle ausstellen. Die Kantonspolizei lehnte die Forderung ab, 2018 war die Idee vom Tisch.
Man kann also auch im Kanton Bern nicht beziffern, in welchem Umfang Racial Profiling bei der Kantonspolizei vorkommt. Was man analysieren kann, sind die Strategien, die Polizei und Politik zu dessen Vermeidung verfolgen. Dabei fällt auf: Bestehende Massnahmen gegen Racial Profiling richten sich mehr an Betroffene als an die Polizei.
Schlagwort Dialog
Um diskriminierende Polizeikontrollen zu verhindern, setzen Kanton und Stadt Bern vor allem auf ein Projekt namens «Dialog».
Die Kantonspolizei stehe im Austausch mit Menschenrechtsorganisationen, um das «gegenseitige Verständnis» zu fördern, schreibt sie in einer Stellungnahme. Dabei meint sie das Projekt «Dialog», bei dem es zum einen um den Aufbau von Beziehungen und zum anderen um die gegenseitige Vermittlung von Wissen gehe. Damit könnten Missverständnisse vermieden werden.
Zudem lege die Polizei bereits bei der Rekrutierung grossen Wert darauf, dass ihre angehenden Polizist*innen eine unvoreingenommene Haltung mitbringen. In der Grundausbildung würden die Themen Menschenrechte, interkulturelle Kompetenz und Berufsethik vermittelt. Das Thema interkulturelle Kompetenz sei auch Teil der Weiterbildungen und der Kaderausbildung.
Auch die Stadt betont den «Dialog». Die Direktion für Sicherheit und Umwelt schreibt, die Stadt Bern setze sich seit einigen Jahren gemeinsam mit der Kantonspolizei damit auseinander, wie Racial Profiling vorgebeugt werden könne. «Das Projekt ‹Dialog› verfolgt das Ziel, Diskriminierungsschutz zu gewährleisten und Racial Profiling zu verhindern. Es ist für die Stadt Bern zentral, dass sich polizeiliches Handeln nach gesetzlichen Vorgaben und insbesondere nach dem Verhältnismässigkeitsprinzip richtet.»
Im Stadtparlament war Racial Profiling in den letzten Jahren wiederholt ein Thema. Immer verwies die Regierung dabei auf das Projekt.
Überschaubarer Inhalt
Die Berner Behörden beschreiben das Projekt «Dialog» als zentrale Massnahme gegen Racial Profiling. Doch was tun Beteiligte konkret, um rassistische Polizeikontrollen zu vermeiden?
Das Projekt ist vor über zwölf Jahren entstanden. Die Fachstelle «Gemeinsam gegen Gewalt und Rassismus», genannt Gggfon, gelangte damals nach Konflikten bei Personenkontrollen an die Kantonspolizei.
Heute sind neben Gggfon vier weitere Akteur*innen beteiligt: Die städtische Sicherheitsdirektion, die städtische Fachstelle für Migrations- und Rassismusfragen, die Organisation Swiss African Forum sowie die Kantonspolizei. Das Projekt «Dialog» wird durch die Stadt Bern mit jährlich 10’000 Franken finanziert.
Zusammengefasst beinhaltete es von 2008 bis heute folgendes:
– Das Gggfon betreibt eine Meldestelle für Personen, die sich bei Kontrollen diskriminiert fühlen. Auf Wunsch der Betroffenen wird seit 2019 eine Fallbesprechung mit der Polizei organisiert. Diese hat allerdings keine rechtlichen Folgen und ist nur möglich, wenn der Fall juristisch abgeschlossen ist. Auch Fallbesprechungen zwischen Gggfon und der Kantonspolizei ohne die meldende Person sind möglich.
– Im Jahr 2023 gingen laut Gggfon 16 Meldungen im Zusammenhang mit Racial Profiling ein, wovon zehn die Kantonspolizei betrafen. Ausgehend von diesen Meldungen seien zwei Fallbesprechungen geplant. Sie sollen dieses Jahr stattfinden. In früheren Jahren waren es jeweils zwischen sechs und 18 Meldungen jährlich. Seit 2019 fanden insgesamt vier Fallbesprechungen statt.
– 2013 wurde ein Informationsflyer zu Polizeikontrollen entwickelt. Er richtet sich an potentiell Betroffene von Racial Profiling und informiert über Rechte und Pflichten bei polizeilichen Anhaltungen. Der Flyer liegt auch auf den Polizeiposten auf.
– Gemeinsam mit der Organisation «Swiss African Forum» besucht Gggfon Treffen und Veranstaltungen der Schwarzen Community, um über das Thema Racial Profiling zu informieren und sich auszutauschen. Seit 2019 fanden zehn solche Besuche statt. Bei vier war die Kantonspolizei dabei. Nach der Corona-Pandemie sei das Interesse der Community aber weniger ausgeprägt als davor. An sechs Workshops im Kompetenzzentrum Arbeit Bern und an einer Veranstaltung bei der Fachstelle für Migration wurde das Projekt «Dialog» vorgestellt.
– In den letzten 12 Jahren fanden drei grössere Foren zum Thema statt, an denen sowohl potentiell Betroffene als auch Mitarbeitende der Kantonspolizei teilnahmen. Das letzte Forum war im Jahr 2016 mit rund 30 Teilnehmenden.
Was auffällt: Verglichen mit dem Stellenwert, der ihm in offiziellen Erklärungen zugeschrieben wird, ist der Umfang des Projekts «Dialog» überschaubar.
Giorgio Andreoli, Teamleiter von Gggfon, entgegnet: «Angesichts des beschränkten Budgets haben wir viel herausgeholt.» Aber das Projekt «Dialog» dürfe auch nicht als Allheilmittel gegen Racial Profiling im Kanton Bern angesehen werden. «Es ist ein Ansatz, aber nicht die ganze Lösung für die Problemstellung», sagt Andreoli.
Täter-Opfer-Umkehr
Was auch noch auffällt: Der Dialog richtet sich vor allem an potentiell Betroffene von Racial Profiling. Die Polizei – als potentielle Täterin – ist selten Adressatin der Dialog-Bemühungen.
Dazu passt das neuste Vorhaben im Bereich «Dialog»: Ein 90-sekündiges Video, das Menschen ermutigen soll, Vorfälle von Racial Profiling zu melden. Es soll dieses Jahr veröffentlicht werden. Das Video richtet sich ebenfalls an die Schwarze Community. Mit dem Ziel, das Thema «für die betroffenen Menschen niederschwellig zugänglich zu machen».
«Wir leisten Sensibilisierungsarbeit», sagt Giorgio Andreoli. Diese führe auch zu Perspektivenwechsel und besserem Verständnis bei der Polizei, etwa durch die Fallbesprechungen. Nur durch die Einbeziehung beider Parteien könne das Ziel erreicht werden, künftig weniger Diskriminierung zu erleben, sagter. Die Aus- und Weiterbildung von Polizist*innen gehöre nicht zum Projektauftrag von Gggfon.
Halua Pinto de Magalhães, SP-Stadtrat und Mitgründer des Berner Rassismus-Stammtisches, kritisiert diese Herangehensweise. «Das Projekt «Dialog» ist ein Feigenblatt. Und seine Inhalte sind höchst problematisch», sagt er. Das habe er auch in der Vergangenheit bei Debatten im Stadtrat bereits mehrfach betont.
Er sieht den Fokus auf die betroffene Community als eine Täter-Opfer-Umkehr. Also so, wie wenn man Frauen dazu auffordert, sich im Ausgang nicht freizügig zu kleiden, um sexuelle Gewalt zu vermeiden.
«Racial Profiling ist rechtswidrig», sagt Pinto de Magalhães. «Deshalb braucht es keinen Dialog mit der betroffenen Community, um dagegen vorzugehen. Sondern es braucht klare Regeln und ein rechtmässiges Verhalten der Polizei.» Von aktuellen Konzepten der Rassismusarbeit sei der Ansatz des Projekts weit entfernt. Bei Gemeinderat und Kanton fehle aber diese Einsicht.
«Zielführend und wirkungsvoll»
Giorgio Andreoli von Gggfon bestreitet eine Täter-Opfer-Umkehr. Diese Kritik sei ihm nicht unbekannt, sagt er. «Aber mit der Meldestelle geben wir Betroffenen von Racial Profiling eine Möglichkeit, sich zu äussern, wenn sie das wollen. Das soll sie bestärken», sagt er.
Sich melden könnten Betroffene auch ohne das Projekt «Dialog». Dieses sei nur ein kleiner Bestandteil der Arbeit von Gggfon, das als unabhängige Beratungs- und Informationsstelle bei Rassismus und Diskriminierung fungiere.
Auch die Stadt Bern und die Kantonspolizei weisen die Vorwürfe zurück. Beide erachten das Projekt «Dialog» als «zielführende und wirksame Massnahme».
Die Kantonspolizei werde durch das Projekt in die Verantwortung genommen, schreibt die städtische Sicherheitsdirektion. Die Stadt wolle diesen Ansatz auch in Zukunft weiterverfolgen.
Die Kantonspolizei teilt mit, Gggfon biete niederschwellig fachliche und persönliche Unterstützung, insbesondere, wenn sich Personen nicht direkt an die Polizei oder Justiz wenden wollen. «Zudem erhalten wir dadurch direkte Rückmeldungen zur Wirksamkeit der von der Polizei präventiv getroffenen Massnahmen und können gemeinsam neue Ansätze entwickeln und besprechen», so die Kapo.
Seit zwanzig Jahren Einzelfälle
Müde von solchen Erklärungen ist GFL-Stadtrat und Rechtsanwalt Michael Burkard. Er beschäftigt sich als Politiker seit langer Zeit mit dem Thema Racial Profiling. Bereits in den 1990er Jahren war er Vorstand des Vereins «Colours», der sich als Berner Stimme für People-of-Colour etablierte. «Es löst einen gewissen Unmut aus, seit zwanzig Jahren zu hören, dass das Problem nicht existiere, und wenn, dass es sich um Einzelfälle handle», sagt Burkard.
Um ein strukturelles Problem zu erkennen, müsse man Fälle sichtbar machen. Zum Beispiel mit statistischem Erfassen von Kontrollen und einem Quittungssystem, wie es in Bern 2018 abgelehnt wurde – in England aber beispielsweise gängige Praxis ist. «Weshalb sollte sich Bern hier nicht an ‹Best Practices› orientieren?», sagt er. Dasselbe gelte für die Forderung einer unabhängigen Ombudsstelle.
«Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat der Schweiz jetzt aufgezeigt, dass sie ihre Hausaufgaben nicht gemacht hat», sagt Burkard. «Lippenbekenntnisse reichen nicht. Aber der politische Wille für griffige Massnahmen fehlt in Bern seit vielen Jahren.»
(https://www.hauptstadt.be/a/racial-profiling-bern-kritik-am-projekt-dialog)
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Bern/Zeugenaufruf: Unverdeckte Bilder eines mutmasslichen Täters publiziert
Im Rahmen der Öffentlichkeitsfahndung, die von der zuständigen Staatsanwaltschaft verfügt wurde, sind ab sofort unverdeckte Bilder veröffentlicht. Die gezeigte Person wird dringend verdächtigt, an einem Angriff mit versuchter schwerer Körperverletzung beteiligt gewesen zu sein. Personen, die Hinweise zur Identität des Gesuchten geben können, werden gebeten, sich bei der Kantonspolizei Bern zu melden.
https://www.police.be.ch/de/start/themen/news/medienmitteilungen.html?newsID=66e99772-6365-482c-a4a8-d31443ef250b
-> https://www.derbund.ch/berner-polizei-veroeffentlicht-unverpixelte-bilder-von-taeter-598958043882
-> https://www.20min.ch/story/bern-kapo-bern-veroeffentlicht-unverdeckte-bilder-eines-mutmasslichen-taeters-103076323?version=1712047336838
-> https://www.baerntoday.ch/bern/berner-polizei-zeigt-unverpixelte-bilder-des-taeters-156702805
-> https://www.blick.ch/schweiz/bern/dringend-tatverdaechtig-berner-polizei-veroeffentlicht-unverpixelte-bilder-von-mutmasslichem-taeter-id19594684.html
-> https://www.bzbasel.ch/basel/baselland/politik-knall-bei-der-baselbieter-svp-dominik-straumann-verzichtet-aufs-praesidium-ld.2601166
-> https://www.bzbasel.ch/schweiz/kontakte-mit-rechtsextremen-klare-abgrenzung-von-extremismus-heftige-interne-kritik-an-der-jsvp-parteileitung-ld.2601202
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/unverpixelte-fahndungsbilder-156705897
+++POLIZEI DE
Polizei und technische Innovationen: Hoffnungen und Gefahren der „Polizei der Zukunft“
Die Modernisierung von Polizeien umfasst auch von ihr genutzte Instrumente und Verfahren, die aus dem wissenschaftlich-technischen Fortschritt resultieren. Obgleich im Detail wenig bekannt, sind neue Technologien in allen polizeilichen Arbeitsfeldern im Einsatz, ihr Ausbau ist erklärtes Ziel der Verantwortlichen. Insbesondere in der Digitalisierung werden Chancen für eine effektivere Polizeiarbeit gesehen. Mit dem Ausbau ihrer technischen Kapazitäten vergrößern sich Definitionsmacht, Überwachungs- und Handlungsoptionen der Polizei; deren Kontrollierbarkeit wird durch die neuen Technologien noch schwieriger.
https://www.cilip.de/2024/04/02/polizei-und-technische-innovationen-hoffnungen-und-gefahren-der-polizei-der-zukunft/
+++RASSISMUS
ANTIRA-WOCHENSCHAU: Verschärfungen in der Nothilfe, Anrecht auf Sicherheit, Demo für Bewegungsfreiheit
https://antira.org/2024/04/02/verschaerfungen-in-der-nothilfe-anrecht-auf-sicherheit-demo-fuer-bewegungsfreiheit/
Beat Jans besucht verletzten Juden: «Der Vorfall in Zürich ist möglicherweise die erste Umsetzung des IS-Aufrufes in Europa»
Justizminister Beat Jans besuchte den bei einem Angriff in Zürich verletzten Juden. Der 50-Jährige sei auf dem besten Weg der Besserung.
https://www.tagesanzeiger.ch/nach-messerattacke-in-zuerich-justizminister-beat-jans-besucht-bei-angriff-verletzten-juden-104623091165
-> https://www.zueritoday.ch/zuerich/stadt-zuerich/beat-jans-besucht-bei-angriff-in-zuerich-verletzten-juden-156704780?autoplay=true&mainAssetId=Asset:156451946
-> https://www.20min.ch/story/antisemitismus-messerattacke-auf-zuercher-juden-bundesrat-jans-besuchte-opfer-103076637
+++RECHTSEXTREMISMUS
Strategiechefin Regez soll gehen: Sechs Sektionen der Jungen SVP distanzieren sich von Extremismus
Sechs kantonale Sektionen der Jungen SVP haben sich von extremistischen Gruppierungen distanziert. Ideologien aller politischer Extreme hätten im Werteverständnis der Jungpartei keinen Platz.
https://www.derbund.ch/klare-abgrenzung-sektionen-der-jungen-svp-distanzieren-sich-von-extremismus-565994178560
-> https://twitter.com/FabianEberhard/status/1775044950767329293
-> https://www.blick.ch/politik/nach-treffen-mit-rechtsextremen-sechs-jsvp-kantonalparteien-wollen-regez-absetzen-id19594908.html
-> Rendez-vous: https://www.srf.ch/audio/rendez-vous/naehe-zu-rechtsextremen-sorgt-fuer-streit-in-der-jungen-svp?partId=12565166
-> https://www.watson.ch/schweiz/gesellschaft-politik/735850130-treffen-mit-sellner-sektionen-der-jungen-svp-distanzieren-sich
-> https://www.bazonline.ch/baz-direkt-der-taegliche-podcast-chaostage-bei-der-svp-der-ursprung-liegt-im-baselbiet-892211978163
-> https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/kanton-thurgau/ostschweizer-jsvp-distanzieren-sich-von-rechtsextremen-gruppierungen-ld.2601164
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/richtungsstreit-innerhalb-der-baselbieter-svp?id=12565202 (ab 05:07)
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/loehne-fuer-aushilfen-seit-heute-wickelt-zuerich-alles-digital-ab?id=12565154 (ab 04:09)
-> https://telebasel.ch/sendungen/punkt6/215895
-> https://www.toponline.ch/news/schweiz/detail/news/default-e0d2939930-00235899/
-> https://www.toponline.ch/news/thurgau/detail/news/kantonale-jsvp-fordert-abgrenzung-zu-rechtsextremen-00235950/
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/vorstandsmitglied-sarah-regez-sektionen-der-jungen-svp-fordern-sarah-regez-zum-ruecktritt-auf
-> https://www.watson.ch/schweiz/gesellschaft-politik/515041860-rechtsextremismus-in-der-jungen-svp-tobt-ein-offener-streit
-> https://www.baseljetzt.ch/sektionen-der-jungen-svp-distanzieren-sich-von-extremismus/205065
-> https://www.baseljetzt.ch/vorwuerfe-gegen-sarah-regez-werden-fuer-jsvp-zur-zerreissprobe/205154
-> https://primenews.ch/articles/2024/04/ausschluss-von-sarah-regez-betracht-ziehen
-> https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/kanton-thurgau/ostschweizer-jsvp-distanzieren-sich-von-rechtsextremen-gruppierungen-ld.2601164
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/spiel-st-gallen-gegen-luzern-kaskadenmodell-gegen-fangewalt-stoesst-an-seine-grenzen
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derbund.ch 02.04.2024
Strategiechefin der Jungen SVP: «Stimmen die Vorwürfe, muss Sarah Regez zurücktreten»
Nach Enthüllungen zur Jungen SVP prasselt intern Kritik auf rechte Hardliner. Das bringt Parteichef Nils Fiechter in die Bredouille – er und Regez sind ein Paar.
Cyrill Pinto, Anja Burri
Schweizweit bekannt wurde die Junge SVPlerin Sarah Regez aus dem Baselbiet, als ihre eigene Grossmutter öffentlich davor warnte, sie in den Nationalrat zu wählen – Regez sei viel zu rechts. Schliesslich schaffte die 30-Jährige die Wahl nicht. Dafür ist sie nun seit Anfang März Strategiechefin im Vorstand der Jungen SVP Schweiz (JSVP). Und bereits steht sie im Zentrum eines heftigen parteiinternen Streits.
Am Dienstag forderten sechs JSVP-Sektionen, darunter jene aus dem Thurgau, Graubünden und der Sektion Säntis, eine Distanzierung von Sarah Regez. Sie müsse ihr Amt im Vorstand der JSVP vorübergehend niederlegen. Damit ist genau das passiert, was Nils Fiechter, Präsident der JSVP, unbedingt verhindern wollte: dass der Streit über die Parteiausrichtung öffentlich eskaliert – nur wenige Wochen nach seinem Amtsantritt.
Vor zwei Wochen enthüllte zuerst die «NZZ am Sonntag», dass Parteiexponenten mit der rechtsextremen Gruppe «Junge Tat» sympathisieren. Wenig später solidarisierte sich die Aargauer JSVP in den sozialen Medien mit dem Kopf der extremistischen Identitären Bewegung, dem Österreicher Martin Sellner. Dieser wollte Ende März im Kanton Aargau seine Idee der «Remigration» propagieren und wurde vor seinem Auftritt von der Polizei abgeführt. Über Ostern machte nun der «Sonntagsblick» publik, dass JSVP-Strategiechefin Sarah Regez bereits im Mai 2023 Martin Sellner traf, organisiert von der extremistischen «Jungen Tat».
«Mit der ‹Jungen Tat› überschreiten wir eine Grenze»
Gieri Flurin Darms ist Präsident der Bündner JSVP-Sektion und hat die Mitteilung der sechs Sektionen mitunterzeichnet. Für ihn sind die Enthüllungen der letzten Wochen eine Überraschung – «auch wenn ich wusste, dass es rechte Hardliner in der Partei gibt», wie er sagt. Aber gemeinsame Sache mit einer Gruppe wie der «Jungen Tat» zu machen, sei dann endgültig eine Grenze überschritten. «Rechtsextreme haben in unserer Partei keinen Platz», sagt Darms. «Wenn die Vorwürfe gegen Regez stimmen, dann muss sie zurücktreten», sagt er.
Doch damit bringen die parteiinternen Kritiker den Präsidenten der JSVP Schweiz in die Bredouille: Denn Nils Fiechter und Sarah Regez sind schon länger ein Paar.
Das weiss auch Max Slongo von der JSVP-Sektion Säntis, der die Medienmitteilung mitverfasst hat. Trotzdem sagt er: «Stimmen die Vorwürfe, ist Sarah Regez nicht mehr amts- und handlungsfähig, und die Parteileitung muss eine untadelige Person an ihrer Stelle vorschlagen.» Die «Junge Tat» sei demokratiefeindlich und ausserdem mit Nazi-freundlichen Parolen und den Holocaust verharmlosenden Äusserungen aufgefallen – «davon müssen wir uns klar distanzieren».
Der Streit in der JSVP ist jetzt offen ausgebrochen. Doch innerhalb der Partei war die Kritik am strammen Rechtskurs mit Nils Fiechter bereits vorher deutlich hörbar. Als er vor rund drei Wochen zum Präsidenten gewählt wurde, trat der Präsident der Thurgauer Sektion, Marco Bortoluzzi, gegen ihn an – und holte, ohne seine Kandidatur vorher anzukündigen, ein Viertel der Stimmen.
Nils Fiechter wollte auf Anfrage «keine Meinungsäusserungen von einzelnen Kantonalsektionen» kommentieren. Inhaltlich scheint Fiechter keine Probleme zu sehen, ganz im Gegenteil. Die Classe politique stelle jeden, der das Versagen der Eliten bei der Asyl- und Migrationspolitik anspreche, in eine rechtsextreme Ecke. «Wir spielen dieses falsche Spiel nicht mit.»
Gegenüber der «Basler Zeitung» bestritt Sarah Regez, dass es «zu einem Geheimtreffen» mit Martin Sellner gekommen sei. «Ich war 2023 an zahlreichen Apéros, Meetings, Podien, Vorträgen und weiteren Einladungen, ein Geheimtreffen – was auch immer das heissen soll – war nicht dabei», hielt Regez schriftlich fest, dementierte aber umgekehrt auch nicht, dass sie Sellner und Mitglieder der «Jungen Tat» getroffen hat.
Junge SVP «in einer Selbstfindungsphase»
In der Berner Parteizentrale gibt man sich gelassen. «Bitte keine Aufregung. Die SVP Schweiz ist weder Polizei noch Sozialarbeiter», sagt der stellvertretende SVP-Generalsekretär Peter Keller. Parteiinternes Rumpeln gelte es auszuhalten, die Junge SVP befinde sich aktuell «in einer Selbstfindungsphase». Keller betont, es sei durchaus Aufgabe der Jungen SVP, etwas wilder und lauter zu sein als die Mutterpartei. «Bei der Wokeness-Debatte hat das zum Beispiel wunderbar funktioniert.»
Die Nähe zu ausländischen Rechten findet Peter Keller generell falsch. «Wir halten uns ganz grundsätzlich von ausländischen Politikern fern», sagt er. Das habe mit dem völlig anderen politischen System zu tun. «Die Schweiz definiert sich nicht nationalistisch. Wir sind eine mehrsprachige Willensnation und eben keine Blut-und-Boden-Nation», sagt Keller. Man identifiziere sich mit politischer Herkunft und dem politischen System. Das bedeute die absolute Hingabe an die direkte Demokratie. «Jeder, der Neonazi-Parolen verbreitet und das Gefühl hat, er sei ein Schweizer Patriot, hat ganz grundsätzliche Dinge nicht begriffen», sagt Keller.
Für SVP-Hardliner und Nationalrat Andreas Glarner ist die zur Schau gestellte Nähe zu Martin Sellner «ein Fehler», der einer Jungpartei passieren könne. Die Junge SVP Aargau habe vor einiger Zeit ein Mitglied ausgeschlossen, weil die Person auch bei der «Jungen Tat» aktiv gewesen sei. «Das tolerieren wir bei der SVP nicht», sagt Glarner. Von der Kritik und den Forderungen der sechs JSVP-Sektionen an den aktuellen JSVP-Präsidenten Nils Fiechter hält Glarner nichts. «Das sind vor allem schlechte Verlierer. Diese Sektionen wollten einen anderen Präsidenten und sind bei der Wahl vor ein paar Wochen unterlegen. Das ist nun offenbar ihre Retourkutsche.»
Die kritischen Sektionen fordern nun eine Aussprache. Bisher erhielten sie noch keine Einladung dazu. Fiechter wird sich dem Vernehmen nach Ende Woche wieder öffentlich äussern – gegenüber dem rechts-libertären Medienportal «Hoch2».
(https://www.derbund.ch/junge-svp-im-streit-dann-muss-sarah-regez-zuruecktreten-416928147711)
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Basler Zeitung 02.04.2024
Wegen Nähe zu Rechtsextremen: Sarah Regez sorgt für Aufruhr in Basler und Baselbieter SVP
Parteiexponenten distanzieren sich vom Rechtsaussen-Kurs der Jungpolitikerin. Sie selber will nichts von einem «Geheimtreffen» mit Rechtsextremen wissen.
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Oliver Sterchi, Sebastian Briellmann, Anja Sciarra
War das dieser berüchtigte eine Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte? Am Dienstagmorgen verschickten sechs Kantonalsektionen der Jungen SVP – darunter diejenige von Basel-Stadt – eine Medienmitteilung, in der sie die nationale Parteiführung offen kritisieren.
Sie bezogen sich darin auf mehrere Medienenthüllungen der letzten Tage – zuletzt im «SonntagsBlick» –, die eine auffällige Nähe mancher Exponenten der Jungen SVP zur rechtsextremen Szene und zu Bewegungen wie der Jungen Tat offenbarten.
Im Zentrum der Kritik steht die Baselbieter Jungpolitikerin Sarah Regez. Sie soll gemäss «SonntagsBlick» an einem «Geheimtreffen» mit dem österreichischen Rechtsextremisten Martin Sellner und der Jungen Tat teilgenommen haben. In den SVP-Sektionen in beiden Basel sorgt das für ziemlichen Unmut. Vor allem in der Stadt.
Demi Hablützel hat als Präsidentin der Jungen SVP Basel-Stadt die eingangs erwähnte Medienmitteilung unterschrieben. Auf Anfrage sagt sie: «Wir haben mit der Mitteilung zugewartet, weil wir die Debatte zuerst intern klären wollten. Mit den neuesten Enthüllungen war für uns aber ein Punkt erreicht, an dem wir nicht mehr länger zusehen konnten.» Man habe viele kritische Rückmeldungen aus der Bevölkerung und auch von Mitgliedern erhalten.
«Akzeptieren kein extremistisches Gedankengut»
Die Basler Sektion der Jungen SVP distanziere sich «in aller Form» von rechtsextremen Ideen und Bewegungen wie der Jungen Tat, sagt Hablützel. «Wir akzeptieren in unseren Reihen kein extremistisches Gedankengut, sondern orientieren uns klar am Rechtsstaat.»
Tatsächlich wurden in Basel in der Vergangenheit auch schon Leute aus der SVP ausgeschlossen, die sich zu weit nach rechts aussen gelehnt hatten. «Wir halten da schon lange den Finger drauf», sagt Hablützel. Dasselbe erwarte man auch von der nationalen Parteiführung.
Deutliche Worte fand übers Wochenende auch der Präsident der Basler SVP, Pascal Messerli. Auf der Plattform X (ehemals Twitter) schrieb er, dass die Junge Tat eine «kriminelle Bande» sei.
-> https://twitter.com/MesserliPascal/status/1774348811306926269
Auf Nachfrage der BaZ ergänzt Messerli: «Als SVP stehen wir für eine klare Linie in der Asyl- und Sicherheitspolitik. Aber alles im Rahmen des Rechtsstaates. Wir wollen nicht mit Extremisten und Straftätern in Verbindung gebracht werden.» Messerli bezieht sich auf Verurteilungen, die Anhänger der Jungen Tat bereits kassierten, etwa wegen Judenhasses.
Baselbieter SVP im Richtungsstreit
Der Noch-Präsident der Baselbieter SVP, Dominik Straumann, distanziert sich ebenfalls: «Die Junge Tat wird vom Nachrichtendienst überwacht. Spätestens da ist eine klare, rote Linie überschritten. Dann bewegt sich eine Organisation zu weit rechts.» Falls diese Linie von einem Parteiexponenten überschritten werde, sei die Person «nicht mehr tragbar».
Straumann hat seinerseits am Dienstag mitgeteilt, sein Amt zur Verfügung zu stellen. Der bisherige Vizepräsident Johannes Sutter, der sich am 25. April als Nachfolger Straumanns zur Präsidiumswahl stellt, sieht es ähnlich: «Ein rechtsextremes Gedankengut hat in der SVP Baselland gar nichts zu suchen.» Wer die Verfassung, die Grundrechte und den Rechtsstaat nicht respektiere, sei «nicht erwünscht».
Zu Regez konkret masse er sich anhand der bisherigen Berichterstattung jedoch noch kein Urteil an. Er gehe davon aus, dass sie von der Kantonalsektion angehört werde. Klar sei aber, dass auch die SVP Baselland reagieren und bezüglich des weiteren Vorgehens entscheiden müsse.
Etwas zurückhaltender äussert sich Präsidiumsanwärterin und Landrätin Caroline Mall, die Regez politisch nähersteht und beispielsweise deren umstrittene Gender-Initiative unterstützt. Rechtsextremismus habe «keinen Platz» in der SVP, sagt auch sie. Aber: «Ob bei der Berichterstattung das alles so stimmt, kann ich nicht beurteilen.» Auch sie würde daher in erster Linie das Gespräch suchen. Beim Präsidenten der Jungen SVP Baselland, Sascha Müller, heisst es hingegen kurz und knapp: Kein Kommentar. «Bei der Jungen SVP werden Interna intern geklärt», lässt er ausrichten.
Das sagt Regez
Sarah Regez bestreitet indes, dass es zu einem «Geheimtreffen» gekommen sei. «Ich war im Jahr 2023 an zahlreichen Apéros, Meetings, Podien, Vorträgen und weiteren Einladungen, ein ‹Geheimtreffen› – was auch immer das heissen soll – war nicht dabei», schreibt sie der BaZ auf Anfrage. Allerdings dementiert sie damit nicht, dass sie Martin Sellner und Mitglieder der Jungen Tat getroffen habe.
Über ihre Kontakte zu Letzterer spricht sie sogar offen. So sagte sie im Februar zum Basler Onlineportal «Prime News»: «Ich bin als Politikerin bekannt, die für die Meinungsäusserungsfreiheit einsteht und sich somit alle Strömungen gerne anhört. Insofern pflege ich dasselbe ‹Verhältnis› zur Jungen Tat wie beispielsweise auch zu den Jungsozialisten (Juso).»
Auch am Dienstagnachmittag wies sie nochmals darauf hin, dass es ihre «Aufgabe» als Strategiechefin der Jungen SVP Schweiz sei, «mit allen Leuten, Organisationen und Parteien zu sprechen, mir jede Meinung anzuhören und mich über Aktuelles zu informieren».
Die Frage, ob sie es als Erstnachrückende in den Nationalrat für gerechtfertigt hält, mit Mitgliedern einer rechtsextremen Organisation zu verkehren, liess Regez unbeantwortet.
Nachrücken unwahrscheinlich
Regez bekleidet im Baselbiet zwar aktuell kein wichtiges Amt, befindet sich aber in der Poleposition für ein solches: Träte einer der beiden SVP-Nationalräte in dieser Legislatur zurück, rückte die 30-Jährige nach. Das treibt viele Volkspartei-Exponenten um, macht sie nervös – seit den Nachrichten über Ostern noch mehr.
Es ist jedoch eine Sorge, die unbegründet bleiben dürfte. Nationalrat Thomas de Courten wählt auf Anfrage klare Worte: «Ich werde diese Legislatur sicher beenden.» Für die BaZ nicht erreichbar ist an diesem Dienstag die zweite Baselbieter SVP-Vertretung in Bern: Sandra Sollberger. Aus dem Umfeld der Partei heisst es jedoch, dass sie die gleichen Pläne wie ihr Kollege de Courten verfolge. Regez dürfte also so bald nicht in Bern politisieren.
Darüber, heisst es hinter vorgehaltener Hand, ist man in der Baselbieter SVP gar nicht mal so unglücklich.
(https://www.bazonline.ch/wegen-naehe-zu-rechtsextremen-sarah-regez-sorgt-fuer-aufruhr-in-basler-und-baselbieter-svp-518643236208)
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nzz.ch 02.04.2024
Die Strategin der Jungen SVP sympathisiert mit Rechtsradikalen – nun gehen Parteikollegen an die Öffentlichkeit
Sechs Kantonalverbände der Jungen SVP fordern den zumindest temporären Rücktritt ihrer Strategin Sarah Regez. Grund dafür sind Sympathien der Parteileitung für die Gruppierung Junge Tat.
Andri Nay
Für die SVP war es schon immer ein Drahtseilakt, sich von rechtsextremen Strömungen zu distanzieren. Doch die Partei hat das meistens geschafft. Teile der Jungen SVP scheren nun aber aus. Sie zeigen Sympathien für rechtsradikale Gruppierungen.
Erst machte die «NZZ am Sonntag» bekannt, dass einige Mitglieder der Jungpartei mit der Jungen Tat und dem österreichischen Rechtsradikalen Martin Sellner sympathisieren. Dann sorgte Sarah Regez, die Strategiechefin der Jungen SVP, für Schlagzeilen: Wie der «Sonntags-Blick» in seiner jüngsten Ausgabe schrieb, hat sie offenbar schon Vorträge Sellners besucht. Zudem soll sie noch diesen Monat an einem Anlass der Jungen Alternative, der Jugendorganisation der AfD, sprechen. Diese wurde vom deutschen Bundesverfassungsschutz als «gesichert rechtsextrem» eingestuft.
Ob Regez nach Deutschland reist, ist allerdings unklar. Denn die kolportierte Nähe zur Jungen Tat hat parteiintern für Kritik gesorgt. Am Dienstag haben sechs Kantonalsektionen der Jungen SVP in einer gemeinsamen Medienmitteilung gefordert, dass Regez ihr Amt sistiert, bis klar ist, ob sich die Verbindungen zur Jungen Tat bewahrheiten. Im Schreiben bedauern die Kantonalverbände Graubünden, Thurgau, Schaffhausen, Solothurn, Basel-Stadt und Säntis (Appenzell Ausserrhoden), dass sich die Junge SVP Schweiz nicht öffentlich und eindeutig von der Gruppierung Junge Tat distanziert.
Nachrichtendienst beobachtet Junge Tat
Die Junge Tat wird vom Schweizer Nachrichtendienst beobachtet. Sie erlangte nationale Bekanntheit, als die Gruppierung während der Corona-Pandemie Massnahmen-Demos besuchte. 2020 loggte sich das Aushängeschild Manuel C. in eine Zoom-Vorlesung der Zürcher Hochschule der Künste ein, um rassistische und antisemitische Sprüche zu platzieren. Er war auch Mitglied der Jungen SVP. Im November vergangenen Jahres schloss ihn die Thurgauer Kantonalpartei aus. Sie ist eine der sechs Sektionen, die nun die Abgrenzung zur Jungen Tat fordern.
«Wer sich distanziert, verliert», so soll Nils Fiechter, JSVP-Parteipräsident und Partner von Regez, am Mittwoch in einer ausserordentlichen Online-Parteisitzung die Forderung nach Abgrenzung zur Jungen Tat kommentiert haben. Die Kritik der Kantonalparteien gilt auch ihm.
Regez und Fiechter waren am 9. März von den Mitgliedern in den Parteivorstand gewählt worden. Die 30-jährige Regez aus Sissach wurde im Herbst als einfaches SVP-Mitglied in Baselland fast als Nationalrätin gewählt, der 27-jährige Fiechter aus dem Berner Oberland fiel bereits in seiner Jugend auf, als er im Rahmen der Verhüllungsverbot-Initiative mit einer Verkleidung aus Burka und Sprengstoffgürtel auf dem Bundeshausplatz posierte.
Für die NZZ waren beide für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Gegenüber der Onlineausgabe des «Blick» sagte Fiechter jedoch, dass interne Belange nur intern behandelt würden. «Was hier läuft, ist doch offensichtlich», sagte er. Die SVP und die Junge SVP hätten «gute Lösungen für die Probleme im Asylbereich und bei der Thematik der Masseneinwanderung bereit». Er ergänzt: «Die Classe politique, welche diese Missstände durch ihre ‹Politik› verursacht, will dies nun vertuschen und deshalb jeden, der dieses Versagen anspricht, in eine rechtsextreme Ecke stellen.»
Tweet zu Martin Sellner als Weckruf
Dabei sind es Mitglieder seiner Partei, die nun öffentlich Stellung beziehen. Einer der Unterzeichner ist Michael Kahler von der Jungen SVP Schaffhausen. Er sagt, dass die sechs Kantonalparteien bereits vor zwei Wochen der Parteileitung ihre Besorgnis mitgeteilt hätten. Hintergrund war ein Beitrag der Jungen SVP Aargau unter Präsident Ramon Hug, die auf X, ehemals Twitter, im Stile Donald Trumps in Grossbuchstaben schrieb: «Solidarität mit Martin Sellner!»
Der Kopf der Identitären Bewegung war Mitte März an einem von der Jungen Tat organisierten Anlass von der Kantonspolizei Aargau angehalten und weggewiesen worden. Die Veranstaltung mit rund 100 Personen wurde aufgelöst. Als Grund gab die Polizei die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und die Verhinderung von Konfrontationen mit Personen der Gegenseite an. Die Junge SVP Aargau solidarisierte sich mit Sellner, indem sie die Aktion der Polizei verurteilte. Sellner wollte einen Vortrag über «Ethnische Wahl und Remigration» halten.
Für Kahler von der Jungen SVP Schaffhausen und seine Parteifreunde aus der Ostschweiz und dem Raum Basel war das ein Weckruf. Sie hatten bereits die Wahlen von Regez und Fiechter in die Parteileitung nicht unterstützt. Kahler sagt, die 23 Gegenstimmen seien aus diesen Kantonalparteien gekommen. Dass nun am Wochenende Vorwürfe laut wurden, dass Regez an einem Anlass mit Sellner teilgenommen hatte, habe das Fass zum Überlaufen gebracht. Kahler sagt: «Wir müssen uns von rechtsextremen Bewegungen und ihren Ideologien klar abgrenzen.»
(https://www.nzz.ch/schweiz/kantonalverbaende-der-jungen-svp-fordern-den-ruecktritt-der-parteistrategin-ld.1824605)
++++HISTORY
tagblatt.ch 02.04.2024
Der St.Galler, der 4000 Sklaven verkaufte: Kaufmann Hieronymus Sailer war vor 500 Jahren ein Pionier des Menschenhandels
Hieronymus Sailer sicherte sich bereits 1528 das Recht, Tausende Sklaven über den Atlantik zu verschleppen. Das neue Buch «Konquistadoren und Sklavenhändler vom Bodensee» zeigt, wie Sailer und andere Kaufleute aus der Region früh vom Sklavenhandel profitierten.
Pascal Michel
Im Jahr 1526 war der spanische König Karl V. so stark verschuldet, dass er die Zinsen kaum mehr bezahlen konnte. Seinem Kreditgeber, dem Augsburger Handelshaus der Welser, unterbreitete er deshalb einen Deal: Statt der üblichen Zinszahlungen bot er seinen Financiers das Recht an, das spanische Venezuela an der Nordküste von Südamerika zu kolonisieren. Dabei verhandelten der König und die Welser auch darüber, versklavte Menschen dorthin zu verschleppen und an die Siedler zu verkaufen.
Nach zähen Verhandlungen mit dem König willigten Hieronymus Sailer aus St. Gallen und Ulrich Ehinger aus Konstanz ein. Die Kaufleute vertraten das Welser Handelshaus, damals ein gewichtiges Finanzinstitut. Die beiden unterschrieben 1528 einen Vertrag, der Asiento de Negros genannt wurde, und die Verschleppung von 4000 Menschen aus Guinea in die Karibik und nach Venezuela regelte. Es handelte sich um die zweite je ausgestellte Massenlizenz in der Sklavereigeschichte.
Der Vertragstext erschien beiden Seiten als Win-win-Situation: Der König konnte weiterhin auf Pump seine Kriege führen. Gleichzeitig lagerte er die kostspielige Kolonisierung der noch unbekannten Gebiete aus, ohne auf einen üppigen Gewinnanteil zu verzichten. Sailer und Ehinger spekulierten derweil auf einen beträchtlichen Erlös aus den Sklavenverkäufen. Ebenso sicherten sie sich vier Prozent aus den künftigen Exporten von Waffen, Pferden, Stoffen oder Gold und Silber.
Lukratives Geschäft mit der Ware Mensch
Dass dieser Vertrag den transatlantischen Sklavenhandel mitbegründete und mit Hieronymus Sailer (1495–1559) gar ein Pionier des Menschenhandels aus der Ostschweiz stammte, blieb bisher ausserhalb der Fachwelt eine Randnotiz. Zu Unrecht, wie das neue Buch «Konquistadoren und Sklavenhändler vom Bodensee» von Nicole Stadelmann, Rezia Krauer, Kirsten Mahlke und Hannah Beck beweist. Denn die Biografie des umtriebigen Kaufmanns zeigt exemplarisch, wie früh die eidgenössischen Händler das kommerzielle Potenzial des Geschäfts mit der Ware Mensch erkannten, dem zwischen dem 16. und dem 19. Jahrhundert insgesamt 12 Millionen Menschen aus Afrika zum Opfer fielen.
Wie schaffte es ein St. Galler Kaufmann, mit dem spanischen König über 4000 Menschenleben zu verhandeln? Dieser Frage nähert sich das Buch aus verschiedenen Perspektiven. Der steile Aufstieg Sailers in der Welser-Gesellschaft und am spanischen Hof zeichnen die Autorinnen mit umfangreichem Quellenmaterial nach, unter anderem mit Akten aus Stadtarchiv und Vadianischer Sammlung der Ortsbürgergemeinde St. Gallen. So entsteht das Bild eines Mannes, der nach Reichtum und Macht strebte – und sich dafür nicht nur beim Sklavenhandel in zwielichtige Geschäfte verstrickte. Sailer trieb nämlich hinter dem Rücken des Kaisers sowie seines Schwiegervaters, der gleichzeitig sein Vorgesetzter im Handelshaus war, Geschäfte mit der französischen Krone. Das Doppelspiel kostete ihn 1553 das St. Galler Bürgerrecht – und sein Erbe.
Umgang mit gewaltvollem Erbe
Welche verheerenden Folgen der Sklavenvertrag für die indigene Bevölkerung in Venezuela hatte, wird anhand des St. Galler Konquistadors Melchior Grübel (1490–1561) verdeutlicht. Er reiste 1534 in die Kolonie und beteiligte sich an der Unterwerfung der dortigen Bevölkerung. Schliesslich geht das Buch der Frage nach, wie mit dem gewaltvollen Vermächtnis der St. Galler Sklavenhändler und Kolonisten umzugehen ist. Steckt beispielsweise im Sailer-Schulhaus an der Kugelgasse 19 Geld aus Sklavenverkäufen?
Während das Buch sorgfältig das Netzwerk der St. Galler Kaufleute und Kolonisten aufspannt, kratzt es bei den Schicksalen der 4000 afrikanischen Sklavinnen und Sklaven an der Oberfläche. Die Perspektive der Opfer hätte ein eigenes Kapitel verdient gehabt. Wie erlebten sie die schreckliche Atlantik-Passage? Wie sah ihr Alltag in den Goldminen aus? Wie leisteten sie Widerstand? Dieser Blickwinkel bleibt unterbelichtet. Hier wäre weitere Forschung lohnenswert.
Insgesamt leistet das Buch aber in vorbildlichem Masse, wofür die Geschichtswissenschaft prädestiniert ist: Es räumt den Schutt weg, der lange den Blick auf einen wesentlichen Teil unserer Vergangenheit versperrte. Dank Hieronymus Sailer verstehen wir nicht nur besser, woher wir kommen, sondern können auch danach fragen, wie wir mit dem kolonialen Vermächtnis umgehen wollen. Gibt es eine gesellschaftliche Verantwortung, die Hieronymus Sailer St. Gallen mitgibt? Darüber darf im kommenden Themenmonat an zahlreichen Veranstaltungen kontrovers diskutiert werden.
Hinweis
Buchvernissage 4.4., 18 Uhr, Stadthaus der Ortsbürgergemeinde St. Gallen.
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Der Themenmonat
Die Geschichte des Sklavenhändlers Hieronymus Sailer bildet den Ausgangspunkt für einen breit angelegten Themenmonat zur Kolonialgeschichte in der Bodenseeregion. Auf Initiative von Stadtarchiv und Vadianischer Sammlung der Ortsbürgergemeinde finden im April und Mai in St. Gallen, Lindau, Konstanz, Appenzell und Heiden zahlreiche Veranstaltungen statt. www.stadtarchiv.ch (mpa)
(https://www.tagblatt.ch/kultur/ostschweiz/historisches-buch-der-stgaller-der-4000-sklaven-verkaufte-kaufmann-hieronymus-sailer-war-vor-500-jahren-ein-pionier-des-menschenhandels-ld.2582923)