Keine Akzeptanz für Lager und Ausschaffungen, kein Schweigen zu rechtem Terror

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Themen
  • Erneut Corona im Bunker in Urdorf
  • Afghanistan fordert Abschiebestopp von europäischen Staaten: Schweiz zeigt sich unbeeindruckt
  • Ermordung eines Rom durch die tschechische Polizei
  • Geflüchtete Personen in der Pandemie: vergessen und benachteiligt
  • Hungerstreik von Sans-Papiers in Belgien nach 60 Tagen ausgesetzt
  • Proteste gegen die Lufthansa, die Abschiebungen verhindern könnte
  • Bustour von Women in Exile kämpft für Bewegungsfreiheit und Abschaffung aller Lager
  • Gedenken an Opfer rechten Terrors: Oslo, Utøya, München, Hanau

Printversion Antira-Wochenschau-26.07.21

Was ist neu?

Erneut Corona im Bunker in Urdorf
In dem unterirdischen Asyllager im ehemaligen Zivilschutzbunker in Urdorf sind zum wiederholten Male Menschen positiv auf Corona getestet worden. Die ausschliesslich männlichen Bewohner wurden in den Erlenhof in Zürich, in das Nebenhaus des Asylcamps in Kemptthal, sowie in einen Qurantäne-Container in Urdorf verfrachtet. Nur einige wenige, die geimpft sind, verblieben im Bunker. Aufgrund der horrenden Lebensbedingungen ohne Frischluft, Tageslicht und in Mehrbettzimmern war immer wieder von verschiedenen Stellen dazu aufgefordert worden, den Bunker zu schliessen, vor allem während der Corona-Pandemie. Schliesslich können weder die Empfehlungen zum Mindestabstand, noch zum Lüften in dem Bunker eingehalten werden.
Bereits im Oktober letzten Jahres waren einige Bewohner positiv auf Corona getestet und daraufhin alle Bewohner in Quarantäne in den Erlenhof in Zürich gebracht worden. Damals gab es kaum Informationen und medizinische Unterstützung, sowie mangelhafte Nahrungsversorgung. Die Bewohner wurden in Angst und Unwissen zurückgelassen, es wurde willkürlich über sie verfügt. Als daraufhin zwei Leute aus dem Fenster sprangen, um die Quarantäne-Unterkunft zu verlassen, mussten sie im Krankenhaus behandelt und operiert werden. Bis heute tragen sie Schäden davon. Was daraufhin von der Pressestelle der Polizei veröffentlicht und von vielen Medien unhinterfragt übernommen wurde, war rassistische und tendenziöse Berichterstattung schlechthin. Aus den Demonstrationen gegen die Zustände im Bunker und die damit einhergehende Handhabung der Corona-Schutzmassnahmen wurde die Aktionsgruppe Close Bunker Urdorf Now gegründet. Gemeinsam mit den Bewohnern verfasste sie mehrere Broschüren, führte eine Info-Veranstaltung durch, sprach mit mehreren Journalist*innen und startete eine Petition.
An den Zuständen im Bunker hat sich jedoch nichts geändert. Der Vorsteher der Sicherheitsdirektion Mario Fehr hielt an seiner knallharten Linie fest und schürte weiter rassistische Narrative. Die Folgen davon haben nun die Bewohner des Bunkers in Urdorf zu tragen. Nicht er und niemand anderes. Deswegen: Geht auf die Strasse! Gegen die Unterbringung von Menschen im Bunker in Urdorf – zu Coronazeiten und immer! Gegen die Unterbringung von Menschen in Asyllagern! Close Bunker Urdorf now!
 
Die engen Platzverhältnisse im Bunker machen die Einhaltung vieler Schutzmassnahmen unmöglich
Die engen Platzverhältnisse im Bunker machen die Einhaltung vieler Schutzmassnahmen unmöglich

Was geht ab beim Staat?

Afghanistan fordert Abschiebestopp von europäischen Staaten: Schweiz zeigt sich unbeeindruckt
Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat vor ein paar Wochen angekündigt, Ausschaffungen nach Afghanistan wieder aufzunehmen. Konkret sollen 144 Menschen aus der Schweiz nach Afghanistan zwangsausgeschafft werden.
 

Ob diese Zwangsausschaffungen tatsächlich stattfinden werden oder ob es sich lediglich um einen Akt der Einschüchterung seitens des SEM handelt, ist im Moment noch nicht klar. Das SEM gab bis jetzt nicht bekannt, wann diese Ausschaffungsflüge durchgeführt werden sollen. Eine solch schwammige Informationspraxis führt verständlicherweise zu einer grossen Verunsicherung und Angst unter den direkt betroffenen Menschen. Sie müssen nun täglich mit einer Zwangsausschaffung rechnen und können mit dem jetzigen Informationsstand kaum einschätzen, ob diese tatsächlich stattfinden werden oder nicht.
Tatsächlich aber hat sich an der rechtlichen Situation für Zwangsausschaffungen nach Afghanistan nichts geändert. Unter anderem deshalb versucht zum Beispiel Lea Hungerbühler von Asylex, ihre Klient*innen zu beruhigen. «Mir war nicht bekannt, dass das SEM Ausschaffungen nach Afghanistan formell je gestoppt hätte», sagt sie. Eine latente Gefahr, ausgeschafft zu werden, bestand für abgewiesene Asylsuchende immer – sie war während der Pandemie lediglich etwas geringer, weil Grenzen geschlossen waren und der Flugverkehr teilweise eingestellt wurde. Warum also verbreitet das SEM genau jetzt diese Nachricht und damit so viel Verunsicherung? Denn das SEM hat nicht von gestern auf heute seine Asylpraxis geändert, um über 140 Personen in ein Land zu schicken, in dem gerade an allen Ecken und Enden bewaffnete Konflikte ausbrechen. Und das SEM hat seine Praxis auch deshalb nicht geändert, weil die Schweiz gar nie aufgehört hat, Geflüchtete in das kriegsversehrte Afghanistan abzuschieben. Aber wie das SEM in den letzten Tagen klar gemacht hat, hat es momentan auch nicht vor, damit aufzuhören.
Unter NGOs und Anwält*innen im Asylbereich vermutet man Folgendes: Die Geschichte wurde gezielt aufgebauscht, um die Menschen unter Druck zu setzen. Asylex versuchte die entstandene Panik zu mildern und veröffentlichte eine Stellungnahme auf Social Media, die vor allem an die afghanische Community gerichtet war. Menschen, die rechtlichen Beistand benötigen und noch keine*n Anwält*in haben, können sich per Facebook oder E-Mail (info@asylex.ch) bei Asylex melden.
Während die offizielle Schweiz Angst und Unsicherheit unter afghanischen Geflüchteten verbreitet, verschlechtert sich die Sicherheitslage in Afghanistan zunehmend. In den vergangenen Tagen flohen tausende Menschen aus Afghanistan aus genau diesem Grund: weil ihr Leben und ihre Freiheit gefährdet waren. Während Gattiker vom SEM ein paar beschönigende Worte zur Situation in Afghanistan veröffentlichen liess, begannen die US-Truppen aus Afghanistan abzuziehen, und die Taliban rückten parallel dazu immer weiter vor. Die islamistische Miliz gab letzte Woche an, 85 Prozent des afghanischen Territoriums eingenommen zu haben. Tatsächlich haben die Taliban zahlreiche Distrikte angegriffen und dürften mittlerweile rund die Hälfte des Landes unter Kontrolle haben. «Die Sicherheitslage in Afghanistan war noch nie so schlecht wie heute», sagt Abdul Ghafoor, Direktor der NGO Amaso, die abgeschobene Geflüchtete nach ihrer Ankunft in Afghanistan unterstützt. «Ich habe nie so viel Angst unter den Menschen gesehen wie in den letzten Tagen. Alle fragen sich, was jetzt wohl kommt. Wer es sich leisten kann, versucht einen Pass zu bekommen. Alle reden davon, das Land zu verlassen.»
Vergangene Woche hat Frankreich seine Bürger*innen dazu aufgerufen, nach Europa zurückzukehren. Deutschland hatte bereits Anfang Juli seine Staatsbürger*innen aufgefordert, aus Afghanistan abzureisen. Das Schweizer Aussendepartement rät seit langem davon ab, überhaupt nach Afghanistan zu reisen. Warum also schätzen die Schweizer Asylbehörden Afghanistan trotzdem als sicheres Rückkehrland ein? Deutschland schickte, wenige Tage nachdem es seine Bürger*innen zur Rückreise aufrief, ein Flugzeug in die umgekehrte Richtung: An Bord waren gemäss der in Kabul ansässigen NGO Amaso 27 afghanische Geflüchtete aus Deutschland. Folgt bald auch ein solcher Flug aus der Schweiz? Im momentan herrschenden politischen Klima in der Schweiz ist dies nicht unvorstellbar. Die Schweiz ist europaweit führend bei den Ausschaffungen. Kein anderes Land vollzieht die Abschiebungen abgewiesener Asylsuchender so konsequent wie die Schweiz. Entsprechend machte Justizministerin Karin Keller-Sutter klar, dass für sie zu einer «glaubwürdigen Asylpolitik» auch gehöre, dass abgewiesene Asylsuchende die Schweiz verliessen. Deren Ausschaffung habe für sie «höchste Priorität». Erfreut verkündete sie in ihrer 100-Tage-Bilanz, dass man «nach zwei Jahren Blockade» endlich wieder Zwangsausschaffungen nach Afghanistan habe durchführen können. Dass die Schweiz Geflüchtete auch in Kriegsgebiete wie Afghanistan abschiebt, ist also nicht der fragwürdige Ausnahmefall, sondern vielmehr die Regel der Schweizer Asylpolitik. In den letzten 12 Jahren gab es nur zwei Jahre, in denen die Schweiz niemanden nach Afghanistan ausschaffte: 2018 akzeptierte Afghanistan keine Zwangsausschaffungen; und 2020 fielen wegen der Pandemie die Flüge nach Afghanistan aus. In allen anderen Jahren seit 2009 wurden jeweils zwischen 4 und 11 Personen nach Afghanistan abgeschoben.
Wie es den Abgeschobenen in Afghanistan ergeht, ist kaum bekannt. Grundsätzlich weiss man aber, dass Abgeschobene im Rückkehrstaat einen schweren Stand haben. Viele von ihnen erfahren Gewalt oder verlassen das Land bald nach der Ankunft wieder. Häufig gelten sie entweder als Verbrecher oder als Versager. Ebenfalls sind die allermeisten Betroffenen nach der Rückkehr mit Gewalt konfrontiert. In einer Anfang Juni veröffentlichten Studie wurden die Erfahrungen von 113 Abgeschobenen aus Deutschland gesammelt. Die Studie kommt zum Schluss, dass die Abgeschobenen häufig einer Verfolgung durch die Taliban ausgesetzt sind. Wegen ihrer Flucht, aber auch ihrer Abschiebung wird ihnen ein «Überlaufen zum Feind» vorgeworfen, «Verwestlichung», «unmoralisches Verhalten» oder «Abkehr vom muslimischen Glauben». Ein weiteres Gewaltrisiko bestehe laut Studie auch, weil die Geflüchteten ihre Schulden für die Flucht nach Europa nicht beglichen hätten. «Die Mehrheit der Abgeschobenen erfuhr Gewalt gegen sich oder ihre Angehörigen», heisst es in der Studie. Deshalb seien 68 Prozent der befragten Afghanen bereits wieder geflohen. Ein Viertel der Abgeschobenen befindet sich noch in Afghanistan, sei aber bereits in Visumsplanung, knapp 10 Prozent befänden sich in der Fluchtplanung. Nur eine einzige Person von 113 Abgeschobenen habe laut Studie vor, in Afghanistan zu bleiben.
Dass es der offiziellen Schweiz ziemlich egal ist, was zwangsabgeschobene Menschen bei ihrer Ankunft erwartet, hat sich in der Vergangenheit mehrmals gezeigt. So hat die Schweiz zum Beispiel mehrfach Asylsuchende nach Sri Lanka ausgeschafft, wo sie direkt am Flughafen verhaftet wurden oder sich über ein Jahr lang verstecken mussten. In einem Fall verurteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Schweiz, weil sie das Folterverbot verletzte, als sie 2013 eine tamilische Familie aus der Schweiz wegwies. Wie will das SEM verhindern, dass sich Ähnliches auch in Afghanistan wiederholt? Angesichts der desolaten Sicherheitslage dürfte schwer zu garantieren sein, dass eine Ausschaffung nach Afghanistan nicht das Leben und die Freiheit einer Person gefährdet. Das SEM schreibt auf Anfrage: «Falls dem so wäre und es zu Menschenrechtsverletzungen käme: Afghanistan ist ein souveräner Staat. Die Schweiz kann nicht vor Ort solche ‹Überprüfungen› vornehmen.» Das SEM räumt also ein, dass es schlicht nicht weiss, was mit abgeschobenen Menschen in Afghanistan passiert. In einem Fernsehinterview hatte ein Sprecher zuvor noch versichert, man prüfe jeden Einzelfall «haargenau und detailliert». Der Vollzug einer Wegweisung müsse «zumutbar, zulässig und möglich» sein, schreibt das SEM weiter. Als zumutbar erachtet das SEM derzeit Ausschaffungen in die drei Städte Kabul, Herat und Mazar-i Sharif. «Das ist völlig verrückt», sagt Abdul Ghafoor von der Kabuler NGO Amaso. In Herat seien alle Bezirke rund um das Zentrum in den Händen der Taliban. Diese hätten schon mehrfach versucht, das Zentrum zu erobern, aber bewaffnete Milizen hätten das bislang verhindert. In der Stadt patrouillierten tausende Bewaffnete. «Die Stadt ist ganz offensichtlich ein Kriegsgebiet», sagt Ghafoor. Auch in Mazar-i Sharif seien die Taliban kürzlich vor den Stadttoren gestanden und hätten zu propagandistischen Zwecken Selfies geschossen. Ghafoor beobachtet das «Phänomen», dass europäische Staaten die Städte Kabul, Herat und Mazar-i Sharif als sicher einschätzen, seit einigen Jahren mit Verwunderung. «Es ist ein Märchen, dass Herat oder Mazar sicher wären», sagt er. «In der jetzigen Lage Menschen nach Afghanistan abzuschieben, heisst, ihr Leben aufs Spiel zu setzen.»
Wegen der «Gewalteskalation durch die Terrorgruppe der Taliban» rief die afghanische Regierung Anfang Juli die europäischen Staaten dazu auf, vorläufig auf Zwangsausschaffungen zu verzichten. Finnland erklärte, dem Ersuchen Folge zu leisten. Auch Schweden führt bis auf Weiteres keine Ausschaffungen durch. Deutschland prüft das Anliegen, hält aber weiterhin an den Ausschaffungen fest. Das SEM hingegen lässt sich von der afghanischen Erklärung offenbar nicht beeindrucken. Auf Anfrage schreibt die Migrationsbehörde: «Vorläufig ändert sich nichts an der aktuellen Rückführungspraxis.»

infografik-karte-afghanistan
Kontrollgebiete in Afghanistan

https://www.infomigrants.net/en/post/33684/sweden-follows-finland-suspends-deportations-to-afghanistan
https://www.republik.ch/2021/07/22/wieso-die-schweiz-das-gefaehrlichste-land-der-welt-fuer-sicher-erklaert

Was ist aufgefallen?

Ermordung eines Rom durch die tschechische Polizei
Am 19. Juni 2021 wurde in Teplice, Tschechien, während eines Polizeieinsatzes ein Rom ermordet. Ein Polizist kniete während fast sechs Minuten auf dem Hals des 46-jährigen Stanislav Tomas, welcher sich bereits ab der vierten Minute nicht mehr regte. Eine Zeugin hatte den Polizeieinsatz gefilmt und das Videomaterial online gestellt.
 
Die Szenen erinnern an den Mord an George Floyd 2020 in Amerika. Auf einem Video ist zu sehen, wie Stanislav Tomas am Boden liegt, die Hände auf dem Rücken mit Handschellen befestigt. Zwei Polizisten halten ihn am Boden, ein dritter kniet während mehreren Minuten auf seinem Hals und lässt auch dann nicht von ihm ab, als er schon regungslos daliegt. Kurze Zeit später wird er von Rettungskräften für tot erklärt.
Bereits 2016 gab es in Tschechien einen ähnlichen Fall polizeilicher Gewalt: Miroslaw Demeter wurde während eines Polizeieinsatzes getötet, sein Mörder wurde bis heute nicht verurteilt.
Bei beiden Morde versucht die Polizei, sich zu rechtfertigen, indem sie den Opfern Drogenmissbrauch und psychische Instabilität vorwirft. In beiden Fällen wird abgestritten, dass der Polizeieinsatz im Zusammenhang mit dem Tod der Opfer steht, obwohl es eindeutige Videobeweise für das unmenschlich brutale Vorgehen der Einsatzkräfte gibt.
Der einzige Fortschritt seit dem Fall von Miroslaw Demeter 2016 ist die grössere Medienpräsenz, welche vor allem Protesten in verschiedenen Städten zu verdanken ist. In Templice nahmen rund 500 Roma und Romnja einem Gedenkmarsch teil, im Anschluss liefen sie zum örtlichen Polizeirevier. In Prag wie auch in anderen Städten Europas fanden ebenfalls Proteste statt. Alle mit der selben Forderung: eine unabhängige Abklärung des Todesfalls.
Das European Roma Rights Center organisierte der Familie von Stanislav Tomas einen Anwalt, um die Polizei anzuzeigen. Da die Regierung in Prag jedoch bereits verkündete, dass sie voll und ganz hinter der Polizei stehe und es von ihrer Seite her keine Ermittlungen geben wird, muss leider einmal mehr damit gerechnet werden, dass der Mörder straffrei bleibt.
Die Diskriminierung von Roma und Romnja hat in Tschechien eine lange Tradition. Sie bilden mit rund 300’000 Personen die grösste Minderheit des Landes. Ihre Verfolgung begann erstmals im 15. Jahrhundert durch die katholische Kirche und wurde zu einem festen Bestandteil der Geschichte Tschechiens. Im 17. Jahrhundert wurden Roma und Romnja als „vogelfrei“ erklärt, womit der Mord an ihnen straffrei wurde. Im 18. Jahrhundert wurde die Verfolgung grösstenteils beendet. Doch weiterhin erfuhren sie Diskriminierungen: So wurden sie zum Beispiel zu einem festen Wohnort gezwungen, sie durften ihre Muttersprache nicht mehr sprechen, ihre Kinder wurden ihnen weggenommen und fremd-platziert. Während des zweiten Weltkriegs wurden rassisitische Ideologien dazu missbraucht, sie als minderwertig darzustellen. Die meisten Roma und Romnja in Tschechien, Deutschland und Ungarn überlebten den zweiten Weltkrieg nicht. Nach dem Kriegsende wanderten viele Rom*nja aus Ungarn, der Ost- und der Tschechoslowakei nach Tschechien aus und wurden dort als billige Arbeitskräfte ausgebeutet.
Auch heute hat die Diskriminierung kein Ende gefunden. Es gibt Berichte von verschiedenen Menschenrechtsorganisationen, in denen die Diskriminierung von Roma-Kindern im tschechischen Schulsystem stark kritisiert wird. Immer wieder werden jene Kinder ohne Abklärung auf Sonderschulen geschickt, sie werden nicht gefördert und haben so keine Chance, aus der Armutsfalle auszubrechen. Tschechiens Politiker*innen sind durch und durch antiziganistisch, angefangen beim Präsidenten Milos Zeman, welcher immer wieder gegen die Roma und Romnja hetzt.
Es ist wichtig, sich dem Ausmass des Antiziganismus zum einen in Tschechien, jedoch auch in den anderen Ländern Europas bewusst zu werden. Wir alle haben die Aufgabe, uns zu bilden und die stark verankerten rassistischen Vorurteile gegenüber Rom*nja aufzuarbeiten.
GERECHTIGKEIT FÜR STANISLAV TOMAS!
 
Protest in Teplice nach der Ermordung von Stanislav Thomas
Protest in Teplice nach der Ermordung von Stanislav Thomas
Geflüchtete Personen in der Pandemie: vergessen und benachteiligt
Geflüchtete Personen sind von der Covid-19-Pandemie besonders betroffen. Verschiedene Faktoren führen dazu, dass ihre Gesundheit stärker gefährdet ist: Sei es die Situation in den Bundeslagern, prekäre Jobs oder die Benachteilig im Zugang zum Gesundheitssystem.
 
In den Unterbringungsorten fehlt es an jeglichen Schutzmöglichkeiten: Fehlender Platz und wenig sanitäre Einrichtungen machen es unmöglich, die Hygienevorschriften und Abstandsregeln einzuhalten. Die ungenügenden Quarantänebedingungen verschlechtern die ohnehin prekären Lebensverhältnisse und führten in verschiedenen Unterbringungsorten zu Corona-Ausbrüchen (siehe Antira-Wochenschau vom 22.02.2021, https://antira.org/2021/02/22/).
Geflüchtete Personen arbeiten überdurchschnittlich oft in prekären Arbeitsverhältnissen. Dies ist nicht immer frei gewählt – oft werden ihre Abschlüsse in der Schweiz nicht anerkannt, oder sie mussten ihre Ausbildung aufgrund ihrer Flucht unterbrechen. Während viele Personen mit prekären Jobs als Erste von Entlassungen betroffen waren und in Existenznöte gerieten, waren andere durch ihre Arbeit besonders stark dem Virus ausgesetzt: Für Verkäufer*innen oder Reinigungskräfte in Spitälern und Heimen bestand eine grössere Ansteckungsgefahr als für Personen, die ihrer Arbeit im Home-Office nachgehen konnten.
Und auch der Zugang zum Gesundheitssystem war und ist nicht für alle Personen gleich gewährleistet. Obwohl rechtlich gesehen alle Personen in der Schweiz eine Krankenversicherung haben müssen, bedeutet dies nicht, dass auch alle Personen den gleichen Zugang zum Gesundheitssystem haben. Dies zeigt sich momentan im Falle der Covid-19-Impfungen: Es fehlt an Informationen über den Impfprozess in einfacher Sprache, zur Anmeldung braucht es eine vorhandene IT-Infrastruktur. Besonders für Sans-Papiers stellt die Impfung grosse Hürden: Ein Behördengang bedeutet für Sans-Papiers oft grösseren Stress, bei der Covid-19 Impfung werden zudem eine Krankenkassenkarte und gültiger Ausweis verlangt. Möglichkeiten, sich ohne technische Hürden anonym oder vertraulich impfen (und testen) zu lassen, wären zentral.
Nicht nur geflüchtete Personen in der Schweiz sind besonders von der Pandemie betroffen. Ein Bericht der NGO Caritas in Italien hält Folgendes fest: Die Gesundheit von Migrant*innen ist durch Covid-19 verhältnismässig stark gefährdet, oft kommt es zu Verzögerungen in der Diagnose und der Zugang zur Impfung für Migrant*innen ist mangelhaft – Caritas spricht von der «Unsichtbarkeit» von Migrant*innen in der Covid-19 Pandemie.
In Israel plant währenddessen das Gesundheitsministerium, allen Asylsuchenden eine Krankenversicherung zu gewährleisten. In Israel erhalten Asylsuchende momentan noch keine Sozialleistungen wie Zuschüsse des Nationalen Versicherungsinstituts, Krankenversicherung oder Sozialhilfe. Folglich erhalten etwa 28’000 erwachsene Asylsuchende nur in extremen Fällen Unterstützung. Dies führt dazu, dass Asylsuchende oft ihre Spitalrechnung nicht bezahlen können, oder die notwendige medizinische Behandlung gar nicht erst erhalten. Über den Plan des Gesundheitsministeriums entschieden wurde noch nicht, dies soll in den nächsten Tagen erfolgen.
Wie zentral der Zugang zum Gesundheitssystem ist, zeigt die Covid-19 Pandemie deutlich. Dass es dabei nicht nur auf die rechtlichen Grundlagen und Gesetze ankommt, sehen wir in der Schweiz in der momentanen Situation: Es braucht einen kostenlosen und niederschwelligen Zugang zum Gesundheitssystem, welcher den Lebensrealitäten von Menschen in prekären Verhältnissen gerecht wird.

Was nun?

Buchprojekt Sans-Papiers unterstützen
Das Buch «Die Unsichtbaren. Sans-Papiers in der Schweiz» soll Geschichten und Bilder von Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus in der Schweiz sichtbar machen. Dazu braucht es finanzielle Unterstützung: https://wemakeit.com/projects/buchprojekt-sans-papiers
 
Ursula Markus fotografiert die porträtierten Sans-Papiers in Alltagssituationen.
Ursula Markus fotografiert die porträtierten Sans-Papiers in Alltagssituationen.

Wo gabs Widerstand?

 
Gedenken an Opfer rechten Terrors: Oslo, Utøya, München, Hanau

Am 22. Juli 2021 jährten sich zwei rechte Terroranschläge: Vor zehn Jahren tötete der rechtsradikale B. acht Menschen in Oslo mit einer Autobombe. Danach erschoss er 69 vor allem junge Menschen auf der Insel Utøya, die an einem Ferienlager der Jugendorganisation der Sozialdemokratischen Partei teilnahmen (die Namen der Ermordeten findet ihr im Anschluss an den Artikel). Vor fünf Jahren erschoss der rechtsextreme S. aus rassistischen Motiven Selçuk Kılıç, Sabina Sulaj, Armela Segashi, Giuliano Josef Kollmann, Can Leyla, Dijamant „Dimo“ Zabërgja, Sevda Dağ, Chousein Daitzik und Janos Roberto Rafael in und um das Olympia-Einkaufszentrum in München. Und am 19. Juli 2021 sind 17 Monate seit dem rassistischen Attentat in Hanau vergangen, bei dem Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov von dem rechtsextremen R. ermordet wurden.
Es gab mehrere Gedenkveranstaltungen, bei denen Angehörige, Überlebende und Politiker*innen Reden hielten und dem anhaltenden Rechtsextremismus mahnten. Vor allem die Hinterbliebenen der ermordeten Jugendlichen in München sind enttäuscht. Sie fühlen sich von den Politiker*innen im Stich gelassen: Erst nach jahrelangem Kampf der betroffenen Familien wurde im Jahr 2019 die Tat nicht mehr als Amoklauf, sondern als rassistisch motiviertes Attentat bezeichnet. Auch in Verfassungsschutzberichten taucht es bis heute nicht auf. Dabei war der rechte Terroranschlag in München seit mindestens einem Jahr geplant gewesen, auf S. Computer fanden sich Dokumente mit rassistischen und gewaltvollen Äusserungen. Im Darknet kaufte er bei einem Neonazi in Marburg eine Waffe und Munition und äusserte sich beim Kauf darüber, “Kanacken” töten zu wollen. Dass er die Tat am fünften Jahrestag des rechten Attentats in Utøya sowie mit der gleichen Waffe wie B. verübte, fiel den Ermittlungsbeamt*innen nicht auf bzw. wurde von ihnen ignoriert. In rassistischen, antisemitischen und sexistischen Gaming-Foren tauschte er sich mit Gleichgesinnten aus. So u.a. mit dem Gründer des Chat-Forums Anti-Refugee-Club, der im Jahr 2017 in New Mexico aus rassistischen Motiven zwei Menschen tötete. Die Vernetzung und Radikalisierung der rechtsextremen Szene im Internet, die dort stattfindende Verherrlichung von rechtem Terror, die Möglichkeit, Waffen innerhalb der Neonazi-Szene zu beziehen: All diese Fakten sprechen gegen die These des Einzeltäters, der Einzeltäterin.
Denn rechter Terror passiert nicht isoliert, sondern wächst auf dem Nährboden von struktureller und alltäglicher Diskriminierung und manifestiert sich in rechten Netzwerken. Und letztlich auch in der Weigerung, hinzuschauen, zuzuhören und sich mit Rassismus und rechtsextremen Strukturen (auch in Behörden) auseinanderzusetzen. Zumindest die Unterstützung der Angehörigen der rassistischen Anschläge in Halle und Hanau, die nach München gereist waren, um Beistand zu leisten, gab leise Zuversicht. Auf der Facebook-Seite der Initiative 19. Februar Hanau war zu lesen:  „Wir, die Angehörigen aus Hanau, sind heute, morgen und auch danach an Eurer Seite.“ Und Ismet Tekin aus Halle liess verlauten: “Es gibt immer eine Lösung, wenn man zusammensteht, bis sich etwas ändert.”

Die Namen der Opfer von Oslo und Utøya:
Tove Åshill Knutsen, Hanna M. Orvik Endresen, Kai Hauge, Jon Vegard Lervåg, Ida Marie Hill, Hanne Ekroll Løvlie, Kjersti Berg Sand, Anne Lise Holter, Karar Mustafa Qasim, Andreas Edvardsen, Ronja Søttar Johansen, Emil Okkenhaug, Åsta Sofie Helland Dahl, Monica Iselin Didriksen, Rune Havdal, Tore Eikeland, Espen Jørgensen, Karin Elena Holst, Aleksander Aas Eriksen, Victoria Stenberg, Ruth Benedicte Vatndal Nilsen, Isabel Victoria Green Sogn, Ida Beathe Rogne, Elisabeth Trønnes Lie, Monica Elisabeth Bøsei, Håvard Vederhus, Carina Borgund, Ingrid Berg Heggelund, Tarald Kuven Mjelde, Porntip Ardam, Andrine Bakkene Espelandl, Torjus Jakobsen Blattmann, Jamil Rafal Mohamad Jamil, Tina Sukuvara, Fredrik Lund Schjetne, Steinar Jessen, Lejla Selaci, Henrik Rasmussen, Thomas Margido Antonsen, Mona Abdinur, Anders Kristiansen, Tamta Lipartelliani, Kevin Daae Berland, Silje Stamneshagen, Hanne Kristine Fridtun, Håkon Ødegaard, Sondre Furseth Dale, Henrik André Pedersen, Rolf Christopher Johansen Perreau, Sverre Flåte Bjørkavåg, Eva Kathinka Lütken, Ismail Haji Ahmed, Maria Maagerø Johannesen, Modupe Ellen Awoyemi, Lena Maria Bergum, Guro Vartdal Håvoll, Marianne Sandvik, Andreas Dalby Grønnesby, Sondre Kjøren, Bendik Rosnæs Ellingsen, Gizam Dogan, Snorre Haller, Johannes Buø, Sharidyn Svebakk-Bøhn, Silje Merete Fjellbu, Hanne A. Balch Fjalestad, Bano Abobakar Rashid, Syvert Knudsen, Diderik Aamodt Olsen, Simon Sæbø, Synne Røyneland, Trond Berntsen, Birgitte Smetbak, Margrethe Bøyum Kløven, Even Flugstad Malmedal, Gunnar Linaker.

Gedenken in München fünf Jahre nach dem rechten Terroranschlag
Gedenken in München fünf Jahre nach dem rechten Terroranschlag
 
Hungerstreik von Sans-Papiers in Belgien nach 60 Tagen ausgesetzt
475 Sans-Papiers in Brüssel haben unter Einsatz ihrer Gesundheit und ihres Lebens für ihre Regularisierung protestiert. Nach Gesprächen mit Regierungsvertreter*innen wurde der Hungerstreik vorerst beendet.
 
Der Arbeitskampf der Sans-Papiers begann bereits im Januar, als sich hunderte Aktivist*innen zur Union des Sans Papiers pour la Régularisation zusammenschlossen. Ihre Forderungen: eine Reform des Aufenthaltsrechts und einen sofortigen legalen Status aller Aktivist*innen. Dafür haben sie erst die Kirche Saint-Jean-Baptiste au Béguinage im Stadtzentrum von Brüssel besetzt, dann im Februar zwei Universitäten. Seit dem 23. Mai befanden sich 475 Ak­ti­vis­t*in­nen in den drei Besetzungen im Hungerstreik, seit einer Woche viele von ihnen auch im Durststreik.
Der Hungerstreik wurde am Mittwoch nach Gesprächen mit Staatsvertreter*innen ausgesetzt. Die Hungerstreikenden hatten einerseits ihre eigene Regularisierung gefordert, andererseits die Entwicklung klarer und dauerhafter Regularisierungskriterien durch die Regierung, die durch eine unabhängige Kommission durchgesetzt werden sollen. Dass man wegen eines Hungerstreiks nicht von seiner politischen Linie abweichen könne, steht für den rechten belgischen Staatssekretär für Migration, Sammy Mahdi, bis zuletzt fest. Was genau nun ausgehandelt wurde, ist nicht bekannt. Mahdi dementiert, dass man einer kollektiven Regularisierung zugesagt habe. Man werde aber die Einzelfälle wohlwollend prüfen.
Sans-Papiers machen etwa ein Prozent der belgischen Bevölkerung aus. Sie leben teilweise schon ihr Leben lang ohne Pass im Land und werden als Billigstarbeitskräfte ausgenutzt. In der Coronapandemie verloren viele ihren Job und damit ihre Existenzgrundlage. Viele sehen sich nicht als Menschen behandelt, sondern auf ihre Körper als Arbeitsmittel reduziert. Mit diesen Körpern protestieren sie nun, nachdem die politischen Ziele mit anderen Protestformen wie Lobbyarbeit, Demonstrationen oder Besetzungen nicht erreicht werden konnten.
Der Arbeitskampf von Migrant*innen hat in Belgien eine lange Tradition und schon mehrmals ist es gelungen, einmalige Regularisierungen von Menschen durchzusetzen. Während der ersten Proteste 1999/2000 wurden von 50.000 Anträgen 40.000 dauerhaft bewilligt. Auch in den 2000er-Jahren wurden mit Hungerstreiks mehrere Legalisierungen durchgesetzt. Im Jahr 2010 erhielten 10.000, 2011 6.000 Personen einen Aufenthaltstitel. Schon damals war die Kirche Saint-Jean-Baptiste au Béguinage Zentrum des Protests.
Die Protestierenden haben in ganz Europa viel öffentliche Aufmerksamkeit für ihre Situation erregt und zahlreiche Unterstützer*innen gefunden. In vielen Städten gibt es Kundgebungen und Aktionen. Sie betonen, dass die Sans-Papiers nicht, wie von Staatssekretär Mahdi betont, selbst für ihre Situation verantwortlich sind. Vielmehr ist ihr illegalisierter Status Folge einer europäischen Abschottungspolitik, die keine legalen Wege nach Europa mehr offenlässt, sowie einer immer restriktiveren Asylpolitik, die die Erlangung eines offiziellen Aufenthaltstitels behindert.
Kämpfen wir weiter: Um Europa keine Mauer – Bleiberecht für alle und auf Dauer.
 
Protest von Unterstützer*innen vor der Kirche nach Beginn des Durststreiks
Protest von Unterstützer*innen vor der Kirche nach Beginn des Durststreiks
 
Proteste gegen die Lufthansa, die Abschiebungen verhindern könnte
Die Gruppe “No Border Assembly“ demonstrierte vor der Lufthansazentrale in Berlin. Sie fordert von der Deutschen Lufthansa AG, keine Tickets für Abschiebungen zu verkaufen und damit ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen.
Die Lufthansa beteiligt sich an Ausschaffungen, die von der Ausländer*innenbehörde angeordnet werden, indem sie Abschiebetickets für (ganz normale) Linienflüge verkauft. 2019 hat die Lufthansa 5‘885 Personen ausgeschafft, jede vierte von Berlin aus. 1’764 Personen wurden laut Bundesregierung mit dem «Hilfsmittel der körperlichen Gewalt» abgeschoben. Wir von antira.org definieren jede Abschiebung als Gewalt.
Die Bundesregierung stuft die Information, welche Fluggesellschaften Abschiebungen durchführen, seit 2020 als geheimhaltungsbedürftige Tatsachen (Verschlusssache) ein. Unter anderem mit der Begründung, dass eine „öffentliche Benennung der Fluggesellschaften“ die Gefahr berge, „dass diese Unternehmen öffentlicher Kritik ausgesetzt werden“. Die Bundesregierung stabilisiert die menschenunwürdigen Abschiebeflüge damit zusätzlich.
Die Lufthansa kann Passagiere vom Flug ausschliessen, wenn «aufgrund ihres Verhaltens oder Zustands eine konkrete Gefahr auf sich selbst und/oder andere Personen besteht». Damit hätte sie die Macht Abschiebungen zu verhindern.
Pilot*innen können Abschiebungen auch verhindern. Der Paragraf 12 des Luftsicherheitsgesetzes berechtigt die Pilot*innen, alle erforderlichen Massnahmen zu treffen, um eine Gefahr für einzelne Personen an Bord oder des Luftfahrzeugs abzuwehren. 2019 weigerten sich 309 Mitarbeiter*innen der Lufthansa Abschiebungen durchzuführen.
Bei Abschiebungen durch die Lufthansa gibt es zwei dokumentierte Todesfälle. 1999 erstickte Aamir Ageeb aus dem Sudan bei einer Abschiebung in einem Lufthansa-Flugzeug durch Fesselung der Polizei. Kola Bankole aus Nigeria starb 1993 auf ähnliche Wiese bei einer Lufthansa-Abschiebung.

https://taz.de/Abschiebungsfluege-durch-Lufthansa/!5781728/
https://www.instagram.com/noborder_berlin/
https://www.lufthansa.com/ch/de/geschaeftsbedingungen-1.html#7

 
Bustour von Women in Exile kämpft für Bewegungsfreiheit und Abschaffung aller Lager
«Man kann keine Menschen jahrelang in Lager einsperren und behaupten, dass man etwas für sie tut. Man kann Menschen nicht integrieren, die buchstäblich isoliert sind, am Rande der Städte oder mitten im Wald, wo viele der Flüchtlingslager liegen,» sagt Elisabeth Ngari, von der Initiative »Women in Exile«. Sie ist zusammen mit 40 Frauen und Kindern in zehn deutschen Städten unterwegs, um auf die Situation geflüchteter Frauen aufmerksam zu machen. Auf der Tour besuchen sie auch verschiedene Lager, wollen andere Frauen ermutigen und ihre Geschichten öffentlich machen.
Die Unterbringung in den Lagern ist unwürdig, belastend und gefährlich. Lange Asylverfahren zwingen viele Menschen, jahrelang in diesen Lagern zu bleiben. Die psychische Belastung durch Angst vor der Abschiebung, Ungewissheit und Isolation ist hoch. Suizide sind ein grosses Thema. Durch ihre Abgelegenheit bieten die Lager den Bewohner*innen keinen Zugang zu öffentlicher Infrastruktur, zu Produkten des täglichen Bedarfs, zu sozialen Kontakten und vor allem keinen Schutz – weder vor körperlicher, psychischer noch sexualisierter Gewalt. Vor zwei Jahren wurde Rita Ojungé in einem brandenburgischen Lager ermordet, die Polizei bemühte sich wochenlang nicht um eine Aufklärung.
Die Frauen von «Women in Exile» setzen sich auf der Bustour Jahr für Jahr für ihre Rechte ein und fordern: Alle Lager müssen abgeschafft werden.
 
Frauen tanzen während der Kundgebung zum Auftakt der »Women in Exile«-Bustour gegen Lager und Rassismus
Frauen tanzen während der Kundgebung zum Auftakt der »Women in Exile«-Bustour gegen Lager und Rassismus

Lesens -/Hörens -/Sehenswert

 
Podcast: Was zu melden!
Wie reagiere ich, wenn in der Bahn rassistische Äußerungen fallen? Wie zeige ich Haltung gegen rechts, ohne Betroffene zu bevormunden? Bei Was zu melden! gibt es 1x im Monat Interviews mit Initiativen & Expert*innen aus Berlin, die aktiv sind u.a gegen Rassismus, LGBTIQ*-Feindlichkeit, Sozialchauvinismus und extreme Rechte. Von ihnen erfahren wir mehr über ihre Arbeit, verschiedene Formen von Diskriminierung und rechte Akteur*innen. Gemeinsam diskutieren wir Szenarien und Handlungsmöglichkeiten für Leute, die einschreiten wollen gegen rechtes Handeln. Damit wir es nächstes Mal besser machen.
 
Intellektuelle des Alltags. Die afro-deutsche Frauenbewegung
Die afro-deutsche Frauenbewegung wirkte seit den 1980er Jahren mit neuem, de-kolonialistischem Wissen auf die deutsche Gesellschaft ein – und ist dennoch bis heute kaum bekannt. Die Historikerin Tiffany N. Florvil gibt im Gespräch mit Sina Speit Einblick in die Geschichte dieser Schwarzen intellektuellen Frauen*.
https://geschichtedergegenwart.ch/intellektuelle-des-alltags-die-afro-deutsche-frauenbewegung-ein-gespraech/
 
Seenotrettung in der Ägäis: Griechischer Geheimdienst verfolgt Menschenrechtsbeobachter:innen
Die Regierung in Athen geht gegen Organisationen und Personen vor, die dem Staat Menschenrechtsverletzungen nachweisen und dies im Internet dokumentieren. An den Ermittlungen ist eine Behörde beteiligt, die mit EU-Mitteln errichtet wurde.
https://netzpolitik.org/2021/seenotrettung-in-der-aegaeis-griechischer-geheimdienst-verfolgt-menschenrechtsbeobachterinnen/
 
Kontext-Sommerserie: Die Schweiz, das Meer und der Tod (4/9)
Die Mittelmeerroute gilt als die tödlichste Fluchtroute der Welt. Europa versucht seine Aussengrenzen dicht zu machen und nimmt dabei den Tod Tausender in Kauf. Was hat die Schweiz damit zu tun?
https://www.srf.ch/audio/kontext/kontext-sommerserie-die-schweiz-das-meer-und-der-tod-4-9?id=12019935