antira-Wochenschau: Proteste gegen Polizeirassismus, Integrationszwang durch Asylcampisolation, Gewaltaufrufe wegen antisemitischer Hetze

Antirassistischer Rückblick auf eine Woche voller Rassismus:
Tod von George Floyd nach Polizeigewalt: Geballte Wut | F-Ausweis: Nur wer ein Sprachniveau A1 und eine 60%-Stelle vorweist, darf vom Camp wegziehen | Neues Polizeigesetz in Schwyz verabschiedet | Arbeitslosengeld für Sans-Papiers? | Calais: Restriktive Massnahmen wegen Zunahme an gelungenen Grenzpassagen? | City Card auch für St.Gallen | Zweischneidige Entwicklungsgelder gegen COVID-Folgen im Globalen Süden | Kritische Bedingungen für Gefangene in solothurner Ausschaffungshaft | Kanton Bern kürzt Gelder für vorläufig aufgenommene Personen | Sterben im Mittelmeer: Europas Rückzug bei der Seenotrettung | Corona-Verschwörungstheorien dienen als Grundlage für den Aufruf zu Gewalt gegenüber Jüd*innen | Weiterhin illegale Push-Backs aus Griechenland dokumentiert | Lieber kostenlose Essenspakete statt staatliche Hilfe | Schweizer Special Forces Einheiten und ihre Verbindung zu rechten Strukturen | Geflüchtete werden im Asylcamp Traiskirchen eingesperrt | Roland Schöni, Adrian Spahr, Nils Fiechter | Neonazigruppe im Raum Winterthur mit breiter Vernetzung | Solidaritätsaktion vor der US-Botschaft | Aktionen gegen die Securitas Gewalt im Bundesasyllager Bässlergut | Geflüchtete Migrant*innen reichen Strafanzeige gegen Mario Fehr ein

Was ist neu?
Tod von George Floyd nach Polizeigewalt: Geballte Wut
Am Montagabend, den 25. Mai, wurde der Afroamerikaner George Floyd von vier Polizeibeamten in Minneapolis, Minnesota, USA festgenommen. Obwohl die Festnahme laut den Aufnahmen einer Videokamera widerstandslos verlief, drückten sie Floyd zu Boden. Drei der Beamten knieten sich auf ihn. Der weisse Polizeibeamte Derek Chauvin kniete auf Floyds Nacken – insgesamt 8 Minuten und 46 Sekunden, von denen Floyd 2 Minuten und 53 Sekunden bewusstlos war. Floyd rief mehrfach: „I can’t breathe!“, „Ich kann nicht atmen!“. Ein Ausruf, der bereits seit 2014 zu einer Parole im Kampf gegen Rassismus geworden war, nachdem der Afroamerikaner Eric Garner in New York auf die gleiche Weise von Polizist*innen ermordet worden war und ebenfalls „I can’t breathe!“ gerufen hatte. Auch auf die wiederholte Aufforderung von Passant*innen, die Beamten sollten von Floyd ablassen oder seinen Puls fühlen, kam keine Reaktion. Floyd verstarb wenig später. Sein Tod ist ein weiterer auf der langen Liste rassistisch motivierter Polizeimorde. Bis zu 1000 sollen es jährlich in den USA sein, nur wenige werden juristisch verfolgt. Der Umgang mit Rassismus im Polizeiapparat wird anhand folgender Zahlen deutlich: In Minneapolis gingen seit 2012 über 2.600 Beschwerden wegen Polizeigewalt und institutionellem Rassismus ein. In nur zwölf Fällen kam es daraufhin zu disziplinarischen Massnahmen. Und die schärfste dieser Massnahmen war eine 48-stündige Suspendierung vom Dienst. Die rassistischen Strukturen dahinter sind sehr eindeutig: Schwarze Menschen waren zu über 60 Prozent betroffen von Polizeigewalt, obwohl sie nur 20 Prozent der Bevölkerung in Minneapolis ausmachen. Der tatverdächtige Derek Chauvin und die anwesenden drei Beamten wurden direkt nach dem Mord entlassen, allerdings erst am Freitag, nachdem die Proteste den öffentlichen Druck verstärkt hatten, wurde Chauvin verhaftet und wegen Mordes und Totschlag angeklagt. Seit 2008 lagen bereits 17 Beschwerden gegen ihn vor. Floyds Tod kommt in einer Zeit, in der viele Menschen in den USA im Zuge des verheerenden Umgangs der Regierung mit der Covid-19-Pandemie ihren Job, ihre Krankenversicherung, ihre Wohnung oder ihr Leben verloren haben. Und so führt innerhalb eines rassistischen Systems der fehlende Zugang zur Gesundheitsversorgung, prekäre Arbeits- und beengte Wohnverhältnisse dazu, dass Afroamerikaner*innen 23% der Menschen ausmachen, die an Covid-19 gestorben sind. Obwohl sie nur 13% der (registrierten) Gesamtbevölkerung stellen. Auch die besonders gefährdeten Gefängnisinsass*innen in den USA sind überproportional afroamerikanisch – Folge eines rassistischen Strafsystems. Floyds Tod kommt auch während der Amtszeit von Trump, der mit seiner spalterischen Art Konflikte befeuert, ein Klima von weisser Vorherrschaft propagiert, faktenfeindlich unterwegs ist und die Verfassung gerne zu seinen Zwecken anpassen möchte. Dass die Zerstörungswut der Proteste, die momentan allein in 30 Städten in den USA, in London, Berlin, Kopenhagen oder auf Zypern passieren, angeprangert wird, ist irritierend. Diese Wut ist schliesslich Ausdruck für jahrhundertelange und anhaltende Ungleichbehandlung und Unterdrückung. In den meisten Medien wird darüber berichtet, dass die Ausschreitungen von den friedlichen Protesten ablenken würden und dass es nichts mehr mit George Floyds Tod zu tun haben würde. Aber es hat alles damit zu tun. Es wurde ein Mensch umgebracht. Und nicht nur einer. Die rassistische Polizeigewalt hat System – in den USA und überall. Daraufhin zu erwarten, dass Menschen sich nett und freundlich auf die Strasse begeben, ist verlogen und zeugt von weisser Privilegiertheit. Die Verurteilung der Riots von den Medien lenkt von den eigentlichen Beweggründen ab. Und diese sind nachvollziehbar. Kein Riot der Welt kann die Ungerechtigkeit ausdrücken – und alltägliche Polizeigewalt, Stigmatisierung und Ausbeutung sind nur ein Teil davon – die BIPoC (Black, Indigeneous und People of Color) täglich erfahren. Eine Demonstrantin in Berlin hielt ein Plakat hoch, das es auf den Punkt bringt: „If only our pain bothered you as much as our protests.“
https://taz.de/Tod-von-George-Floyd-nach-Polizeigewalt/!5688995/https://www.jungewelt.de/artikel/379187.rassismus-in-den-usa-wut-%C3%BCber-rassistischen-mord.html
https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-05/usa-rassismus-george-floyd-minneapolis-polizisten
hthttps://twitter.com/hashtag/GeorgeFloyd?src=hashtag_clicktps://twitter.com/hashtag/Minneapolis?src=hashtag_click
https://twitter.com/UR_Ninja/status/1266218065512919043
Bild: https://www.facebook.com/photo.php?fbid=10222762344031771&set=a.1229928312908&type=3&

F-Ausweis: Nur wer ein Sprachniveau A1 und eine 60%-Stelle vorweist, darf vom Camp wegziehen
Mehrmals hat antira.org über die Härte und Kälte gegenüber abgewiesenen Geflüchteten und die auf Juli geplanten Ausschaffungscamps im Kanton Bern berichtet. Nun präsentiert die Berner Regierung, was sie ab Juli mit den geflüchteten Migrant*innen mit Asyl (Ausweis B) oder mit vorläufiger Aufnahme (Ausweis F) vorhat. Der zuständige weisse freikirchliche SVP-Regierungsrat Schnegg stampft ein Regime aus dem Boden, das Menschen im Namen der „Integration“ möglichst rasch zurichten und in den Arbeitsmarkt pressen will.. In der neuen „Verordnung über die Sozialhilfe im Asyl-und Flüchtlingsbereich“ geht es nur darum, zu fordern – mit Druck, Zwang, Abschreckung und Sanktionen. Hier einige leider nicht abschliessende Punkte:
– Freiheitsberaub
ung in Camps als Druckmittel: Viele wollen die Asylcamps verlassen, um in eine Wohnung zu ziehen. Ab dem 1. Juli werden die freiheitsberaubenden Camps zu einem Druckmittel der Integrationspolitik: «Der Wechsel von der Kollektivunterkunft in eine individuelle Unterkunft erfolgt bei Erreichen der Integrationsziele. Grundsätzlich müssen die Anforderungen an die sprachliche Integration Sprachniveau A1 sowie an die berufliche Integration erfüllt werden». Das gilt für Menschen mit F-Ausweis. Sie  bleiben also so lange im Asylcamp isoliert, bis sie ein Sprachzertifikat und über mindestens sechs Monate einen 60%-Job vorweisen können. „Anerkannte Flüchtlinge und anerkannte Staatenlose“ haben zwar freie Wohnsitzwahl, doch Unterstützung erhalten sie nur, wenn sie denselben Zielen entsprechen. Die Jobs dürfen übrigens «nicht im Rahmen einer subventionierten Anstellung (z.B. als Teillohn-Anstellung) erfolgen. Praktika gehören ebenso wenig dazu. Das gleiche gilt für die Aufnahme einer Ausbildung», heisst es in den Ausführungen zur Verordnung.
– Zwang und Sanktionen wegen des
«Integrationsplans»: Der Integrationsplan ist eine Art Vertrag, den die geflüchteten Migrant*innen unterschreiben müssen. Darin verpflichten sie sich, die Zwischenziele zu erreichen und Integrationsangebote zu besuchen. Unter Integrationsangebote laufen auch Programme, die mit harter Arbeit einhergehen, die sonst vom 1. Arbeitsmarkt übernommen würde. Die Bezahlung übersteigt jedoch nie 400 Franken pro Monat. Zweimal pro Jahr wird überprüft, ob die Person auf Kurs ist. Sonst gilt: «Die Personen sind zur Einhaltung des Integrationsplans verpflichtet. Eine selbstverschuldete Nichteinhaltung hat für vorläufig Aufgenommene eine Kürzung oder Einstellung der wirtschaftlichen Hilfe zur Folge», schreiben die Behörden. Bis zu 400 Franken können gestrichen werden.
– Privatisierung und Auslagerung
: Über die Integrationszwischenziele, die aufgezwungenen Integrationsprogramme, aber auch über Unterbringung entscheiden keine staatlichen Behörden, sondern die Mitarbeitenden von sogenannten «Regionalen Partnern». Dazu zählen auch die gewinnstrebende ORS AG oder die religiöse Heilsarmee. An sie hat der Kanton die Verwaltung der Geflüchteten ausgelagert. Auch die Macht, die extremen Sanktions- und Druckmittel einzusetzen, wurde an sie übertragen. Die „Partner“ werden diese einsetzen, denn ihre Bezahlung bzw. Profit beruht auf einer «erfolgsorientierten Abgeltung», die sich von der Zielerreichung des Integrationsplans ableitet.
– Sackgassen
wegen hierarchisch-entrechtenden Menschenkategorien: Um den «Integrationsplan» aufzustellen, führen die «Partner» vorgängig eine folgenschwere «Potenzialanalyse» durch. Diese ordnet die betroffenen Menschen in 12 Kategorien ein und kanalisiert sie in ungleiche Bahnen mit ungleichen Möglichkeiten und Zwängen in Bezug auf Integrationsprogramme, (Aus-)Bildungen und Lohnarbeitsstellen. Grundsätzlich soll z.B. nur wer unter 25 ist, Zugang zu einer Lehre oder einer Ausbildung erhalten. Die Älteren sollen «die Planschritte systematisch in Richtung Arbeit gehen». Oder wer bei der Potenzialanalyse schlecht abschneidet oder Betreuungsaufgaben für Kinder hat, verliert gewisse Zugänge.
Entscheidend ist nicht die Perspektive der Bedürfnisse, der Träume oder Wünsche, sondern die Perspektive des Systems, das die Sozialhilfekosten senken und den Arbeitsmarkt mit sprachfitten und passgenau ausbeutbaren Arbeitskräften versorgen wird. Die Berner Regierung vollzieht in diesen Monaten einen gewaltigen qualitativen Sprung innerhalb seines institutionellen Rassismus.
https://www.be.ch/portal/de/index/mediencenter/medienmitteilungen.meldungNeu.html/portal/de/meldungen/mm/2020/05/20200520_1111_rechtliche_grundlagenzurumsetzungverabschiedet
https://www.rr.be.ch/etc/designs/gr/media.cdwsbinary.RRDOKUMENTE.acq/636ebf40faa34fca877e9bca112b53fd-332/4/PDF/2018.GEF.996-Vortrag-D-206706.pdf
https://www.derbund.ch/nach-kritik-mildert-regierungsrat-kuerzungen-fuer-fluechtlinge-258018763836


Neues Polizeigesetz in Schwyz verabschiedet
Der Kantonsrat Schwyz hat in seiner letzten Sitzung der Verschärfung des Polizeigesetzes mit deutlicher Mehrheit zugestimmt. Begründet wurden die Verschärfungen mit verschiedenen Vorfällen im Jahre 2019: Der Auftritt einer Gruppe Neonazis in Kostümen des Ku-Klux-Klan zur Fasnacht in Brunnen, Angriffe auf die Demo «für ein buntes Schwyz» und die Versammlung von ca. 100 Neonazis in einer Berghütte bei Galgenen zum «Völkischen Forum». Generell eine gute Entscheidung, könnte mensch meinen. Aber Verschärfungen der Polizeigesetze in ganz Europa haben gezeigt, dass es im Zuge der Terrorismusabwehr und Extremist*innenbekämpfung zu erheblichem Abbau von Grundrechten und massiver Erweiterung von Überwachungsmassnahmen kommen kann. Ein durch Polizist*innen, Justiz und Behörden umgesetzter systematischer Rassismus ist der Alltag, die zahllosen Fälle von Racial Profiling und vielen weiteren Diskriminierungsformen gegenüber BIPoC sprechen eine eindeutige Sprache. Eine weitere Gefahr besteht, wenn die verschärften polizeilichen Massnahmen schlussendlich gegen «Links» angewandt werden und die Polizei sowie Strafverfolgungsbehörden wie so oft auf dem „rechten Auge“ blind bleiben. Dies alles sind Gründe, um Verschärfungen von Polizeigesetzen mit äusserst kritischen Augen zu betrachten.
https://www.srf.ch/news/regional/zentralschweiz/neues-polizeigesetz-schwyzer-parlament-beraet-veranstaltungsverbot-fuer-extremisten
https://www.sz.ch/public/upload/assets/44968/48_2020_Polizeigesetz_Bericht.pdf

Arbeitslosengeld für Sans-Papiers?
Nachdem letzten Monat die Bilder der kilometerlangen Warteschlange für ein kostenloses Lebensmittelpaket in Genf für mediatischen Aufruhr sorgten, hat die Genfer Regierung entschieden, die Menschen, die während der Lockdown Periode ihre Arbeit verloren haben und weder Arbeitslosengeld noch Sozialhilfe beziehen können, finanziell zu entschädigen. Die Entschädigung soll ein einziges Mal ausbezahlt werden, soll 80 Prozent der letzten Einkünfte abdecken und für die Dauer von zwei Monaten gelten, eine Art quasi-Arbeitslosengeld für präkere Arbeitende, darunter Sans-Papiers, die sich seit einem Jahr in Genf aufhalten und zumindest in den drei Monaten vor Ausbruch der Corona-Krise eine Erwerbstätigkeit ausgeübt haben. Für Sans-Papiers wird es aber schwierig, von diesem 15 Millionen-Notmassnahmenfonds zu profitieren:  Um an die Entschädigung zu gelangen, müssen die in informellen Arbeitsverhältnissen unüblichen Arbeits- und Lohnnachweise vorgelegt und im Falle der Sans-Papiers das rechtswidrige Arbeitsverältnis verraten werden. Ausserdem müssen sich Sans-Papiers selber melden und ihren illegalen Aufenthalt in der Schweiz für die Behörden sichtbar machen.
https://www.derbund.ch/arbeitslosengeld-fuer-sans-papiers-181953015367

Calais: Restriktive Massnahmen wegen Zunahme an gelungenen Grenzpassagen?
Seit 2016 existiert im britischen Immigration Act ein Paragraf, der vorsieht, einer bestimmten Anzahl unbegleiteter minderjährigen Geflüchteten in Calais und Umgebung die legale Einreise nach Grossbritannien zu ermöglichen. Diese gesetzliche Sonderregelung war nach dem historischen Vorbild der sogenannten Kindertransporte zur Rettung jüdischer Kinder in den Jahren 1938/39 geschaffen worden. Anlässlich der Vorstellung seiner Einwanderungsstatistik am 21. Mai 2020 hat die britische Regierung dieses sogennante Dubs-Verfahren nunfür beendet erklärt. Darüber hinaus plant Boris Johnsons Innenministerium im Rahmen der Brexitverhandlungen auch das derzeitige System der Familienzusammenführung aufzuheben. Über 330’000 Personen haben eine von zwei britischen Calais-Volunteers gestartete Petition gegen diesen Textentwurf unterschrieben. Nebst der Kappung sicherer Passagen für Minderjährige berichtet der Guardian aber auch von einer alarmierenden Entwicklung, die über Schlauchboot angekommenden Asylsuchenden im Rahmen der Operation Sillath automatisch nach Frankreich abzuschieben bevor ihre Asylanträge überhaupt geprüft werden. Laut Calais bordermonitoring könnte der politische Auslöser für diese Entscheide tatsächlich die starke Zunahme an gelungenen Grenzpassagen mithilfe motorisierter Schlauchboote über den Ärmelkanal sein. Effektiv scheinen diese Channel crossings trotz ihrerGefährlichkeit in diesem Frühjahr die wichtigste und erfolgversprechendste Migrationstechnik zu sein. Seit der Etablierung dieser maritimen Migrationsroute vor anderthalb Jahren gelangten im März und April 2020 so viele Geflüchtete auf Booten wie noch nie nach Grossbritannien (siehe Antirawochenschau vom 18. Mai).
https://calais.bordermonitoring.eu/2020/05/25/sichere-passage-eingestellt/

https://www.infomigrants.net/en/post/24920/migrant-channel-crossings-by-boat-surge-during-pandemic-concern-over-illegal-returns-by-uk


City Card auch für St.Gallen
Seit mehreren Jahren ist die « City-Card » in verschiedenen schweizer Städten ein Thema. Die Idee einer solchen städtischen Identitätskarte besteht darin, Sans-Papiers die Möglichkeit zu geben, sich innerhalb einer Stadtgrenze ausweisen zu können, so zum Beispiel an «Behördenschaltern, beim Kauf eines Handyabos, in Polizeikontrollen, in der Notfallaufnahme eines Spitals, beim Abschliessen eines Mietvertrages oder bei der Anmeldung für einen Kitaplatz.» Der zürcher Gemeinderat hat zum Beispiel 2018 einer Motion zur Einführung einer « Züri City Card » zugestimmt welche, momentan beim Stadtrat Abklärung ist. Im gleichen Sinne haben in St. Gallen diese Woche zwei Stadtratsmitglieder einen Vorstoss für die Einführung einer solchen städtischen Identitätskarte eingereicht. Wie im zürcher Modell sollen aber nicht nur Sans-Papiers, sondern alle Einwohner*Innen der Stadt davon profititieren können, z.B. bei durch «Vergünstigungen zu öffentlichen Einrichtungen wie Bibliotheken, Kulturorten oder Sportanlagen».
Wenn auch solch ein Projekt aus antirassistischer Perspektive begrüssenswert ist, muss aber im gleichen Zuge erwähnt werden, dass solche Vorhaben den Term Sans-Papiers nach bestimmten und ausschliessenden Kriterien definieren. Bei der Operation Papyrus in Genf, die über tausend Menschen eine Regularisierung ihres Aufenthaltsstatus ermöglicht hat, konnten abgewiesene Asylsuchende zum Beispiel keinen Regulariserungsantrag stellen. So werden auch bei grundsätzlich erfreulichen Projekten oft gewisse Personengruppen weiterhin ausgeschlossen und kriminalisiert, leben ohne jegliche Regularisierungsperspektiven und tauchen dementsprechend häufig unter, was wiederum schwerwiegende Konsequenzen für ihre Lebensbedingungen haben kann.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/stgallen/zwei-parlamentarier-fordern-eine-stadtische-identitatskarte-ld.1222998


Was geht ab beim Staat?

Zweischneidige Entwicklungsgelder gegen COVID-Folgen im Globalen Süden
Insgesamt 879 Millionen Franken bezahlt die offizielle Schweiz an die Weltbank und den Afrikanischen Entwicklungsfonds (AfDF). Offiziell heisst es, diese Gelder seien zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Krise in den ärmsten Ländern der Welt. Doch schon einige Zeilen weiter in der Medienmitteilung des Bundesrats, heisst es «Der AfDF (…) legt einen spezifischen Fokus auf die Ursachen der irregulären Migration und Flucht.» Das erklärt auch, warum südamerikanische Staaten, die besonders hart mit den Corona-Folgen zu kämpfen haben, nicht unterstützt werden. Die Schweizer Entwicklungshilfe will nur noch auf klassische Herkunftsstaaten von flüchtenden Menschen fokussieren, um sich weiter abzuschotten. Kritisch ist zweitens zu sagen, dass ein Grossteil dieses Geldes die Staaten nicht als Geschenk, sondern als Kredite erreicht, was die fortlaufende Verschuldung erhöht statt tilgt. Obwohl ein Schuldenabbau aus antikolonialer Sicht überfällig wäre. Drittens fliessen die Gelder eben an Staaten und nicht direkt an die Bevölkerung oder ihre Strukturen gegenseitiger Hilfe von unten. Erfahrungsgemäss muss davon ausgegangen werden, dass auch diesmal korrupte Politiker*innen und Regierende einen Teil des Geldes in die eigene Tasche einstecken und den anderen Teil für den Wahlkampf instrumentalisieren werden.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-79257.html

https://rightsindevelopment.org/news/development-finance-covid19-human-rights/

Kritische Bedingungen für Gefangene in solothurner Ausschaffungshaft
Die Anti-Folter-Komission kritisierte, dass Menschen in regulären solothurner Strafanstalten auf ihre Ausschaffung warten müssen. Sie forderte separate Einrichtungen für Menschen in Ausschaffungshaft. Doch in den fünf Jahren, welche seit der Kritik und Forderung vergingen, hat sich nichts verändert. Auf Kritik hin heisst es beim Kanton: «Der im Untersuchungsgefängnis Solothurn für die Administrativhaft vorgesehene Trakt ist bundesrechtskonform». Entgegen dazu heisst es in einem neuen Urteil des Bundesgerichts: «Die Inhaftierung einer ausländischen Person im Hinblick auf eine Ausschaffung müsse grundsätzlich in einer speziell dafür vorgesehen Hafteinrichtung erfolgen, deren Haftbedingungen unterstreichen, dass die Festhaltung nicht in Zusammenhang mit einem Strafvollzug oder Untersuchungshaft steht.» Ausländische Straftäter*innen, die auf ihre Rückweisung warten, werden nicht freigelassen, auch wenn sie ihre Strafe abgesessen haben. Ein weiteres Beispiel von rassistischer Doppelbestrafung. Aufgrund der Reisebeschränkungen bedingt durch Corona kommt es bei Ausschaffungen zu Verzögerungen. Bei Dublin-Fällen haben sich wohl Verbesserungen abgezeichnet: da die Ausschaffungen in diese Länder derzeit ausgesetzt sind, gibt es keinen Grund für die Infaftierung betroffener Menschen. Es wurden Menschen aus der Haft entlassen.
https://www.srf.ch/news/regional/aargau-solothurn/was-hat-sich-geaendert-kritik-an-ausschaffungshaft-im-kanton-solothurn-bleibt
https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/kanton-solothurn/corona-fuehrt-zu-verzoegerter-ausschaffung-krimineller-aus-dem-kanton-137942472


Kanton Bern kürzt Gelder für vorläufig aufgenommene Personen
Es wird weniger gekürzt als geplant, dennoch sind es fast 30 Prozent. Aufgenommene geflüchtete Menschen, die im Kanton Bern nach sieben Jahren Aufenthalt keine Arbeit gefunden haben, sollen ab Juli 2020 statt 977 Fr. nur noch 696 Franken pro Monat erhalten. Eigentlich wurden noch massivere Kürzungen vorgesehen. Im Februar 2020 hat der Regierungsrat des Kantons Bern entschieden, dass die Sozialhilfe in vielen Bereichen massiv gekürzt werden solle, unter anderem sollen vorläufig aufgenommene Geflüchtete statt den bisherigen rund 1000 Franken nur noch 382 Franken erhalten. Dies soll abgeschwächt werden: So forderte eine Motion von SP-Vertreter*innen, dass sich die Sozialhilfe zumindest an den Grundleistungen orientieren müsse. Denn, so auch der bisherige Leiter des Sozialamtes Bern, mit so wenig Geld zu Leben sei schlicht nicht möglich. Nun sind 696 Franken entschieden worden. Der Kanton Bern rühmt sich, sich mit diesem Betrag den anderen Kantonen anzugleichen – so bspw. dem Kanton Zürich. Dieser zahlt seit zwei Jahren vorläufig aufgenommenen Personen nur noch Asylsozialhilfe aus. Map-F, eine Anlaufstelle für vorläufig aufgenommenen Personen, hat in einem Monitoring festgestellt, dass mit diesem Betrag eine Integration – was immer das heisst – nicht möglich sei. Fazit: Damit ist im Kanton Bern für die betroffenen Personen auch mit diesem Betrag von 700 Franken kein soziales Leben und keine Teilnahme am öffentlichen Geschehen möglich.
https://www.gr.be.ch/gr/de/index/geschaefte/geschaefte/suche/geschaeft.gid-e06b036a32e64d699fe43aff6b22cca8.html

https://www.watson.ch/schweiz/asylgesetz/244218821-asylfuersorge-vorlaeufig-aufgenommene-haben-nachteil-bei-integration

https://www.derbund.ch/nach-kritik-mildert-regierungsrat-kuerzungen-fuer-fluechtlinge-258018763836

Was ist aufgefallen?

Sterben im Mittelmeer: Europas Rückzug bei der Seenotrettung

Bild: Bergung einer Leiche an der tunesischen Küste

Während Corona die Schlagzeilen dominiert, ertrinken weiter Menschen im zentralen Mittelmeer. Europäische Staaten weigern sich mittlerweile sogar, Menschen in Seenot zu retten. Militärschiffe erhalten die Weisung, sich zurückziehen, sobald Boote mit Geflüchteten auftauchen. Gleichzeitig rüstet die EU libysche Milizen weiter auf, damit diese Geflüchtete zurück in libysche Haftlager bringen. Die Corona-Krise wird von den EU-Staaten genutzt, um Häfen zu schliessen und Rettungsschiffe festzusetzen. Doch die Zahlen der Menschen, welche sich auf die Flucht begeben, sank nicht. Im Gegensatz dazu, wird die Reise über das Mittelmeer immer tödlicher:
– Vor der tunesischen Hafenstadt Sfax kenterte ein Boot. Ein Mensch wurde tot geborgen, 12 weitere werden vermisst. Ein Sprecher der Nationalgarde Tunesiens teilte mit, dass 223 Personen festgenommen wurden, welche versucht hatten, sich auf die Fluchtroute über das Mittelmeer zu begeben.
– Die libysche Küstenwache hat in den vergangenen Tagen rund 400 Migrant*innen aus Europa vor der Mittelmeerküste des Landes abgefangen und in Gefangenenlager in der Nähe der Hauptstadt Tripolis gebracht. Safa Msehli, eine Sprecherin der Internationalen Organisation für Migration (IOM), sagte, die geflüchteten Menschen und Asylsuchenden seien in das al-Nasser-Gefangenenlager in der Stadt Zawya, westlich von Tripolis, gebracht worden. Die Gesamtzahl der Personen, die in diesem Monat die Überfahrt versucht haben, beläuft sich auf etwa 1.000.
– Malta hat nun das vierte Tourist*innenboot für die Quarantäne Geflüchteter gechartert. Die Zahl der auf diesen Booten lebenden Menschen ist somit auf 450 gestiegen. Zudem teilte die maltesische Regierung am Samstagabend mit, dass die maltesische Justiz das Ermittlunsgverfahren gegen Maltas Regierungschef Robert Abela eingestellt habe. Es gebe „keinerlei Beweise“, dass er und die Besatzung eines Patrouillenbootes für den Tod von mindestens fünf Menschen verantwortlich seien, die versuchten, über das Mittlemeer zu flüchten (mehr Infos zum Fall gibt es hier: https://antira.org/2020/04/27/antira-wochenschau-ein-angeklagter-premier-auf-malta-fuenf-polizeimorde-in-frankreich-780-franken-rassistische-lohndiskriminierung-in-der-schweiz/). Dass die Vorwürfe fallen gelassen wurden und Seenotrettung weiter kriminalisiert wird, ist nur ein weiteres Beispiel für die menschenverachtende Abschottungspolitik Europas. 
https://www.facebook.com/MareLiberumOfficial/posts/635491837179723
https://www.facebook.com/watchthemed.alarmphone/posts/267155598645196

https://www1.wdr.de/daserste/monitor/sendungen/seenotrettung-corona-100.html
https://www.middleeasteye.net/news/migrant-boat-capsizes-tunisia-coast-leaves-one-dead-and-six-missing
https://www.aljazeera.com/news/2020/05/libyan-coastguard-detains-hundreds-migrants-200525191125794.html
https://www.facebook.com/SOSMEDITERRANEE/posts/2985077504932871
https://www.irishtimes.com/news/world/africa/migrant-39-who-failed-to-reach-europe-dies-in-libyan-detention-centre-1.4262356
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-05/migration-fluechtlinge-sizilien-mittelmeer-italien
https://timesofmalta.com/articles/view/malta-commissions-fourth-tourist-boat-as-425-migrants-held-offshore.794873?fbclid=IwAR1wCuow9LD7LNEjRCuKSztaSW6CbHyKuyYYaBoiatwMUJJlWQ-8WWawrMU

Corona-Verschwörungstheorien dienen als Grundlage für den Aufruf zu Gewalt gegenüber Jüd*innen
Tobias Steiger war einst SVP-Sektionspräsident Dornach, dann erfolgloser Mitbegründer von Pegida Schweiz, seit einiger Zeit Sektionsvorsitzender der PNOS-Sektion Beider Basel. Er hat mit seinen Aussagen zur Zwangssterilisierung von Jüd*innen die antisemitischen Gewaltfantasien auf ein neues Niveau gehoben. Bereits vor Corona und verstärkt seit dessen Ausbruch grassieren zahlreiche antisemitische Verschwörungstheorien, die auf den bekannten antisemitischen Stereotypen von finanziellen Verflechtungen und geheimen Bestrebungen nach einer Weltregierung aufbauen. Auch auf der Homepage der PNOS erschien Anfang Mai ein Text, der sowohl Bill Gates als auch die Rockefellers und die Rothschilds für die Corona-Krise verantwortlich machte und ihnen einen „Völkervernichtungsplan“ unterstellte. Die Rothschild-Dynastie und die amerikanische Rockefeller-Stiftung würden die Finanzierung eines Chip-Zertifikats für eine Impfkampagne unterstützen, die letztlich der Dezimierung und Sterilisierung der Weltbevölkerung diene. In fast allen antisemitischen Weltverschwörungstheorien wird die Rotschild-Dynastie als vermeintliche Drahtzieherin genannt. Weiter sei Corona «ein Virus der Zionisten», das uns töte und unsere Wirtschaft schwäche.» Steigers antisemitische Tirade endete mit der Aussage, es sei «im Gegenzug bloss gerecht, wenn man die Juden ihrerseits zwangssterlisiere. Wurden bis anhin «lediglich» antisemitische Verschwörungstheorien geteilt, sind wir nun am Punkt angelangt, an dem abgeleitet aus diesen Theorien explizit zu Gewalttaten gegenüber Jüd*innen aufgerufen wird. Am Donnerstag hat Samuel Althof, Betreiber der Fachstelle Extremismus- und Gewaltprävention (Fexx), bei der Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft gegen Steiger und die PNOS eine Strafanzeige eingereicht.
https://www.tachles.ch/artikel/news/strafanzeige-gegen-partei-und-einen-sektionsvorsitzenden

Weiterhin illegale Push-Backs aus Griechenland dokumentiert
Die griechisch-türkische Grenze bleibt ein Politikum. Bis zum 29. Mai wurde das dortige Polizeiaufgebot weiter aufgestockt. Bis zu 500 neue Grenzpolizist*innen aus Nordgriechenland, Thessalien und Athen wurden an die Grenze geschickt. Zudem inspizierte der griechische Minister für sog. „Bürgerschutz“, Michalis Chryssochoidis, am Mittwoch u.a. den Bau des 26 km langen Grenzzauns. Grund dafür könnten anhaltende Drohgebärden des türkischen Präsidenten Erdogan sein. Er hatte Ende Februar vorübergehend die Grenzen zu Griechenland geöffnet, nachdem er jahrelang von der EU Geld erhalten hatte (6 Milliarden Euro), um geflüchtete Menschen an der türkischen Grenze abzufangen. Im Gegenzug hatte er sich einen EU-Beitritt erhofft. Seitdem ihm dies als aussichtslos erscheint, spielen er und der griechische Ministerpräsident Mitsotakis ein brutales und gefährliches Ping Pong-Spiel mit den Körpern von Menschen auf der Flucht. Das Border Violence Monitoring Network (BVMN) berichtete in seinem jüngsten Monatsbericht von mehr als „200 geheimen Ausweisungen“, seit März – ähnlich der vom 30. April von Chios (vgl. antira-Wochenschau vom 25. Mai 2020 https://antira.org/2020/05/25/antira-wochenschau-migrantische-streiks-in-italien-und-deutschland-rassistischer-mob-in-guben-freispruch-in-frankreich/). So z.B. als am 1. April 26 Menschen und am 28. April 22 Menschen von Samos ‚verschwanden’. Sie wurden nie offiziell im Asylsystem registriert und am nächsten Tag von der türkischen Küstenwache in einer Art schwimmendem Zelt aufgefunden. Die Praxis der griechischen Küstenwache, Menschen in schwimmenden Zelten im offenen Meer auszusetzen (vgl. antira-Wochenschau vom 13. April 2020 https://antira.org/2020/04/13/antira-wochenschau-rassistischer-mord-in-celle-staatlicher-aufruf-zum-sterbenlassen-widerstaendige-hungerstreiks-gegen-isolation/), hat also nicht aufgehört und weiterhin System. Es gibt mindestens 6 weitere dokumentierte Fälle in den letzten Monaten. Am 23., 27., 28. und 29. März, sowie am 13. Mai und 15. Mai wurden insgesamt 123 Menschen von der türkischen Küstenwache aus den – eigentlich zur Rettung aus Seenot vorgesehenen – Vorrichtungen geholt. Von der griechischen Küstenwache werden sie in ihr Gegenteil verkehrt. Sie hatten die Rettungsflosse 2017 von der griechischen, auf Rettungsausrüstung spezialisierten Firma LALIZAS gekauft. Mehrere Ministerien der griechischen Regierung scheinen Verträge mit LALIZAS zu haben. Dass Firmen sich bereit erklären, das Asylregime mitzutragen und von ihm zu profitieren, ist Ausdruck des tief rassisitischen kapitalistischen Systems.
https://www.nzz.ch/international/migrationskrise-die-neusten-entwicklungen-ld.1535949
https://www.jungewelt.de/artikel/379209.eu-au%C3%9Fengrenze-gefl%C3%BCchtete-verschwinden.html
https://www.justsecurity.org/70309/tents-at-sea-how-greek-officials-use-rescue-equipment-for-illegal-deportations/

Lieber kostenlose Essenspakete statt staatliche Hilfe
Für Menschen ohne Schweizer Pass kann die Corona-Krise Folgen für ihre Aufenthaltsbewilligung oder Einbürgerung haben. In Bern beispielsweise wird nur eingebürgert, wer in den vergangenen zehn Jahren bezogene Sozialhilfegelder komplett zurückgezahlt hat. Eine Rückzahlung kann Jahre dauern, umso länger in der aktuellen wirtschaftlichen Situation. Auch Migrant*innen mit Aufenthaltsbewilligung oder Niederlassungsbewilligung können betroffen sein. Sind sie bei Ablauf ihres Ausweises sozialhilfeabhängig, kann ihr Status zurückgestuft (bei C-Bewilligung) oder die Bewilligung nicht mehr verlängert werden (bei B-Bewilligung). Obwohl immer wieder gefordert, konnte sich das SEM nicht dazu durchringen, während Corona bezogene Sozialhilfegelder nicht zu berücksichtigen. Es spricht lediglich eine Empfehlung an die Kantone aus, sich bei während Corona bezogenen Geldern kulant zu verhalten. Was das genau heissen soll, können die Kantone selbst entscheiden und reicht offensichtlich nicht aus, um den Betroffenen die Angst vor dem Gang zum Sozialamt zu nehmen. Die Folgen davon zeigen sich jetzt beispielsweise in Bern. Aus Angst, dass sie ihren Aufenthalt verlieren oder nicht eingebürgert werden, gehen viele Menschen mit Migrationsgeschichte, die sich seit Corona in prekären finanziellen Verhältnissen befinden, lieber zu kostenlosen Essensabgabestellen auf der Strasse, statt sich bei der Sozialhilfe zu melden. Grund für die Angst ist wohl auch die jahrelange repressive Praxis gegenübder Migrant*innen in der Sozialhilfe. Wenn diese in den vergangenen Jahren als Working Poor Ergänzungsleistungen beantragten, oder wenn sie wegen eines Jobverlusts auf Sozialhilfe angewiesen waren, haben die Behörden das Gesetz oft mit aller Härte angewandt und den Betroffenen kurzerhand das Aufenthaltsrecht entzogen. Selbst Arbeiter*innen, die vor Jahrzehnten als Saisonniers in die Schweiz gekommen waren und kurz vor der Pensionierung ihre Stelle verloren, mussten das Land verlassen.
https://www.derbund.ch/sie-gehen-lieber-auf-die-gasse-als-aufs-sozialamt-373483578461

Schweizer Special Forces Einheiten und ihre Verbindung zu rechten Strukturen

Bild: Sondereinheit Basilisk der Polizei Basel-Stadt

Die Schweizer Sondereinheiten der Polizei mit den schönen Namen Tigris (Fedpol), Skorpion (Stadt Zürich), Basilisk (Basel-Stadt), Luchs (Innerschweiz) und Diamant (Kanton Zürich), schickten in den Jahren 2014 bis 2018 Beamt*innen nach Güstrow, Mecklenburg-Vorpommern, um Schiessübungen mit anderen sog. Elite-Einheiten durchzuführen. Ein ziviler Veranstalter, Frank T. organisierte den Special Forces Workshop gemeinsam mit dem Landeskriminalamt Mecklenburg-Vorpommern. Auch die Rüstungsindustrie aus der Schweiz war involviert – so u.a. die Ruag und die Thuner Waffenfirma B & T – und stellte Ausrüstung und Munition zur Verfügung. 2019 wurde Frank T’s Mitgliedschaft in der Chatgruppe von Nordkreuz entdeckt. Eine ca. dreissigköpfige rechtsextreme Preppergruppe, die Verbindungen zu Sondereinsatzkommandos in Deutschland aufweist. Frank T. hatte ihnen Waffen und Munition verkauft, sowie Schiesstraining und Ratschläge gegeben. Einen rechten Hintergrund will er nicht bemerkt haben. Bei Hausdurchsuchungen von Nordkreuz-Gründer Marko G. wurden mehr als zwei Dutzend Waffen und über 55’000 Schuss Munition entdeckt. Eine hohe Anzahl der beschlagnahmten Munition wurden auf Polizei- und Bundeswehrbestände zurückgeführt. Etliche stammen aus Dienststellen, die in den letzten Jahren an den Special Forces Workshops teilnahmen. Die Verstrickung vom Polizeiapparat mit rechtsextremen Strukturen ist kein Einzelfall und lange bekannt. https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/heikles-training-der-basler-polizei-sondereinheit-organisator-hatte-kontakt-zu-teils-rechtsextremer-gruppe-137937369
https://www.woz.ch/2021/sondereinsatzgruppen/ruag-munition-bei-den-preppern

Geflüchtete werden im Asylcamp Traiskirchen eingesperrt
Zum zweiten mal werden die über 400 Menschen aus dem Asyllager Traiskirchen (Österreich) unter Quarantäne gesetzt. Sie dürfen das Lager nicht verlassen und die Zimmer nur zum Essen holen. Ansonsten drohen mehrere tausend Franken Busse (mehr Infos zur ersten Quarantäne in Traiskirchen gibt es hier: https://antira.org/2020/05/04/antira-wochenschau-rassistische-grenzoeffnung-fuer-wenige-statt-fuer-alle-staatliche-pushbacks-mit-privaten-fischerbooten-auf-streife-mit-nazis/) Während überall weitgehende Lockerungen der Corona-Massnahmen stattfinden, sind es die Menschen in den Asyllagern, denen immer noch ein hartes Corona-Regime auferlegt wird. Auch im Lager auf Moria gelten Ausgangssperre und faktische Inhaftierung, während sich die Menschen ausseralb der Lager wieder unter „Normalbedingungen“ bewegen können (vgl. antira-Wochenschau von 18. Mai 2020: https://antira.org/2020/05/18/antira-wochenschau-securitas-gewalt-im-bundesasyllager-juedinnen-liste-wegen-polizei-migrantinnen-streik-gegen-spargelhof-ritter/). Dass es genau in den Asyllagern noch solche repressiven Massnahmen gibt, erstaunt nicht. Einerseits gab es keinerlei Bemühungen, die Menschen in den Asylcamps tatsächlich vor einer Ansteckung zu schützen, weshalb es jetzt immer noch relativ viele Fälle von Neuansteckungen gibt. Zweitens lassen sich aufgrund von rassistischen Strukturen und der Kriminalisierung von Geflüchteten oft sehr weitreichende und einschränkenden Massnahmen gegenüber diesen durchsetzen, ohne diese rechtfertigen oder erkären zu müssen.
https://www.derstandard.at/story/2000117670849/zweiter-corona-lockdown-im-asylzentrum-traiskirchen

Köpfe der Woche Roland Schöni, Adrian Spahr, Nils Fiechter

Bild: Nils Fiechter und Adrian Spahr

Dass die SVP einen besonderen Hang zu offenem Rassismus und rechter Hetze hat, ist allgemein bekannt. Diese Woche gab es gleich zwei Verurteilungen von SVP-Politikern wegen Verstosses gegen die Rassismusstrafnorm. So wurde der Arboner SVP-Fraktionsvorsitzende Roland Schöni in zweiter Instanz wegen antiziganistischer Äusserungen im St. Galler Tagblatt verurteilt. Gleichermassen die beiden Co-Präsidenten der jungen SVP Adrian Spar und Nils Fiechter, die 2018 eine antiziganistische Karikatur auf ihrer Facebook-Seite teilten. Alle drei zeigen sich uneinsichtig gegenüber dem Rassismus-Vorwurf. Sie fühlen sich missverstanden, pochen auf die gute, alte Meinungsfreiheit und hetzen munter weiter. Dafür hat sich das Trio Infernale doch einen Platz als Köpfe der Woche verdient.

https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/frauenfeld/ganze-gruppe-wird-diffamiert-und-herabgewuerdigt-obergericht-thurgau-verurteilt-svp-fraktionspraesident-erneut-wegen-rassismus-gegen-roma-und-sinti-ld.1223397
https://www.gfbv.ch/de/medien/medienmitteilungen/svp-fraktionspraesident-verurteilt
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/kreuzlingen/der-arboner-svp-politiker-roland-schoeni-will-die-verurteilung-wegen-rassismus-nicht-akzeptieren-und-gelangt-ans-bundesgericht-ld.1223524
https://www.mittellaendische.ch/breaking-news/trotz-mehrfacher-verurteilung-hetzt-polizist-adrian-spahr-munter-weiter/


Was nun?

Neonazigruppe im Raum Winterthur mit breiter Vernetzung

In Winterthur und Umgebung tritt seit einiger Zeit die Neonazigruppe «Nationalistische Jugend Schweiz», kurz NJS, in Erscheinung. Die Gruppe von ca. 12 Neonazis fällt durch Aktionen gegen linke Projekte sowie Nazi- und Terrorpropaganda in sozialen Medien auf. Besetzungen und andere Freiräume in Winterthur wurden gezielt angegriffen. Es existieren Verbindungen zur Eisenjugend sowie zur Nationalen Aktionsfront (NAF) in Schwyz. Die Eisenjugend trat in Winterthur und Zürich erstmals im Februar durch die Verbreiten antisemitischer Kleber auf. Die Eisenjugend wiederum hat Verbindung zu «Stallhaus Schweiz» (SS). Zudem wurde ein Mitglied im Jahr 2018 bei der PNOS Demonstration in Basel gesichtet. Während die NJS gut vernetzt mit Neonazis in Deutschland ist, pflegt die Eisenjugend vor allem Kontakte in die USA.
Antifaschist*innen reagierten nun mit einem Hausbesuch bei einem der führenden Köpfe der NJS. Sollte sich die Gruppierung nicht sofort auflösen, werden Identitäten der Mitglieder veröffentlicht. Der Angesprochene deaktivierte daraufhin diverse Profile in sozialen Medien.
https://barrikade.info/article/3563
https://www.derbund.ch/die-neonazis-von-winterthur-287205143505


Wo gabs Widerstand?

Solidaritätsaktion vor der US-Botschaft
In Bern fand vor der US-Botschaft eine Aktion von BIPoC statt. Sie solidarisieren sich mit George Floyd und Tony McDade, welche in den USA von der Polizei getötet wurden. Die Aktion stand auch in Solidarität mit Sandra Bland, Ahmaud Arbery, Breonna Taylor, Mike Ben Peter, Lamine Fatty, Hervé Mandundu, Seibane Wague, Essa Touray, Yankuba Cessay, die ebenfalls ermordet wurden und deren Namen nie vergessen werden sollen. Die Aktion reiht sich ein in den breiten entschiedenen Protest von Menschen, die derzeit gegen rassistische Polizeimorde demonstrieren und dabei selbst von der Polizei und der Staatsgewalt bedroht werden. Auch in Bern antwortete die Polizei mit Repression: „Personen wurden eingekesselt, vom Platz gewiesen und zwei Person wurden eine halbe Stunde lang nicht gehen gelassen. Cops in der Schweiz sind Träger*innen des strukturellen rassistischen Systems. Dies zeigt sich ständig in rassistischen Kontrollen, Gewalt gegen BIPoC, das Ausführen von Ausschaffungen, Asylcamps, Gefängnissen, Grenzkontrollen“ heisst es im Communiqué zur Aktion.
https://barrikade.info/article/3566

Aktionen gegen die Securitas Gewalt im Bundesasyllager Bässlergut
Seit der umfangreichen Broschüre zur Gewalt der Securitas-Angestellten gegen geflüchtete Migrant*innen im Bundesasylcamp Bässlergut kam es zu verschiedenen direkten Aktionen. Widerständige Zusammenhänge demonstrierten, kleisterten, sprayten, führten einen Farbangriff durch und zündeten eine Securitas-Jailtrain-Haltestelle an (mehr Infos dazu finden sich auf barrikade.info). Die Demokratischen Juristinnen und Juristen Basel haben zudem Strafanzeige eingereicht und schliesslich ist dank solidarischer Kritik eine Diskussion darüber entbrannt, wie verhindert oder vermindert werden kann, dass rassistische Verhältnisse – Privilegien und Diskriminierungen – die die Gesellschaft durchziehen, durch gewisse Formen und Strukturen des antirassistischen Widerstands erneut reproduziert werden. Falls Bedarf besteht, würde sich antira.org freuen, für Beiträgen zu dieser Frage einen viralen Raum zu öffnen.
https://barrikade.info/article/3552
https://www.bzbasel.ch/basel/strafanzeige-eingereicht-juristen-fordern-untersuchung-der-faelle-im-baesslergut-13794318

Geflüchtete Migrant*innen reichen Strafanzeige gegen Mario Fehr ein
Im Kanton Zürich haben geflüchtete Migrant*innen, die während Corona schutzlos in Nothilfe-Camps isoliert waren, zusammen mit den Demokratischen Jurist_innen der Schweiz (DJS) und der NGO Solidarité sans frontières (Sosf) eine Strafanzeige eingereicht. Diese richtet sich gegen die Verantwortlichen rsp. gegen Sicherheitsdirektor Mario Fehr, Andrea Lübberstedt, Chefin des kantonalen Sozialamts, Asylkoordinatorin Esther Gasser Pfulg sowie gegen den CEO und zwei Mitglieder der Geschäftsleitung der Firma ORS. Laut Sosf „wird ihnen vorgeworfen, ihre Schutz- und Handlungspflicht, die Empfehlungen des Bundes zur Eindämmung der Corona-Pandemie, in den Nothilfeunterkünften nicht oder nur ungenügend befolgt und dabei verschiedene Bestimmungen des Strafgesetzbuches und der COVID-19-Verordnung verletzt zu haben. Angezeigt wird die Aussetzung (Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit), Körperverletzung durch Unterlassen, Nötigung und eine Verletzung des Epidemiengesetzes“.
https://wir-klagen-an.ch/de


Was steht an?

Aktionstag „Realitäten aus dem Asylregime sicht- und hörbar machen!“
Am 7. Juni wollen wir die Stimmen von Menschen, die in Asylcamps isoliert werden, auf die Strassen tragen.
7. Juni 2020 | 11.00 – 16.00 Uhr | Parkplatz beim Marzilibadeingang | Bern | nur wenn es nicht regent
11.00 bis 13.00: Dezentrale Aktionen in den verschiedenen Quartieren
14.00: Grosse gemeinsame Aktion, Besammlung wiederum beim Marzilibadeingang
https://barrikade.info/article/3557
Bild: https://barrikade.info/article/3557

6. Fachtagung zum Polizeirecht
Filmen während Polizeieinsätzen im öffentlichen Raum
Donnerstag, 26. November 2020, 13.45–18.15 Uhr, Eventfabrik Bern, Fabrikstrasse 12, Bern
Handyvideos von Polizeiaktionen im Internet, Kameraaufnahmen durch die Polizei bei Kundgebungen und Sportveranstaltungen, der Ruf nach Bodycams für Polizistinnen bei polizeilichen Personenkontrollen, öffentliche Internetpranger, Drohneneinsätze oder Anzeigen gegen filmende Personen wegen Hinderung einer Amtshandlung: Das Filmen bei Polizeieinsätzen im öffentlichen Raum schlägt immer wieder hohe Wellen, und zwar auf allen Seiten.Vor diesem Hintergrund möchte die Tagung des SKMR aufzeigen, welche verfassungs-, verwaltungs- und polizeirechtlichen Grundlagen und welche straf- und datenschutz­rechtlichen Rahmenbedingungen beim Filmen anlässlich von Polizeieinsätzen im öffentlichen Raum zu beachten sind.
https://www.skmr.ch/de/themenbereiche/justiz/artikel/fachtagung-polizeirecht-filmen-polizeieinsaetze.html?zur=2


Lesens -/Hörens -/Sehenswert

«Du meinst wohl, wir sind hier in einem Hotel»
In den neuen Bundesasylzentren wird systematisch Gewalt gegen Geflüchtete ausgeübt. Betroffene in Embrach berichten.
https://papierlosezeitung.ch/de/artikel/du-meinst-wohl-wir-sind-hier-in-einem-hotel

«Namen statt Nummern» – RaBe-Info
Vor der europäischen Haustüre spielt sich eine menschliche Tragödie ab, denn seit 2001 sind rund 30’000 Menschen auf der Flucht kläglich im Mittelmeer ertrunken. Oftmals werden diese toten Geflüchteten nicht identifiziert, sondern namenlos begraben; ihre Verwandten erfahren nie, was mit ihren Liebsten geschehen ist.
https://rabe.ch/2020/05/25/neue-allianz-der-gewerkschaften/

Video: Rabiat: Rechte. Rock. Rattenfänger
Warum lassen sich Menschen durch Rockmusik mit rechtsextremem und neonazistischem Gedankengut verführen? Maximilian gehörte zu ihnen und meldete einst selbst rechte Demos an – heute schaut er auf seine Zeit in dieser Welt zurück. Bilder und Interviews auch vom Schild und Schwert Festival in Ostritz 2019.
https://www.daserste.de/information/reportage-dokumentation/rabiat/videos/rechte-rock-rattenfaenger-video-102.html

„Wo hast du deinen exotischen Teint her?“
Ein persönlicher Bericht über Rassismuserfahrungen am Arbeitsplatz und keine Lust, als Gesicht für Diversität herzuhalten.
https://www.zeit.de/arbeit/2017-10/diskriminierung-arbeitsplatz-rassismus-hautfarbe?utm_campaign=ref&utm_source=twitter_zonaudev_int&utm_content=zeitde_redpost+_link_sf&utm_medium=sm&wt_zmc=sm.int.zonaudev.twitter.ref.zeitde.redpost.link.sf

«Das Schweizer Gesetz macht mich zum Illegalen»
K. lebt seit 17 Jahren ohne Bewilligung in der Schweiz. Ein Gespräch über das Leben als Sans-Papiers
https://papierlosezeitung.ch/de/artikel/das-schweizer-gesetz-macht-mich-zum-illegalen

Der tägliche Blick ins Camp Moria
Camp Moria, Insel Lesbos, Griechenland: Hier leben über 19.000 Menschen, darunter viele Kinder und unbegleitete Jugendliche, unter miserablen Bedingungen, in einem Lager das für gerade mal 3000 ausgelegt ist. Zusammengepfercht von einer EU-Politik, die Migration verhindern will, vor allem aber die Ankunft von Flüchtenden in den Kernstaaten wie Deutschland und Frankreich. Der Moria Monitor bietet euch täglich Live-Berichterstattung direkt aus dem Camp – als Fundament für die immer lauter werdende Forderung nach der sofortigen Evakuierung und Landesaufnahmeprogrammen! #LeaveNoOneBehind!
https://moria.sea-watch.org/

Häusliche Gewalt und Härtefallpraxis
Das Aufenthaltsrecht von Migrant*innen, die über Familiennachzug in die Schweiz kommen, ist an den Zivilstand gebunden. Trotz häuslicher Gewalt bleiben Betroffene manchmal in bestehenden Beziehungen – aus Angst, ihr Aufenthaltsrecht zu verlieren.
https://papierlosezeitung.ch/de/artikel/haeusliche-gewalt-und-haertefallpraxis

Covid-19, Klassengesellschaft und anarchistische Selbstreflexion
Wie kämpfen? Diese grosse Frage bringt die Corona-Krise mit neuer Dringlichkeit aufs Parkett. M. Lautrèamont hat sich dazu grundsätzliche Gedanken gemacht und unterzieht einige aktuelle Erscheinungen des Linksradikalismus der Kritik.
https://www.ajourmag.ch/covid-19-klassengesellschaft-und-anarchistische-selbstreflexion/