SEM stoppt Abschiebungen, Bundesrat will Testzwang, NDB überwacht Solidarité Sans Frontières

Litauische Sicherheitskräfte in einem Flüchtlingscamp in der Nähe der litauischen Hauptstadt Vilnius
Litauische Sicherheitskräfte in einem Flüchtlingscamp in der Nähe der litauischen Hauptstadt Vilnius.
Themen
  • SEM stoppt Abschiebungen nach Afghanistan
  • Bundesrat-Beschluss: mit Corona-Testzwang Ausschaffungshürden beseitigen
  • Police the Police: Geheimdienst überwacht Solidarité Sans Frontières
  • Update Grenze Belarus-Litauen: Der Wahnsinn geht weiter
  • Die Taliban erobern Afghanistan, was nun?
  • Protest in und vor dem Bundesayllager Basel
  • Demonstrationen für Seenotrettung

Printversion Antira Wochenschau 16.08.21

Was ist neu?

SEM stoppt Abschiebungen nach Afghanistan

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat am 3. August 2021 in letzter Minute einen Sonderflug von Österreich nach Afghanistan gestoppt. Den Abgeschoben drohen in Afghanistan „nicht wiedergutzumachende Menschenrechtsverletzungen“, sagt der EGMR. Nun setzt auch das SEM die Abschiebungen nach Afghanistan aus. Wie lange, lässt die Behörde offen.

Bis zum EGMR-Entscheid behauptete das SEM, dass Abschiebungen nach Afghanistan kein Problem seien, wenn die abgeschobenen Menschen in den Städten Masar-I-Sharif, Kabul oder Herat Familie oder Bekannte haben. Diese Meinung war menschenfeindlich und falsch. Abgewiesene Asylsuchende aus Afghanistan waren von dieser Drohung täglich gestresst und verängstigt. Dieses Jahr erhielt nur jede siebte Person, der sowohl die Flucht wie auch die lange, gefährliche Reise – über Iran, Türkei, Griechenland, Balkanroute und einzelne EU-Staaten – bis in die Schweiz gelang, vom SEM Asyl. 86 Prozent der Asylsuchenden aus Afghanistan erhielten einen Negativentscheid. Zwei Drittel werden vorläufig aufgenommen (Ausweis F) und müssen die Schweiz verlassen, sobald das SEM der Meinung ist, die Lage in Afghanistan habe sich stabilisiert. Ein Drittel will das SEM heute schon abschieben.

https://www.srf.ch/news/schweiz/verschlechterung-der-lage-schweiz-stoppt-doch-noch-rueckfuehrungen-nach-afghanistan
https://deserteursberatung.at/index.php/2021/08/03/der-europaeische-gerichtshof-fuer-menschenrechte-egmr-stoppt-abschiebung-nach-afghanistan/
https://www.republik.ch/2021/07/22/wieso-die-schweiz-das-gefaehrlichste-land-der-welt-fuer-sicher-erklaert

Schon lange wird in vielen europäischen Ländern ein Abschiebestopp nach Afghanistan gefordert.(Symbolbild)
Schon lange wird in vielen europäischen Ländern ein Abschiebestopp nach Afghanistan gefordert.(Symbolbild)

Was geht ab beim Staat?

Bundesrat-Beschluss: mit Corona-Testzwang Ausschaffungshürden beseitigen
Der Bundesrat hat entschieden: künftig können Personen, welche ausgeschafft werden sollen, zu einem Covid-19-Test gezwungen werden.
 
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 11. August 2021 die entsprechende Botschaft zur Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes (AIG) verabschiedet. Nun muss das Parlament noch darüber entscheiden. Wird die neue Regelung angenommen, bleibt sie bis Ende 2022 bestehen.
Hintergrund dieses Entschlusses ist die Weigerung vieler Herkunftsländer und auch von Staaten des Schengen-Raums, geflüchtete Personen ohne Negativresultat zurückzunehmen, wie die Wochenschau berichtete (antira.org/2021/07/06). Auch Fluggesellschaften setzen ein solches voraus.
Die Argumente des Bundesrates in seiner Medienmitteilung: Bei einer Verzögerung der Ausschaffung entstünden «erhebliche Mehrausgaben im Bereich der Nothilfe und der Administrativhaft», und ein rasches Handeln sei notwendig, um «die Glaubwürdigkeit und Akzeptanz der schweizerischen Asylpolitik zu gewährleisten».
 
Ausschaffungen stellen an sich schon einen Zwang dar. Bei der Einführung zusätzlicher Zwangsmassnehmen wie die Durchführung eines Covid-19-Tests, sollte der Bundesrat in seiner Medienmitteilung ehrlicherweise schreiben: «Wir treten einmal mehr nach unten.»
 
Police the Police: Geheimdienst überwacht Solidarité Sans Frontières
Die Organisation Solidarité sans frontières (SosF) setzt sich für Menschenrechte im Asyl- und Migrationsbereich und gegen Rassismus ein. Auf Anfrage beim Nachrichtendienst des Bundes (NDB) erfahren sie, dass sich SosF seit 15 Jahren auf dem Radar des NDB befindet.
 
Mindestens 77 Einträge führt der NDB über SosF. Zwischen 2006 und 2019 füllten die Einträge bereits 18 Seiten auf verschiedenen Datenbanken des NDB: Elektronische Lagedarstellung (ELD), GEVER NDB (dem System zur Geschäftsbearbeitung und -kontrolle, das sowohl «administrative» als auch «nachrichtendienstliche» Daten enthält), IASA NDB (dem «Integralen Analysesystem» des Dienstes) sowie IASA-GEX NDB (seinem «Integralen Analysesystem» zum «Gewaltextremismus»). Es sind Einträge über die Solidarität mit Dursun Güner, einem in der Schweiz anerkannten politischen Flüchtling. Über eine Mahnwache nach dem Tod von Joseph Chiakwa, der bei seiner Ausschaffung gestorben war. Über die Demo «Freiheit, Gleichheit, Würde für mich und dich». Über mitunterzeichnete Solidaritätserklärungen für die Aktivistin Nekane Txapartegi.
 
Es können durchaus auch noch viel mehr Einträge sein. Denn die Auskunft darüber, ob weitere Informationen über SosF enthalten sind, könne auch aufgeschoben werden, wenn «Geheimhaltungsinteressen» nach Art. 63 des Nachrichtendienstgesetzes (NDG) überwiegenden . Also quasi immer.
Das Fazit von SosF: „Der Geheimdienst bespitzelt die politischen Gegner*innen – und die stehen im Allgemeinen links. Dabei ist ihm offensichtlich vollkommen egal, ob Aktionen legal und gewaltfrei waren und die Fichierung damit illegal“. antira.org lädt ein mehr solche Gesuche um Einsicht in die Staatsschutzakten des NDB an den Geheimdienst zu richten. Police the police ist nicht alles, doch wohl nicht verkehrt. Die Infos die der NDB abgibt, sagt etwas über das Feld, indem er sich nicht schämt über seine Aktivität zu berichten und keine Kritik scheut. Der Fall SosF zeigt, dass dieses Feld derzeit sehr gross ist, denn SosF ist physisch bisher nicht besonders gewaltbereit und sieht sich selbst nicht als systemgefährdend an. Vermutlich deshalb wird SosF auch von der institutionellen Politik und Behörden als legitimer Partner anerkannt. Trotzdem scheint der NDB es als relevante potentielle Gefahr für den Staat einzustufen, wenn ein Verein versucht, öffentlich und kritisch darauf hinzuweisen, dass der Staat ein repressiver Apparat ist, der die Menschrechte von Rassismusbetroffenen mit System umbuchstabiert.

Was ist aufgefallen?

 
Update Grenze Belarus-Litauen: Der Wahnsinn geht weiter

Litauen setzt an der Grenze die Armee ein und Lettland hat den Notstand ausgerufen. Beide Länder drängen Asylsuchende mit Gewalt zurück. Der Irak fliegt erste abgewiesene Migrant*innen aus Belarus zurück.

Ein Reporter*innen-Team des Online-Newsportals InfoMigrants ist mittlerweile an der Grenze zwischen Belarus und Litauen vor Ort und konnte mit Migrant*innen im Camp Rudninkai Kontakt aufnehmen. Die meisten stammen aus dem Irak, weitere aus Syrien, Afghanistan und einigen nordafrikanischen Ländern. Rund 800 Menschen sind bereits eingetroffen. Diese beschreiben die Zustände im Lager als schwierig. Sanitäre Anlagen und die Gesundheitsversorgung seien mangelhaft. Seit Wochen werden sie ohne Handys, Geld und Papiere festgehalten.

Litauen rüstet seine Grenze zu Belarus unterdessen mit Stacheldraht auf und hat dem Militär weitere Befugnisse erteilt. Und dies, obwohl seit mehreren Tagen fast keine Menschen die Grenze mehr zu passieren versuchen. tagesschau.de zitiert dazu Zydrunas Vaikasas, Chef der Grenzwache in Poskonys: «Seit dem 3. August machen wir, was die Innenministerin uns gesagt hat: Wenn illegale Migranten Litauen und damit die EU betreten, dann warnen wir sie zuerst, dass das nicht legal ist. Wenn sie es dann weiterhin versuchen, dann sollen wir die Männer körperlich zurückdrängen. Ich betone jedoch, nur die Männer.» Der gewalttätigen Abwehr wird also eine humane Note verliehen, da es ja «nur» Männer trifft. Dabei wagen sich Frauen mit Kindern nach den Geschehnissen der letzten Wochen ohnehin kaum mehr an einen Versuch, die Grenze zu übertreten.

Ausserdem gibt es neu eine Intensiv-Schulung, deren Absolvent*innen bereits nach vier Wochen im Grenzschutz arbeiten können. Bisher dauerte diese Ausbildung mindestens zwei Jahre. In einem politisch aufgeheizten Klima, in dem das Militär zur Grenzsicherung aufgeboten wird, es bereits einen Todesfall gab (die Wochenschau berichtete letzte Woche, antira.org/2021/08/09) und der Grenzschutz angewiesen wird, Migrant*innen mit physischer Gewalt zurückzudrängen, sollen also Menschen nach einem vierwöchigen Crashkurs die Festung Europa verteidigen. Abgesehen davon, dass Grenzen generell verschwinden sollen, darf so eine heikle Aufgabe wie der Grenzschutz sicher nicht von Menschen ausgeführt werden, welche keinerlei Erfahrung und ausreichende Schulung mitbringen. Solche Kurzschluss-Reaktionen haben bisher fast immer katastrophal geendet.

In Brüssel kommt nun auch Bewegung in die Sache. Die EU will Litauen mit Nofallhilfen in Höhe von 36.7 Millionen Euro aus dem Fonds für Asyl, Migration und Integration unterstützen. «Das Geld dürfe allerdings nicht für den Bau des Grenzzauns eingesetzt werden, so die Behörde, sondern sei für Aufnahmeeinrichtungen, medizinische Versorgung, Corona-Quarantäneräume sowie Kleidung und Essen gedacht. Zudem diene das Geld der Finanzierung spezieller Teams, um mögliche Opfer von Menschenhandel zu identifizieren und Schutzbedürftigen zu helfen», schreibt tagesschau.de. Immerhin scheint einigen Politiker*innen klar geworden zu sein, dass eine Militarisierung der Grenze keine Lösung ist. Doch eine unkomplizierte Aufnahme der Migrant*innen aus den Camps durch die reichen westlichen EU-Länder ist weiterhin nicht in Sicht. Fast schon hilflos-tragisch liest sich die Zeile betreffend Menschenhandel. Ja, dieser ist ein Problem und kein Mensch soll Opfer von Menschenhändler*innen werden. Doch hier werden Menschen gezielt und offensichtlich als Druckmittel der Staatspolitik eingesetzt. Anstatt die Ursachen zu bekämpfen, übt sich die EU aber wieder einmal mit Pflästerchenpolitik.

Die irakische Regierung hat mittlerweile begonnen, irakische Staatsbürger*innen, welche von Litauen nach Belarus zurückgedrängt wurden, von Minsk aus in den Irak zurückzufliegen. Diese waren in den letzten Wochen mit Touristenvisas ausgestattet den umgekehrten Weg gegangen, in der Hoffnung die Grenze in die EU passieren und dort ein Asylgesuch stellen zu können. Die schnelle Rückkehr zeigt, dass die Menschen bloss Spielball der Politik waren und sind. Lukaschenkos Regime ist keineswegs bereit, Migrant*innen, welche sie zuvor selber mit Touristenvisas ausgestattetet hatte, dauerhaft aufzunehmen.

Litauens nördliches Nachbarland Lettland hat Anfang letzter Woche wegen illegaler Grenzübertritte aus Belarus für mehrere Regionen den Notstand ausgerufen. Dieser gilt bis mindestens 10. November. Der Grenzschutz wurde ermächtigt, illegal eingereiste Migrant*innen notfalls mit physischer Gewalt nach Belarus zurückzuschicken. Ausserdem sind Grenzbeamt*innen während dieser Zeit nicht mehr verpflichtet, Asylanträge anzunehmen. Das Grundrecht auf Asyl wird damit ausser Kraft gesetzt. Und auch hier stellen die Weisungen eine klar Aufforderung zu Pushbacks dar. Auch in Lettland erhält der Grenzschutz dabei Unterstützung durch das Militär. Diese Massnahmen sind eine totale Überreaktion. Laut der Agentur BNS sind innert vier Tagen 283 Menschen wegen illegalen Grenzübertrittes festgenommen worden. Das sind für Lettland zwar vergleichsweise hohe Zahlen, rechtfertigt aber in keinster Weise die Aufhebung des Rechts auf Asyl.

Illegale Grenzübertritte sollen also mit illegalen Methoden bekämpft werden. Dabei stellt sich wie so oft im Kontext von Migration und Asyl die Frage, wer überhaupt bestimmen und durchsetzen darf, was legal und illegal ist. Belarus, die betroffenden EU-Staaten, die EU und die Medien reden konsequent von «illegalen» Grenzübertritten und «illegaler» Migration. Damit wird eine Abgrenzung zu offenbar akzeptierter «legaler» Migration gezogen. Dass jeder Mensch ein Grundrecht aus Asyl besitzt, wird dabei komplett ausgeblendet. Ebenso, dass Massnahmen erlassen wurden, welche in vergangenen Fällen von den höchsten europäischen Gerichten klar als illegal verurteilt wurden (zum Beispiel die sogenannten Pushbacks.) Doch daran scheint sich niemensch zu stören. Was illegal oder legal ist, unterliegt letztendlich der Deutungshoheit der Machthabenden.

https://www.infomigrants.net/en/post/34211/iraq-flies-280-stranded-migrants-back-from-belarus
https://www.infomigrants.net/en/post/34148/eu-summons-belarus-envoy-over-instrumentalization-of-migrants
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/litauen-grenzzaun-101.html
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/lettland-belarus-101.html
https://www.spiegel.de/ausland/litauen-setzt-armee-an-der-grenze-zu-belarus-ein-a-ec0b396f-bb5b-46c8-a04d-ed6321dd2ec0
https://www.spiegel.de/ausland/belarus-wie-alexander-lukaschenko-schutzsuchende-gezielt-in-die-eu-schleust-a-3a5952cb-0002-0001-0000-000178784949opa/ukraine-schickt-stacheldraht-fur-grenzausbau-nach-litauen-65981206

Migranten warten hinter einem Stacheldrahtzaun im Camp Rudninkai in Litauen.
Migranten warten hinter einem Stacheldrahtzaun im Camp Rudninkai in Litauen.

Was nun?

 
Die Taliban erobern Afghanistan, was nun?

Seit dem Truppenabzug der USA führen die Taliban eine brutale Gewaltoffensive. Sie besetzen bereits fast das gesamte Land, das der Global Peace Index 2020 und 2019 als das gefährlichste Land weltweit einstufte. Solidarisches direktes Handeln ist gefragt.

Bitte teilt uns mit, was das in Praxis bedeuten kann. antira.org schlägt Folgendes vor:

  • Die emanzipativen widerständigen Kräfte und Diskurse in Afghanistan bekanntmachen und unterstützen.
  • Die Flucht aus dem Land und die Zeit auf Fluchtrouten Richtung Zielland vereinfachen und sicher machen.
  • Diskriminierungen in und durch Zielländern – bspw. die offizielle Schweiz – abbauen und verhindern.
  • Widerstand gegen Talibans und Islamismus stärken.
  • Kritisches Wissen über die Verhältnisse in Afghanistan verbreiten und antimuslimische Diabolisierungen anprangern.

Wo gabs Widerstand?

Protest in und vor dem Bundesayllager Basel
Am 9. August wurde die Quarantäne der eingesperrten Bewohner*innen im Bundysasyllager Basel um zehn Tage verlängert. Nachdem (geflüchtete) Aktivist*innen dazu aufgerufen hatten, gab es als Antwort darauf am 10. August prompt eine Soli-Aktion.
 

Viele der Menschen im Lager, sowie rund 20 solidarische Menschen von ausserhalb kamen über die mit Stacheldraht versehene Mauer des Asyllagers hinweg zu einem Protest zusammen. Wütend und in verschiedenen Sprachen forderten sie Freiheit für alle ein: AZADI! LIBERTÉ! Zudem wurden die Forderungen der Bewohner*innen verlesen:

1. Transparente Informationen!
2. Strategieänderung im Umgang mit COVID 19!
3. Verbesserung der Essensversorgung!
4. Verbesserung der Hygienebedingungen!
5. Verbesserung der Situation spezifisch für Frauen, Kinder und Familien!
6. Zugang zu einer sinnvollen gesundheitlichen Versorgung!
7. die Beseitigung von Ungleichheiten, Willkür und Ausbeutung im Arbeitssystem
8. keine Eingangs- oder Ausgangszeiten, weder für die Zimmer noch für das Lager!

Die Bewohner*innen des Lagers haben deutlich kommuniziert, dass es ihnen innerhalb des Lagers unmöglich ist, sich und ihr Umfeld angemessen vor Corona zu schützen. ‚Drei Rosen gegen Grenzen‘ kommentiert auf Twitter, dass es den Betreiber-Organisationen der Lager auch gar nicht darum ginge: „Es geht einzig darum, der nicht in Lager gesperrten Bevölkerung ein Gefühl von Sicherheit vorzugaukeln.“ Die mittlerweile 70 positiv auf Covid-19 getesteten Personen sind auf einem Stockwerk in 8er-Zimmern zusammengepfercht. Eine Person musste unterdessen ins Spital gebracht werden. Auch die übrigen 8er- und 10-Schlafräume sind mit den Menschen in Quarantäne voll belegt. Alleine am letzten Wochenende kam es zu knapp zwanzig Neuansteckungen. Einige Menschen entschieden sich aus Angst vor einer Ansteckung dazu, unter freiem Himmel zu schlafen. Und trotzdem finden nach wie vor Zimmerwechsel und Transfers zwischen den Lagern statt. Auch Neuankünfte gibt es nach wie vor. Sie werden nach einem Corona-Test entweder in den ‚Isolations‘- oder in den Quarantäne-Stock gesteckt.

Diese Zustände müssen ein Ende haben! Schliesst #Camp50! Es braucht Wohnraum für die Menschen, in dem sie in Würde leben und sich tatsächlich vor dem Corona-Virus schützen können!

Die Mainstream-Medien folgen hingegen ihrem herkömmlichen Muster. Sie geben vor allem den leeren Beteuerungen der Sprecher*innen von offiziellen Stellen wie dem Staatssekretariat für Migration (SEM) eine Bühne. Betroffene Personen kommen nicht zu Wort. Und die Aussagen der migrantischen Selbst-Organisationen ROTA werden in Frage gestellt.

Der für das Bundesasyllager zuständige Basler Kantonsarzt Thomas Steffen erdreistete sich zudem noch, einen Vergleich zwischen Bewohner*innen des Asyllagers und „jungen Menschen im Ausgang, in Clubs und Veranstaltungen“ zu ziehen. Schiesslich gäbe es „solche Ausbrüche (…) typischerweise an Orten, wo viele Menschen zusammenkommen.“ Dass Steffen hierbei beiläufig unterschlägt, dass Ausgang, Clubs und Veranstaltungen eine (für privilegierte Menschen) selbstgewählte Freizeitbeschäftigung sind und weder eine dauerhafte Wohnsituation noch eine Zwangsmassnahme, scheint einiges über Steffens Horizont und Einstellung auszusagen.

https://fb.watch/7jLzYtKRZz/
https://twitter.com/3rosen/status/1423155177637429248/photo/1
https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt-und-solothurn-corona-ausbrueche-in-bundesasylzentren-kantone-impfen-und-testen-wenn-bund-ruft-ld.2170633

Protestaktion trotz Betonmauer, Stacheldraht und Überwachungskamera
Protestaktion trotz Betonmauer, Stacheldraht und Überwachungskamera
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Demonstrationen für Seenotrettung
Vergangenes Wochenende demonstrierten unter dem Motto «Seenotrettung ist unverhandelbar» tausende Menschen für sichere Fluchtwege. Auch in der Schweiz fanden Aktionen statt.
 
In Deutschland fanden 15 Kundgebungen mit insgesamt mehreren tausend Teilnehmer*innen statt, unter anderem eine grössere Demonstration in Hamburg. Die Forderungen: sichere Häfen zur Aufnahme von geflüchteten Personen von zivilen Rettungsschiffen, ein Ende der Zusammenarbeit mit der libyschen Küstenwache sowie sichere Fluchtwege nach Europa. Im Aufruf zur Kundgebung in Hamburg stand:  «Die zivilen Seenotrettungsorganisationen füllen seit Jahren eine Lücke, die die EU niemals hätte entstehen lassen dürfen. Die Lücke, die durch fehlende völkerrechtlich gebotene Seenotrettung entsteht, fordert Hunderte Menschenleben jährlich.» In der Schweiz fand vor dem Bundeshaus in Bern eine Aktion der Seebrücke zusammen mit Amnesty Youth Bern statt.
 
Während Personen in Deutschland und der Schweiz für zivile Seenotrettung auf die Strasse gingen, brachten zwei Seenotrettungsschiffe erneut gerettete Geflüchtete an Land: Die Sea-Watch 3 erreichte mit 257 Personen nach tagelangem Warten den Hafen von Trapani. Und die Ocean Viking der Organisation SOS Méditerranée konnte mit 549 geflüchteten Personen in einen Hafen in Sizilien einlaufen.
(s. antira-Wochenschau von letzter Woche)
 
«Allein in diesem Jahr ertranken bereits über 800 Menschen im Mittelmeer. Mehr als 14.000 Menschen wurden völkerrechtswidrig von der sogenannten libyschen Küstenwache zurück nach Libyen gebracht, wo ihnen Folter und schwerste Menschenrechtsverletzungen drohen.»
 
Seenotrettung ist und bleibt unverhandelbar!
 
 
Demonstation in Hamburg für sichere Fluchtwege über das Meer.
Demonstation in Hamburg für sichere Fluchtwege über das Meer.

Was steht an?

Buchvorstellung: „Wir wissen was wir wollen… und was wir tun!“ – Frauenrevolution in Nord- und Ostsyrien
Mehr zum Inhalt des Buches, Flyer und Wegbeschreibung gibts unter https://squ.at/r/8cdw
20.08.2021 – 18:30 Uhr – Kurdischer Kultur- und Integrationsverein, Mythenstrasse 7, Luzern

 

Buchvorstellung: Die modernen Wanderarbeiter*innen – Arbeitsmigrant*innen im Kampf um ihre Rechte
Mehr zum Inhalt des Buches und Flyer gibts unter https://squ.at/r/8bq8
26.08.2021 – 19:00 Uhr – RäZel, Horwerstrasse 14, Luzern

Sponsoringlauf für Solidarität mit geflüchteten Menschen in Luzern

Jetzt Sponsor*innen suchen und anmelden!
Das Anmeldeformular und alles Weitere findest du auf https://solinetzluzern.ch/solilauf
04.09.2021 – Lidowiese, Lidostrasse, Luzern
 
enough. – Aktionstage zu Migrationskämpfen und antirassistischem Widerstand
enough. ist eine Plattform, ein Treffpunkt, eine Bühne, eine Informationsstelle, ein Austauschort. Wir schaffen Raum, um antirassistische Intitativen und den Widerstand gegen das Migrationssystem sichtbar zu machen.
6.-12.09.21 – Zürich

Lesens -/Hörens -/Sehenswert

 
Kein Plan für Afghanistan: auch die Schweiz schickt Menschen zurück in den Bürgerkrieg

 

Die Schweiz will ausschaffen. 176 Personen warten derzeit auf eine Rückführung nach Afghanistan. Trotz der katastrophalen Lage vor Ort halten die Behörden an dem Vorhaben fest. Eine Spurensuche über die Hintergründe. 
 

Gegen alle Fronten: Wie die migrantische Linke gegen Islamismus kämpft – und das seit Jahrzehnten
Geflüchtete, Migrant*innen, kurdische, ezidische und muslimische Menschen tragen oft die Hauptlast im Kampf gegen religiös-begründeten Extremismus. Doch ihr Engagement wird von der Mehrheitsgesellschaft häufig nicht gesehen oder anerkannt.
https://www.br.de/mediathek/podcast/zuendfunk-generator/gegen-alle-fronten-wie-die-migrantische-linke-gegen-islamismus-kaempft-und-das-seit-jahrzehnten/1816439