Abschiebeflug gestoppt, Grenzzaun gestürmt, Häuser besetzt

“Ich danke der Regierung Marokkos für die hervorragende Zusammenarbeit mit den spanischen Sicherheitskräften,” sagt Spaniens Regierungschef Pedro zu den mindestens 27 Toten am Grenzzaun bei Melilla – mit freundlicher Unterstützung der EU.

Wo gabs Widerstand?

31 Menschen sterben am Grenzzaun zu Melilla
Am Freitag versuchten etwa 2’000 Menschen gemeinsam den Grenzzaun nach Melilla zu überwinden. Die spanische Enklave in Marokko ist die südlichste und einmal mehr tödliche Grenze zu Europa. 133 Menschen gelang die Überquerung.


Verstörende Bilder und Videos zeugen von der Gewalt, die sich an diesem Freitag am Grenzzaun zwischen Marokko und Spanien abgespielt hat. Da ist einerseits ein kilometerlanger, 6 Meter hoher, zweireihiger Zaun mit Stacheldraht an den oberen Ende. Davor hunderte Männer, die keine andere Chance haben nach Europa zu gelangen, als diese lebensgefährliche Barriere zu überklettern. Zweimal. Dabei nicht abzustürzen. Und an hunderten Grenzbeamten vorbeizukommen. Das für diese das Leben der Schwarzen Migranten keinen Wert hat, zeigt sich in den Taten, die die Videos festhalten: Es wird geschlagen und getreten, auch auf Menschen, die sich nicht mehr bewegen. Andere bewusst- oder leblose Menschen werden auf Haufen geworfen, als wären sie nur Dinge.

Die marokkanischen Behörden sprechen von 18 Toten aus Subsahara Afrika und 140 verletzten Grenzbeamten. Die marokkanische Vereinigung für Menschenrechte (AMDH) mittlerweile von 31. Die Menschenrechtsorganisation prangert an, dass viele Verletzte stundenlang nicht versorgt wurden (die Verachtung vieler Grenzbeamter ist in den Videos nicht zu übersehen), dass dutzende Männer auf dem Boden zusammengepfercht und eingekesselt wurden, dass die Behörden die Leichen so schnell wie möglich loswerden wollen, ohne ernsthafte Untersuchungen anzustellen oder die Angehörigen zu informieren und einzubeziehen.

Wie menschenverachtend Politiker*innen und viele Medien über diese Eskalation von Polizeigewalt sprechen, lässt daran zweifeln, dass sie an Stelle der Grenzbeamten anders gehandelt hätten. Illegalisierung, selbst gemachte Gesetze und rassistischer Sprachgebrauch scheinen vieles zu rechtfertigen, was man gegenüber Menschen aus Europa wohl nicht mit seinen sogenannten Werten vereinbaren könnte. Während dutzende Menschen ihr Leben verlieren, lächeln die Verantwortlichen stolz in die Kamera.

EGMR stoppt ersten britischen Abschiebeflug nach Ruanda
Drei Stunden vor dem Abflug intervenierte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gegen die ersten Ausschaffungen nach Ruanda. Der Flieger blieb am Boden. Dafür will die britische Regierung Geflüchtete jetzt mit Fussfesseln elektronisch markieren.

Aktivist*innen blockieren die Strasse vor dem Knast, um die Abschiebung nach Ruanda zu verhindern.
Aktivist*innen blockieren die Strasse vor dem Knast, um die Abschiebung nach Ruanda zu verhindern.

Am Dienstag, 14. Juni, sollte der erste Abschiebeflug nach Ruanda stattfinden. Er wurde in letzter Minute vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gestoppt. Zahlreiche Betroffene hatten sich gerichtlich gewehrt, sodass mit diesem Flug noch sieben Menschen abgeschoben worden wären. Keine Sache, betonte die britische Aussenministerin Liz Truss, Hauptsache sei es, der erste Abschiebeflug finde endlich statt und etabliere das Prinzip. Auch dazu kam es nicht, da der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte befand, es bestehe “ein echtes Risiko von irreversiblem Schaden” für die betroffenen Asylsuchenden. Fraglich ist aus gerichtlicher Sicht, ob die abgeschobenen Menschen in Ruanda ein faires Verfahren erwarten könnten und ob das Land als sicher einzustufen sei. Es wird erwartet, dass diese Fragen im Juli abschliessend von britischen Gerichten geklärt werden. Die Auslagerung der Asylverfahren nach Ruanda kommt einer Abschaffung des Asylsrechts in Grossbritannien gleich und soll Menschen abschrecken, überhaupt den Ärmelkanal zu überqueren. Der Widerstand dagegen ist seit Wochen gross. Neben den gerichtlichen Vorstössen äusserten sich weltweit Menschenrechtsgruppen schockiert über das Vorhaben. Zahlreiche betroffene Menschen begaben sich in den Hungerstreik. Es kam zu lautstarken Protesten vor dem Innenministerium und zu Strassenblockaden vor dem Abschiebeknast, in dem einige der betroffenen Menschen festgehalten wurden.

Die britische Regierung, die ziemlich sauer über den Stopp ihres Abschiebeflugs ist, hat wenig erstaunlich direkt die nächste Repression parat. Sie startete am Donnerstag ein Pilotprojekt, dass Asylsuchende zur Überwachung durch elektronische Fussfesseln zwingen soll. Die ersten, die markiert werden, sind wahrscheinlich diejenigen, die erfolgreich gegen ihre Abschiebung durch diesen ersten Flug nach Ruanda geklagt haben. So soll verhindert werden, dass die Menschen untertauchen und sich der Abschiebung entziehen.

 
#WirbleibeninBiel: Das „Obere Ried“ bleibt besetzt

In Solidarität mit den Bewohnenden des Rückkehrcamps Bözingen besetzt das Kollektiv «SoliBiel/Bienne» seit einer Woche das ehemalige Altersheim «Oberes Ried» in Biel. Die Besetzung will zeigen, dass es beispielsweise im «Oberen Ried» Platz hätte, um die Forderung #WirbleibeninBiel umzusetzen.

In der Stadt Biel nimmt die Solidarität unterschiedliche Formen an.
In der Stadt Biel nimmt die Solidarität unterschiedliche Formen an.

Der Bieler Gemeinderat hat sich noch immer nicht zu einer Reaktion durchringen können. Derweilen sagt Philippe Müller, der Sicherheitsdirektor, gegenüber den Medien, die Stadt Biel habe das „Obere Ried“ nicht anbieten wollen. Nächste Woche stehen neue Transfers der abgewiesenen Asylsuchenden an. Nachdem alleinstehende Frauen und Familien mit deutsch eingeschulten Kindern in die Ex-Armen- und Knabenerziehungsanstalt ausserhalb von Enggistein transferiert wurden, werden nun die alleinstehenden Männer in eine Ex-Trinkerheilanstalt ausserhalb von Gampelen isoliert. Am 27. und 29. Juni sind die Transfers geplant. Schliesslich sollen auch die Familien mit französisch eingeschulten Kindern von Biel wegverdrängt werden. Der Kanton Bern schickt sie in die Ex-Psychiatrie nach Bellelay.

Der Kampf zeigt, wie wirkmächtig der strukturelle Rassismus ist. Den von ihm direkt Betroffenen wird die Stimme genommen. Seit Monaten organisieren sie sich, doch weiterhin ist in den Medien nur von Aktivist*innen ausserhalb der Camps als widerständige Personen die Rede. Durch den Druck der Besetzung gelang es nun zwar Aufmerksamkeit zu schaffen. Es berichten WOZ und Co., doch die politischen Verantwortlichen wirken in keinerlei Weise gestresst.

Die Verantwortung für die Menschenleben wird von der Stadt an den Kanton geschoben. Dieser behauptet alles liefe bestens, was einige Medien kommentarlos übernehmen. Dies, obwohl die Transfers gegen die Empfehlungen der Nationalen Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) verstossen. Diese verlangt für Familien Wohnungen in Biel und beurteilt weitere Transfers nach Gampelen als „unzumutbar“. Auf Twitter fasst der zuständige Regierungsrat Müller den Widerstand von #WirbleibeninBiel so zusammen: „Asylaktivisten vom Migrant Solidarity Network, Solinetz und JUSO Schweiz instrumentalisieren Asylbewerber“.

https://migrant-solidarity-network.ch/category/wirbleibeninbiel/
https://www.woz.ch/2225/abgewiesene-asylsuchende/schuetzende-anonymitaet-in-der-stadt
https://twitter.com/SicherheitBern/status/1540656201876344838
https://www.derbund.ch/neues-rueckkehrzentrum-fuer-familien-im-berner-jura-481968171073
http://www.bluewin.ch/de/newsregional/bern/familien-haben-sich-im-rueckkehrzentrum-enggistein-eingelebt-1273402.html

Was ist neu?

Neonazi-Konzert in Rüti (ZH) aufgelöst

Am 18. Juni löste die Polizei ein Konzert der deutschen Blood & Honour Band Oidoxie in einem Pfadiheim bei Rüti auf. Die Waldhütte wurde unter falschen Angaben angemietet. Doch das Gegröle der rund 50 Nazis aus der Schweiz und Deutschland, ihre rechtsextremen Parolen und die laute Musik mit menschenverachtenden Texten fielen Passant*innen auf. Die Schweiz bleibt ein beliebtes Hinterland für Neonazi-Parties.

Im Pfadiheim Rüti hatten die Nazis nicht wie erhofft ihre Ruhe.
Im Pfadiheim Rüti hatten die Nazis nicht wie erhofft ihre Ruhe.

Zuerst versuchten sie es in St. Gallen. Doch dort erfuhr die Polizei vom geplanten Treffen. Laut NZZ telefonierte diese dann „sämtliche Veranstalter ab“ und stiess so auf ein Lokal in Kaltbrunn. Erstmals wurde das veränderte Polizeigesetz angewendet. Seitdem 2016 5’000 Neonazis in einer Tennishalle in Unterwasser eine Feier durchführten, kann die Polizei in St. Gallen Veranstaltungen verbieten, wenn die „demokratische und rechtsstaatliche Grundordnung oder das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung“ durch die Veranstaltung massgeblich beeinträchtigt wird.

Das Konzert der Dortmunder Rechtsrockband Oidoxie wurde dann wie gesagt einfach nach Rüi verlegt. Die Neonazis hatten mehrere Orte gebucht. Als Vorband spielte F.i.e.L aka Marcel Martens.

https://www.nzz.ch/zuerich/neonazis-in-zuercher-pfadiheim-das-steckt-hinter-treffen-in-rueti-ld.1689692?mktcid=smch&mktcval=twpost_2022-06-22
https://twitter.com/antifa_bern/status/1539619316655603712

https://www.20min.ch/story/5000-neonazis-suchten-das-toggenburg-heim-449483041407

Rechtes Internetradio Kontrafunk hat seinen Sitz in Cham (ZG)

Der Moderator Burkhard Müller-Ullrich arbeitete über 30 Jahre für das “SWR2 Forum”. Letztes Jahr verlor er dort den Job. 2017 wurde er Mitglied der AFD. Nun baut er mit Kontrafunk ein eigenes Medium auf. Die Redaktionsadresse des neurechten Internetradiosender ist in Cham im Kanton Zug. Kontrafunk wolle „Stimme der Vernunft“ sein – und als solche „fair über die AfD“ und kritisch über Corona berichten. Angeblich arbeiten dort 8 Menschen in Vollzeit und 14-16 in Teilzeit.

Der Faschist Björn Höcke weiss, warum er Kontrafunk pusht.
Der Faschist Björn Höcke weiss, warum er Kontrafunk pusht.

https://twitter.com/ChristianFuchs_/status/1540314613253906436
https://twitter.com/julia__klaus/status/1539598583837638656

Was ist aufgefallen?

Ukrainische Geflüchtete weiterhin im Bunker – trotz leerstehendem Wohnraum

Der Luzerner Kantonsrat hat entschieden: Geflüchtete Menschen aus der Ukraine sollen weiterhin in unterirdischen Bunkern untergebracht werden. Seine Argumentation: Es ginge nicht anders, der nötige Wohnraum dazu fehle. Eine äusserst ironische Aussage, angesichts der zahlreichen leerstehenden Wohungen im Kanton Luzern – worauf auch die neue Besetzung an der Bruchstrasse 64 aufmerksam macht.

In der Zivilschutzanalge Rönnimoos in Littau werden aktuell ukrainische Geflüchtete untergebracht.
In der Zivilschutzanalge Rönnimoos in Littau werden aktuell ukrainische Geflüchtete untergebracht.

«Wir sind aber an einem Punkt, wo wir nicht mehr wählen können, wo wir die Geflüchteten beherbergen» so der Regierungsrat Guido Graf gegenüber den Medien. Und so klingt es in einem fort: unterirdische Bunker seien natürlich nicht die optimale Lösung, aber es ginge nicht anders. Für Menschen, die während des Krieges tagelang in Bunkern ausharren mussten, seien Zivilschutzanlagen schon nicht ideal, aber es gäbe momentan keine andere Lösung. Mit diesen und ähnlichen Voten hat der Luzerner Kantonsrat am 21. Juli das Postulat der Grünen zu einer anderen Unterbringung abgelehnt.

Wir erinnern den Luzerner Regierungsrat und die Luzerner Kantonsregierung gerne daran: Doch, es würde anders gehen! Was zum Beispiel die neue Besetzung an der Bruchstrasse 64 in Luzern aufzeigt: Seit zweienhalb Jahren steht das Haus leer, vermehrt den Reichtum derer, die bereits mehr als genug haben, während Unkaufkräftige, Einflussarme, politisch Ungehörte oder eben (ukrainische) geflüchtete Menschen aus der Stadt verdrängt werden. Und die Bruchstrasse 64 ist nicht das einzige leerstehende Haus: Über 2’500 Wohnungen stehen im Kanton Luzern leer.

In der Diskussion rund um ukrainische Geflüchtete und deren Unterbringung darf zudem nicht vergessen werden: die Forderung nach würdigen Unterkünften für Geflüchtete gab es bereits vor dem Krieg in der Ukraine; der politische Kampf für selbstbestimmte Wohnräume für Geflüchtete gilt nicht nur für jene mit ukrainischem Pass, sondern für alle! Wie es die Bruch-Besetzer*innen festhalten: “Der Zugang zum städtischen Raum und die Möglichkeit, ihn zu nutzen, in ihm zu spielen, sich in ihm zu bewegen, sich auszutauschen, wird abgewiesenen asylsuchenden Personen systematisch verwehrt. In unwürdigen Unterkünften in Schenkon oder Buttisholz werden sie isoliert und eingegrenzt, weit entfernt vom Zugang zu Bildung, Arbeit, Gesundheitsversorgung. Dabei zeigt der zweieinhalb Jahre andauernde Leerstand in der Bruchstrasse 64: Es gibt Wohnraum in der Stadt Luzern, der den Menschen ein würdiges, selbstbestimmtes und zentrales Wohnen ermöglichen könnte. Häuserkampf muss antirassistisch sein. Würdiges Wohnen darf niemals Privileg sein, würdiges Wohnen ist Grundrecht.”

Zum Schluss ein genervter Gruss an die Medien: Hört endlich auf, von sog. “Flüchtlingswellen” zu sprechen. Migration ist weder Naturkatastrophe noch Krise. Unser Umgang mit Migration, Rassismus, so heisst das Problem.

https://www.zentralplus.ch/news/fluechtlinge-muessen-im-unterirdischen-bunker-bleiben-2393339/
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/kanton-luzern/kanton-luzern-74-gemeinden-muessen-fluechtlinge-aufnehmen-ansonsten-drohen-abgaben-von-bis-zu-40-franken-pro-person-und-tag-ld.2307837
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zentralschweiz/kanton-uri-zeigt-erstmals-das-neue-kantonsspital?id=12210872
https://www.20min.ch/story/aktivisten-besetzen-ein-ganzes-haus-im-bruchquartier-557108414407

Was nun?

Mussolini bleibt Ehrendoktor – und soll als Warnung dienen

Die Expertengruppe der Uni Lausanne empfiehlt, Benito Mussolini die Ehrendoktorwürde nicht abzuerkennen. Stattdessen sollen Massnahmen ergriffen werden, um die Verbrechen und Gefahren faschistischer Regimes sichtbar zu halten. Doch wäre nicht beides möglich? Und durch wen und in wessem Sinne sollen die Massnahmen umgesetzt werden?

Schwarze Wolken hängen weiterhin über der Universität Lausanne und dem Umgang mit der Ehrendoktorwürde Benito Mussolinis.
Schwarze Wolken hängen weiterhin über der Universität Lausanne und dem Umgang mit der Ehrendoktorwürde Benito Mussolinis.

Seit mehreren Jahren erhitzt die Ehrendoktorwürde Benito Mussolinis an der Uni Lausanne (UNIL) die Gemüter. Der italienische Faschistenführer erhielt diese 1937 und hat sie trotz aller Proteste bis heute nicht aberkannt erhalten. Zuletzt versuchte eine Petition, dies zu ändern. (Die antira-Wochenschau berichtete am 30.5.2022). Nun hat die eingesetzte Arbeitsgruppe der UNIL entschieden, dass die posthume Aberkennung der Ehrendoktorwürde der falsche Weg sei. Die Verleihung sei ein «schwerer Fehler» gewesen. «Anstatt diese Episode, die Teil ihrer Geschichte ist, zu verleugnen oder auszulöschen, möchte die UNIL-Leitung, dass diese als ständige Warnung vor möglichen ideologischen Abweichungen dient, denen jede Person, Institution – angefangen bei der UNIL selbst – oder Gesellschaft jederzeit ausgesetzt ist», schreibt sie in einer Stellungnahme.

Die Arbeitsgruppe schlägt dazu vier Massnahmen vor: (1) Die Einrichtung einer Website, die sich ausschliesslich mit diesem Thema befasst. (2) Die Eröffnung eines Fonds, um Forschungsprojekte und ein Kolloquium über faschistische Ideologien zu organisieren. (3) Die Schaffung eines Forschungspreises. (4) Die Durchführung eines Workshops zur Wissenschaftsvermittlung für Schulen und die Öffentlichkeit. Nachdem es Jahre dauerte, bis sich die akademische Leitung der UNIL endlich dem Thema angenommen hatte, mag dieser Entscheid nun wie ein Schlag ins Gesicht wirken. Das Glas halb voll betrachtet ist es zumindest erfreulich, dass endlich ein Entscheid vorliegt, mit dem sich arbeiten lässt. Und der die Führungspersonen an der UNIL direkt in die Verantwortung nimmt. Die Frage ist: Reicht das? Und wäre es nicht möglich gewesen, die geforderten Massnahmen umzusetzen und dem Duce die Ehrendoktorwürde trotzdem abzuerkennen? Und stattdessen, wie die Petition es vorgeschlagen hatte, Jean Witsch zu würdigen, der sich dazumals gegen die Auszeichnung Mussolinis ausgesprochen hatte?

Zudem gilt es nun genau zu beobachten, ob und vor allem wie diese Massnahmen umgesetzt werden. Findet dies unter Einbezug von diskriminierungsbetroffenden Menschen statt? Wird der Fall Mussolini isoliert betrachtet oder der Bogen weiter gespannt? Hat die Arbeitsgruppe auch irgend einen Gedanken daran verschwendet, was dieser Entscheid für die Hinterbliebenen der Opfer faschistischer Regime bedeutet? Akademische Institutionen spiegeln oft die herrschenden Machtverhältnisse in einer Gesellschaft wieder. Und die Schweiz im Jahre 2022 ist keineswegs eine egalitäre und diskriminierungsfreie Gesellschaft. Die Absicht, dass Mussolini als ständige Warnung dienen soll, wirkt in Zeiten, in denen neonazistische und rassistische Ideologien auf dem Vormarsch sind, als klar verspätet.

Hoffentlich lässt sich mit diesem Entscheid zumindest eine grössere öffentliche Diskussion anstossen, wie mit Ehrendoktortiteln und Würdigungen an Universitäten, Hochschulen und anderen akademischen Institutionen umgegangen werden soll, wenn deren Träger*innen diskriminierenden Ideologien anhängen. Genauso wie dies bei Statuen und Denkmälern seit einigen Jahren passiert und vertieft werden muss.

https://revoca-laurea-mussolini.ch/fr/
https://www.watson.ch/schweiz/waadt/319568292-mussolini-bleibt-ehrendoktor-der-uni-lausanne
https://www.nau.ch/news/schweiz/mussolini-bleibt-ehrendoktor-der-uni-lausanne-66208151
https://www.srf.ch/audio/echo-der-zeit/lausannes-unliebsame-erinnerung-an-mussolini?partId=12212414

Was steht an?

Infotour Alarme Phone Sahara

Alarme Phone Sahara spricht über Kämpfe um Bewegungsfreiheit, Ernärungssouveränität und Klimagerechtigkeit vor dem Hintergrund der aktuellen Situation im Niger.

06.07.22, 20:00 Uhr, Basel
Eine andere Welt ist möglich – Widerständiges Sommercamp

07.07.22, 19:00 Uhr, Kriens bei Luzern
Teiggi, Schachenstrasse 15A, ab 18:00 Uhr Essen, 19:00 Uhr Vortrag

08.07.22, 20:30 Uhr, Bern
Brasserie Loraine, Quartiergasse 17, 3013 Bern

Die Grenzen, die die europäischen Staaten gegen Migrant*innen und Flüchtende hochziehen, verlaufen längst nicht mehr nur an den EU-Außengrenzen, sondern weit darüber hinaus, u.a. durch viele Länder auf dem afrikanischen Kontinent. Dieses repressive Grenzregime schafft lebensgefährliche Bedingungen und lässt Menschen nicht nur im Mittelmeer und im Atlantik sterben, sondern auch auf den Reisewegen durch die Sahel-Staaten und Nordafrika. Es führt zu brutalen Massenabschiebungen zwischen afrikanischen Staaten und zur Internierung von Migrant*innen und Flüchtenden in Folterlagern in Libyen. Zudem sorgt es dafür, dass tausende von Menschen, denen ein Weiterkommen versperrt ist, mit leeren Händen und unter prekären Bedingungen in Ländern wie dem Niger, einem der ärmsten Länder der Welt, festsitzen. Die historisch seit langem bestehende zirkuläre Migration insbesondere in sowie zwischen West- und Nordafrika wird dadurch immer mehr eingeschränkt. Folglich zerstört diese von der EU durchgesetzte Politik in kolonialer Tradition an vielen Orten wirtschaftliche Existenzgrundlagen und damit das Leben der Menschen aus diversen Regionen.

Das Alarme Phone Sahara (APS) setzt diesem brutalen EU-Grenzregime in Agadez und an anderen Orten im Norden Nigers solidarische Intervention entgegen. Moctar Dan Yayé und Azizou Chehou des APS Niger werden auf ihrer Info-Tour von Hintergründen und aktuellen Entwicklungen in Niger zur repressiven Migrationspolitik und von ihrer alltäglichen Arbeit berichten.

https://seebruecke.ch/event/alarme-phone-sahara-infotour/

Lesens -/Hörens -/Sehenswert

Work hard? Warum Lohnarbeit nicht hält, was sie verspricht
Wir leben in einer Kultur, die uns sagt: Wer viel und hart arbeitet, kann alles erreichen. Wohlstand, Respekt, Erfüllung. Aber das stimmt nicht. Das große Versprechen unserer Elterngeneration kann der heutige Markt nicht mehr halten. Zeit, unser Mindset anzupassen.
https://www.br.de/mediathek/podcast/zuendfunk-generator/work-hard-warum-lohnarbeit-nicht-haelt-was-sie-verspricht/1857852
 
Schutzlos im Lager: Kenia will Flüchtlingscamps schließen
Kenia will die Flüchtlingscamps Kakuma und Dadaab Ende Juni schliessen. In Kakuma haben sich LGBTIQ organisiert, doch sie werden immer wieder Ziel von Anschlägen. Was mit ihnen und den Hundert¬tausenden anderen Geflüchteten geschehen soll, bleibt ungewiss.
https://jungle.world/artikel/2022/24/schutzlos-im-lager
 

Wie rechtsextreme Freiwillige zum Kampf in die Ukraine ziehen
Antifascist Europe stellt auf diesen Seiten seinen Bericht über die Aktivitäten der ausländischen rechtsextremen freiwilligen Kämpfer vor, die seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine ins Land geströmt sind. Er umfasst die Ergebnisse der Auswertung öffentlich zugänglicher Quellen während der ersten 50 Tage des Krieges sowie eine Analyse bestehender Publikationen über die Natur des Phänomens der freiwilligen Kämpfer in der Ukraine. Dieser Bericht stellt einen Versuch dar, eine Chronologie der Beteiligung militanter Rechtsextremer an den Kampfhandlungen aufzustellen, eine kurze Übersicht über den Konflikt von 2014 zu bieten sowie die Struktur der Internationalen Legion der Ukraine näher unter die Lupe zu nehmen.
https://www.rosalux.de/news/id/46693

Videoüberwachung aus der Stratosphäre: Neues Zeitalter für Überwachungsballons
Nach dem Militär setzt nun auch die Grenzpolizei auf unbemannte Luftschiffe. Die Systeme sollen noch größere Höhen erreichen und dort die Lücke zwischen Drohnen und Satelliten schließen.
https://netzpolitik.org/2022/videoueberwachung-aus-der-stratosphaere-neues-zeitalter-fuer-ueberwachungsballons/

Missachtung der Menschenrechte an den EU-Außengrenzen: Drakonische Strafen für Schiffbrüchige
Die Einhaltung der menschenrechtlichen Verpflichtungen gegenüber Schutzsuchenden sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Doch das Recht auf Zugang zu einem fairen Asylverfahren wird an den Außengrenzen der EU systematisch missachtet. So beispielsweise in Griechenland. Mehr noch: Dort drohen schiffbrüchigen Schutzsuchenden im Extremfall lange Haftstrafen.
https://de.qantara.de/inhalt/missachtung-der-menschenrechte-an-den-eu-aussengrenzen-drakonische-strafen-fuer

Mittelmeer: Freiwillig bei SOS MéditerranéeARTE Reportage
In den letzten sechs Jahren rettete die europäische Hilfsorganisation SOS Méditerranée 35.038 Migranten vor dem Ertrinken im Mittelmeer. Europa delegierte zur Sicherung seiner Grenzen die Steuerung der Migrationsströme an die Türkei und Libyen, deshalb kreuzen nur noch NGOs zur Rettung auf hoher See. Freiwillige aus der ganzen Welt verpflichten sich an Bord dieser Schiffe.
https://www.arte.tv/de/videos/108062-000-A/mittelmeer-freiwillig-bei-sos-mediterranee/