Fragwürdige Zusammenarbeit für Abschiebungen, wirtschaftliche Argumente für private Unterbringung, starke Proteste gegen Migrationsregime

Bild: Gedenkkundgebung an Massoud Quadiri

antira-Wochenschau: Moria: 13.000 Geflüchtete nach Brand obdachlos | Bern: Wer privat untergebracht ist, erhält auch Nothilfe | Für Brit*innen sollen die Grenzen zur Schweiz trotz Brexit passierbar bleiben | SEM arbeitet mit Verfolger*innen von asylsuchenden Menschen zusammen | Maltas Abschottungspolitik bricht nicht ab | SEM darf verurteilte Ausländer*innen nicht ohne Gerichtsanordnung abschieben | Johann Widmer | “Stop Isolation” protestiert weiter | “Stop Isolation” protestiert weiter | Proteste zur Evakuierung auf Lesbos und in ganz Europa


Was ist neu?

13.000 Geflüchtete auf Lesbos nach Brand des Lagers Moria obdachlos

Mittwochnacht ist das Camp Moria niedergebrannt. Die nächste Stufe einer absehbaren Eskalation ist erreicht. Nun stehen nach der Flucht aus dem brennenden Lager knapp 13.000 Menschen erneut ohne alles da. Von einer militarisierten Polizei wird ihnen der Weg in die Inselhauptstadt verwehrt, es kam bereits zu mehreren Tränengaseinsätzen gegen die Migrant*innen. Ein Bild zeigt ein verletztes Kleinkind, das beim Abfeuern einer Tränengasgranate Verbrennungen erlitten hat. Es wird von Belästigungen und Einschüchterungen durch Nazis vor Ort berichtet. Die Versorgungslage ist prekär. Viele der Menschen müssen seit mittlerweile fünf Tagen ohne Wasser auf den Strassen im Nirgendwo verweilen. Es gibt keine sanitären Anlagen. Die Menschen müssen auf der Strasse schlafen. Einige schlafen auf dem Friedhof. Auf der Insel herrschen Durchschnittstemperaturen von über 30 Grad. Es hat seit Monaten nicht geregnet. Der Presse wird der Zugang zu den Gebieten zunehmend verwehrt. Der Ausnahmezustand über die Insel ist verhängt: Noch mehr Polizei, noch mehr Militär.400 Minderjährige wollen zehn europäischen Staaten insgesamt aufnehmen. 20 die Schweiz. Danke für nichts. Es gibt allein in Deutschland 170 aufnahmebereite Kommunen. In der Schweiz haben acht Städte zugesagt, Menschen aus Lesbos aufzunehmen. Während humanitäre Hilfe vor Ort behindert wird. Während in ganz Europa Tausende auf die Strasse gehen und einen Wechsel der politischen Richtung fordern. Während sich neue, geschlossene Camps auf der Insel bereits im Aufbau befinden. Nieder mit den Grenzen der Festung Europa. Nieder mit dem rassistischen Grenzregime. Es gibt genug Platz für alle!
https://www.srf.ch/news/schweiz/fluechtlinge-auf-lesbos-schweiz-will-20-jugendliche-aus-dem-lager-moria-aufnehmen
https://www.facebook.com/NBKLesvos/posts/1843816339091480
https://twitter.com/m_kormbaki/status/1304909558003965952

Neu erhält im Kanton Bern auch Nothilfe, wer privat untergebracht ist
Im Kanton Bern besteht die Möglichkeit, dass Menschen mit einem negativen Asylentscheid bei Privatpersonen leben können, statt in einem Ausschaffungscamp. Bedingung ist aber, dass die Privatperson für die täglichen 8 Franken Nothilfe aufkommt, die ansonsten im Camp abgegeben werden. Nun überwies der grosse Rat letzte Woche eine Motion von Walter Schilt (SVP) an den Regierungsrat, welche fordert, dass auch bei einer privaten Unterbringung weiterhin die 8 Franken Nothilfe pro Tag ausbezahlt werden. Der Regierungsrat wehrte sich vergebens gegen die Vorlage und muss diese nun umsetzen. Die Gegenargumente des Regierungsrats waren gewohnt menschenverachtend: Die betroffenen Personen sollen ja «freiwillig» ausreisen und da sei es kontraproduktiv, wenn diese noch Bindungen zu Menschen in der Schweiz aufbauen würden. Isolation ist das Ziel, nicht Zusammenleben.
Die Überweisung der Motion scheint erstmal eine gute Kehrtwende in der ganzen Diskussion um die Rückkehrzentren im Kanton Bern zu sein und wird in den Medien als «positives Zeichen für abgewiesene Asylsuchende» dargestellt. Schaut man jedoch aus welcher Ecke die Motion kommt und mit welcher Begründung sie eingereicht wurde, wird schnell klar, dass es einmal mehr um wirtschaftliche Interessen geht und eher nicht um das Wohlergehen der betroffenen Personen. Im Motionstext steht zum Beispiel: «Ein Teil der Betroffenen wohnt bei Privatpersonen, das heisst, diese stellen den abgewiesenen Asylsuchenden kostenlos eine Unterkunft zur Verfügung. Diese private Unterbringung ist eine geeignete Ergänzung zu kantonalen Einrichtungen und gesellschaftspolitisch sinnvoll. Dieser Ansatz hilft, die psychische Befindlichkeit der angeschlagenen Betroffenen stabil zu halten und schont somit unser Sozial- und Gesundheitswesen. Wir gehen davon aus, dass der Kanton auf ein Rückkehrzentrum verzichten und massiv Kosten sparen könnte, wenn er auch an die abgewiesenen Asylsuchenden, die privat untergebracht werden, Nothilfe von 8 Franken pro Person und Tag für Nahrung und Hygieneartikel ausrichten würde.”
Tatsächlich geht es also einmal mehr darum, Kosten im Asylbereich zu sparen. Und dies gelingt offenbar sehr gut, denn der Staat kann nun weiterhin Menschen unterdrücken und in die Illegalität treiben und müsste in Zukunft nicht einmal mehr für ihre Wohnkosten aufkommen.
https://www.gr.be.ch/gr/de/index/geschaefte/geschaefte/suche/geschaeft.gid-40d270c3c50a4d4b96c961e607a7fbe6.html

Bild: Rückkehrcamp Biel-Bözingen. Eines der vier Rückkehrcamps im Kanton Bern:

Was geht ab beim Staat?

Für Brit*innen sollen die Grenzen zur Schweiz trotz Brexit passierbar bleiben
Nationalstaatliche Grenzen schränken Menschen unterschiedlich ein. Bei den einen gehen sie manchmal fast vergessen, weil sie sich noch nie in einer Situation befanden, in der sie eine Grenze nicht passieren durften. Für die anderen stellen sie unüberwindbare Hürden dar, die grossen Einfluss auf ihre Leben haben. Gerade jetzt wird das wieder sehr deutlich. Während mühevoll Ausreden gesucht werden, weshalb es anscheinend nicht möglich sei, die Grenzen zur Schweiz für geflüchtete Menschen aus Moria zu öffnen, wird in der Ausgestaltung der Brexit-Strategie alles daran gelegt, dass die Grenzen der Schweiz und Grossbritanniens für privilegierte Menschen mühelos passierbar bleiben. Grenzen haben keinen neutralen Charakter, wie er gerne hervorgehoben wird. Grenzen selektieren zwischen erwünschten und unerwünschten Menschen. Da die offizielle Schweiz Menschen aus Grossbritannien offensichtlich wünscht, hat der Ständerat am Dienstag einstimmig ein Abkommen zwischen der Schweiz und Grossbritannien gutgeheissen.
Das Abkommen ist eines von sieben Abkommen der sogenannten “Mind the Gap”-Strategie des Bundesrates. Deren Ziel ist es, die bestehenden gegenseitigen Rechte und Pflichten nach dem Austritt von Grossbritannien aus der EU so weit wie möglich zu sichern. Mit dem Abkommen würden Kontinuität und Rechtssicherheit geschaffen, sagte Justizministerin Karin Keller-Sutter im Ständerat. Der Nationalrat hatte der Vorlage bereits zugestimmt. Neben der Freizügigkeit deckt das Abkommen den Bereich soziale Sicherheit sowie die gegenseitige Anerkennung von beruflichen Qualifikationen ab. Die gewährten Rechte gelten auf Lebenszeit. Währenddessen bleiben die Grenzen zur Schweiz für Menschen, die nicht per Zufall die Staatsbürger*innenschaft eines reichen westlichen Land innehaben, weiterhin eine riesige Hürde, die nur mit sehr viel Mühe und unter Inkaufnahme von sehr viel Gewalt passiert werden kann.
https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2020/20200908114355857194158159041_bsd078.aspx

Was ist aufgefallen?

Das Staatssekretariat für Migration arbeitet mit direkten Verfolger*innen von asylsuchenden Menschen zusammen

Das Staatssekretariat für Migration (SEM) arbeitet relativ unbemerkt von der Öffentlichkeit immer wieder mit Geheimdiensten oder Botschafter*innen aus Staaten zusammen, aus welchen Menschen in die Schweiz geflüchtet sind. Die Zusammenarbeit erfolgt vor allem bei der Identitätsabklärung und Papierbeschaffung, welche Voraussetzung für eine Ausschaffung sind. Indem das SEM den Aufenthaltsort sowie Identität der vor staatlicher Verfolgung oder Folter geflohenen Menschen an Angestellte genau jenes Staates weitergibt, setzt es die betroffenen Personen erheblicher Gefahr aus.
Eine solche Zusammenarbeit findet offenbar auch mit chinesischen Agent*innen statt, wie ein jüngst publik gemachtes Abkommen zwischen Bern und Peking zeigt. Demnach können chinesische Agent*innen Landsleute, die sich ohne legalen Status in der Schweiz aufhalten, ausfragen und die offizielle Schweiz bei deren Ausschaffung unterstützen. Den Deal vom Dezember 2015 schlossen das schweizerische Staatssekretariat für Migration (SEM) und das chinesische Ministerium für öffentliche Sicherheit ab. Das Abkommen räumt chinesischen Agenten das Recht zum Aufenthalt in der Schweiz ein. Dafür erhalten sie ein auf zwei Wochen befristetes Visum.
Gemäss Abkommen erfolgt die Einreise der chinesischen Beamt*innen auf Einladung der Schweiz. Diese trägt auch die Kosten des Aufenthalts. Der bisher erste Einsatz einer chinesischen Delegation fand 2016 statt. Das Resultat war die Abschiebung von 13 Personen nach China. Was mit diesen Personen im Herkunftsland passiert, ist unklar. Doch schwerwiegende Konsequenzen für Ausgeschaffte in China, die in der Schweiz ihre Identität und/oder Staatsangehörigkeit verheimlicht haben, sind nicht unwahrscheinlich.
Im Asylverfahren in der Schweiz nehmen somit teilweise die direkten Verfolger*innen von geflüchteten Menschen eine wichtige Rolle ein. Staatsvertreter*innen Äthiophiens haben dann zum Beispiel Einfluss auf den Asylentscheid einer Person, die vor dem äthiopischen Regime geflohen ist. Das ist reichlich absurd und zeigt einmal mehr, dass sich die Schweiz wirklich um gar nichts zu schade ist, wenn es ihr darum geht, Ausschaffungen konsequent durchzuführen.
Angesprochen auf das Abkommen rechtfertigt sich das SEM mit dem Aufenthaltsstatus der Personen. “Tatsache ist, dass Menschen, die legal ausgewiesen wurden und sich illegal in der Schweiz aufhalten, unser Land verlassen sollten. Die Alternative wäre, dass sie weiterhin hier leben – ohne jedes Aufenthaltsrecht”. Es scheint, als würde der Verweis auf den illegalen Aufenthalt genügen, um einer Person sämtliche Schutzwürdigkeit und sämtliche Rechte absprechen zu können.
Bern wird mit Peking Ende Jahr über eine Verlängerung des Abkommens diskutieren. Entscheiden wird letztendlich das Justiz- und Polizeidepartement von Bundesrätin Karin Keller-Sutter. Mit allem, was wir bisher über die menschenverachtende Politik von Keller-Sutter wissen, wird das Abkommen ziemlich sicher verlängert.
Das Abkommen mit China ist nicht das einzige Beispiel für eine Zusammenarbeit mit den direkten Verfolger*innen. Bei der Aufarbeitung des Selbstmordes einer geflüchteten Person aus dem Iran kam heraus, dass dieser erfahren hatte, dass das SEM mit einem staatsnahen iranischen Anwalt zusammengearbeitet und sein Dossier an diesen weitergegeben hatte, was sein Leben in erhebliche Gefahr bringen könnte. Ausführlichere Infos dazu gibt es hier:
https://migrant-solidarity-network.ch/2020/09/11/keiner-sieht-mich-keiner-hoert-mich-hier-bin-ich-ein-nichts-angehoerige-und-freundinnen-erzaehlen-massouds-geschichte/
https://www.swissinfo.ch/ger/empoerung-ueber-geheimdeal-mit-china/46012234
Bild: https://www.swissinfo.ch/ger/empoerung-ueber-geheimdeal-mit-china/46012234

Maltas menschenverachtende Abschottungspolitik bricht nicht ab

Malta weigerte sich 40 Tage lang, die Maersk Etienne und die 27 aus Seenot geborgenen Menschen aufzunehmen. Damit bricht das Schiff einen traurigen Rekord: Seit dem 4. August wartete die Maersk Etienne auf eine Zuweisung und wurde somit bisher am längsten in einem Stand-Off gehalten. Nachdem die Mare Jonio die Menschen vergangene Woche übernommen hatte, konnte das Schiff am Freitag endlich anlegen und die Menschen gingen in Pozzallo, Italien, von Bord. Die geflüchteten Menschen an Bord schrieben einen Brief an den Kapitän, der mit den Worten: „The Europeans don’t need us alive“ endete, zu deutsch „Die Europäer*innen brauchen uns nicht lebendig.“
Nein, die Europäer*innen, in diesem Fall u.a. die maltesische Regierung, unterschreibt lieber Abkommen mit der libyschen Regierung, um Menschen auf der Flucht über das Mittelmeer abzufangen. Des weiteren überlegt die maltesische Regierung momentan, weitere ‚schwimmende Hotspots‘ zu errichten: grosse Passagier*innenschiffe an der maltesischen Küste, auf denen geflüchtete Menschen festgehalten werden sollen, damit sie ja nicht an Land kommen. Es ist noch nicht klar, ob die maltesische Regierung den Menschen an Bord ein Asylverfahren gewähren wird. Angesichts ihrer hoch problematischen und häufig illegalen Entscheidungen der letzten Monate bleibt dies fraglich. Die monatlichen Kosten von einer Million Euro zur Festsetzung der Menschen auf dem Passagier*innenschiff werden höchstwahrscheinlich von der EU zur Verfügung gestellt.
https://www1.wdr.de/daserste/monitor/sendungen/fluechtlingsrettung-100.html
https://euobserver.com/migration/149294
https://timesofmalta.com/articles/view/three-migrants-aboard-danish-oil-vessel-jump-overboard.816525
Bild: https://timesofmalta.com/articles/view/three-migrants-aboard-danish-oil-vessel-jump-overboard.816525

SEM darf verurteilte Ausländer*innen nicht ohne Gerichtsanordnung abschieben
Das übereifrige Staatssekretariat für Migration (SEM) wurde jüngst vom Bundesgericht zurückgepfiffen. Das SEM hatte eine Beschwerde eingereicht, weil es so gerne eine Person nach Kroatien ausgeschafft hätte, nachdem diese von einem Waadtländer Kantonsgericht zu einer Gefängnisstraffe verurteilt worden war. Da im Urteil jedoch kein Landesverweis ausgesprochen worden war, wie dies seit der Ausschaffungsinitiative in rassistischer Doppelmoral möglich ist, müssen die Behörden dies hinnehmen und dürfen nicht ‚auf eigene Faust‘ handeln. Seit der Änderung des Integrationsgesetzes 2016 müssen die Richter*innen bei bestimmten Straftaten zwingend eine Ausschaffung anordnen. Nur aufgrund der Härtefallklausel können sie davon absehen. Diese wird im Bundesdurchschnitt in 42% der Fälle angewandt – das sind noch 58% zu wenig.
https://www.watson.ch/schweiz/migration/844394261-ausschaffungsinitiative-aufenthaltserlaubnis-kann-nicht-entzogen-werden
https://www.bger.ch/files/live/sites/bger/files/pdf/de/2C_744_2019_2020_09_09_T_d_11_32_18.pdf
https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/aza/http/index.php?highlight_docid=aza%3A%2F%2Faza://20-08-2020-2C_744-2019&lang=de&zoom=&type=show_document

Kopf der Woche  Johann Widmer

Der SVP-Gemeinderat in Zürich holte in einer Sitzung über die Verkehrspolitik in seiner Rede aus: „Ihr wollt doch zurück zu den Ne… Wie heisst das Ding nochmal?“ Angeblich hatte er ‚Neanderthaler‘ sagen wollen. Die AL verliess aus Protest den Saal. „Das war verbale Gewalt gegen People of Color, die man klar verurteilen muss“, sagte der AL-Abgeordnete Walter Angst dazu. Widmer stilisiert sich hingegen selbst als Opfer. Es würde eine Hexenjagd gegen ihn betrieben und er sei sich keiner Schuld bewusst. Fraktionschef Bartholdi liess dann noch verlauten, dass die SVP von der AL auch nicht verschont bliebe: als ‚Rattenfänger‘ beschimpft, in Trump-Nähe gerückt. Das macht ihn bestimmt manchmal traurig.
https://www.nzz.ch/zuerich/rassistischer-ausfall-svp-politiker-sorgt-in-zuerich-fuer-aufruhr-ld.1575939

Wo gabs Widerstand?

“Stop Isolation” protestiert weiter

Aktivist*innen der Gruppe „Stop Isolation“ haben sich entschieden, ihre Forderungen ins eidgenössische Parlament zu tragen und deshalb ein Dossier mit Informationen und Forderungen zusammengestellt.
https://migrant-solidarity-network.ch
https://www.lucify.ch/2020/09/09/ein-schritt-weiter
Artikel zu den bisherigen Protesten von Stop Isolation: https://www.bernerzeitung.ch/in-den-rueckkehrzentren-brodelt-es-703869157832

Suizid wegen des Asylregimes: Gedenkkundgebung an Massoud Quadiri

“Am Freitag fand eine Gedenkkundgebung an Massoud Quadiri vor dem Staatssekretariat für Migration (SEM) statt. Der geflüchtete Kurde aus dem Iran nahm sich am 22. August das Leben. Die Behörden nehmen Selbstmorde kalt in Kauf. Die Kundgebung will die Wut über die mörderische Asylpolitik zeigen und die Trauer über Massouds Tod ausdrücken. „Wir sagen nein zu Entrechtung und Isolation, die Menschen in den Tod treibt!“ Das sagen die kurdischen Geflüchteten aus dem Iran und das Migrant Solidarity Network, die zur Kundgebung aufrufen. Sie stellen dem SEM folgende Fragen:Inwiefern übernimmt das SEM Verantwortung für die Selbstmorde sowie die gesundheitlichen, existentiellen Folgen eines negativen Asylentscheides für abgewiesene Geflüchtete? Was tut das SEM, um Selbstmorde von Menschen mit einem negativen Asylentscheid zu verhindern? Sie haben ein Recht wie Menschen behandelt zu werden.”
Bild:https://migrant-solidarity-network.ch/en/blog/

Proteste zur Evakuierung auf Lesbos und in ganz Europa

Seit dem Feuer in Moria bilden sich täglich grosse Protestzüge auf den Strassen von Lesbos. Die  Menschen protestieren für ihre Evakuierung von der Insel. Sie wehren sich gegen die Unterbringung in neuen provisorischen Lagern. Es kommt zu Blockaden gegen Bauarbeiten und Tränengaseinsätze durch die Polizei. Tränengas u.a. gegen Kinder. Die Migrant*innen wollen endlich weg von dieser Insel.Die Bilder aus Moria bringen Menschen auch in der Schweiz und in ganz Europa auf die Strassen. Innerhalb weniger Stunden waren Spontandemonstrationen und Kundgebungen unter anderem in Bern, Basel, Luzern und St. Gallen mit insgesamt mehreren Tausend Teilnehmenden organisiert. Es werden politische Forderungen zur Aufnahme gestellt. Im Communiqué der Berner Demo heisst es:  “Moria ist kein sicherer Ort – war es nie! Die Lage in allen Camps ist seit Jahren katastrophal. Die Coronakrise hat diese extreme Notsituation noch verschärft. Nachdem sich Europa gegen das Virus abschirmte, blieben die Bewohner*innen der Camps der Krankheit ausgeliefert und es gibt weiterhin keinen sicheren Ort. Auch in den vergangenen Tagen wurde ein starker Anstieg der Infektionen im Camp Moria registriert.Die einzige Lösung ist die sofortige Evakuierung. Nicht nur von Moria, sondern von allen Lagern. Denn alle Lager sind tickende Zeitbomben, die der Pandemie, dem Feuer und allen weiteren Angriffen schutzlos ausgeliefert sind.Politiker*innen profilieren sich heute damit, vereinzelt Flüchtende aufzunehmen. Das genügt nicht! Es gibt keinen fairen Verteilungsschlüssel (nämlich wie viele Menschen auf welche Länder in Europa aufgeteilt werden sollen). Solche Konstrukte sind bloss eine weitere unerträgliche Verwaltung von Menschen. Zusätzlich zu den Lagern müssen die Grenzen fallen, die eine Grundlage für die Abschottungspolitik der EU und der Schweiz darstellen. Es ist Zeit für uneingeschränkte Bewegungsfreiheit und Bleiberecht für alle!”
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-09/fluechtlingslager-moria-polizei-traenengas-migranten-lesbos-brand?wt_zmc=sm.int.zonaudev.twitter.ref.zeitde.redpost.link.x&utm_medium=sm&utm_source=twitter_zonaudev_int&utm_campaign=ref&utm_content=zeitde_redpost_link_x
https://barrikade.info/article/3842https://www.derbund.ch/300-personen-fordern-evakuierung-von-fluechtlingslagern-213999289331
Bild: https://twitter.com/f_grillmeier/status/1305081432847650817/photo/1

Was steht an?

Solilauf Luzern
19.09.20 I 12.00 Uhr I Lidowiese Luzern
Am 19. September findet auf der Lidowiese vor dem Verkehrshaus der zweite solidarische Lauf für geflüchtete Menschen statt. Wie das Solinetz Luzern mitteilte, suchen sich die Teilnehmer vorab einen persönlichen Sponsor, der pro gelaufener Runde einen Betrag spendet. Läufer die keinen persönlichen Sponsor finden konnten, werden durch anonyme Spender unterstützt, die sich auf der Website vom Solinetz melden können. Die erlaufenen Spenden kommen dem Solinetz Luzern, der Beratungsstelle für Sans-Papiers Luzern, sowie kleineren Projekten im Migrationsbereich zu Gute. Für den Lauf sind zwei Startzeiten um 13 und 14 Uhr vorgesehen. Nachher sorgt die Band Siselabonga für Unterhaltung.
https://solinetzluzern.ch/veranstaltungen/2-solilauf-luzern-solidaritt-mit-geflchteten-menschen

Prozesse gegen Basel Nazifrei
21.09.20 I 07.30 Uhr I Strafgericht Basel, Schützenmattstrasse 20Kommt zu den nächsten Prozessen gegen Basel Nazifrei, um die Angeklagten zu unterstützen und den repressiven Angriffen eine kollektive Antwort entgegenzusetzen! Gegen verschärfte Repression, gegen die Kriminalisierung von Antifaschismus, volle Solidarität mit den Angeklagten!
https://barrikade.info/event/1357

Lesens -/Hörens -/Sehenswert

„Keiner sieht mich. Keiner hört mich. Hier bin ich ein Nichts“
Massoud ist am 22. August 2020 aus dem Leben gegangen. Es ist von einem Suizid auszugehen. Angehörige und nächste Freund*innen von Massoud haben dem Migrant Solidarity Network seine Geschichte erzählt. Nichts soll vergessen gehen, wenn Menschen wegen des Asylsystems sterben.
https://migrant-solidarity-network.ch/en/2020/09/11/keiner-sieht-mich-keiner-hoert-mich-hier-bin-ich-ein-nichts-angehoerige-und-freundinnen-erzaehlen-massouds-geschichte/

Polizei in Frankreich: „Als Polizist war ich eine öffentliche Gefahr“
Valentin Gendrot hat sechs Monate undercover bei der Polizei in Paris gearbeitet. Er erlebte, wie gewaltbereit die Beamten sind, und ist seitdem ein ängstlicher Mensch.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-09/polizei-frankreich-vincent-gendrot-gewalt-protest-gelbwesten/komplettansicht

Borgo Mezzanone
Borgo Mezzanone gilt als grösste illegale Siedlung des Landes. Wer in dem Ort für Saisonarbeit anheuert, verliert alle seine Rechte
https://www.freitag.de/autoren/the-guardian/apuliens-slum-500-euro-grenze

Migrationsforscherin: „Politik des Sterbenlassens“ an EU-Grenzen
Die Fluchtursachen bleiben, die Gesetze werden härter, das Gesellschaftsklima rauer: Migrationsforscherin Hess schildert, wie sich die Lage für Migrant*innen weltweit verändert hat – und welche Krisen noch hinzukommen werden.
https://www.tagesschau.de/ausland/migrationsforschung-flucht-interview-101.html

EU-Aussengrenze: Wie eine Facebook-Gruppe die Jagd auf Migrant*innen organisiert
Die nicht öffentliche Gruppe heisst “Doček Migranata”, bosnisch für “Migranten willkommen heissen”. Aber das “Willkommen heissen” ist alles andere als menschenfreundlich gemeint.
https://www.bento.de/politik/eu-aussengrenze-wie-eine-facebook-gruppe-die-jagd-auf-migranten-organisiert-a-f830fedf-51ee-412e-9526-c0f41b2d80f2

Die bunten Staaten von Afropa
Die Wurzeln des Rassismus in Europa sind tiefer, als fast allen bewusst ist. Mit seinem Buch «Afropäisch» gibt Johny Pitts die europäische Antwort auf die amerikanische «Black Lives Matter»-Bewegung.
https://www.republik.ch/2020/09/10/die-bunten-staaten-von-afropa

Die perfekte Einstiegsdroge? Wie Rechtsextreme mit Musik Nachwuchs rekrutieren
Für manche ist es der Hip-Hop, für andere elektronische Musik. Bei mir waren es Rock und Punk, die meine Jugend prägten. Musik spielte schon immer eine große Rolle in meinem Leben, hat mein soziales Umfeld (mit)geformt, mir Orientierung gegeben und ein Stück weit auch meinen Wertekompass mitgeprägt. Denn Musik ist unbestritten identitätsstiftend, Jugendliche auf der Suche nach sich selbst finden in Musik und den jeweiligen Subkulturen sozialen Halt und Identifikation.
Rechtsextreme Akteure haben diese Strahlkraft früh erkannt und in ihre Strategien integriert. Nationalsozialistisches Gedankengut verschwand nach der Kapitulation von Hitler-Deutschland keineswegs, es überlebt bis heute. Das zeigt auch die Entwicklung von rechtsextremer Musik.
https://www.volksverpetzer.de/hintergrund/rechtsextreme-musik/