antira-Wochenschau: Türkischer Staat greift Rojava an, Neonazi greift Synagoge an, GRETA greift SEM an

Bild: Gedenkstätte an der Mauer der Synagoge in Halle

Was ist neu? 

Türkische Invasion in Rojava 
Ende letzte Woche zogen die USA ihre Truppen aus Nordsyrien ab. Woraufhin am Mittwoch türkische Streitkräfte eine Offensive gegen die Kurd*innengebiete in Nordsyrien (Rojava) starteten. Obwohl Trump den Angriff in der Öffentlichkeit verurteilt, deuten Berichte aus dem Weissen Haus darauf hin, dass Trump den Angriff billigte. Auch der Bundesrat äusserte sich.Nachdem er jahrelang Waffen an Erdogan verticken liess, rief er „alle Parteien“ auf, die Kämpfe zu beenden. Das türkische Regime erwähnte er – heuchlerisch – mit keinem Wort. Der türkische Präsident Erdogan will die nordsyrischen Gebiete erobern und entlang der Grenze eine sogenannte Sicherheitszone einrichten, in welche (syrische) Geflüchtete aus der Türkei zwangsumgesiedelt werden sollen. In der Türkei leben ca 3.6 Millionen Geflüchtete, die das türkische Regime im Auftrag der Schweiz und der EU (EU-Türkei-Deal) blockiert und dafür mehrere Milliarden Euro kassiert. Letzte Woche noch hatte der deutsche Innenminister Seehofer dazu gedrängt, den EU-Türkei-Deal zu stärken und der Türkei noch mehr Geld versprochen. Genau so heuchlerisch wie die USA, kritisierten auch die Regierungen der Schweiz und der EU den Angriff der Türkei auf Rojava. Erdogan reagierte auf die Kritik, indem er der EU drohte, er werde die Grenzen für die 3.6 Millionen Geflüchteten öffnen. Erdogan benutzt damit den EU-Türkei-Deal als Legitimation für seinen Krieg gegen die kurdische Bevölkerung. Die Angst vor einer Grenzöffnung und vor Menschen, die nach Europa weiterflüchten könnten, scheint tatsächlich ein gewisses Druckpotential zu besitzen. Die Bunderätin Keller-Sutter äusserte sich gestern erneut zur Besatzung Nordsyriens: «Ich verurteile diese militärische Offensive klar. Und trotzdem darf man sich nichts vormachen. Sollte das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei dahinfallen, müsste Europa mit einer Migrationswelle rechnen» Lieber Krieg in Rojava, als Geflüchtete in Europa sagt die sich. Stopp dem Krieg gegen Rojava, Stopp dem dreckigen EU-Türkei-Deal und dem Krieg gegen Geflüchtete.
https://barrikade.info/article/2709https://www.wsws.org/en/articles/2019/10/11/kurd-o11.html
https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-10/militaeroffensive-recep-tayyip-erdogan-tuerkei-nordsyrien-grenzen
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-76660.html
https://taz.de/EU-Fluechtlingspakt/!5631253/

Mörderisches antisemitisches Attentat auf eine Synagoge in Halle 
Am gleichen Tag wie Erdogan in Rojava einmarschieren liess, griff in Halle ein schwerbewaffneter Faschist eine Synagoge an. Als der Angriff begann, feierten im inneren der Synagoge 50 Personen den Yom Kippur Feiertag – den Tag der Vergebung. Nachdem der Attentäter es nicht schaffte, in die Synagoge einzudringen, erschoss er auf der Strasse und in einer Dönerbude in der Nähe zwei Personen und verletzte weitere. “Dieser Anschlag ist eine Schande für unser Land“, sagte der deutsche Innenminister Horst Seehofer, als sei es angebracht, bei einem Naziangriff eine deutsch-nationale Ehre zu verteidigen. 
https://www.nzz.ch/international/attentat-in-halle-die-neuesten-entwicklungen-im-live-ticker-ld.1514338

Der Bundesrat finanziert Zäune, Mauern, Überwachungskameras und Alarmanlagen von “gefährdeten Minderheiten
Mit einer halbe Million Franken will sich der Bundesrat an den Sicherheitskosten „besonders gefährdeter Minderheiten“ beteiligen. Nebst Zäunen, Mauern, Überwachungskameras oder Alarmanlagen kann für Ausbildungen von Personal oder Sensibilisierung breiter Bevölkerungskreise Geld beantragt werden. Lohnkosten für Securitas bezahlt der Bundesrat aber nicht. Wer Geld will, muss sich beim Bundesamt für Polizei (fedpol) melden. Dieses prüft, ob die Gruppe über eine gemeinsame Lebensweise, Kultur, Religion, Tradition, Sprache oder sexuelle Orientierung verfügt, gegen die Gewaltverbrechen ausgeübt werden könnten. Im Fokus stehen Jüd*innen und Muslim*innen, schreibt der Bundesrat in seiner Medienmitteilung. Was ist denn mit Geflüchteten oder Romas? Das fedpol prüft zudem, ob die Gruppe „eine gefestigte Bindung zur Schweiz und ihren Werten“ hat. Krass, die schweizerische Dominanzgesellschaft schafft ein derart rassistisches Klima, dass Gewalttaten begangen werden und dann muss sich die angegriffene Gruppe auch noch mit den Werten dergleichen Dominanzgesellschaft identifizieren, um als “schützenswerte” Minderheit zu gelten.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-76647.html

EU-Innenminister*innen-Treffen: Keller-Sutter will keinen Aufnahmemechanismus für Geflüchtete 
Letzte Woche fand in Luxemburg das Treffen der Justiz- und Innenminister*innen der Schengen-Staaten statt. Sie diskutierten über den bereits vorgeschlagenen Aufnahme- und Verteilungsmechanismus von im Mittelmeer aufgegriffenen Menschen (s. antira-Wochenschau von 29.09.2019: https://antira.org/2019/09/29/antira-wochenschau-abschottender-verteilmechanismus-der-eu-abgesagtes-theater-in-basel-linke-unterstuetzerinnen-des-verhuellungsverbots/).
Ein solcher Aufnahmemechanismus könnte möglicherweise der wochenlangen Blockade von Seenotrettungsschiffen entgegenwirken, da Italien nicht mehr alleine für die Aufnahme der Geflüchteten zuständig wäre. Die offizielle Schweiz (und an vorderster Front Keller-Sutter) hält nicht viel von diesem Plan. Keller-Sutter meinte, Ad-hoc-Lösungen wie der jetzt diskutierte Mechanismus seien nicht zielführend. Sie könnten die Suche nach dauerhaften Lösungen allenfalls sogar behindern. Stattdessen müsse das Dublin-System nachhaltig reformiert werden. Beim Thema Migration sind sich die EU-Staaten aber momentan überhaupt nicht einig und etwas Gescheites ist in den letzten Jahren nicht herausgekommen. Bis das Dublin-System also reformiert wird, dürften noch einige Jahre verstreichen. Bis dahin findet es Keller-Sutter besser, den jetzigen Zustand zu bewahren und die Menschen wochenlang auf Schiffen ausharren zu lassen und blödsinnige Telefonate mir irgendwelchen Behörden zu führen, ob sie nicht doch vielleicht irgendeinen Hafen öffnen könnten. Weiter meinte Keller-Sutter, dass ein punktueller Mechanismus für die Seenotrettung falsche Erwartungen wecken und auch falsche Anreize schaffen würde. Die Rettung von Menschen als Anreizsystem für ebendiese darzustellen, funktioniert wohl auch nur bei schwarzen Menschen. Manchmal ist es schwer fassbar, wie salonfähig solch rassistische Positionen geworden sind. Am Schluss war sich Keller-Sutter nicht zu schade, auf das solidarische Handeln der offiziellen schweiz aufmerksam zu machen. Solidarität sieht für schweizer Behörden folgendermassen aus: 2015 wurden 1500 Menschen aus Griechenland und Italien aufgenommen und dieses Jahr wurde beschlossen, ganze 50 Menschen aus Libyen aufzunehmen. Zudem leisten sie auch finanzielle Unterstützung für Abschottung und zwar 190 Millionen. Dieses Geld fliesst in die Stärkung des „Migrationsmanagements“ von besonders belasteten EU-Staaten, vor allem in der Region um das ägäische Meer. Mit genau solchen „Unterstützungszahlungen“ legitimiert die offizielle Schweiz ihre komplette Abschottung und die Externalisierung ihrer Migrationspolitik. Sie verunmöglichen es Menschen immer mehr, überhaupt noch irgendeinen Weg in die Schweiz oder allgemein nach Westeuropa zu finden. Dies als solidarisches Handeln darzustellen, ist einfach nur zynisch.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-76643.html

Schweiz wird für den Umgang mit von Menschenhandel betroffenen Asylsuchenden kritisiert
Die Expert*innengruppe GRETA (Group of Experts on Action against Trafficking in Human Beings) hat im Auftrag des Europarates einen Bericht zur Umsetzung der Europaratskonventionen gegegn Menschenhandel veröffentlicht. Dabei wird unter anderem das schweizerische Staatssekretariat für Migration (SEM) aufgefordert, seine Praxis in Bezug auf den Schutz von Asylsuchenden, die von Menschenhandel betroffen sind, zu überdenken. Bis anhin erhält eine Person, die von Menschenhandel betroffen ist nur dann Schutz, wenn die Person auch in der Schweiz ausgebeutet wurde. Der Bericht fordert das SEM nun auf, den Schutz auch auf Asylsuchende auzuweiten. Das SEM schiebt Dublin-Fälle ab, auch wenn ein Verdacht auf Menschenhandel besteht. Dies fordert der Bericht zu ändern und verweist auf die Verpflichtung der Schweiz, Betroffene von Menschenhandel, die sich als Asylsuchende im Dublin-Verfahren befinden, zu identifizieren und die geeigneten Massnahmen für den Schutz dieser Personen einzuleiten. 
https://www.fluechtlingshilfe.ch/news/archiv/2019/europarat-die-schweiz-muss-von-menschenhandel-betroffene-asylsuchende-schuetzen.html
https://www.blick.ch/news/politik/europarat-rueffelt-schweiz-schweiz-tut-zu-wenig-gegen-moderne-sklaverei-id15557998.html
https://www.srf.ch/news/schweiz/opfer-von-menschenhandel-schweiz-muss-betroffene-besser-schuetzen

Zunehmende Militarisierung der sogenannten Westbalkanroute
Die militärische Grenzsicherung und polizeiliche Verfolgung von Geflüchteten bleibt weiterhin die zentrale Strategie in Europa. Aktuell stellt die sogenannte «Westbalkanroute» das Bedrohungsszenario dar. In zahlreichen Vereinbarungen wird die Zusammenarbeit von nationalen Polizeien und Frontex sichergestellt (Albanien, Montenegro, Bosnien & Herzegowina, Serbien, Nordmazedonien). Der Ausbau von Frontex ist schwindelerregend: von 330 Millionen Euro auf 1,6 Milliarden Euro und von 1’400 Offizier*innen auf 10’000 Offizier*innen. 
https://www.arte.tv/de/videos/092802-000-A/frontex-auf-mission-in-albanien/
https://ffm-online.org/frontex-im-westbalkan

Bis zu 30 Tote bei Bootsunglück vor Lampedusa
In der Nacht auf vergangenen Montag dem 7.10 ist ein Boot mit ca. 50 Menschen vor Lampedusa gekentert. Dabei sind bis zu 30 Personen ums Leben gekommen, darunter auch acht Kinder. Die italienische Küstenwache rettete 22 Menschen. Laut dem EU-Flüchtlingswerk UNHCR hätte das Boot von Tunesien aus das Land verlassen. Das Boot sei beim Versuch der Menschen, sich auf das Schiff der Küstenwache zu retten und auf Grund des hohen Wellenganges gekentert.Matteo Salvini, Chef der italienischen Rechtspartei Lega und ehemaliger Innenminister reagierte umgehend mit seiner rassistischen Rhetorik: “Die Regierung soll die Migrantenabfahrten stoppen, oder es wird zu einer Katastrophe kommen. Italiens Häfen sind wieder offen, und das sind die Folgen”, schrieb er auf Twitter.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1126762.seenotrettung-bis-zu-tote-bei-bootsunglueck-vor-lampedusa.html
https://www.derstandard.at/story/2000109584725/mindestens-neun-menschen-starben-auf-fluechtlingsboot-vor-lampedusa?ref=rss
https://www.tagesschau.de/ausland/bootsunglueck-lampedusa-101.html
https://www.theguardian.com/world/2019/oct/08/13-women-dead-and-eight-children-missing-after-boat-capsizes-off-lampedusa-italy

Überwachung, Dokumentation und Speicherung von grenzüberquerenden Bewegungen wird stark zunehmen
Die Polizei und die Migrationsbehörden können europaweit auf zahlreiche Informationssysteme zugreifen. Noch muss aber jedes dieser Systeme separat abgefragt werden. Künftig wird es möglich sein, durch eine einzige Anfrage alle Systeme abzufragen. Für die Behörden wird es leichter, Personen zu identifizieren, die eine „Bedrohung für die Sicherheit“ darstellen oder falsche Angaben zu ihrer Identität machen. Oder anders gesagt erhoffen sich die Behörden dadurch wohl die komplette Kontrolle über Migrationsbewegungen in und aus dem Schengen-Raum. Im Laufe der Jahre haben die europäischen Sicherheits- und Migrationsbehörden eine Vielzahl an Informationssystemen entwickelt: Das Schengener Informationssystem (SIS) enthält Informationen zu Personen, nach denen gefahndet wird, die vermisst werden oder gegen die eine Einreisesperre verhängt worden ist. Im Visa-Informationssystem (VIS) werden Informationen zu Visa gespeichert, die von einem der Schengen-Mitgliedstaaten ausgestellt worden sind. Eurodac ist die Datenbank, in der Fingerabdrücke aller Asylsuchenden und von „illegal“ in den Schengen-Raum eingereisten Personen gespeichert werden. Eine automatische Abfrage über die Systeme hinweg ist derzeit noch nicht möglich und es findet kein Abgleich der gespeicherten Fingerabdrücke statt. Dies soll sich nun mithilfe des Projekt „Smart Borders“ ändern:- Derzeit betreibt die Europäische Union grosse Anstrengungen, die verschiedenen Informationssysteme zu verbinden. In den nächsten Jahren werden dafür mehrere Milliarden Euro aufgewendet. Das Ziel: Polizeibeamt*innen, Grenzwächter*innen oder Strafverfolgungsbehörden sollen mit einem Mausklick alle relevanten Informationen aus den verschiedenen Systemen erhalten. – Weiter will die EU auch erkennen können, wenn Personen falsche oder mehrere Identitäten verwenden. Dazu soll ein weiteres neues System den Vergleich von biometrischen Merkmalen ermöglichen, die aus verschiedenen Datenbanken stammen. Fragt eine Behörde zum Beispiel einen Fingerabdruck ab, erscheint ein Hinweis, in welchen Datenbanken dieser Fingerabdruck ebenfalls gespeichert ist. – Künftig müssen Reisende aus Drittstaaten, die für ihren Kurzaufenthalt im Schengen-Raum kein Visum benötigen, im Voraus eine Reisegenehmigung beantragen. Das europäische Reiseinformations- und Genehmigungssystem (Etias) soll ermitteln, welches Risiko die einreisende Person bezüglich Sicherheit, illegaler Einwanderung oder öffentlicher Gesundheit darstellt. Dies wird weitgehend automatisch geschehen, unter anderem mittels Abfrage der bestehenden Informationssysteme. – Ebenfalls soll ein Entry-Exit-System (EES) eingeführt werden. Reisende werden neu elektronisch überprüft und inklusive vier Fingerabdrücken und dem Gesichtsbild erfasst. Die Grenzbeamt*innen werden dann automatisch erkennen, wenn das Schengen-Visum einer Person bereits abgelaufen ist – was heute nicht der Fall ist. Diese Massnahmen werden die Fahndungs- und Ermittlungsfähigkeiten der Behörden massiv erhöhen. Für Migrant*innen wird es in Zukunft wohl fast unmöglich sein, unbemerkt noch irgendeine Grenze überqueren zu können oder unbemerkt irgendwo mit einem abgelaufenen Visum zu leben. Zudem erhöhen sich durch die Einführung der „Smart Boders“ allgemein die Kontrollkapazitäten des Staates gegenüber der Bevölkerung. 
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-76645.html


Was ist aufgefallen?
Italienische Regierung kooperiert mit libyschen Schlepper*innen
Zivile Seenotretter*innen werden mit hohen Bussen und Haft bekämpft. Ihnen wird vorgeworfen, mit libyschen Schlepper*innen gemeinsame Sache zu machen. Nun zeigt eine Recherche des italienischen Journalisten Nello Scavo, dass die italienische Regierung im Mai 2017 mit dem als Menschenschmuggler bekannten Abd al-Rahman al-Milad an einem Tisch gesessen hat. Dabei ging es um einen Deal zur Abwehr von Geflüchteten. Das Treffen fand in Cara di Mineo statt, einem der grössten Sammellager in Europa.
https://ffm-online.org/italien-regierung-verhandelt-mit-libyschen-schleppern/
https://www.n-tv.de/politik/Rom-verhandelte-wohl-mit-Top-Schleuser-article21316884.html

Studie zur Situation von nach Afghanistan abgeschobenen Menschen
Eine aktuelle Studie beschäftigt sich mit der Situation von aus Deutschland zwischen Dezember 2016 und April 2019 abgeschobenen Afghan*innen. Für die Studie wurden 55 Personen befragt, das sind etwa 10 Prozent der in diesem Zeitraum Abgeschobenen. Die Resultate zeigen das bittere Elend und die Auswegslosigkeit der Menschen auf, die nach Afghanistan zwangsausgeschafft wurden:- Gewalt gegen Abgeschobene und ihre Familien aufgrund ihrer Rückkehr tritt mit hoher Wahrscheinlichkeit und bereits innerhalb kürzester Zeit ein. 90 Prozent der Befragten gaben an, Gewalterfahrungen gemacht zu haben. Über 50 Prozent berichteten von Gewalterfahrungen, die auch sonst den afghanischen Alltag prägen: Drei Mal wurden Abgeschobene durch Anschläge so schwer verletzt, dass sie notversorgt werden mussten. Andere berichteten über Festnahmen und Misshandlungen bei Strassenkontrollen der Taliban beim Versuch, von Kabul aus ihre Heimatprovinzen zu erreichen, über Bedrohungen und Zwangsrekrutierungsversuche durch die Taliban. Acht wurden Opfer von bewaffneten Raubüberfällen.- Ebenfalls über 50 Prozent berichteten von Gewalterfahrungen aufgrund ihres Aufenthalts in Europa. Von Seiten der Taliban wird die Flucht nach Europa mit Misstrauen beäugt. Betroffene berichteten aber auch, dass sie von Nachbar*innen, Familienangehörigen und sogar Fremden auf der Strasse als »Verräter*innen« oder »Ungläubige« angesehen, bedroht, gejagt oder angegriffen wurden. – Mehr als 85 Prozent der Abgeschobenen gaben an, sich hauptsächlich durch private Unterstützung aus dem Ausland über Wasser zu halten. Keinem*keiner einzigen der Befragten ist eine Existenzgründung durch Arbeit oder auf andere nachhaltige Weise gelungen. – Familiäre Solidarität ist oft schwierig, weil sich die Familien dadurch selbst in Gefahr von Verfolgung und krimineller Übergriffe bringen würden.- Die Wohnsituation der meisten Betroffenen ist schon aufgrund der Sicherheitslage desaströs. So waren fast 90 Prozent der Unterkünfte Verstecke. 21 der Abgeschobenen versteckten sich nach Eintreffen in Kabul zunächst bei Freund*innen oder Verwandten. Neun waren zeitweilig oder dauerhaft obdachlos.- Angesichts der Ausweglosigkeit in Afghanistan sehen viele Betroffene in den grossen Risiken einer Flucht – von der Inhaftierung über die erneute Abschiebung bis zum möglichen Tod auf dem Mittelmeer – die geringere Bedrohung. Selbst drei der Befragten, die gute Chancen auf ein Visum für Deutschland gehabt hätten, sahen sich aufgrund der langen Wartezeit zu erneuter Flucht gezwungen. 19 weitere Personen hatten sich bereits auf eine erneute Flucht  begeben. Nur einer der 51 Kontaktierten erklärte, in Afghanistan bleiben zu wollen.Wer Menschen nach Afghanistan abschiebt, weiss, dass er oder sie Menschen in Verzweiflung stürzt, dass er oder sie akute Gefährdung provoziert, Obdachlosigkeit und Verelendung schafft. Die Zahl der Menschen, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind, hat sich 2018 nahezu verdoppelt. Mehr Hungernde gibt es aktuell nur noch im Jemen. Afghanistan ist eines der unsichersten Länder der Welt. Im Jahr 2018 gab es in Afghanistan mit grossem Abstand die meisten Kriegstoten weltweit. Auch das Staatssekretariat für Migration (SEM) weiss dies sehr genau. Und das Aussendepartement rät zwingend von Auslandsreisen nach Afghanistan ab. Trotzdem hält die offizielle Schweiz Abschiebungen nach Afghanistan für zumutbar und führt diese auch durch. Nach fast zweijähriger Blockade wurde im März dieses Jahres erstmals wieder eine polizeilich begleitete Zwangsausschaffung durchgeführt. 
https://www.proasyl.de/news/studie-zur-situation-abgeschobener-afghanen-bedrohungen-gewalt-chancenlosigkeit/

Rechte Hetze bei der SVP
Youtube entfernte ein Wahlkampf-Video der SVP Zürich. Dieses habe gegen die Youtube-Richtlinien zu Hassreden (hate speech) verstossen. Im Video führt die SVP Zürich Straftaten auf, die Eritreer*innen in der Schweiz begangen haben sollen. Sie bezeichnen eritreische Geflüchtete als “Scheinflüchtlinge”, weil diese “nicht an Leib und Leben bedroht” seien. Die SVP-Zürich kann nicht verstehen, weshalb Youtube das Video vom Netz nahm, für sie gehört rassistische Hetze zur Meinungsfreiheit. 
https://www.svp-zuerich.ch/https://www.20min.ch/schweiz/news/story/YouTube-sperrt-Wahlkampfvideo-der-SVP-31772541

ORS macht Millionen-Gewinn mit der Verwaltung von Geflüchteten
Dass die ORS AG Profite mit der Verwaltung und Einsperrung von Geflüchteten macht, war schon länger bekannt. Nun hat die ORS aber erstmals offengelegt, wieviel Gewinn sie tatsächlich mit dem Elend von Geflüchteten macht. Die Firma betreibt in der Schweiz etwas über 100 Asyllager in denen insgesamt fast 90’000 Personen isoliert werden können. Das Geld erhält die Firma zu grossen Teilen vom Staat. Der Reingewinn von ORS AG betrug letztes Jahr 1,3 Millionen Franken. Der Umsatz betrug 157,8 Millionen. Die Zahlen beziehen sich auf die Schweiz, Deutschland und Österreich. Alleine in der Schweiz machte die ORS letztes Jahr 99,8 Millionen Franken Umsatz.2012 expandierte die ORS nach Österreich und holte sich den Auftrag zur Verwaltung aller Asylsuchenden, die in  der „Obhut“ der Regierung standen. Damit machte die ORS 51,2 Millionen Franken Umsatz. Doch als die rechtsnationale FPÖ den Innenminister stellte, ging sie gegen die «Asylindustrie» vor. Ab 1. Juli 2020 betreibt der Staat die Unterkünfte selber. In Deutschland beschäftigt ORS mittlerweile 200 Mitarbeitende und machte 2018 einen Umsatz von 6,7 Millionen Franken. ORS ist kürzlich auch nach Italien expandiert.Während die ORS also Millionen-Gewinne macht, nimmt sie den Geflüchteten fast alles weg, was sie besitzen und beutet sie finanziell aus. Meistens werden technische Geräte, Bargeld sowie Wertgegenstände ab 1000.- beim Eintritt ins Camp konfisziert. Die Küchen, Toiletten und Gemeinschaftsräume werden von den Geflüchteten für ca. 3.- / Stunde gereinigt. Diese „Entlöhnung“ ist aber auch nur fakultativ und oft arbeiten Geflüchtete auch gratis für die ORS. Der Gewinn der ORS basiert also zu einem grossen Teil auf der Ausbeutung und Verwaltung von geflüchteten Menschen. 
https://www.ors.ch

Lächerliches Gerichtsurteil gegen rassistischen PolizistenEin Polizist aus Yverdons-les-Bains hatte in die Pässe von Migrant*innen “Dealer of Coke” geschrieben. Zudem hatte er konfiszierte Kreditkarten und Gesundheits-Ausweise zerstört. Der Polizist verteidigte sich damit, dass er nichts gegen Afrikaner*innen habe, er sei von oben dazu angewiesen worden, nur dunkelhäutige Menschen zu kontrollieren. Seine Aussage wurden jedoch von seinen Textnachrichten und Nachrichten auf Facebook widerlegt: Dort schrieb er, dass Hitler nicht nur die Juden sondern auch die Schwarzen hätte ermorden sollen. Für sein rassistisches Verhalten kassierte der Polizist 180 Tage Bussgeld auf Bewährung. Das lächerliche Urteil ist damit fast so skandalös, wie die Hetze des Polizisten selbst.
https://www.24heures.ch/vaud-regions/demandait-controler-africains/story/12462652


Was nun?
Neonazis planen Konzert im Wallis
Am «Edelweiss Concert» sollen am Samstag (13.10.19) drei international bekannte Bands aus der rechtsextremen Szene auftreten: Die französische Gruppe Lemovice, Kraftschlag aus Norddeutschland und die Legion Twierdzy Wroclaw (LTW) aus Polen. Organisator*innen und Bands haben alle Kontakte zu rechtsextremen Netzwerken wie Blood & Honour oder Combat 18. Mobilisiert wird mit einem Flyer, deren Empfänger*innen dazu aufgefordert werden, diesen nicht zu fotografieren und nicht über WhatsApp oder Twitter zu verbreiten. Wo genau das Konzert stattfinden soll, wird auf dem Flyer nicht bekannt gegeben. Gemäss Informationen von watson soll es im Raum Unterwallis stattfinden, was das Bundesamt für Polizei (Fedpol) indirekt bestätigt. Die auf dem Flyer hinterlegte Mailadresse ist gemäss Recherchen der Antifa Bern mit einer Handynummer verknüpft, die der bekannten Rechtsextremen F.M. aus Martigny VS gehört. F.M. hat vor allem zur deutschen Neonaziszene Beziehungen. Sie pflegt enge Kontakte zu Marco Gottschalk, Neonazi und Frontsänger der Rechtsrock-Band Oidoxie. Die Band gilt als einflussreichste Band der europäischen Blood & Honour- beziehungsweise Combat-18-Szene 
https://www.watson.ch/schweiz/romandie/749049736-blood-and-honour-netzwerk-plant-neonazi-konzert-im-wallis


Was war gut?
Zugang zu Asylcamps ist für Journalist*innen ein Menschenrecht Journalist*innen, die sich für Asylcamps interessieren, haben kaum oder gar keinen Zugang zu diesen. Nun hat sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte klar geäussert und gab Journalist*innen Recht, denen in Ungarn der Zugang zu einem Asylcamp verweigert wurde. Die Richter*innen sahen damit die Pressefreiheit verletzt. Das klingt banal, ist aber angesichts der rassistischen Realität ein Erfolg. 
https://www.deutschlandfunk.de/urteil-presse-darf-zugang-zu-asylzentren-nicht-verwehrt.1939.de.html?drn:news_id=1057270


Wo gabs Widerstand?
Widerstand gegen die Invasion in Rojava
Letzte Woche gab es zahlreiche Widerstandsaktionen in der Schweiz gegen die Besatzung Rojavas durch den türkischen Staat. Die Liste ist bei weitem nicht vollständig und mittlerweile sind wohl bereits wieder viele mehr dazugekommen:- Am 9. Oktober 2019 unterbrach eine Gruppe von etwa 20 Personen die Generalversammlung des Swiss-Turkish Business Council (STBC) in Sempach, Zentralschweiz. Während des Treffens drang die Gruppe in den Veranstaltungssaal ein und rief Parolen, hielt eine Rede und zeigte Transparente. Sie prangerten den völkerrechtswidrigen Krieg gegen Rojava an und machten auf die Mitverantwortung des schweizer Staates und der schweizer Wirtschaft aufmerksam. Der Text, der an der Versammlung verteilt wurde, sowie ein Video der Aktion, gibt es hier zu sehen: https://revolutionär.ch/?p=4445
– Am Donnerstag 10.10. verammelten sich am Abend mehrere Hundert Kurd*innen und solidarische Menschen vor dem türkischen Konsulat in Zürich, um gegen den Militäreinsatz der Türkei zu protestieren.
– In Bern fand am Freitag 11.10.19 ein Aktionstag gegen die Besatzung Rojavas statt. Es wurden Transpis gehängt, der Baldachin beim Hauptbahnhofes wurde besetzt und am Abend fand eine Demonstration statt.
– In der Nacht auf Samstag den 12.10.19 wurde die schweizer Waffenfirma RUAG AG mit Farbe beschmiert. Die Aktion will auf die Kompliz*innenschaft der RUAG AG mit dem türkischen faschistischen Staat aufmerksam machen. RUAG Waffen kommen im Krieg in Nord- Ost Syrien zum Einsatz. Die Firma verdient mit dem Verkauf von Waffen an die Türkei Millionen.
– Am Samstagnachmittag nahmen über 10’000 Menschen an der schweizweiten Demonstration gegen die Invasion des türkischen Staats in Rojava teil. Es gab verschiedene Reden, in denen speziell die Verteidigung der Frauenrevolution als Kern der Befreiungsbewegung im autonomen Gebiet Nord-ostsyriens hervorgehoben wurde. 
https://twitter.com/ajour_maghttps://barrikade.info/article/2722
https://www.telezueri.ch/zuerinews/kurden-versammeln-sich-vor-dem-tuerkischen-konsulat-135782211

Aktion gegen den Matratzehersteller Roviva
In der Nacht auf Sonntag wurden in der Region Luzern fünf Geschäfte besucht, die Roviva Produkte verkaufen, und ein Transpi hinterlassen. “Der CEO und Alleininhaber der Firma Roviva, Peter Patrik Roth ist seit Jahren in der lokalen und internationalen Neonaziszene unterwegs und gut vernetzt. Mit den Einnahmen von Roviva unterstützt er die rechtsextreme Szene kräftig. So unterstützte er zum Beispiel die rechtsextreme Kleidermarke White Rex mit CHF 50’000.-. Wer Roviva kauft unterstützt Neonazis. Wir fordern Peter Patrik Roth auf, sich zurückzuziehen und die Leitung der Firma Roviva der Belegschaft zu übergeben.”
https://resolut.noblogs.org/post/2019/10/06/transpi-aktion-gegen-roviva/


Was steht an?
Wederstandsaktionen gegen die Besatzung Nordsyriens
In der kommenden Woche finden in verschiednen Städten Demonstrationen und Solidaritätskundgebungen zur Verteidigung von Rojava statt:

Basel: 

  • Montag 14.10 18:30 Bahnhof SBB
  • Dienstag 15.10 18:30 Barfüsserplatz
  • Mittwoch 16.10 18:30 Claraplatz
  • Donnerstag 17.10 18:30 Marklplatz
  • Freitag 18.10 18:30 Bahnhof SBB

Zürich: Freitag 18.10. 15:30 Helvetiaplatz. Streik für Rojava. Fridays for future Rojava ruft die Klimastreikbewegung auf der ganzen Welt geeinigt Widerstand für Rojava zu leisten.

Luzern: Samstag 19.10. 15:30 Mühlenplatz, Demo.

Bern:Samstag 19.10, 15:00 Grosse Schanze, Demo 
https://twitter.com/AgendaRojkahttps://barrikade.info/article/2718

Demo | Asylcamps sind keine Lösung
9.11.19 | 14 Uhr | Bundesplatz | BernKeine Diskriminierung, sondern gleiche Rechte, Respekt und Würde für alle | Keine Isolation und keine Ausschaffungen, sondern gleicher Zugang zu Wohnen, Arbeit, Bildung, Gesundheit für alle
https://migrant-solidarity-network.ch/demo-9-11-19-bern-asylcamps-sind-keine-loesung/


Lesens -/Hörens -/Sehenswert
Biologisierter Antirassismus. Wie DNA-Ethnizitätstests ein falsches Verständnis des modernen Rassismus (re)produzieren
Gentests, die Einblicke in die ethnische Abstammung versprechen, sind nicht nur ein erfolgreiches Geschäftsmodell geworden. Sie gelten zunehmend auch als argumentatives Rüstzeug gegen Rassismus. Anstatt jedoch Vorstellungen natürlicher Unterarten des Menschen aus der Welt zu schaffen, schreiben Ethnizitätstests diese fest.
https://geschichtedergegenwart.ch/biologisierter-antirassismus-wie-dna-ethnizitaetstests-ein-falsches-verstaendnis-des-modernen-rassismus-reproduzieren/

Ein Jahr nach dem ersten NSU-Prozess
Der Nationalsozialistische Untergrund – kurz NSU – war eine rechtsextreme terroristische Gruppe in Deutschland, die zahlreiche rassistische Morde und Anschläge verübt hat. Etwas mehr als ein Jahr nach dem Ende des 1. NSU-Prozesses in München wollen wir schauen, was seitdem geschehen ist.
https://polyphon-rabe.ch/wp/nsu/?fbclid=IwAR1QJ22nOuEKLkeprKd7HovFQw72OGi2EBsITtD1MtUbwThVN9fJ8DSHp6g

Film “No Apologies”
„Nous ne nous excuserons plus de qui nous sommes“. Le collectif Kiboko – constitué de personnes concernées par le racisme systémique ainsi que d’allié.e.s – annonce la sortie en salle de leur documentaire No Apologies.
https://renverse.co/No-Apologies-le-film-sort-en-salle-2225

Die Schweiz: Land der Lager
In Kürze wird in Zürich das neue Bundesasylzentrum auf dem Duttweiler-Areal eröffnet. Es steht sinnbildlich für das neue, von der SP wesentlich mitgeprägte Asylregime, das seit März in Kraft ist. Hinter einer glitzernden Fassade verbirgt sich: ein Lager. Eine Wutschrift.
https://daslamm.ch/die-schweiz-land-der-lager/

Des Bundesrats Lobhudeleien für Mussolini und Franco
Eine historische Aufarbeitung zeigt vor dem Zweiten Weltkrieg eine nazifreundliche Schweiz, die paranoid war gegenüber Russland.
https://www.infosperber.ch/Artikel/Politik/Des-Bundesrats-Lobhudeleien-fur-Mussolini-und-Franco

Arbeitsweise und Organisation des UNHCR
https://www.euronews.com/2019/10/02/unhcr-in-libya-part-1-from-standing-withrefugees-to-standing-withstates