Medienspiegel 4. Mai 2021

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++BERN
1. Flüchtlingsparlament tagt in Bern
Kaum ein Thema bewegt die politischen Gemüter stärker als die Asyl- und Flüchtlingspolitik. Seit Jahren schraubt und flickt das Parlament an den Gesetzen, auch aktuell wieder im Rahmen der Sondersession des Nationalrates.
https://rabe.ch/2021/05/04/1-fluechtlingsparlament-in-bern/


+++BASEL
Schluss mit NotschlafstelleAbgewiesene Asylbewerber erhalten «würdige Unterkunft»
Alleinstehende Asylsuchende können in Basel neu nach einem Jahr Unterkunft in der Notschlafstelle in einer Asylliegenschaft unterkommen.
https://www.bazonline.ch/neue-unterkunftsmoeglichkeit-fuer-nothilfebeziehende-in-basel-stadt-135002237532
-> https://telebasel.ch/2021/05/04/nothilfebeziehende-erhalten-neue-unterkunftsmoeglichkeit/?channel=105100
-> https://www.bs.ch/nm/2021-kurzmitteilungen-aus-der-regierungsrats-sitzung-bulletin-rr-14.html


+++SCHWEIZ
Die geplante Auswertung von Handydaten verletzt die Grundrechte von Geflüchteten
Der Nationalrat stimmt einer Gesetzesänderung zu, die das Recht auf Privatsphäre unnötig massiv ein-schränkt: Asylsuchende sollen verpflichtet werden, künftig ihre elektronischen Datenträger den Behörden aus-zuhändigen – und diese werden ermächtigt, selbst besonders schützenswerte Daten auszuwerten. Das ist rechtsstaatlich höchst bedenklich.
https://www.fluechtlingshilfe.ch/publikationen/standpunkt/handydaten
-> https://www.watson.ch/schweiz/migration/609830878-bund-soll-auf-handys-von-asylsuchenden-zugreifen-duerfen
-> https://www.blick.ch/politik/um-identitaet-zu-pruefen-bund-soll-auf-handys-von-asylsuchenden-zugreifen-duerfen-id16503140.html
-> Rendez-vous: https://www.srf.ch/play/radio/echo-der-zeit/audio/nationalrat-und-handykontrolle-bei-asylsuchenden?id=f186325f-1f50-42e9-a636-54a31063449a
-> https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2021/20210504170731659194158159038_bsd161.aspx
-> https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2021/20210504160152194194158159038_bsd145.aspx
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/ueberpruefung-der-handydaten-von-asylsuchenden-gefordert?urn=urn:srf:video:aa378047-67aa-422f-8fe1-7946b2eeb77c
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/asylsuchende-ohne-papiere-bund-soll-auf-handys-von-asylsuchenden-zugreifen-koennen
-> https://www.derbund.ch/asylsuchende-sollen-durchleuchtet-werden-838274552926


+++EUROPA
Folter an den EU-Außengrenzen: Pushbacks mit brutaler Gewalt
Schläge, Tritte, erzwungenes Ausziehen: Ein neuer Bericht dokumentiert Gewalt gegen Flüchtende bei illegalen Pushbacks an den EU-Außengrenzen.
https://taz.de/Folter-an-den-EU-Aussengrenzen/!5769541/


Nach SPIEGEL-Enthüllungen: SPD fordert Frontex-Neuanfang ohne Leggeri
Illegale Pushbacks von Flüchtlingen, WhatsApp-Nachrichten an die libysche Küstenwache: Frontex-Chef Fabrice Leggeri steht massiv in der Kritik. Nun verlangt die SPD personelle Konsequenzen und mehr Kontrolle.
https://www.spiegel.de/ausland/frontex-skandal-spd-fordert-tiefgreifende-reform-der-grenzschutzagentur-a-6a951a12-9ac0-47cb-a5b2-72fa032a585d


+++JENISCHE/ROMA/SINTI
Bieler Tagblatt 04.05.2021

Beat Feurer reicht es

Erneut parkieren ausländische Fahrende bei der Tissot Arena. Dem Bieler Gemeinderat Beat Feurer (SVP) ist nun endgültig der Geduldsfaden gerissen.

von Carmen Stalder

Es nimmt kein Ende: In der Nacht von Montag auf gestern hat sich eine Gruppe von ausländischen Fahrenden mit 60 bis 80 Gespannen bei der Tissot Arena breitgemacht. Sie hätten sich gewaltsam Zutritt zum mit Barrieren und Bodensenkungen gesicherten öffentlichen Parkplatz neben der Firma MPS verschafft, sagt der Bieler Sicherheitsdirektor Beat Feurer (SVP). Dort sollen sie allerdings nicht lange bleiben. «So geht es nicht mehr weiter, jetzt reicht es», sagt der Gemeinderat.

Seit Wochen sind mehrere Gruppen von ausländischen Fahrenden in Biel stationiert. Im Bözingenfeld, auf der Südseite der Tissot Arena, waren während geraumer Zeit rund 80 bis 100 Wohnwagen illegal parkiert. Die Behörden wiesen die Fahrenden unter Androhung einer Strafanzeige an, den besetzten Platz bis am vergangenen Donnerstag zu verlassen. Ein Grossteil der Fahrenden hat sich daraufhin in der Gemeinde Worben niedergelassen (das BT berichtete).

Zustand nicht mehr dulden

Bereits am Montag ist die Gruppe wieder hier aufgetaucht. Zwar wollten sich die Fahrenden zuerst Zugang zum Expo-Areal in Nidau verschaffen. In Absprache mit der Grundstückeigentümerin Biel hinderte sie jedoch die Kantonspolizei Bern an diesem Vorhaben, wie Mediensprecher Joël Regli auf Anfrage sagt. Also fuhr der Wohnwagen-Konvoi weiter ins Bözingenfeld.

Zu einem grossen Teil handle es sich bei der Gruppe um dieselben Personen, die bereits in den vorigen Wochen im Bözingenfeld waren, bestätigt Feurer. Allerdings besetzen sie aktuell einen Parkplatz, der dem städtischen Verwaltungsvermögen angehört und damit in Feurers Zuständigkeit fällt. Der davor betroffene Kiesplatz dagegen fiel als Teil des Finanzvermögens in die Zuständigkeit seiner Amtskollegin Silvia Steidle (PRR).

Der Sicherheitsdirektor jedenfalls scheint mit seiner Geduld am Ende zu sein. Er könne diesen Zustand nicht länger dulden und müsse jetzt strikt sein. «Die Fahrenden haben offenbar immer noch nicht verstanden, dass wir unser Konzept umsetzen.» Konkret sieht die Stadt bei illegalen Landbesetzungen die Wegweisung der Fahrenden vor und erstattet Anzeige, wenn diese das besetzte Gelände in der gesetzten Frist nicht verlassen haben. Als letzte Massnahme erfolgt die polizeiliche Räumung.

Verkürzte Frist

Im vorliegenden Fall haben die Fahrenden gestern Nachmittag eine Frist bis heute um 8 Uhr erhalten – eine deutlich kürzere Zeit also, als dies bis anhin der Fall war. Es gehe darum, klar zu kommunizieren, dass die Toleranzgrenze erreicht sei, sagt Feurer. Falls die Fahrenden bis zur gesetzten Frist nicht weg sind, müssen sie eine Busse von 500 Franken pro Wohnwagen berappen. Weiter würden ihre Fahrzeuge mit polizeilicher Unterstützung abgeschleppt, falls sie den Platz nicht rasch verlassen.

Wie genau eine solche Räumung vonstattenginge und wie viele Einsatzkräfte dafür aufgeboten würden, kann der Kapo-Mediensprecher zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Dies werde sich zu gegebenem Zeitpunkt weisen.

Da sich die Fahrenden mit ihren Wohnwagen illegalen Zugang zum Parkplatz verschaffen haben, seien sie gestern wiederholt mit Parkbussen zur Kasse gebeten worden, führt Feurer aus. Er zeigt sich überzeugt, dass die neue Strenge Wirkung zeigt und die Gruppe sich nicht wieder auf städtischem Boden niederlassen wird. Klar ist aber auch: Niemand kann sie rund um die Uhr überwachen. So sind es denn auch meist Nacht-und Nebel-Aktionen, wenn Fahrende an einem neuen Ort ankommen.

Feurer betont, dass es den öffentlichen von privatem Grund zu unterscheiden gelte: Auf Letzterem liegt es an den jeweiligen Eigentümerinnen, die entsprechenden Rechtsmittel zu ergreifen. Der Stadt seien in einem solchen Fall die Hände gebunden. Handeln will sie dagegen bei einer weiteren Gruppe von Fahrenden, die beim Bieler Werkhof an der Gemeindegrenze zu Brügg stationiert ist. Noch diese Woche sollen die Wohnwagen auch diese Parzelle verlassen. Man habe den Fahrenden dort schlicht ein paar Tage mehr Zeit gegeben, weil sich aktuell alle Ressourcen auf die Situation bei der Tissot Arena konzentrierten, so Feurer.
(https://www.bielertagblatt.ch/nachrichten/biel/beat-feurer-reicht-es)


+++FREIRÄUME
Polizeieinsatz auf der Luzerner Allmend: Die «Familie Eichwäldli» wurde zur Befragung mitgenommen
Der Luzerner Stadtrat hat die Räumung der Soldatenstube verlangt und will das Haus abreissen. Am Dienstagmorgen ist die Polizei aufgefahren. Geräumt wird die besetzte Liegenschaft aber noch nicht – dafür zum Teil verbarrikadiert.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/familie-eichwaeldli-polizeieinsatz-laeuft-bewohnerinnen-und-bewohner-der-alten-soldatenstube-in-der-stadt-luzern-werden-befragt-ld.2132657
-> https://www.zentralplus.ch/eichwaeldli-die-polizei-ist-in-schutzausruestung-vor-ort-2076707/
-> https://www.zentralplus.ch/eichwaeldli-bewohner-koennen-ins-haus-zurueck-nur-die-soldatenstube-ist-zu-2077087/
-> https://www.nau.ch/ort/luzern/luzern-hausdurchsuchung-vor-ort-65919846
-> https://www.tele1.ch/nachrichten/polizei-mischt-besetzung-eichwaeldli-auf-141779875


+++GASSE
Was wollen die Behörden dagegen tun? Aggressive Bettler rücken den Berner:innen auf die Pelle
Sie verkaufen Rosen oder bitten um Geld ohne Gegenleistung: Die Bettler in Bern werden zunehmend aggressiver. Seit etwa sechs Wochen häufen sich die Meldungen bei der Fremdenpolizei wegen aggressiven Bettlern.
https://www.telebaern.tv/telebaern-news/was-wollen-die-behoerden-dagegen-tun-aggressive-bettler-ruecken-den-bernerinnen-auf-die-pelle-141779128


Migrationsamt weist 17 Bettler weg – Massnahmen gegen zwei weitere
Die Basler Polizei nahm in der Nacht auf Dienstag eine Razzia bei den Bettlern vor. Gegen 19 Menschen wurden ausländerrechtliche Massnahmen verfügt.
https://telebasel.ch/2021/05/04/migrationsamt-weist-17-bettler-weg-massnahmen-gegen-zwei-weitere
-> https://www.20min.ch/story/bettler-werden-nach-grosskontrolle-ausgewiesen-355465573421
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/durcheinander-beim-impfen-ploetzlich-bekommen-43-000-ein-sms?id=11978399 (ab 05:23)
-> https://www.bazonline.ch/naechtliche-kontrolle-an-roma-schlafplaetzen-in-basel-396352842656
-> https://www.bzbasel.ch/basel/naechtliche-kontrollen-nicht-an-die-aufenthaltsdauer-gehalten-elf-bettelnde-werden-ausgewiesen-ld.2132900
-> https://www.onlinereports.ch/News.117+M5a428bb8d8a.0.html
-> https://primenews.ch/news/2021/05/elf-wegweisungen-verfuegt-grosskontrolle-von-bettelnden-basel
-> https://www.bs.ch/nm/2021-19-auslaenderrechtliche-massnahmen-bei-kontrolle-von-mutmasslichen-bettlern-jsd.html


Schweizer Städte kämpfen mit Bettler-Problem
Die Stadt Bern hat in den vergangenen Wochen mit aufdringlichen Bettlern zu kämpfen. Auch andere Schweizer Städte kennen das Problem und warnen vor Betrügern.
https://www.nau.ch/news/schweiz/schweizer-stadte-kampfen-mit-bettler-problem-65918929


Reha Lutzenberg AR im Portrait – Schweiz Aktuell
Für suchtgefährdete Menschen ist die Corona-Zeit nicht einfach. «Schweiz aktuell» ist live im Rehabilitationszentrum Lutzenberg AR und zeigt, wie schwierig der Ausstieg aus einer Sucht ist.
https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/reha-lutzenberg-ar-im-portrait?urn=urn:srf:video:36f89e51-3235-4c01-8690-125527a7bbc8


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Acht Klima-Aktivisten wegen Sitzblockade in Zürich vor Gericht
Eine Sitzblockade vor dem Eingang der Credit Suisse am Paradeplatz im Juli 2019 hat für acht Klima-Aktivisten ein juristisches Nachspiel: Die Zürcher Staatsanwaltschaft hat sie wegen Nötigung und Hausfriedensbruchs angeklagt. Nun kommen sie vor Bezirksgericht.
https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/acht-klima-aktivisten-wegen-sitzblockade-in-zuerich-vor-gericht-00157604/


+++LINKSAUSSEN-BASHING
Wo Linksradikale onlineshoppen – Badelatschen und Baseball-Schläger für Polizei-Hasser
Ein Zürcher Händler vertreibt Artikel mit aggressiven Botschaften für eine Szene mit zunehmender Gewaltbereitschaft.
https://www.srf.ch/news/schweiz/wo-linksradikale-onlineshoppen-badelatschen-und-baseball-schlaeger-fuer-polizei-hasser


+++KNAST
Brian: von Anfang an keine Chance
humanrights.ch hat die Geschichte von Brian aufgearbeitet: Die Brian-Chronik dokumentiert diese mit Blick auf die Menschenrechte. Sie beschreibt das Vorgehen und Verhalten staatlicher Akteure vor dem Hintergrund ihrer menschenrechtlichen Verpflichtungen.
https://www.humanrights.ch/de/fachstellen/fachstelle-freiheitsentzug/brian-anfang-chance


+++ANTITERRORSTAAT
Gefährliche Ideologien – Wann gilt jemand als Gefährder oder Gefährderin?
Das Terror-Bekämpfungsgesetz führt zusätzliche Massnahmen ein, um terroristische Ideen frühzeitig zu vereiteln.
https://www.srf.ch/news/schweiz/gefaehrliche-ideologien-wann-gilt-jemand-als-gefaehrder-oder-gefaehrderin


Junge SVP Schaffhausen stellt sich gegen ihre Mutterpartei
Die Polizei soll potenzielle Terroristen schon vor einem Anschlag überwachen können. Die Junge SVP Schaffhausen ist gegen diese Art von präventiver Überwachung – im Gegensatz zur Mutterpartei. Die Abstimmung über das «Terrorgesetz» ist am 13. Juni.
https://www.toponline.ch/news/schaffhausen/detail/news/junge-svp-schaffhausen-stellt-sich-gegen-ihre-mutterpartei-00157614/


+++BIG BROTHER
Session in Bern: Nationalrat erlaubt Ermittlern erweiterte Nutzung von DNA-Profilen
Neu sollen auch Hinweise auf äusserliche Merkmale wie Haar- und Augenfarbe oder die biogeografische Herkunft herausgelesen werden können.
https://www.derbund.ch/nationalrat-will-erweiterte-nutzung-von-dna-profilen-beraten-542338045136
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/sondersession-im-nationalrat-ermittler-sollen-dna-profile-weitergehender-nutzen-koennen
-> Rendez-vous: https://www.srf.ch/play/radio/rendez-vous/audio/nationalrat-will-erweiterte-nutzung-von-dna-profilen?id=2625ff46-08cf-4707-bcf9-ba0cfed2b33b
-> https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/nationalrat-erlaubt-erweiterte-analyse-von-dna-spuren-65920091
-> https://www.blick.ch/politik/mittel-fuer-strafverfolgung-nationalrat-debattiert-ueber-erweiterte-nutzung-von-dna-profilen-id16501729.html
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/nationalrat-kein-obligatorisches-referendum-fuer-staatsvertraege?urn=urn:srf:video:85029e91-02f4-4e38-8586-15771d166d1c
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/ermittler-sollen-kuenftig-aus-dna-profilen-mehr-informationen-erhalten-141779465
-> https://www.tele1.ch/nachrichten/kann-ein-dna-gesetz-den-fall-emmen-weiterbringen-141779785
-> https://www.tele1.ch/nachrichten/nationalrat-heisst-dna-profil-gesetz-gut-141779798
-> https://www.tvo-online.ch/aktuell/nationalrat-erlaubt-ermittlern-erweitertes-dna-profiling-141778801
-> https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2021/20210504134554616194158159038_bsd111.aspx
-> https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2021/20210504094355928194158159038_bsd052.aspx
-> https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2021/20210504043008833194158159038_bsd013.aspx



nzz.ch 04.05.2021

Von der DNA auf das Alter, die Hautfarbe oder die Herkunft des Täters schliessen: Der Nationalrat will der Polizei mehr Möglichkeiten geben

Aus einem Blutstropfen sollen Ermittler Informationen über das Aussehen eines Täters oder einer Täterin gewinnen dürfen. Kritiker im Parlament warnen vor Diskriminierung. Und weisen auf die Ungenauigkeit der Methode hin.

Larissa Rhyn

Könnten dank neuen Analysemethoden ungeklärte Verbrechen aufgedeckt werden? Zum Beispiel ein Mord an einer 56-jährigen Frau, die 2010 in ihrer Praxis in Zürich durch mehrere Messerstiche getötet wurde? Und ein Doppelmord in Laupen im Kanton Bern fünf Jahre später, bei dem ein älteres Ehepaar in seinem Haus umgebracht wurde?

In den beiden Fällen fanden die Ermittler DNA-Spuren derselben Person. Wegen des Fundorts ist für sie klar: Sie müssen vom Täter stammen. Doch sie können sie niemandem in der DNA-Datenbank zuordnen. Und obwohl es technisch möglich wäre, darf die Polizei nicht mehr als das Geschlecht aus der Probe bestimmen. Beide Fälle verschwinden in der Schublade – vorerst.

Bundesrätin Karin Keller-Sutter warb am Dienstag im Parlament mit diesen zwei Beispielen für eine Gesetzesänderung, die der Polizei eine neue Ermittlungsmethode eröffnen würde: das sogenannte Phenotyping aufgrund von DNA-Proben. Ermittler können dabei anhand von Blut, Sperma oder anderen Spuren am Tatort Prognosen über das Aussehen des mutmasslichen Täters beziehungsweise der Täterin machen. Und zwar zu Haut-, Haar- und Augenfarbe, zur «biogeografischen» Herkunft und zum Alter.

Führt die Methode zu Racial Profiling?

Sämtliche Parteien waren im Nationalrat grundsätzlich dafür, dass Phenotyping künftig auch in der Schweiz genutzt werden darf. Uneinig waren sie sich allerdings in der Frage, bei welchen Straftaten die Methode eingesetzt werden darf und welche Merkmale aus der DNA bestimmt werden dürfen. Den Grünen ging die gegenwärtige Gesetzesvorlage zu weit. Ihr Antrag auf Nichteintreten hatte jedoch keine Chance.

Besonders die Bestimmung der biogeografischen Herkunft erachteten linke Parlamentarier als problematisch. Dabei ziehen Ermittler Rückschlüsse darauf, von welchem Kontinent ein Spurenleger stammt. Die Gegner argumentieren, dies könne zu Diskriminierung und Racial Profiling beitragen. So betonte die grüne Nationalrätin Marionna Schlatter: «Ganze Bevölkerungsgruppen geraten in den Fokus einer Ermittlung.» Kritisiert wird auch, dass die Methode primär dann zum Erfolg führe, wenn es sich um ein Minderheitsmerkmal handle – wenn der Täter also nicht weiss ist oder aus Westeuropa stammt. Das folgende Beispiel illustriert, weshalb.

In einem kleinen Dorf in den Niederlanden wird eine Frau vergewaltigt und ermordet. Die Untersuchung der DNA aus Spermaspuren weist darauf hin, dass der Täter mit hoher Wahrscheinlichkeit asiatischer Herkunft ist. In dem Dorf lebt nur eine Person, auf die das zutrifft. Dem Mann wird DNA entnommen, und er kann überführt werden.

Keller-Sutter bezeichnet Methode als «ideologiefrei»

Als Gegenbeispiel für die These, dass die Methode nur bei Angehörigen von Minderheiten erfolgreich ist, wird jedoch ebenfalls oft ein Fall aus den Niederlanden zitiert. 1999 wird in der Nähe eines Asylzentrums eine 16-Jährige ermordet. Zuerst stehen primär die Asylsuchenden unter Verdacht – zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung. Das Phenotyping deutet jedoch darauf hin, dass der Täter ein Westeuropäer ist. Die Behörden können ihre Ermittlung besser fokussieren und überführen später einen lokalen Bauern.

Dies sind zwei der wenigen bekannten Beispiele, bei denen Phenotyping in europäischen Ländern zum Erfolg führte. Die Methode ist erst in wenigen EU-Ländern gesetzlich erlaubt, wird aber beispielsweise in den Niederlanden seit vielen Jahren angewandt. In Deutschland wird die Methode bis jetzt nur restriktiv eingesetzt. Zudem ist die Bestimmung der biogeografischen Herkunft nicht erlaubt – wohl aber die der Hautfarbe.

Justizministerin Keller-Sutter betonte, Phenotyping sei «ideologiefrei». Laut dem Bundesamt für Polizei ist die Methode weniger diskriminierend als Zeugenaussagen: Da würden die Täter oft als grösser oder dunkler beschrieben, als sie tatsächlich seien. Schliesslich sprach sich im Nationalrat eine klare Mehrheit von 121 zu 65 Stimmen dafür aus, auch die Bestimmung der Herkunft aus der DNA zu erlauben.

Aussagen über Intelligenz oder Gesundheit bleiben verboten

Linke Parlamentarier warnten davor, die Methode zu überschätzen. Sie kann kein klares Phantombild liefern. Die Testgenauigkeit hängt stark vom Merkmal ab. Relativ gut funktioniert die Methode bei blauen oder braunen Augen. Bei «Mischfarben» wie Grün oder Grau ist die Testgenauigkeit geringer.

Analysiert man eine einzelne DNA-Probe, liefert die Methode zudem individuelle Wahrscheinlichkeiten für jedes Merkmal – beispielsweise dafür, dass der Spurenleger blaue Augen hat. Beträgt die Wahrscheinlichkeit nur 65 Prozent, dürfte es für Ermittler riskant sein, sich zu sehr auf Menschen mit blauen Augen zu konzentrieren. Sind es hingegen 91 Prozent, können sie den Fokus auf diese Gruppe legen.

Dank dem technischen Fortschritt könnte es künftig möglich sein, auch die Grösse oder die Haarstruktur aus der DNA herauszulesen. Der Bundesrat will die Freiheit haben, solche zusätzlichen äusseren Merkmale in den Katalog aufzunehmen, ohne das Parlament zu befragen. Hier waren neben SP und Grüne auch die Grünliberalen und einzelne Bürgerliche kritisch. Trotzdem sprach sich eine knappe Mehrheit dafür aus, dem Bundesrat diese Kompetenz zu übertragen.

Viele äusserliche Merkmale können verändert werden: Der Täter kann sich die Haare blondieren, längst eine Glatze haben oder gefärbte Kontaktlinsen tragen. Bürgerliche argumentierten deshalb, dass jedes zusätzliche äusserliche Merkmal hilfreich sein könne und es wichtig sei, dass der Bundesrat dieses schnell in den Katalog aufnehmen könne. Die Kombination verschiedener Merkmale könne helfen, den Kreis der Verdächtigen einzuschränken.

Verboten bleibt es, aufgrund der DNA Rückschlüsse auf die Gesundheit, die Intelligenz oder den Charakter eines Täters zu ziehen. Dieser Eingriff in die Grundrechte ist aus Sicht des Bundesrats unverhältnismässig.

Dank der DNA von Verwandten die Täterin finden

Die Ratslinke forderte weiter, dass die Methode nur bei ausgewählten schweren Straftaten eingesetzt werden dürfe. Sonst sei der Eingriff in die Freiheitsrechte zu gross. Ähnliches sah der Vorstoss eines FDP-Parlamentariers vor, aus dem das nun diskutierte Gesetz hervorgegangen ist. Trotzdem unterstützten die Freisinnigen den Vorschlag des Bundesrats, der weiter geht: Die Methode soll bei allen Verbrechen eingesetzt werden können – das heisst bei Delikten, die mit drei Jahren Gefängnis oder mehr bestraft werden können. Die FDP-Nationalrätin Maja Riniker erklärte: «Wir wollen keinen Täterschutz betreiben.»

Das Gesetz regelt auch, dass die Polizei bei einem Verbrechen das Erbgut auf einen Verwandtschaftsbezug untersuchen darf. Wenn in der DNA-Datenbank der Bruder der Spurenlegerin erfasst ist, kann ein Abgleich der Profile zur Erfassung der Täterin führen. Die SP und die Grünen scheiterten mit ihren Anträgen, dass diese Methode von einem Gericht angeordnet werden müsse.

In der Schlussabstimmung stimmte der Rat der Änderung des DNA-Profilgesetzes mit 125 zu 54 Stimmen bei 12 Enthaltungen zu. Als Nächstes entscheidet der Ständerat.
(https://www.nzz.ch/schweiz/phenotyping-polizei-soll-hautfarbe-des-taeters-aus-dna-bestimmen-ld.1615177)


+++POLICE BE
Interkantonale Polizeischule Hitzkirch: Regierungsrat empfiehlt vorsorgliche Kündigung des Konkordates
Der Regierungsrat empfiehlt dem Grossen Rat aufgrund einer externen Analyse eine vorsorgliche Kündigung des Konkordates über Errichtung und Betrieb der Interkantonalen Polizeischule in Hitzkirch (IPH) per Ende 2035. Mit der Führung einer eigenen Polizeischule ab 2036 reduzieren sich die jährlichen Kosten des Kantons Bern um schätzungsweise 2,3 Millionen Franken pro Jahr und die geographische Nähe bringt weitere Vorteile. Die praxisbezogene Ausbildung soll damit insgesamt verbessert und effizienter werden.
https://www.be.ch/portal/de/index/mediencenter/medienmitteilungen.meldungNeu.mm.html/portal/de/meldungen/mm/2021/05/20210503_1650_regierungsrat_empfiehltvorsorglichekuendigungdeskonkordates
-> https://www.derbund.ch/regierung-will-eigene-polizeischule-136227066759
-> https://www.bernerzeitung.ch/berner-regierungsrat-will-eine-eigene-polizeischule-788048830670
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/schweizer-polizeischule-kanton-bern-will-bei-polizeischule-hitzkirch-nicht-mehr-mitmachen
-> https://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/190094/
-> Schweiz Aktuell: https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/polizeischule-hitzkirch-lu-in-bedraengnis?urn=urn:srf:video:69ce138e-ef77-4f09-ba88-96fae21c7b3d
-> https://www.tele1.ch/nachrichten/bern-will-aus-polizeischule-in-hitzkirch-lu-aussteigen-141779863
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-aargau-solothurn/bern-steigt-aus-polizeischule-hitzkirch-vor-ungewisser-zukunft?id=11978057
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zentralschweiz/bern-will-bei-polizeischule-hitzkirch-aussteigen?id=11978099
-> https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/kanton-bern-tritt-aus-interkantonaler-polizeischule-hitzkirch-aus-ld.2132902



nzz.ch 04.05.2021

Bern geht eigene Wege: Die gemeinsame Ausbildung von elf Polizeikorps steht vor dem Aus

Der Kanton Bern will eine eigene Polizeischule eröffnen. Damit steht die gemeinsame Ausbildung von Polizistinnen und Polizisten aus weiten Teilen der Deutschschweiz vor einem Neuanfang.

Erich Aschwanden

Für Aussenstehende kommt der Schritt überraschend. Am Dienstag hat der Regierungsrat des Kantons Bern angekündigt, dass er das Konkordat für die Interkantonale Polizeischule (IPH) in Hitzkirch kündigen will. Der Schritt ist von grosser Bedeutung, lassen doch seit dem Jahr 2004 elf Polizeikorps der Zentral- und Nordwestschweiz ihre Aspirantinnen und Aspiranten an dieser Bildungsstätte im Luzerner Seetal aus- und weiterbilden. Das Institut ist daher eine Klammer für zahlreiche Polizeikorps der Deutschschweiz, welche die Zusammenarbeit auch im täglichen Einsatz erleichtert. In Hitzkirch werden jährlich rund 250 junge Polizistinnen und Polizisten auf ihren Dienst vorbereitet.

Enttäuschte Erwartungen

Die Berner Regierung führt für diesen Schritt, der per Ende des Jahres 2035 erfolgen soll, verschiedene Gründe ins Feld. So ist sie enttäuscht darüber, dass die angestrebte Harmonisierung der Ausbildung und die Schaffung von Synergien nicht im erhofften Ausmass erreicht worden seien. Negativ fallen auch die hohen Kosten ins Gewicht. Der Kanton Bern zahle heute rund einen Drittel der Kosten, «die Einflussmöglichkeiten der beteiligten Kantone bleiben jedoch gering», hält der Regierungsrat in einer Medienmitteilung fest. Wegen dringend notwendiger Sanierungsmassnahmen der Schulungsräumlichkeiten würden die Kosten in den kommenden Jahren noch zunehmen.

Die Regierung beantragt dem Berner Grossen Rat deshalb, ab 2036 eine eigene Polizeischule zu führen. Diese soll im bestehenden Ausbildungszentrum in Ittingen zu stehen kommen. Eine eigene Polizeischule verbessere insgesamt die praxisbezogene Ausbildung und die Ausbildungseffizienz, hält der Regierungsrat fest. So könne verstärkt auf die kantonsspezifischen Besonderheiten und die Praxis eingegangen werden. Dies muss bei den deutschsprachigen Polizisten bis anhin im Praktikumsjahr nachgeholt werden. Die geografische Nähe würde die Schule für Aspirantinnen und Aspiranten mit familiären Verpflichtungen attraktiver machen. Bern bildet jedes Jahr rund hundert deutschsprachige Polizistinnen und Polizisten aus.

Neue Strategie ist nötig

Für die Verantwortlichen der Interkantonalen Polizeischule kommt der Ausstieg Berns nicht überraschend. Der Vertreter des Kantons Bern hat die Konkordatsbehörde der IPH an ihrer jährlichen Sitzung vom 29. April über die vorsorgliche Kündigung des Konkordates unterrichtet. «Die Konkordatskantone haben dies zur Kenntnis genommen. Der laufende Betrieb wird dadurch nicht tangiert», erklärt der Luzerner Justiz- und Sicherheitsdirektor Paul Winiker als Präsident der Konkordatsbehörde.

Unabhängig vom Entscheid Berns ist laut Winiker ein Strategieprozess für die Zeit nach dem Ablauf des gegenwärtigen Konkordatsvertrags im Jahr 2035 bereits in Planung. «Darin sollen die Entwicklung der IPH und die Zukunft der Schule aufgezeigt sowie geklärt werden, welche Auswirkungen ein Austritt des Kantons Bern auf Organisation und Finanzen der Schule hätte», schreibt Winiker. Der Projektauftrag zu diesem Strategieprozess wird an der nächsten Sitzung der Konkordatsbehörde im April 2022 verabschiedet werden. Bis zu diesem Zeitpunkt dürfte etwas mehr Klarheit darüber herrschen, wie die Polizeiausbildung in weiten Teilen der Deutschschweiz in Zukunft aussieht.
(https://www.nzz.ch/schweiz/bern-geht-eigene-wege-die-gemeinsame-ausbildung-der-deutschschweizer-polizisten-steht-vor-dem-aus-ld.1616861)


+++POLIZEI DE
Das unternimmt die Polizei wirklich gegen Rassisten in den eigenen Reihen
… und wo es noch Probleme gibt. Ein Auszug aus dem Buch ‘Auf dem rechten Weg? Rassisten und Neonazis in der deutschen Polizei’ des VICE-Autors Aiko Kempen.
https://www.vice.com/de/article/g5ggby/auf-dem-rechten-weg-rassisten-in-der-polizei


+++RASSISMUS
Antira-Wochenschau: Holocaustvergleich im SRF, Schutz für die ORS, Tote an den Grenzen
https://antira.org/2021/05/03/holocaustvergleich-im-srf-schutz-fuer-die-ors-tote-an-den-grenzen/


+++RECHTSPOPULISMUS
Debatte um Cancel Culture – Ist Cancel Culture demokratisch oder totalitär?
Eine LGBTQ-Aktivistin und eine Journalistin sprechen über die aktuelle Pranger- und Empörungskultur.
https://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-religion/debatte-um-cancel-culture-ist-cancel-culture-demokratisch-oder-totalitaer


+++RECHTSEXTREMISMUS
Drohbrief-Terror in Deutschland: Ermittler enttarnen mutmasslichen «NSU 2.0»-Täter
Ein 53-jähriger Berliner soll 115 Drohschreiben an Anwältinnen, Politiker und Medien verfasst haben. Die Ermittler fanden auch eine Schusswaffe.
https://www.derbund.ch/ermittler-enttarnen-mutmasslichen-nsu-2-0-taeter-572293631847
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1151578.rechtsextreme-netzwerke-viele-offene-fragen-nach-festnahme-im-fall-nsu.html
-> https://taz.de/Rechtsextreme-Hasskriminalitaet/!5765353/
-> https://taz.de/Festnahme-eines-NSU-20-Verdaechtigen/!5769933/
-> https://www.jungewelt.de/artikel/401800.rechter-terror-polizei-pr%C3%A4sentiert-einzelt%C3%A4ter.html
-> https://www.deutschlandfunk.de/drohschreiben-vom-nsu-2-0-renner-linke-absender-muss.694.de.html?dram:article_id=496703
-> https://www.deutschlandfunk.de/festnahme-nach-nsu-2-0-drohmails-ein-guter-tag-fuer-den.720.de.html?dram:article_id=496721
-> https://www.zdf.de/nachrichten/politik/nsu-drohbriefe-festnahme-linken-chefin-wissler-interview-100.html
-> https://www.tagesschau.de/investigativ/wdr/nsu-2-0-festnahme-101.html


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Das Aktionsbündnis Aargau-Zürich sagt die Coronademos in Aarau und Wettingen ab
Nachdem die Corona-Demos in Aarau und Wettingen abgesagt und die Beschwerde abgelehnt wurde, sagen auch die Verantwortlichen die Veranstaltung offiziell ab. Trotzdem wollen sie bis vor Bundesgericht weiterkämpfen.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/covid-massnahmen-das-aktionsbuendnis-aargau-zuerich-sagt-die-coronademos-in-aarau-und-wettingen-ab-ld.2132996


Knapp 250 Personen an Kundgebung –  Coronademo: Stadt Luzern zeigt drei Personen an
Diesen Montag hat in Luzern ein «Abendspaziergang» von Massnahmenskeptikern stattgefunden – einmal mehr. Dieses Mal zog die illegale Veranstaltung fast 250 Personen an. Für einige könnte die Aktion rechtliche Folgen haben.
https://www.zentralplus.ch/corona-demo-stadt-luzern-zeigt-drei-personen-an-2077159/


#allesdichtmachen-Initiator: Volker Bruch stellte Mitgliedsantrag bei Querdenker-Partei
Der „Babylon Berlin“-Star wollte in „Die Basis“ eintreten, das Verfahren läuft noch. netzpolitik.org konnte Dokumente einsehen, die dies belegen. Dabei hatten Initiatoren von „#allesdichtmachen“ eine Nähe zur „Querdenken“-Bewegung vehement von sich gewiesen.
https://netzpolitik.org/2021/allesdichtmachen-initiator-volker-bruch-stellte-mitgliedsantrag-bei-querdenker-partei-babylon-berlin/
-> https://taz.de/Babylon-Berlin-Star-Volker-Bruch/!5765425/
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1151582.ermittlungen-im-fall-nsu-unglaubwuerdig.html



nzz.ch 04.05.2021

#allesdichtmachen: Es gibt eine Nähe zu den «Querdenkern»

Der Schauspieler Volker Bruch («Babylon Berlin»), der einer der Hauptinitianten der Video-Netzaktion #allesdichtmachen sein soll, hat einen Antrag bei der Corona-Protest-Partei Die Basis gestellt. Die Macher der Videoperformance hatten vergangene Woche eine Nähe zur Querdenker-Szene vehement bestritten.

Claudia Schwartz

Der Schauspieler Volker Bruch ist angehendes Mitglied der Corona-Protest-Partei Die Basis, wie deren Medienbeauftragter gegenüber dem Magazin «Der Spiegel» bestätigt hat. Bruch gilt neben dem Regisseur Dietrich Brüggemann («Kreuzweg») und dem Schauspieler Jan Josef Liefers («Tatort» Münster) als einer der Initianten der Netzaktion #allesdichtmachen. Am Montagabend hatte das investigative Blog Netzpolitik.org über einen entsprechenden Mitgliedschaftsantrag seitens Bruchs berichtet. Das Verfahren zur Aufnahme in die Partei läuft offenbar noch.

Verdacht bestätigt sich

Bereits vergangene Woche hatte es in verschiedenen deutschen Medien unmittelbar nach Aufschaltung der Website Allesdichtmachen.de Mutmassungen gegeben, dass die Videoaktion von über fünfzig Schauspielern eine Verbindung zur «Querdenker»-Szene haben könnte. Bei Volker Bruch hat sich dieser Verdacht nun bestätigt.

Mit ihrer gemeinsamen Performance #allesdichtmachen wollten die Schauspieler Kritik an den Pandemiemassnahmen der deutschen Regierung üben. Sie monierten in ihren Videos, dass es keine Diskussion über Sinn beziehungsweise Unsinn der Corona-Massnahmen gebe.

Prominente Aktivisten der «Querdenker»-Szene

Wie Netzpolitik.org berichtet, habe man eine Mitgliederliste einsehen können, die Bruchs Eintrittsbegehren belege. Die Partei hatte aus Versehen die Liste von 15 000 Mitgliedern ins Netz gestellt.

Wenn die Partei Die Basis bisher kaum jemand kannte in Deutschland – sie bildete sich im vergangenen Jahr im Kontext des Pandemiegeschehens und kam bei den baden-württembergischen Landtagswahlen auf 1 Prozent –, so wird ihr nun durch diese Enthüllung erstmals eine gewisse Aufmerksamkeit zuteil. Als Parteimitglieder figurieren laut Netzpolitik.org etwa der Anwalt Markus Haintz, einer der prominentesten Aktivisten der «Querdenker»-Bewegung, der Lungenarzt Wolfgang Wodarg, der zu Beginn der Pandemie verbreitete, Sars-CoV-2 sei nicht gefährlich und vermutlich gar nicht wirklich neu, sowie der Anwalt Reiner Fuellmich, der eine Sammelklage unter anderem gegen den Virologen Christian Drosten plant.

Die Glaubwürdigkeit von #allesdichtmachen bröckelt

Der Schauspieler Volker Bruch nahm vorerst keine Stellung zur Enthüllung über seine Mitgliedschaft. Auf Instagram postete er: «Wir haben entschieden, nichts über die Aufgabenverteilung preiszugeben, um jeden Einzelnen zu schützen.» So schnell wird nun vermutlich im Streit um die Aktion #allesdichtmachen keine Ruhe einkehren. Wo die Macher immer betonten, ihr Kunstprojekt sei politisch unabhängig, bröckelt mit solchen tröpfchenweisen Zugeständnissen als Reaktion auf gegenteilige Rechercheergebnisse in den Medien ihre Glaubwürdigkeit langsam, aber sicher.
(https://www.nzz.ch/feuilleton/allesdichtmachen-es-gibt-offenbar-doch-eine-naehe-zu-den-querdenkern-ld.1621256)