Medienspiegel 3. Mai 2021

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++BERN
Gemeinderatsantwort auf Motion Schneider “Kostenlose und professionelle Sprachkurse für die Integration der Geflüchteten der Stadt Bern”
https://www.bern.ch/politik-und-verwaltung/gemeinderat/aktuelle-antworten-auf-vorstosse/publizierte-antworten-am-3-mai-2021/motion-schneider-kostenlose-und-professionelle.pdf/download


+++OSTSCHWEIZ
tagblatt.ch 03.05.2021

Alem, Guled, Mahmoud: Wie jugendliche Flüchtlinge aus Afghanistan, Somalia oder Syrien ein neues Leben in der Ostschweiz fanden

Ein Buch von Ostschweizer Asylorganisationen lässt elf unbegleitete minderjährige Asylsuchende (UMA) von ihrer Flucht und ihren Erfahrungen im hiesigen Alltag erzählen ‒ erschütternde wie beglückende Lektüre und Anleitung für offenherzige Begegnungen.

Marcel Elsener

Das Nichtwissen gilt für beide Seiten. Kaum einer hat von der Schweiz gehört oder weiss, wo sie liegt. Keine Ahnung vom Klima, von den Menschen und ihrer Sprache; einer meint, dass in ganz Europa Englisch gesprochen werde. Und dann stehen sie, 15-jährig, nach monatelanger lebensgefährlicher Flucht, die Nacht davor noch im Bahnhof München übernachtet, wie Asef am Zoll in St.Margrethen und staunen, wie nett die Polizisten sind und dass man vor ihnen keine Angst haben muss. «Sie hatten keine Kalaschnikows wie in Afghanistan.»

So wenig Ahnung die Flüchtlinge aus dem Nahen Osten oder aus Afrika von unserem Land haben, so wenig Ahnung haben wir von den Lebensverhältnissen in ihrer Heimat, den Umständen ihrer Flucht und den Erfahrungen im Asylland. Freilich haben wir die Newsfetzen von Fussmärschen über die Grenzberge zwischen Iran und der Türkei, von überfüllten Schlauchbooten und Lagern am Mittelmeer im Kopf, aber selten genug hören wir die Menschen erzählen, die dort bangen und zittern – erst recht nicht die Jugendlichen, die allein auf der Flucht sind.

Mehrheitlich Flüchtlinge aus Afghanistan mit erfolgreicher Integration

Umso erfreulicher der Effort des Solidaritätsnetzes Ostschweiz und der Beobachtungsstelle für Asyl- und Ausländerrecht Ostschweiz, den unbegleiteten minderjährigen Jugendlichen, im asylrechtlichen Jargon unter der Abkürzung UMA bekannt, ein Gesicht und eine Geschichte in Buchform zu geben. Es sind elf Porträts und Erzählungen mit grösstenteils glücklicher Wendung: Mit einer Ausnahme haben die mittlerweile volljährig gewordenen Jugendlichen alle eine Lehrstelle gefunden ‒ beispielsweise als Pfleger, Schreiner, Sanitärinstallateur – und eine vorläufige oder dauerhafte Aufnahmebewilligung erhalten. Ihre Herkunftsländer entsprechen jenen der Flüchtlingsströme im Jahr 2015, als 40’000 Asylsuchende in die Schweiz kamen, darunter 2700 UMA: Sieben stammen aus Afghanistan, zwei aus Somalia und je einer aus Syrien und aus Mali.

«Ein Buch über die Hoffnung», gemäss Titel der Einleitung, ein schwieriges Unterfangen. Die freimütigen Erzählungen, in Interviewform möglichst authentisch wiedergegeben, sind alles andere als selbstverständlich, wie Ana Paredes und Barbara Weibel, die Geschäftsleiterinnen der beiden Asylorganisationen, schreiben. Viele jugendliche Flüchtlinge sind traumatisiert, manche wollen nicht an die Geschehnisse in ihrem Herkunftsland und die Strapazen auf der Flucht zurückdenken, «geschweige denn darüber erzählen».

Noch schwieriger war die Suche nach weiblichen UMA: Als einzige Frau liess sich Aamina aus Somalia – anonymisiert – porträtieren. Sie flüchtete als Teenager vor einer Zwangsheirat mit einem Mann, der bereits drei Frauen hatte, und kam dank einem Schlepper über Russland, die Ukraine und Wien in die Schweiz. Ihr heutiges Lebensglück verdankt sie, mittlerweile mit ihrem damaligen Freund und Fluchthelfer verheiratet und ein Biomedizin-Studium anvisierend, auch einer St.Galler Pflegefamilie. Und ihrer Bereitschaft zum Lernen und zum Arbeiten, die sie schon nach wenigen Tagen im Asylheim einforderte: «Nur sitzen, da lerne ich nix.»

Ermordete Väter, schmerzlich vermisste Mütter

Was es bedeutet, mit 14, 15 seine Familie verlassen und allein in eine fremde Welt aufbrechen zu müssen, lässt sich nur schwer erzählen. Die Jugendlichen haben fast alle ihren Vater verloren und vermissen die Mutter wie nichts auf der Welt; dass sie ihre Geschichten und Gefühle bis in die schmerzhaftesten Stellen preisgeben, verlangte seitens der Autorinnen und Autoren – engagierte Fachleute, Sozialarbeitende, Journalisten – viel Geduld und Empathie. Die einordnenden Begleittexte sind notwendig und erhellend.

Wenn es von Mehdi heisst, er habe mit seinen 19 Jahren mehr erlebt als manch andere in ihrem ganzen Leben, gilt das für alle Porträtierten. «Alles war gut, bis mein Vater gestorben ist», erzählt sein afghanischer Landsmann Alem, dessen optimistischer Blick das Buchcover prägt. Warum die Taliban seinem Vater den Kopf abgeschlagen und seinen Viehtransporter in Brand gesteckt haben, weiss Alem bis heute nicht. Die Angst in der Familie war gross, sein Bruder flüchtete nach Australien, er selber schlich sich ohne Abschied aus dem Haus, «ich wollte meine Mutter nicht weinen sehen».

Die Bedeutung naher Bezugspersonen und spontaner Hilfe

Wer es in die Ostschweiz geschafft hat, landet in den Bundesasylzentren Kreuzlingen oder Altstätten und dann im Thurhof in Oberbüren, der Marienburg in Thal oder der Landegg bei Wienacht. Wenn er denn, allein im Schweizer ÖV, die Dörfer erst mal findet: «Wenn du den Weg von Afghanistan in die Schweiz gefunden hast, findest du auch den Weg von Kreuzlingen nach Oberbüren!» Das immerhin ist zum Schmunzeln, manches aber beschämend, im sicheren, reichen Land, das in der bleibenden Einsamkeit und Traurigkeit wenig einladend wirkt. Dabei kommt der Thurhof durchwegs besser weg als die Marienburg, das Internat, das nicht nur Mehdi und Alem als «sehr streng, wie in einem Gefängnis» erlebten.

Hilfreich sind da in erster Linie die Betreuungspersonen, die im besten Fall zu langjährigen Begleitern werden. Wie Heiner Gantenbein, pensionierter Sozialarbeiter, der im Thurhof Kunst unterrichtet und für seine Schützlinge mit (gross)väterlicher Fürsorge Wanderungen oder Grillabende am See veranstaltet. «Wir alle nannten ihn Baba Heiner.» Das grösste Glück aber ist Familienanschluss, wie es dem Somalier Guled beschieden ist, der nach jahrelanger Flucht über die Sahara- und Mittelmeer-Route («Das Schlimmste war das Wasser») in die Schweiz kam. Durch ein Praktikum fand er zu einer Familie in Goldach, wo er heute – nach abgeschlossener Hotellehre – noch wohnt: «Bei Kuratlis lernte Guled alles, was wichtig ist für ein Leben in der Schweiz. Angefangen von der Sprache (inklusive Dialekt), über Essensgewohnheiten, soziale Gepflogenheiten bis zum Umgang mit Amtsstellen – Kuratlis waren da für ihn. Guled gehört im offenen Haus dieser Familie einfach dazu.»

Eine seltene Ausnahme, doch ist jede kleinste Begegnung, ob mit Lehrmeistern oder Passanten, Freude und Ansporn für die fremden Jugendlichen. Diese banale, nicht selbstverständliche Erkenntnis nimmt man mit, wenn etwa Aamina vom wartenden Schweizer erzählt, der sie mit der Frage «Bist du neu?» anspricht und ihr den Weg nach Uzwil zeigt. «Ich habe soo viel Freude gehabt.»

Lebenserfahrungsbuch statt juristischer Fachbericht

Mohammad, der als Teenager vor dem Krieg in Afghanistan flüchtete und heute als anerkannter Flüchtling in Appenzell lebt, hat Hannelore Fuchs wohl nicht mehr kennengelernt. Sein Schlusswort bringt das Anliegen der 2020 verstorbenen Anwältin und langjährigen Präsidentin der Beobachtungsstelle auf den Punkt. «Wenn jemand meine Geschichte liest, dann kann er oder sie verstehen, was Flucht in etwa bedeutet. Wie es sich anfühlt, in einem Asylheim zu wohnen. Oder als Jugendlicher allein auf sich gestellt zu sein. Und dass sich Dinge bessern.» Hannelore Fuchs hatte die Idee zu diesem Buch, das anstelle eines juristischen Fachberichts die Lebenserfahrungen der jungen Asylsuchenden einer breiteren Öffentlichkeit vermitteln soll.

Ein wertvolles Vermächtnis und eine lohnenswerte Anstrengung der vielen Beteiligten, uns diese Ostschweizer UMA näherzubringen. Gern würde man die Porträtierten, mittlerweile zwei Jahre älter geworden, an einem Fest kennenlernen und dabei Ali boxen oder Mehdi Fussball spielen sehen und vielleicht bei Alem einen Küchentisch bestellen wollen. Allein Corona hat auch diese Buchvernissage verunmöglicht, doch soll sie im Sommer nachgeholt werden.
(https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/ressort-ostschweiz/asylrecht-alem-guled-mahmoud-wie-jugendliche-fluechtlinge-aus-afghanistan-somalia-oder-syrien-ein-neues-leben-in-der-ostschweiz-fanden-ld.2131512)


+++SCHWEIZ
Seenotrettung: Schweiz muss sich an Verteilmechanismus beteiligen
Die Verteilung der im Mittelmeer in Seenot geratenen und geretteten Geflüchteten bleibt ungelöst. Morgen berät der Nationalrat über eine Motion, welche den Bundesrat dazu auffordert, hier eine aktive Rolle zu spielen. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) unterstützt diese Forderung.
https://www.fluechtlingshilfe.ch/publikationen/news-und-stories/seenotrettung


Integrationsvorlehre geht in die Verlängerung
Das seit 2018 laufende Pilotprogramm “Integrationsvorlehre” wird erweitert und um zwei Jahre verlängert. Die Erweiterung erfolgt ab August 2021 und wird von 17 Kantonen unterstützt. Als zusätzliche Massnahme zur verstärkten Förderung des inländischen Arbeitskräftepotenzials wird das Pilotprogramm “Finanzielle Zuschüsse” seit Januar 2021 in 14 Kantonen umgesetzt.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-83347.html


+++DEUTSCHLAND
Migration: Gericht stärkt Flüchtlingsrechte in Deutschland
Sind Geflüchtete in einem EU-Land anerkannt, werden dort aber unmenschlich behandelt, können sie in Deutschland Leistungen erhalten. Das entschied ein Sozialgericht.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2021-05/migration-fluechtlingsrechte-europaeische-union-sozialgericht


Truppenabzug: Abschiebeflug nach Afghanistan verschoben
Mit dem beginnenden Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan verschärft sich die Sicherheitslage. Nun wird eine geplante Sammelabschiebung zunächst gestoppt.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2021-05/afghanistan-abschiebung-abschiebeflug-verschoben-sicherheitsbedenken-erster-mai
-> https://taz.de/Sicherheitslage-in-Afghanistan/!5769519/


+++MITTELMEER
Erster Test in Malta: Frontex-Drohnen im Anflug
Eine Aufklärungsdrohne soll zukünftig Boote mit Geflüchteten im zentralen Mittelmeer aufspüren, Hauptauftragnehmer ist der Airbus-Konzern. Die Reichweite der eingesetzten „Heron 1“ ermöglicht Flüge auch vor den Küsten Nordafrikas.
https://netzpolitik.org/2021/erster-test-in-malta-frontex-drohnen-im-anflug/
-> https://timesofmalta.com/articles/view/eu-border-agency-frontex-to-deploy-drone-from-malta-in-100-million.869113


»Sea-Watch 4« darf Hafen auf Sizilien anlaufen
Organisation rettet bei insgesamt sechs Einsätzen mehr als 450 Menschen von überfüllten Booten im Mittelmeer
Glückliches Ende einer Mission: Das Rettungsschiff von Sea-Watch mit 455 Flüchtlingen an Bord darf alle Insassen in einem Hafen auf Sizilien an Land bringen. Vorausgegangen war ein dringenden Appell an die EU.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1151525.seenotrettung-im-mittelmeer-sea-watch-darf-hafen-auf-sizilien-anlaufen.html
-> https://taz.de/Nach-Rettung-von-ueber-450-Fluechtlingen/!5769474/
-> https://www.srf.ch/news/international/seenotretter-im-mittelmeer-sea-watch-darf-mehr-als-450-bootsmigranten-nach-sizilien-bringen


»EU schaut zu, wie Menschen ertrinken«
Seenotkatastrophe: Frontex und »Libysche Küstenwache« kooperierten nicht mit Rettungsorganisation. Ein Gespräch mit Verena Papke
https://www.jungewelt.de/artikel/401735.seenotrettung-im-mittelmeer-eu-schaut-zu-wie-menschen-ertrinken.html


+++GASSE
Gemeinderatsantwort auf Motion Freie Fraktion AL/GaP/PdA “Suche nach Standort für zweite Anlaufstelle muss weitergeführt werden!”
https://www.bern.ch/politik-und-verwaltung/gemeinderat/aktuelle-antworten-auf-vorstosse/publizierte-antworten-am-3-mai-2021/motion-freie-fraktion-suche-nach-standort-fur.pdf/download
-> https://www.bernerzeitung.ch/gemeinderat-will-kein-geld-fuer-zweite-anlaufstelle-ausgeben-247552798706


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Regierungsratsantwort auf M 252-2020 Krähenbühl (Unterlangenegg, SVP) Chaos auf dem Bundesplatz – Der Kanton muss die Polizeihoheit in sensiblen Zonen der Hauptstadt Bern übernehmen
https://www.gr.be.ch/gr/de/index/geschaefte/geschaefte/suche/geschaeft.gid-ebe645c42a28469fbc22ba0ab9ef2f7f.html
-> https://www.derbund.ch/regierungsrat-will-stadt-bern-bei-polizeieinsaetzen-nicht-bevormunden-726803573984
-> https://www.bernerzeitung.ch/regierung-gegen-bevormundung-der-stadt-bern-bei-polizeieinsaetzen-237416608317
-> https://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/190081/


Medienvertreter festgehalten und angezeigt: Journalistenverbände kritisieren Zürcher Stadtpolizei
An der 1. Mai-Demo wurden Journalisten mehrere Stunden eingekesselt und angezeigt. Journalistenverbände kritisieren nun Sicherheitsvorsteherin Karin Rykart in einem offenen Brief.
https://www.tagesanzeiger.ch/journalistenverbaende-kritisieren-zuercher-stadtpolizei-und-sicherheitsvorsteherin-224629423887
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/journalistenverbande-kritisieren-zurcher-polizei-wegen-1-mai-65919259
-> https://www.aargauerzeitung.ch/news-service/inland-schweiz/zuerich-nach-1-mai-demo-journalistenverbaende-fordern-rueckzug-von-anzeigen-gegen-medienschaffende-ld.2132350
-> https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/journalistenverbaende-kritisieren-zuercher-polizei-wegen-1-mai-00157553/
-> https://presseverein.ch/offener-brief-karin-rykart-stadt-zuerich-pressefreiheit/
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/nach-1-mai-demo-journalistenverbaende-kritisieren-zuercher-stadtpolizei


1. Mai Demo in Zürich | Einsatz von Gummischrot und Reizgas gegen eingekesselte Demonstrierende. #maidemo #Zuerich @jorimphotos #demonstration
https://twitter.com/zrhnews/status/1389236398390226953


Zweiter Erster Mai in Zeiten der Seuche
Es war der zweite Erste Mai in der Pandemie. Die Seuche und ihre Verheerungen im Kapitalismus waren denn auch zentrales Thema der Strasse. Und es war einiges los – von St. Gallen bis nach Genf. Ajour war in Basel, Winterthur, Solothurn und Zürich dabei. In Sachen Polizeistaat schoss erneut die Limmatstadt den Vogel ab.
https://www.ajourmag.ch/zweiter-erster-mai-in-zeiten-der-seuche/


1. Mai in Baden
Revolutionärer Block an der 1. Mai-Demo in Baden
https://barrikade.info/article/4468


Revolutionärer 1. Mai in Zureich
Trotz massiver versuchter Repression ist heute in Zureich viel auf den Strassen passiert.
https://barrikade.info/article/4463


+++MEDIENFREIHEIT
Klagen gegen Artikel: So wollen Ständeräte die Medienfreiheit einschränken
Mit einer Gesetzesänderung will die Rechtskommission des Ständerats das Vorgehen gegen kritische Berichte erleichtern. «Das öffnet die Büchse der Pandora», sagt die Organisation Reporter ohne Grenzen.
https://www.derbund.ch/so-wollen-staenderaete-die-medienfreiheit-einschraenken-805988262421


+++BIG BROTHER
Was bringt die DNA-Analyse bei schweren Gewaltdelikten?
Bei Straftaten sollen künftig mittels DNA-Spuren die Täterinnen und Täter ausfindig gemacht werden. Das führe zu Diskriminierung und Genetic Racial Profiling, fürchten Kritikerinnen und Kritiker.
https://www.20min.ch/story/was-bringt-die-dna-analyse-bei-schweren-gewaltdelikten-917742915862


+++POLIZEI SG
«Es geht immer auch um teilautonome Räume»
Die Wegweisungen, die an Ostern gegen Hunderte von Jugendlichen ausgesprochen wurden, gehen auf das städtische Polizeireglement von 2005 zurück. Damals wurden die Verschärfungen heftig bekämpft. Etrit Hasler, Stadtparlamentarier und Slammer, im Gespräch über Parallelen und Unterschiede und warum das Problem hausgemacht ist: Die Ausgehstadt hat ihre Geister selber gerufen.
https://www.saiten.ch/es-geht-immer-auch-um-teilautonome-raeume/


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Die „Verschwörung“ hinter #allesdichtmachen: Immer mehr Querdenker-Verbindungen enthüllt
Getäuschte Schauspieler:innen, ein Versuch, gegen die vermeintliche „Propaganda“ der Regierung zu kämpfen, Kritiker:innen als „Cancel Culture“ zu brandmarken und Zusammenarbeit mit Verschwörungsideolog:innen: Jetzt lasst uns mal selbst konspirativ reden, reden wir von der „Brüggemann-Verschwörung“. Die Aktion #allesdichtmachen war wohl doch nicht so unschuldig wie zuerst gedacht. Die „Satire“ ist offenbar nicht einfach nur missverstanden worden und hat nicht einfach so versehentlich heftigen Applaus von „Querdenken“ und Rechtsextremist:innen erhalten, sondern sie sollte gezielt Verschwörungsideologien mithilfe von „bekannten“ Gesichtern normalisieren. Wir haben die neuesten Enthüllungen zusammengefasst und ergänzt.
https://www.volksverpetzer.de/aufklarer/brueggemann-allesdichtmachen/


Glarner Demo erhält Bewilligung (ab 02:48)
https://www.suedostschweiz.ch/sendungen/rondo-news/2021-05-03/rondo-news


Corona-Demos: “Es ist extrem problematisch, wenn sich der ORF verstecken muss”
ORF-Vertreter würden attackiert, sagt ORF-Redakteurssprecher Dieter Bornemann. Concordia und Zara wollen künftig Angriffe dokumentieren
https://www.derstandard.at/story/2000126337566/corona-demos-es-ist-extrem-problematisch-wenn-sich-der-orf


«SonntagsZeitung» porträtiert QAnon-Sympathisantin – ohne es im Text zu erwähnen
Die «SonntagsZeitung» publiziert am 2. Mai das Porträt von einer Frau, die Verletzungen aufgrund von Corona-Tests erlitt. Die Frau habe Atemprobleme und Kopfschmerzen gehabt. Wegen den Verletzungen habe die Frau auch keine Maske mehr tragen können, wodurch sie häufig angefeindet worden sei.
https://fairmedia.ch/2021/05/03/sonntagszeitung-portraetiert-qanon-sympathisantin/



Walliser Bote 03.05.2021

Corona-Skeptiker: Wut, Angst und krude Ideen auch im Oberwallis

Corona-Skeptiker demonstrieren in Schweizer Städten und organisieren sich über soziale Netzwerke. Recherche im Telegram-Chat der «Freiheitsboten Wallis».

Matthias Venetz

Am 29. April schreibt ein Nutzer im Chat der «Freiheitsboten Wallis», er brauche von der Scheiss-Firma Moderna und ihrem Partner Lonza sowie dem Impfmörder «Bille» Gates keine Impfung.

Gemeint ist der millionenschwere Microsoft-Gründer Bill Gates, der immer wieder ins Zentrum von Verschwörungstheorien gestellt wird.

Die öffentliche Gruppe der «Freiheitsboten Wallis» auf dem Messenger-Dienst «Telegram» zählt 120 Mitglieder. Einige schreiben unter Klarnamen, andere wählen Pseudonyme.

Sogenannte «Freiheitsboten» existieren auch in anderen Kantonen und verschiedenen Städten des deutschsprachigen Raumes. In den vergangenen Monaten sind immer mehr Gruppen von Corona-Skeptikern, Corona-Leugnern oder Verschwörungstheoretikern auffällig geworden, so an den Demonstrationen in Liestal, Altdorf oder Rapperswil.

Hinter den «Freiheitsboten Wallis» steht ein ganzes Spektrum von Meinungen. Meistens äussern sich die «Freiheitsboten» über die Corona-Massnahmen. Einige von ihnen engagieren sich gegen das Covid-Gesetz, das im Juni zur Abstimmung kommt. Immer wieder tauchen im Chat Hinweise auf krude Verschwörungstheorien auf.

Der Chat der «Freiheitsboten» ist öffentlich. Von den 120 Mitgliedern äussern sich einige wenige regelmässig. Die anderen lesen mit.

Immer wieder werden über den Telegram-Chat zweideutige Inhalte verbreitet. So spricht ein Nutzer am 26. April etwa von einer «Plandemie». Zwei Tage später kommentiert er eine weitergeleitete Nachricht eines anderen Telegram-Kanals folgendermassen: «Corona IST die Grippe.»

Verflechtungen

Ein dominierendes Thema ist die Abstimmung zum Covid-19-Gesetz vom 13. Juni. Als der Bundesrat Unterstützungsmassnahmen für Personen und Unternehmen beschloss, stützte er sich direkt auf die Bundesverfassung. Bei drohender Gefahr ermöglicht sie der Regierung, Massnahmen per Notrecht zu beschliessen. Befristet auf sechs Monate.

Nach Ablauf dieser Frist ist ein Gesetz nötig. Das Parlament hat ein solches am 25. September 2020 beschlossen. Verschiedene Gruppen haben das Referendum ergriffen. Darunter auch der Verein «Freundinnen und Freunde der Verfassung», kurz «Verfassungsfreunde».

Der Verein beteuert immer wieder, er wolle sich für die Demokratie im Sinn der Bundesverfassung starkmachen. Er lehnt die Corona-Massnahmen ab, äussert sich mit Bedacht und gibt sich patriotisch. Verschwörungstheoretische Äusserungen waren bisher nicht zu hören.

Auch die «Freiheitsboten» übernehmen patriotische Narrative. Am 29. April teilte eine Nutzerin ein abgewandeltes Vaterunser, das mit einem Gemälde der mythischen Heldenfigur Arnold von Winkelried unterlegt ist.

Kombiniert man den Text mit dem Bildhintergrund, so kämpft Winkelried gegen die «Schäfer in der Hauptstadt». In dieser Deutung ist die Regierung also der Feind. Für wen aber steht Winkelried?

Die Oberwalliser Sektion der «Freiheitsboten» mobilisiert gegen das Covid-19-Gesetz. Am 30. April schreibt eine Nutzerin, sie habe von der Gemeinde Stalden die Bewilligung für zwei Plakate erhalten.

Auf Anfrage des «Walliser Boten» teilt die Gemeinde mit, ein solches Gesuch sei tatsächlich eingegangen. Allerdings von den «Verfassungsfreunden».

Gemeindepräsident Joël Fischer sagt, die Gemeinde Stalden verfüge über zwei Standorte für derartige Plakate. Eine endgültige Bewilligung habe man jedoch nicht erteilt, dafür sei die Kantonspolizei zuständig.

Eine Anfrage für Plakate ist ein normaler, demokratischer Vorgang. Jede Stimmbürgerin und jeder Stimmbürger kann eine Vorlage nach Gutdünken ablehnen. Interessant ist, dass es Verflechtungen zwischen den «Freiheitsboten» und den «Verfassungsfreunden» gibt.

Das Referendum zum Covid-19-Gesetz wird von keiner Bundesratspartei unterstützt. Die SVP Schweiz erteilte Stimmfreigabe. Die Oberwalliser «Freiheitsboten» sorgen sich in ihrem Chat, dass die Stimmbevölkerung das Gesetz am 13. Juni annimmt.

Ist das Realitätsverlust?

Eine Nutzerin wird besonders deutlich. Sie wisse nicht, was man noch machen könne, sollte das Covid-19-Gesetz und der «Willkür-Paragraf» angenommen werden. Mit der schönen freien Schweiz sei es dann vorbei und die Verfassung könne man in den Eimer werfen.

In einem solchen Fall würde man wohl als Staatsfeinde gelten, fährt die Nutzerin fort. Sie wisse nicht, ob sie in diesem System noch sein möchte.

Ein anderer Nutzer kommentiert: «…dann gibts Amokläufe.» Niemand wies ihn zurecht.

Behauptet wird in der Chat-Gruppe ausserdem, dass es im Anschluss an die verschiedenen Corona-Demonstrationen ohne Mindestabstände und Masken keine Neuansteckungen gegeben hätte.

Den Grund, dass die Mehrheit der Bevölkerung eine andere Sicht auf Corona und die Massnahmen hat, sieht eine Nutzerin im Neid und in «irreparablen Schäden». Hervorgerufen werden diese Schäden angeblich durch Sauerstoffmangel. Im Klartext: durch das Tragen von Schutzmasken. Schutzmasken, welche die «Freiheitsboten» verweigern.

Zur Faktenlage: Das Bundesamt für Gesundheit hat laut aktuellen Zahlen 9971 Todesfälle registriert. Dabei handelt es sich um Menschen, die mit einer laborbestätigten Covid-Infektion verstorben sind. Während der ersten und der zweiten Welle verzeichnete das Bundesamt für Statistik jeweils eine deutliche Übersterblichkeit.

Im Zeitraum vom 16. März bis zum 19. April letzten Jahres verstarben in der Altersgruppe der 65-Jährigen und älteren 26 Prozent mehr als erwartet. Zwischen dem 19. Oktober und dem 31. Januar dieses Jahres starben in derselben Altersgruppe sogar 47 Prozent mehr als erwartet. In absoluten Zahlen sind das 8380 Menschen.

Einen statistischen Höhepunkt erreichte die Übersterblichkeit zwischen dem 9. November und dem 20. Dezember. In diesen fünf Wochen verstarben jeweils 65 bis 70 Prozent mehr Menschen, die 65 Jahre oder älter waren.

Die Oberwalliser «Freiheitsboten» versuchen derweil, eine Gruppe für eine Corona-Demonstration am 8. Mai in Aarau zu mobilisieren. Im Chat lief zu diesem Zweck eine Abstimmung. Nur sieben Personen nahmen teil.



Corona-Skeptiker: Eine heterogene Bewegung

Unter den Corona-Skeptikern findet sich eine Vielzahl verschiedener Gruppierungen. Einige betonen lediglich, die Corona-Politik des Bundes abzulehnen. Andere befürchten einen Impfzwang. Ein kurzer Überblick.

So sind die «Freunde der Verfassung» überzeugt, die Politik gefährde mit Massnahmen und Impfstrategie die Demokratie. Die Gruppierung pflegt einen gemässigten Ton und listet auf ihrer Website ihre führenden Mitglieder mit Namen und Bild auf.

Gezielt junge Menschen möchte die Gruppierung «Mass-Voll» ansprechen. Sie befürchtet, dass die junge Generation um entscheidende Lebensjahre gebracht werde. Gründer ist der Luzerner FDP-Politiker Nicolas Rimoldi, der für seine libertären Positionen bekannt ist. Damit eckt er in seiner Partei immer wieder an.

Die «Freiheitliche Bewegung Schweiz» wurde vom ehemaligen SVP-Politiker Richard Koller gegründet. Die Bewegung spricht von einer «Spritzen-Diktatur» und stellt sich auch gegen das Mobilfunknetz 5G sowie wissenschaftliche Untersuchungen des Klimawandels.

Das «Aktionsbündnis Urkantone für eine vernünftige Corona-Politik» ist in seinem Internetauftritt zurückhaltend. Es konnte an Kundgebungen im Kanton Schwyz zahlreiche Anhänger mobilisieren und den umstrittenen Satiriker Andreas Thiel sowie den Impfgegner Daniel Trappitsch als Redner gewinnen.

Trappitsch gründete bereits vor der Corona-Pandemie das «Netzwerk Impfentscheid». Er gilt seit Jahren als radikaler Impfgegner. In seinem Netzwerk tauchen esoterische ebenso wie verschwörungstheoretische Überlegungen auf. Die Corona-Pandemie hat das Netzwerk wieder einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht. Auf der Website der Organisation können «Maskenbefreiungsatteste aus besonderen Gründen» heruntergeladen werden.

Das Netzwerk «Wir 2020» wurde vom Luzerner Ärztepaar Andreas Heisler und Annemarie Heisler-Schwitter gegründet. Der Kanton Luzern entzog ihm die Praxisbewilligung. Heisler hatte die Falschmeldung verbreitet, dass im Kanton ein Altersheimbewohner wegen einer Covid-Impfung verstorben sei. Auf der Webseite des Vereins finden sich verschwörungstheoretische Beiträge und Hinweise auf «alternative Informationsquellen». Der Verein wirbt mit der deutschen Widerstandskämpferin Sophie Scholl, die für ihre Opposition zum NS-Regime hingerichtet wurde.
(https://new.rro.ch/story/wut-angst-und-krude-ideen-auch-im-oberwallis/23182)



Was Meinungsfreiheit bedeutet – und was nicht
Kritikerinnen und Kritiker der Corona-Schutzmassnahmen sehen die Meinungsfreiheit in Gefahr. Wie aber ist Meinungsfreiheit definiert? Expertinnen und ein Experte geben Antworten.
https://www.swissinfo.ch/ger/schweiz-demokratie-meinungsfreiheit-corona-pandemie-grundrecht/46535150


Wieso die Corona-Pandemie viele Sekten und Freikirchen auf dem falschen Fuss erwischte
Die Coronapandemie ist für religiöse, spirituelle und esoterische Gemeinschaften eine grosse Herausforderung. Viele wurden auf dem falschen Fuss erwischt, denn sie mussten rasch auf das globale Ereignis reagieren; organisatorisch, seelsorgerisch und religiös. Denn nun sollten sie rasch beweisen, was ihre Heilskonzepte taugen.
https://www.watson.ch/blogs/sektenblog/447333282-was-die-corona-pandemie-mit-sekten-und-freikirchen-macht


«Vorsicht beim Vermieten von Waldhütten»: Warn-Brief der Kapo Aargau sorgt für Verwirrung
Sobald die Corona-Massnahmen gelockert werden, ist der Run auf Waldhütten in den Aargauer Gemeinden gross. Deshalb will die Kantonspolizei Aargau auf die Gefahren der potentiellen Mieter aufmerksam machen und warnt in einem Brief an alle Gemeinden vor radikalisierten Gruppierungen. Wieso warnt die Kapo gerade jetzt vor extremistischen Treffen? Tele M1 hakt nach.
https://www.telem1.ch/aktuell/vorsicht-beim-vermieten-von-waldhuetten-warn-brief-der-kapo-aargau-sorgt-fuer-verwirrung-141765270


+++HISTORY
Aktivisten stürmen das «Tagesschau»-Studio
Vor genau 40 Jahren, am 3. Mai 198,1 stürmten maskierte Demonstranten das «Tagesschau» Studio und zeigten ein Transparent mit der Aufschrift «Freedom and Sunshine for Giorgio Bellini». Der Tessiner Giorgio Bellini galt als Mitglied der Zürcher Jugendbewegung und war damals verhaftet worden. Sprecher Léon Huber blieb ganz ruhig und las nach einer kurzen Unterbrechung die Meldungen weiter, als ob nichts geschehen wäre. Die Sicherheitsvorkehrungen der SRF-Studios sind seitdem einiges strenger geworden. Eine solche Aktion wäre heutzutage nicht mehr möglich.
https://www.srf.ch/play/tv/srf-news/video/aktivisten-stuermen-das-tagesschau-studio?urn=urn:srf:video:fa646f5b-74cc-41f4-b22a-c822911e9e2b&aspectRatio=16_9


Schweiz und Kolonialismus – Global vernetzt: die Geschichte einer Zürcher Kaufmannsfamilie
Die Schweiz profitierte schon früh vom kolonialen Wirtschaftssystem. Das beschreibt die Autorin Ina Boesch anschaulich am Beispiel ihrer eigenen Familie in ihrem neuen Buch «Weltwärts».
https://www.srf.ch/kultur/literatur/schweiz-und-kolonialismus-global-vernetzt-die-geschichte-einer-zuercher-kaufmannsfamilie