antira-Wochenschau: BlackLivesMatter auch im Mitelmeer? Prügelsecuritas auch in Giffers! Pushbacks ohne Ende.

Bild: Weit weg von anderen Menschen werden im Abschiebecamp Giffers Geflüchtete spitalreif geschlagen.

Antirassistischer Rückblick auf eine Woche voller Rassismus: Geflüchtete reichen Strafanzeigen gegen prügelndes Sicherheitspersonal im Abschiebecamp Giffers ein | Regierung in Griechenland streicht Unterstützung für anerkannte Geflüchtete und hindert 22 NGOs bei ihrer Arbeit | Neue Pushbacks in der Ägais | Postcorona: Wieder mehr Menschen auf immer noch gefährlichen Migrantionsrouten | Frontex verschleitert ihre Flugeinsätze | Ein Prozent der Weltbevölkerung befindet sich auf der Flucht | Parlament gegen Burka-Initiative | Kroatische Polizist*innen markieren Geflüchtete bei Push-backs mit Farbe | Verehrung von Antisemiten in Garches ev. bald vorbei? | Solidarische Strukturen schaffen, statt Menschen in Nothilfecamps isolieren | Private Rettungsschiffe retten 278 Menschenleben | „Aus den Mündern – Aus den Köpfen“ | Realitäten aus dem Asylregime sicht- und hörbar machen | Rassistisches Wandbild in einem berner Schulhaus übermalt | Sabotage-Aktionen gegen ORS und Securitrans | Europas Asylpolitik vor Gericht

Podcast


Was ist neu?

Geflüchtete reichen Strafanzeigen gegen prügelndes Sicherheitspersonal im Abschiebecamp Giffers ein
Es gebe keine Hinweise darauf, dass es in Basel oder in einem anderen Asylcamp zu unverhältnismässigem körperlichen Zwang komme. Das behauptete der SEM-Sprecher Bach am 13. Mai, nachdem das Kollektiv 3 Rosen gegen Grenzen bekannt machte, dass geflüchtete Migrant*innen im Bässlergut durch Securitasangestellte verprügelt werden (vgl. https://3rgg.ch/securitas-gewalt-im-lager-basel/). Doch wie die Zeitung Le Courrier diese Woche bekannt gab, haben Angestellte der Securitas und/oder der Protectas im Abschiebelager Giffers im Kanton Freiburg mindestens am 4. Mai und 7. Mai ebenfalls Menschen spitalreif geprügelt. Drei Betroffene haben nun Strafanzeige eingereicht.
Eine Person kehrte am 4. Mai krank ins Camp zurück. Am Campeingang liess ihn das Sicherheitspersonal 30 Minuten auf die jedes Mal durchzuführende Körperdurchsuchung warten. “Als ich dem Sicherheitspersonal sagte, es solle seine Arbeit tun, reagierten sie, als hätte ich sie beleidigt”, sagt der Betroffene. Weil sie ihn weiter ignorierten und krank ausserhalb des Camps warten liessen, rief der Mann schliesslich die Polizei. Diese befand, er müsse seinen Einlass ins Camp selbst aushandeln. Kurz darauf verprügelte ihn das Sicherheitspersonal spitalreif. Die Reise vom total abgelegenen Camp ins Spital musste der stark blutende Mann selbst organisieren.
Am selben Tag beschwerte sich ein anderer geflüchteter Mann beim Leiter des Camps, weil die Sicherheitsleute ihn unverhältnismässig aggressiv und unhöflich aufforderten, den Schlafraum zu reinigen. Kurz danach packte ihn das Sicherheitspersonal derart krass an der Kehle, dass im medizinischen Bericht des Spitals ein Würgemal am Hals erwähnt ist. Die Securitas behauptet, dieses stamme von einem Streit mit einem anderen Bewohner.
Drei Tage später der nächste Vorfall: “Ein Streit brach aus, ich unterhielt mich leise mit anderen und sie baten mich, wieder in mein Zimmer zu gehen». Daraufhin knallten ihn die Sicherheitsleute gewaltsam gegen ein Fenster. Dieses zerbrach und durchtrennte mehrere Sehnen. Der Mann musste operiert werden. Gemäss Securitas habe der Mann sein Gleichgewicht verloren und sei von sich aus auf das Glas gefallen.
Gegenüber der Zeitung Courrier brachen auch zwei Sicherheitsangestellte das Schweigen: «In diesem Frühjahr ist die Situation sehr angespannt geworden. Einige sind zu weit gegangen”, sagt der eine. “Das Sicherheitspersonal ist sehr schlecht ausgebildet. Es braucht Erfahrung, um eine Person bewegungsunfähig zu machen. Interventionen, deren Zeuge ich wurde, waren sehr ‘schmutzig’, sie können oft die Menschen verletzen”, sagt der andere. “In den Übungsszenarien werden die Asylsuchenden als gewalttätige Menschen dargestellt, denen wir nicht trauen können. (…) Wir werden aufgefordert, Null Toleranz zu zeigen, ohne zu erklären, was das bedeutet. Wenn etwas schief geht, versuchen wir nicht, darüber nachzudenken, sondern wir schlagen zu. (…) Wenn die Ereignisse aus dem Ruder laufen, werden die Berichte selbst geschrieben. Sie schreiben darin, was sie wollen, und werden von der Hierarchie gedeckt».
https://lecourrier.ch/2020/06/18/malaise-a-chevrilles/?fbclid=IwAR2PeVSQgAdH55XV4Iyd5cv7zrY4uEuYdDcFJDO-jfTW8qZiJSmVxivDK1I

Bild: In diesem Raum mussten zwei Menschen die Nacht verbringen, nachdem sie aus dem Krankenhaus kamen

Regierung in Griechenland streicht Unterstützung für anerkannte Geflüchtete und hindert 22 NGOs bei ihrer Arbeit
Ein neues Gesetz erschwert die Situation von anerkannten Geflüchteten mit Asyl. Sie verlieren in Zukunft den Anspruch auf eine kostenlose Unterkunft und verlieren auch das Recht auf einen monatlichen Zuschuss in Höhe von 90 Euro. In einem Land, in dem die Arbeitslosigkeit seit Jahren hoch ist und die Coronakrise die Wirtschaftssituation zusätzlich verschlechtert hat, sind die Folgen dieser Verschärfung existentiell. NGOs weisen darauf hin, dass es für die Betroffenen besonders schwierig sein dürfte, eine Arbeit zu finden.
Erschwert wird die Arbeit auch für Unterstützer*innen, was sich ebenfalls auf die Asylsuchenden auswirken wird. Eine neue Reglementierungen der griechischen Regierung verlangt von NGO`s ein Akkreditierungsverfahren. In diesem Verfahren werden die Budgets und Strafregister der Mitarbeitenden geprüft. Die griechische Regierung verkündete nun, dass 22 von 40 NGOs der Zutritt zu Infrastrukturen geflüchteter Menschen verwehrt wird, da sich diese zu spät zum Akkreditierungsverfahren gemeldet hätten. Die Frist lief am 14.06. ab. Die griechische Regierung begründet, dass die Regeln für “Transparenz und Rechenschaftspflicht” notwendig seien. Kleinere Organisationen sagen aus, dass die Umsetzung und Implementierung dieser Regularien nahezu unmöglich seien.
Ein EU-Beobachter bezeichnete die Politik der griechischen Regierung als “politisiertes Bemühen, das Asyl zu beschneiden”. Die Regeln seien Anfang des Jahres eingeführt worden und im Mai Teil eines umfassenderen Migrationsgesetzes geworden. Melina Spathari von der Organisation Terre des Hommes sagt, dass viele Organisationen nicht über das Budget verfügen, um die “exorbitanten Kosten” für die Akkreditierungsverfahren zu decken. Dies ist ein weiteres dunkles Kapitel in einem sich abschottendem Europa.
https://www.derstandard.at/story/2000118121868/griechenland-kuerzt-unterstuetzung-fuer-asylberechtigte?ref=rss
https://www.infomigrants.net/en/post/25447/ngos-in-greece-told-to-register-or-cease-operations
https://orf.at/stories/3169971/

Neue Pushbacks in der Ägais
In den vergangenen Wochen ist es vermehrt zu Push-Backs aus griechischen Gewässern in die Türkei gekommen. Schlauchboote wurden von Maskierten angegriffen und sabotiert, Menschen werden auf offener See zum Spielball der Küstenwache und sogar in Rettungsinseln wurden Flüchtende von Schiffen der griechischen Küstenwache zurück in türkische Gewässer gezogen (siehe antira-Wochenschau vom 01.06. und 08.06.20). Letzte Woche sind neue Medienberichte zu diesen grausamen Ereignissen erschienen. Der Menschenrechtsexperte Itamar Mann bezeichnet die Gefährdung von Menschenleben bei diesen illegalen Pushbacks in Rettungsinseln als eine Art Folter und unmenschliche und erniedrigende Behandlung. Selbst wenn die griechischen Küstenwache Menschen an Bord nimmt, kommt es immer wieder zu stundenlangen Verzögerungen. So werden die Menschen auf manövrierunfähige Boote über mehr als 14 Stunden sich selbst überlassen, bis die griechischen Küstenwache eingreift. Obwohl sie in unmittelbarer Nähe zu den Seenotfällen kreuzen. Manchmal machen sie Wellen, um die Boote in türkische Gewässer zurückzuschieben. Erst nach stundenlangem Druck von NGO`s wie z.B. Alarmphone werden die Menschen aus ihrer lebensbedrohlichen Lage gerettet.
https://www.ardmediathek.de/daserste/video/report-mainz/wie-die-griechische-kuestenwache-menschen-in-seenot-bringt/das-erste/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzEyNTg3MjA/
https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-06/migration-mittelmeer-kuestenwache-griechenland-fluechtlinge

https://www.spiegel.de/politik/ausland/fluechtlinge-in-der-aegaeis-sie-haben-uns-zurueck-aufs-meer-gezogen-a-e101913d-509f-4c75-8cf5-f04c693b4ef1
https://apps.derstandard.at/privacywall/story/2000118120581/griechenland-setzt-offenbar-fluechtlinge-im-mittelmeer-aus?ref=rss
https://www.deutschlandfunk.de/mittelmeer-36-fluechtlinge-vor-lesbos-aus-dem-meer-gerettet.2932.de.html?drn%3Anews_id=1141194
https://www.infomigrants.net/en/post/25368/36-migrants-rescued-off-lesbos-on-sunday

Postcorona: Wieder mehr Menschen auf immer noch gefährlichen Migrantionsrouten
Die Frontex verzeichnete im Mai einen starken Anstieg der Migrant*innen, die auf eine Einreise in die EU hoffen. Der Anstieg kommt jetzt, nachdem die Zahl der Migrant*innen, die Europa erreichen können, wegen der COVID-19-Grenzschliessungen zurückgegangen ist. Im Mai gab es fast 4.300 Grenzübertritte, unter Berufung auf Zahlen von Frontex. Das sind fast dreimal so viele wie im Vormonat. Die EU-Asylbehörde hat zuvor davor gewarnt, dass die Pandemie in Zukunft letztlich mehr Ankünfte auslösen könnte – insbesondere wenn sie zu Nahrungsmittelknappheit und mehr Unruhen im Nahen Osten und Nordafrika führt. “Das Risiko destabilisierender Auswirkungen infolge von COVID-19-Ausbrüchen hat das Potenzial, zukünftige Asyltrends zu beeinflussen”, sagte die EASO-Agentur in einem Bericht im vergangenen Monat. In den ersten fünf Monaten des Jahres registrierte Frontex insgesamt 31.600 «unbefugte» Grenzübertritte, was einen Rückgang von 6% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bedeutet. Entlang der verkehrsreichsten Migrationsroute nach Europa, über die Türkei und Griechenland, wurden zwischen Januar und Mai 12.700 Fälle registriert – 28% weniger als im vergangenen Jahr. Die meisten Migrant*innen stammten aus Afghanistan.
Etwa 3.700 Personen reisten auch von Marokko über das Mittelmeer nach Spanien, was einem Rückgang von über 50% entspricht. Nach dem grossen Corona-Lockdown ist letzte Woche das erste Boot mit Flüchtenden auf Mallorca angekommen. Es ist das sechste Migrant*innenboot, welches in diesem Jahr auf den Balearen ankommt. Die ersten beiden kamen im Januar mit 25 Migrant*innen an, die anderen drei Boote im Februar. Im Jahr 2019 erreichten 41 Boote mit insgesamt 507 Migrant*innen die Küsten der Balearen. Auch machten sich wieder Menschen auf den gefährlichen Seeweg im Atlantik, um auf die Kanaren zu gelangen. Ein Boot mit acht Migrant*innen wurde am frühen Samstagmorgen etwa sechs Seemeilen südlich von Arguineguín (Gran Canaria) von einem Boot der Guardia Civil abgefangen und die Menschen wurden von der Besatzung an Bord genommen.
Auf anderen Routen wurde noch mehr Migrationsbewegung registriert. Beispielsweise kamen in den ersten fünf Monaten des Jahres 2020 mehr als 6.900 Menschen über die Westbalkanroute, was einem Anstieg um 50 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht.
Auch aus Libyen und Tunesien kamen zwischen Januar und Mai fast dreimal so viele Menschen über das Mittelmeer nach Italien und Malta wie im gleichen Zeitraum 2019. Auf Lampedusa landen immer wieder Migrant*innenboote selbständig an. Letzte Woche kamen allein an einem einzigen Tag vier Boote mit insgesamt 55 Menschen an Bord an. Diese Boote waren in Tunesien gestartet.
https://www.infomigrants.net/en/post/25362/migrant-crossings-into-europe-spiked-in-may-report
https://www.ultimahora.es/noticias/local/2020/06/17/1173925/llega-primera-patera-mallorca-durante-pandemia.html
https://www.canarias7.es/siete-islas/gran-canaria/interceptada-una-patera-con-ocho-migrantes-a-unas-seis-millas-de-arguineguin-gran-canaria-YE9363177?fbclid=IwAR0RBbB2wEVuRlwLX0hMRATNYeJK5Hh0APEQHUK-nqhXhZSCdq6ONiL_e2U
http://www.ansamed.info/ansamed/it/notizie/rubriche/cronaca/2020/06/17/migranti-quarto-sbarco-a-lampedusa-pure-bimbo-di-due-anni_e10ee388-3da2-485f-8650-6af6ffd7181d.html

Frontex verschleitert ihre Flugeinsätze
Die Trackingfunktionen in den Flugzeugen wird ausgeschaltet, somit sind diese Flugzeuge nicht länger auf Tracking-Portalen wie „Flightradar“ sichtbar. Unverhohlen erklärt die EU-Kommission auf Anfrage: «Die Einsatzmittel sichtbar zu machen, könnte, insbesondere wenn sie mit anderen Informationen kombiniert werden, sensible operative Informationen preisgeben und damit die operativen Ziele untergraben.“ Seenotrettungs-NGOs glauben, dass die Abschaltung vor allem dem Ziel dient, Rückschiebungen nach Libyen zu erleichtern bzw. die zivilen Seenotrettungsboote nicht auf die Fährte von Seenotfällen zu lenken. Denn dort, wo ein Unglück geschieht, kreisen die Flugzeuge. Die Aufklärungsflüge im Mittelmeer hat Frontex seit 2014 an die private Firma DEA Aviation mit Sitz in Grossbritannien ausgelagert. Im Seegebiet vor Libyen sind in der Regel zwei DEA-Flugzeuge im Einsatz. Entdecken diese in Seenot geratene Geflüchtete, melden sie diese an die Frontex-Zentrale in Warschau. Diese wiederum gibt die Informationen an die Behörden der Region weiter – und die rufen fast nur noch die libysche Küstenwache – teils selbst dann, wenn die Schiffe sich in der maltesischen Rettungszone befinden. Zuletzt ist das offensichtlich am Mittwoch dieser Woche geschehen: Da kreiste eines der Frontex-Aufklärungsflugzeuge rund vier Stunden über einer Unglücksstelle etwa 70 Seemeilen nördlich von Tripolis. Einig Stunden später beobachteten Mitarbeiter*innen der UN-Migrationsorganisation IOM, wie 185 Migrant*innen von der libyschen Küstenwache zurück in den Hafen von Tripolis gebracht wurden.
https://taz.de/Aufklaerungsflugzeuge-von-EU-Grenzschutzagentur/!5692484/

Ein Prozent der Weltbevölkerung befindet sich auf der Flucht
Der Jahresbericht der UNHCR liefert neue Fakten zur weltweiten Migration. 2019 flohen 79.5 Millionen Menschen vor Diskriminierung, Gewalt oder Konflikten. Die Zahl hat sich seit 2010 verdoppelt und stieg allein im vergangenen Jahr um 9 Millionen. Gleichzeitig können immer weniger Menschen zurückkehren. Waren es in den 1990er-Jahren noch 1.5 Millionen Menschen pro Jahr, können in den vergangen zehn Jahren nur noch rund 390.000 Geflüchtete  pro Jahr in ihren Herkunftsort zurückkehren. Dadurch erhöht sich die Gesamtzahl der Menschen auf der Flucht  und ohne ein absehbares Ende ihrer Notlage.
Während immer mehr Menschen fliehen müssen, nimmt Europa immer weniger Menschen auf. Dabei sind 46 Millionen der Geflüchteten Binnenvertriebene, die in eine andere Region ihres Herkunftslandes gehen. Wer das Land verlässt, bleibt meist in den armen Nachbarländern. Nach Europa kommen nur etwa 10 Prozent der Menschen. Trotzdem wollen die EU-Länder und die Schweiz nicht einmal den Forderungen nachkommen, Menschen aus überfüllten Lagern in Griechenland aufzunehmen, einem Land, in dem im Verhältnis zur Bevölkerung deutlich mehr Menschen Zuflucht gefunden haben als etwa in Deutschland.
Was in der öffentlichen Debatte oft  bewusst verschwiegen wird, sind existierende handfeste Fluchtursachen. 2/3 der Menschen fliehen aus nur fünf Ländern: Syrien, Venezuela, Afghanistan, Südsudan und Myanmar. Statt der Abschottung könnte damit aufhören, Konflikte in diesen Regionen zu schüren und damit 5.1 Millionen Menschen ein Rückkehren ermöglichen – wenn sie das möchten. Für uns ist klar, dass jeder Menschen den Ort seines Lebensmittelpunktes ohne Begründung frei wählen können sollte.
https://www.tagesschau.de/ausland/unhcr-fluechtlingsbericht-101.html

https://www.unhcr.org/dach/ch-de/47147-unhcr-global-trends-bericht-ein-prozent-der-weltbevoelkerung-auf-der-flucht.html

https://twitter.com/ErikMarquardt/status/1273628793165484032


Was geht ab beim Staat?

Parlament gegen Burka-Initiative
Das Parlament empfiehlt, die Initiative zum Verhüllungsverbot abzulehnen. Nach dem Ständerat hat am Mittwoch auch der Nationalrat Nein zur Volskinitiative gesagt. Die sog. Burkaverbots-Initiative wurde 2017 vom Egerkinger Komitee (welche auch die Minarett-Initiatvie ins Leben gerufen hatte) eingereicht und will die Gesichtsverhüllung aus religiösen Gründen an öffentlich zugänglichen Orten verbieten sowie ein Vermummungsverbot an Demostrationen einführen.
Der vorgesehene Artikel 10a in der Bundesverfassung sieht drei Absätze vor. Der erste legt fest, dass niemand an öffentlichen oder «allgemein zugänglichen» Orten sein Gesicht verbergen darf. Der zweite Absatz lautet: «Niemand darf eine Person zwingen, ihr Gesicht aufgrund ihres Geschlechts zu verhüllen». Und schliesslich gestattet der dritte Absatz Ausnahmen aus «gesundheitlichen, sicherheitsrelevanten, klimatischen sowie aus Gründen des einheimischen Brauchtums.» Somit sind Ausnahmen aus religiösen Gründen – ausser in «Sakralstätten» – ausgeschlossen, denn die Initiative will bewusst auch die Gesichtsverhüllung aus religiösen Gründen erfassen.
Der Bundesrat hat die Burkaverbotsinitiative bereits 2017 ablehnt und legte daraufhin einen indirekten Gegenvorschlag vor. Dieser sieht vor, dass im Kontakt mit den Behörden unter bestimmten Voraussetzungen das Gesicht enthüllt werden muss und stellt zum andern die Nötigung zur Gesichtsverhüllung unter Strafe. Nun können Menschen mit schweizer Pass über die Initiatve des Egerkinger Komitees entscheiden. Wird die Initiative abgelehnt, tritt automatisch der Alternativvorschlag des Bundesrates in Kraft.
Bisher besteht in der Schweiz bereits im Kanton Tessin ein Verhüllungsverbot. Einer entsprechenden Initiative wurde dort 2013 von 65.4 Prozent der Stimmbürger*innen angenommen.
Der*die erstaunte Leser*in dürfte sich fragen, warum es denn für geschätzt hundert Menschen mit Burka eine eigene Initiative und ein eigenes Verbot braucht. Aber Überraschung! – es geht gar nicht um die Burka. Wer hätte das gedacht. Ebenso wenig, wie es bei der Minarett-Initiative ums Minarett gegangen ist oder es bei einer zukünftigen Halal-Initiative ums Schächten gehen wird. Der simple Plan liegt darin, den antimuslimischen Rassismus zu schüren und das Bild vom Islam als rückständig, frauenverachtend und potentiell terrorismusfördernd zu zementieren. Ohne Skrupel stellen rechte Kräfte das Burka-Verbot als Kampf für die Gleichstellung dar. Dieselben Männer, die häusliche Gewalt als «Kavaliersdelikt» abtun und Lohnkontrollen als «Regulierungswahn». So die feministische Forderung nach Gleichstellung für rassistische Hetze instrumentalisiert. Es sollen vermeintlich unterdrückte Frauen* «gerettet» werden. Offensichtlich soll aber antimuslimische Hetze betrieben werden, im Zuge welcher mulimische Frauen* stets als unterdrückte Menschen ohne Autonomie und Selbstbestimmung dargestellt werden. Wie absurd es ist, mithilfe eines Verbots für die «Freiheit der Frau*» kämpfen zu wollen, wird unter anderem in der Aussage von Maillard deutlich, der die Initiative befürwortet, weil die «bei uns errungenen Freiheiten der Frauen nicht verhandelbar seien». Gleichzeitig will er aber Frauen* vorschreiben, was sie anziehen dürfen, bzw was nicht. Gewisse haben wohl ein eigenes Verständnis von Freiheit….
Wem es tatsächlich darum geht, für die Selbstbestimmung von (muslimischen) Frauen* einzustehen, soll vielleicht besser was gegen den antimuslimischen Rassismus in der Schweiz unternehmen. Oder gegen patriarchale Strukturen und sexistische Unterdrückung, die in fast allen Gesellschaften an der Tagesordnung liegen. Denn unterdrückend wirken Handlungen und Einstellungen, wie zum Beispiel rassistische Diskriminierung, nicht ein Stück Stoff. Wir fänden es deshalb angebracht,  darauf zu verzichten, Frauen* vorschreiben zu wollen, was sie anzuziehen haben.
https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2020/20200617050039225194158159041_bsd021.aspx
https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2020/20200617184538128194158159041_bsd211.aspx


Was ist aufgefallen?

Kroatische Polizist*innen markieren Geflüchtete bei Push-backs mit Farbe
Bei illegalen Push-backs von Kroatien nach Bosnien wurden mehrere Gruppen von Menschen auf der Flucht von Grenzbeamt*innen mit Farbspray markiert. Ein Betroffener berichtet, dass ihm zusammen mit weiteren Personen das Stellen eines Asylantrags auf der kroatischen Polizeiwache verweigert wurde. Anschliessend wurden sie an die Grenze gefahren und von alkoholisierten Polizeibeamt*innen beraubt, geschlagen, gezwungen ihre Kleider und Schuhe auszuziehen und mit einem orangenen Kreuz auf dem Kopf besprayt. Die sichtbare Markierung von Menschen kennen wir von faschistischen Regimes, die auf diese Weise Menschen kennzeichnen, die sie als “Untermenschen” sehen.
Der aktuelle Border-Violence Report zeigt auf, dass über 80% der dokumentierten Push-backs in den letzten zwölf Monaten “Folter oder grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung” umfassten. Die Farbmarkierungen ergänzen eine Reihe etablierter Gewaltmethoden: Gebrauch von Elektroimpulswaffen, Zwang zum Ausziehen, Bedrohung und Gewalt mit Schusswaffen, inhumane Behandlung in Polizeifahrzeugen und Gefangenschaft. Die Grenzbeamt*innen bringen ungehindert und ungeniert ihre Verachtung gegenüber diesen Menschen zum Ausdruck. Lachend wenden sie körperliche und psychische Gewalt an und bringen so ihre rassistische Haltung und ihre Islamfeindlichkeit zum Ausdruck. Diese Taten werden durch strukturellen Rassismus, ein gut entwickeltes System der Anonymität für die Täter*innen und einen Staat ermöglicht, der die Anwendung von Gewalt als Methode des Grenzschutzes toleriert und fördert.

Der Report “Illegal Push-backs and Border Violence Report, Balkan Region April/ Mai 20” zeigt ausserdem folgende Vorfälle und Entwicklungen auf:

  • Nachdem der Weg über Albanien von Geflüchteten als eine Alternative zur West-Balkan-Route  erschlossen wurde, setzte Frontex im Mai 2019 erstmals Beamt*innen in einem Nicht-EU-Staat ein. Seither kam es zu 11’344 Festnahmen  von Geflüchteten an der albanischen Grenze, gefolgt von gewaltsamen und illegalen Push-backs nach Griechenland.
  • Mindestens 49 Menschen wurden in “Ketten”-Push-backs über mindestens drei Grenzen aus Serbien  nach Griechenland ausgeschafft. Diese spezielle Form der Push-backs hat sich etabliert und kann nun zu den Methoden des europäischen “Migrationsmanagements” gezählt werden. Das erste Glied dieser Kette ist nicht selten Italien, welches Aussschaffungen nach Serbien durchführt.
  • Die griechischen Behörden erhöhen erneut die Zahl der Einsatzkräfte in der Region des Grenzflusses Evros. 14 Einheiten der Bereitschaftspolizei wurden bereits entsandt. 125 weitere Polizeibeamt*innen sollen folgen. Im April und Mai wurden über 600 illegale Push-backs in die Türkei dokumentiert – mit Sicherheit nur ein Bruchteil der tatsächlich durchgeführten gewaltsamen Rückführungen. Dabei nehmen auch Rückführungen grösserer Gruppen aus dem Landesinneren zu, zum Beispiel aus Thessaloniki und Igoumenitsa. In den Städten kommt es zu gezielten Polizeirazzien, um obdachlose Geflüchtete aufzugreifen und bereits registrierte Personen auszuschaffen. Dabei geben Polizeibeamt*innen vor, den Menschen zu einem Aufenthaltsstatus zu verhelfen, schieben sie jedoch ab.
  • Forstarbeiter*innen haben einen 8 km langen Abschnitt der kroatisch-bosnischen Grenze entwaldet. Auf dieser Sichtbarkeitslinie sollen manuelle und technologisch unterstützte Überwachungsoperationen ansetzen können.
  • Im EU-finanzierten Lager Miral in Bosnien wurden weitere schwere Körperverletzungen dokumentiert. Videos zeigen beispielsweise, wie Beamt*innen der bosnischen Polizei und des Sicherheitsdienstes beliebige Container betreten und die Menschen darin schlagen. Auch strukturelle Gewalt gehört zum Alltag in den bosnischen Camps. Dazu zählen die nur begrenzte Versorgung mit Lebensmitteln, die eingeschränkte Gesundheitsversorgung, die Unterbringung in überfüllten Wohncontainern und die unverhältnismässige Kontrolle der Sperrstunden.
  • Ebenfalls in Bosnien einigten sich die zuständigen Behörden darauf, eine Lösung für die Schliessung der temporären Lager in Bihać und Velika Kladusa zu finden. Es soll ein neues Lager ausserhalb der Städte errichtet werden, in das die Menschen aus informellen Unterkünften zwangsumgesiedelt werden. Gleichzeitig müssen Privatpersonen vor Ort und Hilfsorganisationen, die ohne Genehmigung der UNO arbeiten, mit Repression rechnen, wenn sie weiterhin Geflüchtete ausserhalb der offiziellen Strukturen unterbringen oder unterstützen. Die neuen Beschränkungen in der Unterbringung und fehlende Solidaritätsarbeit werden wahrscheinlich dazu führen, dass Menschen vermehrt und wiederkehrend Gewalt ausgesetzt sind.
  • Anfang Mai kam es zu einem Angriff auf Menschen in einem serbischen Lager, indem ein Rechtsextremist der Gruppe Leviathan mit hoher Geschwindigkeit und gezielt in das Lager fuhr. Ein Video zeigt seine gewalttätigen, rassistischen und islamfeindlichen Äusserungen, die keinen Zweifel an seiner Motivation lassen, Menschen zu verletzen oder zu töten. Die Leviathan-Bewegung fällt seit Monaten mit rassistischen Provokationen und Attacken  auf. Sie bedrohen Geflüchtete in den Städten und patrouillieren an der Grenze zu Rumänien.
  • Im Mai wurde serbisches Militär im westlichen Grenzgebiet zu Kroatien rund um die Lager Adaševci, Šid und Principovac stationiert. Die Bewachung von Camps gehört klar nicht zu den Aufgaben der Armee. Das Innenministerium argumentiert, die Massnahme sei zur Gewährleistung der Sicherheit der Bevölkerung notwendig. Damit zeichnet sie erneut das rassistische Bild gefährlicher Migrant*innen. Dabei geht die Sicherheitsbedrohung in der Region ganz klar von rechtsextremistischen Gruppen und der Polizei aus, wie Berichte gut dokumentieren. Gut zur staatlichen Argumentation passt die Beschaffung von 2,5 Tonnen Rasierdraht für den Bau von Lagerumzäunungen.
  • Anfang März versuchten tausende Menschen, die griechische Grenze zu überqueren, nachdem die türkische Regierung sie als geöffnet erklärt hatte. Zum sogenannten Grenzschutz schossen griechische Beamt*innen mit tödlicher Munition über die Grenze auf unbewaffnete Menschen auf der Flucht. Untersuchungen dazu belegen nun, dass dabei acht Menschen von Schüssen der griechischen Beamt*innen getroffen wurden, darunter Muhammad Gulzar tödlich.

https://www.borderviolence.eu/wp-content/uploads/Balkan-Region-Report-May-2020.pdf

Verehrung von Antisemiten in Garches ev. bald vorbei?
Also wenn ihr was Besseres zu dieser Frage erfahren habt, sind wir froh um Hinweise. Aber eher gut war Folgendes: Die Gemeinde Garches in Frankreich will zwei Strassen umbenennen. Hierfür erfragt sie die Meinungen aller stimmberechtigten Bürger*innen. Zum einen handelt es sich um Rue Marquis-de-Morès und den Charles-Devos-Platz. Der Marquis de Morès war einer der Gründer der Französischen Antisemitischen Liga und schrieb Artikel in der offen antisemitischen Zeitung La Libre Parole. Charles Devos, der Bürgermeister von Garches war, war zuvor Direktor der Librairie antisémite in Paris und Buchhalter des Nationalen Antijüdischen Komitees.
https://www.radioj.fr/2020/06/16/la-municipalite-de-garches-veut-debaptiser-deux-rues-qui-portent-les-noms-de-personnalites-antisemites/


Köpfe der Woche Philippe Müller, Martin Roth

Philippe Müller

Wie reagieren Rassist*innen, wenn sie mit ihrem Rassismus konfrontiert werden? So wie Polizeichef*innen, wenn sie wegen ihrer strukturell-rassistischen Polizeigewalt oder Racial Profiling in der Kritik stehen. Z.B. unsere Köpfe der Woche Polizeidirektor Müller aus Bern oder Polizeikommandant Roth aus Basel.

Martin Roth

Erstens wird die Kritik verneint: «Es gibt kein Racial Profiling» lässt sich Müller im Bund zitieren, während Roth im SRF abstreitet, dass es in Basel Racial Profiling gebe: «Wir haben keine Fälle. Weder beim Gericht noch bei der Ombutsstelle konnte man uns das konkret vorwerfen». Zweitens: Keine Anzeichen von Problembewusstsein oder Selbstreflexion aufkommen lassen, sondern klugscheissern, um den Lead zu behalten: Roth aus Basel versucht das, indem er sich gut dastehen lässt. Um das strukturelle Racial Profiling Problem zu verhindern, stelle die Basler Polizei extra Nicht-Schweizer*innen an. Dies sorge für eine bessere «Durchmischung des Korps». Zudem seien Polizist*innen gut geschult und supersensibilisiert. In Bern erhielt Müller in der Berner Zeitung eine Plattform, um sich nochmals zu erklären, da sein wirkmächtiges Zitat im Bund doch noch auf Kritik stiess: Seine Aussage stimme und auch wenn BIPoC-Personen auf der Schützenmatte Polizeigewalt erleben, sei dies kein Racial Profiling: «An Hotspots, wo selbst 14-Jährige mit Drogen «angefüttert» werden» gebe es nur verdachtsabhängige Polizeikontrollen und -gewalt. Drittens: Kritiker*innen, die Glaubwürdigkeit absprechen: Roth unterstellt BIPoC-Personen, die Racial Profiling erleben, fehlende Einschätzungsfähigkeit: «Ich kann mir vorstellen, dass Kontrollen, die per se nicht-diskriminierend sind, als diskriminierend wahrgenommen werden können». Und Müller unterstellt BIPoC-Personen, die Racial Profiling – teilweise zusammen mit anderen antirassistischen Zusammenhängen – bekämpfen, fehlende Faktenkenntnis: «Vieles sind Geschichten vom Hörensagen», denn sonst würde es ja mehr Beschwerden geben und «mich stört, dass die Situation in den USA nun ausgenutzt wird, um bei uns politische Ziele zu erreichen, die bisher chancenlos waren».
https://www.derbund.ch/polizeidirektor-mueller-sieht-keinen-handlungsbedarf-910569685831
https://www.bernerzeitung.ch/gewisse-kreise-versuchen-die-polizei-zu-diskreditieren-350167706019
https://www.srf.ch/news/regional/basel-baselland/gegen-rassismus-basler-polizei-sensibiliert-personal-fuer-racial-profiling


Was war eher gut?

Solidarische Strukturen schaffen, statt Menschen in Nothilfecamps isolieren

Noch im Frühjahr sprachen die schweizer Behörden von “wenigen Ausnahmen”, in denen abgewiesene Asylsuchende – im Wissen der Behörden – statt in den staatlichen isolierenden Rückkehrzentren bei Freund*innen untergebracht wären. Dies hat sich erfreulicherweise geändert und so leben nun im Kanton Bern bereits 120 der aktuell rund 700 abgewiesenen Asylsuchenden bei Privatpersonen, das sind fast 20% der abgewiesenen Asylsuchenden im Kanton Bern.
Durch diese solidarischen Strukturen, entziehen sich Menschen, die sonst in Rückkehrzentren “verwaltet” würden. Menschen, die in den Augen der Behörden nicht bleiben dürfen. Von diesen aber auch nicht ausgeschafft werden können, da es beispielsweise mit dem Herkunftsland kein sogenanntes Rückübernahmeabkommen gibt. Das unmenschliche Wort allein erinnert an das Rückgaberecht defekter Waren. Ihnen möchte die offizielle Schweiz keinerlei Anreiz bieten zu bleiben. Sie erhalten 8 Franken Nothilfe pro Tag und eine medizinische Grundversorgung. Keine Sprachkurse, keine Bildung, keine Arbeitsmöglichkeit, keine Beschäftigung. Stattdessen Anwesenheitspflicht unter der Kontrolle der ORS. «Sie sollen nicht integriert werden», sagte dazu der zuständige Sicherheitsdirektor Philippe Müller (FDP) gegenüber dem «Bund». So verwundert es nicht, dass solidarischen Menschen von offizieller Seite Steine in den Weg gelegt werden, wenn sie sich diesem System widersetzen. Grundsätzlich müssen die Privatpersonen für alle Kosten aufkommen: Essen, Hygiene, Verpflegung, Unterbringung, Transportkosten, Kleidung. Sogar die kaum nennenswerten 8 Franken Unterstützung erhalten die Geflüchteten nicht mehr vom Kanton. Man könnte meinen, diese Lösung sei für die Behörden attraktiv, da sie Kosten spart. Dennoch wurde mehreren Menschen der Umzug in private Unterkünfte verwehrt. Eine Anfrage von Christa Ammann (AL) brachte nun offizielle Begründungen zutage:

  • Einer Familie wurde der Umzug in einen Privathaushalt vorläufig verwehrt, da vorgängig nicht mit der Schule der Gemeinde abgeklärt wurde, ob das Kind im schulpflichtigen Alter in der betreffenden Schule einen Platz erhalten wird. In der Antwort zeigt sich Bürokratie und Kontrolle: Die Familie habe kein Recht, ihren Aufenthaltsort frei zu wählen. Das Kind könne die Schule im Ort des Rückkehrzentrums besuchen. Die Familie würde viel mehr zeigen, dass sie staatlicher Leistungen wie Schulbildung nicht bedürftig sei, wenn sie einen anderen Wohnort wählt. Auch sei der neue Ort für die Einschulung halt nicht zuständig.
  • In einigen Fällen wurde die private Unterbringung verwehrt, weil die Privatperson, die den Wohnraum zur Verfügung stellt, nicht selbst in der Wohnung wohnhaft ist. Hier listen die Behörden folgende Bedingungen zur privaten Unterbringung auf: Die abgewiesene Person kann nicht ausgeschafft werden. Dennoch muss sie für Organisation und Durchführung der Abschiebung erreichbar sein. Aus der privaten Unterbringung dürfe keine Hoffnung auf ein Bleiberecht entstehen. Die unterbringende Person müsse eine Übersicht haben, wer sich in den angebotenen Räumlichkeiten aufhält. Würde sie selbst dort nicht wohnen, könne sie nicht gewähren, dass die Geflüchteten für ihre Ausschaffung verfügbar seinen. Solidarische Menschen werden damit in die Verantwortung genommen, sich zur Handlangerin eines rassistischen und menschenverachtenden Systems zu machen.
  • Mit dieser Begründung wird auch die Unterbringung in Wohnraum abgelehnt, der beispielsweise von Vereinen gemietet wird. Diese Lösung könnte für viele Geflüchtete eine Chance auf eine dezentrale Unterbringung und die Reduktion psychischer Belastungen im Lagersystem bedeuten.

Das Solinetz Bern ruft mit der Kampagne #StopIsolation zum Widerstand gegen die neu geschaffenen Rückkehrzentren im Kanton Bern auf. Dafür braucht es einerseits finanzielle Mittel und anderseits Menschen, die ihren Wohnraum mit Betroffenen teilen und einen entsprechenden Vertrag mit dem Migrationsdienst eingehen.Alle Infos auf
https://solidaritaetsnetzbern.ch/stopisolation/
https://www.derbund.ch/abgewiesene-asylbewerber-kommen-bei-privaten-unter-367032081508
https://www.gr.be.ch/etc/designs/gr/media.cdwsbinary.DOKUMENTE.acq/9d56f0632ea5448baa2aa6894c11c952-332/29/PDF/2020.STA.525-Beilage-D-208604.pdf

Private Rettungsschiffe retten 278 Menschenleben
Die beiden Seenotrettungsschiffe Sea-Watch 3 und Mare Jonio waren seit einer guten Woche in der Libyschen SAR-Zone unterwegs. Die Crew der Sea-Watch 3 rettete in weniger als 48 Stunden 211 Menschen aus Seenot und nahm diese an Bord. Auch die Mare Jonio der italienischen NGO «Mediterrenea» rettete in diesen Tagen 67 Menschen aus Seenot. Unterstützung bei ihren Sucheinsätzen bekamen die Schiffe von der «Moonbird», einem Kleinflugzeug zur Suche und Lokalisierung von Seenotfällen. Zuerst verweigerte Italien den beiden Booten einen sicheren Hafen. Malta reagierte überhaupt nicht auf die Anfragen. Schliesslich hatte Italien am Samstag beiden Booten einen Hafen auf Sizilien zugewiesen. Die Mare Jonio konnte in Pazzallo anlegen, die Sea-Watch 3 wurde nach Porte Empedocle geordert. Die 211 Menschen von der Sea-Watch 3 sollen auf einer Fähre, welche im örtlichen Hafen liegt, in 14-tägige Quarantäne gehen. Die Crew der Sea-Watch 3 möchte ihren Einsatz so bald als möglich fortsetzten. Auch das Seenotrettungsschiff Ocean Viking geht wieder in den Einsatz aufs Mittelmeer. Nachdem sich die Bertreiber*innenorganisatioinen «SOS Mediteranee» und «MSF» (Ärzte ohne Grenzen) im Frühjahr überraschend voneinander getrennt hatten, fahren «SOS Mediteranee» nun mit einem eigenen Ärzt*innen-Team in das zentrale Mittelmeer.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1137984.seenotrettung-sea-watch-rettet-rund-gefluechtete-im-mittelmeer.html
https://www.infomigrants.net/en/post/25452/sea-watch-rescues-165-migrants-from-central-mediterranean
https://www.stol.it/artikel/politik/sea-watch-3-mit-211-migranten-darf-auf-sizilien-anlegen
https://www.repubblica.it/cronaca/2020/06/20/news/migranti_rotta_su_pozzallo_per_la_mare_jonio_con_67_a_bordo-259719787/

https://www.laprovence.com/actu/en-direct/6021035/migrants-face-a-lurgence-locean-viking-sapprete-a-retourner-en-mediterranee.html


Was nun?

Über Schokoküsse und das rassistische M-Wort berichtete diese Woche wieder viele. Hierzu startet in Kürze die antirassistische Kampagne „Aus den Mündern – Aus den Köpfen“ (https://ausdenkoepfen.noblogs.org/) . Folgender Brief wird an Geschäfte, Restaurants, Kioske, Tankstellen, etc. geschickt, welche die rassistischen Süssigkeiten immer noch im Sortiment haben. Diese haben zwei Wochen Zeit über die Sortimentänderung zu informieren. Wenn dies nicht geschieht, dann werden sie auf der Karte der Website rot markiert und boykottiert. Wechseln sie das Produkt aus, erhalten sie eine grüne Markierung auf der Triggermap.
Was kannst du tun? Kennst du Orte, wo ebenfalls Süssigkeiten mit M-Wort verkauft werden? Dann schicke diesen Brief dorthin und kennzeichne das Geschäft mit Namen und Adresse auf der Karte orange. Je nachdem wie sie antworten, könnt ihr sie auf der Karte rot oder grün markieren.

“Sehr geehrte Damen und Herren
Sie führen in Ihrem Sortiment die Süsssigkeiten mit rassistischer Bezeichnung aus der Firma Richterich, Dubler oder Chocolat Ammann. Im Zuge der aktuellen Proteste gegen Rassismus bitten wir Sie diese aus dem Sortiment zu entfernen.
Die Verwendung des „M-Wortes“ ist rassistisch, weil es für Menschen aus Afrika steht und mit Rückständigkeit und Schmutz verbunden wird. Zurzeit des Handels mit versklavten Menschen wurde damit ausgedrückt, dass Menschen in Afrika nicht gleichwertig sind wie europäische Menschen und deshalb ausgebeutet werden können. Den Waren und Menschen aus Afrika wurden abwertende Namen gegeben, um die Hierarchie zwischen ihnen stärker zu machen. Aus Afrika kamen Rohstoffe und Arbeitskräfte, aber keine Menschen. Die Süssigkeit war ein Symbol, dass die Europäer*innen den afrikanischen Kontinent verspeisen können.
Die Schweiz war und ist (Neokolonialismus) aktiv beteiligt: Schweizer Buchdrucker druckten rassistische Bücher für ganz Europa, an schweizer Universitäten wurde der wissenschaftliche Rassismus miterfunden und schweizer Kauf- und Finanzleute wurden durch den Kolonialwaren- und Versklavungshandel reich. In der schweiz blühte ab 1830 eine rassistische Alltagskultur – unter anderem mit rassistischer Werbung von Schokolade.
Diese Geschichte ist eine Geschichte von Gewalt, Ausbeutung, Abwertung und Entmenschlichung. Sie hat eigene Worte und eine eigene Sprache erfunden, um die Ausbeutung und Entmenschlichung Schwarzer Menschen als normal und gerecht darzustellen.
Die Sprache und Worte weiter benutzen heisst Rassismus weiterwirken lassen. Deshalb soll das «M-Wort» aus den Mündern, aus den Köpfen und aus ihrem Sortiment!
Bitte teilen Sie uns doch mit, ob Sie diese Süssigkeit aus dem Sortiment entfernen. Wir werden Sie dementsprechend auf unserer Karte „Aus den Mündern – Aus den Köpfen“  kennzeichnen.
Freundliche Grüsse”


Wo gabs Widerstand?

Demo gegen Abschiebung vor dem SEM
Die 22-jährige Arezu Eljasi und ihre Familie sind 2015 aus dem Iran in die Schweiz geflohen. Nun sollen sie trotz Todesdrohungen abgeschoben werden. Die kurdische Aktivistin rechnet mit dem Schlimmsten. Deshalb haben die Familie und der Verein für Menschenrechte und Solidarität diese Woche vor dem SEM eine Demo organisiert.
https://www.20min.ch/story/iranerin-22-droht-trotz-todesdrohungen-die-ausschaffung-396962928639
https://act.campax.org/petitions/aus-schaffung-von-arezu-eljasi

Bern: Aktionstag «Realitäten aus dem Asylregime sicht- und hörbar machen»
Am «Weltflüchtlingstag» am 20. Juni haben geflüchtete und nicht-geflüchtete Aktivist*innen die Stimmen von Menschen, die in der Schweiz in Asylcamps isoliert werden, auf die Strassen getragen – mit dezentralen Aktionen am Morgen und einer gemeinsamen Demonstration durch die Innenstadt am Nachmittag.
In der Dominanzgesellschaft sind die Stimmen von geflüchteten Menschen selten gefragt. Lieber wird über «Flüchtlinge» gesprochen und geschrieben statt einfach mal zugehört und auf Augenhöhe politisiert. Gleichzeitig wirkt das Asylregime jeden Tag. Die diskriminierenden Gesetze und entrechtenden Verfahren, die isolierenden Camps und Administrativgefängnisse, die einschüchternde Gewalt von Securitas und Polizei oder die traumatisierenden Ausschaffungen lassen geflüchtete Menschen verstummen und machen sie unsichtbar.
Der Kanton Bern zeigt dies mit seinem neustrukturierten Asylsystem (NABE) beispielhaft auf: Abgewiesene Personen aus Staaten, in die keine Ausschaffungen erfolgen, werden von den Behörden auf unbeschränkte Zeit in freiheitsbeschränkenden «Rückkehrzentren» gehalten und zermürbt, bis die Menschen die Schweiz «freiwillig» in Richtung Diktatur, Krieg oder Armut verlassen oder untertauchen. Vorläufig aufgenommene Menschen mit Ausweis F werden dahingehend «integriert», dass die Neustrukturierungen vorsehen, die Betroffenen so lange in Asylcamps zu isolieren bis sie das Sprachniveau A1 und während eines halben Jahres eine 60%-Stelle vorweisen können. Vorher dürfen sie nicht in eine eigene Wohnung ziehen. Der Aktionstag sieht sich als Teil der Kampagne #RiseAgainstBorders
riseagainstborders.org
https://www.lucify.ch/2020/06/22/realitaten-aus-dem-asylregime-sicht-und-horbar-machen/
https://soundcloud.com/user-928399366/podcast-realitaten-aus-dem-asylregime-sicht-und-horbar-machen
https://riseagainstborders.org/2020/05/31/aktionstag-realitaeten-aus-dem-asylregime-sicht-und-hoerbar-machen/
https://migrant-solidarity-network.ch/msn-broschuere-asylcamps-sind-keine-loesung/
https://3rgg.ch/securitas-gewalt-im-lager-basel/

Rassistisches Wandbild in einem berner Schulhaus übermalt

Stürzt rassistische Relikte! Im Schulhaus Wylergut hängt ein Wandbild mit dem ABC, bestehend aus Bildern von Pflanzen und Tieren. Und drei Menschen und zwar beim Buchstaben N, I und C. Sie sind stereotypisiert und rassistisch dargestellt und durch die Buchstaben fremdbezeichnet. Am letzten Montagnachmittag wurden die drei Buchstaben und rassistischen Repräsentationen während der Öffnungszeiten der Schule übermalt.
Das Wandbild stammt von den Künstlern Eugen Jordi und Emil Zbinden und prangt seit 1949 im Schulhaus Wylergut. Im Frühling 2019 entstand endlich eine öffentliche Debatte über das Wandbild und die Stadt Bern reagiert darauf, in dem sie einen Wettbewerb ausschrieb, bei dem sich unterschiedlich zusammengesetzte Expert*innen (aus der Kunst, dem Antirassismusbereich und der Pädagogik) darüber Gedanken machen sollten, wie mit dem Wandbild zu verfahren sei. In der Ausschreibung steht, dass der Wettbewerb zum Ziel habe, «das implizit rassistisch geprägte Kunstwerk zeitgenössisch zu verorten und zu diskutieren».
In einem Bekenner*innenschreiben erklären die Antirassist*innen jedoch, dass dieser Umgang heuchlerisch sei: «Historische Relikte und Denkmalschutz werden mehr gewertet als institutionelle und alltägliche Rassismen.» Sie würden mehr zählen als ihre verletzende Wirkung gegenüber BIPoC (Black, Indigeneous and People of Color), die das Werk ansehen müssen und die es kritisiert haben.
Die Organisator*innen der «Black Live Matter»-Bewegung in Bern sagen zu dieser Aktion: «Danke. Menschen beginnen zu hinterfragen, Menschen beginnen zu handeln». Und wir sagen: Mehr davon.
https://www.20min.ch/story/unbekannte-uebermalen-rassistisches-wandbild-976175537710
https://barrikade.info/article/3604
https://www.telebaern.tv/telebaern-news/wegen-rassismus-debatte-zunft-zum-mohren-verhuellt-statue-138196644
https://www.bernerzeitung.ch/keine-anzeige-wegen-uebermaltem-wandbild-im-wylergut-371803627661

Sabotage-Aktionen gegen ORS und Securitrans
“Die jüngsten Berichte über die gezielte und systematische Gewalt von Securitas-Angestellten gegen Bewohner*innen des Bundesasyllagers in Basel haben uns emotional nicht kalt gelassen. Mit ihren Geschichten an die Öffentlichkeit zu gehen ist ein widerständiger Akt. Damit fordern sie uns alle auf, ebenfalls Position zu beziehen. Im Schutze der Dunkelheit verloren 7 Fahrzeuge der ORS in Pratteln BL die Luft aus ihren Reifen. Luft, die ihre Mitarbeitenden gebraucht hätten, um tagsdrauf wieder in die verschiedenen Asyllager der Nordwestschweiz zu fahren und ihrer dreckigen Arbeit nachzugehen. Die Organisation für Regie- und Spezialaufträge (ORS) ist die grösste Verwalterin von Migrant*innen in der Schweiz und auch international tätig. Sie verdient finanziell daran, dass Asylsuchende in gefängnisähnlichen Lagern eingesperrt werden und ist ein Zahnrad in der europäischen Ausschaffungsmaschinerie. Sie schafft den strukturellen Rahmen, in dem die physische Gewalt der Securitas ungehindert stattfinden kann. Die Gewalt gegen Geflüchtete und People of Color hat System – nicht nur in den USA, auch hier in der Schweiz. Bekämpfen wir gemeinsam alle Institutionen, welche die rassistische, weisse Vorherrschaft stützen!
Ausserdem wurde ebenfalls letzte Woche ein Auto von Securitrans mit Buttersäure sabotiert. Securitrans ist ein Zusammenschluss aus Securitas und SBB, der sich um die Sicherheit u.a. in den Bahnhöfen kümmert. Zu den Aufgaben der Securitas gehört neben Objektschutz und Gefangenentransporten auch die Durchsetzung der Ordnung in den Lagern. Die SBB führt ebenfalls Gefangenentransporte durch und ist aktiver Teil der Abschiebemaschine.Für sie sind das alles rentable Geschäftsmodelle. Für uns sind sie Hindernisse auf dem Weg hin zu einem würdevollen Leben in Freheit für alle.”
https://barrikade.info/article/3609
https://barrikade.info/article/3607

Europas Asylpolitik vor Gericht
Mehrere Geflüchtete, welche in verschiedenen Lagern auf den griechischen Inseln interniert werden, haben erfolgreich vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geklagt. Auf Samos etwa haben bislang 43 Geflüchtete gegen die Zustände in den Hotspots geklagt. In 37 der Fälle entschied der EGMR, dass die Kläger*innen an einem anderen Ort untergebracht werden müssen. Denn die Bedingungen in den Lagern würden das Risiko einer „unmenschlichen oder erniedrigen Behandlung” bergen. Ebenfalls auf den Inseln Lesbos und Chios klagten mehrere Geflüchtete, auch hier waren viele Klagen erfolgreich. Weitere Verfahren sind vor dem EGMR hängig. Unterstützt werden die Käger*innen von diversen NGO`s. Leider haben die Klagen lediglich Auswirkung auf die Kläger*innen und nicht auf die Gesamtheit der betroffenen Migrant*innen. Auch sind Sammelklagen nicht möglich. So hat der EGMR zum Beispiel im Fall eines minderjährigen Geflüchteten, der auf Samos ohne Verwandte in einem Zelt im Wald leben musste, geurteilt, dass er einen Vormund bekommen und besser untergebracht werden muss. Auf Samos gibt es jedoch aktuell 315 unbegleitete Minderjährige – für sie ändert sich nichts. Denn sie müssten selbst klagen. Und dazu reichen die anwaltlichen Kapazitäten nicht aus. Der Jurist Robert Nestler von Equal Rights Beyond Borders betont, dass die vielen Einzelverfahren nicht das Ziel sein können: „Dass wir am laufenden Band Verfahren gewinnen, zeigt ja, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt, sondern um ein strukturelles Problem. Das muss politisch angegangen werden – wir können das mit unseren Einzelfall-Klagen nicht leisten.“
Die meisten Kläger*innen der vergangenen Monate waren Schwangere, unbegleitete Minderjährige oder erkrankte Personen. Ob eine gesunde erwachsene Person ebenfalls vor dem EGMR erfolgreich wäre, ist unklar. Ausserdem sind die Entscheidungen vorläufig: Weil in den „Hotspots“ die Gesundheit und das Leben der Geflüchteten akut bedroht sind, entscheidet der EGMR ausnahmsweise innerhalb von wenigen Tagen. Das endgültige Urteil fällt das Gericht erst nach einigen Monaten oder sogar Jahren.
https://mediendienst-integration.de/artikel/europas-asylpolitik-vor-gericht.html


Was steht an?

Veranstaltungsreihe “Beim Namen nennen”
01.06. – 30.06.20 I Basel I Bern I Luzern I St. Gallen I Zürich
Seit 1993 sind mindestens 40.555 Menschen beim Versuch, nach Europa zu flüchten, gestorben. In verschiedenen Städten der Schweiz finden im Juni Veranstaltungen statt, um der Tragödie zu gedenken, und ein Zeichen gegen die Ungerechtigkeit zu setzen. Es wird für jede gestorbene Person ein Brief an den Bundesrat geschrieben. Die Namen der Verstorbenen werden gelesen. Zudem gibt es Filmvorführungen, Diskussionen und eine Fotoausstellung.
www.beimnamennennen.ch

Velotour d’Horizon
10.07. – 02.08.2020
Die Velotour d‘Horizon 2020 thematisiert, welches Ausmass die Einschränkung im Lageralltag angenommen hat. Wir besuchen verschiedene Lager, dokumentieren die Situation und machen mit Aktionstagen auf die Missstände aufmerksam. Während drei Wochen sind wir (in der Schweiz lebende Menschen aus der ganzen Welt) selbstorganisiert mit den Velos unterwegs, stärken bestehende Initiativen und vernetzen uns untereinander.
antira.org/velotour


Lesens -/Hörens -/Sehenswert

Voices that attest to violence
Voices that will not be silenced. Hear the experience of 736 people subject to pushbacks in the Western Balkans and Greece in the last two months. The Border Violence Monitoring Network continued to record high levels of illegal cross-border removals throughout the COVID-19 lockdown period and into the relaxation of measures. First hand accounts of these actions – carried out by police, state armies and Frontex – come from a range of different borders stretching from the Evros river between Greece and Turkey, to the Italian-Slovenian border. This publication provides field updates from April and May, relaying the situation along the EU external border and it’s persistently violent character.
https://www.borderviolence.eu/wp-content/uploads/Balkan-Region-Report-May-2020.pdf

Kultur der Straflosigkeit
Die Kampagne Death in Custody recherchiert Todesfälle in Gewahrsamssituationen, berichten Nico Fochler und Katharina Schoenes
https://wirkommen.akweb.de/ausgaben/661/death-in-custody-todesfaelle-in-polizeigewahrsam/

Black Artists in Switzerland
Über 70 schwarze in der Schweiz lebende Kulturschaffende adressieren einen offenen Brief an Kulturinstiutionen, Museen, Kunsträume, Galerien und Off-Spaces in der Schweiz mit der Frage: “Wie werden Sie in Zukunft schwarze Künstler*innen und Kulturschaffende proaktiv unterstützen? Wie werden Sie aktiv Strukturen der White Supremacy und die damit einhergehenden rassistischen Attribute innerhalb Ihrer Institution abbauen? https://blackartistsinswitzerland.noblogs.org/

EU and Libya Collaboration – Pull Backs by Remote Control
Migration ist kein Verbrechen – und doch werden flüchtende Menschen oft kriminalisiert. Die Moderator*innen Sara Bellezza (borderline-europe) und Matthias Monroy (Editor CILIP) werden zusammen mit den Gäst*innen Sally Hayden (Journalist*in), Yasha Maccanico (Statewatch), Lucia Gennari (Mediterranea Saving Humans), Kiri Santer (Alarm Phone) und Bérénice Gaudin (@Sea-Watch) u.a. über die aktuellen Entwicklungen in den Lagern in Libyen sowie die Verantwortung der europäischen Akteur*innen gesprochen. Mit Blick auf den anhaltenden Bürgerkrieg im Land sowie die unzähligen Berichte über Folter, Vergewaltigung und weitere menschenunwürdige Behandlungen in den Lagern muss es klar sein, dass Libyen nicht als sicheres Aufenthaltsland für geflüchtete Menschen gelten darf.
https://www.facebook.com/ALEX.berlin.de/videos/684355958791585/

Rassismus in der Schweiz – 10vor10
Gemäss einer Studie des Bundesamtes für Statistik geben 28 Prozent der Schweizer Gesamtbevölkerung an, Rassismus schon einmal erlebt zu haben. Wie äussert sich Alltagsrassismus? Sechs junge Menschen erzählen.
https://www.srf.ch/play/tv/10vor10/video/10vor10-vom-18-06-2020?id=0324a6a4-7eca-499b-a523-9ccac35b6f61

Die Klimabewegung hat ein Rassismusproblem
Ich wurde auf einem Pressefoto mit Luisa Neubauer und anderen weissen Klimaaktivistinnen unsichtbar gemacht. Vor kaum einem halben Jahr ist der ugandischen Klimaaktivistin Vanessa Nakate mehr oder weniger dasselbe passiert. Der Unterschied: Diesmal waren Menschen aus der Klimabewegung verantwortlich. Menschen, die ich Kolleg*innen und Freund*innen nenne.
https://www.klimareporter.de/protest/die-klimabewegung-hat-ein-rassismusproblem

Polizeigewalt institutioneller Rassismus, was nun?
Polizeigewalt in den USA – «Die Polizei hat die Methoden der Sklaverei übernommen» Die US-Polizei reformieren oder abschaffen? Soziologin Vanessa Thompson über Auswege aus dem institutionellen Rassismus.
https://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-religion/polizeigewalt-in-den-usa-die-polizei-hat-die-methoden-der-sklaverei-uebernommen

Wut in Südkurdistan: Streiks, Demonstrationen und ein türkischer Angriffskrieg
Aktuell und hintergründig
https://lowerclassmag.com/2020/06/19/wut-in-suedkurdistan-streiks-demonstrationen-und-ein-tuerkischer-angriffskrieg/?fbclid=IwAR1WxslPpwlnixyxY7c4ArdvOGgIYFRjVLyS6WnK3gFjchg95zjnL3d6KA8