antira-Wochenschau: Antisemitismustradition in Bayern, Regularisierungen in Portugal, Proteste in Coronazeiten

Bild: Das Judasfeuer – Ein antisemitischer Osterbrauch in Bayern

Was ist neu?

EU “Friedensmission” IRINI startet, soll aber nicht retten
Ab Mittwoch startet im östlichen Mittelmeer die Mission IRINI zur Überwachung des Waffenembargos gegen Libyen. Die Mission IRINI, was zynischerweise „Frieden“ auf griechisch heisst, wird aber nicht nur zur Durchsetzung des Waffenembargos eingesetzt. Sie wird auch die libysche Küstenwache ausbilden und Satellitenüberwachungen durchführen, um das „Schleppertum“ zu bekämpfen. Ob diese Daten dann nicht eher einfach an die libysche Küstenwache weitergegeben werden, damit diese Push-backs durchführen kann, würde uns nicht erstaunen. Der Einsatz der neuen Mission war bis vor kurzem noch nicht gesichert. Einige europäische Staaten wie Italien und Österreich wehrten sich gegen IRINI. Sie befürchteten, dass die Mission Menschen auf der Flucht retten könnte. Damit das zentrale Mittelmeer eine absolute Todeszone für Geflüchtete bleibt, soll das Einsatzgebiet von IRINI nun deutlich weiter östlich und damit abseits der Fluchtroute von Libyen nach Italien liegen. Dennoch aus Seenot gerettete Menschen werden wegen der Aufnahmeweigerung Italiens in griechische Häfen gebracht. Es scheint uns eine sehr durchdachte Idee, noch mehr Geflüchtete in jenes Land zu bringen, das (1) jetzt gerade einen Monat kein Asylrecht kannte, (2) eine rechte Regierung hat, die im Stundentakt neue Repressalien gegenüber Geflüchteten einsetzt, (3) völlig überfüllte Camps ohne jeglichen Zugang zu gar nichts hat und (4) dabei zusieht, wie Faschist*innen Geflüchtete verprügeln oder ihre Zelte anzünden.
https://www.welt.de/politik/deutschland/article206928183/Migration-Zahl-der-Todesopfer-im-zentralen-Mittelmeer-sinkt.html
https://www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2020/03/31/eu-launches-operation-irini-to-enforce-libya-arms-embargo/

Asylsuchende sollen den deutschen Spargel retten
Wie eng Rassismus und Kapitalismus miteinander verbunden sind und sich gegenseitig beeinflussen, zeigt sich in der derzeitige Krise einmal mehr. Weil in Deutschland viele osteuropäische Erntehelfer*innen aufgrund der Einreisesperren ausfallen, wird jetzt halt eine intensivere rassistische Ausbeutung von Geflüchteten gefordert, damit die deutschen Spargelproduzent*innen nicht Konkurs gehen. Die Landwirtschaftsministerin unterstützt die Idee, dass Asylbewerber*innen in der Landwirtschaft eingesetzt werden sollen. Ausgerechnet jene Menschen also, denen teils jahrelang staatlich verboten wurde, zu arbeiten, sollen jetzt die deutsche Ernte retten. Natürlich nur für eine begrenzte Zeit. Die Arbeitserlaubnis soll zeitlich befristet erteilt werden. Sobald die “Krise” überstanden ist, sollen sie lieber wieder in staatliche Abhängigkeit versetzt werden. Ein Beispiel mehr, wie weiss sozialisierte und privilegierte Kapitalist*innen und Behörden auch im 21. Jahrhundert sklavenartig über die Arbeitskraft von nicht weissen Menschen verfügen dürfen. 
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/coronavirus-erntehelfer-101.html
https://www.proasyl.de/news/zum-spargel-stechen-gut-genug-aber-dann-keine-perspektive-so-nicht/

Erste Coronaerkrankung in einem Camp bei Athen
Im Camp Ritsona, 75 km nordöstlich von Athen, gibt es den ersten Corona-Fall. Eine junge Frau war zur Entbindung ihres Kindes im Krankenhaus und wurde positiv getestet. Im Camp leben momentan 2.500 Menschen. Von ihnen wurden daraufhin 63 getestet. Bei 20 fiel der Test positiv aus. Keine Person weise jedoch typische Krankheitssymptome auf. Die Tests sollen fortgeführt werden. Jetzt wurde das Camp für zwei Wochen abgeriegelt. Die Polizei werde kontrollieren, dass die Bewegung in und aus dem Lager so gering wie möglich bleibe. Polizeiüberwachung können die Menschen in dem Camp jetzt sicher gut gebrauchen. Stattdessen könnten sie die Menschen, die negativ getestet wurden, aus dem Camp lassen, damit sich dieses nicht zu einer Todesfalle für hunderte von Menschen entwickelt.
https://de.euronews.com/2020/03/31/griechenland-erster-corona-fall-in-fluchtlingslager

https://www.dw.com/de/corona-griechenland-stellt-fl%C3%BCchtlingslager-unter-quarant%C3%A4ne/a-52992666

Bild: Auf diesem Schiff wurden Geflüchtete Anfang März auf Lesbos eingesperrt. Mittlerweile hat das Schiff sie in ein Camp auf dem Festland transportiert. Foto: picture alliance / AP Photo

Urteil ohne Konsequenzen wegen Unsolidarität von Ungarn, Tschechien und Polen
Im Sommer der Migration 2015 sollten bis zu 160.000 Menschen auf die EU-Staaten verteilt werden, um Italien und Griechenland zu “entlasten”. Der Europäische Gerichtshof verurteilte nun Polen, Ungarn und Tschechien, weil sie sich seit 2015 weigern, sich am EU-Flüchtlingspakt zu beteiligen und keine Menschen aufnahmen. Schon bei den Verhandlungen zum Verteilschlüssel 2015 war klar, dass sich nicht alle EU-Staaten beteiligen würden, es war lediglich ein demokratischer Mehrheitsentscheid. Mit einer Strafe müssen die Länder jedoch wohl nicht rechnen. Für eine Beantragung von Strafzahlungen müsste eine erneute Klage bemüht werden. Da das Abkommen schon heute nicht mehr gültig ist, wird das nicht passieren. Auch an der Haltung der drei Länder dürfte sich durch eine Zahlungsaufforderung nichts ändern. Sie lehnen Zuwanderung aus rassistischen Gründen klar ab. Nach aktuellem EU-Recht ist niemand mehr gezwungen, Menschen über Umverteilungsmechanismen aufzunehmen. Auch in westeuropäischen Ländern hat sich die unsolidarische Position der 2015 noch angeklagten Staaten durchgesetzt. Wie das im neuen Migrationspakt, der momentan erarbeitet wird, zum Ausdruck kommt, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Federführend dabei ist Ursula von der Leyen, die zuletzt Griechenland für sein militantes und unmenschliches Handeln gegenüber Geflüchteten lobte.
https://www.srf.ch/play/radio/rendez-vous/audio/europaeischer-gerichtshof-zur-umverteilung-von-asylbewerbern?id=b952ed9d-4123-4085-aa9e-c0a34082fa82
https://www.srf.ch/play/radio/echo-der-zeit/audio/polen-ungarn-und-tschechien-verstiessen-gegen-eu-recht?id=3f9f5f12-c0ce-4b63-8259-53eefb90eeaa
https://www.derbund.ch/drei-laender-haben-in-fluechtlingkrise-eu-recht-gebrochen-191953317972

ORS AG kritisiert Seifenspenden an Asylcamps
Privatpersonen haben in Zürich Menschen in Notunterkünften über Corona informiert und Seife sowie Desinfektionsmittel verteilt. Damit leisteten sie eine Direkthilfe in Camps, die von der ORS AG geführt werden. Diese konnte die Vorgaben des BAG bisher nicht ausreichend umsetzen. Ärzt*innen kritisieren die Lage in den Notunterkünften als “katastrophal”. Beispielsweise können noch immer vielerorts die geforderten zwei Meter Abstand nicht eingehalten werden, um Bewohner*innen und Mitarbeiter*innen zu schützen (siehe auch  antira-Wochenschau vom 30.03.20, “Social Distancing in Asylunterkünften unmöglich”). Die ORS weist wie immer alle Kritik zurück und kritisiert dafür selbst. Und zwar die Privatpersonen, die in den ORS-Unterkünften interveniert hatten. Sie würden die Arbeit der Mitarbeiter*innen erschweren und zu Verunsicherung bei den Bewohner*innen führen. Glaubhafter erscheint die Aussage einer Freiwilligen zur Situation vor der Intervention: “Die Leute waren verängstigt, es gab keine Informationen.” Menschen in Asyllagern gehören zu den am schlechtesten vor Corona geschützten Gruppen in der Schweiz. Die Bedingungen, unter denen Menschen dort leben müssen, sind seit jeher schlecht. Nur werden die Konsequenzen jetzt spürbar und hoffentlich auch für eine breite Bevölkerung nachvollziehbar.
https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/wegen-coronavirus-asylzentrums-betreiberin-kritisiert-freiwilligen-aktionen-137586525
https://www.tagesanzeiger.ch/aerzte-kritisieren-lage-in-notunterkuenften-als-katastrophal-124242889094
https://www.ors.ch/ORSS/media/ORSSMediaLibrary/Corona/MM-Behinderung-der-Betreuungsarbeit.pdf
https://www.plattform-ziab.ch/wp-content/uploads/2020/03/OffenerBrief_ZiAB_Bundesrat_M%C3%A4rz2020.pdf


Was geht ab beim Staat?

Trotz Kritik an fehlenden Corona-Massnahmen lässt KKS im Asylsystem alles beim Alten
Nachdem an den bundesrätlichen Corona-Massnahmen im Asylverfahren mehrere Wochen lang laute Kritik geäussert wurde, sah sich Karin Keller-Sutter (KKS) wohl doch gezwungen, so zu tun, als würde sie etwas dagegen unternehmen. Diese Woche reagierte sie auf die Forderungen: Dass im Moment aufgrund des fehlenden Rechtsschutzes keine negativen Asylentscheide getroffen werden sollen, findet sie nicht nötig. Sie reagiert lediglich mit einer Erhöhung der Beschwerdefrist von 7 auf 30 Tagen in den beschleunigten Verfahren. Aus ihrer Sicht können Asylinterviews auch gut auch ohne rechtlichen Beistand geführt werden.Diese Massnahme wird die Situation kaum verbessern. Erstens bringt in der Abwesenheit von rechtlichem Beistand auch eine verlängerte Beschwerdefrist nichts und zweitens gilt die Massnahme ausschliesslich für die beschleunigten Verfahren. Bei Dublin und erweiterten Verfahren gelten somit die üblich kurzen Beschwerdefristen. Statt die sonst überall angeordneten Gerichtsferien auch auf das Asylwesen auszudehnen, wird jetzt also gerade mal in ca. der Hälfte aller Verfahren die Beschwerdefrist ausgeweitet, die dann aber von keinem Rechtsbeistand ausgenutzt werden kann. Noch heuchlerischer als die Massnahme selbst sind deren Begründungen: (1) “Menschen, die auf den Schutz unseres Landes angewiesen sind, sollen diesen auch in der aktuellen Situation rasch erhalten.” Das sollte kein Problem sein, da ja auch nie gefordert wurde, keine Menschen mehr aufzunehmen, sondern lediglich, kein Menschen mehr abzuweisen. (2) “Eine Sistierung der Asylverfahren würde ausserdem zu Kapazitätsproblemen in den Bundesasylzentren (BAZ) führen und die Einhaltung der vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) empfohlenen Hygiene- und Verhaltensmassnahmen zur Bewältigung der Coronakrise in Frage stellen. Die Gesundheit aller am Asylsystem beteiligten Personen hat oberste Priorität.” – Die Grenzen sind zu. Es kommen keine neuen Menschen. Wir sehen nicht wirklich ein Kapazitätsproblem. Ausserdem: Von welchen Corona-Massnahmen für die Menschen, deren Gesundheit angeblich oberste Priorität hat, spricht sie genau? Bis jetzt werden Asylsuchende immer noch in Asyllagern untergebracht, statt sie in Wohnungen oder momentan sowieso leerstehenden Hotelzimmern unterzubringen und sind so überhaupt nicht vor einer Ansteckung mit dem Virus geschützt. Der einzige Vorschlag, den der Bundesrat macht, sind alte Militärbunker zu nutzen. In seiner Logik gehören wohl Geflüchtete einfach eher in unterirdische Bunker als in Hotels. Auf die Forderung, keine Ausschaffungen mehr durchzuführen und Menschen aus der Ausschaffungshaft zu entlassen, reagiert KKS gar nicht. Einzige Massnahme: Weil es im Moment nicht ganz so einfach ist, aus einem Pandemiegebiet wie der Schweiz auszureisen, können die geltenden Fristen für “freiwillige Ausreisen” weggewiesener Asylsuchender auf 30 Tage verlängert werden.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-78646.htmlhttps://www.tagesanzeiger.ch/kritik-an-neuen-asylregeln-959546376381
https://www.fluechtlingshilfe.ch/medien/medienmitteilungen/2020/covid-19-anpassungen-bei-asylverfahren-rechtsschutz-muss-stets-garantiert-sein.html

Touris ja, Geflüchtete nein: Keine Aufnahmen von Geflüchteten aus dem griechisch-türkischen Grenzgebiet
Gesagt, gestöhnt, gedacht, geschrien, gesprayt, gekleistert und geschrieben wurde es bereits tausendfach: Für Geflüchtete ist die Situation im griechisch-türkischen Grenzgebiet gefährlich, entmenschlichend und entrechtend. Diese Woche nahmen die Behörden auch Stellung zur geforderten Aufnahme von Geflüchteten in die Schweiz: Sie wollen nicht. Und wenn, dann nicht bevor andere europäische Staaten es auch tun und sicher nicht in einem grösseren Ausmass. Derzeit habe das SEM zwar für die Aufnahme von sagenhaften elf unbegleiteten Minderjährigen grünes Licht gegeben,doch wegen Corona sei es halt nicht möglich ihnen die Einreise in die Schweiz zu ermöglichen. Das sagen die Behörden allen ernstes während sie innert weniger Wochen 3.700 Personen – vorwiegend Touris – per Sonderflügen aus aller Welt in die Schweiz zurückholen konnten. Nebst ihrem rassistischen Unwillen, die versprochenen Aufnahmen zu ermöglichen, weigern sich die Behörden auch, ihren legalen Spielraum auszuschöpfen. Über den Status S könnten sie nämlich problemlos tausende schutzbedürftige Personen aus Griechenland oder der Türkei direkt in die Schweiz aufnehmen. Hierzu KKS in ihrer kalten Härte: «In einer Notlage wie jetzt können Asylverfahren in sicheren Drittstaaten geführt werden», das sei völkerrechtlich korrekt. Statt Solidarität fördern die Behörden in der Coronazeit eher die Verbreitung der rassistisch-nationalistische Idee, dass Asylverfahren – externalisiert – ausserhalb Europas durchzuführen seien.
https://www.amnesty.ch/de/laender/europa-zentralasien/griechenland/dok/2020/fluechtlinge-griechenland/online
https://www.20min.ch/schweiz/news/story/-Fluechtlinge-duerfen-nicht-vergessen-werden–10356562
https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/skandal-schweiz-soll-corona-fluchtlinge-aus-moria-aufnehmen-65686671

https://www.luzernerzeitung.ch/schweiz/die-krise-hat-mich-mit-haut-und-haar-erfasst-bundesraetin-karin-keller-sutter-ueber-die-coronapandemie-ld.1208490


Was ist aufgefallen?

QGOs und NGOs kritiseren Rassismus in der Schweiz und fordern Massnahmen
In der “NGO-Plattform Menschenrechte Schweiz” organisieren sich 82 Quasi- und Nichtregierungsorganistionen (QGO/NGO), die sich in der Schweiz für Menschenrechte einsetzen. Gemeinsam haben sie dem “UNO-Ausschuss zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung” (CERD) einen Bericht geschickt. Sie sind sich einig: Es brauche seitens des Staates dringend mehr antirassistische Anstrengungen. Deshalb schlagen sie der UNO Massnahmen vor, damit diese besser weiss, wie die offizielle Schweiz antirassistisch zu stressen wäre. Der Bericht zeigt, dass die NGOs Rassismus nicht als dummes Vorurteil, sondern auch als perfide Struktur verstehen. Doch da sie organisatorisch, strategisch oder teilweise auch finanziell von strukturell mächtigen (rassistischen) Akteur*innen wie Behörden, Medien, Parteien, Dominanzgesellschaft abhängen, kommt ihre Kritik handzahm daher. Es fehlt im Bericht eine politische Sensibilität dafür, dass es nicht nur Massnahmen im Bereich Sensibilisierung, Gesetzesreformen oder Monitoring braucht, um die strukturell-rassistischen Kräfteverhältnisse zu verschieben, sondern auch kollektive Kämpfe, soziale Bewegungen und antirassistische Kultur. Es braucht Druck, denn (anti-)rassismusbewusste Privilegierte geben selten freiwillig Privilegien auf und auch die aufgeklärtesten Behörden und Regierenden verzichten nicht freiwillig auf “die Vorteile” Neokolonialismus, Nationalismus, Grenzen oder rassistischer Arbeitsmarkt, solange ihre rassistischen Strukturen nicht dazu bewegt werden. Für diese Bewegung müssen die NGOs auch mal (wieder) von ihren Büros raus auf die Strasse. Genug gebasht, wo sehen die NGOs Möglichkeiten, um Rassismus zu bodigen: (1) Sensibilisierung: Die Behörden sollen sich mit ihrem eigenen strukturellen Rassismus befassen, statt seine Existenz zu leugnen. Auch die Bevölkerung, die Medien, die Politik, die Lehrpersonen und die Cops sollen stärker antirassistisch sensibilisiert werden. Nicht nur allgemein zu Rassismus, sondern auch zu spezifischen Formen wie Antiziganismus, antimuslimischer Rassismus, Antisemitismus sowie zu Ethnic und Racial Profiling oder institutioneller Diskrimierung von (geflüchteten und/oder illegalisierten) Migrant*innen. Hierfür wollen die NGOs Geld. (2) Repression: Um vor Rassismus und rassistischen Diskursen in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens zu schützen, schlagen die NGOs ein eigenes Antira-Gesetz vor. Auch soll der Zugang zur Justiz erleichtern werden, damit sich Rassismusdiskriminierte besser wehren können. Schliesslich soll beim Erlass von rassistischen Gesetzen – wie jüngst bei den antiziganistischen Gesetzen – konsequenter eingegriffen werden. (3) Monitoring: Die NGO’s wollen mehr Daten und Wissen sammeln. Eine Art staatlich finanzierte Menschenrechtsinstitution soll hierfür Abhilfe schaffen. Der Bundesrat hat dafür schon halbwegs grünes Licht gegeben. Diese Institution könnte vermutlich auch hilfreich sein, um endlich das vielgeforderte Monitoring des Polizeirassismus umzusetzen. (4) Minderheitenschutz: Romas sollen endlich als Minderheit anerkannt werden und fahrende Romas, Jenische, Sinti egal welcher Nationalität sollen genügend Plätze erhalten, um zu existieren. Auch soll der Holocaust gegen Roma-, Sinti- und Jenische stärker anerkannt werden. (5) Antiterrorismusgesetz verhindern: Um antimuslismischen Rassismus zu bekämpfen, fordern die NGOs, das entrechtende Antiterrorismusgesetzes zu stoppen.
https://www.humanrights.ch/de/front_content.php?idcat=1772&idart=14180&lang=1&kennung

Geflüchtete wählen zunehmend andere Wege als die Fluchtroute über das zentrale Mittelmeer
Seit Beginn dieses Jahres hat sich die Fluchtroute übers zentrale Mittelmeer in andere Regionen verschoben. Entsprechend sinken auch die Todeszahlen im zentralen Mittelmeer. Nach Angaben der IOM kamen dieses Jahr bis zum 31. März 133 Menschen auf der zentralen Mittelmeerroute ums Leben. In den Jahren zuvor waren es jeweils deutlich mehr. Wohin sich die Fluchtroute verschoben hat, ist noch nicht klar. Meist müssen Geflüchtete aber noch gefährlichere und tödlichere Wege auf sich nehmen, wenn bisherige Fluchtrouten blockiert werden. Nebst dem Krieg und der Gewalt in Libyen könnte ein Grund für den Rückgang in der höheren Aktivität der libyschen „Küstenwache“ liegen. Diese wird seit Jahren immer stärker von der EU mit Geld und Know-how ausgestattet, um Geflüchtete zurück in die Haftlager in Libyen zu schleppen. Im ersten Quartal dieses Jahres hat sie bereits 2.500 Geflüchtete vom Meer zurück an die libysche Küste geschleppt. Auch die Schliessung der EU-Aussengrenzen für Nichteuropäer*innen aufgrund von Corona könnte sich auf die Überfahrten auswirken. Zwar dürfen Geflüchtete theoretisch immer noch einreisen; doch in der Praxis wird dies nicht nur in Griechenland, sondern auch auf der zentralen Mittelmeerroute zunehmend unmöglich. Der italienische Aussenminister Luigi Di Maio sagte vergangene Woche, sein Land sei nicht bereit, „seine eigenen Häfen“ für gerettete Migrant*innen zu öffnen. Als weiteren Grund für de Rückgang häufen sich Berichte über private Handelsschiffe, die im Meer aufgegriffene Menschen wieder nach Libyen zurückschleppen. Von 2011 bis 2017 gab es lediglich einen solchen (bekannten) Fall. Seit 2018 hat es rund 30 solcher Vorfälle gegeben. Grund dafür könnte die immer stärkere Kriminalisierung der Seenotrettung in Europa sein. Hat ein Handelsschiff Geflüchtete an Bord, wird es an europäischen Häfen kaum eine Anlegeerlaubnis erhalten und zudem riskieren, des Schleppertums bezichtigt zu werden. Bringt es die Menschen dagegen zurück in die libyschen Folterlager, kann ihnen rechtlich nichts vorgeworfen werden, da das völkerrechtliche Verbot der Zurückweisung in einen Verfolgerstaat nur für staatliche Akteur*innen gilt.
https://www.welt.de/politik/deutschland/article206928183/Migration-Zahl-der-Todesopfer-im-zentralen-Mittelmeer-sinkt.html
https://www.deutschlandfunk.de/von-der-tuerkei-in-die-eu-immer-mehr-fluechtlinge-landen.795.de.html?dram:article_id=473395

Bild: Hotspotcamp Moria auf Lesbos.

Griechenland: Entrechtende Asylverfahren werden wieder aufgenommen
Der Entscheid, das Asylrecht in Griechenland auszusetzen, wurde ab dem 1. April wieder aufgehoben. Die Geflüchteten, die aktuell ankommen, sollen vorerst unter Quarantäne gestellt  werden – vermutlich in Hotels – und haben dadurch bis auf weiteres auch keine Möglichkeit, Asyl zu beantragen. Jene 2.000 Asylsuchenden, die im März nach Griechenland kamen, sollen ohne Verfahren, ohne ihr Recht geltend machen zu können, abgeschoben werden. Bereits jetzt werden sie in provisorischen Ausschaffungsgefängnissen auf dem Festland inhaftiert. Der griechische Migrationsminister Notis Mitarakis verteidigte die Massnahmen mit rechter Logik und Rhetorik. Ihm zufolge hätte die türkische Regierung die griechischen Grenzen angegriffen, indem sie tausende Migrant*innen passieren liess. Es sei ein organisierter Versuch gewesen, die Grenzen zu verletzen. Deswegen müsse Griechenland diesen Menschen kein Asyl gewähren. Dass für Menschen auf der Flucht die gleichen Worte wie für Kriegshandlungen benutzt werden, zeigt, dass sie als Druckmittel für Machtspiele zwischen Politiker*innen benutzt werden. Es ist ein ungeheuerliches Ergebnis der europäischen Abschottungspolitik. Die Kette der rhetorischen Entgleisungen reisst nicht ab: Der griechische Premier Kyriakos Mitsotakis bedankte sich bei den Grenzsoldat*innen, die in den letzten Wochen mit Tränengas und Gummischrot auf Migrant*innen geschossen hatten, mit den Worten: “Wir haben es geschafft, eine sehr wichtige Angelegenheit für unser Land und für Europa sicherzustellen: die Fähigkeit und Effizienz, unsere Land- und Seegrenzen zu schützen.“ Die Verdrehung der Machtverhältnisse in dieser Aussage ist verstörend. Die türkische Regierung hat unterdessen die Menschen, die am Grenzübergang Kastanies / Pazarkule ausharrten, ins Innere des Landes verfrachtet und die Überreste der vorübergehenden Lager verbrannt.
https://www.derstandard.at/story/2000116390511/corona-krise-griechische-inseln-werden-abgeschirmt
https://www.tagesschau.de/ausland/asylrecht-griechenland-101.html
https://www.derstandard.at/story/2000116470367/griechenland-beendet-umstrittenen-asylstopp

Antisemitische Oster-Tradition in Bayern
Kurz vor Ostern werden in Teilen Bayerns sogenannte „Judasfeuer“ entzündet, die in einer antisemitischen Tradition stehen. Der Brauch, bei dem teilweise Puppen in Menschengestalt verbrannt werden, dient der symbolisch-rituellen „Bestrafung“ der biblischen Figur Judas Iskariot für seinen Verrat an Jesus Christus. Judas Iskariot wird in antijudaistischer Tradition christlicher Prägung mit „den Juden“ identifiziert. Noch im 20. Jahrhundert wurden in Bayern die Feuer teilweise „Jud“ oder „Judenfeuer“ genannt. Ein „Judasfeuer“ im polnischen Pruchnik sorgte 2019 für weltweite Empörung. In Pruchnik wurde eine Puppe mit der Bezeichnung „Judas 2019“ verbrannt, die mit Hakennase und orthodox-jüdischer Kopfbedeckung und Haartracht entsprechend stereotyper antisemitischer Vorstellungen gestaltet war. Die „Judasfeuer“ in Bayern finden zwar nicht mit einer derartigen antisemitischen Markierung statt, gründen aber auf derselben Tradition.
https://report-antisemitism.de/documents/2020-04-02_rias-by_Judasfeuer-Osterbrauch.pdf

Corona-bedingte Sozialhilfe gefährdet Einbürgerungen oder das Bleiberecht von Migrant*innen
Für Menschen ohne Schweizer Pass kann die Corona-Krise Folgen für ihre Aufenthaltsbewilligung oder Einbürgerung haben. In Bern beispielsweise wird nur eingebürgert, wer in den vergangenen zehn Jahren bezogene Sozialhilfegelder komplett zurückgezahlt hat. Eine Rückzahlung kann Jahre dauern, umso länger in der aktuellen wirtschaftlichen Situation. Auch Migrant*innen mit Aufenthaltsbewilligung oder Niederlassungsbewilligung können betroffen sein. Sind sie bei Ablauf ihres Ausweises sozialhilfeabhängig, kann ihr Status zurückgestuft (bei C-Bewilligung) oder die Bewilligung nicht mehr verlängert werden (bei B-Bewilligung). In der Pandemie sind alle gleich? Davon kann nicht die Rede sein. Eine pandemiebedingte Kulanz sorgt in Bern für Streit. Klar gegen Kulanz ist SVP-Grossrat Erich Hess, für den es keinen Zusammenhang zwischen Corona-Krise und Sozialhilfegesuchen gibt: «Das Gesetz darf keinen Millimeter lascher werden.»
https://www.derbund.ch/die-krise-gefaehrdet-viele-einbuergerungen-105774755467

Rechte Gewalt und Verschwörungstheorien in Ostdeutschland
Die Beratungsstellen für Betroffene rechter Gewalt in den sechs ostdeutschen Bundesländern berichteten von 1.088 rechten Gewalttaten, die sie im vergangenen Jahr dokumentiert hätten. Dieser leichte Rückgang der Zahlen sei „mit Vorsicht zu bewerten“. Da rassistische Gewalt so normalisiert sei, gebe es eine hohe Dunkelziffer. Franz Zobel vom Thüringer Verband ezra vermerkte dazu: „Rechte und rassistische Gewalt eskaliert seit Jahren und entsprechende Konsequenzen wurden nicht gezogen.“ Sabine Seyb vom Berliner Projekt ReachOut sprach davon, dass vermehrt direkt Wohnräume angegriffen würden. Rassismus sei kein gesellschaftliches Tabu mehr und die Täter*innen fühlten sich durch die laufenden rassistischen Debatten motiviert und vom Rassismus der Behörden bestärkt. Nun warnen die Verbände vor Rassismus in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Es entstünden neue Verschwörungstheorien und es kursierten rassistisch aufgeladene Schuldzuweisungen. Rechte Positionen zur Corona-Pandemie bewegen sich momentan zwischen Jubel, dass die Grenzen dicht sind, antisemitischen Verschwörungstheorien und Nachbarschaftshilfe für ausschliesslich deutsche Rentner*innen. Zugleich war es einigen Neonazis peinlich, dass im lange herbeigesehnten Untergangsszenario nur Klopapier gehamstert wurde. Das lässt sich wohl nicht mit dem Selbstbild vereinen.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1135008.corona-krise-verschwoerungstheorien-und-verzweiflung.html
https://www.tagesschau.de/inland/verfassungsschutz-rechtsextreme-corona-101.html
https://taz.de/Rechte-Gewalt-in-Ostdeutschland/!5676492/

Kopf der Woche Alain Soral
Alain Soral, ein rechtsextremer ‚Essayist‘ und Holocaust-Leugner, knüpfte an die sich im Umlauf befindenden Verschwörungstheorien an. Er veröffentlichte ein Video auf YouTube, in dem er von der „Gemeinschaft“ sprach, „die uns verboten wird, zu benennen.“ Sie würde den Virus benutzen, um „das französische Volk zu schwächen“ und auf dem Rücken der Französ*innen Geld zu machen. Alles inklusive antisemitischer Anspielungen und typischer Opferhaltung. Soral war u.a. bereits 2019 wegen antisemitischer Hetze verurteilt worden. Nun geht es anscheinend munter weiter. Mit allen Menschen, die das Video schauten, kommen wir auf knapp 400.000 Köpfe der Woche.
https://www.jta.org/2020/04/02/global/an-unwanted-symptom-of-the-coronavirus-crisis-in-france-anti-semitic-conspiracy-theories


Was war eher gut?

Erste Hilfe für (illegalisierte) Migrant*innen in Portugal und Zürich
“Die Menschen sollen nicht ihres Rechts auf Gesundheit und öffentlichen Dienst beraubt werden, nur weil ihr Antrag auf eine Aufenthaltsbewilligung noch nicht bearbeitet wurde. (…) In diesen aussergewöhnlichen Zeiten müssen die Rechte der Einwanderer garantiert werden.” Nein, dieses Zitat stammt schon nicht vom Bundesrat, sondern von Claudia Veloso, der Sprecherin des portugisieschen Innenministeriums. Dieses entschied vor einer Woche, dass (geflüchtete) Migrant*innen, die auf eine Aufenthaltsbewilligung warten, alle eine Bleiberecht erhalten sollen, um sich besser vor Covid-19 schützen zu können. Alle, die ein hängiges Regularisierungsgesuch vorweisen können, sollen nun auch Zugang zu den Anti-Coronahilfsmassnahmen für die Bevölkerung haben. D.h. häusliche Pflege bei Symptomen, Kinderbetreuungshilfe oder finanzielle Hilfen. In der Schweiz zeigen die Behörden mehr rassistische Härte gegenüber Migrant*innen. Während z.B. die linken Stadtregierungen in Bern oder Basel zuwarten, dass Sans-Papiers finanziell untergehen, erinnert sch die städtische Exekutive in Zürich scheinbar an ihren eigenen Grundsatz der Gleichbehandung oder einfach daran, dass Nothilfe ein Verfassungsrecht ist. Das Sozialdepartement sagt gegenüber dem Tagesanzeiger, wie es Sans-Papiers unterstützen will: «Die Stadt Zürich stellt in der aktuellen Krisensituation die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung, um für Sans-Papiers, die ihren Lebensmittelpunkt in Zürich haben, finanzielle Nothilfe sowie Zugang zu notwendiger medizinischer Versorgung sicherzustellen.» Das Geld «in dem Umfang, den es jetzt in der Krise braucht, um diese Menschen im akuten Notfall angemessen zu unterstützen» wird über die lokale Anlaufstelle für Sans-Papiers an illegalisierte Menschen verteilt.
http://www.rfi.fr/fr/europe/20200329-coronavirus-portugal-regularisation-immigres-migrants-protection-etrangers?fbclid=IwAR1hBcmmxT6a0jCv_6NG1SE04r0YGETrNJAl4J12dSsEJctfE-rj2DJjC1I
https://www.tagesanzeiger.ch/ich-weiss-nicht-was-ich-tun-soll-484532676750

https://www.bernerzeitung.ch/seit-15-jahren-werden-hier-die-fragen-der-sans-papiers-gehoert-318564610775
https://www.bazonline.ch/wem-in-basel-wegen-corona-der-hunger-droht-95016


Was nun?

Kunstmuseum Basel erzielt Einigung über während des Nationalsozialismus erstandene Werke
Das Kunstmuseum Basel hatte im Mai 1933 an einer Auktion in Berlin rund 200 Zeichnungen und Drucke aus der Sammlung Dr. Curt Glaser erstanden. Curt Glaser war jüdischer Herkunft und wurde von den Nazis gezwungen, seine Stellung als Direktor der Kunstbibliothek in Berlin aufzugeben. Daraufhin versteigerte er einen Grossteil seiner Kunstsammlung, emigrierte 1933 in die Schweiz und verstarb zehn Jahre später in den USA. Nachdem bereits 2008 ein Versuch von der Erb*innengemeinschaft gestartet worden war, mit dem Kunstmuseum Basel eine Einigung bezüglich der Werke zu erzielen, ist es nach mehreren Jahren der Prüfung des Falles nun dazu gekommen: Eine ausgiebige Ausstellung über Curt Glaser und eine finanzielle Entschädigung sind das Ergebnis. Wir fordern eine umfangreiche Aufarbeitung aller Museen über die Herkunft ihrer Werke und eine strengere Überprüfung daraufhin, ob sie durch nationalsozialistische Enteignungen oder erzwungene Versteigerungen erworben wurden.
https://kunstmuseumbasel.ch/de/forschung/provenienzforschung/curtglaser

Sachabgabezentrum Eschenhof in Gampelen. © Adrian Moser

Foundrising gegen die neu geschaffenen Rückkehrzentren im Kanton Bern
Das Solidaritätsnetz Bern hat ein Fundraising lanciert, um Geld für die private Unterbringung von Geflüchteten zu sammeln und ihnen somit ein Leben ausserhalb der Isolationszentren zu ermöglichen.
In absehbarer Zeit werden abgewiesene geflüchtete Menschen im Kanton Bern in sogenannte “Rückkehrzentren” umplatziert. Dies bedeutet eine erneute Verschärfung des ohnehin menschenverachtenden Nothilfe-Regimes und stellt für viele Betroffene eine massive Verschlechterung ihrer Situation dar. Die neuen Camps werden von der ORS AG geführt und dienen der noch effizienteren Isolation und Verwaltung von Geflüchteten. Aus diesem Grund wollen wir gemeinsam Widerstand gegen die Isolationszentren leisten. Mehr Infos und das Fundraising findest du hier: https://solidaritaetsnetzbern.ch/stopisolation


Wo gabs Widerstand?

Schweizweite Proteste zur Unterstützung aller Corona-Diskriminierten
Europaweit erprobten sich in den letzten Tagen Aktionsformen, die eine öffentliche Meinungsäusserung ermöglichen, ohne Menschen durch eine eventuelle Corona-Ansteckung zu gefährden. An den Aktionstagen “Solidarität & Widerstand statt Festung Europa!”  wurde in Basel mit grossen Plakaten auf die tödlichen Folgen europäischer Grenzpolitik aufmerksam gemacht. Zudem wurden die Gefangenen im Bässlergut und die Eingesperrten im zugehörigen Bundesasyllager mit Feuerwerk gegrüsst. In Bern fanden corona-konforme Demonstrationen statt, bei denen die Teilnehmenden Transparente zeigten und ihre Kritik äusserten – immer mit dem gebotenen Abstand von zwei Metern und mit Mundschutz. Vor dem Medienhaus  wurde eine kritische Rede zu den rassistischen Corona-Massnahmen gehalten (Rede: Solidarität ohne Grenzen). In Luzern und Zürich wurde zur Kampagne #LeaveNoOneBehind Raum für kreativen Protest geschaffen. Mit Kreide haben sich über den ganzen Tag verteilt Menschen für Solidarität ausgesprochen und ihre Fussspuren hinterlassen, sodass am Tagesende das stellvertretende Bild grösserer Demonstrationen entstand. Wenngleich sich dadurch nie viele Menschen am Aktionsort befanden und mit abwaschbaren Utensilien gearbeitet wurde, kam es in Zürich zu Personenkontrollen und einem Aufgebot der Feuerwehr, um den Helvetiaplatz wieder zu reinigen. Corona scheint ein guter Vorwand zu sein, Proteste noch stärker zu kriminalisieren. Da die Argumente des Schutzes der Bevölkerung bei allen gewählten Aktionsformen nicht greifen, wird die Intention der Repressionsbehörden schnell klar: auch weiterhin möchte die offizielle Schweiz keine zu kritischen Stimmen im öffentlichen Raum.
https://barrikade.info/article/3351
https://barrikade.info/article/3338
https://barrikade.info/article/3331
https://riseagainstborders.org/2020/04/04/solidaritaet-ohne-grenzen/

Bild: Aktion vor Medienhaus in Bern: “With physical distancing against social distancing”

Inhaftierung Geflüchteter in Griechenland landet vor dem Menschengerichtshof
Die NGOs Pro Asyl und Refugee Support Aegean unterstützen 20 der Personen juristisch, die sich auf dem Militärschiff vor Lesbos befanden. Mitte März wurden sie mit einem Rückführungsbescheid in das Haftlager Malakasa auf dem Festland verlegt, von wo aus sie ohne Asylverfahren in die Türkei abgeschoben werden sollen. Die Haftbedingungen in Malakasa sind so unwürdig, dass sie sogar von der örtlichen Polizeigewerkschaft angeprangert werden. Unter Corona sei zu befürchten, dass sich das Lager zu einer »Brandbombe entwickelt, da grundlegende sanitäre Schutzmassnahmen fehlen (Toiletten, Sauberkeit, Masken, Handschuhe, Anzahl der in Zelten wohnenden Personen usw.)«.  Die Menschen sind seit ihrer Ankunft in Griechenland ohne Rechte. Umso wichtiger ist es, dass es Pro Asyl und Refugee Support Aegean nun gelungen ist, Mandate für die Rechtsvertretung  zu erlangen. Der Fall zweier Jugendlicher, die ohne Wahrung der Kinderrechte in Malakasa inhaftiert sind, ist nun vor dem Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg hängig.
https://www.proasyl.de/news/kriegsschiff-voller-fluechtlinge-von-lesbos-nach-malakasa-und-jetzt-nach-strassburg


Was steht an?

#StopIsolation: Initiativen gegen die geplanten „Rückkehrzentren“ im Kanton Bern
Trotz Corona gibt es Widerstand gegen die geplanten „Rückkehrzentren“ im Kanton Bern. Das Solidaritätsnetz Bern hat ein Fundraising lanciert, um Geld für die private Unterbringung von Geflüchteten zu sammeln und ihnen somit ein Leben ausserhalb der Isolationszentren zu ermöglichen. Das Migrant Solidarity Network sammelt Meinungen und Kritik von abgewiesenen Geflüchteten digital. Fotos, Voicemessage oder Video mit Meinungen und Kritik einfach zwecks Veröffentihcung auf www.migrant-solidarity-network.ch entweder an 076 645 18 97 oder info@migrant-solidarity-network.ch schicken.
https://migrant-solidarity-network.ch/2020/03/30/stopisolation-viral-gegen-die-geplanten-rueckkehrzentren-im-kanton-bern

Migrantischer Streik am 8. Mai
Aufruf: “Wir migrantischen Selbstorganisationen rufen unsere Geschwister und Genoss*innen am 08. Mai 2020 zu einem Tag des Zorns und damit einhergehenden Generalstreik auf. Wir fordern alle Menschen mit Migrationserbe, jüdische Menschen, Sinti*ze und Rom*nja, Schwarze Menschen, people of colour, #BIPoC und alle solidarischen Menschen auf, mit uns zu streiken.”
https://barrikade.info/article/3239


Lesens -/Hörens -/Sehenswert

Polizeikontrollen gegen Sans-Papiers | Stimme der Sans-Papiers
Viele Menschen, insbesondere Migrant*innen, machen regelmässig Erfahrungen mit Polizeikontrollen. Für Sans-Papiers können solche Kontrollen besonders einschneidend und belastend sein. Menschen des Sans-Papiers-Kollektivs Basel haben den Mut gefasst und ihre Erfahrungen aufgeschrieben. Entstanden sind erschreckende Zeugnisse davon, was Sans-Papiers und auch andere Betroffene erleben müssen. Die Leküre dieser Ausgabe der Stimme der Sans-Papiers ist besonders bedeutsam. Speziell in Coronazeiten ist es solidarisch, die Polizei unter Druck zu setzten. Die Polizei soll (rassistische) Personenkontrollen zwecks Überprüfung des Aufenthaltsstatus unterlassen. Dies nimmt den Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus die Angst, sich bei Krankheit professionelle Hilfe zu holen und erlaubt eine minimale Bewegungsfreiheit.
https://sans-papiers-basel.ch/stimme-zu-polizeikontrollen/

Flucht als politische Handlungsform
Geschichte der Gegenwart
https://geschichtedergegenwart.ch/flucht-als-politische-handlungsform/

Jungle of Calais
Infoseite von Aktivit*innen über Migration und Grenzen in Nordfrankreich und Benelux
calais.bordermonitoring.eu

»Wenn sich eine Krankheit ausbreitet, sind wir verloren”
Wie Bewohner*innen des Lagers Moria versuchen, sich vor dem Coronavirus zu schützen
https://wirkommen.akweb.de/2020/03/wie-die-bewohnerinnen-des-fluechtlingslagers-moria-gegen-das-corona-risiko-kaempfen/
https://jungle.world/artikel/2020/14/eine-katastrophe-abwenden


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antira.org ist ein Zusammenhang von herrschaftskritischen Antirassist*innen in der Deutschschweiz. Wir sind autonom vernetzt, bezahlen keine Löhne und leben von solidarisch-widerständiger Arbeitszeit. Wir sind offen für Menschen, die unsere politischen Analysen, Ziele und Mittel teilen. Aktuell wird antira.org von weiss-sozialisierten Personen betrieben. Wir wollen rassistische Privilegien nutzen, um Rassismus zu bekämpfen. Dennoch sehen wir uns von Rassismus (mit-)geprägt und versuchen unsere Sozialisierung und Position innerhalb der rassistischen Gesellschaft kritisch und intersektional zu reflektieren. Für die Ausrichtung von antira.org finden wir es wichtig, im Austausch und Dialog mit nicht-weissen Personen und Zusammenhängen zu stehen und würden es begrüssen, wenn schwarze oder PoC-Kompliz*innen bei antira.org mitmachen würden. Wann immer möglich, nehmen wir auch Berichte und Analysen von BPoC-Personen, Kollektiven oder Strömungen auf. Bitte schickt uns solche Texte, Berichte, Analysen, Veranstaltungshinweise etc. an antira@immerda.ch. 

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