antira-Wochenschau: (Selbst-) Mord im Bundesasylcamp, Menschenrechtsverletzung durch die Schweiz, Konzernprofite dank Abschottung

Bild: Asylcamps sind keine Lösung – Demonstration in Bern

Was ist neu?

(Selbst-) Mord im Bundesasylcamp
Am 25. September hat sich eine geflüchtete Person im Bundesasylcamp Boudry das Leben genommen. Dass es soweit kam, ist auch eine Folge der Vernachlässigung von psychisch erkrankten Geflüchteten in Camps. Während beim repressiven Personal investiert wird, fehlt es an Hilfe für schutzsuchende Menschen mit psychischen Belastungen. Studien schätzen, dass ca. 30 bis 60 Prozent der Geflüchteten an einer Traumafolgeerkrankung leiden. Trotzdem gibt es in den Bundesasylcamps weder ein funktionierendes Früherkennungsinstrument für psychische Krankheiten, noch einen niederschwelligen Zugang zu psychologischer Behandlung. Vor der verstorbenen Person hatten bereits zwei andere Personen in den letzten Monaten versucht, sich das Leben zu nehmen. Wir trauern um das Todesopfer und sind wütend über den strukturellen Rassismus in der Schweiz. 
https://lecourrier.ch/2019/11/03/suicide-au-centre-de-requerants/
https://beobachtungsstelle.ch/news/traumatisierte-gefluechtete-keine-ausnahme/
https://www.interface-pol.ch/app/uploads/2019/03/Be_Asylsuchende_psychische_Gesundheit_d.pdf

Pariser Polizei räumt Zeltstadt von 700 Geflüchteten 
Im Norden von Paris leben tausende Geflüchtete in selbsterrichteten Zeltstätten. Sie leben dort, weil der Staat und die Gesellschaft ihnen keine Zukunft und keine Rechte zusichern. Nun hat die Polizei im pariser Vorort Saint-Denis eines dieser Zeltcamps geräumt. Hunderte Polizist*innen brachten die rund 700 (geflüchteten) Migrant*innen in Busse. Was mit den Menschen passiert, ist unklar. Laut dem Innenminister Christophe Castaner ist dies erst der Anfang. Vor dem Ende des Jahres würden alle Zeltstädte geräumt werden. Nicht nur das. Auch das Asylgesetz wird in Frankreich verschärft. Geflüchtete sollen neu erst nach drei Monaten Zugang zum allgemeinen Gesundheitssystem erhalten. Wie in der Schweiz, will die Regierung zudem auch schneller abschieben. 
https://taz.de/Fluechtlingscamps-im-Norden-von-Paris/!5639396/?fbclid=IwAR0b_eYvyj36oq991u1v6l1FiY0vcz2keq05mWfzHRrtU1N2zlo2w8S5Yxw
https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-11/fluechtlingslager-paris-raeumung-polizei-illegale-zeltstadt

Hier ist alles bestens. Helft euch einfach nicht gegenseitig 
Nationalrätin Lisa Mazzone (Grüne) hatte eine parlamentarische Initiative eingereicht, die verlangt, dass sich Personen, die geflüchteten Menschen Hilfe leisten, nicht strafbar machen, wenn sie dies aus achtenswerten Gründen tun. Die staatspolitische Kommission des Nationalrates spricht sich mit 15 zu 8 Stimmen gegen die Initiative aus. Sie ist der Ansicht, dass die „Förderung der rechtswidrigen Ein- und Ausreise in die Schweiz“ sowie des „rechtwidrigen Aufenthalts“ in der Schweiz weiterhin bestraft werden soll und auch keine Ausnahmen vorgesehen werden sollen, wenn aus humanitären Gründen gehandelt wurde. Die Kommission weist darauf hin, dass in leichten Fällen bereits heute von einer Freiheitsstrafe abgesehen wird und nur eine Busse oder Geldstrafe ausgesprochen werden kann. Es ist davon auszugehen, dass die Richter*innen in konkreten Fällen das Verhältnismässigkeitsprinzip anwenden und von hohen Strafen absehen, wenn aus humanitären Gründen gehandelt wurde. Es könne auch nicht mit der Situation von Flüchtlingshelfer*innen im Zweiten Weltkrieg verglichen werden. Zum einen sei die Schweiz von Rechtsstaaten umgeben und sie kenne heute selber ein asylrechtliches System, das hohen rechtsstaatlichen Standards genüge. Was sich Regierende und Behörden nicht alles leisten können, wenn es mit dem Begriff des „Rechtsstaats“ geschmückt wird.
https://www.parlament.ch/press-releases/Pages/mm-spk-n-2019-11-08.aspx?lang=1031

Morddrohungen von rechtsextremem Netzwerk 
Die ehemaligen Parteivorsitzenden der Grünen, Claudia Roth und Cem Özdemir, erhielten Morddrohungen eines deutschen Ablegers des rechtsextremen Netzwerkes „Atomwaffen Division“. Die Ursprünge des rechtsextremistischen Netzwerks liegen in den USA. Die Gruppierung gründete sich 2015 im Internetforum Ironmarch.org. Die Mitglieder sind schwer bewaffnet und bereit, ihre Waffen einzusetzen. In sogenannten „Hate Camps“ bereiten sie sich auf einen Rassenkrieg vor, der ihrer Ansicht nach kurz bevorsteht. Unter den Teilnehmern sind auch US-Soldaten, die Schiessübungen anleiten. Laut Aussage eines „Atomwaffen“-Aussteigers müssen Neulinge unter anderem Water­boarding über sich ergehen lassen. In den USA gehen bereits 6 Morde auf das Konto von Atomwaffen-Mitgliedern.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/neonazi-zelle-atomwaffen-division-das-hass-netzwerk-a-1225341.html

Griechenland: Verschärfung des Asylgesetzes, antimigrantische Busblockade, 41 Migrant*innen aus Kühlfahrzeug gerettet, 4 Tote vor Lanzarote
Vor einer Woche verabschiedete das griechische Parlament ein neues Asylgesetz. Dieses strafft die Asylverfahren und will „Nichtschutzwürdige“ abschrecken und die Rückführung von abgelehnten Asylbewerber*innen- sprich Abschiebungen beschleunigen. Die drei Monate junge mitte-rechts Regierung Nea Demokratia hat sich somit «die Migrationsfrage» zum Kernpolitikum gemacht. Die Oppositionspartei Syriza kritisiert das neue Gesetz scharf, da es sich darauf berschränke, „illegale Migration“ fernzuhalten. Das neue Gesetz beinhaltet beschleunigte Asylverfahren, gemäss deren Asylentscheide innerhalb von 2 Monaten gefällt werden sollen. Das UNHCR (Uno-Flüchtlingswerk) und weitere humanitäre Organisationen kritisieren das Gesetz ebenfalls, weil es vorsieht, bei einem Negativentscheid die Möglichkeit auf Beschwerde stark einzuschränken, die Geflüchteten in geschlossenen Lagern einzusperren und den Schutz von Kindern und vulnerablen Personen zu beschränken. Nach zahllosen Protesten in den überfüllten Lagern in Griechenland wird nun ein Teil der Personen auf das Festland verlegt. Die konservative Regierung will bis zum Jahresende 20.000 Migrant*innen von den Inseln aufs Festland bringen – bisher wurden 6.500 Menschen verlegt. Nun macht sich auch auf Seiten der griechischen Bevölkerung Widerstand breit. Aber nicht etwa gegen das neue Gesetz, sondern gegen Busse, in denen Migrant*innen transportiert wurden. Am 23. Oktober haben etwa 40 Menschen im nördlichen Vrasna versucht, drei Busse mit rund 150 Geflüchteten aufzuhalten, die aus dem überfüllten Lager Moria auf Lesbos in Hotels auf dem Festland verlegt werden sollen. Fast zeitgleich hat die Polizei im Norden Griechenlands bei einer Routinekontrolle 41 Menschen in einem Kühllastwagen vorgefunden. Einige der Personen litten an Atemnot und mussten ins Spital gebracht werden.Währenddessen versuchen weiterhin viele Menschen das Mittelmeer zu überqueren. Vor der Küste von Lanzarote ist ein Boot in Seenot geraten. Nachdem, gemäss dem Notfalldienst 112 Canarias, am Mittwoch Reste dieses Bootes gesichtet wurden, konnten 4 Personen gerettet werden. Fünf Personen konnten nur noch tot geborgen werden.
https://www.nzz.ch/international/asylgesetz-griechenland-will-ankunft-von-migranten-verringern-ld.1519777
https://de.euronews.com/2019/11/03/griechenland-anwohner-blockieren-migrantenbus
https://www.derstandard.at/story/2000110842914/bosnien-umstrittenes-aufnahmezentrum-wird-bis-mitte-november-geschlossen?ref=rss
https://www.spiegel.de/politik/ausland/griechenland-polizei-befreit-41-migranten-aus-kuehllastwagen-a-1294823.html
https://www.zeit.de/gesellschaft/2019-11/griechenland-migranten-kuehllastwagen-afghanistan-menschenschmuggel
https://www.tagesschau.de/ausland/migranten-lkw-griechenland-101.html
https://www.jungewelt.de/artikel/366575.gefl%C3%BCchtete-tot-vor-lanzarote.html

Die PNOS nach der Wahlniederlage
In zwei deutschschweizer Kantonen hat sich die Partei National Orientierter Schweizer PNOS an den Wahlen beteiligt, mit durchschlagendem Misserfolg. Sie tun, als sprächen sie für „das Volk“, doch die Stimmberechtigten wählen sie nicht. Offenbar soll es ein stärkerer rechter Kurs sein, der die 800 Mitglieder-Partei voranbringen soll. An einer Sitzung liessen sich die braunen Eidgenoss*innen von Henry Hafenmayer der NPD beraten. Der Blogbetreiber ist Nationalsozialist, Antisemit und Holocaustleugner. Neuer Parteipräsident ist Florian Gerber. Er tritt die Nachfolge von Dominic Lüthard an. Gerber ist Verwaltungsrat und Geschäftsleiter der Fighttex AG mit Sitz in Lotzwil. Die Modemarke richtet sich an Kampfsportler*innen, die an die Überlegenheit der weissen Rasse glauben. Auf den Kleidern sind etwa Wehrmachtspistolen und Hakenkreuz-Symbole zu sehen. Übrigens mobilisiert die PNOS für die Kundgebung „Freiheit für Ursula Haverbeck“. Haverbeck ist Holocaustleugnerin. 
https://hans-stutz.ch/meldungen-zu-rechtsextremismus-und-rassismus-in-der-schweiz
https://www.bernerzeitung.ch/region/oberaargau/florian-gerber-zum-neuen-pnospraesidenten-gewaehlt/story/20083712

Was ist aufgefallen?

Schweizer Behörden inhaftieren noch immer Kinder und Jugendliche
Jedes Jahr sperren die Behörden rund 20 Kinder und Jugendliche mit einem negativen Asylentscheid in schweizer Gefängnisse, um sie möglichst effizient abzuschieben. Zwischen 2017 und 2018 kamen 37 Minderjährige für einen Zeitraum von 2 bis 120 Tagen in diese sogenannte Administrativhaft. Sie waren im Alter zwischen 15 und 18 Jahren. Bei der Administrativhaft handelt sich um eine Haft, die die Weg- oder Ausweisung einer Person aus der Schweiz durchsetzen und deren Untertauchen verhindern soll. Sie wird angeordnet, um den Wegweisungsentscheid auch gegen den Willen der betroffenen Person zu vollziehen. Zur Legitimation der Inhaftierung von Kindern wird meist gesagt, dass die Administrativhaft nicht mit einer normalen Haft zu vergleichen sei, da es sich nicht um eine strafrechtliche Inhaftierung handelt und das Haftregime dadurch flexibler sein muss. Tatsächlich befindet sich aber ein Grossteil der Plätze für administrativ Gefangene in Regionalgefängnissen, also in normalen Haftanstalten. In drei Kantonen werden zudem auch Minderjährige unter 15 Jahren inhaftiert, was eigentlich verboten wäre. Diese Jahr gab es zwei Vorstösse im Parlament, welche zum Ziel hatten, die Administrativhaft für Minderjährige zu verbieten. Sie wurden aber beide deutlich abgelehnt, da die Mehrheit der Meinung war, dass dieses Zwangsmittel unerlässlich sei für den erfolgreichen Vollzug von Ausschaffungen.
https://www.swissinfo.ch/ger/asylpolitik_trotz-kritik-inhaftiert-die-schweiz-noch-immer-kinder/45349906?fbclid=IwAR2GC6XEUQg9fXCdHT9rrGQIKNMv55LvIZ_5m4xOv1MJ55MHt41dkCi8ZNE

Wem hört die Eidgenössische Migrationskommission zu?
Die Eidgenössische Kommission für Migration (EKM) hielt diese Woche ihre Jahrestagung zum Thema „asylpolitische Perspektiven“. Das Migrant Solidairty Network kritisiert die EKM, weil diese den direktbetroffenen Stimmen zu wenig Gewicht gab. Die EKM hat acht Personen eingeladen. Sieben Nicht-Geflüchete und nur eine geflüchtete Person. Drei Vertreter*innen von Universitäten, drei von schweizer NGO’s, eine Behörde und nur eine migrantische Basisorganisation. Sechs der acht Stimmen waren männlich. Keine Personen mit laufendem Asylverfahren und keine abgewiesene Person, keine Person, die in einem Camp lebt, keine Person, der die Ausschaffung droht. Interessant sind auch die Fragen, die im Mittelpunkt standen: Fünf Vorträge zu Fragen, die vor allem den Staat betreffen, zwei Vorträge zu Fragen, die vor allem Geflüchtete betreffen, ein Vortrag zu Fragen, die vor allem schweizer Aktivist*innen betreffen. Keine Vorträge zur Rolle der Schweiz bei Fluchtursachen, Abschottung oder dem Sterben auf Fluchtrouten im Mittelmeer. Keine Vorträge über die psychischen und physischen Folgen für Geflüchtete in Asylcamps, denen die Ausschaffung droht. Wer nun denkt, das nächste Mal macht es die EKM sicher besser, irrt sich leider. Es gehört zum Mandat der EKM, fast alle zu beachten, ausser die betroffenen Migrant*innen selbst. Auf ihrer Website steht folgendes: „Die EKM soll einen wichtigen Beitrag zum Wissenstransfer in Migrationsfragen leisten. Dazu arbeitet sie mit den zuständigen Behörden des Bundes, der Kantone und Gemeinden, den kantonalen und kommunalen Ausländerdiensten und Ausländerkommissionen und den im Bereich der Integration tätigen Nichtregierungsorganisationen zusammen“.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-76944.html?fbclid=IwAR0K52fMZNBkFhtJRnytYZ65F90JtBytWUgI6t37vMazvb5MJlD36XeDLJo
https://www.facebook.com/migrantsolidaritynetwort/posts/430501557663513?__xts__

Schweiz wegen Verletzung der Menschenrechtskonvention verurteilt
Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) verurteilte die Schweiz wegen Verletzung der Menschenrechte. Diese wollte einen zum Christentum konvertierten Afghanen der Ethnie Hazara ausschaffen, obwohl:
– Die Person zum Christentum konvertiert war. Personen, welche sich dem Christentum zugehörig fühlen, werden in Afghanistan verfolgt und ihnen droht die Todesstrafe. Trotzdem meinte das Gericht in St. Gallen in seinem Leiturteil, dass die Person in Afghanistan wegen ihres Glaubens nicht gefährdet sei.
– Afghanistan eines der unsichersten Länder der Welt ist. Das Gericht argumentierte, dass er zwar nicht in seinen ursprünglichen Heimatort zurückkehren könne, es aber die Möglichkeit gäbe, in Kabul zu leben. Dort befänden sich auch sein Onkel und seine Cousins. Diese wüssten nichts von seiner neuen Religionszugehörigkeit.
– Die Person zur ethnischen Gruppe der Hazara gehört. Das Bundesverwaltungsgericht hat überhaupt nicht beachtet, dass die Hazara in Afghanistan seit jeher Diskriminierung erfahren.
Dass die schweizer Behörden gerne Personen in Gefahr bringen, wenn sie diese ausschaffen, ist mittlerweile relativ klar. So ein krasser Fall war dann aber selbst für den EGMR zu viel des Guten. Immerhin. 
https://www.nau.ch/news/schweiz/schweiz-wegen-verletzung-der-menschenrechtskonvention-verurteilt-65608898

Landroute gefährlicher als übers Mittelmeer
Nach Einschätzung des UNO-Geflüchtetenhilfswerks (UNHCR) sterben mehr Migrant*innen auf den Routen zur nordafrikanischen Küste als bei den Fahrten über das Mittelmeer selbst. Schätzungen des UNHCR sprechen von mindestens doppelt so vielen Toten. Als Haupttodesursachen auf den Landrouten für 2018 nennt die Internationale Organisation für Migration (IOM) Verkehrsunglücke, gefolgt von Verdursten, Gewalttaten, Verhungern und Krankheiten. Unserer Ansicht nach ist die Todesursache Nr.1 die Abschottungspolitik Europas, welche sichere Migrationsrouten blockiert und Menschen in die Hände (gewalttätiger) Schlepper*innen treibt.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-11/migranten-nordafrika-landweg-mittelmeer-tote

Konzerne schlagen Profit aus der europäischen Abschottungspolitik
Eine Studie des globalisierungskritischen Netzwerk Transnational Institute, der niederländischen Kampagne gegen Waffenhandel, untersuchte wer alles Profit aus der europäischen Abschottung und Grenzsicherung schlägt. Denn dreissig Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer werden in Europa wieder die grossen Geschäfte mit Mauerbau und Abschottung gemacht. Vor allem Rüstungskonzerne wie Thales, Airbus und Leonardo profitieren von millionenschweren Aufträgen, die auch von der EU und ihren Mitgliedstaaten vergeben werden.Die Grenzsicherung besteht nicht mehr, wie vor 30 Jahren, aus weithin sichtbarem Beton und Stacheldraht. Heute schotten Helikopter, Drohnen und Schiffe die Grenzen ab. Insgesamt sind seit 1990 neue Grenzbefestigungen mit einer Länge von rund 1.000 Kilometern entstanden. Seit 2015 wurden die Fördermittel massiv ausgeweitet. Der europäischen Militär- und Sicherheitsindustrie ist es durch Lobbyarbeit gelungen, die Migration als Sicherheitsbedrohung darzustellen. Dies hat einen scheinbar endlosen Fluss öffentlicher Mittel für die Militarisierung der Grenzen ausgelöst. So sind mindestens 900 Millionen Euro für Grenzmauern und -zäune, 676,4 Millionen für maritime Einsätze (2006–2017) und 999,4 Millionen Euro für virtuelle Mauern (2000–2019) ausgegeben worden. Neben Thales, Airbus und Leonardo konnten auch viele Firmen aus der Baubranche, der Schifffahrt und dem Technologiesektor Fördermittel abgreifen. Dazu zählt laut Studie das Unternehmen European Security Fencing, ein spanischer Hersteller von Bandstacheldraht, der an Grenzzäunen zwischen Spanien und Marokko, aber auch zwischen Ungarn und Serbien, Bulgarien und der Türkei, Österreich und Slowenien zum Einsatz kommt. Genannt wird auch das slowenische Unternehmen Dat-Con, das am Bau von Grenzbefestigungen in Kroatien, Zypern, Mazedonien, Moldawien, Slowenien und der Ukraine beteiligt ist. Oder der niederländische Schiffbauer Damen. Dessen Schiffe werden von Albanien, Belgien, Bulgarien, Portugal, den Niederlanden, Rumänien und Schweden zur Grenzsicherung eingesetzt. Auch in Zukunft winken glänzende Geschäfte. Denn im neuen EU-Rahmenbudget für die Jahre 2021 bis 2027 werden die Mittel für den Grenzschutz ausgeweitet. 
https://taz.de/Konzerne-profitieren-von-EU-Grenzen/!5635526/

Was nun?

Die Polizei stellt Ermittlungen gegen Rassist*innen an Basler Fasnacht ein. Und wir? 
Nach der letzten basler Fasnacht startete die Polizei Ermittlungen wegen Verstoss gegen die Rassismusstrafnorm. Im Fall eines rassistischen Flyers stellt sie die Ermittlungen nun ein, weil sie keine Spur mehr hat. Im Fall der Fasnachtgruppe «Alte Garde der Alten Stainlemer» erkennt die Staatsanwaltschaft keinen Verstoss gegen die Rassismusstrafnorm. Auf ihrer Fasnachtslaterne ist eine Gruppe von Menschen abgebildet, die Migrant*innen darstellen sollen. Sie stehen einem kleinen Jungen gegenüber. «Dr Hansli schysst do fascht in d Hoose, wenn är das Volgg gseht uff de Strosse.» heisst es dann auf einem Flyer zum Bild (Bild: https://twitter.com/MarcelColomb/status/1105382705917775872/photo/1).

Die nächste Fasnacht in Basel findet vom 2.-4. Februar statt. Wer schmiedet einen Plan, um den Rassist*innen und dem Rassismus zu begegnen?
https://www.blick.ch/news/politik/weil-taeter-nicht-gefunden-werden-konnten-rassismus-an-basler-fasnacht-ermittlungen-eingestellt-id15603490.html

Wo gabs Widerstand?

Über 2000 Geflüchtete und Nicht-Geflüchtete an der Demo ‚Asylcamps sind keine Lösung‘
Trotz Kälte haben sich mehr als 2000 Personen auf dem Bundesplatz in Bern versammelt. Mit Reden, Slogans sowie mit Plakaten und Transparenten machten die Protestierenden auf die existentiellen Probleme für (geflüchtete) Migrant*innen in Camps aufmerksam. Sie kritisierten die libyschen Foltercamps, die diskriminierenden Camps in Transitstaaten, die überfüllten Hotspot-Camps in Griechenland, die isolierenden Bundesasylcamps und die entwürdigenden (Nothilfe-) Camps in den Kantonen. 81 Jahre nach der Reichspogromnacht in Deutschland erinnerten sie an die Folgen, die sich heute für Geflüchtete in Camps ergeben. Die Protestierenden sagen: (1) Keine Folter, keinen Tod und Vergewaltigung in libyschen Camps, sondern sichere Flucht- und Migrationsrouten für alle; (2) Keine Deals in Transitstaaten, sondern Personenfreizügigkeit für alle; (3) Keine Entrechtung und katastrophalen Bedingungen in den europäischen Hotspot-Camps, sondern ein Bleiberecht und Niederlassungsfreiheit für alle; (4) Keine Diskriminierung, sondern gleiche Rechte, Respekt und Würde für alle; (5) Keine Isolation und keine Ausschaffungen, sondern gleicher Zugang zu Wohnen, Arbeit, Bildung und Gesundheit für alle.
https://migrant-solidarity-network.ch/2019/11/09/demo-9-11-2019-ueber-2000-gefluechtete-und-nicht-gefluechtete-in-bern/
Bilder: https://liveit.ch/asylcamps-sind-keine-loesung-demonstration-in-bern/

Gründung der #Women Defend Rojava – Plattform Zürich
WOMEN DEFEND ROJAVA will die durch die Frauenrevolution in Rojava geschaffenen Werte gemeinsam verteidigen und ihnen auch in Europa Ausdruck verleihen. Die Plattform hat sich im Zuge des Angriffskrieges des türkischen Militärs gegen die selbstverwaltete Zone Rojava in Nord-ost-Syrien gegründet. Die Angriffe dauern seit dem 9. Oktober an.
https://barrikade.info/article/2853

Tausende gegen Krieg und Faschismus in Berlin
In Solidarität mit Rojava ist der Widerstand gegen den Angriff der Türkei riesig und vielfältig. So haben am World-Resistance-Day (2.11.2019) mehr als 10000 Menschen in Berlin gegen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der Türkei auf Nordost-Syrien demonstriert. Auch in der Schweiz gabs Widerstand: So fand am Dienstagabend in Bern eine Critical Mass mit dem Velo für Rojava statt. An zwei Plätzen konnte der Verkehr für einige Minuten zum Erliegen gebracht werden und es öffnete sich Raum um Flyer zu verteilen und Reden zu halten. Am 1. November fand in Basel der internationale Weltkobanetag, der Tag des Widerstands in Rojava gegen Faschismus und für Freiheit statt. Das Rojava Komitee Basel organisierte dazu Veranstaltungen, Diskussionen, eine Ausstellung, Konzerte und zusammen mit den kurdischen Kräften eine überregionale Demonstration. Jeder Widerstand ist bitter nötig: Die Türkei führt weiterhin ihren völkerrechtswidrigen Angriffskrieg und bombardiert mittlerweile auch zivile Ziele im Irak.
https://lowerclassmag.com/2019/11/05/videotausende-gegen-krieg-und-faschismus-in-berlin/
https://barrikade.info/article/2847https://barrikade.info/article/2828
Besuch mit der kurdischen Jugend an der Parteifeier der türkischen, kemalistischen Partei CHP: https://barrikade.info/article/2825

Raumbesetzung für Rojava an der Universität Zürich 
Am Dienstag 5. Novemver wurde ein Raum an der Universität Zürich für einen Tag lang besetzt. Der Raum wurde als „Informations-und Solidritätsraum“ genutzt, um auf die Situtaion in Rojava an der Universität zu sensibilisieren. Es fanden Informationsvorträge zur Frauen*revolution, Erfahrungsberichte und Filmscreenings statt. Der Tag mündete in einer Demonstartion durch das Universitätsviertel in Zürich. 
https://barrikade.info/article/2832

Was steht an?

Demo des basler Sans-Papiers-Kollektivs – Regularisierung? Jetzt!Donnerstag, 14. November | 12 Uhr | Claraplatz, Basel.
Aufruf zur Kundgebung am kommenden Donnerstag, um Härtefallgesuche voranzubringen.
https://www.facebook.com/search/top/?q=anlaufstelle%20f%C3%BCr%20sans-papiers%20basel&epa=SEARCH_BOX

Dritte CriticalMass (Velodemo) für Rojava
Donnerstag, 14. November um 18 Uhr auf dem Helvetiaplatz, Bern

Solidaritycity Mapping
Treffen mit «Wir alle Sind Bern», um eine Karte der Solidarität für die Stadt Bern zu erstellen
16.11.2019 | 13h30 – 16h30 | Wylerstrasse 5 | Bern. https://www.facebook.com/events/454551025180779/?active_tab=about

Groupe Antifasciste Lyon et Environs GALE
12.11 – 17.11 
Angesichts der grossen Präsenz faschistischer Gruppen in Lyon und der Repression, der „la GALE, Groupe Antifasciste Lyon et Environs“ (Antifaschistische Gruppe von Lyon und seinen Nachbarschaften) ausgesetzt ist, führen wir in mehreren Schweizer Städten eine Vortragstour durch.
https://barrikade.info/article/2831

Sri Lanka – Informationsabend über die Situation in Herkunftsländern von Geflüchteten 
26.11.2019 | 17.30 | Weyermannsstrasse 10, 3008 Bern
Geschichte, Fluchtgründe und Asylbedingungen in der Schweiz.
https://www.fluechtlingshilfe.ch/bildung/erwachsene/laenderinformationen-1.html

Wilson A gegen Polizei – Racial Profiling und rassistische Polizeigewalt
2.12.2019 | 7:15 Uhr | vor dem zürcher Obergericht
https://www.facebook.com/events/966482917035708/

Asylcamps und Ausschaffungen, was nun? 
Schweizweites Treffen vom Migrant Solidarity Network, um über Probleme, Widerstand und Lösungen zu sprechen 2.2.2020 | 12h: Essen | 13h30 – 17h: Workshops | Waldmannstrasse 17 | Bern

Lesens -/Hörens -/Sehenswert

Warum es Räume ohne weisse Menschen braucht
https://arrow-journal.org/why-people-of-color-need-spaces-without-white-people/

„After Europe“ – De-kolonisierung performativer Künste
https://lowerclassmag.com/2019/11/01/after-europe-de-kolonisierung-performativer-kuenste/

Die Incel-Szene und der Rechtsterrorismus
Anders Breivik erhält jedes Jahr hunderte Liebesbriefe von Femoid. Er hat so eine faszinierende Persönlichkeit!“ schwärmt ein User auf dem Incel-Subreddit „Braincels“. Auch auf dem Forum incels.co ist man sich einig, dass es sich bei Breivik um den „Nelson Mandela Europas“ handele, man nennt die Dokumentation über Breiviks Attentat „inspirierend“. Einige Incels wollen in Breivik sogar einen der ihren erkennen. 
https://www.antifainfoblatt.de/artikel/die-incel-szene-und-der-rechtsterrorismus

Mitmachen

Hast du Lust bei uns mitzumachen? antira.org lebt von antirassistischer Solidarität und gegenseitiger Hilfe. Wir suchen Menschen, die Lust an Webseitenbetreuung, Texte schreiben oder übersetzten haben, oder auch sonstiges antirassistisches Zeugs machen wollen. Hinweise, Kommentare und vor allem Beiträge zu Anti-/Rassismus können zur Veröffentlichung (verschlüsselt) an antira@immerda.ch geschickt werden.Willst du unseren Newsletter erhalten? Dann kannst du dich hier (https://antira.us19.list-manage.com/track/click?u=6b2d5286912b038038393347c&id=2ddf379ca3&e=985ecbf4ac) anmelden.Oder willst du unseren Telegram-Kanal abonnieren? Das kannst du hier (https://antira.us19.list-manage.com/track/click?u=6b2d5286912b038038393347c&id=af6e7ba13d&e=985ecbf4ac) machen.