Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel
+++ST. GALLEN
NGO sammelt in St.Gallen 10,3 Tonnen Kleider für Flüchtlinge: «Der Kleiderberg reichte bis zur Decke»
Bei einer Sammlung für Flüchtlinge in Griechenland kamen über 25’000 Kleidungsstücke zusammen.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/stgallen/ngo-sammelt-in-stgallen-103-tonnen-kleider-fuer-fluechtlinge-der-kleiderberg-reichte-bis-zur-decke-ld.1167279
+++BALKANROUTE
Flüchtlinge auf dem Balkan: Jetzt droht der Kältetod
Kein Wasser, kein Strom, keine Heizung, kein Essen: So hausen die
Flüchtlinge, die es auf der Balkanroute bis nach Bihać geschafft haben.
https://taz.de/Fluechtlinge-auf-dem-Balkan/!5636834/
+++MITTELMEER
Malta-Libyen: Geheimes illegales Push-Back-Abkommen
Soeben meldet die maltesische Tageszeitung „Times of Malta“: Vor einem
Jahr hat die maltesische Armee mit der sogenannten (west-) libyschen
Küstenwache und westlibyschen Milizen ein Abkommen zur Abwehr von
Boat-people abgeschlossen: Die maltesische Armee koordiniert seitdem
Push-Back-Aktionen der sogenannten libyschen Küstenwache, um Boat-people
vor Erreichen der maltesischen Search-and-Rescue-Zone abzufangen und
nach Libyen zurückzudeportieren. Den libyschen Verhandlungspartnern
unterstehen auch libysche Internierungslager, in die die Boat-people
zurückgebracht werden. Das Abkommen verstößt eklatant gegen
internationale Gesetze. Es ist Teil eines Bündels von
maltesisch-libyschen Abkommen, die im Auftrag des maltesischen
Regierungschefs ein korruptionsberüchtigter maltesischer Politiker
geführt hat.
https://ffm-online.org/malta-libyen-geheimes-illegales-push-back-abkommen/
+++LIBYEN
Denden entkam einem libyschen Foltergefängnis. Das ist seine Geschichte
Um dich nur die Wüste. Und dann das Mittelmeer.
https://www.bento.de/politik/libyen-er-entkam-einem-foltergefaengnis-das-ist-dendens-geschichte-a-e741d272-a388-44af-9d19-c6c7cab39f37#refsponi#ref=rss
+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Solidarität mit Protesten in Hongkong: Banner hängt am Luzerner Löwendenkmal
Am Sonntagmorgen haben Aktivistinnen und Aktivisten der Luzerner
Gruppierung RESolut ein Banner über das Löwendenkmal gehängt. Sie
fordern damit Solidarität mit den Protestierenden in Hongkong.
https://www.zentralplus.ch/banner-haengt-am-luzerner-loewendenkmal-1651925/
-> https://resolut.noblogs.org/post/2019/11/10/hongkong-solidaritaetsaktion/
200 zogen fürs Klima durch den Regen
Thun – Auch garstiges Vorwinter-Wetter hält die Klimastreikenden nicht auf.
https://www.bernerzeitung.ch/region/thun/200-zogen-fuers-klima-durch-den-regen/story/15857161
Um Sprayer abzuhalten, lässt SBB Zug bewachen
Seit kurzem fährt ein neuer ICE-Zug der Deutschen Bahn in die Schweiz.
Damit er sauber bleibt, wird er von Sicherheitspersonal bewacht.
https://www.20min.ch/schweiz/news/story/Um-Sprayer-abzuhalten–laesst-SBB-Zug-bewachen-14942552
+++KNAST
FALL BRIAN/CARLOS
-> https://www.tagesanzeiger.ch/contentstationimport/brian-hat-kein-interesse-therapiert-zu-werden/story/26105642
-> https://www.srf.ch/news/regional/zuerich-schaffhausen/wochengast-jacqueline-fehr-es-ist-ein-stueck-weit-das-prinzip-hoffnung-das-man-verfolgt
+++ANTIFA
Mythos Antifa: Zwischen Engagement und Gewalt
Zivilgesellschaftlicher Einsatz, aber auch gewaltbereit, wichtige Quelle
des Verfassungsschutzes, aber in Teilen auch „Beobachtungsobjekt“: Die
sogenannte „Antifa“ hat viele Facetten. Auch wenn man selbst innerhalb
der Szene das Image vom angriffsbereiten Antifaschisten pflegt, ist die
Bewegung viel mehr.
https://www.deutschlandfunk.de/mythos-antifa-zwischen-engagement-und-gewalt.724.de.html?dram:article_id=463089
+++ANTIRA
antira-Wochenschau: (Selbst-) Mord im Bundesasylcamp,
Menschenrechtsverletzung durch die Schweiz, Konzernprofite dank
Abschottung
https://antira.org/2019/11/10/antira-wochenschau-selbst-mord-im-bundesasylcamp-menschenrechtsverletzung-durch-die-schweiz-konzernprofite-dank-abschottung/
+++RECHTSEXTREMISMUS
Er griff bei Anti-Rassismus-Demo in Schwyz Aktivist an: SVP-Politiker droht wegen Pfefferspray-Attacke Rauswurf
In Schwyz hat ein Mann bei einer Anti-Rassismus-Demo einen linken
Aktivisten attackiert. Recherchen zeigen: Bei dem Täter handelt es sich
um einen Lokalpolitiker der SVP. Die Partei kündigt nun eigene
Ermittlungen an.
https://www.blick.ch/news/schweiz/zentralschweiz/er-griff-bei-anti-rassismus-demo-in-schwyz-aktivist-an-svp-politiker-droht-wegen-pfefferspray-attacke-rauswurf-id15609165.html
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/svp-politiker-attackierte-linken-aktivisten-mit-pfefferspray-135952141
Schwyzer SVP-Politiker pflegt offenbar Verbindungen zu «Combat 18»
Ein Schwyzer SVP-Politiker soll ein gestohlenes Transparent des Bündnis
«buntes Schwyz» an «Combat 18» weitergeben haben. Das Bündnis reagiert
empört.
https://www.nau.ch/news/schweiz/schwyzer-svp-politiker-pflegt-offenbar-verbindungen-zu-combat-18-65611316
SVP-Politiker attackiert linken Aktivisten an Anti-Rassismus-Demo
An einer Anti-Rassismus-Demo in Schwyz, attackierte ein
Vorstandsmitglied der kantonalen SVP einen Teilnehmer. Zudem wird er
verdächtigt, ein Transparent geklaut zu haben, das später wieder in
einem Nazi-Video auftauchte.
https://www.watson.ch/schweiz/svp/798941798-svp-politiker-attackiert-linken-aktivisten-an-anti-rassismus-demo
-> https://www.luzernerzeitung.ch/newsticker/schweiz/schwyzer-svp-politiker-greift-linken-aktivisten-mit-pfefferspray-an-ld.1167246
-> https://www.blick.ch/news/schweiz/zentralschweiz/im-pulk-mit-40-neonazis-svp-politiker-attackierte-demo-gegen-rassismus-id15608177.html
-> https://www.20min.ch/schweiz/zentralschweiz/story/svp-31414903
-> https://www.tele1.ch/artikel/157707/svp-politiker-soll-anti-rassismus-demo-attackiert-haben
-> https://www.tele1.ch/sendungen/1/Nachrichten#518363_2
-> https://www.tachles.ch/artikel/schweiz/wieder-ein-brauner-fleck-auf-der-svp-weste
+++GASSE
Sonntagszeitung 10.11.2019
Hochreines Kokain überschwemmt den Schweizer Markt
Keine andere illegale Droge bringt so viele Konsumenten in die Spitäler. Die Notfälle häufen sich.
Simone Rau, Sylvain Besson
Das Klischee geht so: Nur Manager und Models, Künstlerinnen und Werber
konsumieren Kokain. Und natürlich Banker. Doch es trifft längst nicht
mehr zu. Die aufputschende Droge ist zur Massenware geworden.
Ein ehemaliger Händler sagt: «Wenn man schaut, wie viel konsumiert wird
und wer alles konsumiert, dann ist das schon sehr krass. Früher war
Kokain sehr teuer, niemand konnte es sich leisten. Heute konsumieren
sogar Putzfrauen Kokain. Und Polizisten. In jeder Schicht wird
mittlerweile gekokst, wirklich in jeder.»
Die Menge an Kokain, die zum Kauf bereitsteht, in der Schweiz, in
Europa, weltweit, ist so gross wie noch nie. Und noch nie war der Stoff
so rein. Hierzulande ist der durchschnittliche Reinheitsgrad von Kokain
in den letzten acht Jahren von 33 auf 62 Prozent gestiegen. Zum Teil
werden in den Städten gar Werte von 80, 90 oder – wie jüngst im Zürcher
Drogeninformationszentrum – 100 Prozent getestet. Das bedeutet, dass der
in der Schweiz verkaufte Stoff immer weniger Streckmittel enthält und
immer mehr dem ursprünglichen Produkt aus den südamerikanischen Labors
gleicht.
Anbauflächen der Kokafelder wachsen explosionsartig
Die Erklärung ist einfach: In Kolumbien, wichtigster Kokainproduzent,
haben sich die Anbauflächen in den letzten acht Jahren vervierfacht.
Zurückzuführen ist dies hauptsächlich auf die Friedensverhandlungen
zwischen der kolumbianischen Regierung und den Farc-Rebellen. Seither
spritzt die Regierung keine Herbizide mehr, um die Ernte zu vernichten.
Und die Menge der Anbauflächen schiesst in die Höhe. Auch in Peru,
Nummer zwei der Herstellerländer, und Bolivien, Nummer drei, wird immer
mehr produziert. Weltweit 2000 Tonnen sind es pro Jahr, 2011 war es noch
halb so viel.
Zum höheren Reinheitsgrad tragen auch die neuen Schmuggelmethoden bei.
Es ist den Drogenkartellen gelungen, in das globale Handelssystem
einzudringen, um immer grössere Kokainmengen über den Atlantik zu
transportieren. Der Schiffscontainer ist zum beliebtesten Versteck der
Schmuggler geworden.
Ihre neue Methode nennen die Fahnder Rip-off, zu deutsch: Abzocke. Sie
besteht darin, die Siegel bereits beladener Container zu knacken und
Hunderte von Kilogramm Kokain inmitten ganz normaler Waren zu verstecken
– bei gefrorenem Fisch, Obst, Holz etwa. Manchmal sind es gar Tonnen.
Danach verschliessen sie die Container mit gefälschten Siegeln wieder.
Die Folge der Kokainschwemme: Die Abnehmer in Europa und der Schweiz
haben immer mehr Stoff zu verkaufen, während die Zahl der Konsumenten –
zumindest in der Schweiz – relativ stabil bleibt.
Die Kokainpreise sind relativ stabil
«Der Konsum ist nicht explodiert», sagt ein Deutschschweizer Polizist,
der auf Drogenfahndung spezialisiert ist. «Es sind dieselben Konsumenten
wie zuvor.» Doch weil mehr Kokain vorhanden sei, kriegten sie nun eben
viel reineren Stoff. Auch Thilo Beck, Chefarzt des Zürcher Zentrums für
Suchtmedizin Arud, sagt: «Wir sehen keinen Anstieg im Konsum.» 2018
veröffentlichte die Stiftung Sucht Schweiz zusammen mit der Universität
Lausanne den sogenannten Marstup-Bericht. Demnach konsumieren zwischen
0,5 und 2,5 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer Kokain, je nach Art
der untersuchten Bevölkerung (ländlich oder städtisch) und der
Analysemethode (Erhebung oder Abwasser).
Relativ stabil sind – in ganz Europa – auch die Kokainpreise. Sie liegen
in der Schweiz seit rund 15 Jahren bei 85 bis 100 Franken pro Gramm. Je
näher am Ankunftshafen in Europa, desto höher der Reinheitsgrad des
Kokains: In Antwerpen, einem der Haupthäfen, die Schmuggler nutzen,
liegt er bei 90 Prozent. Sie verkaufen das Kokain an Grosshändler, die
es an Zwischenhändler weiterverkaufen. Diese liefern es sodann in ihre
nationalen Märkte. Unterwegs wird der Stoff grosszügig gestreckt – alle
wollen Geld verdienen.
Doch seit einiger Zeit verletzen Neueinsteiger die Spielregeln. Das
zeigen Recherchen des Tamedia-Recherchedesks mit seinen Partnern vom
Journalistenkollektiv European Investigative Collaboration (EIC).
Albanische Banden konkurrenzieren etablierte Händler mit sehr reinem
Kokain, das sie direkt bei niederländischen Grosshändlern einkaufen.
Wenn nicht gar vor Ort in Südamerika.
«Das albanische Milieu verkauft immer mehr Koks», bestätigt ein
Westschweizer Polizist, der auf Drogenhandel spezialisiert ist. «Der
Preis für Heroin ist gestiegen. Deshalb konzentrieren sie sich auf Koks –
in besserer Qualität zum gleichen Preis. So gewinnen sie Marktanteile.
Die Afrikaner und die Südamerikaner müssen sich anpassen.» Auch der
Lausanner Kriminologe Pierre Esseiva betont den zunehmenden Einfluss der
Albaner. Sie hätten direkte Kontakte nach Amsterdam und Rotterdam –
und «damit Zugang zu Produkten von extrem guter Qualität zu einem guten
Preis».
Vergiftungsgefahr bei schwankendem Reinheitsgrad
Was aber bedeutet ein höherer Reinheitsgrad für die Konsumentinnen und
Konsumenten? «Kokain ist auch in reiner Form schädlich», sagt Hugo
Kupferschmidt, Direktor der Notfallgiftberatungsstelle Tox Info Suisse.
«Aus pharmakologischer Sicht ist es aber grundsätzlich besser, wenn ein
Stoff so rein wie möglich ist. Der Konsument weiss dann genau, was er
hat, und kann gezielt dosieren.»
Nur: Schwankt der Reinheitsgrad des Kokains stark, kann es zu
gefährlichen Überdosierungen kommen. Auch sind dem Kokain oft
problematische Streckmittel beigemischt. Das häufigste ist laut dem
Zürcher Drogeninformationszentrum (DIZ) Levamisol, ein Entwurmungsmittel
für Tiere. Häufige akute Nebenwirkungen beim Menschen sind Erbrechen
und Durchfall, auch allergische Reaktionen und Sprechprobleme können
auftreten. Zu den gefährlichsten Nebenwirkungen gehört aber die
Vaskulitis, die durch den Verschluss kleiner Blutgefässe zum Absterben
von Hautarealen führt. Laut DIZ ist das Gesundheitsrisiko von
Streckmitteln «schwer abschätzbar». Dabei handle es sich vor allem um
Langzeitfolgen.
Laut Hugo Kupferschmidt, Spezialist für Vergiftungen, hat also nicht der
hohe Reinheitsgrad schädliche Auswirkungen auf den Körper, sondern «die
Überdosierung einerseits und der chronische Konsum von unterschiedlich
gestrecktem Kokain andererseits». Man könne im Einzelfall nur vermuten,
ob die Ursachen gesundheitlicher Probleme im reineren Kokain oder in den
Streckmitteln lägen. An den meisten Schweizer Spitälern würden die
Substanzen nur dann getestet, wenn Zweifel an der konsumierten Droge
bestünden. Oder wenn die Symptome der Patienten medizinisch nicht
erklärbar seien.
Fest steht: Keine andere illegale Droge in der Schweiz und in Europa
bringt so viele Konsumenten in die Notaufnahme der Spitäler. Und die
Fälle nehmen zu. Aristomenis Exadaktylos, Chefarzt des Notfallzentrums
des Inselspitals Bern, vermutet, dass die Konsumenten immer häufiger
überdosieren und mit anderen Drogen mixen: «Wir stellen einen deutlichen
Trend fest. Behandelten wir 2013 noch 22 Patienten mit
Kokainvergiftungen, werden es dieses Jahr deutlich über 100 Patienten
sein.» Die häufigsten Symptome einer Kokainüberdosierung sind laut dem
Notfallmediziner Bluthochdruck, Herzrasen, starke Unruhe, Kopfschmerzen
oder Bewusstseinsveränderungen.
Exadaktylos und seine Kollegen analysieren seit Jahren die
Drogenstatistik der Notaufnahme. In einer Studie aus dem Jahr 2016
berichteten die Ärzte über einen Todesfall, der in direktem Zusammenhang
mit Kokain stand. Gleichzeitig beobachtet der Chefarzt eine
Bagatellisierung des Kokainkonsums: «Die Konsumentinnen und Konsumenten,
die wir im Notfallzentrum behandeln, nehmen Kokain häufig nicht als
gefährlich wahr. Es gehört für sie einfach dazu.»
Auch das Unispital Basel hat 2014 und 2015 in zwei einjährigen Studien
seine Notfälle im Zusammenhang mit Kokain untersucht. Das Resultat:
Kokain ist – genau wie in Bern – in beiden Studien diejenige illegale
Droge, die Patienten am häufigsten in die Notfallstation bringt. Eine
Person verstarb. Laut Co-Autor Matthias Liechti ist die Zahl der
Kokainnotfälle seither gestiegen – von rund 75 auf rund 100 Fälle pro
Jahr. 2018 waren es 109 Fälle. Das ist am Unispital Basel Rekord.
Auch ein Vergleich von 26 europäischen Spitälern bestätigt den Befund.
In Grossbritannien haben sich die Todesfälle durch Kokain verdoppelt. In
der Schweiz bleiben sie auf sehr niedrigem Niveau in etwa stabil.
Nur rund 15 bis 20 Prozent der Konsumenten werden abhängig
«Überdosierungen sind selten, doch sie kommen vor», sagt Thilo Beck,
Chefarzt des Zürcher Zentrums für Suchtmedizin Arud. «Man muss trotz
allem festhalten, dass sich, gemessen an der Menge an Leuten, die Kokain
konsumieren, relativ wenig schwere Zwischenfälle ereignen.» Festhalten
müsse man auch, dass nur die Minderheit der regelmässigen Konsumenten –
rund 15 bis 20 Prozent – eine Abhängigkeit entwickle. Und auch diese
müsse nicht für alle ein Problem sein. «Es gibt sogenannte kompensierte
Abhängigkeiten. Das ist dann der Fall, wenn die Konsumenten damit
umgehen können, dass sie abhängig sind. Und wenn sie dabei weder
gravierende gesundheitliche noch soziale Schäden davontragen.»
Psychiater Beck fordert ein radikales Umdenken: weg vom
Problemkonsumenten, hin zum Normalkonsumenten. Kokainkonsum sei ein
Phänomen, das man mit Repression nicht in den Griff bekomme. Es werde
versucht, ihn zu verhindern, und doch werde tonnenweise produziert,
transportiert, importiert, verkauft und konsumiert. «Um die Konsumenten
zu schützen, versuchen wir auch noch, die Qualität des Kokains mittels
Drogentests zu beurteilen», sagt Beck. «Das ist schlicht absurd.»
Der Chefarzt wirft dem Staat Mutlosigkeit vor. Statt nach Lösungen zu
suchen, die den Konsumenten wirklich helfen würden, schaue er weg. Seit
Jahren spricht sich Beck für eine Legalisierung von Kokain aus. Und
schlägt konkret vor: Preis nicht zu hoch, Preis nicht zu tief,
Information der Konsumenten über Stoff, damit verbundene Risiken und
möglichst sicheren Gebrauch, keine Werbung. «Dann können sie
entscheiden, ob sie das Risiko auf sich nehmen wollen oder nicht», sagte
Beck letztes Jahr der «Wochenzeitung». Auch jetzt betont er: «Den
Leuten, die süchtig werden, müssen wir schnell und unkompliziert
Unterstützung anbieten. Wir müssen ihnen mit adäquaten und gut
verfügbaren Therapieangeboten helfen, den Konsumdrang besser zu
steuern.»
Kokain ist als Droge salonfähig geworden. Dabei geht für
Notfallmediziner Exadaktylos eines vergessen: «Kokain ist eine
hochgefährliche Droge, die ein sehr hohes psychisches
Abhängigkeitspotenzial birgt und sehr gefährlich für Herz und Kreislauf
sein kann. Der Puls rast, der Blutdruck ist hoch, man ist extrem
aufgeregt. Es ist, als wäre man ständig am Rennen. Die Wahrnehmung
verändert sich, erschöpft den Körper irgendwann total und macht
wahnsinnig Angst.»
–
Für den Bund hat die Drogenbekämpfung keine Priorität
2015 legte das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement seine
«kriminalpolizeilichen Schwerpunkte» für das ihm angeschlossene
Bundesamt für Polizei (Fedpol) fest. Priorität haben seither der
Terrorismus, die Motorradbanden und sogar der Handel mit Kulturgütern.
Der Kampf gegen den internationalen Drogenhandel steht nicht mehr im
Vordergrund. Darauf angesprochen, bestätigen zwei Polizisten, dass der
Bund sich ausgerechnet dort seit Jahren zurückhalte. «In den letzten
vier oder fünf Jahren hatten Drogen nicht mehr die gleiche Priorität»,
sagt ein Polizist, der das Fedpol gut kennt.
«Es gab einen Strukturwandel, der dies widerspiegelt.» Der zweite
Ermittler bedauert, dass ausgerechnet der Bund eine kleinere Rolle
spiele. «In allen anderen Staaten der Welt gibt es eine starke
Bundespolizei, die für Drogen zuständig ist, aber nicht in der Schweiz.»
So liege die Bekämpfung des Drogenhandels hauptsächlich in der
Verantwortung der Kantone.
Fedpol räumt auf Anfrage zwar ein, dass es seine Prioritäten in den
letzten Jahren neu ausgerichtet hat. Doch man habe den Kampf gegen
Drogenkriminalität keineswegs aufgegeben. «Die ehemals als Kommissariat
Betäubungs-mittel bekannte Abteilung ist nicht aufgelöst worden», sagt
Sprecher Thomas Dayer. Sie habe ihren Zuständigkeitsbereich auf die
organisierte und schwere Kriminalität ausgedehnt. Zwei ihrer
Polizeidienststellen kümmerten sich weiterhin um «die meisten Fälle im
Zusammenhang mit dem Drogenhandel».
Sylvain Besson
(https://www.tagesanzeiger.ch/sonntagszeitung/hochreines-kokain-ueberschwemmt-den-schweizer-markt/story/10391294)
-> https://www.blick.ch/news/albanische-banden-ueberfluten-markt-mit-reinem-koks-kokain-die-neue-lieblingsdroge-der-schweizer-id15608687.html