Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel
+++LUZERN
Luzerner Kirche erteilt einer Mutter mit Kind Kirchenasyl – jetzt wurden sie von der Polizei abgeholt
Seit einem Jahr beherbergt die Luzerner Pfarrei St. Leodegar eine Mutter
und ihr Kind, die illegal in der Schweiz sind. Am Montag wurde das
Kirchenasyl von der Polizei beendet – unter Protest der
Kirchenvertreter.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/luzerner-kirche-erteilt-einer-mutter-mit-kind-kirchenasyl-jetzt-wurden-sie-von-der-polizei-abgeholt-ld.1167576
-> https://www.zentralplus.ch/luzerner-kirche-protestiert-mit-mahnwache-gegen-ausschaffung-von-traumatisiertem-kind-1652909/
-> https://www.watson.ch/schweiz/luzern/437089518-luzern-polizei-holen-mutter-mit-kind-ab-trotz-kirchenasyl
+++ST. GALLEN
«Stadt-für-alle»-Aktion vor der Fachhochschule St. Gallen
Am 3. Oktober fand auf dem Vorplatz der Fachhochschule hinter dem
Bahnhof St. Gallen eine unangekündigte Aktion statt mit dem Ziel, die
Studierenden für die Thematik der «Urban Citizenship»
(Stadtbürgerinnenschaft) zu sensibilisieren. Eine Ostwind-Initiative in
Anlehnung an die Urban Citizenship-Debatte in anderen Städten der
Schweiz.
https://institutneueschweiz.ch/De/Blog/227/StadtfralleAktion_St_Gallen_
+++SCHWEIZ
Asyl: «Die Isolation ist für Frauen doppelt so schlimm»
Erstmals haben Bund und Kantone das Asylverfahren aus frauenspezifischer
Perspektive untersucht. Bloss, die betroffenen Frauen wurden dabei gar
nicht befragt. Und die angestrebten Massnahmen greifen viel zu kurz.
https://www.woz.ch/1945/asyl/die-isolation-ist-fuer-frauen-doppelt-so-schlimm
Integrationsvorlehre bewährt sich
610 Personen starteten letztes Jahr das Pilotprogramm
Integrationsvorlehre. Ein erstes Fazit zeigt nun: Drei Viertel von ihnen
haben inzwischen eine feste Lehrstelle gefunden.
https://www.srf.ch/play/tv/popupvideoplayer?id=e82f604a-c2d7-4b5c-9763-54d9309e8b8b&startTime=506.701
+++DEUTSCHLAND
Die EKD und die Frage nach der Seerettung
Der EKD-Vorsitzende Bedford-Strohm hat seine Kirche in der Frage der
Seenotrettung angetrieben. Auf der Synode in Dresden wird auch darüber
diskutiert ein Schiff zu ersteigern, was nicht ohne Widerspruch bleibt.
https://www.faz.net/aktuell/politik/die-ekd-und-die-frage-nach-der-seerettung-16478583.html
+++GRIECHENLAND
Griechenland – „Ich will hier nicht sterben“
Das Lager Moria auf Lesbos treibt Menschen in die Depression. Mit steigenden Flüchtlingszahlen ist zu rechnen
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/ich-will-hier-nicht-sterben
+++MITTELMEER
Libysche Küstenwache erfüllt Standards laut Merkel nicht immer
Bei einem Staatsbesuch in Rom zweifelte Bundeskanzlerin Angela Merkel an der Effektivität der libyschen Küstenwache.
https://www.nau.ch/news/europa/libysche-kustenwache-erfullt-standards-laut-merkel-nicht-immer-65612092
Schüsse auf Seenotretter: EU unterstützt konkurrierende Milizen in Libyen
Deutsche Staatsanwaltschaft ermittelt zu Schüssen auf das Schiff Alan
Kurdi. Dessen Besatzung könnte zwischen die Fronten zweier Küstenwachen
geraten sein, die von unterschiedlichen EU-Missionen ausgerüstet und
ausgebildet werden
https://www.heise.de/tp/features/Schuesse-auf-Seenotretter-EU-unterstuetzt-konkurrierende-Milizen-in-Libyen-4583634.html
+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Farbanschlag auf EVP-Sekretariat wegen «Marsch fürs Läbe»: Ein Linksaktivist und seine Schuppenflechte
Ein 30-jähriger Schweizer ist wegen eines Steinwurfs gegen das
EVP-Parteisekretariat angeklagt. Auf dem Stein wurde seine DNA gefunden.
Sein Verteidiger macht geltend, der Mann habe den Stein nicht geworfen,
nur seine Schuppenflechte sei auf den Stein gelangt.
https://www.nzz.ch/zuerich/bezirksgericht-zuerich-schuppenflechte-eines-linksaktivisten-ld.1520988
+++ANTITERRORSTAAT
Grosse Anti-Terror-Übung des Bundesrats
Die Schweizer Behörden führen zum zweiten Mal seit dem Ende des Kalten
Krieges eine grosse Sicherheitsverbundsübung durch. «10vor10» begleitet
den Projektleiter einen Tag lang und fragt ihn nach Sinn und Zweck der
Übung.
https://www.srf.ch/play/tv/popupvideoplayer?id=d5e76b72-486b-4817-bc1e-87cca4440f6b&startTime=650.005
Gefahr durch Terrorismus: Selbst im Ländle probt man den Ernstfall
Heute Morgen startete die sogenannte Sicherheitsverbundsübung 19. Das
Szenario: Eine Terrorbedrohung. Alle 26 Kantone beteiligen sich – und
auch Liechtenstein.
https://www.nau.ch/news/videos/gefahr-durch-terrorismus-selbst-im-landle-probt-man-den-ernstfall-65610640
Menschen- und Kinderrechte bei der Terrorbekämpfung schützen
Die NGO-Plattform Menschenrechte Schweiz kritisiert den Entscheid der
Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats bezüglich der
Gesetzesvorlage zur Terrorbekämpfung vehement. Die Kommission verschärft
laut Medienmitteilung die höchst problematischen Gesetzesentwürfe des
Bundesrats sogar noch. Die Vorlagen enthalten verschiedene Vorschläge,
die im Widerspruch zu den in der Schweiz verankerten Grund- und
Menschenrechten stehen.
https://www.humanrights.ch/de/ueber-uns/impressum/eigenes/menschenrechte-kinderrechte-terrorbekaempfung-schuetzen
+++RECHTSEXTREMISMUS
SVP distanziert sich – Nach Pfefferspray-Angriff in Schwyz: SVP-Mitglied verlässt Partei
Ein SVP-Mitglied, das im April einen Teilnehmer einer Antirassismus-Demo in Schwyz angegriffen hat, zieht Konsequenzen.
https://www.srf.ch/news/regional/zentralschweiz/svp-distanziert-sich-nach-pfefferspray-angriff-in-schwyz-svp-mitglied-verlaesst-partei
-> https://www.20min.ch/schweiz/zentralschweiz/story/Schwyzer-SVP-Mitglied-zieht-Konsequenzen-11663159
SVP wehrt sich gegen Nazi- Vorwürfe um KKK-Demo
Nach den Anschuldigungen über mögliche Verbindungen zur Gruppe Combat 18
wehrt sich die SVP Schwyz gegen Nazi-Vorwürfe. Man will den Fall
untersuchen.
https://www.nau.ch/news/schweiz/svp-wehrt-sich-gegen-nazi-vorwurfe-um-kkk-demo-65611637
+++FUNDIS
EDU und Junge SVP wollen Homosexuelle nicht schützen
Die erweiterte Anti-Rassismus-Strafnorm soll Homosexuelle vor Hass
schützen. Unnötig, finden die Gegner und machen Stimmung für Abstimmung
am 9. Februar.
https://www.derbund.ch/schweiz/standard/edu-und-junge-svp-wollen-homosexuelle-nicht-schuetzen/story/25313456
-> https://www.nzz.ch/schweiz/diskriminierung-gegner-befuerchten-zensur-wegen-schutz-von-homo-und-bisexuellen-ld.1521162
-> https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/abstimmungskampf-anti-rassismus-strafnorm-homosexuelle-gegen-zensur-65611690
-> https://www.toponline.ch/news/schweiz/detail/news/gegner-befuerchten-zensur-wegen-schutz-von-homo-und-bisexuellen-00123324/
-> https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/gegner-befuerchten-zensur-wegen-schutz-von-homo-und-bisexuellen-135955055
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/keine-sonderrechte-fuer-schwule-gegner-der-erweiterten-anti-rassismus-strafnorm-fuerchten-zensur
-> Echo der Zeit: https://www.srf.ch/play/radio/popupaudioplayer?id=a19ce6cf-9bd1-4d7b-8578-324d1162d5bc
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/popupvideoplayer?id=e82f604a-c2d7-4b5c-9763-54d9309e8b8b&startTime=1259.909
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/abstimmungskampf-um-diskriminierungsgesetz-lanciert-135957381
-> https://www.telem1.ch/aktuell/referendum-gegen-diskriminierungsgesetz-135956723
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/neues-antidiskriminierungsgesetz-wir-wollen-keinen-sonderstatus-135957081
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/homophober-angriff-auf-glp-politiker-michel-rudin-135957078
-> https://www.tele1.ch/artikel/157736/anti-rassismus-strafnorm-schutz-oder-zensur
Hass und Hetze sind keine Meinung
An der heutigen Medienkonferenz präsentierte das gegnerische
Referendumskomitee seine Argumente. Hass, Hetze und Diskriminierung
sollen weiterhin nicht strafbar sein. Die schwullesbischen
Organisationen der Schweiz hingegen stehen – zusammen mit ihren
tausenden Mitgliedern – geschlossen hinter dem notwendigen Schutz vor
Hass und Diskriminierung.
https://stinknormal.blog/2019/11/11/hass-und-hetze-sind-keine-meinung/
+++HISTORY
WIE SICH DIE SCHWEIZ IHRE AFRIKANISCHEN KOLONIEN ERFAND
Die Schweiz, ein Land ohne Kolonialgeschichte? Falsch, sagt Regisseur
Mischa Hedinger – und zeigt dies in seinem Film «African Mirror» über
den Berner Filmemacher René Gardi.
(Regula Fuchs, derbund.ch 11.11.2019)
Denkt die Generation der Babyboomer an Afrika, tauchen die Filme von
René Gardi auf, der die Einheimischen als freiheitsliebende Wilde
zeigte. Was faszinierte die Schweiz über Generationen an diesem Bild?
Die Schweiz in den 1950er-Jahren muss man sich als sehr konservativ
vorstellen. Die Leute sind kaum gereist. Als Gardi 1952 zum ersten Mal
ins nördliche Kamerun kam, beschrieb er die Region als eine Art
Traumland, und damit verführte er sein Publikum zum Träumen. Afrika war
für ihn ein Paradies fern der Zwänge der modernen Schweiz.
Kamerun war damals aber kein Arkadien, sondern ein kolonial geprägtes
Land. Französische Beamte trieben bei Gardis «Brüdern im Busch» Steuern
ein. Wie passte das ins Bild?
Gardi war ja eine Figur voller Widersprüche. Er stellte das koloniale
Projekt nie infrage, denn er war auf dessen Infrastruktur angewiesen.
Sie ermöglichte es ihm erst, seine Arbeit zu machen. Dennoch kritisierte
er die Franzosen auch – etwa dafür, dass sie in der Wildnis in Betten
übernachteten und sich Ragouts kochen liessen. Diese Art von Kritik
scheint mir aber sehr schweizerisch, sehr vorsichtig. Bewusst politisch
exponierte sich Gardi überhaupt nicht, auch nicht in seinen Filmen. Das
Afrika, das er schildert, ist ein imaginärer Ort, der mit der
afrikanischen Realität wenig zu tun hatte.
In Ihrem Film «African Mirror» zitieren Sie eine Briefstelle: «Manchmal
wünschte ich, wir Schweizer hätten auch irgendeine Kolonie in den
Tropen», schrieb Gardi. Woher kommt dieser Wunsch?
Für mich war es wichtig, in meinem Film Verbindungen zu ziehen zwischen
der Schweiz und dem Kolonialismus. Bis vor kurzem war es Common Sense,
dass die Schweiz keinerlei Verstrickung damit gehabt habe. Erst seit ein
paar Jahren wird das infrage gestellt und wissenschaftlich untersucht.
Gardis Satz drückt einerseits die Sehnsucht der kleinen Schweiz nach
Grösse aus. Andererseits war das Bild, das er von Afrika schuf, selber
eine Art Kolonie für die Schweiz: ein imaginäres Land, das den
Schweizern gehörte.
Darum betonte er die Ähnlichkeiten zwischen dem Volk der Mafa in Kamerun und den hiesigen Berglern.
Genau, aber auch hier gibt es Widersprüche. Einerseits soll das
imaginäre Land so sein wie die Schweiz, unabhängig und ursprünglich,
andererseits steckt in diesem Traumland auch eine Kritik an der Heimat,
weil es ein Gegenentwurf ist zur modernen industrialisierten Schweiz.
Die Vorstellung, dass das Leben woanders besser oder freier ist, ist bis
heute nicht totzukriegen. Die Frage ist nur: Was wird alles
ausgeblendet, wenn man eine solche Idee verbreitet und bewirtschaftet,
wie Gardi es tat?
Wusste Gardis Publikum, dass er sein Bild des ursprünglichen Afrika
frisierte – indem er den Einheimischen auch mal ein «Nötli» zusteckte,
um in Ruhe drehen zu können?
Er machte kein Geheimnis darum. In der «Schweizer Illustrierten»
beschrieb er, wie er Szenen für seinen «Mandara»-Film inszenierte. Es
gibt auch Fotos, die zeigen, dass man das Dach einer Hütte entfernt
hatte, um von oben hineinfilmen zu können. Es gibt diesen kolonialen
Topos, dass die Weissen das Gefühl haben, sie würden ein Land so gut
kennen, dass sie besser wissen als die Einheimischen, was gut für sie
ist. Das traf auch auf Gardi zu, und darum nahm er sich das Recht
heraus, sein Afrika so zu gestalten, wie er es für richtig hielt. Man
muss aber auch sagen, dass der Wahrheitsbegriff damals ein anderer war.
«Mandara» gewann an einem ethnografischen Filmfestival in Florenz den
Hauptpreis. In der Jury sass der französische Philosoph Roland Barthes,
und der Film wurde als absolut wahrhaftig bezeichnet.
Gardi selber schien seine Rolle nicht gross zu reflektieren.
Richtig, er sieht sich nicht als Akteur. Selbstreflexion interessierte
ihn nicht, er wollte dokumentieren, was er sah, und das der Schweiz
vermitteln. Er hat ja Wissen im grossen Stil produziert; er bespielte
ein riesiges Publikum, und zwar multimedial, im Fernsehen, im Radio, in
Büchern, in Diavorträgen. Für mich war es auch reizvoll, über die Rolle
der Medien beim Etablieren dieses Blicks auf Afrika nachzudenken. Als
Filmemacher interessiert mich das besonders, das ist schliesslich auch
mein Geschäft.
Wie sind Sie eigentlich auf Gardi gekommen?
Zum einen besassen meine Eltern Bücher von ihm. Zum anderen war ich als
Filmemacher selber in verschiedenen westafrikanischen Ländern und
verspürte dort stets ein gewisses Unbehagen, als ich merkte, dass ich
als filmender Weisser in Afrika in einer Tradition stehe. Als 2012 das
Buch «Postkoloniale Schweiz» herauskam, in dem der koloniale Blick auf
Afrika thematisiert wurde, gab es eine theoretische Grundlage für dieses
Gefühl. Im Buch war auch das umfangreiche Archiv von René Gardi
beschrieben – die Filmrollen, Tagebücher, Artikel, Tonbänder,
Fernsehsendungen. Da ahnte ich, dass in diesen Unmengen von Material ein
Film steckt.
Sie konnten dieses Archiv erwerben. Wie kam es dazu?
Das Archiv war im Privatbesitz von René Gardis Sohn. Keine Institution
war bereit, es zu kaufen, da der Aufwand, einen solch grossen Nachlass
zu inventarisieren, immens ist. Wir als Filmteam haben es dann selbst
erworben und es dem Staatsarchiv des Kantons Bern weitergegeben, das
sich nun darum kümmert.
Ihr Film ist komplett aus diesem Archivmaterial zusammengesetzt, aus
Gardis Bildern, Sendungen oder Texten aus den Tagebüchern. Einen
einordnenden Kommentar gibt es nicht. Warum diese Form?
Mein Fokus liegt ja nicht auf Gardis Biografie, sondern ich möchte jene
Ideen und Gedanken hervorholen, die hinter seinen Bildern stecken, und
dafür nehme ich sein Werk auseinander und setze es neu zusammen. So
entsteht ein Reflexionsraum, in dem der Zuschauer selber eine Position
finden muss. Dabei ist die Montage meine Form des Kommentars: Ich mache
Aussagen durch Kontraste, durch das Fokussieren auf Widersprüche oder
durch Text-Bild-Verschiebungen. Mir war es wichtig, mich nicht per se
von der Figur Gardis zu distanzieren, sondern zu fragen, inwieweit ich
selber dieser kolonialen Denkweise verhaftet bin. Auch das Publikum soll
sich diese Frage stellen. Allerdings ohne dass das in einem Kommentar
explizit benannt würde.
Tatsächlich gab es nach der Uraufführung von «African Mirror» an der
Berlinale Stimmen, die kritisierten, Sie würden das Afrika-Bild Gardis
einfach reproduzieren.
Die Frage nach der Reproduktion ist komplex: Natürlich zeige ich
Rassismus, doch der Kontext ist ein anderer. Aber ich bin mir bewusst,
dass es bei dieser Art von Film umso wichtiger ist, dass er von
Gesprächen und Diskussionen begleitet wird. Auch haben wir ein Büchlein
mit weiterführenden Texten produziert, das in den Kinos aufliegt.
So, wie Gardi sich ein Bild von Afrika machte, machen Sie sich nun ein Bild von Gardi. Werden Sie ihm gerecht?
Natürlich ist meine Sicht total subjektiv. Aus dem Archivmaterial hätte sich auch ein ganz anderer Film machen lassen.
Bisher unbekannt war, dass Gardi 1944 wegen «unsittlicher Handlungen mit
Kindern» verurteilt worden war. Wie schwer taten Sie sich damit, diesen
Aspekt in den Film zu integrieren?
Während der Recherche merkte ich, dass es Gerüchte über Gardi gab, aber
alles war sehr diffus. Darum forschte ich nach und stiess auf
Polizeiakten, die bestätigten, dass er wegen Missbrauchs verurteilt
worden war. Das hat mich vor Probleme gestellt, weil das ja eigentlich
nicht mein Thema ist. Aber ich sah auch Zusammenhänge mit Gardis
Afrika-Bild. Wir haben sehr gerungen, aber letztlich entschieden, das im
Film nicht zu verschweigen. Erstaunlich ist ja auch, dass diese
Verurteilung damals und später nie ein öffentliches Thema war.
Beinahe tragisch an Gardis Geschichte ist, dass sein afrikanisches
Paradies nicht zuletzt durch seine eigenen Reiseberichte zur
Touristendestination wurde und damit entzaubert war. Hat er damit
gehadert?
Ja. Seine schönste Zeit erlebte Gardi in den 1950er-Jahren. Er reiste
aber bis 1992 nach Afrika, auf der Suche nach diesem Gefühl der Anfänge.
Vieles hatte sich verändert, und er war frustriert darüber, dass sein
Afrika nicht mehr so war, wie er es einst erlebt hatte. Zudem hatte er
das Bildmonopol verloren; die Macht über die Bilder gehörte nicht mehr
ihm allein.
–
Was hinter den Bildern steckt: «African Mirror»
Es ist raffiniert, wie Mischa Hedinger in «African Mirror» die Bilder
zum Sprechen bringt. Und zwar jene von René Gardi (1909–2000), dem
Berner Reiseschriftsteller, Fotografen und Filmer. Zunächst Lehrer,
bereiste Gardi ab 1945 Skandinavien, die Sahara und Kamerun – und
brachte der Schweiz das Fernweh bei. Hedinger (Jg. 1984) macht deutlich,
dass Gardis Afrika-Bild voller Widersprüche war. So schwärmte er von
der Ursprünglichkeit der Afrikaner; an einen Tisch gesetzt hätte er sich
mit ihnen nicht. Für seinen ersten Langfilm gewann Hedinger einen
Berner Filmpreis (Verleihung: 19.11., 19.30 Uhr, Grosse Halle,
Reitschule). «African Mirror» lief auch an der letzten Berlinale. (reg)
Premiere: Do, 14.11., Kino Rex (Vorstellungen um 18 und 20.30 Uhr in
Anwesenheit des Regisseurs). Mo, 18.11., 18 Uhr, Vorstellung mit
Historiker Christof Dejung. Infos unter: africanmirror.ch
(https://www.derbund.ch/kultur/diverses/mit-der-afrikanischen-realitaet-hatte-das-wenig-zu-tun/story/31986138)