Was ist neu?
Eltern sollen für die Schule bezahlen, wenn ihre Kinder nicht genügend Deutsch sprechen
Geht es nach den Regierenden des Kanton Thurgaus, soll die öffentliche Schule nicht mehr für alle kostenlos sein. Die Behörden wollen Eltern finanziell bestrafen, falls ihre Kinder vor Schuleintritt nicht die von den Behörden vorausgesetzen Deutschkenntnisse erwerben. In solchen Situationen werden die Kosten für den Deutschunterricht oder für Dolmetscher*innen bei Elterngesprächen den Eltern verrechnet. Ob und wie viel Bildung Kinder erhalten, soll also in Zukunft noch mehr vom sozioökonomischen Status der Eltern abhängen. Die Initiative fokussiert gezielt auf Mängel bei der deutschen Sprache, um Migrant*innen zu marginalisieren, denn Eltern, deren Kinder ein Rechenschwäche haben, müssen nicht bezahlen. Zudem ist es mehr als fraglich, ob diese Massnahme die Sprachdefizite der Kinder beheben wird, denn viele Eltern verfügen aufgrund von rassistischen Verhältnissen innerhalb des kapitalistischen Arbeitsmarktes nicht über das nötige Kleingeld, um den Deutschunterricht ihrer Kinder zu bezahlen. Da der Volksschulunterricht laut Artikel 19 der Bundesverfassung unentgeltlich sein muss, ist für dieses rassistische Vorhaben des Kanton Thurgaus eine Anpassung der Bundesverfassung nötig.
https://www.20min.ch/schweiz/news/story/Bei-schlechtem-Deutsch-sollen-Eltern-bezahlen-26723520
https://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/Sprechen-Kindergaertler-schlecht-Deutsch-sollen-Eltern-zahlen/story/26856182
Betverbot für Muslim*innen in der Öffentlichkeit
Er wolle den katholischen Priester nicht aus der Öffentlichkeit verbannen, doch vor dem Islam habe er Angst. Die für Giorgio Ghiringhelli, Initiant des rassistischen Burkaverbots, logische Folge: Ein Betverbot für Muslim*innen im öffentlichen Raum.
Mit Laizismus hat diese Forderung nichts gemein. Sie hat nichts mit dem Verhältnis von Staat und Religion zu tun, sondern zielt darauf ab, eine bestimmte religiöse Minderheit aus dem öffentlichen Raum zu verbannen.
Auch die SVP sympathisiert mit Giorgio Ghiringhellis islamophobem Gedankengut und liebäugelt mit einer Volksinitiative, die ein Gebetsverbot auf schweizweiter Ebene durchsetzen will. „Wehret den Anfängen“, fasst Walter Wobmann von der Solothurner SVP diese Idee zusammen.
„Wehret dieser rassistischen Kacke“ meinen wir. Nicht zuletzt 2009 mit dem Minarett-Verbot wurde die Idee, es gäbe „gute“ und „schlechte“ Religionen aufgebracht, um mit Gesetzen Religionen gegeneinander auszuspielen.
https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/burka-bekaempfer-will-muslimen-beten-auf-der-strasse-verbieten-134080490
Schweizer Staat übernimmt verschärfte Einreisekontrollen in den Schengenraum und Frontex wird ausgebaut
Die offizielle schweiz will neue EU-Regeln zum Grenzschutz und zur inneren Sicherheit übernehmen. Der Bundesrat hat am Mittwoch mehrere Gesetzesänderungen in die Vernehmlassung geschickt. Unter anderem geht es um mehr präventive Kontrolle bei der Einreise in den Schengen-Raum. Dazu soll sich die Schweiz künftig am europäischen Reiseinformations- und Genehmigungssystem (Etias) beteiligen. Es handelt sich um ein automatisiertes System zur Ermittlung von „Risiken im Zusammenhang mit der Einreise von nicht visumspflichtigen Drittstaaten-Angehörigen in den Schengen-Raum“. Diese müssen sich vor der Reise bei Etias registrieren. Abgefragt wird unter anderem der persönliche Hintergrund, zum Beispiel zu Strafregistereinträgen oder Aufenthalten in Kriegsgebieten. Das System speichert auch die IP-Adresse, von der aus das Gesuch eingereicht wurde.
Die anschliessende Prüfung erfolgt automatisiert, indem die Angaben mit anderen Datenbanken abgeglichen werden. Der Abgleich dient dazu, die Personen herauszusuchen, die eine „Gefährdung für die Sicherheit und die öffentliche Gesundheit im Schengen-Raum“ oder ein „Migrationsrisiko“ darstellen, wie es im Bericht zur Vorlage heisst. Fällt die Prüfung positiv aus, wird eine Reisegenehmigung ausgestellt. Ohne diese ist eine Einreise in den Schengen-Raum nicht möglich. Eine Genehmigung kann auch bedingt ausgestellt werden, so dass die Grenzkontrollbehörden an der Grenze eine vertiefte Prüfung vornehmen können.
Eine weitere Vorlage, die der Bundesrat in die Vernehmlassung geschickt hat, betrifft die Weiterentwicklung des Schengener Informationssystems (SIS). Neu werden alle Behörden verpflichtet, Personen zur verdeckten Fahndung auszuschreiben, die der Beteiligung an terroristischen Aktivitäten verdächtigt werden. Diese Möglichkeit besteht bereits heute, ist jedoch freiwillig. Sie wird von den Mitgliedstaaten seit 2015 immer reger genutzt. In Zukunft werden alle Personen, die als potenzielle terroristische Gefahr eingestuft werden, im SIS sichtbar sein. Mehr infos zum SIS gibts hier: https://antira.org/2018/09/20/schengen-fahndungen-werden-ausgeweitet/
Gleichzeitig wird die Grenzwachtagentur Frontex stark ausgebaut. Frontex wurde 2004 gegründet, um den „integrierten Schutz“ der Außengrenzen zu verbessern. Vor zwei Jahren wurde Frontex zu der Europäischen Grenz- und Küstenschutzagentur ausgebaut, die sie heute ist. Neu soll das standing corps auf 10’000 Stellen ausgebaut werden (siehe dazu https://antira.org/2018/11/12/frontex-wird-grenzpolizei/)
https://www.ejpd.admin.ch/ejpd/de/home/aktuell/news/2019/2019-02-13.html
https://www.20min.ch/schweiz/news/story/Schweiz-soll-Einreise-strenger-ueberwachen-10262320
Tausende Faschos aus ganz Europa marschieren durch Budapest
Der so genannte „Tag der Ehre“ am zweiten Februarwochenende hat sich seit 1997 zu einem Pflichttermin der europaweiten Nazikreise gemausert. So versammelten sich auch dieses Jahr am vergangenen Wochenende tausende Faschos, um mit Hass-Parolen durch die ungarische Hauptstadt zu ziehen. Auch Faschos aus dem Umfeld der PNOS und schweizer Hammerskins nahmen am braunen Mob teil.
Nebst einem Aufmarsch gibt es am Wochenende jeweils Rechtsrock-Konzerte und Gelegenheit für Faschos verschiedener Länder, sich auszutauschen und Allianzen zu schmieden. Organisiert wird die Kundgebung von der ungarischen Blood&Honour-Sektion. Mit der Kundgebung ehren die Faschos die Faschist*innen aus Ungarn und Nazis der Waffen-SS, welche 1945 während der Belagerung von Budapest durch die Rote Armee getöteten wurden.
Am Anlass werden Hakenkreuze, SS-Runen und Nazi-Uniformen offen getragen. Für Faschos ist dies Ansporn, den Apell dieser Symbole in Tat umzusetzen und einen neuen Anlauf zum braunen Terror vorzubereiten. Es ist unsere Aufgabe, alles dazu beizutragen, die Zusammenhänge zwischen den Ereignissen aufzudecken, Aktivist*innen in Osteuropa zu unterstützen und alles dafür zu tun, dass derartige Anlässe nicht stattfinden.
https://www.blick.ch/news/ausland/braune-trauer-um-niederlage-gegen-rote-armee-schweizer-neonazis-marschieren-in-budapest-auf-id15166215.html
https://berlin.vvn-bda.de/2019/02/tag-der-ehre-in-budapest-keine-ns-verherrlichung-in-europa/
https://twitter.com/antifa_bern
Behördenscheisse verhindert Seenotrettung im Mittelmeer
Die Seawatch 3, ein Rettungsschiff der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch, wird im Hafen in Sizilien blokiert. Die italienische Küstenwache gab dafür den niederländischen Behörden die Schuld, weil diese das Schiff darauf prüfen wollten, ob es geeignet sei, gerettete Menschen für längere Zeiträume aufzunehmen. Dass die europäischen Behördern die Sicherheit geretteter Personen als Argument benutzen, um ihre Rettung zu behindern, ist mehr als zynisch. Die Sea Watch 3 wird geprüft, obwohl die eigenen Rettungsschiffe des königlichen niederländischen Seenotrettungsdienstes dieselben unangemessene Forderung selbst nicht erfüllen würden. Das ist auch nicht notwendig, da ein Rettungsschiff nicht für diesen Zweck gebaut wird. Denn das Seerecht besagt eindeutig, dass gerettete Menschen so schnell wie möglich an einen sicheren Ort gebracht werden müssen. Es sind die europäischen Regierungen selbst, die immer wieder unannehmbar lange Wartezeiten für das Ausschiffen geretteter Menschen herbeigeführt haben.
Sea Watch erhob mittlerweile Klage gegen Transport Malta, die Behörde, welche die maltesischen Häfen betreibt, und fordert Schadensersatz. Transport Malta blockierte insgesamt 4 Monate lang das Auslafen eines der Seenotrettungsschiffe von Sea Watch. Dass zur selben Zeit in Malta zwei weitere zivile Seenotrettungschiffe blockiert waren und der rechtliche Status des Sea Watch-Schiffes bis zum Auslaufen gleich blieb, zeigt, dass es Transport Malta nur darum ging, die maltesische Regierung zu unterstützen, welche die Seenotrettung im Mittelmeer stoppen will. Transport Malta habe sich illegal und aggressiv gegenüber der Besatzung verhalten.
Tragischerweise haben vergangene Woche die Behöredn Gibraltars und Panamas der Aquarius, dem Seenotrettungsschiff der NGO Ärzt*innen ohne Grenzen, nun entgültig die Flagge entzogen. Die Aquarius war das letze zivile Seenotrettungsschiff, das auf der Route zwischen Libyen und Europa operierte. Seit Oktober 2018 war die Aquarius in Marseille blockiert und im Dezember musste die Aquarius ihre Operation aufgeben. Bereits letztes Jahr drohten die Behörden Panamas und Gibraltars, der Aquarius die Flagge zu entziehen. Eine Petition forderte im Dezember 2018 die schweizer Regierung auf, der Aquarius eine Flagge zu geben. Das schweizerische Parlament hielt dies nicht für nötig.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/italien-sea-watch-3-muss-nach-migranten-rettung-in-catania-bleiben-a-1253088.html
https://sea-watch.org/sea-watch-3-ist-kein-schwimmendes-hotel/
https://www.theguardian.com/global-development/2019/feb/12/deflagging-refugee-rescue-ship-aquarius-a-dark-moment-for-europe?CMP=twt_gu
https://www.timesofmalta.com/articles/view/20190211/local/sea-watch-seeks-compensation-for-having-been-blocked-in-malta.701766?utm_source=ECRE+Newsletters&utm_campaign=700a84c5ff-EMAIL_CAMPAIGN_2019_02_12_12_49&utm_medium=email&utm_term=0_3ec9497afd-700a84c5ff-422315889
Vernehmlassung zur Neustrukturierung der berner Asylverwaltung beendet
Wir haben bereits über die Neustrukturierung der Asyl- und Geflüchtetenverwaltung im Kanton Bern berichtet (hier:https://antira.org/2019/02/02/antira-wochenschau-camp-raeumung-in-paris-adoptionen-aus-sri-lanka-rueckkehr-werbespots/). Nun ist das Vernehmlassungsverfahren abgeschlossen. Von den 56 Institutionen, die ihren Senf zur Vorlage gegeben haben, äusserten sich die SP Kanton Bern sowie die Demokratischen Juristinnen und Juristen bern (DJB) kritisch und auch der Gewerkschaftsbund Kanton Bern lehnt die aus seiner Sicht einseitig auf die Kostenseite ausgerichtete Vorlage ab. Kritisiert wird vor allem, dass es bei den Vorlagen nur ums Geldsparen geht und darum, schwammige „Integrationsbemühungen“ an private Partner*innenorganisation zu delegieren, die freie Hand haben, wie sie das genau umsetzen wollen. In den neuen Gesetzen geht es vor allem darum, den hilfe- und schutzbedürftigen Menschen möglichst alle Unterstüzung zusammenzustreichen.
https://www.be.ch/portal/de/index/mediencenter/medienmitteilungen.meldungNeu.html/portal/de/meldungen/mm/2019/02/20190214_1111_vorlage_zum_neuengesetzueberdiesozialhilfeimasyl-undfluechtlings?cq_ck=1550139754247
https://www.djs-jds.ch/images/20180925_Begleitschreiben_VernehmlassungDJB.pdf
https://www.spbe.ch/fileadmin/user_upload/sp-be/sp-kanton-bern-de/pdf/20180927_Vernehmlassung_SAFG-EG-AUG-ASYLG.pdf
Behörden setzen psychische Gesundheit von Geflüchteten bewusst aufs Spiel
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat das Forschungsbüro Interface bezahlt, damit sich diese mit der Gesundheit bzw. mit Traumas von geflüchteten Migrant*innen auseinandersetzen. Insgesamt wurden 13 Personen befragt, die als Expert*innen gelesen werden, weil sie Ambulatorien für Kriegs- und Folteropfer leiten. Gemäss dieser Exper*innen leiden in der Deutschschweiz mindestens 30-60 Prozent der Geflüchteten an posttraumatischen Belastungsstörungen. Zugang zu einer spezifischen Behandlung erhält allerdings nur jede zehnte betroffene Person. Die Expert*innen aus der Romandie schätzen den Anteil noch höher ein, und gehen von 30 bis 70 Prozent aus. Laut der Studie mangelt es in den Asylcamps an kompetenter Früherkennung, an Zugang zu Behandlungsmöglichkeiten und Dolmetscher*innen.
Die Studie zeigt auf, dass die Behörden die psychische Gesundheit von geflüchteten Personen bewusst aufs Spiel setzen. Je länger ein Trauma nicht behandelt wird, desto tiefgreifender die Belastung.
https://www.luzernerzeitung.ch/newsticker/schweiz/fluechtlinge-sollen-zum-trauma-test-ld.1092364
Antisemitismus nimmt in Europa stark zu
Neue Zahlen belegen, was wir ohnehin wahrnehmen: In Europa breitet sich ein antisemitisches Klima aus. In Frankreich stieg die Anzahl der statistisch erfassten antisemitischer Vorfälle um 74% im Vergleich zum Vorjahr. In Deutschland zeigt sich das gleiche Bild. Die Anzahl antisemitischer Gewalttaten nahm um 60% zu, was dem höchsten Stand in den letzten zehn Jahren entspricht. Dieses Phänomen lasse sich durch ein Zusammenkommen diverser Faktoren erklären: Die europaweite Zunahme des Einflusses rechtsextremer Parteien und Regierungen, der Zuwachs an Verschwörungstheorien eines zionistischen Komplotts und ein stärker geladener öffentlicher Diskurs. Diese Tendenzen umfassen nicht nur marginale Gruppierungen, sondern scheinen in weiten Teilen der Bevölkerung Fuss zu fassen. In einer Umfrage gab eine*r von zehn Europäer*innen an, eine „ablehnende Haltung“ gegenüber Jüden*innen zu haben.
Wie wir vor kurzem berichteten, scheint die schweizerische Polizei diesen Tendenzen wenig Beachtung zu schenken. Die Ermittlungen zur Neonazi-Band Mordkommando, welche in ihren Liedern zu Gewalttaten an Jüden*innen aufrufen, wurde nach kurzer Zeit eingestellt, ohne auch nur eine einzige Person aus der Szene vorgeladen zu haben.
https://www.theguardian.com/news/2019/feb/15/antisemitism-rising-sharply-across-europe-latest-figures-show
https://www.euronews.com/2019/02/13/anti-semitic-acts-reach-10-year-peak-in-germany-police-data-shows
https://www.nzz.ch/zuerich/judenhass-auf-youtube-neonazi-band-kommt-straflos-davon-ld.1459170
150 Menschen zurück in die Hölle der libyschen Lager gebracht
Auch ohne die Präsenz von NGO-Rettungsbooten vor der libyschen Küste versuchen Migrant*innen, der libyschen Hölle zu entkommen und sich nach Europa zu retten. Das Alarmphone erreichte am Sonntag (10.02.2019) einen Notruf von einem Schlauchboot mit 150 Menschen, darunter 30 Kindern an Bord. Das Boot habe vor der libyschen Küste einen Motorschaden erlitten. Darauf hin wurden sofort die maltesischen und italienischen Seenotrettungsbehörden alarmiert, die jedoch jegliche Zuständigkeit ablehnten. Italiens Innenminister Matteo Salvini bekräftigte nochmals, dass Italiens Häfen für NGO-Schiffe geschlossen blieben. «Nach Italien gelangt man mit Aufenthaltsgenehmigung, nicht auf Schiffen, oder Schlauchbooten», so Salvini. Schliesslich wurden alle 150 Personen mit einem libyschen Patrouillenboot zurück in die Hölle der libyschen Lager gebracht. Europäische Abschottung tötet!
https://ffm-online.org/new-crisis-looms-as-150-people-drift-at-sea-in-the-central-mediterranean/
https://www.nzz.ch/international/etwa-150-migranten-auf-einem-boot-vor-libyen-in-seenot-ld.1459114
Was ist aufgefallen?
Skandalöse Zustände in Ausschaffungslager in Oftringen
Kakerlaken in den Kühlschränken, keine Privatsphäre, desolate sanitäre Anlagen. Dies sind nur ein paar der Vorwürfe, welche Migrant*innen, die im Ausschaffungslager in Oftringen isoliert sind, gegen die Behörden erheben und mit Videos und Fotos belegen. „Ausreisepflichtige“ nennen sie die Migrant*innen zweiter Klasse, welche aufgrund ihres „Status“ erst recht kein Anrecht auf menschenwürdige Behandlung verdiehenen. „Wenn sie sich so an den Zuständen stören, könnten sie sich auch an das Gesetz halten und die Schweiz verlassen“, meint die SVP-Grossrätin Martina Bircher zynisch. Anders sieht das Lelia Hunziker, Geschäftsleiterin von Integration Aargau: „Unterkünfte wie die in Oftringen stellen aus meiner Sicht ein erhebliches Sicherheitsrisiko für Bewohnerinnen und Bewohner dar“. Dass ein kakerlakenverseuchtes Drecksloch ohne jegliche gesetzliche Standards, welche ein Minimum an Menschenwürde garantieren könnten, eine Gefahr für die psychische und physische Integrität der „Migrant*innen zweiter Klasse“ darstellt, scheint gewollt. Man wolle schliesslich keine Anreize bieten. Sie sollen sich nicht als gleichwertige Menschen verstehen.
https://www.luzernerzeitung.ch/newsticker/schweiz/fluechtlinge-sollen-zum-trauma-test-ld.1092364
Keine angemessene Rechtsvertretung in den neuen beschleunigten Asylverfahren
Ab März 2019 werden schweizweit die beschleunigten Asylverfahren eingeführt und die Bundeslager geöffnet. Nebst den vielen problematischen Aspekten dieser Revision (siehe https://barrikade.info/Was-sind-eigentlich-Bundeslager-1675), wurde nun auch bekannt, dass die Rechtsvertreter*innen ihre Mandate oft niederlegen, obwohl die Beschwerden gegen einen negativen Asylentscheid nicht aussichtslos wären.
Die Rechtsvertretung, die allen Personen in den beschleunigten Asylverfahren zugeteilt wird, ist verpflichtet, bei einem negativen Asylentscheid die Aussichten einer Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht (BVGer) zu beurteilen und das Mandat bei Aussichtslosigkeit niederzulegen. Im Testzentrum in Zürich gibt es jedoch immer wieder Fälle, in denen die Rechtsvertretung Beschwerden als aussichtslos eingestuft hat, das BVGer jedoch feststellt, dass sie nicht aussichtslos sind. Einer der Hauptgründe für die Niederlegung der Mandate sind die pauschalen Vergütungen: Die Rechtsvertreter*innen werden pro Fall bezahlt, unabhängig davon, wie lange ein Verfahren dauert und ob Beschwerde gemacht wird oder nicht. Dieses System kann dazu führen, dass die Rechtsvertretung nicht kostendeckende Fälle als aussichtslos einstuft und folglich niederlegt. Wie wir das bereits im Gesundheitssystem beobachten können, folgt nun also aufgrund der Pauschalvergütung auch die Rechtsvertretung von Menschen in den Bundeslagern einer ökonomischen Logik: Es werden nur die möglichst rentablen Fälle behandelt, sprich solche, die möglichst wenig Zeit und Ressourcen in Anspruch nehmen. Verschärft wird die Problematik zudem durch die kurzen Beschwerdefristen in den neuen Asylverfahren. Falls die zugeteilte Rechtsvertretung ihr Mandat aufgrund von Aussichtslosigkeit niederlegt, steht es den Personen frei, eine Zweitmeinung einzuholen. Dies ist allerdings aufgrund der kurzen Beschwerdefristen und insbesondere in den geographisch abgelegenen Bundeslagern massiv erschwert.
Der Bund will jedoch weiterhin an der Fallpauschale festhalten. Dies, obwohl sich das Problem relativ einfach lösen lassen würde, indem die Rechtsvertretung nach Aufwand entschädigt würde. Nicht zu vergessen, dass gerade bei diesen Gerichtsfällen oft sehr viel auf dem Spiel steht: Nämlich, ob sich Menschen hier ein Leben aufbauen können, oder ob sie zurück in das Land und zu den Herrschenden müssen, vor welchen sie geflüchtet sind. Und in Zukunft werden einige Menschen für diese oft schwierigen und langwierigen Verfahren nicht einmal mehr eine angemessene Rechtsvertretung an ihrer Seite haben.
https://www.derbund.ch/sonntagszeitung/wegen-gratisanwaelten-drohen-schadenersatzklagen/story/18348777)
https://beobachtungsstelle.ch/news/keine-beschwerde-trotz-rechtsvertretung/
Fremdenfeindliche Polemik auf Inside Paradeplatz: Journalist des Jahres verbreitet Hetzartikel gegen Geflüchtete
Lukas Hässig wurde vom „Schweizer Journalist“ zum Journalist des Jahres erkohren. Nun publiziert er auf seinem Finanzportal „Inside Paradeplatz“ Hetzartikel gegen Geflüchtete. Die Gastautorin Isabel Villalonhat durfte auf dem von Hässig verwalteten Blog üblen Rassismus-Scheiss verbreiten. Hässig kommentiert dies mit „Die Frau kann schreiben und packt mutig heisse Eisen an“ und verweist auf die Meinungsfreiheit. Hässig war Wirtschaftsredaktor der peinlich-langweiligen Blätter Finanz und Wirtschaft, Sonntagszeitung, Facts und schrieb für die Weltwoche und Bilanz.
https://www.blick.ch/news/schweiz/fremdenfeindliche-polemik-auf-inside-paradeplatz-journalist-des-jahres-verbreitet-hetzartikel-gegen-fluechtlinge-id15161334.html
https://insideparadeplatz.ch/2019/02/06/50jaehrig-und-ausgesteuert-verbrenne-pass-und-id-und-lerne-arabisch/
Über 400 untergetauchte unbegleitete Minderjährige Asylsuchende im 2018
2018 sind mindestens 417 unbegleitete Minderjährige Asylsuchende untergetaucht. Das sind fast so viele, wie überhaupt 2018 ein Asylgesuch gestellt haben (460).
https://www.rts.ch/info/suisse/10199756-plus-de-400-jeunes-migrants-non-accompagnes-ont-disparu-en-2018.html
Ungarn lässt Geflüchtete hungern
In einem ungarischen Transitzentrum an der Grenze zu Serbien wurde wieder ein Vorfall bekannt, bei dem Geflüchtete absichtlich keine Nahrung mehr erhielten, um sie zur Ausreise zu bewegen. Erst nach fünftägigem Nahrungsentzug konnte durch eine Eilverfügung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte erwirkt werden, dass sie wieder etwas zu essen erhielten. Da die Tore nach Serbien offen stehen, behauptet die ungarische Regierung, dass die Menschen sich dort freiwillig aufhalten und es sich deshalb nicht um Folter handle. Wer das Zentrum jedoch verlässt, verliert damit den Status als Asylbewerber*in.
https://www.nzz.ch/international/ungarn-laesst-offenbar-erneut-asylsuchende-hungern-ld.1460116
Person bei Grenzüberquerung zwischen Italien und Frankreich gestorben
Weil die Grenzen in und um Europa dichter und schwerer zu überqueren werden, müssen Migrant*innen auf ihrer Flucht immer gefährlichere Routen auf sich nehmen. In den letzten Jahren versuchten vermehrt Personen, die Alpen von Italien Richtung Frankreich zu Fuss zu durchqueren. Diese Woche wurde eine bewusstlose Person am Strassenrand in den französischen Alpen gefunden. Sie verstarb wenig später aufgrund eines Herzinfarkts und Unterkühlung. Bereits letzten Mai wurde eine tote Person in der Nähe von Montgenèvre in den französischen Alpen gefunden, die vermutlich versucht hatte, die Grenze zu Fuss zu überqueren. Obwohl mehrere lokale Unterstützer*innenorganisationen immer wieder davor warnen, dass es zu noch mehr Toten kommen wird, wenn keine Hilfsstrukturen aufgebaut werden, machen die Behörden nichts, um dieses unnötige Sterben zu verhindern.
https://www.thelocal.fr/20190208/migrant-found-dying-on-roadside-in-french-alps-near-italy-border
Was war gut?
Sogenannte Terrorist*innen dürfen nicht in Länder ausgeschafft werden, wo ihnen Tod oder Folter droht
Ausweisung von Terroristinnen und Terroristen in ihre Herkunftsländer, unabhängig davon, ob diese als sicher gelten oder nicht. Diese menschenverachtende Motion reichte Regazzi Fabio von der CVP im Dezember 2018 ein. Ob ihnen nun Folter oder Tod drohen sei egal, schliesslich sind die Menschenrechte nur gewissen Menschen vorbehalten. Die zuständige Ständeratskomission lehnte die Motion mit 6 zu 4 Stimmen bei einer Enthaltung ab. Die Kommission ist der Ansicht, dass sich die schweiz auch in diesen Fällen nicht zur Folterknechtin machen lassen darf. Auch wenn sich die schweiz in diversen Fällen zur Folterknechtin macht und gemacht hat, ist es dennoch schön, dass wenigstens diese eine Motion abgelehnt wurde.
https://www.parlament.ch/press-releases/Pages/mm-spk-s-2019-02-13.aspx
Wo gab es Widerstand?
Aktion gegen den antisemitischen Gründer der Raiffeisen-Bank
Vor rund 200 Jahren gründete Friedrich Wilhelm Raiffeisen die Raiffeisengenossenschaftsbank. Der Historiker Hans Fässler hat sich mit Raiffeisen auseinandergesetzt und kommt zum Schluss, dass Wilhelm ein übler Antisemit war. Der Banker sah Jüd*innen als Wucherer*innen, die betrügen, sich übervorteilen und unredlich seien. Im Gegensatz zu den Christ*innen würden Jüd*innen körperliche Arbeit meiden und von der Spekulation profitieren. Laut Raiffeisen würden Jüd*innen seit dem Mittelalter nach Herrschaft streben und müssten deshalb bekämpft werden.
Die Nazis waren Fans von „Vater Raiffeisen“. 1938 huldigten sie zum 50. Todestag, dass er das „deutsche Bauerntum aus den „Klauen der jüdischen Zinswucherer“ befreit habe.
Lange relativierte die Raiffeisenbank ihre braune Herkunft. Am 7. Februar 2019 traf sich Hans Fässler aber mit Heinz Huber, dem neuen Vorsitzenden der Geschäftsleitung. In der Raiffeisenzentrale in St.Gallen hängten die beiden ein Schild mit dem Text «Friedrich Wilhelm Raiffeisen würde sich im Grab umdrehen, wenn er wüsste, was man aus seiner Bank gemacht hat» auf.
https://www.saiten.ch/raiffeisen-der-bankier-der-barmherzigkeit-als-antisemit/
Was steht an?
Update zur Demo gegen den Europäischen Polizeikongress am 16.02.
Vom 19. bis 20.2. findet der 22. europäische Polizeikongress in Berlin statt, eine Diskussionsplattform für Vertreter*innen der Polizei und Sicherheitsbehörden, sowie eine Industrieausstellung für die neuesten Waffen und Überwachungstechnologien.
Dieser Kongress bietet Jahr für Jahr eine Möglichkeit, um die Überwachung und Verfolgung unliebsamer politischer Gegner*innen effektiver zu machen und europaweit zu standardisieren. Thema des diesjährigen Kongresses ist: „Sicherheit-Migration-Integration“.
https://barrikade.info/Update-zur-Demo-gegen-den-Europaischen-Polizeikongress-am-16-02-1868
Mahnwache in Gedenken an die toten Menschen im Mittelmeer
20. Februar 2019 | 18.30 | Bahnhofplatz Bern
18‘000 tote Menschen im Mittelmeer in den letzten fünf Jahren. Die Mahnwache will ein Zeichen dagegen setzten, dass das Sterben von Migrant*innen als unausweichlich und normal hingenommen wird und für mehr internationale Solidarität mit geflüchteten Menschen einstehen.
https://www.facebook.com/events/322840041686719/
Lesens-/Hörens-/Sehenswertes
Kolonien für die Schweiz: „African Mirror“
René Gardi hat einer ganzen Generation in der Schweiz Afrika nähergebracht, auf zahlreichen Deutschschweizer Sofatischen lagen seine Fotobände und Reiseberichte aus Kamerun oder der Sahara. Gardi fuhr mit dem Diaprojektor durchs Land, schrieb Reportagen in der «Schweizer Illustrieren» und trat über Jahre in der Sendung «René Gardi erzählt» im Schweizer Fernsehen auf. Der Regisseur Mischa Hedinger zeigt nun in einem Dokumentarfilm, wie Gardi einen Kontinent entsprechend seinem inneren Afrika zurechtfantasierte. Ausschliesslich aus Gardis umfangreichen Nachlass hat Hedinger „African Mirror“ zusammengeschnitten: teilweise unveröffentlichte Filmaufnahmen und Gardis Texte, vorgelesen aus dem Off. Der Film ist gescheit gemacht, weil er Gardis Afrikabild mit den eigenen Waffen entlarvt: eine Demontage durch Montage. „Während der Recherche habe ich gemerkt, wie sehr die Leute den schwärmerischen Gardi-Bildern noch immer erliegen“, sagt der Regisseur. Erst in den vergangenen Jahren haben Historiker*innen die postkoloniale Forschung gezielt auf Schweizer Verhältnisse übertragen um sich zu fragen, inwiefern die Schweiz ins koloniale Projekt verstrickt war, ohne selbst Kolonien gehabt zu haben, und wie Vorstellungen von weisser Herrschaft in den Köpfen überdauern. Gardis wirkmächtige Reiseberichte zeigen, dass auch hierzulande koloniale Bilder produziert wurden, die im nationalen Bewusstsein bis heute fortwirken. „René Gardi hat für die Schweiz Kolonien geschaffen“, sagt Hedinger.
https://www.derbund.ch/contentstationimport/reise-in-die-schwarze-schweiz/story/23971634
The Kids Are Alt-Right: Die neuen Koordinaten der Pop-Rebellion
Die Alt-Right in den USA beherrschen die Zeichensprachen des Pop und inszenieren sich als Provokateure. Und der Österreicher Andreas Gabalier codiert den Rockn‘Roll um – in einen nostalgischen Heimatsoundtrack, der den Rechtspopulismus nährt. Was sind die Strategien der kulturellen Gegenaufklärung?
https://www.srf.ch/sendungen/kontext/the-kids-are-alt-right-die-neuen-koordinaten-der-pop-rebellion
«Ob du Fehler machst oder nicht: Am Ende landest du immer im Knast»
Elfmal wurde Herr K. in den letzten zehn Jahren für das gleiche Delikt verurteilt. Sein Vergehen ist seine Anwesenheit. Sein Verbrechen: illegaler Aufenthalt. Gespräch mit einem, der gar nicht hier sein dürfte.
https://www.republik.ch/2019/02/13/illegaler-aufenthalt-interview-mit-einem-sans-papier?utm_source=newsletter&utm_medium=email&utm_campaign=republik%2Fnewsletter-editorial-haertefall-gericht-buchclub
Podcast (eng): Eine Niere verkaufen, um nach Europa zu gelangen
Interview zur Forschung von Seàn Columb, der in Ägypten die Situation von Migrant*innen untersuchte, die sich gezwungen sahen, ihre Niere zu verkaufen, um für die Weiterreise nach Europa zu bezahlen.
https://www.theguardian.com/news/audio/2019/feb/14/selling-a-kidney-to-reach-europe
Aus Angst vor Rassismus verschwieg sie jahrelang ihre Identität
Roma wurden hunderte Jahre verfolgt und diskriminiert. Eine Betroffene erzählt, wie sie den Holocaust der Roma überlebte und wie es ist, als Roma in der Schweiz zu leben.
https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/zuerich/aus-angst-vor-rassismus-verschwieg-sie-jahrelang-ihre-identitaet-134079345
Kurzes Video, das die katastrophalen Bedingungen in den Notunterkünften im Kanton Zürich zeigt
https://institutneueschweiz.ch/De/Blog/184/Notunterknfte