Der Ausschaffungswahn und die Lagerpolitik Sommarugas machen Schule

Das rassistische Asylregime der Schweiz wirkt auf Nachbarstaaten inspirierend. Sowohl in Deutschland als auch in Italien finden derzeit Verschärfungen der Asylregime statt. Die Erneuerungen weisen erstaunlich viele Ähnlichkeiten zur Lagerpolitik der Schweiz auf.

Von der Redaktion antira.org
In Rom haben Minister_innen ein Dekret verabschiedet. Die NZZ hat die Erneuerungen zusammengefasst. Wir haben sie mit den in unseren Augen typischen Merkmalen der schweizer Lagerpolitik verglichen und Übereinstimmung festgestellt (die aufgeführten Zitate zur Situation in Italien stammen aus einem NZZ-Artikel):
Schnellere Verfahren und mehr Ausschaffungen als oberste Ziele: „Nebst den schnelleren Asylverfahren setzt Italiens Regierung auf eine konsequentere Abschiebung“
Schnellere Ablehnung der Geflüchteten durch zentralisierte Asylverfahren: „Das Gesetz sieht unter anderem vor, 250 Spezialisten in den Kommissionen einzusetzen, die als Erstinstanz über die Asylanträge befinden. In 14 Gerichten sollen gesonderte Abteilungen geschaffen werden, die sich mit Asylentscheiden beschäftigen.“
Entrechtung durch Einschränkung der Beschwerdemöglichkeiten und –fristen: „Das Gesetz sieht vor, das Beschwerderecht einzuschränken.“
Abschreckende Wirkung und Ausschaffungsgewalt durch die Schaffung von riesigen Abschiebelagern: „Zudem ist der Aufbau von 18 dauerhaften Rückführungszentren im ganzen Land geplant mit insgesamt 1600 Plätzen. Zurzeit gibt es landesweit nur vier Ausschaffungszentren für knapp 400 abgewiesene Asylbewerber.“ Zum Vergleich: In der etwas kleineren Schweiz entstehen derzeit Ausschaffungslager mit insgesamt 2910 Plätzen.
Isolation der Geflüchteten und deren Brandmarkung als Gefahr durch die Wahl der Standorte und die Art der Lager: „Beim Standort ist man wählerisch: Wenn möglich nicht im städtischen Gebiet, verkehrstechnisch sollten die Zentren aber gut erschlossen sein.“
Ausbeutung und Besänftigung der Geflüchteten und Einbindung der NGOs durch Workfare (bzw. sogenannte Integrations- oder Beschäftigungsprogramme): „Als weitere Massnahme zur Verbesserung des Asylsystems hat Rom entschieden, dass Flüchtlinge freiwillig gemeinnützige Arbeit leisten dürfen, beispielsweise dem Roten Kreuz helfen oder Pärke pflegen.
Staatlich gefördertes Lohndumping durch die Stärkung des zweiten Arbeitsmarktes, der keine Gesamtarbeitsverträge oder Mindestlöhne kennt: „Gewerkschaften hingegen kritisieren die Gratisarbeit als Ausbeutung. Auch einige Gemeinderäte stimmen mit ein, in einem Land mit einer Jugendarbeitslosigkeit von 40 Prozent sollten solche Jobs für die eigenen Bürger vorgesehen sein“

…und in Deutschland?
In Deutschland setzen die Behörden mit dem 16-Punkte-Plan gegen Geflüchtete neue Akzente. Auf das letztjährige Motto „Wir schaffen das!“ schreit Merkel heute „Rückführung, Rückführung und nochmals Rückführung“. Letzten Sommer ging es ihr um eine Antwort auf die Willkommenskulturbewegung, diesmal ist es eine Antwort auf die AFD. Beide Male beinhaltet ihre Botschaft: Geflüchtete sind ein Problem und eine Gefahr, aber vertraut mir und dem Staat.
Konkret geplant ist ein „Gemeinsames Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr“. Es geht auch hier um Zentralisierung der Identitätsbestimmung von abgewiesenen Geflüchteten und um die Systematisierung der Ausschaffungen im Rahmen von Sammelabschiebungen.
In diesem Zusammenhang sind auch Ausschaffungslager geplant. In diesen werden in Zukunft die Handys und Sim-Karten von Geflüchteten ausgewertet, um ihre Identität zu bestimmen. Ärzt_innen sollen vor Ort die „Reisefähigkeit“ feststellen. Der medizinische Segen ist wichtig, damit die vom Staat anerkannten Menschenrechtsorganisationen sich nicht querstellen. Schliesslich setzen auch deutschen Behörden neoliberale Anreizpolitik wie Rückkehr- und Reintegrationsprogramme. 90 Millionen Euro will Deutschland 2017 ausgeben, um ökonomische Argumente zu schaffen, damit sich Geflüchtete selbst ausschaffen, bzw. selbstständig ausreisen.