Medienspiegel 24. März 2024

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel/

+++AARGAU
Engagiert und integriert: Asylsuchende arbeiten ehrenamtlich, um besser Deutsch zu lernen
Als Asylsuchende Deutsch zu lernen und in Kontakt mit Einheimischen zu kommen, ist alles andere als einfach. Auch wenn sie sich noch so viel Mühe geben. Das Projekt «Engagiert und Integriert» bietet Integrationshilfe mit ehrenamtlichen Jobs für Geflüchtete:
https://www.telem1.ch/aktuell/engagiert-und-integriert-asylsuchende-arbeiten-ehrenamtlich-um-besser-deutsch-zu-lernen-156641381


+++THURGAU
Parlamentarier fordert Schliessung des Asylzentrums Kreuzlingen
Im Kreuzlinger Gemeinderat ist von Aufrecht Thurgau ein Vorstoss eingegangen, welcher fordert, dass das Asylzentrum in Kreuzlingen geschlossen wird. Auch die SVP übt scharfe Kritik am Asylzentrum und an der Stadt. Die Regierungsrätin Cornelia Komposch nimmt Stellung.
https://www.toponline.ch/news/thurgau/detail/news/parlamentsvorstoss-forder-schliessung-von-asylzentrum-kreuzlingen-00235314/


+++SCHWEIZ
«Es spielt in der Schweiz keine Rolle, wie viel Mühe sich jemand bei der Integration gibt»
Unter Lebensgefahr flüchtete Solomon einst aus Eritrea über das Mittelmeer in die Schweiz. Heute besitzt er den Schweizer Pass und betreut im Thurgau jugendliche Asylsuchende. Bei einem Besuch sagt er, warum er das Schweizer Asylwesen manchmal nicht fair findet.
https://www.watson.ch/schweiz/international/334990025-vom-fluechtling-zum-betreuer-im-asylheim



Sonntagszeitung 24.03.2024

Abgewiesene Asylsuchende: Unter Baume-Schneider gabs deutlich mehr Zwangsausschaffungen

Die Schweiz hat 2023 fast dreimal mehr Personen mit negativem Asylentscheid per Sonderflug abgeschoben. Betroffen waren nicht nur Kriminelle, sondern auch Schwangere und Babys.

Adrian Schmid

Sieben Jahre lang gelang es dem Algerier, seine Ausschaffung hinauszuzögern. Er wehrte sich durch alle Instanzen. Parallel dazu wurde er mehrmals straffällig und sass wegen Körperverletzung, Raub oder Drogendelikten im Gefängnis, wie ein Urteil des Bundesgerichts zeigt. Sein Asylgesuch hatte er sogar unter falschem Namen gestellt. Im letzten August war dann aber Schluss. Er wurde mit einem Sonderflug in seine Heimat zwangsausgeschafft.

Die Schweiz hat im vergangenen Jahr deutlich mehr Personen mit Sonderflügen ausser Landes gebracht. Insgesamt gab es 49 Flüge mit 339 abgewiesenen Asylsuchenden, wie das Staatssekretariat für Migration (SEM) auf Anfrage bekannt gibt. Das sind fast dreimal mehr Leute als im Vorjahr, als 28 Missionen mit 124 Personen stattfanden. Beinahe wurde der Rekord von 345 Ausschaffungen per Sonderflug aus dem Jahr 2016 gebrochen.

Asylsuchende mit negativem Entscheid haben die Möglichkeit, freiwillig die Schweiz zu verlassen. Ihnen wird eine Rückkehrhilfe von mindestens 1000 Franken angeboten. Wenn sich die Leute dagegen entscheiden und auch nicht mit einem Linienflug ausreisen wollen, kommt als Ultima Ratio ein Sonderflug zum Einsatz.

Allerdings landen nicht nur Kriminelle auf diesen Sonderflügen. Zuweilen trifft es auch Familien mit Kindern. Im letzten Jahr sorgten gleich mehrere Fälle für Aufsehen. So wurden zwei Familien aus dem Kanton Bern nach Sri Lanka zwangsausgeschafft. In einem Fall war die Mutter im sechsten Monat schwanger. Die andere Familie hatte ein drei Monate altes Baby.

Zudem traf es im Mai eine afghanische Familie mit drei Kindern sowie eine Somalierin und ihre 18 Monate alte Tochter, die alle im Kanton Waadt lebten. Sie wurden nach abgelehnten Asylgesuchen per Sonderflug nach Kroatien gebracht.

Mehr Flüge, aber deutlich tiefere Kosten

Die meisten Sonderflüge, 34 mit 229 Personen, führten im letzten Jahr in EU-Staaten. Es handelte sich dabei um Rückführungen im Rahmen des Dublin-Asylabkommens. Diese Flüge haben stark zugenommen. Dies wirkte sich positiv auf die Kosten aus. 2022 beliefen sich die Ausgaben pro Person auf einem Sonderflug auf durchschnittlich 13’000 Franken. Im letzten Jahr waren es noch 7300 Franken. So tief waren die Durchschnittskosten im vergangenen Jahrzehnt nie.

Weitere Flüge führten nach Osteuropa, in den Nahen und Mittleren Osten, nach Zentralasien und Südamerika. Erstmals überhaupt wurden gemäss SEM Sonderflüge in den Irak und nach Algerien durchgeführt, weil die Zusammenarbeit mit den beiden Ländern verbessert wurde. In afrikanische Länder konnten aber nur 24 Personen mit Sonderflügen ausgeschafft werden.

Keine Flüge nach Marokko

Dies birgt Zündstoff. In vielen Kantonen stellt die Polizei derzeit eine Zunahme der Kriminalität von Leuten aus Nordafrika fest. Insbesondere die Asylgesuche von Marokkanern haben im letzten Jahr stark zugenommen, obwohl ihre Chancen auf einen positiven Bescheid gering sind. Ausschaffungen per Sonderflug nach Marokko sind aber nicht möglich. Um das zu ändern, fordert FDP-Ständerat Damian Müller in einem Vorstoss den Bundesrat nun auf, ein Abkommen mit Marokko auszuhandeln.

Schon im letzten Sommer machte das Parlament Druck. Der Ständerat stimmte einer SVP-Motion von Werner Salzmann zu, der eine «Rückführungsoffensive» forderte. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass nun ausgerechnet im Jahr, in dem die viel kritisierte SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider für das Asyldossier zuständig war, die Zahl der Sonderflüge und generell der Rückführungen angestiegen ist. Fast 6000 abgewiesene Asylsuchende haben die Schweiz 2023 freiwillig oder zwangsweise verlassen.

SVP spricht von «Sisyphusarbeit»

Die SVP ist trotzdem nicht zufrieden. Fraktionschef Thomas Aeschi findet es zwar gut, dass mehr abgewiesene Asylbewerber gegangen sind. «Das ist aber reine Sisyphusarbeit», sagt er. Gemessen an den 30’000 Asylgesuchen seien die rund 300 Ausschaffungen per Sonderflug viel zu wenig. Für Aeschi ist deshalb die SVP-Grenzschutz-Initiative dringend nötig. «Nur so können wir unser Land besser vor illegalen Einwanderern schützen.»

Anders tönt es bei der Flüchtlingshilfe. Die Zunahme der Sonderflüge sei «besorgniserregend», sagt Sprecher Lionel Walter. Grund sind die Zwangsmassnahmen. Bei mehr Flügen steigt das Risiko, dass solche angewandt werden. Gemäss Berichten der Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) kann es vorkommen, dass sich abgewiesene Asylbewerber gegen die Abschiebung wehren und deshalb gefesselt werden.

Jean-Sébastien Blanc begleitet als NKVF-Vizepräsident regelmässig Sonderflüge. «Das Vorgehen der Polizei ist allgemein professionell», sagt er. Trotzdem gibt es problematische Situationen. «Sonderflüge sind immer kompliziert, insbesondere wenn Kinder dabei sind.» Für sie sei der Stress besonders gross, und es bestehe die Gefahr, dass sie traumatisiert würden.
(https://www.tagesanzeiger.ch/schweiz-deutlich-mehr-ausschaffungen-unter-baume-schneider-709988578800)
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/dreimal-so-viele-ruckfuhrungen-per-sonderflug-als-im-vorjahr-66732886
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/schweizer-asylpolitik-dreimal-so-viele-rueckfuehrungen-per-sonderflug-wie-im-vorjahr


+++GROSSBRITANNIEN
Britische Asylpolitik – Britisches Parlament ringt um Migranten-Abschiebung nach Ruanda
Der britische Premier Sunak möchte im Frühling illegal Migrierte nach Ruanda ausfliegen. Damit dürfte er scheitern.
https://www.srf.ch/news/international/britische-asylpolitik-britisches-parlament-ringt-um-migranten-abschiebung-nach-ruanda


+++MITTELMEER
Mehr als 1700 Bootsflüchtlinge auf Lampedusa an einem Wochenende – Kind vermisst
Auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa sind am Wochenende mehr als 1700 Bootsflüchtlinge aus Afrika angekommen. Nach Angaben der italienischen Behörden von Sonntag wurden mehr als zwei Dutzend Boote in Empfang genommen, die sich in Libyen und Tunesien auf die gefährliche Überfahrt nach Europa gemacht hatten – so viele wie noch nie seit Beginn des Jahres. Kurz vor Erreichen der kleinen Insel kam vermutlich ein erst 15 Monate altes Mädchen im Wasser ums Leben.
https://www.watson.ch/international/migration/876839695-mehr-als-1700-bootsfluechtlinge-auf-lampedusa-an-einem-wochenende
-> https://www.nau.ch/news/europa/mehr-als-1700-neuankommlinge-auf-lampedusa-kind-vermisst-66732880


+++FREIRÄUME
Aus ehemaliger Gassenküche soll Kulturtreffpunkt werden
Am Lindenberg 21, gleich neben dem Hirscheneck, soll ein sozialer Kulturtreffpunkt entstehen. Die Dachgenossenschaft, zu der das Restaurant Hirscheneck gehört, hat das Haus erworben und wird die leeren Räume der ehemaligen Gassenküche neu nutzen.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/aus-ehemaliger-gassenkueche-soll-kulturtreffpunkt-werden?id=12560942


+++GASSE/SOZIALES
Video-Doku über Armut: «Zwei Franken für eine Gurke? Das können wir uns nicht leisten»
Sonja Krstic ist alleinerziehende Mutter von zwei Kindern und muss im Monat mit 1820 Franken auskommen. Uns hat sie einen Einblick in ihren Alltag gewährt.
https://www.derbund.ch/armut-in-der-schweiz-alleinerziehende-mit-1820-franken-im-monat-423281014420


Mehrgenerationenhaus bei Bern – Als Alleinerziehende in einer 30-köpfigen WG
«Es braucht ein Dorf, um ein Kind grosszuziehen»: Dieses Sprichwort wird für Maria Matter in ihrer Gross-WG zur Realität. Wie funktioniert das Familienleben jenseits der normativen Kleinfamilie?
https://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-religion/mehrgenerationenhaus-bei-bern-als-alleinerziehende-in-einer-30-koepfigen-wg


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Compte-rendu de la manifestation du 23 mars pour un logement pour touxtes
Nous étions aujourd’hui 1800 personnes à défiler dans les rues de Genève, à l’appel de la coordination Ripostes urbaines et du collectif des associations d’habitant·es
https://renverse.co/infos-locales/article/compte-rendu-de-la-manifestation-du-23-mars-pour-un-logement-pour-touxte-4422


Gegen Aufwertung und Vertreibung in unseren Wohnquartieren – Weg mit AirBnbs!
Das Haus an der Bertastrasse 69 wurde 2022 an die millionenschwere Recapital Management AG verkauft, welche im Anschluss allen langjährigen Mieter:innen kündete. Zugleich reichte die Firma Pläne für den Umbau der Liegenschaft ein. Nach diesen sollen an der Bertastrasse Wohnungen für ein mittleres Preissegment entstehen – „perfekt sanierten Altbau an Toplage“, wie sie schreiben. Was dies für Recapital genau bedeutet, zeigt der Blick auf deren weiteres Portfolio: An der von ihr aufgekauften und frisch sanierten Bederstrassse 70 wird eine Dreizimmerwohnung für 3680.- vermietet.
https://alleswirdbesetzt.ch/was-passiert/gegen-aufwertung-und-vertreibung-in-unseren-wohnquartieren-weg-mit-airbnbs/
-> https://www.zueritoday.ch/videos/besetzer-szene-demonstriert-im-kreis-3-gegen-airbnbs-156641063?autoplay=true&mainAssetId=Asset%3A156641061


Bauernhof-Besetzung in Pontareuse, Neuchâtel
Seit dem Samstag, 23. März, besetzt das landwirtschaftliche Kollektiv „Hirondelles“ die Gebäude und das Gelände des Hofes Pontareuse, in Boudry, welche davor seit 2017 leer standen.
https://barrikade.info/article/6369


+++SPORT
Gewalt in Zürich-Altstetten: Zwei Männer entführt – Spuren führen wohl ins Milieu von Fussballfans
Die Zürcher Staatsanwaltschaft bestätigt, dass in einem mutmasslichen Entführungsfall sechs junge Personen in Untersuchungshaft sitzen.
https://www.tagesanzeiger.ch/gewalt-in-zuerich-altstetten-zwei-maenner-entfuehrt-spuren-fuehren-wohl-ins-milieu-von-fussballfans-840897651046


+++BIG BROTHER
SBB rüstet auf: Bahnpolizei bald mit Bodycams im Einsatz
Bis Ende Juni soll die Transportpolizei mit Bodycams ausgerüstet sein. Die Kameras dienen in heiklen Situationen und zu Beweiszwecken.
https://www.blick.ch/schweiz/sbb-ruestet-auf-bahnpolizei-bald-mit-bodycams-im-einsatz-id19567578.html
-> https://www.handelszeitung.ch/newsticker/sbb-wollen-fur-die-sicherheit-bodycams-einsetzen-696410


+++RECHTSEXTREMISMUS
NZZ am Sonntag 24.03.2024

Das neue radikale Power Couple an der Spitze der Jungen SVP: Nils Fiechter und Sarah Regez wollen die Jungpartei radikalisieren

Das junge Paar führt seit kurzem die Junge SVP. Es steht für einen radikaleren Ton und propagiert Remigration. Diese Annäherung an Rechtsaussen führt zu Streit in der Partei, wie interne Chat-Protokolle zeigen.

Mirko Plüss und Ladina Triaca

Plötzlich dreht die Stimmung an diesem eigentlich heiteren Wahlkampfanlass der SVP Schweiz. Das Licht in der Eishockeyhalle wechselt von grell auf dunkelblau, in die heile Heidi-Welt schleicht sich etwas für hiesige politische Verhältnisse Ungewohntes, etwas Düsteres.

Dann tritt Sarah Regez auf die Bühne. Die Politikerin der Jungen SVP aus dem Kanton Basel-Land reckt mahnend den Zeigefinger, spricht von Heimatliebe und der verhassten «classe politique». Immer drängender, immer beschwörender wird Regez’ Ton, bis aus einem Chalet ihr Berner Parteikollege Nils Fiechter auf die Bühne tritt und der gemeinsame Auftritt in ein kulturkämpferisches Crescendo übergeht.
-> https://youtu.be/j6ryazdrm_s

Fiechter trägt breite Krawatte zum Sakko, hat die blonden Haare nach hinten gegelt und sieht aus wie Donald Trump, wenn er in dessen unverwechselbarem gestischem Duktus immer wieder die ausgestreckten Hände gegeneinanderführt, als würde er Handorgel spielen. Seine Kampfrede gipfelt im Ruf: «Es ist die Schlacht um die Seele unseres Landes. Es ist ein Krieg um unsere Kultur. Wir müssen den Frontalangriff auf unsere Identität abwehren!»

Das war vor sieben Monaten. Heute stehen Nils Fiechter, 27, und Sarah Regez, 30, an der Spitze der Jungen SVP. Vor zwei Wochen wurde er zum Präsidenten der Jungpartei gewählt und sie zur Strategiechefin. Die beiden sind eng vertraut, auch privat sind sie ein Paar. Sie stehen für einen neuen Ton und einen radikaleren Auftritt.

In seiner Antrittsrede an der Delegiertenversammlung in Thun versprach Fiechter den über 150 anwesenden JSVP-Delegierten, ihr Anführer zu sein. «Es braucht einen Leader», sagte er. «Ein Leader, der motiviert, inspiriert, begeistert, die Leute an der Hand nimmt und als Vorbild vorangeht. Dieser Leader will ich für euch sein.»

Streit im Whatsapp-Chat

Führung kann die Jungpartei der grössten Schweizer Partei tatsächlich gebrauchen. Sie steckt in einer tiefen Krise. In den letzten Monaten ist ein Streit darüber entbrannt, ob man sich gegen Rechtsaussen abgrenzen soll. Wie heftig die Diskussionen geführt werden, zeigt ein interner Whatsapp-Chat vom 2. Oktober 2023, welcher der «NZZ am Sonntag» vorliegt.

Darin beschreibt der Präsident der Jungen SVP Aargau das Verhältnis zur rechtsradikalen Jungen Tat. Er schreibt: «Wir müssen ehrlich sein und anerkennen, dass die Junge Tat inhaltlich die exakt gleichen Inhalte anspricht wie wir.» Und weiter: «Sich davon zu distanzieren, ist, wie wenn wir uns von unserem eigenen Programm distanzieren.» Die Junge Tat als politischer Zwilling der Jungen SVP.

Das ist bemerkenswert. Denn die Männer der Jungen Tat inszenieren sich zwar als sportliche, hippe Identitäre, aber sie vertreten offen rechtsextreme Positionen. Sie propagieren die Idee eines gesteuerten Bevölkerungsaustauschs und sprechen in ihrem Programm von «Ausländerbeständen», «Ersetzungsgeburten» und «autochthoner Bevölkerung». Ihre Antwort: Remigration, die massenhafte Ausschaffung von Menschen mit Migrationshintergrund. Mitglieder der Jungen Tat wurden bereits wegen Rassendiskriminierung, Sachbeschädigung und Vergehens gegen das Waffengesetz verurteilt.

Im Whatsapp-Chat mit dem Namen «PV JSVP Schweiz» las die gesamte Führungsriege der Jungpartei mit: die Parteileitung und die Präsidenten der Kantonalparteien. Es gab Zustimmung für den Junge-Tat-Vergleich, aber auch Widerspruch. Nicht alle sind tolerant gegenüber Rechtsextremen.

Der Präsident der Schaffhauser Sektion etwa greift seinen Aargauer Kollegen im Chat frontal an: «Offensichtlich vertritt deine Junge SVP etwas andere Inhalte als wir, wenn ihr absolut deckungsgleich mit der Jungen Tat seid.» Die JSVP-Präsidentin von Basel-Stadt wird noch grundsätzlicher: «Es wird tatsächlich nichts mit uns, wenn wir auf Annäherungskurs sind mit der Jungen Tat und uns nicht distanzieren können/wollen.»

Der Streit offenbart einen tiefen Graben in der Partei. Wie geht das neue Führungsduo damit um? Schafft es einen Ausgleich, oder wird es die Partei auf seinen eigenen, harten Rechtskurs trimmen?

Likes für die Junge Tat

Präsident Fiechter ist selber im Chat. Eine klare Positionierung bleibt er allerdings schuldig. Was hält er von den Aussagen des Aargauer Präsidenten? Haben sie Konsequenzen? Auf diese und weitere Fragen antwortet Fiechter nur: «Interne Belange werden bei der Jungen SVP Schweiz intern behandelt.» Auf die Frage, wie nahe sich die Junge SVP und die Junge Tat stünden, schreibt er: «Die programmatischen Schwerpunkte der Jungen SVP Schweiz sind in unserem Parteiprogramm öffentlich einsehbar.» Eine Distanzierung sieht anders aus.

Es braucht auch gar keine internen Chats, um die Sympathien für die rechtsextremen Männer aufzuzeigen. Ein Blick in die sozialen Netzwerke reicht: Mit ihrem offiziellen Account auf der Plattform X hat die Junge SVP Schweiz in den letzten Monaten, als Fiechter noch Strategiechef war, immer wieder Beiträge der beiden Köpfe der Jungen Tat gelikt. Etwas, was die Mutterpartei kaum täte.

Fiechter ist bekannt für seinen Hang zu Provokationen. Während der Unterschriftensammlung der Burkaverbots-Initiative posierte er mit einer Burka und einem Sprengstoffgürtel auf dem Bundesplatz. Der «Blick» nannte ihn den «Burka-Bomber». Später wurde er für ein Plakat der bernischen jungen SVP, das Fahrende herabsetzte, wegen Rassendiskriminierung verurteilt. Und vor kurzem forderte er im Berner Kantonsparlament obligatorische Schiesskurse für Schülerinnen und Schüler.

Sarah Regez polarisiert nicht weniger. Sie politisiert am rechten Rand der Partei. Manche vergleichen sie mit SVP-Nationalrat Andreas Glarner. Als eine der wenigen verwendet sie den Begriff Remigration. Sie sagt: «Ich brauche den Begriff Remigration, weil er alle Forderungen, die die SVP im Bereich Migration in den letzten Jahren stellte, beinhaltet: Die Ausschaffung von kriminellen, illegalen und über lange Zeit von der Sozialhilfe abhängigen Migranten sowie die Kontingentierung der Zuwanderung.» Die SVP solle den Begriff in der Schweiz inhaltlich prägen und die Definition nicht den Linken überlassen. «Remigration bedeutet nichts anderes als Rückwanderung.»

    Was haben ein Hackebeiliraner, ein antisemitischer tunesischer #Messerstecher, 700 Schläger-Eritreer, ein ostafrikanischer #Vergewaltiger und ein aus #Deutschland in die #Schweiz abgeschobener Kinderschänder-Afghane gemeinsam?

    Richtig! Sie sollten nicht hier sein!#Remigration pic.twitter.com/ReU5E4NtL9
    — Sarah Regez 💚 (@sarah_regez) March 5, 2024

Regez äussert sich auch in den sozialen Netzwerken scharf. Auf der Plattform X schrieb sie vor kurzem: «Was haben ein Hackebeiliraner, ein antisemitischer tunesischer Messerstecher, 700 Schläger-Eritreer, ein ostafrikanischer Vergewaltiger und ein Kinderschänder-Afghane gemeinsam? Richtig! Sie sollten nicht hier sein!» Versehen ist der Beitrag mit dem Hashtag Remigration.

Einladung nach Deutschland

Die «NZZ am Sonntag» hat mit zahlreichen Parteimitgliedern und Funktionären Gespräche geführt. Die eigene Führung offen kritisieren will niemand. Doch das Unbehagen ist gross, wohin die Reise mit Fiechter und Regez gehen wird. Moderate Stimmen fordern eine klare Kante gegen rechts, sie lehnen den Hashtag Remigration ab. Sie befürchten einen Imageschaden. Tatsächlich kam es wegen der Junge-Tat-Diskussion bereits zu Austritten in mehreren Kantonalsektionen.

Die Mutterpartei hat sich bisher nicht in den Streit eingemischt. Die Parteistrategen der SVP dürften am andauernden Flirt der Jungen SVP mit Rechtsextremen aber wenig Freude haben. Hält sich die Volkspartei doch grösstenteils an das Credo von Parteistratege Christoph Blocher, sich von rechtsextremen Kreisen abzugrenzen. Ein weiteres Credo: Die Volkspartei pflegt keine regen Kontakte zu anderen rechten Parteien in Europa wie der Alternativen für Deutschland (AfD), dem Front national oder der Lega.

Doch was, wenn Blocher einmal abtritt? Wird dann der Nachwuchs auch in der Partei mehr zu sagen haben?

Dort verwendet man nämlich nicht nur rechtsradikal besetzte Begriffe wie Remigration, sondern scheut sich auch nicht vor Kontakten zu anderen Rechtsparteien. So wurde Sarah Regez von der Jungen Alternative zu einem Vortrag nach Deutschland eingeladen. Die Jugendorganisation der AfD wurde kürzlich von einem Gericht als «gesichert rechtsextrem» eingestuft. Regez soll vor den Mitgliedern im April über die direkte Demokratie referieren. Ob sie hingeht, weiss sie noch nicht. Sie habe sehr viele Termine im Moment.
(https://www.nzz.ch/schweiz/remigration-und-sympathie-fuer-die-junge-tat-die-junge-svp-radikalisiert-sich-ld.1823478)



aargauerzeitung.ch 24.03.2024

Solidarität mit Rechtsextremem: Juso fordern Rücktritt des JSVP-Präsidenten

Der Präsident der Aargauer Jungen SVP sieht laut internen Chat-Protokollen seine Partei auf der gleichen Stufe wie die rechtsradikale Gruppierung «Junge Tat». Die Aargauer Juso fordern seinen Rücktritt – und dass Andreas Glarner sich von ihm distanziert.

Eva Berger

Am 16. März wollte der österreichische Rechtsextreme Martin Sellner an einem Anlass der Gruppierung «Junge Tat» in Tegerfelden einen Vortrag halten. Die Kantonspolizei löste die Veranstaltung auf und wies den Österreicher weg. Die Aargauer Junge SVP (JSVP) drückte ihre Solidarität mit ihm aus. Auf Medienanfragen, warum sie den Rechtsextremen verteidige, reagierte die Partei indes bisher nicht.

Dass insbesondere der Präsident der JSVP Aargau, Ramon Hug, keinen Unterschied zwischen dem Programm der rechtsradikalen Jungen Tat und jenem seiner eigenen Partei sieht, zeigt ein interner Whatsapp-Chat vom vergangenen Oktober. Dieser liegt der «NZZ am Sonntag» vor. Die Zeitung zitiert am Wochenende eine Nachricht von Hug: «Wir müssen ehrlich sein und anerkennen, dass die Junge Tat inhaltlich die exakt gleichen Inhalte anspricht wie wir.» Würde sich die JSVP davon distanzieren, wäre es so, als würde sie sich vom eigenen Programm distanzieren, schrieb der Parteipräsident.

Juso: Tendenz von Hug war längst klar

Für die Aargauer Juso ist damit der Bogen überspannt. Dass der Präsident der JSVP Aargau dieselben Ziele wie die Junge Tat verfolge, sei untolerierbar, schreiben sie in einer Medienmitteilung. Die Aussagen zeigten die Nähe von Teilen der Jungen SVP zur rechtsextremistischen Jungen Tat sowie die Akzeptanz der Jungpartei von problematischen Personen in ihren eigenen Reihen. «Dies ermöglicht es nicht nur, dass Verschwörungstheorien und faschistische Ideologien salonfähig werden, sondern ist auch brandgefährlich für unsere Demokratie und von Rassismus betroffene Personen.»

Die Juso Aargau verlangen den sofortigen Rücktritt von Ramon Hug aus seinen Ämtern. Dass dieser sich in sozialen Medien offen mit rechtsextremer Symbolik präsentiert, hätte schon längst auf seine Tendenzen hinweisen müssen. Bleibe er Präsident der JSVP, bedeute dies eine klare Annäherung der Partei zu faschistischen Ideologien.

«Es ist uns ernst. Ramon Hug muss weg», sagt Melanie Del Fabro, Vorstandsmitglied der Juso Aargau, auf Anfrage der AZ. Es dürfe nicht sein, dass der Präsident einer kantonalen Jungpartei Verschwörungsmythen wie «Bevölkerungsaustausch» und faschistische Ideen wie «Remigration» vertrete. «Das müsste eigentlich ein viel grösserer Aufschrei geben», findet Del Fabro.

Fehlende Distanzierung Glarners

Die Juso nehmen aber auch Andreas Glarner, den Präsidenten der Aargauer SVP, in die Pflicht. Die Mutterpartei müsse sich klar von der Nähe der JSVP zur Jungen Tat und deren Ideologien distanzieren. «Andreas Glarner muss den Rücktritt von Ramon Hug fordern», sagt Melanie Del Fabro. Dass der SVP-Präsident bisher schweigt, verurteilten die Juso aufs Schärfste. «Eine fehlende Distanzierung zeigt auf, dass er kein Problem mit Identitären in seinen eigenen Reihen hat», so Del Fabro. Eine Mutterpartei stehe mit ihrer Jungpartei in der Regel in engem Austausch, erklärt die Juso-Politikerin. Entsprechend trage ihr Parteipräsident eine gewisse Verantwortung.

Wie die Juso handelten, bleibe es bei Ramon Hug als JSVP-Präsident, ist noch offen. Aber man bleibe dran, versichert Melanie Del Fabro.
(https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/fall-tegerfelden-solidaritaet-mit-rechtsextremem-juso-fordern-ruecktritt-des-jsvp-praesidenten-ld.2598306)


+++HISTORY
Musik ist eine Waffe
Die Geschichte von Ton Steine Scherben
Als Ton Steine Scherben sich 1970 gründen, gehören sie zu den ersten, die Rockmusik mit deutschen Texten machen – ohne, dass es peinlich oder nachgemacht klingt. Doch die Scherben sind mehr als nur eine Band: Sie versuchen das, was sie singen, auch zu leben. Philip Meinhold („Wer hat Burak erschossen?“, „Mein Freund Floh“) erzählt die Geschichte der vielleicht wichtigsten deutschen Band von ihren Anfängen als Politrockband über die Solo-Karriere ihres Sängers Rio Reiser bis zu ihrer Bedeutung heute. Erstmals zu hören sind dabei viele Töne eines 60-stündigen Gespräch Rio Reisers, das er 1993 für seine Autobiographie geführt hat.
https://www.radioeins.de/archiv/podcast/ton_steine_scherben.html


Theater über «Berner Prozess»:. Hebebühne spült die Nazis in die Gegenwart
Das Effinger-Theater unternimmt mit dem Stück «Der vergessene Prozess» eine Zeitreise ans Berner Gericht 1934 und spiegelt dabei die Gegenwart: Raffiniert.
https://www.derbund.ch/berner-nazi-prozess-1934-am-theater-an-der-effingerstrasse-739855597681