Medienspiegel 17. März 2024

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+++SCHWEIZ
Sonntagszeitung 17.03.2024

Hunderte Geflüchtete wohnen im Bunker: «Hier zu wohnen, ist unmenschlich»

Der Bund bringt immer mehr Menschen in Luftschutzbunkern unter, auch Familien mit Kindern. Die Situation droht sich weiter zu verschärfen – und sorgt zunehmend für Kritik.

Cyrill Pinto

Die dreiköpfige Familie mit Kleinkind lebte mehrere Monate lang in einer Zivilschutzanlage mitten in Zürich. «Wir wohnten in einem offenen Raum, es gab keinerlei Privatsphäre, nicht einmal Vorhänge», berichten sie. Besonders die Nächte seien unruhig gewesen: «Teenager, die nicht schlafen konnten, Pärchen, die sich unterhielten. Ständig wachte jemand auf. Unser Kleinkind weinte und weckte auch die anderen auf.» Der Bunker sei kein guter Ort zum Leben, besonders nicht mit einem kleinen Kind.

Die Familie wartet zurzeit auf ihren Asylentscheid und möchte deshalb anonym bleiben. Als die Bewohner des Zürcher Quartiers Unterstrass im Dezember vernahmen, dass im stillgelegten Bunker Flüchtlingsfamilien mit Kindern untergebracht werden sollten, starteten sie eine Petition.

Letzte Woche wurde diese mit 8700 Unterschriften der Bundeskanzlei in Bern übergeben. «Eine solche Unterkunft, beengt, ohne Tageslicht und Privatsphäre, ist für verletzliche und oft traumatisierte Kinder und ihre Familien nicht gerecht, schlicht unmenschlich», sagt die Sprecherin der Petitionäre, die pensionierte Kinder- und Jugendpsychologin Regina Strupler.

Zahlen des Staatssekretariats für Migration (SEM) zeigen: Schweizweit leben 485 Geflüchtete in 11 unterirdischen Bundesasylzentren. Darunter sind 98 Frauen und 38 Kinder. Diese Bunker würden nur eingesetzt, «wenn keine anderen Unterkünfte zur Verfügung stehen», heisst es beim SEM.

Auch die Kantone setzen auf Bunker als Unterkunft

Aber auch die Kantone, die später für die Unterbringung zuständig sind, haben in den vergangenen Monaten mehrere unterirdische Anlagen in Betrieb genommen. So eröffnete der Aargau Ende Dezember in Birmenstorf eine zweite unterirdische Anlage für Familien, in die bereits 100 Frauen, Männer und Kinder gezogen sind. Auch in Luzern nahmen kürzlich mehrere unterirdische Anlagen als Flüchtlingsunterkunft den Betrieb auf.

Dass die Schweiz bei der Unterbringung von Geflüchteten zunehmend auf Zivilschutzanlagen setzt, stösst bei der Nationalen Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) auf scharfe Kritik. Die vom Bund eingesetzte, aber unabhängige Kommission prüft mit regelmässigen Kontrollbesuchen, ob die Massnahmen konform mit den Menschenrechten und den Grundrechten sind. Im vergangenen Jahr besuchte eine Delegation zwei Zivilschutzanlagen in Basel, eine in Aesch BL und jene in Steckborn TG.

Schlafräume, Speisesaal und weitere Gemeinschaftsbereiche seien überall nicht klar voneinander getrennt gewesen und es fehle an Rückzugsmöglichkeiten. «In den Schlafräumen stank es, es fehlten Matratzen, Duschvorhänge oder Toilettenpapier», heisst es im Bericht. In Basel stiessen die Prüfer auch auf anderes: «In zwei Fällen liegen der Kommission Hinweise vor, dass es zu unzulässiger Gewaltanwendung durch Sicherheitsmitarbeitende gekommen sein könnte.» Zwei Geflüchtete seien mehrere Tage in Spitalpflege gewesen. Die Vorfälle wurden nicht so ans SEM weitergemeldet, hält die NKVF fest. Trotz intensiver Bemühungen in der Prävention könne es zu Gewaltvorfällen kommen, schrieb das SEM in einer Stellungnahme: «Wir haben die im Bericht aufgeführten Fälle genutzt, um die Sicherheitsmitarbeitenden für solche Situationen zu schulen.»

In Steckborn waren zum Zeitpunkt des Besuchs 68 Asylsuchende untergebracht. Die Räume seien zusammenhängend gebaut und nicht klar voneinander getrennt, heisst es im Bericht. Auch wer die Unterkunft in Zürich betritt, muss zuerst durch einen Schlafraum oder durch die Duschen, damit er in einen der vier Aufenthaltsräume gelangt. Generell solle die Unterbringung in Zivilschutzanlagen nur von möglichst kurzer Dauer sein. Für Kinder und Familien seien diese immer ungeeignet, so die NKVF.

Flüchtlingshilfe: «Zivilschutzanlagen sind ungeeignet»

Die Schweizer Flüchtlingshilfe (SFH), die sich wiederholt kritisch zur Unterbringung in Zivilschutzanlagen geäussert hat, fügt hinzu: «Unter solchen Umständen steigt das Risiko für Konflikte. Gleichzeitig mangelt es an Massnahmen zur Gewaltprävention.»

Die SFH kommt deshalb zum Schluss, dass «Zivilschutzanlagen für die Unterbringung von Asylsuchenden nicht geeignet sind».

Der Platzmangel in den Asylzentren verschärfte sich im letzten Sommer, als der Ständerat Pläne des Bundes für zusätzliche Unterkünfte ablehnte. Auch neue Anläufe zur Finanzierung von Containerdörfern über einen Nachtragskredit wurden nicht weiterverfolgt, wie es beim SEM heisst. Für die Unterbringung suchten Bund und Kantone nun nach anderen Lösungen.

Dabei wird sich die Situation nicht entspannen, im Gegenteil. In der Asyldebatte dieser Woche betonte Bundesrat Beat Jans, dass zurzeit mehr Menschen auf der Flucht seien als je zuvor. Beim SEM rechnet man mit einem Bedarf von 9000 bis 12’000 neuen Unterbringungsplätzen. Zurzeit stehen dem Bund rund 9900 Plätze zur Verfügung, bis Ende Mai fallen zwischen 1100 und 1400 weg.

Mitunterzeichnerin der Petition gegen die Unterbringung von Familien im Bunker war die Zürcher SP-Nationalrätin Céline Widmer. «Der Bund hat sich viel zu lange nicht um die geeignete Unterbringung von Geflüchteten gekümmert», sagt sie. «Das rächt sich jetzt.»

Im Zürcher Quartier hat man sich Gedanken darüber gemacht, wie die Geflüchteten anders untergebracht werden könnten. Auf der Wiese über der Unterkunft steht bereits ein Containerdorf, wo Schüler unterrichtet werden. «Solche Containersiedlungen könnten schnell realisiert werden», sagt Regina Strupler, die Sprecherin der Petitionäre. Aber auch unbenutzte Büro- und Gewerberäume, leer stehende Altersheime oder Spitäler kämen infrage – «alles ist besser als ein Bunker».
(https://www.derbund.ch/asylunterkuenfte-hier-zu-wohnen-ist-unmenschlich-226220504809)
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/erich-vock-das-theater-wird-ueberleben?id=12557663



Sonntagszeitung 17.03.2024

Massnahme gegen Fachkräftemangel: Ukrainer sollen Aufenthalts­bewilligung erhalten

Mitte-Nationalrat Reto Nause fordert, dass Flüchtlinge aus der Ukraine nach drei Jahren offiziell hierbleiben dürfen – wenn sie einen Job haben.

Adrian Schmid

Die Schweiz hinkt hinterher. Während in Ländern wie den Niederlanden oder Dänemark bereits um die 80 Prozent der Ukraine-Flüchtlinge einer Arbeit nachgehen, sind es hierzulande nur 20 Prozent. Mitte-Nationalrat Reto Nause will das ändern.

Er schlägt vor, den Schutzstatus S frühzeitig aufzuheben und den Ukrainerinnen und Ukrainern, die einer Erwerbstätigkeit nachgehen, schon nach drei Jahren eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen. Nause hat dazu eine parlamentarische Initiative eingereicht.

Arbeitgeber zögern, Ukrainer einzustellen

«Ich habe wenig Hoffnung, dass viele Ukrainer in den nächsten ein bis zwei Jahren in die Heimat zurückkehren», sagt Nause. Deshalb müsse die Integration in den Arbeitsmarkt beschleunigt werden. «Wir sparen dadurch Kosten, und die Wirtschaft bekommt dringend benötigte Fachkräfte. Das ist eine Win-win-Situation.»

Das Anliegen wurde aus der Hotellerie und dem Gastgewerbe an Nause herangetragen. Die Branche leidet derzeit besonders stark unter dem Fachkräftemangel. «Viele Arbeitgeber zögern, Ukrainer anzustellen», sagt Nause, der Mitglied der Berner Stadtregierung ist. «Die Ungewissheit über die Dauer des Schutzstatus ist ein Hindernis. Das müssen wir ändern.»

65’000 Ukraine-Flüchtlinge sind hier

Der Bundesrat hat das Ziel, die Erwerbsquote bei den Ukraine-Flüchtlingen auf 40 Prozent zu erhöhen. In der Schweiz leben derzeit rund 65’000 Personen, die nach Kriegsausbruch hierher geflüchtet sind. Kommt Nause mit seiner Initiative durch, könnten schon im nächsten Jahr erste Flüchtlinge aus der Ukraine eine Aufenthaltsbewilligung erhalten.

Darüber hinaus fordert Nause in seinem Vorstoss, dass den Ukrainerinnen und Ukrainern nach zehn Jahren in der Schweiz eine Niederlassungsbewilligung gewährt werden soll.
(https://www.derbund.ch/fachkraeftemangel-ukrainer-sollen-aufenthaltsbewilligung-erhalten-962833979836)



NZZ am Sonntag 17.03.2024

So viele Vorfälle wie nie: Die Gewalt in den Bundesasylzentren hat sich verdoppelt

Mehr als dreimal pro Tag ist 2023 die Gewalt in einem Bundesasylzentrum eskaliert. Der Bund erklärt sich die Zunahme mit dem starken Anstieg der Asylgesuche von Personen aus einer bestimmten Region.

Georg Humbel, Andrea Kučera

Ein Asylsuchender klettert stark alkoholisiert und unter Cannabis-Einfluss über den Schutzzaun und dringt ins Bundesasylzentrum in Basel ein. Auf dem Gang kommt es zum gewaltsamen Streit mit einem anderen Asylsuchenden, der Sicherheitsdienst geht dazwischen. Weil die Situation eskaliert, müssen Polizei und Sanität aufgeboten werden.

Dieser Zwischenfall ereignete sich im Mai 2021 und ging als sicherheitsrelevanter Vorfall in die Statistik des Staatssekretariats für Migration (SEM) ein. Seit 2020 wertet das SEM alle Ereignisse in den Zentren aus, welche einen Polizeieinsatz, körperlichen Zwang und/oder den Einschluss in einen Sicherheitsraum zur Folge haben. Die Skala reicht von Streitereien bei der Essensausgabe über Belästigungen bis zu Tätlichkeiten. Nun zeigt eine aktuelle Aufstellung des Bundes, die der «NZZ am Sonntag» vorliegt: Innert drei Jahren hat sich die Zahl solcher sicherheitsrelevanten Vorfälle verdoppelt; 2023 erreichte sie einen neuen Höchststand.

Insgesamt 1368 Mal musste letztes Jahr die Polizei oder der interne Sicherheitsdienst intervenieren, mehr als dreimal pro Tag. Zum Vergleich: 2020 kam es zu 672 Einsätzen. Die SVP-Nationalrätin Martina Bircher ist alarmiert: «Mir macht das Angst, denn viele dieser Menschen werden für immer in der Schweiz bleiben.» Die Zunahme zeige, dass das Schweizer Asylsystem nicht funktioniere. «Unser Rechtsstaat kapituliert vor diesen Leuten und hat keine Antworten. Ausser ein paar Stunden in der Arrestzelle passiert nichts.»

70 Prozent der Vorfälle gehen auf Konto von Maghrebinern

Auch der FDP-Ständerat Damian Müller ist beunruhigt: «Jeder Vorfall ist ein Vorfall zu viel. Kriminelle oder gewalttätige Handlungen dürfen in der Schweiz nicht toleriert werden.» In einer Motion fordert er den Bundesrat zu mehr Härte auf. Die Schweiz müsse unverzüglich Verhandlungen mit Marokko über ein Rückübernahmeabkommen aufnehmen, um die Organisation «von zwangsweisen Rückführungen per Sonderflug» zu ermöglichen.

Dass Müller ausgerechnet auf Marokko zielt, ist kein Zufall: 70 Prozent der sicherheitsrelevanten Vorfälle gehen auf Personen aus den nordafrikanischen Ländern zurück, wie das SEM bestätigt. «Die gestiegene Anzahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle erklärt sich mit der stark gestiegenen Zahl an Asylgesuchen seit 2021, im Besonderen mit dem Anstieg der Übernachtungszahlen von Personen aus Maghrebstaaten», schreibt ein Sprecher.

Er betont, dass es sich um eine kleine Minderheit handle, die negativ auffalle. Die grosse Mehrheit verhalte sich jederzeit korrekt und leide genauso unter der Gewalt wie die Betreuenden und das Sicherheitspersonal. Das SEM verweist auf die Massnahmen, die bereits getroffen wurden: muslimische Seelsorge, verbessertes Beschwerdemanagement, intensivierte Zusammenarbeit mit Suchtmedizinern. Weiter hat das SEM seit Februar 2021 über hundert neue Vollzeitstellen geschaffen, um die Konfliktprävention in den Zentren zu verbessern. Offensichtlich gelingt das nicht immer.

Zahl der Zwischenfälle pro Übernachtung gesunken

Gleichzeitig zeigen die Zahlen des SEM aber auch: Die Anzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle ist nur in absoluten Zahlen gestiegen. Gemessen an der Anzahl Asylgesuche kommt es heute sogar zu weniger Problemen als vor drei Jahren. Pro 100 000 Übernachtungen gab es im Jahr 2020 98 solcher Zwischenfälle, 2023 nur noch 58.

Aufgrund dieser Entwicklung sagt die SP-Nationalrätin Samira Marti, dass sich die Situation nicht etwa verschlechtert, sondern verbessert habe. «Wir haben ein geordnetes Asylwesen, die SVP-Propaganda vom Asylchaos ist falsch», hält sie fest. Bircher widerspricht: Mathematisch stimme diese Argumentation, doch es sei ebenso eine Tatsache, dass mit den steigenden Asylzahlen auch mehr problematische Menschen ins Land einreisten. «Es ist ein Mengenproblem. Es kommen einfach zu viele.»

Beim Bund ist man sich der Problematik bewusst. Als Reaktion auf die Gewalt- und Kriminalitätsprobleme mit Personen aus den Maghrebstaaten kündigte der Asylminister Beat Jans Ende Februar neue Massnahmen an, um die Zahl aussichtsloser Asylgesuche zu senken.
(https://www.nzz.ch/report-und-debatte/gewaltprobleme-mit-asylsuchenden-haben-sich-verdoppelt-ld.1822260)
-> https://www.blick.ch/politik/fdp-mueller-fordert-mehr-haerte-zahl-der-gewaltfaelle-in-asylzentren-hat-sich-verdoppelt-id19542664.html
-> https://www.zentralplus.ch/politik/gewalt-in-asylzentren-damian-mueller-fordert-mehr-haerte-2628923/


+++EUROPA
EU-Abkommen mit Ägypten: EU und Ägypten wollen Abkommen über 7,4 Milliarden Euro unterzeichnen
Die EU strebt ein Partnerschaftsabkommen über mehrere Milliarden Euro mit Ägypten an. Neben Investitionen in Flüssiggas soll es um Terrorbekämpfung und Migration gehen.
https://www.zeit.de/politik/ausland/2024-03/eu-abkommen-aegypten-migration-gefluechtete-fluessiggas
-> https://www.tagesanzeiger.ch/migrationsdeal-mit-kairo-warum-die-eu-dem-aegyptischen-autokraten-7-5-milliarden-euro-zahlt-465656107510


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Guerilla-Aktion: Linke Gruppierung benennt Richard-Wagner-Weg um
Als Zeichen gegen Antisemitismus hat die Gruppierung Resolut den Richard-Wagner-Weg in Luzern umbenannt. Neu ziert der Name der Fluchthelferin Aimée Stitelmann-Stauffer das Schild.
https://www.zentralplus.ch/gesellschaft/linke-gruppierung-benennt-richard-wagner-weg-um-2628911/
-> https://resolut.noblogs.org/post/2024/03/17/richard-wagner-weg-umbenannt/


+++SPORT
Gewalt in den Stadien: Städte sehen Fussball-Liga im Abseits
Der Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause kritisiert die Fussball-Liga. Es sei ihr nicht ernsthaft daran gelegen, Straftäter zu sanktionieren. Ihre Beteuerungen seien «fadenscheinig».
https://www.blick.ch/schweiz/gewalt-in-den-stadien-staedte-sehen-fussball-liga-im-abseits-id19541971.html


Aarau: Ausschreitungen nach Fussballspiel Aarau/Baden
Am Samstag kam es im Nachgang an das Spiel zwischen FC Aarau und FC Baden zu Sachbeschädigungen an Polizeifahrzeugen und Provokationen zwischen den zwei Fanlagern. Die Kantonspolizei Aargau setzte Zwangsmittel ein.
https://www.ag.ch/de/aktuell/medien/medienmitteilungen-kapo?mmk=aarau-ausschreitungen-nach-fussballspiel-aarau-baden-05bd1e94-d6c0-4425-82e1-88d18734b46f_de
-> https://www.nau.ch/ort/aarau/aarau-ag-ausschreitungen-nach-fussballspiel-66728401
-> https://www.argoviatoday.ch/sport/fussball/fangruppierungen-werfen-steine-auf-polizeifahrzeuge-156565314?autoplay=true&mainAssetId=Asset%3A156565292
-> https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/aaraubaden-ausschreitungen-vor-und-nach-dem-fussballspiel-fans-werfen-auch-steine-auf-polizeifahrzeuge-ld.2595328
-> https://www.blick.ch/sport/fussball/challengeleague/bei-aarau-sieg-gegen-baden-baden-anhaenger-sorgen-fuer-polizeieinsatz-beim-derby-id19543207.html
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-aargau-solothurn/polizei-stoppt-rechtsradikale-veranstaltung?id=12557612 (ab 02:51)
-> https://www.telem1.ch/aktuell/brenzliges-derby-rund-um-den-match-aarau-baden-gab-es-ausschreitungen-156567274


+++FRAUEN/QUEER
Kellnerin, die lesbisches Paar aus Bar in Baden warf, schuldig gesprochen
Im Januar 2023 warf eine Kellnerin ein lesbisches Paar aus einer Bar in Baden. Die beiden Frauen erstatteten Anzeige wegen Diskriminierung. Die Staatsanwaltschaft Baden hat nun ein Urteil gefällt.
https://www.watson.ch/schweiz/leben/540207523-lesbisches-paar-in-baden-aus-bar-geworfen-kellnerin-verurteilt


+++RASSISMUS
Hat der Schweizer Tourismus ein Problem?
Es war ein grosses Thema vor einigen Wochen – ein Davoser Bergrestaurant verkündete in einem Aushang, es wolle keine Schlitten mehr an Juden und Jüdinnen vermieten. Steckt dahinter ein grundsätzlicheres Problem? Ist die Schweiz gar nicht so gastfreundlich, wie sie sich präsentiert?
https://www.srf.ch/audio/echo-der-zeit/hat-der-schweizer-tourismus-ein-problem?partId=12557636


Gegen Antisemitismus in Luzern: Die Regierung soll handeln
Nach dem Messerangriff auf einen orthodoxen Juden in Zürich vor rund zwei Wochen, wird immer mehr gefordert, dass an den Schulen besser über das Thema «Anti-Semitismus» aufgeklärt wird. Allein in den vergangenen Monaten hat es an Schweizer Schulen mehrere Übergriffe auf Jüdinnen und Juden gegeben. Auch im Kanton Luzern soll künftig besser hingeschaut werden.
https://www.tele1.ch/nachrichten/gegen-antisemitismus-in-luzern-die-regierung-soll-handeln-156567299
-> https://www.zentralplus.ch/politik/luzern-regierung-soll-bei-antisemitismus-ueber-die-buecher-2628902/


+++RECHTSEXTREMISMUS
Festnahme von Rechtsextremist Martin Sellner im Aargau: Elon Musk mischt auch mit und kritisiert die Aargauer Polizei
In den letzten Tagen wurde über einen Besuch des österreichischen Rechtsextremisten Martin Sellner in der Schweiz spekuliert. Am Samstag tauchte dieser im Aargau auf. Seinen geplanten Vortrag konnte er nicht beenden, weil die Polizei eingriff. Elon Musk reagiert auf Sellners Post und stellt die Aktion der Aargauer Polizei in Frage.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/bei-treffen-im-aargau-rechtsextremist-martin-sellner-von-polizei-angehalten-ld.2595269
-> https://www.watson.ch/schweiz/international/838188020-elon-musk-aeussert-sich-zu-streit-zwischen-rechtsextremen-und-polizei
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/rechtsextremist-sellner-abgefuhrt-elon-musk-schaltet-sich-ein-66728390
-> https://www.nau.ch/ort/bad-zurzach/tegerfelden-ag-veranstaltung-der-jungen-tat-aufgelost-66728384
-> https://www.argoviatoday.ch/aargau-solothurn/zurzibiet/polizei-loest-veranstaltung-der-rechtsextremen-gruppierung-junge-tat-auf-156565254?autoplay=true&mainAssetId=Asset%3A156565317
-> https://www.blick.ch/schweiz/mittelland/intervention-gegen-rechtsextremist-martin-sellner-sorgt-sogar-in-den-usa-fuer-erstaunen-milliardaer-musk-kritisiert-kapo-aargau-id19542767.html
-> https://www.20min.ch/story/rechtsextremer-aktivist-martin-sellner-muss-aargau-verlassen-elon-musk-schaltet-sich-ein-103065562
-> https://www.ag.ch/de/aktuell/medien/medienmitteilungen-kapo?mmk=tegerfelden-veranstaltung-der-jungen-tat-aufgeloest-fccdd076-f0eb-4b20-85ec-88d23df6ebc8_de
-> https://twitter.com/maier_lotta/status/1769112302991577277
-> https://twitter.com/jottes/status/1769304890113728891
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-aargau-solothurn/polizei-stoppt-rechtsradikale-veranstaltung?id=12557612
-> https://www.sn.at/politik/innenpolitik/schweiz-versammlung-rechtsextremist-sellner-155219977
-> https://www.toponline.ch/news/schweiz/detail/news/aargauer-polizei-verhindert-treffen-von-rechtsextremen-00234685/x
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/tegerfelden-polizei-loest-treffen-mit-rechtsextremist-martin-sellner-auf-156567095
-> https://www.telem1.ch/aktuell/tegerfelden-polizei-loest-treffen-mit-rechtsextremist-martin-sellner-auf-156567278



nzz.ch 17.03.2024

Der prominente Rechtsextremist Martin Sellner ist im Aargau von der Polizei mitgenommen worden – nun mischt sich Elon Musk ein

Der durch das Treffen von Potsdam bekannt gewordene Österreicher wollte am Abend im aargauischen Tegerfelden eine Rede halten. Dazu kam es nicht.

Marius Huber, Tobias Marti

«Auf gehts in die Schweiz», sagte Martin Sellner am Samstagmorgen, während er im Auto losfährt. Zu dem Zeitpunkt wusste der 35-jährige österreichische Rechtsextremist laut eigenen Angaben nicht, ob gegen ihn ein Einreiseverbot in die Schweiz bestand.

Später ging die Selbstinszenierung auf den sozialen Netzwerken weiter: Sellner liess sich im Schlauchboot auf dem Bodensee bei seinem angeblichen Grenzübertritt filmen – und mokierte sich dabei nicht nur über Flüchtlinge im Mittelmeer, sondern auch über die Schweizer Sicherheitsbehörden.

An einer Veranstaltung, die im aargauischen Tegerfelden stattfinden sollte, wollte der Mann, dessen Aktionen Deutschland und Österreich in Aufruhr versetzen, am Abend einen Vortrag über «Ethnische Wahl und Remigration» halten. Eingeladen wurde Sellner von der rechten Gruppierung aus dem Raum Zürich, «Junge Tat».

Sellner selber zeigte sich auch noch feixend auf Telegram, wie er in einem Lokal auf seinen Auftritt wartet. Auf dem Video waren bereits Polizisten beim Eingang zum Lokal zu sehen.

Kurz nach 18 Uhr machten am Samstag Meldungen die Runde, wonach Sellner von der Polizei abgeführt worden sei. Vor Ort im aargauischen Tegerfelden bestätigte sich der Polizeieinsatz. Mehrere Einsatzwagen der Kantonspolizei Aargau hatten das Aargauisch Kantonale Weinbau-Museum umstellt, wo die Veranstaltung hätte stattfinden sollen. Die Polizei bestätigte vor Ort, dass Sellner mitgenommen worden sei.

Es handelt sich nicht um eine Festnahme, sondern um eine Anhaltung, sagte Corina Winkler, Sprecherin der Kantonspolizei Aargau. Diese habe zum Ziel, die Veranstaltung zu unterbinden. In der Regel dauere eine solche Massnahme zwei bis drei Stunden, danach werde voraussichtlich eine Wegweisung ausgesprochen.

Ein Sprecher der «Jungen Tat» sagte vor Ort, die Polizei sei in den Saal «hineingestürmt». Als Grund für die Intervention habe sie angegeben, die Veranstaltung mit Sellner sei politisch nicht geduldet. Die Sprecherin der Polizei dementierte dies und sagte, die Intervention sei nicht aus politischen Gründen geschehen. Die Veranstaltung sei als Gefahr für die öffentliche Sicherheit beurteilt worden. Der Grund war die Befürchtung, dass durch Sellners Auftritt Konfrontationen provoziert würden.

In einer Mitteilung vom Sonntag bestätigte die Polizei dies noch einmal. Sellner sei «zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und der Verhinderung von Konfrontationen mit Personen der Gegenseite» angehalten und vom Kantonsgebiet weggewiesen worden. Die Veranstaltung sei aufgelöst worden, nachdem die Organisatoren diese nicht selbst beenden wollten. Gleichzeitig habe man eine Anreise politischer Gegner verhindern können, so die Polizei weiter. Trotz den Spannungen auf allen Seiten sei beim gesamten Einsatz niemand verletzt worden.

Um 19 Uhr hatten sich noch immer ein gutes Dutzend Polizisten in dem Lokal befunden. Die rechtsextremen Aktivisten erklärten, man habe den Betreibern des Aargauisch Kantonalen Weinbau-Museums «mit Klarnamen» kommuniziert, wer man sei, und dass an dem Abend zu «Migrationsthemen» gesprochen werden solle. Es seien rund 100 Personen anwesend gewesen.

Die Betreiber des Museums, ein privater Verein, wurden von der Art des Anlasses jedoch überrascht, wie sie vor Ort sagen. Angemeldet gewesen sei ein «Podiumsgespräch zu Entwicklungshilfe und Migration». Von einem Zusammenhang mit Sellner und der «Jungen Tat» habe man nichts gewusst. Die Anfrage sei kurzfristig eingetroffen.

Hätte man mehr gewusst, hätte man das Lokal nicht vermietet, so die Betreiber des Museums. Darauf aufmerksam gemacht worden seien sie am Samstag von der Polizei, wie deren Sprecherin sagte. Die Betreiber des Museums haben daraufhin den Mietvertrag aufgelöst. Darum habe die Polizei der «Jungen Tat» klargemacht, dass sie den Vortrag abblasen müssten. Weil die «Junge Tat» dem nicht Folge leistete, habe man Sellner dann mitgenommen. Weil: ohne Redner keine Veranstaltung.

Sellner teilte später am Abend auf Telegram mit, dass er den Polizeiposten wieder habe verlassen dürfen und nun von der Polizei aus dem Kanton Aargau nach Zürich eskortiert werde.

Am Sonntagnachmittag postete er auf X ein Video, in dem er heisst, er befinde sich nun wieder in Österreich.

Elon Musk mischt sich ein und kritisiert Vorgehen der Polizei

Dennoch sorgte der Vorfall auch international für Aufsehen. So äusserte sich der Tech-Unternehmer Elon Musk auf seinem Kurznachrichtendienst X (vormals Twitter) unter dem Video von Sellner. Musk stellte dort die Frage «Ist das legal?» und kritisierte so implizit das Vorgehen der Polizei.
-> https://twitter.com/i/status/1769096398572507260

Auch die Junge SVP Aargau solidarisierte sich mit dem Rechtsextremen und sprach auf X von einem «schwarzen Tag für Demokratie und Meinungsfreiheit».

Gegen den geplanten Vortrag hatte sich im Vorfeld bereits Widerstand geregt. Die Kantonspolizei Zürich forderte vom Bund, eine Einreisesperre für Sellner zu verfügen. Über die Sperre entscheidet die Bundespolizei Fedpol. Die Gründe, weshalb die Kantonspolizei zu dieser Massnahme gegriffen hatte, kommunizierte sie nicht.

Grundsätzlich kann das Fedpol Einreisesperren zum Schutz der inneren oder äusseren Sicherheit verfügen. Ob dies in dem Fall geschehen ist, beantwortete das Fedpol nicht. Bei der Kantonspolizei Aargau war dies am Samstag kein Thema.

Hintergrund der Aufregung rund um Sellner ist die Veröffentlichung des Recherchenetzwerks Correctiv. Anfang Januar wurde bekannt, dass Sellner im November in Potsdam vor Unternehmern und Mitgliedern der AfD und der CDU über «Remigration» gesprochen hatte.

Der Begriff steht für die Massenausschaffung von Ausländern mit Integrationsschwierigkeiten – ein Konzept, über das der neurechte Aktivist bereits ausführlich publiziert hat. Nach der Veröffentlichung der Recherche kam es zu bundesweiten Demonstrationen «gegen rechts».

Dass der Österreicher seine Einreise als Show für sein Publikum inszeniert, gehört zu seiner Masche. So hatte er es schon getan, als er nach Deutschland einreisen wollte. In Deutschland wird derzeit ein Einreiseverbot für Sellner erwogen. Auch dort ist bisher ist nicht öffentlich bekannt, ob ein solches tatsächlich verfügt worden ist.

Sellners Gastgeber von der rechtsextremen Gruppierung «Junge Tat» sagten am Freitag gegenüber der NZZ, sie seien bis zuletzt nicht über ein mögliches Einreiseverbot informiert worden.

Weil nicht nur Widerstand der Behörden zu erwarten war, sondern auch solcher aus antifaschistischen Kreisen, versuchten sie den genauen Veranstaltungsort geheim zu halten. Sie gaben auf ihren Kanälen nur zwei Sammelpunkte im Aargau an, von wo der Transport dann ausschliesslich für willkommene Gäste weitergehen sollte.

Für den Nachrichtendienst fehlt bei Sellner ein Gewaltbezug

Bern verhängte in der Vergangenheit immer wieder Einreisesperren, die sich auf das Ausländer- und Integrationsgesetz stützen. Die entscheidende Richtschnur dabei ist, ob von der betreffenden Person ein Sicherheitsrisiko ausgeht. Bei ausreichend handfesten Annahmen können Fernhaltemassnahmen verfügt werden, konkret eine Einreisesperre, oder bei Personen ohne Schweizer Bürgerrecht die Ausweisung. Diese Verfügungen können angefochten werden.

Daneben gibt es auch die Möglichkeit, dass das Staatssekretariat für Migration Massnahmen ergreift. In diesen Fällen ist nicht die Gefährdung der Sicherheit die Richtschnur, sondern die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit. Ein Beispiel für Letzteres sind Personen, von denen man annimmt, dass sie an einer Veranstaltung randalieren: Dadurch wird nicht die Sicherheit der Schweiz, aber sehr wohl die öffentliche Sicherheit gefährdet.

Es gab in der Vergangenheit immer wieder Fälle von Einreisesperren. Oftmals betrafen sie Personen mit einem islamistischen Hintergrund.

Der Schweizer Nachrichtendienst NDB sieht sich im Fall Sellner nicht zuständig. Personen, die sich ideologisch oder politisch radikalisieren, fielen erst dann in sein Aufgabengebiet, wenn ein konkreter Gewaltbezug feststellbar sei, teilt er auf Anfrage mit. Allein die Tatsache, dass jemand Neonazi oder Anarchist sei, genüge mithin nicht, damit der NDB mit Blick auf anstehende Ereignisse präventiv tätig werde.
(https://www.nzz.ch/zuerich/rechtsextremist-martin-sellner-ist-trotz-widerstand-in-die-schweiz-eingereist-ld.1822339)



aargauerzeitung.ch 17.03.2024

«Junge Tat» gaukelte Anlass über Entwicklungshilfe vor – Weinbaumuseum in Tegerfelden distanziert sich

100 Personen trafen sich zu einem Anlass der rechtsextremen «Jungen Tat» im Weinbaumuseum in Tegerfelden. Der Verein, der den Kulturraum vermietet hat, wurde zum Inhalt der Veranstaltung hinters Licht geführt. «Sonst hätten wir das nicht bewilligt.»

Daniel Vizentini

Die Nachricht schlug am Wochenende hohe Wellen: In einer heimlichen Aktion tauchte der österreichische Rechtsextremist Martin Sellner im Aargau auf. Am Samstag hätte er in Tegerfelden einen Vortrag vor gut 100 Anhängerinnen und Anhängern der «Jungen Tat» halten sollen.

Seine Ausführungen wurden aber von den Behörden unterbrochen: Die Aargauer Kantonspolizei löste die Veranstaltung auf. Martin Sellner wurde angehalten und vom Kantonsgebiet weggewiesen, «zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Verhinderung von Konfrontationen mit Personen der Gegenseite», wie die Kapo Aargau danach in einer Mitteilung schrieb. Eine Anreise von politischen Gegnern sei durch die Polizei zudem verhindert worden.

Die Zürcher Kapo hatte im Vorfeld schon vom Fedpol eine Einreisesperre für Martin Sellner gefordert. Die Behörden gingen zuerst davon aus, dass das nur der Anhängerschaft mitgeteilte und sonst geheim gehaltene Treffen in einer anderen Region stattfinden würde. Martin Sellner gilt als führende Figur der österreichischen Identitären Bewegung; einer Gruppierung, die von vielen als rechtsextrem betrachtet wird. Er predigt die sogenannte Remigration, die Ausschaffung nicht assimilierbarer Ausländer.

Vermieterin wusste von nichts

Getroffen haben sich die rund 100 Personen der «Jungen Tat» im Kulturraum des Aargauisch Kantonalen Weinbaumuseums in Tegerfelden. Für die Vermietung des Raums verantwortlich ist der Verein hinter dem Museum. Jurina Slavicek, die Leiterin der Geschäftsstelle, stellt auf Anfrage klar, dass der Verein zum Inhalt der Veranstaltung hinters Licht geführt wurde.

Sie hätten wie üblich eine Anfrage erhalten für die Miete des Kulturraums, darauf dem Anfragesteller das Gesuchsblatt mit dem Nutzungsreglement ordnungsgemäss zugeschickt und ausgefüllt samt Unterschrift zurückerhalten. Als Veranstaltungsgrund angegeben worden sei eine «Podiumsdiskussion zu Entwicklungshilfe und Migration» mit Vorträgen zu diesen Themen.

Mit dieser Information habe der Verein das Gesuch für die Veranstaltung gutgeheissen. «Wenn wir gewusst hätten, wer hinter dem Gesuch steckt und was der wahre Inhalt der Veranstaltung ist, hätten wir es nicht bewilligt», erklärt Jurina Slavicek. «Wir distanzieren uns total von solchen Anlässen in unserem Haus.»

Sie gingen erst, als der Strom unterbrochen wurde

Vom echten Inhalt der Veranstaltung erfuhr der Verein durch die Polizei, die die Geschäftsstelle des Vereins kontaktierte und nach dem Namen des Gesuchsstellenden fragte. Mit der Polizei vor Ort im Weinmuseum löste der Verein das Mietverhältnis sofort auf. Die Anhängerschaft der «Jungen Tat» verliess das Lokal aber nicht und führte das Treffen zuerst unbeirrt weiter.

«Die Polizei ging das sehr ruhig an», erzählt Jurina Slavicek. «Sie baten uns, die Strom-Hauptsicherung rauszunehmen.» Erst als die Lichter ausgingen, habe sich das Treffen langsam aufzulösen begonnen. Beschädigt hätten die Männer und Frauen nichts, es sei einfach beim Hinauslaufen zu verbalen Ausfällen und Sprüchen gekommen.

Zu Sprüchen bewegen liess sich auch Multimilliardär und Unternehmer Elon Musk, der auf seiner Social-Media-Plattform «X» das Vorgehen der Kantonspolizei kommentierte mit: «Ist das legal?»
(https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/rechtsextremismus-junge-tat-gaukelte-anlass-ueber-entwicklungshilfe-vor-weinbaumuseum-in-tegerfelden-distanziert-sich-ld.2595308)



Oft angeklagt, nie verurteilt: Wer ist Martin Sellner?
Martin Sellner, Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung, wurde während eines Vortrags aus dem Kanton Aargau ausgewiesen. Vor Gericht stand der 35-Jährige immer wieder, verurteilt wurde er jedoch nie. Ein Porträt.
https://www.20min.ch/story/rechtsextremist-oft-angeklagt-nie-verurteilt-wer-ist-martin–> sellner-103065989?version=1710695476309
-> https://www.blick.ch/ausland/aargauer-polizei-fuehrte-ihn-ab-das-ist-ueber-den-rechtsextremisten-martin-sellner-bekannt-id19544009.html


Wegweisung von Martin Sellner: Mario Fehr kritisiert Bund: «Polizei hat Gescheiteres zu tun»
Der Aargauer Regierungsrat Dieter Egli findet, die Polizei habe den Rechtsextremen Sellner zu Recht am Auftritt gehindert. Sein Zürcher Kollege Mario Fehr moniert, dass es keine Einreisesperre gab.
https://www.derbund.ch/wegweisung-von-martin-sellner-mario-fehr-kritisiert-bund-738708626861



Treffen der Gruppierung “Königreich Deutschland” fand in Gossau statt (ab 02:39)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-ostschweiz/kantonsspital-st-gallen-hat-ein-neues-zentrum?id=12557675



tagblatt.ch 17.03.2024

Der Fantasiestaat baut erste Strukturen in der Schweiz auf – das Oberhaupt des «Königreichs Deutschland» besucht Reichsbürgerkongress im Gossauer «Hofstadl»

Diesen Sonntag fand in der Festhalle des Gossauer «Hofstadl» ein Treffen der Reichsbürgerbewegung «Königreich Deutschland» statt. Vor Ort warben «König» Peter Fitzek und seine Anhänger um neue Mitglieder. Ein Besuch bei den Reichsbürgern.

Davide De Martis

«Vielleicht kennen mich einige von euch aus der Tagesschau», sagt Luca (Name geändert) auf der Bühne im «Hofstadl» in Gossau. «Ich kam gleich nach Trump und direkt vor Putin.» Er wirkt fast schon stolz. Das Publikum applaudiert lautstark. Luca ist Schweizer Botschafter der Reichsbürgerbewegung «Königreich Deutschland» (KRD). Das Investigativteam des SRF entlarvte seine Rolle vor einer Woche in einer Recherche. Auch diese Zeitung berichtete.

Rund 60 Personen haben sich an diesem Sonntagnachmittag im Gossauer Obst- und Gemüsehof und Gastrolokal zusammengefunden. Die Teilnahme am Reichsbürgerkongress kostet 77 Euro. Das Konto gehört einem Reichsbürger, gegen den bereits eine Unterlassungsklage vorliegt.

Der Standort wurde erst nach Bezahlung der Gebühr preisgegeben. Die Abneigung gegenüber den Medien ist im ganzen Saal spürbar. Nicht nur Luca, sondern auch die anderen Rednerinnen und Redner wüten in ihren Ansprachen immer wieder gegen den Journalismus. Schon vor dem offiziellen Beginn des Reichsbürgerkongresses sagt eine Frau, dass Journalisten doch allesamt Satanisten seien.

Verbindung über gemeinsame Opferrolle

Nach rund einer halben Stunde voller wirrer Ansprachen ist es dann so weit: Der selbsternannte «König» betritt die Bühne. Peter Fitzek, der sich gerne auch Peter I. Menschensohn nennt, inszeniert sich zu Beginn seiner Rede als Opfer. Er selbst sei gemobbt worden, seine Familie von mehreren Behinderungen betroffen, sein Vater notorischer Alkoholiker.

Diese Umstände hätten ihn zu dem gemacht, der er heute sei. Fitzek porträtiert sich selbst als beinahe allwissend. Es gebe keine Wissenschaft und kein Gesetz, das er sich nicht selbst beigebracht hätte. Das Schweizer Gesetz habe er bereits genauer unter die Lupe genommen. Und von seinem Meister sei er sogar in der schwarzen Magie gelehrt worden.

Den Staat beschreibt er als Mafia, das Banken- und Finanzwesen als Kartell. «Alles geführt von einer satanischen Elite, die die Menschenmassen unterdrückt.» Mehrmals behauptet er, es handle sich bei dieser Elite um eine jüdische Gruppierung. «Die Schweiz ist für die Satanisten ein Paradies», ruft ein Mann aus dem Publikum. Fitzek stimmt zu.

Dann schreibt Fitzek dem Publikum die Opferrolle zu. Alle seien Geschädigte dieser satanischen Elite. Um sich von diesen teuflischen Mächten zu befreien, habe er 2012 das «Königreich Deutschland» gegründet. Seine Rolle vergleichen er und seine Anhänger mit derjenigen von Jesus. Über sein Königreich spricht Fitzek überraschend wenig. Er redet lieber über sich selbst. «Ich bin das Zentrum meines eigenen Kosmos. Ihr alle gehört dazu. Ich bin ihr und ihr seid ich.»

Mit solchen Parolen, die er mantraartig wiederholt, schafft er eine Verbindung zu seinem Publikum. Alle Menschen seien ihre eigenen Schöpferwesen und nichts sei unmöglich. Als Beispiel nennt er magische Erlebnisse, die von telepathischen Kräften bis zur geistigen Einvernahme und Lenkung anderer Menschen reichen. Seine Schilderungen sind absurd. Aber das Publikum scheint Fitzek zu glauben: Die Leute klatschen, nicken, stimmen zu.

Strukturen in der Schweiz weiten sich aus

Vor der Pause darf das Publikum Fragen an Fitzek und seine Anhänger stellen. Es folgen Beispiele aus Fitzeks Leben, abstruse Antworten der anderen Redner und der Verweis auf die Seminare zum «Ausstieg aus dem destruktiven System» oder «zum Kontakt mit der Geisterwelt Gottes», durch die sich das KRD unter anderem finanziert. Das System lebt zudem von Schenkungen und Spenden, die teilweise im sechsstelligen Bereich liegen, wie die SRF-Recherche zeigte.

Die «Gmeinwohl Gmeind Schwiz», ein eingetragener Verein im KRD, der 2023 gegründet wurde, verspricht seinen Mitgliedern ebenfalls das Blaue vom Himmel. Der Schweizer KRD-Ableger besitzt bereits einen Vorstand. Darunter ein Zürcher IT-Experte, der am Anlass in Gossau anwesend ist.

Gemäss Organigramm sind Pseudoinstitutionen im Finanz-, Rechts-, Gesundheits- und Bildungswesen geplant. Viele der Posten sind bereits besetzt. Auch in den Bereichen der Lebensmittelversorgung, Lebens- und Wohnraum, der Öffentlichkeitsarbeit und Verwaltung der «Gmeinwohl Gmeind Schwiz» möchte der KRD-Ableger Strukturen in der Schweiz errichten. Hierzulande gebe es bereits 178 Anhänger sagt Fitzek selbst.

Auch erste KRD-Unternehmen mit Sitz in der Schweiz bestehen bereits. So zum Beispiel Heizungsunternehmen, eine Edelmetall-Tauschbörse und ein Transportunternehmen im Appenzeller Vorderland, dessen Inhaber ein Stück Appenzeller Wald an das KRD zu spenden versuchte, wie aus einem E-Mail-Wechsel hervorgeht, den das SRF zitierte. Der Transportunternehmer ist auch auf der Online-Handelsplattform des KRD aktiv, auf der nur mit der selbsterfundenen Währung, der E-Mark, bezahlt werden kann.

Mitglied werden, Konti eröffnen

In der Pause werden die Anwesenden von Fitzeks Anhängern immer wieder angesprochen: Woher sie denn kämen, ob sie schon Mitglieder seien, wollen sie wissen. Überall liegen Broschüren, die das KRD-System beschreiben, die Verfassung des KRD und Fitzeks Autobiografie, die satte 1100 Franken kostet. Im oberen Bereich des Saals können kostenpflichtige «BioScans» durchgeführt werden – elektrische Wellen sollen Auskunft über die Gesundheit geben. Es werden fleissig neue Mitglieder angeworben.

Im Austausch mit den Anhängern des «Königreichs Deutschland» zeigt sich, dass viele von ihnen aus der Massnahmenkritiker-Bewegung stammen. Die meisten sind aus der Ostschweiz, andere reisten aus Bern und Deutschland an. Einige eröffnen gleich vor Ort ein Konto bei der «Königlichen Reichsbank» oder tragen sich als Mitglieder ein.

Kein Platz für Kritik

Ein paar der Anwesenden sind schon öfters dabei gewesen und interagieren während Fitzeks Reden immer wieder mit ihm. Durch Seminare sind sie im System aufgestiegen. Danach stehen Luca und ein anderer Redner wieder auf der Bühne. Sie wiederholen immer wieder, dass jetzt die Zeit zum Handeln sei. Die Reden sind noch immer wirr. Sich ein genaues Bild des sogenannten Königreichs zu machen, bleibt praktisch unmöglich.

Dann ruft ein Mann dazwischen. «Hier seid ihr in der falschen Region. Die Menschen hier sind schon stark vernetzt.» Die Ostschweiz als Zentrale für KRD-Anhänger in der Schweiz? «Da hast du recht», sagt Luca. Dann beginnt er wieder mit denselben Phrasen. «Euch kann man fast nicht mehr zuhören», ruft ein anderer Mann rein und beginnt eine Diskussion. Doch wie bereits zuvor weichen die Redner gekonnt aus und unterbrechen den Mann. Seine Stimme bleibt an diesem Abend die einzige mit einem Hauch Kritik.

Es war nicht das erste Mal, dass Fitzek in der Schweiz um Anhänger warb – und es wird auch nicht das letzte Mal sein: Vom 23. bis 26. Mai plant er ein «Systemausstiegsseminar».
(https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/ressort-ostschweiz/verdeckte-recherche-der-fantasiestaat-baut-erste-strukturen-in-der-schweiz-auf-das-oberhaupt-des-koenigreichs-deutschland-besucht-reichsbuergerkongress-im-gossauer-hofstadl-ld.2594959)



tagblatt.ch 17.03.2024

«König von Deutschland» wirbt in Gossau um Ostschweizer Kunden – warum wir über Extremisten berichten

Das «Königreich Deutschland» versucht sich in der Ostschweiz festzukrallen. Soll man als Regionalzeitung über die extremistischen Umtriebe am Rande der Gesellschaft berichten? Oder sie besser totschweigen?

Stefan Schmid

Der selbst ernannte «König von Deutschland» hat in Gossau um neue Anhänger aus der Schweiz geworben. Und jetzt? Soll man über Extremisten berichten?

Menschen mit extremen Ansichten gab es schon immer. Im Internet-losen Zeitalter sass hin und wieder einer am Stammtisch, den man für einen Spinner hielt. Man redete ihm gut zu und forderte ihn auf, nochmals ein Bier zu trinken und eine Nacht drüber zu schlafen. Ernst genommen hat ihn niemand.

Heute bilden die Extremisten einen eigenen, virtuellen Stammtisch. Die sozialen Medien ermöglichen die Vernetzung, über nationale Grenzen hinweg. Das gibt ihnen das Gefühl, auch jemand zu sein, denn es gibt ja gefühlt viele, die genau so denken. Hinzu kommt: Die Coronapandemie hat wohl tatsächlich dazu geführt, dass ein Teil der Gesellschaft mit dieser Gesellschaft gebrochen hat, sich ihr und ihren Regeln entziehen möchte. Auch bei uns in der Ostschweiz.

Das «Königreich Deutschland» als ein gut organisierter Teil der deutschen Reichsbürgerbewegung, profitiert von diesem Phänomen. 6000 Mitglieder soll die Rechtsaussen-Sekte mittlerweile laut Experten zählen, einige davon auch in der Ostschweiz. Luca aus Weesen, der eigentlich anders heisst, ist gemäss Recherchen dieser Zeitung der wichtigste Schweizer Verbindungsmann. Seine Aufgabe besteht darin, die Ausbreitung des «Königreich Deutschlands» in der Schweiz zu organisieren.

Sein Chef, Peter Fitzek, nennt sich «König von Deutschland». Er lehnt Demokratie und Rechtsstaat, wie sie in der Schweiz oder in der Bundesrepublik Deutschland gelebt werden, ab und propagiert stattdessen ein eigenes Reich mit eigenen Gesetzen, Zahlungsmitteln und Banken. Damit ist klar: Der «König von Deutschland» ist vor allem ein skrupelloser Geschäftsmann, der seine Anhänger abzockt.

Am Sonntag haben sich rund 60 Fans von König Fitzek in Gossau auf einem Bauernhof versammelt. Unsere Zeitung war vor Ort und hat sich die Show angesehen. Fazit: Ein wirrer Haufen, der kruden Theorien Glauben schenkt.

Für uns als Medium stellt sich nicht erst seit gestern die Frage: Sollen wir über Extremisten, die sich in unserer Gegend zu vernetzen trachten, überhaupt berichten? Ja, finden wir, weil es sich um ein Phänomen handelt, das wir als offene, freiheitliche Gesellschaft im Auge behalten müssen, genau so, wie man früher den Aussenseiter am Stammtisch auch einer sozialen Kontrolle unterzog. Medien sind «Wachhunde der Demokratie». Und ein Wachhund bellt, wenn er Gefahr wittert.

Es geht darum, auf potenziell gefährliche Entwicklungen hinzuweisen, ein Bewusstsein zu schärfen, Debatten anzustossen. Wichtig ist, die Sache nicht der guten Klickzahlen wegen aufzubauschen. Die Reichsbürger sind hierzulande ein Randphänomen – weit davon entfernt, unsere Demokratie zu gefährden.

Diese ist, wie HSG-Historiker Caspar Hirschi vergangene Woche zu Recht im Interview mit unserer Zeitung festgehalten hat, primär von innen heraus gefährdet. Wenn nämlich unsere Kinder und Jugendlichen in den Schulen nicht mehr lernen, woher Demokratie und Freiheit kommen, wie sie über Jahrhunderte erkämpft und verteidigt werden mussten, welche Opfer dafür nötig waren. Zu viele Menschen wissen zu wenig über unsere Geschichte, sagt Hirschi. Und diese Wissenslücken werden von Propagandisten, die es mit der Geschichte nicht genau nehmen, ausgenutzt.

Das kann ein Imperialist wie Putin sein, der behauptet, der Westen bedrohe Russland. Dabei ist es umgekehrt. Oder das kann ein «König von Deutschland» sein, der labile Zeitgenossen verführen möchte. Das beste Abwehrdispositiv gegenüber Extremisten ist eine gute Bildung.
(https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/ressort-ostschweiz/kommentar-koenig-von-deutschland-wirbt-in-gossau-um-ostschweizer-kunden-warum-wir-ueber-extremisten-berichten-ld.2595454)



L’inauguration d’une librairie d’extrême droite à Genève annulée
La librairie Sparte, proche de l’extrême droite, devait être inaugurée samedi à Genève. Mais l’événement a été annulé suite à une action de groupes antifascistes.
https://www.rts.ch/info/regions/geneve/2024/article/l-inauguration-d-une-librairie-d-extreme-droite-a-geneve-annulee-28439330.html
-> https://www.letemps.ch/suisse/geneve/a-geneve-l-ouverture-d-une-librairie-antimondialiste-et-proche-de-l-extreme-droite-cree-des-remous


Naziouting: Stephan Schmid aus Aarau
Stephan Schmid ist seit Jahren eine zentrale Figur in diversen neurechten Projekten in der Schweiz. Mit dabei ist auch seine Partnerin Hanna Ellenberger. Schmid erstellt, verwaltet und finanziert verschiedene Seiten von rechtsradikalen Gruppen wie beispielsweise jene der Identitären Bewegung Schweiz. Der selbstständige Informatiker tritt dabei nicht offen auf. Lieber versteckt er sich hinter Pseudonymen im Internet und hinter einer Fassade des bürgerlichen, naturnahen Familienvaters.
https://barrikade.info/article/6329


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Michael Wendler: Hier bestätigt Laura seinen Schweiz-Auftritt
Auf Instagram antwortet Laura Müller auf eine einfache Frage. Ist damit die Verwirrung um das Konzert von Michael Wendler in der Schweiz geklärt?
https://www.nau.ch/people/welt/michael-wendler-hier-bestatigt-laura-seinen-schweiz-auftritt-66726602
-> https://www.20min.ch/story/schlagersaenger-michael-wendler-soll-in-die-schweiz-kommen-ehefrau-laura-bestaetigt-auftritt-103065630


Verschwörungstheorien – Aussteigerin aus Sasek-Sekte erzählt vom Leben in Fake-News-Welt
Miriam Christ leitete das Online-TV von Sekten-Prediger Ivo Sasek. Einblick in die Verbreitung von Fake-News.
https://www.srf.ch/news/schweiz/verschwoerungstheorien-aussteigerin-aus-sasek-sekte-erzaehlt-vom-leben-in-fake-news-welt