Medienspiegel 18. April 2023

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+++BERN
bernerzeitung.ch 18.04.2023

Asylunterkunft Gurnigelbad: «Das Gefühl der Isolation werden wir hier nicht los»

Die abgelegene Asylunterkunft stiess bei der lokalen Bevölkerung schon vor der Eröffnung auf Zweifel. Nun äussern sich auch die Bewohnenden kritisch.

Jana Kehl, Raphael Moser(Fotos)

Ungestörte Ruhe, frische Bergluft und schwefelhaltige Quellen: Sie brachten vor über 100 Jahren den Luxustourismus in das Kurhotel Gurnigelbad, knapp 10 Kilometer von Riggisberg entfernt.

Von diesen Zeiten zeugt heute nur noch das ehemalige Nebengebäude. Hier wohnen aber keine Feriengäste mehr, sondern 55 Asylsuchende aus Afghanistan, der Türkei, Syrien und anderen Ländern. Dass an diesem Apriltag Regenwolken das Panorama auf 1155 Metern über Meer verdecken, ist für sie nebensächlich. Sie sind hier, um in der Schweizer Gesellschaft Fuss zu fassen.

Die Eröffnung der Kollektivunterkunft im Januar sorgte bei der lokalen Bevölkerung in und um Riggisberg für Skepsis, aufgrund der abgelegenen Lage aber auch für Kritik. Im Grundsatz ging und geht es um eine grosse Frage: Ist ein Austausch und die Integration in die Schweiz hier oben, gefühlt am Ende der Welt, überhaupt möglich?

Extrafahrten und Deutschkurse

9.25 Uhr, Extrafahrt: Eine kleine Gruppe verlässt das «**Hotel Restaurant Gurnigelbad», wie die Unterkunft, die durch das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) betrieben wird, noch angeschrieben ist. Neben dem regulären Fahrplan fährt dieses Postauto sechsmal täglich gratis nach Riggisberg, wo sich eine Einkaufsmöglichkeit für die Asylsuchenden bietet.

Für andere Zwecke müssen theoretisch nur die beiden schulpflichtigen Kinder die Unterkunft verlassen. Freizeitangebot gibt es dennoch: Wandergruppen, Deutschkurse, ein Begegnungscafé: «Dieses Programm organisieren Freiwillige der Asylarbeit Riggisberg und Niederscherli», sagt Eva Brenzikofer, die Leiterin der Kollektivunterkunft, während sie einen Einblick in die Räumlichkeiten im Erdgeschoss gibt. Die alte Rezeption oder die holzgetafelten Wände erinnern an vergangene Zeiten.

Ein Stockwerk tiefer führt sie ins «Unterrichtszimmer» für die Deutschkurse, die hier neu zweimal pro Woche stattfinden. «Ich wohne in Gurnigelbad», heisst es auf einem der Plakate an der Pinnwand, neben diesem Satz hängt eine Weltkarte.

«Ziel wäre es, dass die Geflüchteten etwa nach einem Jahr das Niveau A1 haben», hält die Unterkunftsleiterin fest. So sollten sie einfache Fragen verstehen und beantworten können. Dies scheine zwar nicht viel, sei aber nicht zu unterschätzen: Die Geflüchteten hätten oft komplexe Geschichten und die finanziellen Ressourcen für Deutschkurse seien generell knapp.

Laufende Asylverfahren

Die meisten Bewohnerinnen und Bewohner im Gurnigelbad befinden sich noch in einem erweiterten Asylverfahren, das sich bei Einsprachen auch über einige Jahre hinziehen kann. Zwar stehen ihre Chancen auf einen ersten positiven Bescheid gut. Dennoch: Solange in ihrem Aufenthaltsausweis noch der Buchstabe N steht, werden der Spracherwerb sowie die Integration in den Arbeitsmarkt vom Kanton nicht gezielt gefördert.

Der Umfang der Integration hält sich somit für diese Personen in einem bescheidenen Rahmen. Dafür ist in der Asylstrategie des Kantons Bern in diesen Fällen das Engagement von Freiwilligen bedeutend und vorgesehen. Doch reicht es aus, damit sich die Asylsuchenden vom Gurnigelbad wenigstens minimal in der Gesellschaft zurechtfinden?

Separiert von der Gesellschaft

«Obwohl wir hier vermutlich noch längere Zeit leben werden, können wir uns nicht vorstellen, wie die Integration so gelingen soll.» Dieser Satz stammt zwar von einem einzelnen Bewohner, dennoch spricht er in der Wir-Form. Die anderen zehn Anwesenden am Tisch nicken zustimmend.

So fährt der Mann (seinen Namen will er nicht nennen) auf Türkisch fort, eine telefonisch zugeschaltete Person übersetzt: «Einen geregelten Alltag und viele Möglichkeiten, um uns in die Gesellschaft einzubringen, haben wir hier nicht.»

Die abgelegene Lage habe aber auch andere Nachteile: In Riggisberg gebe es nur ein Coop. Günstigere Einkaufsmöglichkeiten fehlen. Doch ein Busticket, beispielsweise nach Belp, wo es auch einen Aldi gibt, könne er sich nicht leisten.

Nun meldet sich ein anderer Bewohner zu Wort und erinnert an die Umstände in seinem Heimatland: «Wir wurden in der Türkei von Kultur und Gesellschaft isoliert, weil wir politisch aktiv waren.» Deswegen sei er in die Schweiz geflüchtet. In dieser Vorzeigedemokratie habe er erwartet, dass er an der Gesellschaft teilhaben könne. Er fügt aber an: «Das Gefühl der Isolation werden wir hier nicht los.»

«Berechtigte Aussagen»

Die Stimmung der Geflüchteten ist bedrückt – obschon eine beachtliche Anzahl von Freiwilligen viel Herzblut in die Integrationsarbeit steckt, wie deren Koordinatorin Marianne Windler sagt. «Ja, wir investieren viel Zeit in den Austausch und die Unterstützung der Bewohnenden» sagt sie. Sich beispielsweise auf eine zweistündige Deutschlektion vorzubereiten, sei mit Aufwand verbunden. «Aber ich bin überzeugt, dass wir dadurch etwas Ermutigendes auslösen können.»

Als Entmutigung für sich empfindet sie die Worte dieser Männer dennoch nicht: «Aus meiner Sicht handelt es sich um eine berechtigte Aussage, wenn die Bewohnerinnen und Bewohner behaupten, isoliert zu sein», so Marianne Windler. Das Angebot der Freiwilligen nehme im Vergleich mit den langen Tagen und Wochen, die die Menschen in der Unterkunft verbringen, nur wenig Zeit ein.

Leere Betten im Militärtrakt

Einige Stufen und Abzweigungen weiter im verwinkelten Gebäudekomplex versuchen Martina Blaser und Manuel Michel das grosse Ganze im Blick zu behalten. Die Kritik der Asylsuchenden geht aber auch an der Leiterin Migration beim SRK Bern und am Vorsteher des kantonalen Amts für Integration und Soziales (AIS) nicht vorbei.

«Die Abgelegenheit der Unterkunft kann dazu beitragen, zur Ruhe zu kommen», sagt Martina Blaser. «Für Personen, die an ihre Zukunft in der Schweiz denken, ist sie aber nicht optimal.» Ändern lässt sich daran aber so schnell nichts: Oberirdische und einigermassen angenehme Liegenschaften wie diese sind derzeit ein rares Gut und aufgrund einer hohen Anzahl Asylsuchender gefragt.

Zwar funktioniert die Heizung im Militärtrakt des Gebäudes noch nicht einwandfrei. Die knapp 150 leeren, aber vorbereiteten Betten in der Unterkunft lassen Manuel Michel auf seiner harzigen Suche nach neuen Unterkünften dennoch kurz durchatmen. Treffen aber seine Befürchtungen ein, könnte dem Kanton bis in einem Jahr das Zehnfache an diesen Betten fehlen.

Man versuche so gut wie möglich, einheitliche Bedingungen in der kantonalen Unterbringung zu schaffen, erklärt Manuel Michel. «In der Praxis ist dies aber schwierig», fügt der Amtsvorsteher an. «Den Anforderungen von Gemeinden, Bevölkerung und Asylsuchenden gerecht zu werden, ist in der angespannten Asylsituation oft nicht mehr möglich.»

Nochmals einige neue Türen weiter endet der Besuch schliesslich dort, wo er begonnen hat. Beim Eingang der Asylunterkunft hat sich wieder eine kleine Gruppe versammelt, die nächste Extrafahrt beginnt in zehn Minuten. Nachdem der heutige Einkauf erledigt ist, fängt das Warten aber wieder von vorne an: Nicht nur auf das Postauto, sondern auch auf den nächsten Besuch der Freiwilligen und letztendlich auf einen Asylbescheid.
(https://www.bernerzeitung.ch/das-gefuehl-der-isolation-werden-wir-hier-nicht-los-330242993702)


+++BASELLAND
Diese drei neuen Projekte sollen Geflüchteten im Baselbiet helfen
Der Kanton Baselland unterstützt zwei Projekte des Roten Kreuzes und eines der Gemeinde Reinach. Sie richten sich an gehörlose ukrainische Geflüchtete, Frauen mit Migrationserfahrung und psychisch belastete Flüchtlinge.
https://www.bzbasel.ch/basel/baselland/integration-diese-drei-neuen-projekte-sollen-gefluechteten-im-baselbiet-helfen-ld.2444051
-> https://www.baseljetzt.ch/baselland-unterstuetzt-drei-projekte-fuer-gefluechtete-mit-besonderen-beduerfnissen/46601
-> https://www.baselland.ch/politik-und-behorden/direktionen/finanz-und-kirchendirektion/medienmitteilungen/unterstuetzung-fuer-drei-projekte-zur-stabilisierung-von-gefluechteten-mit-besonderen-beduerfnissen


+++SCHWEIZ
Asylstatistik März 2023
Im März 2023 wurden in der Schweiz 1893 Asylgesuche registriert, 212 mehr als im Vormonat (+12.6 %). Gegenüber März 2022 ist die Zahl der Asylgesuche um 580 gestiegen. Wichtigste Herkunftsländer waren die Türkei und Afghanistan. Im März wurde zudem 2215 aus der Ukraine geflüchteten Personen der Schutzstatus S erteilt.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-94326.html
-> https://www.watson.ch/schweiz/migration/896579847-zahl-der-asylgesuche-stieg-im-maerz-um-rund-13-prozent
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/rund-13-prozent-mehr-asylgesuche-im-marz-66475725


«Gastfamilien öffnen Türen: Als Geflüchtete mitten in der Gesellschaft»
Heute startet die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) ihre diesjährige Kampagne zum Tag des Flüchtlings zum Thema Gastfamilien. Dabei kommen auch Geflüchtete und ihre Gastgebenden zu Wort. Die Kampagne verdeutlicht den Nutzen der privaten Unterbringung von Geflüchteten und unterstreicht das Anliegen der SFH, diese fest im Asylwesen zu etablieren.
https://www.fluechtlingshilfe.ch/publikationen/news-und-stories/fluechtlingstage-2023


Asylsuchende: Schweiz schränkt Rechte minderjähriger Geflüchteter ein
Das Bundesamt für Migration teilt minderjährige Geflüchtete willkürlich in zwei Gruppen ein. Viele verlieren Rechte, die ihnen die Schweiz garantieren müsste. Fachleute sehen einen Verstoss gegen Uno-Kinderrechte.
https://www.beobachter.ch/migration/das-bundesamt-fur-migration-teilt-minderjahrige-gefluchtete-willkurlich-in-gruppen-ein-viele-verlieren-so-rechte-593292


+++BALKANROUTE
Werden im bosnischen Camp Lipa Flüchtlinge weggesperrt?
Das bosnische Aufnahmezentrum Lipa steht schwer in der Kritik. Die NGO SOS Balkanroute nennt es ein “Guantanamo am Balkan”, was zu scharfen Protesten führte. Was wissen wir genau?
https://www.derstandard.at/story/2000145630611/werden-im-bosnischen-camp-lipa-fluechtlinge-weggesperrt


Dokumentarfilm “Notes on Displacement” von Khaled Jarrar: Flucht über die Balkanroute
Filme über die gefährlichen Fluchtrouten, auf denen seit 2015 Menschen versuchen, vor Krieg, Konflikten und schwierigen Lebensumständen nach Europa zu gelangen, gibt es viele. Bei Khaled Jarrar erzählen die Geflüchteten ihre Geschichte selbst. Von René Wildangel
https://de.qantara.de/inhalt/dokumentarfilm-notes-on-displacement-von-khaled-jarrar-flucht-ueber-die-balkanroute


+++OSTEUROPA
Litauen: Legalisierung von Pushbacks leistet Folter Vorschub
Der Versuch, Pushbacks von Asylsuchenden an der litauischen Grenze zu legalisieren, würde «grünes Licht für Folter» bedeuten. Zu diesem Schluss kommt Amnesty International im Vorfeld der erwarteten Abstimmung im litauischen Parlament über einen Gesetzentwurf, der summarische Abschiebungen nach litauischem Recht legalisieren soll.
https://www.amnesty.ch/de/laender/europa-zentralasien/litauen/dok/2023/legalisierung-von-pushbacks-leistet-folter-vorschub


+++ITALIEN
Italiens Migrationspolitik: Radikal gegen Flüchtlinge
Italiens rechte Regierung will Wahlkampfversprechen halten: Ret¬te¬r*in¬nen im Mittelmeer werden behindert, die Anerkennung von Geflüchteten erschwert.
https://taz.de/Italiens-Migrationspolitik/!5926166/


Italiens Flüchtlingspolitik: Kurzsichtiger Egoismus
Kaum ein Land geht so hart gegen Flüchtende vor wie Italien. Doch weder begrenzt es damit die Zahl der Ankommenden, noch seine eigenen Probleme.
https://taz.de/Italiens-Fluechtlingspolitik/!5926136/


+++MITTELMEER
Flucht über das Mittelmeer: Unterlassene Hilfeleistung
Seit Beginn des Jahres sind 600 Menschen bei dem Versuch gestorben, das Mittelmeer zu überqueren. Die UN-Hilfsorganisation ruft zu Solidarität auf.
https://taz.de/Flucht-ueber-das-Mittelmeer/!5926167/


+++EUROPA
Frontex: Eiskalte Abschottung made in Europe (7/7)
Teil 7 – Frontex außer Kontrolle
Niemand kann der EU-Grenzagentur Weisungen erteilen, so steht es in ihrer Verordnung. Auch aus diesem Grund muss Frontex abgeschafft werden. Die EU muss außerdem den Friedensnobelpreis zurückgeben.
https://sea-eye.org/frontex-eiskalte-abschottung-made-in-europe-frontex-ausser-kontrolle/


+++GASSE
Notschlafstelle: Umbau-Bewilligung rechtskräftig
Umzug wird wegen schlechtem Zustand der aktuellen Liegenschaft nötig
Die Notschlafstelle und das betreute Wohnen des Vereins Jobdach Luzern werden in der Liegenschaft der GSW Luzern am Neuweg 3 in Luzern ein neues Zuhause erhalten. Nach über vierjähriger Vorbereitungs- und Planungszeit liegt die Baubewilligung vor.
https://www.luzerner-rundschau.ch/stadt/detail/article/notschlafstelle-umbau-bewilligung-rechtskraeftig-00224984/


Kostenexplosion für Essen führt zu vollen Caritas-Läden
Das erste Quartal dieses Jahres war für die Schweizer Caritas-Märkte das umsatzstärkste aller Zeiten. Der Umsatz liegt fast 40 Prozent über dem Vorjahr. Eine Entspannung dieser beunruhigenden Tendenz ist nicht in Sicht. Ganz im Gegenteil.
https://www.tvo-online.ch/aktuell/kostenexplosion-fuer-essen-fuehrt-zu-vollen-caritas-laeden-151074002


Freizeitzentrum Dreirosen fordert Massnahmen
https://video.telebasel.ch/content/4062/4063/206680/index.html



primenews.ch 17.04.2023

Massive Miss­stände bei der Dreirosen-Anlage

Internes Dokument offen­bart unhalt­bare Zustände. SVP-Grossrat Lorenz Amiet: «Das ist ein Protokoll des Schreckens».

von Anja Sciarra und Melina Schneider

«Zusammenfassend kann man sagen, dass sich die Situation auf der (beziehungsweise im Umfeld der) Dreirosenanlage seit Herbst 2022 verschlechtert hat, dass viele Personen sich deshalb unsicher fühlen und dass es erneut verstärkt Massnahmen oder eine neue Strategie braucht».

So lautet die bittere Bilanz der 28-köpfigen «Begleitgruppe Dreirosenanlage» zur Lage auf dem Kleinbasler Freizeitareal, festgehalten in einem internen Protokoll zur Sitzung vom 7. März 2023. Das Protokoll wurde zunächst bei  nebelspalter.ch veröffentlicht und liegt auch Prime News vor.

Es zeigen sich massive Missstände: Trotz verschiedenen Bemühungen in den vergangenen Jahren seitens Kanton, die Situation am Gewalt- und Drogenhotspot zu entschärfen, haben die Vorfälle zuletzt in den vermeintlich ruhigeren Wintermonaten nicht abgenommen, sondern haben sich vielmehr zugespitzt. Erst vor wenigen Monaten, im November, kam es zu einem versuchten Tötungsdelikt (Prime News  berichtete).

Nebst zunehmender Kriminalität, verunsicherten Eltern und verängstigen Mitarbeitenden im ansässigen Jugendzentrum kommt im Dokument ein implizierter Zusammenhang zwischen dem Gewalt- und Drogenproblem mit einer zunehmenden Anzahl Unbegleiteter Minderjähriger Asylsuchender (UMA) zum Ausdruck, die sich auf der Dreirosenanlage aufhalten.

Der Basler SVP-Grossrat Lorenz Amiet, welcher ebenfalls über das Sitzungsprotokoll verfügt, spricht vor diesem Hintergrund von einem «Failed State» und gelangt nun mit einem Vorstoss an die Regierung. «Das ist ein Protokoll des Schreckens», sagt Amiet gegenüber Prime News. Die Situation gestalte sich schlimmer als je gedacht.

«Die Behörden wirken machtlos, deshalb auch der provokative Titel meiner Interpellation». Die Dreirosenanlage sei seit Jahren «als Sammelplatz der Basler Unterwelt in Verruf», hält der Unternehmer fest. Da der Staat die Kontrolle vor Ort «vollständig verloren zu haben scheint», drängen sich für Amiet Fragen auf. Mit dem Vorstoss erhoffe er sich, die Behörden «aufzurütteln» und wieder Herr der Lage zu werden.

Wegweisungen werden missachtet

Die zusammenfassenden Einschätzungen der diversen Akteure im Protokoll, auf das Amiet seinen Vorstoss basiert, geben Einblick in eine Situation, die zunehmend zu eskalieren scheint.

Der Begleitgruppe gehören inzwischen Vertreter von über 20 Institutionen und direktbetroffenen Akteuren an – von der Kantonspolizei, der Mobilen Jugendarbeit Basel, über das Jugendzentrum Dreirosen, die beiden nahegelegenen Schulen, bis hin zur Stadtgärtnerei, den Buvetten-Betreibern, Anwohnern und vielen mehr.

– Das Rangerteam, welches das Areal seit 2020 jeweils zwischen Februar und November patrouilliert, berichtet von drei Gewaltvorfällen, die sich allein in den ersten drei Wochen nach Saisonstart 2023 ereignet hätten. «Die arabisch sprechenden Personen sind immer noch auf der Anlage präsent, ebenso können Situationen sehr rasch gewaltsam eskalieren», lautet das Resümee nach wenigen Einsatz-Wochen im neuen Jahr, wobei sich die Lage «ähnlich wie letzte Saison» präsentiere.
– Die Kantonspolizei ihrerseits ist routinemässig zwei bis dreimal täglich auf der Anlage präsent. «Die meisten Einträge in den Rapporten gibt es, weil Personen die für sie bereits ausgesprochene Wegweisung von der Anlage missachten», ist im Protokoll zu lesen. Weiter würden «viele Betäubungsmittel-Delikte und Diebstähle verzeichnet».
– Das Jugendzentrum Dreirosen stelle seit dem Herbst einen Rückgang bei ihren Besucherzahlen fest. «Vor allem junge Frauen und Fintas fühlen sich unsicher und meiden den Ort.» Ein Vertreter hielt an der Sitzung vom 7. März 2023 fest, dass nicht näher spezifizierte «wiederholte Vorfälle» dazu führten, dass sich auch die Mitarbeitenden des Zentrums nicht mehr sicher fühlten.
– Die Vertreter des Elternrats der Primarschule Dreirosen bestätigen diese Einschätzung. Auch «viele Eltern» seien verunsichert und erlaubten ihren Kindern in der Folge nicht mehr, auf der Dreirosenanlage zu spielen.
– Der Verantwortliche von der Gassenküche berichtet, dass Vorfälle wie Diebstähle, Littering, Lärm und Konflikte auf dem Hof der nahegelegenen Josephkirche in den letzten Monaten «stark zugenommen» hätten. Es seien «vor allem junge Menschen aus dem Maghreb», die spät abends über den Zaun kletterten. Unter den Vorfällen leide auch das Image der Gassenküche.

Alkoholverbot auf ganzem Areal gefordert

Bei den Interessengruppen und Akteuren auf und rings um die Dreirosenanlage besteht gemäss Protokoll weitgehende Einigkeit: Sie fordern weitere Massnahmen, ja gar eine «grundsätzlich neue Strategie», «um die Probleme auf der Dreirosenanlage anzugehen».

Dem Elternrat der nahegelegenen Primarschule schwebt zum Beispiel ein Alkoholverbot auf dem gesamten Areal vor, ein Aufenthaltsort extra für Randständige oder eine Umzäunung der Anlage. Klar ist für alle: Der Rangerdienst solle ganzjährig im Einsatz sein. Auch weil in den Wintermonaten die soziale Kontrolle fehle.

SVP-Grossrat Lorenz Amiet will von der Regierung wissen, wie sich die Exekutive die im Protokoll beschriebene «dramatische Zunahme von Delikten und die Verschlimmerung der Sicherheitslage» seit letztem Herbst erklärt, welche Massnahmen bereits ergriffen wurden, um die Lage unter Kontrolle zu bekommen oder zu verbessern, und welches weitere Vorgehen geplant ist.

320 anstatt 100 Unbe­gleitete Minder­jährige Asyl­suchende

Im Brennpunkt der Problematiken auf der Dreirosenanlagen steht unter anderem die Situation im Bundesasylzentrum Bässlergut. Gemäss dortigen Vertreterinnen ist dieses hilflos überfüllt – insbesondere die Lage bei den Unbegleiteten Minderjährigen Asylsuchenden (UMA) scheint prekär.

Laut dem internen Schreiben befinden sich derzeit über 320 Kinder und Jugendliche in Basel, welche ohne Familie in der Schweiz Asyl suchen. Das Betreuungs- und Belegungskonzept ist aber nur auf 100 ausgelegt.

SVP-Grossrat Amiet will daher in Erfahrung bringen, in welchem Zusammenhang die zugespitzte Situation auf der Dreirosenanlage mit den UMAs steht, welcher Anteil an der Kriminalität ihnen zuzuschreiben sei, und ob deren Zunahme einen direkten Zusammenhang mit der Zunahme der Delikte auf der Dreirosenanlage habe.

Für ihn sei die Kausalität «offensichtlich», sagt Amiet gegenüber Prime News. «Sollte dies wider Erwarten nicht der Fall sein, kann dies die Regierung in ihren Antworten festhalten».

Eine Verbindung wird im Sitzungsprotokoll der «Begleitgruppe Dreirosenanlage» zumindest impliziert. Aus Sicht der Kantons- und Stadtentwicklung sowie aus Sicht von «mehreren Institutionen im Asylbereich» bestehe Handlungsbedarf. Immerhin werden die Kapazitäten für minderjährige Asylsuchende ohne Begleitung aktuell dreifach überstiegen.

Das Problem: Kinder bis 16 Jahre haben Schulunterricht. Ältere Jugendliche haben jedoch weder Unterricht noch sonst eine Tagesstruktur. Gemäss den Beobachtungen des Rangerteams treibe es jene UMA’s mangels Beschäftigung und Betreuung in den öffentlichen Raum, wo sie sich teilweise nicht respektvoll verhalten, oder sie in «illegale Geschäfte eingebunden werden».

Im Bässlergut sei man aktuell prioritär daran, neue Unterbringungs-Möglichkeiten und neues Betreuungspersonal zu suchen, was sich jedoch «sehr aufwändig und schwierig» gestalte. Laut den Angaben im Sitzungsprotokoll stammen rund 200 UMA’s aus Afghanistan. Die restlichen 120 kämen vorwiegend aus dem Maghreb, Eritrea, Syrien und der Ukraine.

Seitens Begleitgruppe Dreirosen steht insbesondere die Frage im Raum, wie man bestehende Gratisangebote den Jugendlichen bekanntmachen könnte. Nach Ansicht der Mobilen Jugendarbeit müsse zudem die Asylkoordination und das Migrationsamt «viel stärker als bisher in die Pflicht genommen werden».

Besserungen bis Ende Halbjahr

Amiets Vorstoss reiht sich in mehrere Forderungen der SVP zum Thema Sicherheit. Nach der kürzlich erfolgten Veröffentlichung der Basler Kriminalstatistik stellte die Partei der Basler Regierung ein «letztes Ultimatum» mit der Forderung, die Sicherheitslage im Kanton müsse sich bis Ende Juli  «massiv verbessern». Eine Forderung, welche Gewaltexperte Samuel Althof gegenüber Prime News als «politisch heisse Luft für nichts»  bezeichnete.

Alles bloss Populismus im Wahljahr? «Es ist Zufall, dass diese Thematik auf den Zeithorizont der Forderungen meiner Partei passt. In der Tat halte ich aber eine Verbesserung der Lage bis Mitte Jahr auch in diesem Fall für angemessen», sagt SVP-Grossrat Lorenz Amiet gegenüber Prime News.

Mit der Interpellation wolle er erreichen, dass die Problematik auf der Dreirosenanlage an Priorität gewinnt und sich die Behörden intensiv um Massnahmen bemühen. «Sollte dies nicht geschehen, werden weitere Vorstösse folgen», so Amiet.
(https://primenews.ch/articles/2023/04/massive-missstaende-bei-der-dreirosen-anlage)


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Nach Klimastreik auf Lorrainebrücke: Aktivistin zu Geldstrafe verurteilt
Vergangenen Oktober blockierten Klimaaktivisten die Berner Lorrainebrücke. Jetzt wurde eine Frau aus dem Seeland dafür verurteilt. Eine weitere Person wehrt sich gegen einen Strafbefehl.
https://www.baerntoday.ch/bern/stadt-bern/nach-klimastreik-auf-lorrainebruecke-aktivistin-zu-geldstrafe-verurteilt-151064316
-> https://www.20min.ch/story/aktivistin-klebte-sich-auf-bruecke-fest-jetzt-wird-sie-zur-kasse-gebeten-634005291441


Klimaaktivisten verwüsten Golfplätze in der Westschweiz
Klimaaktivisten haben am Wochenende drei Golfplätze verwüstet – der Sport sei umweltschädlich und nur für Reiche.
https://www.srf.ch/news/schweiz/romandie-klimaaktivisten-verwuesten-golfplaetze-in-der-westschweiz
-> Schweiz Aktuell: https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/golfplaetze-in-waadt-und-genf-verwuestet?urn=urn:srf:video:0245a2ee-2fe4-4369-8008-77f1cee2aba6


Anlässe und Covid-Verordnung: 1.-Mai-Demonstrant nun doch schuldig gesprochen
In der Gerichtsakte eines jungen Zürchers geht es primär um die zürcherische Covid-Verordnung. Sie verbot 2021 Demos mit mehr als 100 Personen.
https://www.tagesanzeiger.ch/1-mai-demonstrant-wird-wieder-schuldig-gesprochen-916938827812


+++KNAST
Dutzende Einbrüche um Koks zu finanzieren – Nico Z. (27) sass 4,5 Jahre im Knast: «Der Neustart in Freiheit ist extrem schwer»
Eine Jugend im Drogensumpf liess Nico Z. (27) aus Bern in die Kriminalität abgleiten. Nach etlichen Haftstrafen will er endlich den Absprung schaffen. Sein Ziel: Ein Job und eine eigene Wohnung. Doch kaum jemand will dem Ex-Einbrecher eine Chance geben.
https://www.blick.ch/schweiz/bern/dutzende-einbrueche-um-koks-zu-finanzieren-nico-z-27-sass-4-5-jahre-im-knast-der-neustart-in-freiheit-ist-extrem-schwer-id18496016.html


+++BIG BROTHER
Tätigkeitsbericht 2022: Die unabhängige Aufsichtsbehörde über die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten AB-ND veröffentlicht ihren fünften Tätigkeitsbericht
Die AB-ND arbeitete 2022 an neunzehn Prüfungen und schloss die Prüfungshandlungen von sechzehn Prüfungen im Berichtsjahr vollständig ab. Die beaufsichtigen Stellen haben seit Bestehen der AB-ND 150 Empfehlungen umgesetzt.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-94321.html


+++POLIZEI DE
Kriminologe über verfehlte Polizeigewalt: „Das kommt leider immer wieder vor“
Polizeieinsätze bei Menschen mit psychischen Problemen enden öfter mit Todesfällen. Tobias Singelnstein über strukturelle Probleme bei der Polizei.
https://taz.de/Kriminologe-ueber-verfehlte-Polizeigewalt/!5925970/


+++RECHTSPOPULISMUS
Franziska Schutzbach: “Diskriminierte werden als die heimlich Mächtigen dargestellt”
Gerechtigkeitsforderungen werden als “Opfergetue” verhöhnt, sagt die Schweizer Autorin über rechtspopulistische Strategien, die es in die Mitte der Gesellschaft geschafft hätten
https://www.derstandard.at/story/2000145562689/franziska-schutzbach-diskriminierte-werden-als-die-heimlich-maechtigen-dargestellt


+++RECHTSEXTREMISMUS
Staatsverweigerer werden in der Schweiz verstärkt wahrgenommen
Die Razzien gegen sogenannte Reichsbürger in Deutschland haben ein Schlaglicht auf staatsverweigernde Gruppen in der Schweiz geworfen. Sie sind laut Einschätzung der Polizeibehörden lauter und öffentlich wahrnehmbarer geworden, vor allem seit der Corona-Pandemie.
https://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/209179/


Anastasia-Bewegung: Arier- und Ahnenkult
Der völkisch-esoterische Anastasia-Kult dehnt sich über sogenannte Familienlandsitze oder Ahnenhöfe bundesweit aus. Der politische Hintergrund der russlandfreundlichen Landeroberer wird oft zu spät erkannt. Teil 1 einer vierteiligen Serie.
https://www.endstation-rechts.de/news/arier-und-ahnenkult


Hakenkreuz & Bombenbau: Neonazis unterwandern Kinderspiele ► VOLLBILD
Roblox, eines der beliebtesten Videospiele unter Kindern und Jugendlichen. Eine Plattform, auf der Nutzerinnen und Nutzer ihre eigenen Welten erschaffen können. Nach eigener Aussage bringt Roblox Menschen aus aller Welt zusammen. Über 60 Millionen täglich*. Klingt vielversprechend. Doch wer vernetzt sich dort eigentlich? VOLLBILD-Journalist Jan Vollmer geht auf Spurensuche und findet heraus, dass die Games-Plattform auch von Rechtsradikalen genutzt wird. Er taucht ein in eine Welt zwischen kunterbunten Bauklötzchen im Lego-Look und radikaler Nazi-Propaganda am Rande der Legalität. Ist Roblox ein Ort, an dem Kinder und Jugendliche radikalisiert werden? Was kann das für Auswirkungen haben? Und was tut der Spieleentwickler dagegen?
https://www.youtube.com/watch?v=-01FPD-SYsc
-> https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/report-mainz/sendung/2023/RobloxJugendlichespielenTerroranschlaegenach-100.html


+++HISTORY
Verbrechen gegen die Menschlichkeit: Ex-Innenminister von Gambia kommt in der Schweiz vor Gericht
Ousman Sonko, ehemaliger Innnenminister von Gambia, wird in der Schweiz vor Gericht gestellt. Ihm werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen.
https://www.blick.ch/news/justiz-bundesanwaltschaft-klagt-gambischen-ex-innenminister-an-id18498452.html
-> https://www.srf.ch/news/international/fall-ousman-sonko-gambias-folterkommandant-wird-in-der-schweiz-angeklagt
-> https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-94305.html
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/ex-innenminister-gambias-in-der-schweiz-angeklagt?urn=urn:srf:video:157aa02f-dbfe-436c-b524-5d97ca1ac063
-> https://www.tagesanzeiger.ch/bundesanwaltschaft-klagt-gambischen-ex-innenminister-an-498848570122
-> https://www.tagblatt.ch/news-service/inland-schweiz/voelkerrecht-er-kam-als-fluechtling-ins-land-schweiz-klagt-ex-innenminister-von-gambia-wegen-verbrechen-gegen-menschlichkeit-an-ld.2444211


Laut Credit Suisse keine Konten von Nazis in Argentinien bei SKA
Die Credit Suisse hat keine Konten von Nazis in Argentinien bei SKA gefunden. Dies teilt die Bank nach Abschluss der eigenen Untersuchung mit.
https://www.nau.ch/news/wirtschaft/laut-credit-suisse-keine-konten-von-nazis-in-argentinien-bei-ska-66476176