Medienspiegel 4. November 2022

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel/

+++BERN
Kanton Bern sucht zusätzliche Kollektivunterkünfte für Asylsuchende
Der Kanton Bern benötigt weitere Unterbringungsmöglichkeiten für Menschen, die in der Schweiz Asyl suchen. Die Lage im Bereich der allgemeinen Migration spitzt sich seit Wochen zu. Der unerwartete und auch im langjährigen Vergleich starke Anstieg hat zur Folge, dass die Bundesasylzentren völlig ausgelastet sind. Daher weist das Staatssekretariat für Migration seit dem 1. November Asylsuchende bereits nach kurzer Aufenthaltsdauer und ohne abgeschlossenes Asylverfahren den Kantonen zu. Die Eintritte aus dem regulären Asylwesen in den Kanton Bern werden sich in den nächsten Wochen mehr als verdoppeln auf gegen 100 Personen pro Woche. Unter den zugewiesenen Personen befinden sich viele unbegleitete Minderjährige, für die eine kindsschutzgerechte Unterbringung und Betreuung nötig ist.
https://www.be.ch/de/start/dienstleistungen/medien/medienmitteilungen.html?newsID=4d628156-6f9d-47a3-855f-1bb41d323df2
-> https://www.derbund.ch/kanton-bern-sucht-zusaetzliche-asylunterkuenfte-269229488915
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/kanton-bern-sucht-mehr-unterkuenfte-fuer-asylsuchende?id=12281380
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/viele-diebstaehle-in-bern-taeter-zum-teil-aus-bundesasylzentrum?id=12281599 (ab 05:46)
-> https://www.baerntoday.ch/bern/stadt-bern/bald-kein-platz-mehr-kanton-bern-sucht-weitere-asyl-unterkuenfte-148625114



derbund.ch 04.11.2022

Überlastete Bundesasylzentren: Die Notlage im Asylwesen spitzt sich weiter zu

Der Kanton Bern muss dringend neue Unterkünfte bereitstellen. Zugleich sperrt er sich dagegen, sein Vorzeigecamp für nicht ukrainische Flüchtlinge zu öffnen.

Quentin Schlapbach

Es ist eine Art Bettelbrief, mit dem die Berner Behörden am Freitag an die Öffentlichkeit gelangten. Der Kanton Bern sei auf der Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten für Menschen, die in der Schweiz Asyl suchen, teilte die Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion (GSI) von Pierre Alain Schnegg (SVP) mit. Die 1000 zusätzlichen Plätze, die man bis Ende Jahr – unter anderem auf dem Gurnigel – bereitstellen werde, würden auf die Dauer nicht ausreichen.

Gemeinden und Privatpersonen sollen in den kommenden Wochen dem Kanton geeignete Unterkünfte melden. Dieser bereitet sich auf Notszenarien vor: Mehrzweckhallen, Zivilschutzanlagen – alles liegt nun plötzlich wieder auf dem Tisch. Die Situation ist angespannt. Und die dürfte sich weiter zuspitzen.

Das System ist am Anschlag

Das Schweizer Asylwesen ist innert weniger Wochen in die Bredouille geraten. Zwar blieb die Zahl der geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainer unter den im Frühling 2022 erwarteten Prognosen. Dafür aber stieg die Zahl der Asylgesuche aus anderen Ländern an. Sie zu bearbeiten, ist deutlich aufwendiger und bringt das bereits durch die Fluchtbewegungen aus der Ukraine stark vereinnahmte Asylsystem an seine Belastungsgrenze.

Laut Lionel Walter, Mediensprecher der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH), sind verschiedene Faktoren dafür verantwortlich: Die Aufhebung der Corona-bedingten Reisebeschränkungen, der warme Herbst sowie auch die visafreie Einreise nach Serbien. Von dort aus machen sich vielen Flüchtlinge aktuell auf den Weg nach Westeuropa, in die Schweiz kamen jüngst vor allem Menschen aus Afghanistan und der Türkei. Die Gesuche aus den beiden Ländern erreichten im September neue Höchststände.

«Die Schweiz hat dieses Jahr bereits über 83’000 Geflüchtete ins Asylsystem aufgenommen», sagt Walter. So viele wie noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg. Für die SFH sei es nachvollziehbar, dass die Lage derzeit angespannt sei und sowohl Personal- als auch Platznot herrschten. «Die aktuellen Zustände – insbesondere in der West- und Nordwestschweiz – sind so nicht haltbar», sagt Walter.

Bereits seit Wochen können die Bundesasylzentren nicht mehr alle Flüchtlinge auffangen. Seit November müssen deshalb nun die Kantone Asylsuchende übernehmen, deren Verfahren noch nicht abgeschlossen ist. Genau dieses Szenario sollte die Asylgesetzrevision, welche die Schweizer Bevölkerung 2016 annahm, eigentlich verhindern. Aus Sicht der SFH sind die nun ergriffenen Notfallmassnahmen aber durchaus sinnvoll. «Das sollte in den Bundesasylzentren rasch für eine Entspannung der Lage sorgen», so Walter.

Zankapfel Viererfeld

Der Kanton Bern wäre eigentlich gut aufgestellt, um eine grössere Zahl von Asylsuchenden unterzubringen. Auf dem Viererfeld stellten die kantonalen Behörden gemeinsam mit der Stadt Bern innert Rekordzeit eine Containersiedlung auf, wo bis zu 1000 Geflüchtete Platz finden. Dies geschah zu einer Zeit, in der man allein im Kanton Bern mit einer Zahl von bis zu 30’000 Flüchtlingen aus der Ukraine rechnete.

Nach den ersten beiden Kriegsmonaten flachte die Fluchtbewegung aus der Ukraine jedoch stark ab. Laut der GSI gibt es derzeit etwa gleich viele Neugesuche für den Schutzstatus S wie Rückkehrer in die Ukraine. Aktuell halten sich rund 7000 ukrainische Flüchtlinge im Kanton Bern auf.

120 davon haben ihre Unterkunft auf dem Viererfeld bezogen. Die Containersiedlung ist somit nur zu einem Bruchteil ausgelastet. Die restlichen Plätze Flüchtlingen aus anderen Ländern zur Verfügung zu stellen, schliesst die GSI aber nach wie vor aus. Durch die gezielte Zerstörung von Infrastruktur in der Ukraine sei nach wie vor damit zu rechnen, dass wieder mehr Menschen in der Schweiz Schutz suchen würden, so die Begründung.

Nun erhöht ausgerechnet der Berner Stadtrat den Druck auf den Kanton: Die Lage sei neu zu bewerten angesichts der Flüchtlingszahlen. Eine Motion fordert, dass das Containerdorf für alle Flüchtlinge geöffnet wird. David Böhner (AL) ist Mitinitiant des Vorstosses, den Mitglieder von allen Fraktionen im Stadtrat unterstützen. Er kann zwar nachvollziehen, dass die Behörden nach wie vor auf die Entwicklungen in der Ukraine vorbereitet sein wollen. In der Zwischenzeit ergebe es aber keinen Sinn, dass Unterkünfte wie das Containerdorf im Viererfeld leer stünden. «Der Platz, der da ist, soll auch genutzt werden», fordert Böhner.

Er hofft, dass die Willkommenskultur, die viele Menschen gegenüber den Ukrainerinnen und Ukrainern an den Tag legten, auch gegenüber Geflüchteten aus anderen Ländern gelebt und von den Behörden ermöglicht und gefördert wird. «Indem man die Leute in entlegenen Kollektivunterkünften – wie etwa auf dem Gurnigel – unterbringt, erreicht man jedoch das genaue Gegenteil», sagt Böhner.

Der Berner Gemeinderat hat sich bisher noch nicht zur Motion geäussert. Entscheidend wird der weitere Kriegsverlauf in der Ukraine sein. Das «wahrscheinlichste Szenario» gemäss Staatssekretariat für Migration (SEM) ist, dass bis Ende Jahr 10’000 bis 15’000 weitere Schutzgesuche aus der Ukraine gestellt werden. «Präzise Prognosen zu berechnen, ist in der derzeitigen Situation jedoch sehr schwierig und von verschiedenen Faktoren abhängig», sagt SEM-Sprecher Samuel Wyss. Auch ein Anstieg von derzeit 70’000 auf 120’000 Schutzgesuche hält man beim SEM für ein mögliches Szenario.
(https://www.derbund.ch/die-notlage-im-asylwesen-spitzt-sich-weiter-zu-566861535716)



hauptstadt.be 04.11.2022

Braucht Bern eine City Card?

Die Stadtberner Regierung möchte einen neuen Ausweis für alle. Wer davon profitieren würde und weshalb die Polizei dieses Ausweisdokument nicht einfach akzeptieren könnte: Das war der zweite «Hauptsachen»-Talk – auch als Video zum Nachschauen.

Von Mathias Streit (Text), Carole Güggi (Text), Jürg Steiner (Moderation), Luc Stähli (Video)

«Ich fühlte mich, als wäre ich durchsichtig.» So beschreibt Liliana Lopez, wie sie sich als Sans-Papiers in der Schweiz fühlte. Die Kolumbianerin wuchs in der Schweiz auf, ehe sie fürs Studium in das Heimatland ihrer Eltern ging – und so ihre Aufenthaltsberechtigung in der Schweiz verlor. Mit einem Touristenvisum reiste sie Jahre später wieder nach Bern. Als dieses nach drei Monaten ablief, wurde Lopez zur Sans-Papiers.

Könnte eine City Card einer Person wie Liliana Lopez helfen? Wie müsste eine solche City Card aussehen? Und wo dürfte diese überhaupt zum Einsatz kommen? Um Fragen wie diese ging es am 3. November anlässlich des zweiten «Hauptsachen»-Talks, der Polit-Diskussionsreihe der «Hauptstadt» in Zusammenarbeit mit dem Progr.

Hier gibt es den ganzen «Hauptsachen»-Talk zum Nachschauen: https://youtu.be/UkUjXrg2FiU

«Die City Card ist kein Wundermittel», sagt Sarah Schilliger. Die Soziologin arbeitet am Interdisziplinären Zentrum für Geschlechterforschung der Universität Bern und forscht zum Thema City Card. Doch ein städtischer Ausweis wäre in ihren Augen ein starkes Signal. «Damit könnte man zeigen: Wir alle sind Berner*innen», sagt Schilliger, die sich auch zivilgesellschaftlich für solidarische Beteiligungsformen engagiert.

Die aktuelle Tendenz in der Stadtberner Politik begrüsst Schilliger: Jüngst sprach die Berner Stadtregierung nämlich 120’000 Franken, um die Umsetzung einer City Card voranzutreiben. Bis 2024 soll die Möglichkeit einer Berner City Card eruiert werden. Vorbild ist die Stadt New York, die bereits einen solchen Stadtausweis kennt.

Rückkehr zur Stadtpolizei?

Ein städtischer Ausweis könnte Sans-Papiers insbesondere den Umgang mit Behörden erleichtern. Etwa, wenn eine betroffene Person in eine Polizeikontrolle gerät. Alexander Ott warnt jedoch vor zu grossen Hoffnungen: «Die Polizei könnte City Cards nur bedingt akzeptieren», so der Co-Leiter des Polizeiinspektorats der Stadt Bern. Ott ist in dieser Funktion für die Abteilung Einwohnerdienste, Migration und Fremdenpolizei zuständig. Rechtliche Vorgaben in Sachen Aufenthaltsstatus seien nahezu ausschliesslich auf Bundesebene geregelt, so Ott. «Daran muss sich die Polizei ebenso wie die Stadt bei der Ausgestaltung ihrer eigenen Gesetze halten.»

«Gäbe es aktuell denn überhaupt eine Möglichkeit, dass die Polizei eine City Card als Ausweisdokument akzeptiert?», will eine Person aus dem Publikum wissen. Die kurze und präzise Antwort von Alexander Ott: «Mit der aktuellen Gesetzeslage nicht, nein.» In der Stadt Bern existiert unter anderem aus diesem Grund das Vorhaben, die 2008 abgeschaffte Stadtpolizei wieder einzuführen. Dieser sollte es anschliessend einfacher möglich sein – so die Idee der Befürworter*innen – eine städtische City Card zu akzeptieren. Das Problem dabei: «Auch eine Stadtpolizei müsste Bundesrecht durchsetzen», sagt Ott.

Immer diese Angst

Trotzdem: Sans-Papiers würde eine City Card einen angstfreien Zugang zu Behörden ermöglichen, ist Soziologin Schilliger überzeugt. Denn genau diese Angst spürte Liliana Lopez während ihrer Zeit als Sans-Papiers immer, wie sie erzählt. «Ich wusste beispielsweise bei der Einschulung meiner Kinder nicht, was ich den Schulleiter fragen durfte und was nicht», sagt sie.

Was hätte die City Card denn Liliana Lopez gebracht? «Sie hätte mich unabhängiger gemacht», ist sie sich sicher. Nicht einmal ihren Nachbar*innen hatte sie von ihrem fehlenden Aufenthaltsstatus erzählt. Einzig der städtischen Beratungsstelle für Sans-Papiers vertraute sie sich in dieser Zeit an.

Der Vorteil des Digitalen

Aus dem Publikum kommt die Frage auf, ob eine City Card nicht zu mehr Stigmatisierung führe. Insbesondere, wenn der Ausweis nicht von allen Städter*innen, sondern nur von Menschen ohne schweizerische Dokumente gebraucht würde. «Diese Gefahr besteht tatsächlich», sagt Sarah Schilliger. Dem könnte entgegengewirkt werden, indem der Ausweis vor allem digital eingesetzt würde und für alle notwendig wäre. «Beispielsweise zum Lösen einer Parkkarte oder um als Stadtberner*in den verbilligten Hallenbadeintritt zu erhalten.»

Von Vorteil ist dabei, dass sowieso immer mehr Behördengänge digital stattfinden. Eine digitale City Card könnte so die Hemmschwelle für alle ohne Schweizer Pass senken. Gemäss einer Untersuchung von Sarah Schilliger würden nämlich auch andere Bevölkerungsgruppen profitieren. «Leute mit einem B-Ausweis könnten sich beispielsweise identifizieren, ohne den ebenfalls stigmatisierten Ausländerausweis zeigen zu müssen», so Schilliger. Und Non-Binäre sowie Transmenschen könnten im Ausweis ihr Geschlecht selbst bestimmen.

Nur «Pflästerlipolitik»?

Getreu ihrem Namen wäre eine Berner City Card jedoch nur in einer Gemeinde, der Stadt Bern gültig. Ein Nachteil der Idee, wie Alexander Ott findet. «Die Bewegungsfreiheit hört ja nicht an der Stadtgrenze auf.» Zumal wichtige Aspekte kantonal geregelt sind – etwa die weiterführende Schulbildung oder das Gesundheitswesen. «Ein städtischer Ausweis ändert letztlich nichts am fehlenden Aufenthaltsstatus einer Person», so Ott. Er plädiert darum dafür, das Problem an der Wurzel zu packen. «Wir müssen uns damit beschäftigen, welche Gründe Menschen zur Flucht zwingen.» Alles andere – und somit auch eine City Card – sei lediglich «Pflästerlipolitik».

Und doch sind alle drei zum Schluss der Diskussion zuversichtlich, dass die Stadt Bern in wenigen Jahren einen städtischen Ausweis einführen wird. Für Sans-Papiers ebnet dies den Weg zurück in die Legalität. Dies erlebte Liliana Lopez bereits vor knapp einem Jahr. Sie, ihr Mann und ihre Kinder erhielten nämlich einen B-Ausweis. «Das war meine Rückkehr ins Leben. Ich fühlte mich wie neugeboren.»

Was ist eine City Card?

Eine City Card funktioniert als städtische Identitätskarte, die allen Stadtbewohner*innen, unabhängig von Nationalität und Aufenthaltsstatus, Zugang zu städtischen Dienstleistungen gewährt. Sie dient auch als Ausweisdokument gegenüber Behörden und Polizei. Auf der City Card sind – so handhabt es zumindest die Stadt New York – nur die notwendigsten Informationen enthalten: Name, Foto, Geburtsdatum und Wohnadresse.
(https://www.hauptstadt.be/a/video-talk-hauptsachen-ein-ausweis-fuer-alle-staedterinnen)



Viele Diebstähle in Bern – Täter zum Teil aus Bundesasylzentrum
In der Stadt Bern und der Gemeinde Köniz sind auffallend viele Autos aufgebrochen worden. 20 Personen konnte die Kantonspolizei anhalten. Ein grosser Teil lebt laut Polizei im Bundesasylzentrum im ehemaligen Zieglerspital.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/viele-diebstaehle-in-bern-taeter-zum-teil-aus-bundesasylzentrum?id=12281599
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/aufgebrochene-autos-viele-diebstaehle-in-bern-taeter-zum-teil-aus-bundesasylzentrum
-> https://www.derbund.ch/taeter-von-einbruechen-leben-zum-teil-im-bundesasylzentrum-496997715864


„Gestern eröffnete Unterkunft auf dem Waffenplatz in Thun. Geflüchtete aus dem Bundesasyllager Ziegler in Bern werden hier ohne jegliche Privatsphäre und unter engsten Platzverhältnissen untergebracht. #NoBunker #NoCamps“
https://twitter.com/3rosen/status/1588585971054178305


+++SCHWEIZ
Marianne Lienhard: Die Kantone in der Flüchtlingskrise – Rendez-vous-Tagesgespräch
Der Bund muss Asylsuchende so schnell wie möglich an die Kantone weitergeben, da die Bundesasylzentren besetzt sind. Wie gut sind die Kantone vorbereitet? Frage an Marianne Lienhard, Glarner Regierungsrätin und Vizepräsidentin der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und -direktoren.
https://www.srf.ch/audio/tagesgespraech/marianne-lienhard-die-kantone-in-der-fluechtlingskrise?id=12281296
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/kantone-in-fluechtlingskrise-akzeptanz-fuer-die-fluechtlinge-ist-gross-weil-wir-es-gut-machen


+++DEUTSCHLAND
Jüngstes Schiff für die Seenotrettung: Von Hamburg ins Mittelmeer
In Hamburg wurde die Taufe der „Sea-Watch 5“ gefeiert. Das Schiff soll auch eine Kampfansage an die neue rechte italienische Regierung sein.
https://taz.de/Juengstes-Schiff-fuer-die-Seenotrettung/!5892917/


+++MITTELMEER
Seenotrettung: Deutsches Rettungsschiff steuert nach tagelangem Warten einen Hafen an
179 Geflüchtete an Bord der “Humanity 1” sind auf dem Weg nach Catania. Das Schiff darf aber nur solange ankern, bis die Menschen an Bord ärztlich untersucht wurden.
https://www.zeit.de/gesellschaft/2022-11/italien-seenotrettung-gefluechtete-humanity-1


Keine Hilfe für Seenotrettung – Ex-SRG-Boss Roger de Weck (69) kritisiert neue italienische Ministerpräsidentin: «Wenn es Schweizer wären, würde man keine Sekunde zögern»
Vor der Küste Italiens warten mehrere Seerettungsschiffe auf die Möglichkeit, anzulegen. Doch die neue italienische Ministerpräsidentin bleibt hart. Publizist Roger de Weck (69) macht sich für die Rettungsorganisationen und die Flüchtlinge stark.
https://www.blick.ch/ausland/keine-hilfe-fuer-seenotrettung-ex-srg-boss-roger-de-weck-69-kritisiert-neue-italienische-ministerpraesidentin-wenn-es-schweizer-waeren-wuerde-man-keine-sekunde-zoegern-id18022964.html


Seenotretter klagen: «Meloni benutzt Menschenleben als Druckmittel»
Vor der Küste Italiens sitzen 234 Geflüchtete auf einem Rettungsschiff fest. Von den italienischen Behörden werde man ignoriert, sagt die Rettungsorganisation SOS Méditerranée. Sie warnt vor einer Katastrophe.
https://www.watson.ch/international/italien/201488045-italien-meloni-will-234-gefluechtete-auf-schiff-nicht-an-land-lassen


+++JORDANIEN
Syrische Flüchtlinge in Jordanien:Die vergessene Jugend
130.000 Syrer leben im Nachbar¬land in Containern in der Wüste. Eine ganze Generation ist inzwischen in Flüchtlingslagern geboren und aufgewachsen.
https://taz.de/Syrische-Fluechtlinge-in-Jordanien/!5889009/


+++FREIRÄUME
Wagenplatz Wagabunt Solothurn
WIR BLEIBEN, WIR KÄMPFEN! – Ziemlich genau ein Jahr ist es her und wieder stehen wir vor der gleichen Situation. Nachdem wir im Sommer eine einzige Veranstaltung bei uns auf dem Platz lancierten, kam es zu einer Beschwerde bezüglich der Lautstärke, was die Stadt per Verfügung dazu veranlasste uns von unserem aktuellen Wohnort erneut wegzuweisen.
https://barrikade.info/article/5450


EWZ reicht Strafanzeige wegen besetztem Gebäude ein
Das stadtzürcherische Elektrizitätswerk (EWZ) hat eine Strafanzeige wegen der Besetzung ihres Kesselhauses eingereicht. Das Gebäude an der Limmat ist seit Sonntag besetzt. Das EWZ sieht eine mögliche Gefährdung der Stromversorgung, auch wenn das Gebäude nicht mehr genutzt wird.
https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/zuerich/besetzung-ewz-reicht-strafanzeige-wegen-besetztem-gebaeude-ein-ld.2368056


+++GASSE
bzbasel.ch 04.11.2022

Basel finanziert in Rumänien Roma-Influencerinnen

Die flankierenden Massnahmen zum Bettelverbot sind bereits angelaufen. Nun soll der Grosse Rat die Mittel auch rückwirkend bewilligen.

Christian Mensch

Das auf vier Jahre angelegte Unterstützungsprogramm von Basel-Stadt für Romas in Rumänien ist bereits angelaufen. Nun hat auch die zuständige Regiokommission ihre Zustimmung gegeben, sodass der Grosse Rat in seiner Dezember-Sitzung die 1,16 Millionen Franken teilweise rückwirkend freigeben kann.

Die Basler Regierung hat im März in Zusammenarbeit mit der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) zwei Projekte ausgewählt. Eines davon zielt darauf, das Image der Roma-Minderheit bei Roma und Nicht-Roma zu verbessern.

Selbstwertgefühl stärken, damit sie zu aktiven Stimmen werden»

Dazu sollen Roma-Hochschulstudierende in Social-Media-Kampagnen als erfolgreiche Vorbilder präsentiert werden und für einen positiven Wandel für die Roma-Gemeinschaft in Rumänien herbeiführen. Zum Programm gehört eine «Roma-Leadership-Akademie» für jährlich zwanzig Studierende. An Workshops werden sie geschult, um ihr «Selbstwertgefühl zu stärken, damit sie zu aktiven Stimmen werden». Weitere zwanzig Studierende sollen zu Mentoren für angehende Studierende ausgebildet werden.

Die Programme verstehen sich ausdrücklich nicht als Teil der baselstädtischen Entwicklungshilfe, sondern sind vielmehr flankierende Massnahmen im Zusammenhang mit dem umstrittenen Bettelverbot. Die Regiokommission ist sich über die Nachhaltigkeit der Programme nicht sicher und wünscht Ende 2023 einen Zwischenbericht.
(https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/sensibilisierung-basel-finanziert-in-rumaenien-roma-influencerinnen-ld.2368559)


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Kritik an der Klima-Bewegung: Vor einer Blockade werden Rettungsdienste informiert
In Berlin sind Rettungskräfte wegen Klima-Aktivisten im Stau stecken geblieben. Renovate Switzerland sagt, man sei auf Notsituationen vorbereitet.
https://www.derbund.ch/vor-einer-blockade-werden-rettungsdienste-informiert-900452335650


Gesteuert vom Mullah-Regime: Spitzel unterwandern Iran-Proteste
Am Samstag findet auf dem Berner Bundesplatz erneut eine Demo gegen das iranische Regime statt. Dort dürften nicht nur bis zu 2000 Gegnerinnen und Gegner der Mullahs protestieren. Es werden auch Störenfriede erwartet. Das hat System.
https://www.blick.ch/politik/gesteuert-vom-mullah-regime-spitzel-unterwandern-iran-proteste-id18024436.html


+++SPORT
Sollen die beiden Basel Teil des Hooligan-Konkordats werden?
Mit Ausnahme der beiden Basel sind sonst alle Kantone Teil des Hooligan-Konkordats. Können sich Basel diese Alleingänge noch leisten?
https://telebasel.ch/2022/11/04/sollen-die-beiden-basel-teil-des-hooligan-konkordats-werden/?channel=105100


+++JUSTIZ
Keine Gefängnis-Strafbefehle mehr ohne Anhörung – Echo der Zeit
Hierzulande werden die allermeisten Strafurteile direkt von den Staatsanwältinnen und Staatsanwälten gefällt. Diese untersuchen den Fall und bestimmen auch gleich die Strafe, ohne dass ein unabhängiges Gericht involviert wäre. Per Strafbefehl können sie so nicht nur Geldbussen, sondern auch bis zu sechs Monate Freiheitsstrafe beschliessen. Doch das soll sich nun ändern.
https://www.srf.ch/audio/echo-der-zeit/keine-gefaengnis-strafbefehle-mehr-ohne-anhoerung?partId=12281677


+++KNAST
Blick in Hochsicherheitstrakt – Wo psychisch kranke und gefährliche Menschen behandelt werden
Erstmals erhält die Öffentlichkeit Einblick in den neuen Hochsicherheitstrakt der forensischen Psychiatrie im Aargau.
https://www.srf.ch/news/schweiz/blick-in-hochsicherheitstrakt-wo-psychisch-kranke-und-gefaehrliche-menschen-behandelt-werden


+++POLICE BE
Regierungsrat Müller: «Gut, dass Demo-Kosten überwälzt werden.»
Zum ersten Mal sind nach einer unbewilligten Demonstration Sicherheitskosten auf Teilnehmende überwälzt worden. Der Berner Sicherheitsdirektor Philippe Müller zeigt sich zufrieden, dass jetzt dieser Artikel aus den neuen Polizeigesetz angewandt wird. Und er fürchtet den Gang vor die Gerichte nicht.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/regierungsrat-mueller-gut-dass-demo-kosten-ueberwaelzt-werden?id=12281200
-> https://www.20min.ch/story/jetzt-werden-gegner-von-corona-massnahmen-zur-kasse-gebeten-470531018399
-> https://www.blick.ch/schweiz/bern/nach-gewalt-eskalationen-corona-demonstranten-werden-zur-kasse-gebeten-id18022181.html
-> https://www.bzbasel.ch/news-service/inland-schweiz/kostenbeteiligung-nach-eskalation-an-demo-coronagegner-muessen-finanziell-geradestehen-ld.2368040?mktcid=smch&mktcval=twpost_2022-11-04
-> https://www.watson.ch/schweiz/coronavirus/161034840-nach-eskalation-an-demo-coronagegner-muessen-finanziell-geradestehen
-> https://tv.telebaern.tv/telebaern-news/stadt-bern-stellt-erstmals-sicherheitskosten-in-rechnung-148631625
-> https://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/204603/



derbund.ch 04.11.2022

Unbewilligte Corona-Demos: Stadt Bern bittet sechs Teilnehmende zur Kasse

Das Polizeiaufgebot bei den nicht bewilligten Corona-Demonstrationen war massiv. Erstmals stellt die Stadt Bern nun die Kosten in Rechnung.

Jana Kehl

Donnerstag für Donnerstag zogen die Gegnerinnen und Gegner der Corona-Massnahmen im vergangenen Herbst durch die Berner Innenstadt. Die Stimmung an den unbewilligten Demonstrationen war aufgeheizt, das Polizeiaufgebot dementsprechend gross: Jedes Mal beliefen sich die Sicherheitskosten auf bis zu 200’000 Franken.

Nun bittet die Stadt Bern erstmals Teilnehmende verschiedener gewalttätiger Kundgebungen zur Kasse: Mit 200 bis 1000 Franken sollen sich sechs Betroffene an den Kosten beteiligen, wie die Fernsehsendung «Schweiz aktuell» am Donnerstagabend berichtete. «Alle gebüssten Personen haben bei den Demonstrationen Gewalt angewendet und wurden dafür bereits rechtskräftig verurteilt», hält der Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause (Die Mitte) fest.

Eine solche Kostenüberwälzung erlaubt das 2020 revidierte kantonale Polizeigesetz, wenn es bei einer unbewilligten Demonstration zu Gewalt gegen Personen oder Sachbeschädigungen kommt.

Die Kostenüberwälzung stösst auf Kritik

Auch wenn das Berner Stimmvolk die kantonale Einführung des Polizeigesetzes angenommen hat, stösst nun der Entscheid, die Kosten erstmalig zu überwälzen, auf Kritik. Zum einen sieht sich Reto Nause mit dem Vorwurf konfrontiert, eine Solo-Nummer hingelegt zu haben.

Aus einer Antwort auf eine Anfrage von Linksparteien im Stadtrat geht hervor, dass nicht der Gesamtgemeinderat den Beschluss gefasst hat, sondern Nauses Sicherheitsdirektion. Nause weist den Vorwurf des Alleingangs allerdings zurück und sagt: «Das war kein politischer Entscheid von mir, sondern einfach die Anwendung des Polizeigesetzes. Dafür braucht es keinen Entscheid des Gesamtgemeinderates.»

Zudem übten auch die Gegnerinnen und Gegner der Corona-Massnahmen  gegenüber SRF scharfe Kritik an den ausgesprochenen Verfügungen. Offenbar wolle die rot-grün regierte Stadt Bern an ihnen ein Exempel statuieren, liessen sie verlauten. «Die eigene Klientel , der schwarze Block, wird hingegen verschont», sagte Nicolas Rimoldi, Präsident der Bewegung «Mass-voll». Reto Nause entgegnet, dass das Gesetz noch nicht lange in Kraft sei und auch in Zukunft jede Kundgebung als Einzelfall geprüft werde.

Verfügungen sind noch nicht rechtskräftig

Die betroffenen Demonstrierenden haben nun die Möglichkeit, ihre Rechtsmittel auszuschöpfen und den Fall vor Gericht zu ziehen. Die Einführung der Kostenüberwälzung im Polizeigesetz hat die linke Vereinigung «Demokratische Juristinnen und Juristen Bern» stets bekämpft, da sie ein Einschnitt in die Grundrechte sei.

Daher begrüsse es die Vereinigung auch, wenn letztlich das Bundesgericht die Verfügungen überprüfen werde, berichtete SRF. Die Anfrage der Redaktion, ob die Vereinigung den Gegnern der Corona-Massnahmen juristischen Beistand durch alle Instanzen hindurch leisten werde, liess diese am Freitag unbeantwortet.
(https://www.derbund.ch/stadt-bern-bittet-sechs-teilnehmende-zur-kasse-583802678202)


+++RASSISMUS
Eklat um Röbi Koller: Jetzt verteidigt ihn Stephan Klapproth
Röbi Koller soll sich bei einem Wirtschaftspodium rassistisch geäussert haben. Jetzt nimmt Stephan Klapproth Stellung. Der Kult-Moderator war dabei.
https://www.nau.ch/people/aus-der-schweiz/eklat-um-robi-koller-jetzt-verteidigt-ihn-stephan-klapproth-66323397
-> https://www.blick.ch/people-tv/schweiz/nach-rassismus-eklat-srf-will-roebi-koller-zur-rede-stellen-id18023823.html
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/region-limmattal/spreitenbach-die-kritik-ebbt-nicht-ab-jetzt-muss-roebi-koller-beim-srf-chef-antraben-ld.2368455


Benjamin Giezendanner zum Schuldspruch gegen Naveen Hofstetter: «Er ist als Präsident weiterhin tragbar»
Im zt Talk sagt der Transportunternehmer und SVP-Nationalrat, warum er in den Ständerat wechseln will, weshalb der Partei Hans-Ueli Vogt als Bundesratskandidat gut anstehen würde – und wie er die politische Zukunft von Naveen Hofstetter sieht.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/zt-talk-benjamin-giezendanner-zum-schuldspruch-gegen-naveen-hofstetter-er-ist-als-praesident-weiterhin-tragbar-ld.2368449


+++RECHTSPOPULISMUS
Junge SVP Aargau nimmt Langzeitbezüger der Sozialhilfe ins Visier – «Arbeit muss sich wieder lohnen»
Die Junge SVP Aargau lanciert eine Initiative, welche eine Kürzung der Sozialhilfe um mindestens fünf Prozent bei Langzeitbezügern fordert. Dies, weil stetig mehr Menschen im Kanton immer mehr und deutlich länger Sozialhilfeleistungen beziehen würden.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/sozialhilfeleistungen-gegen-langzeitbezueger-in-der-sozialhilfe-junge-svp-aargau-lanciert-kantonale-initiative-ld.2368035


+++RECHTSEXTREMISMUS
Rechte und Rechtsextreme – so einig wie zerstritten
Im Stadtzürcher Parlament lassen alle Fraktionen eine Erklärung gegen Rechtsextremismus verlesen – nur die SVP stellt sich quer.
https://www.tachles.ch/artikel/schweiz/rechte-und-rechtsextreme-so-einig-wie-zerstritten


«Junge Tat»: Neue Form des Rechtsextremismus? – Rendez-vous
Mitte Oktober sorgten vermummte Neonazis der rechtsradikalen Gruppe «Junge Tat» für Schlagzeilen; wegen einem Überfall auf eine Drag-Queen-Lesestunde für Kinder in Zürich. Auch sonst fällt die Gruppe auf, die sich offen auf Social Media präsentiert und sogar ihre Namen nennt. Haben wir es hier mit einer neuen Form des Rechtsradikalismus zu tun?
https://www.srf.ch/audio/rendez-vous/junge-tat-neue-form-des-rechtsextremismus?partId=12281419



derbund.ch 04.11.2022

Erinnerungen werden wach: Nazi-Schmierereien in Langenthal

Rechtsextreme Codes und Aufkleber der Jungen Tat lösen Besorgnis aus. Handelt es sich um Einzelfälle oder um das Wiederaufflammen einer rechtsradikalen Bewegung?

Kathrin Holzer

Vielleicht würde man einfach darüber wegschauen. Wären da nicht die Vorfälle, wie sie sich in den letzten Monaten im ganzen Land gehäuft haben. Und wäre da nicht die Geschichte, die Langenthal bis heute nie ganz losgeworden ist.

Beides hat eine Reihe von Mitgliedern des Langenthaler Stadtrats nun veranlasst, nachzufragen, ob man sich der aktuellen Geschehnisse eigentlich bewusst sei im Langenthaler Gemeinderat. Und wie man dagegen vorzugehen gedenke.

Anlass zur Sorge geben den Fragenden um Grünen-Stadtrat Georg Cap Schmierereien und Propagandakleber, wie sie in Langenthal in letzter Zeit offenbar häufiger aufgetaucht sind.

Auf Fassaden und Kästen sind Hakenkreuze und Zahlencodes gesprayt, wie sie in rechtsextremen Kreisen verbreitet sind. Auf Aufklebern stehen Appelle der Jungen Tat, jener noch relativ neuen rechtsextremen Gruppierung also, die erst vor wenigen Wochen mit ihrer Störaktion im Zürcher Tanzhaus die Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat.

Es sei zu hoffen, dass es sich bei den Taten in Langenthal «lediglich um geschmacklose ‹Lausbubenstreiche›» handle, schreiben Cap und seine Mitstreitenden in ihrer Eingabe. Dabei belassen möchten sie es dennoch nicht. Zu wahrscheinlich sei es, dass sich die Urheberschaft vertieft mit dem rechtsradikalen Gedankengut auseinandersetze.

In Langenthal werden in diesem Zusammenhang schnell unangenehme Erinnerungen wach. Im zur Kleinstadt gewachsenen Dorf, in dem sich schon in den 1980er- und 1990er-Jahren eine rechtsextreme Szene gebildet hatte. In dem es auch in den Nullerjahren wieder zu Sachbeschädigungen und Gewalt seitens rechtsextremer Gruppen gekommen war. Und das 2004 ein Mitglied der inzwischen aufgelösten Partei National Orientierter Schweizer ins Stadtparlament wählte.

Abklärungen bei der Kantonspolizei

«Die damalige Tatenlosigkeit der Behörden war mit ein Grund, dass rechtsextreme Gruppierungen in Langenthal ungehindert auftreten konnten, was zu manch einer unschönen Schlagzeile führte und der Stadt zeitweilig den Ruf einbrachte, ein ‹Nazi-Nest› zu sein», schreiben die Interpellanten. Eine erneute solche Entwicklung gelte es um jeden Preis zu verhindern.

Luis Gomez, Leiter des Amts für öffentliche Sicherheit in Langenthal, sagt, für ein Wiederaufflammen einer rechtsextremen Bewegung gebe es in Langenthal bislang keine Anzeichen. Wobei auch er zur Vorsicht mahnt: Zurzeit seien Abklärungen bei der Kantonspolizei Bern am Laufen. «Diese werden dann in die Beantwortung der Interpellation im Stadtrat einfliessen.»

Bisher hat man aber auch bei der Kantonspolizei keine steigende Tendenz für Sprayereien in rechtsextremem Kontext festgestellt. «Weder in Langenthal noch im Kanton», sagt Mediensprecherin Isabelle Wüthrich. Wobei die Polizei nur dann Kenntnis von entsprechenden Vorfällen erlange, wenn diese zur Anzeige kämen. Die Entwicklungen würden laufend beobachtet.

Sie hätten sich lange überlegt, die Interpellation einzureichen, sagt Georg Cap. «Wir haben nicht den Eindruck, dass es wie damals bei der Pnos wieder eine eigenständig agierende Gruppe gibt in Langenthal.» Allerdings seien ihm auch aus Langenthal und Umgebung junge Erwachsene bekannt, die sich in den sozialen Medien als Mitglieder der Jungen Tat enttarnt hätten. «Wir möchten verhindern, dass sich daraus erneut ein Netzwerk bildet.»

Einen Weg zur Prävention sieht Cap darin, dass sich Stadt und Politik klar positionieren und Stellung beziehen. Dass der Handlungsspielraum klein ist, sei ihm und seinen Mitstreitenden bewusst. Wichtig sei es, die Entwicklung im Auge zu behalten. Und einem zunehmenden Rechtsextremismus allenfalls durch Sensibilisierung und Aufklärung entgegenzuwirken.

Nicht alle haben unterzeichnet

Dahin gehende Befürchtungen, sagt Cap, seien durchaus vorhanden. Betroffen von den rechtsextremen Schmierereien in den letzten Wochen war unter anderem Langenthals autonomes Kulturzentrum Lakuz. Das Lokal und seine Betreiberinnen und Betreiber waren schon in den Nullerjahren immer wieder Ziel rechtsradikaler Übergriffe, mehrfach war pure Gewalt im Spiel. «Natürlich ist da die Angst, dass plötzlich wieder mehr kommt», sagt Cap, selber Mitglied im linksautonomen Kulturkollektiv.

Wobei er seine Eingabe im Stadtrat nicht einem Links-rechts-Schema zugeordnet haben möchte. Bewusst habe er sein Anliegen allen Ratsmitgliedern zum Unterzeichnen angeboten, sagt er. Nicht alle wollten. Als Vorstösser und Vorstösserinnen treten neben ihm je ein Mitglied von SP, GLP und EVP auf. Keine  Unterzeichnenden finden sich aus den Reihen der bürgerlichen Parteien.
(https://www.derbund.ch/nazi-schmierereien-in-langenthal-648317201822)

Interpellation Cap Georg, Lehmann Päivi, Nadesalingam Niluja, Sigrist Michael und Mitunterzeichnende vom 31. Oktober 2022: Vermehrtes Auftreten rechtsextremer Symbole und Gruppen in Langenthal. Was ist die Stadt bereit dagegen zu unternehmen?
https://www.langenthal.ch/politbusiness/1705046
-> https://tv.telebaern.tv/telebaern-news/zunahme-des-rechtsextremismus-in-langenthal-148631633



SVP-Präsi mit Neonazi-Shirt: «Zuerst muss abgeklärt werden, ob er das T-Shirt bewusst getragen hat»
Der neue SVP-Parteipräsident aus Ebikon ist in die Schlagzeilen geraten, weil er ein Bild von sich gepostet hat, auf dem er ein Shirt eines Herstellers trägt, der für seine Nazisymbolik bekannt ist. Die kantonale Partei will dies direkt mit ihm klären und ein SVP-Nationalrat stützt dieses Vorgehen.
https://www.20min.ch/story/zuerst-muss-abgeklaert-werden-ob-er-das-t-shirt-bewusst-getragen-hat-280636362116


+++HISTORY
Die Geschichte einer geraubten Kindheit
Das Knabenheim «auf der Grube» in Niederwangen bei Bern hätte Buben aus schwierigen Verhältnissen Schutz und Geborgenheit bieten sollen. Das Gegenteil war der Fall. Gewalt und Missbrauch waren jahrzehntelang an der Tagesordnung – nun erzählen Ehemalige ihre Geschichte.
https://www.srf.ch/audio/zeitblende/die-geschichte-einer-geraubten-kindheit?id=12281458


Spektakel mit Menschen zog früher die Massen an: «Sudanesen-Dorf» und «Togo-Truppe»: Völkerschau in Luzern
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts kamen auch in Luzern vermehrt Völkerschauen auf. Dabei wurden exotische Menschen zum Begaffen teilweise nackt ausgestellt. Dazu gehörten oft auch einstudierte Aufführungen. Die Werbung sprach beispielsweise von 35 schönen «Togo-Mädchen» und «Fetisch-Priesterinnen».
https://www.zentralplus.ch/blog/damals-blog/sudanesen-dorf-und-togo-truppe-voelkerschau-in-luzern/


«Ein historischer Film ist immer ein Film über die Gegenwart»
Im neuen Historienfilm Unrueh taucht das Publikum in die Welt der anarchistischen Bewegung in einer Uhrenmacherstadt im Juragebiet ein. Im Gespräch mit Roxane Steiger erzählt Regisseur Cyril Schäublin über den Versuch der anarchistischen Bewegung, in einem kapitalistischen System neue Ordnungen zu erfinden.
https://www.pszeitung.ch/ein-historischer-film-ist-immer-ein-film-ueber-die-gegenwart/#top



zeit.de 04.11.2022

“Die Schweiz auf Drogen”: Ein Land an der Nadel

Die Schweiz hat die Drogenpolitik weltweit modernisiert. Ein Buch zeichnet nun diese Geschichte von Elend und Hoffnung nach – und verschweigt das größte Problem, das immer noch bleibt.

Von Jean-Martin Büttner

Maja Hess hatte als Ärztin in Nicaragua geholfen. Aber als sie in den 1980er-Jahren in die Schweiz zurückkehrte, konnte sie sich nicht vorstellen, in einem Spital zu arbeiten, das war ihr nach den aufregenden Jahren in Lateinamerika zu absehbar. Lieber ging sie in einem Park zur Arbeit, mitten in einer der reichsten Städte der Welt, in Zürich. Der Park befindet sich gleich neben dem Hauptbahnhof, ist von hohen Bäumen und Gras bewachsen und von zwei Flüssen eingefasst; links fließt die Sihl und rechts die Limmat.

Aber der Platzspitz, wie der Park heißt, war damals kein Park, sondern die Hölle. Ausgemergelte Frauen und Männer taumelten über das Gelände, siechten und bettelten. Andere lagen bewusstlos am Boden. Manche bluteten an den Armen und Beinen, hatten offene Wunden am Kopf. Der Platzspitz war voller dreckiger Kleider, blutiger Spritzen, Bierdosen, Zigarettenstummel, Kartons. Dabei ging es zu und her wie auf einem Markt: Die Dealer boten Stoff an, die Süchtigen kauften ihn. Aus ganz Europa reisten die Junkies nach Zürich, zu Spitzenzeiten spritzten bis zu 3000 Menschen täglich hier ihren Stoff. Sie litten an Entzugserscheinungen, Abszessen, Hepatitis, Mangelernährung, Depressionen, Kälte, Gewalt und Aids. Das Elend, mitten in Zürich, dauerte sechs lange Jahre von 1986 bis 1992.

Maja Hess, die Ärztin aus Nicaragua, erinnert sich, wie sie Süchtige reanimiert, Spritzen verteilt, Abszesse aufgeschnitten und offene Wunden verbunden hat. “Es gab Tage, da rückten wir in einer Schicht 15-mal aus, um zu beatmen.” Sie habe nie so viele Leben gerettet wie auf dem Platzspitz.

All das liest man in einem Buch, das kürzlich erschienen ist und den kühnen Titel Die Schweiz auf Drogen trägt. Die fünf schreibenden Männer, darunter zwei Historiker und ein ehemaliger Drogenbeauftragter, wollen nicht weniger, als die betäubte Geschichte eines Landes mit Hang zur Selbstmedikation zu erzählen. Denn die Schweiz ist bis heute ein Drogenland. Die Tabakindustrie wird mit geneigten Gesetzen für ihren Standort belohnt, eine Alkohollobby sorgt im Parlament dafür, dass Wein, Bier und Spirituosen in Strömen fließen. Zürich, St. Gallen, Basel und Genf gehören zu den zehn europäischen Städten, in denen am meisten gekokst wird. In Zürich als internationaler Raver-Stadt wird eine Menge Ecstasy gespickt, auf dem ganzen Land verteilt produzieren Indoor-Hanfplantagen Marihuana mit hoher Wirkung. Mit ihren drei weltweit erfolgreichen Pharmakonzernen stellt das Land für die ganze Welt Medikamente her. Librium, Valium, Ritalin und Rohypnol, die großen Sedierer, wurden hier entwickelt. Schon während des Ersten Weltkriegs hatte die Schweiz den kriegführenden Ländern das Operationsmorphin für ihre verletzten Soldaten geliefert.

Und es war im Kriegsjahr 1943, als Albert Hofmann, ein Aargauer Chemiker, der in Basel für die Firma Sandoz arbeitete, ein Tausendstelgramm einer Substanz zu sich nahm. Die Abkürzung des Roggenpilzderivats Lysergsäurediethylamid wurde später weltberühmt: LSD. Hofmann war auf der Suche nach einem Wehenmittel gewesen und hatte dabei den wirksamsten Stoff entdeckt, der je das menschliche Bewusstsein verändert hat. Als man ihn nach der schönsten Erfahrung fragte, die er unter dem Einfluss von LSD gemacht habe, sagte er: “Wieder zu wissen, wohin man gehört. Ein Teil zu sein der lebendigen Natur.” Kein Wunder, dass er die Ansicht vertrat, Chemiker müssten Mystiker sein.

Das LSD kolorierte die Sechzigerjahre, wurde 1966 in den USA und dann in den anderen Ländern verboten. In der Folge verlor die Substanz als Alltagsdroge an Bedeutung. Für eine Partydroge war das Psychedelikum als Erfahrung zu komplex. Dafür wird es heute in Psychotherapien verwendet, was Albert Hofmann noch erlebte. Und was ihn besonders freute. Für ihn war LSD ein Sakrament.

35 Jahre nach dem Verbot war der Solothurner Psychiater Peter Gasser der Erste weltweit, der eine Bewilligung erhielt, Menschen mit LSD zu behandeln. Seine Geschichte und die seiner Patienten, die er behandelt, ist faszinierend. Dank Gasser und seinen Mitstreitern wurde die Schweiz zum Pionierland für die therapeutische Erforschung von Halluzinogenen. Selbst in den USA hoffen Psychiaterinnen und Psychologen darauf, mit psychedelischer Hilfe die posttraumatischen Belastungsstörungen besser behandeln zu können, aber auch Süchte und Depressionen.

Das Buch behandelt alle Aspekte des illegalen Drogenkonsums

Bevor Die Schweiz auf Drogen auf ein paar wenigen hoffnungsvollen Seiten die therapeutische Anwendung der Drogen erzählt, gilt es, Hunderte Seiten voller Elend zu überstehen. Die Autoren zeigen, welche weitreichende Folgen der “War on Drugs” hatte, den der damalige US-Präsident Richard Nixon im Juni 1971 lostrat und für den das Land in den vergangenen 50 Jahren eine Trillion Dollar ausgegeben hat. Der Entscheid, den Konsum von harten Drogen zu verbieten, hatte katastrophale Folgen für die Gesellschaft und ihre Süchtigen.

Auch in Zürich litten die Fixerinnen und Fixer mindestens so sehr an den Folgen der Prohibition wie an den Entzugserscheinungen. Die Polizei errechnete, dass sie sich pro Monat bis zu 5000 Franken beschaffen mussten, um ihre Sucht zu finanzieren. Viele Männer trieb es zum Dealen, manche Frauen in die Prostitution. Deshalb war das Schlimmste an den illegalen Drogen ihre Illegalität. Es verstärkte den Verkauf von unreinem, also gefährlichem Stoff, förderte Hepatitis und Aids und zwang zum Dealen, womit das Verbot das Gegenteil seiner Absicht erzeugte.

Anders als die USA hat die Schweiz daraus gelernt, wenn auch langsam. Sechs lange Jahre verstrichen, ehe die Polizei den inzwischen weltberühmten “Needle Park Switzerland” abriegelte – worauf sich die Fixer in den benachbarten ehemaligen Bahnhof Letten umquartierten, der erst zwei Jahre später geschlossen wurde.

Dass nur eine kontrollierte Abgabe von Heroin die offene Drogenszene beenden würde, merkten zuerst die Fachleute wie der kürzlich verstorbene Psychiater Ambros Uchtenhagen. Doch erst als auch die Töchter und Söhne vom reichen Zürichberg am Letten verkamen und ihre Eltern Druck auf die bürgerlichen Politiker machten, kam im Zürcher Parlament die sogenannte Koalition der Vernunft aus Sozialdemokratie, Freisinn und Teilen der Christlich-Katholischen zustande, welche es ermöglichte, dass der Staat ab 1993 an die ersten Süchtigen Heroin abgab. Dieselben Parteien unterstützten den Bundesrat 1998 bei seinem Entscheid, die kontrollierte Heroinabgabe versuchsweise im ganzen Land einzuführen und saubere Spritzen gratis zu verteilen. Diese Drogenpolitik wurde in mehreren Abstimmungen bestätigt, nur die Westschweiz tat sich immer schwer, es dominierte die legalistische französische Mentalität. Aufs Ganze gesehen, sind die Schweizer bis heute aber Sucht-Pragmatiker: “Fixerstübli” nennen sie den Raum, in dem man das kontrollierte Heroin bekommt, als handle es sich um eine Dorfbeiz.

Seltsamerweise (vielleicht müsste man sagen: bezeichnenderweise) behandelt das Buch alle Aspekte des illegalen Drogenkonsums – mit Ausnahme seines Grundes. Nirgends wird richtig beschrieben, warum so viele Menschen in der Schweiz Drogen konsumieren, nirgendwo ist vom “craving” die Rede, wie die Angelsachsen die Empfindung bezeichnen, die Süchtige überkommt, wenn sie schon drauf sind. Sie wollen dann, dass die Ecken sich runden und die Sonne ewig untergeht. Sie sehnen sich nach lauer Betäubung, in der sich die Wahrnehmung zusammenzieht. Glück nicht als Moment, sondern als Zustand. Die Wirklichkeit hingegen kommt ihnen grell vor und mit ihr die Nüchternheit.

Und auch das größte Problem, das die Schweiz im Umgang mit bewusstseinsverändernden Stoffen hat, bleibt so gut wie unerwähnt: die vielen Drogen, die legal erhältlich sind oder sogar ärztlich verschrieben werden. Etwa 30.000 Menschen waren in den 1990er-Jahren vor der Einführung der kontrollierten Heroinabgabe heroinsüchtig (allerdings mit einer hohen Dunkelziffer). Heute leben in der Schweiz über 150.000 Alkoholkranke, die Zahl der Tablettensüchtigen wird auf das Doppelte geschätzt. Und obwohl die Tabakindustrie für ihr jahrzehntelanges Lügen ebenso heftige wie berechtigte Kritik hinnehmen musste, raucht in der Schweiz immer noch fast ein Drittel: 27,1 Prozent der Bevölkerung, die älter ist als 15 Jahre. Von den 15- bis 24-Jährigen sind es mehr als 30 Prozent. Dennoch kommen Alkohol, Aufputsch- und Beruhigungsmittel im Buch nur in historischen Kapiteln oder im kriminalistischen Kontext vor, über Tabak liest man beinahe nichts. Die Schweiz auf Drogen begrüßt die Legalisierung der illegalen Drogen und verdrängt dabei die Süchte, welche die legalen auslösen. Und das bei so viel mehr Menschen.

Peter-Paul Bänziger, Michael Herzig, Christian Koller, Jean-Félix Savary und Frank Zobel: Die Schweiz auf Drogen. Szenen, Politik und Suchthilfe 1965–2022. Chronos Verlag Zürich 2022; 383 Seiten, 38 Franken
(https://www.zeit.de/2022/45/die-schweiz-auf-drogen-drogenpolitik-zuerich/komplettansicht)


+++BRIAN
«Staat hat mein Leben zerstört» – jetzt meldet sich Brian zu Wort
Weil die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Untersuchungshaft gestellt hat, verzögert sich die Entlassung von Brian. Nun nimmt dieser via Instagram Stellung.
https://www.20min.ch/story/staat-hat-mein-leben-zerstoert-jetzt-meldet-sich-brian-zu-wort-795097630522
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/u-haft-statt-freiheit-brian-wird-wohl-doch-nicht-entlassen?id=12281242
-> https://tv.telezueri.ch/zuerinews/fall-brian-wie-weiter-148631468
-> https://www.blick.ch/schweiz/zuerich/wende-im-fall-um-den-zuercher-haeftling-deshalb-bleibt-brian-im-knast-id18024878.html