Medienspiegel 1. Juli 2022

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+++BERN
ajour.ch 01.07.2022

Biel: Abgewiesene Geflüchtete erheben ihre Stimmen

Menschen, die die Schweiz verlassen müssen, werden von der breiten Öffentlichkeit kaum wahrgenommen – ein Projekt will das ändern und auf Probleme hinweisen.

Laura Münger

Eliza aus Georgien, Nesrin aus dem Iran und Edona aus Mazedonien sind abgewiesene Geflüchtete. Sie und ihre Familien müssen die Schweiz verlassen und verfügen deshalb weder über eine Aufenthaltsbewilligung noch haben sie Anspruch auf Sozialhilfe. Das Gesetz garantiert ihnen jedoch das Recht auf Nothilfe, was eine minimale finanzielle Unterstützung, eine Unterkunft und den Zugang zu medizinischer Versorgung umfasst. Sie sind dadurch gewissermassen «offiziell illegal» in der Schweiz. Stellvertretend für weitere 600 abgewiesene Nothilfebeziehende im Kanton Bern haben sie beschlossen, ihre Stimmen zu erheben und auf ihre schwierigen Lebensumstände aufmerksam zu machen. Diese Woche hat «Unsere Stimmen» im Bieler Farelhaus Forderungen formuliert.

 Grundrechte einfordern

Eliza, Nesrin und Edona sind Teilnehmende von «Unsere Stimmen», dem Partizipationsprojekts, das vom Verein National Coalition Building Institute Schweiz zusammen mit rund 20 Geflüchteten aus dem Kanton Bern initiiert wurde. An einem öffentlichen Anlass dieser Woche im Farelhaus in Biel haben sie von ihrem Alltag erzählt und ihre fundamentale Forderung formuliert: ein menschenwürdigeres Leben in der Schweiz. Dass Grundrechte wie das Recht auf Würde und Sicherheit, auf Familie, auf Bildung und Arbeit sowie auf Ruhe und Privatsphäre auch ihnen, den Abgewiesenen garantiert werden. Sie, die Abgewiesenen, das sind Menschen wie Du und ich, es sind junge Frauen und Mütter wie Eliza, Nesrin und Edona, sie heissen aber auch Fouad, Lamine und Rezai und sind Kleinkinder, Jugendliche, junge Männer und Familienväter. Doch von der breiten Öffentlichkeit werden ihre Probleme kaum wahrgenommen, weil sie im alltäglichen Leben nicht als spezielle Gruppe auffallen, gleichzeitig räumlich aber vom Rest der Gesellschaft getrennt untergebracht werden, in sogenannten Notunterkünften.

Schmutzige Toiletten

Eliza ist Mutter einer 16-jährigen Tochter und eines zweijährigen Sohns, vor fünf Jahren ist sie mit ihrem Mann und den beiden Kindern in die Schweiz geflüchtet. Zu viert leben sie seither in einem einzigen Zimmer: «Wenn es draussen kalt und nass ist, hat mein Sohn keinen zusätzlichen Raum in der Unterkunft, in dem er sich austoben und unbeschwert spielen kann. Meiner Tochter, die das zehnte Schuljahr besucht, wird in der Notunterkunft kein Zimmer zur Verfügung gestellt, in dem sie ungestört lernen kann. Das Leben aller Familienmitglieder mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen spielt sich immer in den gleichen engen vier Wänden ab, das ist für uns alle sehr belastend.» Edona hat drei Kinder und wohnt seit fünf Jahren in der Schweiz. Vor vier Monaten wurde sie aus dem Rückkehrzentrum Bözingen nach Enggistein transferiert. Für die Behörden eine administrative und logistische Aufgabe, für Edona und ihre Familie, die sich in Bözingen mit den Umständen arrangiert und sich eine kleine neue Heimat aufgebaut haben ein erneuter Bruch, der Stress auslöst und der jungen Mutter den Schlaf raubt.

Nesrin erzählt, dass die sanitären Anlagen in ihrer ehemaligen Notunterkunft häufig schmutzig gewesen seien, sodass sie immer wieder Infektionen eingefangen habe: «Schliesslich habe ich mir angewöhnt, unter der Woche möglichst wenig zu trinken und zu essen, sodass ich die Toiletten möglichst selten benutzen musste. Erst wenn wir am Wochenende zu meinem Onkel fahren durften, der kein Abgewiesener ist und in einer Wohnung lebt, erlaubte ich mir, bedenkenlos zu essen und zu trinken». Auch sie teilte sich mit ihren Eltern und ihren drei Geschwistern jahrelang ein einziges Zimmer in der Unterkunft. Regelmässig traten in dieses Schlafzimmer, das  zugleich Wohn-, Ess-, Spiel- und Hausaufgabenzimmer für alle fünf Familienmitglieder war, Sicherheitsmitarbeitende und das Betreuungspersonal zur Kontrolle ein, meistens ohne dafür die Schuhe auszuziehen. Als die Familie den negativen Entscheid in letzter Instanz erhielt, konnte Nesrin das Brückenjahr nicht beenden. Ihre Gedanken wurden düster, doch die behandelnde Psychotherapeutin stellte ihr nur immer die gleichen Fragen und konnte Nesrins Fragen nicht beantworten. Leise und mit gebrochener Stimme schliesst sie ihren Erfahrungsbericht vor den sichtlich betroffenen knapp 30 Personen im Publikum: «Ohne die Unterstützung von meiner Lehrerin und meinen Freunden wäre ich heute vielleicht nicht hier, um meine Stimme zu erheben.»

 Nochmals traumatisiert

Die Erlebnisse der drei Rednerinnen stützen die Ergebnisse einer im Juni 2020 erstmals veröffentlichten Studie zu den psychischen Gesundheitsfolgen des Nothilfesystems für abgewiesene Asylsuchende. Urs Ruckstuhl, Psychologe, und Fabienne Davallou, Sozialarbeiterin bei der Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration, haben in diesem Bericht gemeinsam mit weiteren Autorinnen und Autoren die sozialen, psychischen und gesundheitlichen Belastungsfaktoren, denen Abgewiesene aufgrund ihres Aufenthaltsstatus ausgesetzt sind, analysiert und ziehen in ihren Vorträgen im Farelhaus ein alarmierendes Fazit: «Die Nothilfe ist ein krankmachendes Regime. Geflüchtete Menschen, die aufgrund der Erlebnisse vor und während der Flucht häufig bereits traumatisiert sind, müssen vom Aufnahmeland davor geschützt werden, nach der Flucht erneut Risikofaktoren für eine Traumatisierung ausgesetzt zu werden.» Die Schweiz werde dieser Aufgabe nicht gerecht, Abgewiesene würden Armut, soziale Isolation, Zwang zu Inaktivität, Ohnmacht, Aberkennung von Zukunft und Verlust von Ressourcen erleben, so Urs Ruckstuhl. All dies löse bei den Betroffenen Angst und Stress aus, was schliesslich häufig zu einer psychischen oder einer psychosomatischen Erkrankung führe.

In einer Podiumsdiskussion wurden abschliessend Vertretende der Bieler Zivilgesellschaft und der städtischen Politik mit den Forderungen der Abgewiesenen konfrontiert und gebeten, Stellung zu beziehen. Samantha Dunning, SP-Grossrätin, zeigt sich erschüttert: «Es macht mich traurig zu hören, dass in der Schweiz eine Gruppe von Menschen allgemein gültige Grundrechte einfordern muss und dabei bereits davon ausgeht, dass ihr Wunsch, gehört zu werden und entsprechende Änderungen ihrer menschenunwürdigen Lebensrealitäten erwirken zu können, utopisch ist».

 Spielraum ausnutzen

Doch schliesst dieser politische (Un-)Wille automatisch aus, dass die Stimmen der Abgewiesenen gehört und weitergetragen werden? Dass Empfehlungen von Fachleuten ernstgenommen und umgesetzt werden?

Das Nothilfesystem für abgewiesene Geflüchtete basiert auf einer gesetzlichen Grundlage. Für Urs Ruckstuhl wäre deshalb zentral, dass Entscheidungstragende aus Politik, Behörden und Verwaltung den vorhandenen gesetzlichen Spielraum zum Beispiel im Bereich Unterbringung und Beschäftigung konsequent und aktiv zugunsten der Abgewiesenen ausnutzen, statt ihn zu verneinen. Und dass auch Menschen aus der Zivilbevölkerung «Unsere Stimmen» weiterhin mittragen und verstärken, denn auch wenn es wenige sind ist es für die Abgewiesenen wichtig zu wissen, dass es sie gibt.
(https://ajour.ch/story/abgewiesene-geflchtete-erheben-ihre-stimmen/17030)



Mehrheit privat untergebracht: Gegen 7000 Ukrainerinnen und Ukrainer im Kanton Bern
Dem Kanton Bern wurden vom Bund 7000 Geflüchtete aus der Ukraine zugewiesen. 4300 Personen konnten privat untergebracht werden.
https://www.derbund.ch/gegen-7000-ukrainerinnen-und-ukrainer-im-kanton-bern-132452233415
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/spielerisch-spiez-erkunden-was-bringts-dem-tourismus?id=12216779
-> https://www.be.ch/de/start/dienstleistungen/medien/medienmitteilungen.html?newsID=ea79d9ee-a3f4-4da7-91a1-465cc04bdbd7
-> https://www.neo1.ch/artikel/kanton-bern-informiert-ueber-ukraine-situation

1.7.2022 – Point de presse der BKD und der GSI / Point de presse de l’INC et de la DSSI
An diesem Point de Presse informieren wir Sie über die neusten Entwicklungen und den aktuellen Stand der Massnahmen im Zusammenhang mit den Auswirkungen der Ukraine-Krise im Kanton Bern. Speziell informieren wir Sie über die aktuelle Lage der Geflüchteten aus der Ukraine an bernischen Schulen.
Am Point de Presse informieren Sie Regierungspräsidentin Christine Häsler, Bildungs- und Kulturdirektorin, Regierungsrat Pierre Alain Schnegg, Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektor, sowie Christoph Egger, Chef Sonderstab Ukraine Kanton Bern.
https://www.youtube.com/watch?v=OnkGfIszp_4



derbund.ch 01.07.2022

Bildungsdirektorin Christine Häsler: «2200 Personen aus der Ukraine sind im bernischen Bildungssystem»

Viele ukrainische Kinder und wenig Lehrkräfte: Die Bildungsdirektorin Christine Häsler (Grüne) spricht von einer «grossen Belastung» für die Schulen.

Naomi Jones, Christian Pfander(Fotos)

Nach den Ferien werden viele ukrainische Kinder, die möglicherweise traumatisiert sind, in die Regelklassen integriert. Dazu kommen Lehrermangel und viele administrative Aufgaben: Was tut der Kanton für die Lehrkräfte?

Die Schulen leisten unter schwierigen Bedingungen hervorragende Arbeit. Es ist eine grosse Belastung für die Lehrerinnen, Lehrer und Schulleitungen. Seitens der Bildungsdirektion versuchen wir die Schulen in allen möglichen Bereichen zu unterstützen. Dabei können wir keine allgemeine Regelung für den ganzen Kanton festlegen. Die Inspektoren und Inspektorinnen müssen zusammen mit den Schulen schauen, welche Entlastung sie benötigen. Auch die administrative Belastung schauen wir an.

Welche Unterstützung erhalten Schulen konkret?

Wir sind den Schulleitungen etwa dabei behilflich, Stellen zu besetzen. In der Direktion vermitteln zwei Mitarbeitende zwischen Schulen und Menschen, die bereit sind einzuspringen. Die Pädagogische Hochschule bietet Weiterbildungsmöglichkeiten für Lehrkräfte und hat ein Beratungstelefon. Es gibt ein Mentoratsprogramm, in dem junge Lehrpersonen und Quereinsteigende von erfahrenen Lehrkräften unterstützt werden. Wir versuchen auch auf finanziellem Weg der Situation gerecht zu werden, indem zusätzlicher Aufwand in Rechnung gestellt werden kann. Zudem arbeiten wir intensiv mit allen involvierten Verbänden zusammen. Wir nehmen die Sorgen laufend auf und versuchen, Unterstützung zu bieten.

Fast an jeder Schule hat es unterdessen ukrainische Kinder. Wie viele sind es derzeit?

Im Moment sind 2200 ukrainische Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene irgendwo im bernischen Bildungssystem, also der Volksschule, auf der Sekundarstufe II, und vereinzelt sogar an der Universität oder der Fachhochschule. Davon sind rund 1000 Kinder in Willkommensklassen oder sogenannten DAZ-Klassen, also für Deutsch als Zweitsprache. Und etwa 800 sind bereits in Regelklassen integriert. Das ist eine gewaltige Leistung der Schulen, die sie neben allen anderen Aufgaben erbracht haben.

Wie gehts nach den Sommerferien weiter?

Die Kinder aus den Willkommensklassen werden nach und nach in die Regelklassen integriert. Das geschieht nicht überall auf die gleiche Weise, sondern es kommt auf die Strukturen vor Ort, die Anzahl Kinder und die Kinder selbst an. Es kommt vor allem darauf an, ob sie dem Unterricht in der Regelklasse folgen können oder nicht. Das wird die Schulbehörde mit Unterstützung des Inspektorats entscheiden. Und 140 ukrainische Kinder werden neu in den Kindergarten eintreten. Das wissen wir bereits.

Wird es weiterhin Willkommensklassen für die neu Ankommenden geben?

Ja, es wird auch nach den Sommerferien Willkommensklassen geben. Einerseits für die Kinder, die noch nicht die Regelklasse besuchen können, und andererseits für die neu ankommenden. Wir können nicht eine grosse Zahl neu eingetroffener ukrainischer Kinder oder mehrere Kinder gleichzeitig aus einer Willkommensklasse in eine Regelklasse schicken. Das wäre für die Lehrkräfte sehr anstrengend. Und wir wissen nicht, wie viele Kinder im Herbst und Winter neu zu uns kommen werden.

Bleiben die Willkommensklassen in den Ferien offen, damit die ukrainischen Kinder weiter Deutsch lernen können?

Wir sind froh, wenn die Kinder und Jugendlichen alle Gelegenheiten nutzen, auch während der Ferien Deutsch zu lernen. Das Angebot ist von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich, so wie die anderen Ferienangebote. In vielen Gemeinden gibt es Ferienangebote wie etwa die Ferieninseln. Und dort sind auch die ukrainischen Kinder willkommen.

Aber es gibt kein obligatorisches Angebot?

Nein.

Kurz nach Kriegsausbruch hat der Kanton ukrainische Lehrkräfte gesucht. Haben sich viele gemeldet?

Innerhalb von wenigen Tagen haben sich über 1000 Personen gemeldet, die helfen wollten. Darunter waren auch ukrainische Lehrerinnen. Zum Teil haben sie bereits eine Anstellung in einer Schule gefunden. Auch ukrainische Frauen haben sich gemeldet, die nun als Hilfskräfte in Klassen mit ukrainischen Kindern eingesetzt werden. Unserem Aufruf sind aber noch viel mehr schweizerische Personen gefolgt. Darunter hat es auch ausgebildete Lehrkräfte. Wir kontaktieren nun all diese Personen und fragen sie auch für andere offene Stellen an.



Schule im Containerdorf

Im Kanton Bern leben derzeit 7000 geflüchtete Menschen aus der Ukraine. Von diesen sind nur etwas mehr als 1000 Personen in Kollektivunterkünften untergebracht. Weil der Kanton Bern aber damit rechnet, dass im Herbst und Winter wieder mehr Menschen in der Schweiz Schutz suchen werden, hat er in den verschiedenen Regionen über sechzig weitere Kollektivunterkünfte vorbereitet. Eine davon ist das Containerdorf auf dem Viererfeld. Am 6. und am 7. Juli kann die lokale Bevölkerung die Anlage zwischen 16 und 20 Uhr besichtigen. Danach werden die ersten Geflüchteten einziehen. Auch eine Schule für die ukrainischen Kinder wird es in den Containern geben, wie Erwin Sommer von der kantonalen Bildungsdirektion sagt. Damit die ukrainischen Kinder aber trotzdem Kontakt zu Schweizer Kindern hätten, werde nach einer Möglichkeit gesucht, sie wenigstens teilweise in Regelklassen zu integrieren. (jo)
(https://www.derbund.ch/im-moment-sind-2200-personen-aus-der-ukraine-im-bernischen-bildungssystem-642269886434)


+++ZÜRICH
Gemeinden suchen Personal zur Betreuung ukrainischer Flüchtlinge
Bis zu 60’000 Menschen sind aus der Ukraine in die Schweiz geflüchtet. Viele von ihnen leben in Zürich. Für die Gemeinden stellt dies zunehmend eine Herausforderung dar. Denn vielerorts fehlen Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, um die Flüchtlinge zu betreuen.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/gemeinden-suchen-personal-zur-betreuung-ukrainischer-fluechtlinge?id=12216614
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/ja-ich-will-homosexuelle-paare-heiraten?id=12216830 (ab 07:09)


+++SCHWEIZ
Das Amt und die verstümmelte Katze
Das Staatssekretariat für Migration informierte vor einem Jahr über «schwere kriminelle Handlungen» gegen eine seiner Mitarbeiterinnen in Basel. Die Täterschaft: Linksextreme. Die Medien nahmen die Geschichte breit auf. Polizeidokumente wecken nun Zweifel an den Darstellungen der Bundesbehörde.
https://www.republik.ch/2022/07/01/das-amt-und-die-verstuemmelte-katze


Die Ausschaffung des Herrn K.
Vor fast zwanzig Jahren wurde sein Asylgesuch abgelehnt. Seither lebt Herr K. als Sans-Papiers in der Schweiz. Er hofft, als Härtefall anerkannt zu werden. Doch dann wird er unvermittelt abgeschoben. Aber hätte er überhaupt verhaftet werden dürfen?
https://www.republik.ch/2022/06/29/am-gericht-die-ausschaffung-des-herrn-k


Frontex-Beschwerden: Rechtsschutz ist für Zusatzaufgabe zu entschädigen
Asylsuchende, die in der Schweiz ankommen und deren Menschenrechte bei Frontex-Einsätzen an der EU-Aussengrenze verletzt wurden, sollen sich besser wehren können: Die Rechtsvertreter*innen und -berater*innen unterstützen sie künftig im Beschwerdeverfahren der europäischen Grenzschutzagentur. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) begrüsst die vom Bundesrat beschlossene Massnahme, fordert jedoch eine ausreichende Finanzierung des Rechtsschutzes für diese Zusatzaufgabe. Zudem muss sich die Schweiz verstärkt für die Verbesserung des Grundrechtsschutzes an den EU-Aussengrenzen und eine umfassende Reform von Frontex einsetzen.
https://www.fluechtlingshilfe.ch/medienmitteilungen/frontex-beschwerden-rechtsschutz-ist-fuer-zusatzaufgabe-zu-entschaedigen


+++GRIECHENLAND
Griechenland weist Pushback-Vorwürfe in Migrationsdebatte zurück
Die EU-Innenkommissarin wirft Athen Rechtsbrüche im Umgang mit Migranten vor. Die griechische Regierung dementiert
https://www.derstandard.at/story/2000137073131/griechenland-weist-pushback-vorwuerfe-in-migrationsdebatte-zurueck?ref=rss


+++MITTELMEER
Drei tunesische Migranten bei Überfahrt nach Italien gestorben
Boot sank vor der Küste der Insel Djerba, drei Personen werden vermisst. Nun wartet das Rettungsschiff Ocean Viking mit mehr als 200 Migranten an Bord, in einem Hafen anlegen zu dürfen
https://www.derstandard.at/story/2000137069052/drei-tunesische-migranten-bei-ueberfahrt-nach-italien-gestorben?ref=rss


+++SPANIEN/MAROKKO
Wider die Entmenschlichung
An der Grenze zu Melilla starben mindestens 37 Menschen beim Versuch nach Europa zu gelangen. Der Umgang mit den Lebenden wie den Toten offenbart das Versagen Europas.
https://www.medico.de/wider-die-entmenschlichung-18692


Melilla: europäisches Grenzregime tötet weitere 37 Menschen
Der folgende Text ist eine gemeinsame Erklärung und eine Verurteilung der Ereignisse am 24. Juni 2022 in Melilla, wo hunderte Menschen von Marrokko aus versucht haben, den Grenzzaun nach Melilla zu überwinden. An diesem Tag hat das rassistisch abschottende europäische Grenzregime weitere 37 Menschenleben gekostet, hunderte mehr wurden verletzt. Das folgende Statement wurde von Kollektiven geschrieben, die vor Ort in Melilla für die Verteidigung der Menschenrechte arbeiten. Es soll die Gewalt an den europäischen Aussengrenzen aufzeigen und verurteilen. Seit dem Massaker in Melilla fanden an vielen Orten international Gedenkveranstaltungen statt.
https://migrant-solidarity-network.ch/2022/07/01/melilla-europaeisches-grenzregime-toetet-weitere-37-menschen/


+++DROGENPOLITIK
bernerzeitung.ch 01.07.2022

Cannabis-Pilotversuch: Bund weist Regierungsrat in die Schranken

Die Berner Regierung lehnt die versuchsweise Abgabe von Cannabis in Apotheken ab. Dazu habe der Kanton nichts zu sagen, sagt aber das Bundesamt für Gesundheit.

Bernhard Ott

Wohl noch in diesem Jahr werden Kifferinnen und Kiffer in der Stadt Bern Cannabis in Apotheken beziehen können. Damit wollen verschiedene Städte untersuchen, wie sich ein kontrollierter Zugang zu Cannabis auf Konsum und Gesundheit Erwachsener auswirken.

Stadt und Universität Bern haben nun offiziell ein Gesuch für einen entsprechenden Pilotversuch beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) und der kantonalen Ethikkommission eingereicht, wie Studienleiter Reto Auer vom Berner Institut für Hausarztmedizin auf Anfrage bestätigt.

Auf den Support des Berner Regierungsrates muss Auer dabei aber verzichten, wie aus der soeben publizierten Antwort des Regierungsrates auf einen Vorstoss von SVP und EDU deutlich wird. «Die Aufgabe von Apotheken besteht in der Abgabe von Heilmitteln und nicht in der Abgabe von Suchtmitteln», hält die Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion (GSI) von Regierungsrat Pierre Alain Schnegg (SVP) fest. Der Regierungsrat würde sich auch dagegen aussprechen, Tabakwaren in Apotheken zu verkaufen, wenn jemand dies fordern würde.

Die Haltung der Kantonsregierung ist insofern nicht erstaunlich, als sie sich bereits in der Vernehmlassung zur entsprechenden Revision des Betäubungsmittelgesetzes grundsätzlich gegen die versuchsweise Abgabe von Cannabis ausgesprochen hatte.

Anlaufstelle als Alternative?

Als Alternative zu den Apotheken schlägt der Regierungsrat den Städten vor, die Abgabe «in dafür geeigneten Einrichtungen» stattfinden zu lassen oder separate Abgabestellen einzurichten. Letzteres wird auch vom Verein Cannabis Research beabsichtigt, der in Zusammenarbeit mit der ETH und der Universität Zürich eigene Abgabestellen in mehreren Städten betreiben will, so auch im Kanton Bern.

Als «geeignete Einrichtungen» erachtet der Regierungsrat Institutionen, die bereits über Erfahrungen mit suchtabhängigen Menschen verfügen. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass die Teilnehmenden des Cannabis-Pilotversuchs nicht mit den anderen Klientinnen und Klienten der Institution in Kontakt kämen, hält der Regierungsrat fest.

Wie das etwa in der engen Anlaufstelle des Berner Contact bewerkstelligt werden soll, lässt die Exekutive offen. Falls der Grosse Rat den Vorstoss als Postulat überweise, werde er sich aber «im Rahmen seiner Möglichkeiten» für passende alternative Stellen zur Abgabe von Cannabis einsetzen, schreibt der Regierungsrat.

Kanton hat nichts zu bestimmen

Welche Möglichkeiten der Regierungsrat dabei hat, geht aus der Vorstossantwort nicht hervor. GSI-Sprecher Gundekar Giebel hält dazu fest, dass sich diese Frage erst stelle, wenn der Grosse Rat den Vorstoss überwiesen habe.

Die Antworten des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) lassen allerdings keinen Zweifel daran, dass die Berner Regierung beim Thema nichts zu bestimmen hat. Die Pilotversuche würden «abschliessend» durch Bundesrecht geregelt, hält BAG-Sprecher Daniel Dauwalder auf Anfrage fest.

Gemäss Verordnung geht es beim Pilotversuch namentlich darum, die Auswirkungen verschiedener Vertriebssysteme zu untersuchen. Entsprechend wurden einst in der Botschaft zur Revision des Betäubungsmittelgesetzes die Apotheken beispielhaft als Verkaufsstellen genannt. «Das Bundesrecht geht hier folglich dem kantonalen Recht vor.» Widerspreche eine allfällige kantonale Regelung Bundesrecht, wäre diese «hinfällig», schreibt Dauwalder.

Bei der Universität Bern hat man die Haltung des Regierungsrates «zur Kenntnis genommen», wie Studienleiter Auer festhält. Man werde die Debatte im Grossrat über den SVP/EDU-Vorstoss verfolgen «und die allfälligen Auswirkungen auf die Studie prüfen», schreibt Auer.
(https://www.bernerzeitung.ch/bund-weist-regierungsrat-in-die-schranken-380080580877)



M 085-2022 Freudiger (Langenthal, SVP) Keine Cannabis-Pilotversuche in bernischen Apotheken. Antwort des Regierungsrates
https://www.rr.be.ch/de/start/beschluesse/suche/geschaeftsdetail.html?guid=36c6517032b8445685c56464d407fedc


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Auf dem Bundesplatz in Bern: Rund 500 Personen demonstrieren für das Recht auf Abtreibung
Am Freitagabend haben sich auf dem Berner Bundesplatz rund 500 Personen zu einer Kundgebung für  Abtreibungsrechte versammelt.
https://www.derbund.ch/rund-500-personen-demonstrieren-fuer-das-recht-auf-abtreibung-867133010545


2000 Demonstrierende setzen sich in Zürich für das Recht auf Abtreibung ein
Nach einem Gerichtsurteil in der USA, dass das Recht auf Abtreibung schwächt, sind gestern Abend auch in Zürich rund 2000 Demonstranten auf die Strasse. Auch in der Schweiz gibt es mehrere Initiativen, die die Abtreibung massiv einschränken wollen.
https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/2000-demonstrierende-setzen-sich-in-zuerich-fuer-das-recht-auf-abtreibung-ein-00187816/


Rückblick auf einen kämpferischen 14. Juni
Wir machen einen Rückblick auf den 14. Juni 2022, den feministischen Streiktag. Wir hören uns Redebeiträge an, die an Demos und während Aktionen am 14. Juni gehalten wurden.
Kämpfe verbinden – Patriarchat überwinden!
https://rabe.ch/2022/07/01/rueckblick-auf-einen-kaempferischen-14-juni/


Bruchstrasse Luzern: Hausbesetzer tappen jetzt im Dunkeln und betteln bei Nachbarn um Strom
Die leerstehende Liegenschaft an der Bruchstrasse 64 wird seit Tagen von Aktivistinnen und Aktivisten besetzt. Wie die Gruppe Bruch mitteilt, hätten nun die Hauseigentümer den Strom abstellen lassen.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/schwyz/bruchstrasse-luzern-hausbesetzende-tappen-jetzt-im-dunkeln-und-betteln-bei-nachbarn-um-strom-ld.2312129
-> https://www.zentralplus.ch/wohnen-bauen/hauseigentuemer-ziehen-bruch-besetzerinnen-den-stecker-2399829/


+++KNAST
Brian behauptet, der Richter erpresse ihn
Der als «Carlos» bekanntgewordene Straftäter Brian erhebt auf seinem Instagram-Kanal Vorwürfe: Die Richter und Staatsanwaltschaft wollten ihn erpressen.
https://www.nau.ch/news/schweiz/brian-behauptet-der-richter-erpresse-ihn-66213365


+++BIG BROTHER
Staatliche E-ID wird nächstem Lackmustest unterzogen
15 Monate nach dem Nein an der Urne zu einer privaten E-ID steht eine staatliche Lösung bereit. Künftig soll der Bund eine App für das Smartphone anbieten, mit der man sich sicher, schnell und unkompliziert digital ausweisen kann. Ein Fokus gilt der Datensicherheit.
https://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/200989/


+++RECHTSPOPULISMUS
«Elender Nestbeschmutzer»: SVP-Glarner beschimpft Parteikollegen
SVP-Nationalrat Andreas Glarner geht kaum einer Auseinandersetzung aus dem Weg. Auf Twitter hat er sich auf ganz tiefem Niveau gefetzt – und das mit einem Parteikollegen. Das gefällt auch der SVP-Spitze nicht.
https://www.blick.ch/politik/elender-nestbeschmutzer-svp-glarner-beschimpft-parteikollegen-id17620693.html


+++RASSISMUS
tagesanzeiger.ch 01.07.2022 (14:00)

Nach DiskriminierungsvorwurfJacqueline Fehr geht nun doch nicht ans Alba-Festival – und erntet Kritik

Die SP-Regierungsrätin sagt ihren Besuch beim albanischen Musikfestival kurzfristig ab – weil er «zum politischen Thema» geworden sei. FDP-Politiker Përparim Avdili ist empört.

Pascal Unternährer

Die Ereignisse rund ums Alba-Festival und Jacqueline Fehr (SP) sind von Kurzfristigkeit geprägt. Im vergangenen September zog die Regierungsrätin die Bewilligung für das Musikfest der albanischen Community auf dem Hardturmareal zwei Tage vor dem Anlass zurück.

Jetzt sagt sie ihre angekündigte Teilnahme an der diesjährigen Ausgabe des Festivals einen Tag vor der Durchführung ab. Ab Samstag werden an zwei Tagen rund 20’000 Besucherinnen und Besucher im Zürcher Kreis 5 erwartet.

Fehr erklärt sich in vier Tweets vom Freitagmorgen, wie die NZZ zuerst berichtet hat. Ihr Besuch am Anlass sei «unterdessen zum politischen Thema geworden», schreibt sie. Der Veranstalter Adem Morina habe zwar an der Einladung festgehalten, doch wisse sie aus Gesprächen, dass ihm «die politische Inszenierung» rund ums Festival Sorgen bereite. Deshalb habe sie ihm angeboten, ihn ausserhalb des Festivals zu treffen. «Ich wünsche allen ein schönes Fest», schliesst Fehr.

Hintergrund ist eine Einschätzung der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus (EKR). Die EKR hatte auf Antrag der Regierungsrätin eine Untersuchung zur Begründung der Absage im Herbst 2021 durchgeführt. Das Fazit: Die öffentliche Begründung sei von der albanischen Community «zu Recht als diskriminierend empfunden» worden.

Fehr hatte das Festival aus Sorge vor einer zusätzlichen Belastung der Spitäler abgesagt. Zudem richtete sich der Anlass, wie sie damals in der Medienmitteilung schrieb, insbesondere an eine «stark betroffene» Gemeinschaft. Ferienrückkehrerinnen und -rückkehrer aus dem Balkan hätten sich überdurchschnittlich oft mit Corona infiziert, was sich an den Zahlen in den Intensivstationen ablesen lasse. «Daraus lässt sich schliessen, dass die Impfquote in dieser Bevölkerungsgruppe zu tief ist, um in der derzeitigen epidemiologischen Lage eine solche Grossveranstaltung verantworten zu können», hiess es in der Mitteilung.

Ausser Acht wurde gelassen, dass für das Alba-Festival die 3-G-Regel galt, die Teilnehmenden also entweder geimpft, genesen oder getestet sein mussten.

Heftige Kritik von FDP-Politiker Avdili

Kritik prasselte auf Jacqueline Fehr ein, es gab diverse politische Vorstösse. Und nun die Beurteilung der Rassismuskommission, welche – obwohl sie schon im letzten Herbst vorlag – erst diese Woche publik wurde.

Der Zürcher FDP-Gemeinderat Përparim Avdili hatte sich bereits im letzten September kritisch geäussert. Auch dieses Mal reagierte er schroff auf den Bericht der EKR: «Eine Ohrfeige für Regierungsrätin Fehr, nachdem sie offensichtlich versuchte, das Ganze unter den Teppich zu kehren», twitterte er. Und: «Beschämend! Das muss nun aufgearbeitet werden und darf nicht als Lappalie untergehen.»

Fehrs Ankündigung, nun nicht ans Festival zu gehen, kommentiert Avdili am Freitag auf Facebook mit dem Hinweis, sie habe mit ihrem «willkürlichen Entscheid», ihrer «skandalösen Argumentation» und ihrem «fragwürdigen Verhalten» insbesondere gegenüber der Community «das Ganze überhaupt erst politisiert». Avdili, auch Präsident der städtischen FDP, legt noch nach: «Alle wollten friedlich feiern, bis Frau Fehr kam.» Jetzt freue er sich, dass «alle nun feiern können, so wie es sein sollte».
-> https://www.facebook.com/perparim.avdili
(https://www.tagesanzeiger.ch/jacqueline-fehr-geht-nun-doch-nicht-ans-alba-festival-317598448884)
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/zuerich/grossveranstaltungen-nach-rassismusvorwuerfen-regierungsraetin-fehr-verzichtet-auf-besuch-des-alba-festivals-ld.2312066



nzz.ch 01.07.2022

Nach Diskriminierungsvorwürfen: SP-Regierungsrätin Jacqueline Fehr sagt ihren Besuch am Alba-Festival kurzfristig ab

Das Volksfest für albanische Kultur und Musik findet ohne Beteiligung der Zürcher Justizdirektorin statt. Zuvor kassierte Fehr einen Rüffel der Anti-Rassismus-Kommission.

Daniel Fritzsche

Am Wochenende trifft sich die albanische Gemeinschaft auf dem Zürcher Hardturmareal. Bis zu 20 000 Teilnehmer werden am Alba-Festival erwartet. Die Zürcher Regierungsrätin und Kulturministerin Jacqueline Fehr wird nicht unter ihnen sein. Dies, obwohl die SP-Politikerin Anfang Woche zugesagt hatte.

«Mein Besuch ist unterdessen aber zum politischen Thema geworden», schreibt Fehr auf Twitter. Deshalb habe sie sich noch einmal mit Adem Morina, dem Organisator des Festivals, unterhalten. Diesem bereitet die «politische Inszenierung» rund um den Grossanlass Sorgen, wie Fehr schreibt. Darum habe sie ihm angeboten, ihren angekündigten Besuch abzusagen und den Veranstalter stattdessen erst nächste Woche zu treffen.

Zu den Teilnehmern des diesjährigen Festivals meint Fehr auf Twitter: «Ich wünsche allen ein schönes Fest!»

    Eigentlich wollte ich dieses Wochenende das alba Festival besuchen. Mein Besuch ist unterdessen aber zum politischen Thema geworden. Deshalb habe ich gestern Abend mit Adem Morina, dem Veranstalter des alba Festivals telefoniert. Er hat mich dabei erneut ans Festival eingeladen.
    — Jacqueline Fehr (@jacquelinefehr) July 1, 2022

Regierungsrätin Fehr ist in die Kritik geraten, weil sie das Alba-Festival 2021 nur zwei Tage vor Austragung absagen liess. Als Begründung gab sie an, dass sich das Festival an eine von der Corona-Pandemie «stark betroffene Community» gerichtet habe. Dies, obschon am Anlass 3-G-Regeln gegolten hätten.

Wie die NZZ diese Woche bekanntgemacht hat, hat die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus die damalige Kommunikation rund um die Absage kritisiert. Sie sei «zu Recht als diskriminierend empfunden worden». Grundsätzlich sei es problematisch, den Rückzug einer Bewilligung mit der Herkunft des Zielpublikums zu begründen.

Der Stadtzürcher FDP-Präsident Përparim Avdili hat wenig Verständnis für die Argumentation Fehrs: «Offenbar hat Regierungsrätin Fehr noch nicht verstanden, dass ihr willkürlicher Entscheid zur Absage und das mehr als fragwürdige Verhalten im Nachhinein das Ganze überhaupt erst politisiert haben», schreibt er auf Facebook. «Alle wollten friedlich feiern, bis Frau Fehr kam.» Avdili kündigt an, politische Vorstösse zur Aufarbeitung des Falls zu lancieren.
(https://www.nzz.ch/zuerich/alba-festival-in-zuerich-jacqueline-fehr-sagt-ihren-besuch-ab-ld.1691611)


+++RECHTSEXTREMISMUS
Braunes Gift – Das Drogenkartell der Neonazis
Der Film zeichnet exklusiv ein rechtsextremes Drogennetzwerk nach, das die Thüringer Neonazi-Rocker “Turonen” errichtet haben. Dabei nutzten die Rechtsextremisten ihre deutschland- und europaweiten Szenekontakte. Der Film zeigt auch, wie die Polizei reagierte: erstmals setzte das Thüringer Landeskriminalamt nicht allein den Staatsschutz und den Verfassungsschutz, sondern Experten aus der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität auf die Neonazi-Rocker-Bande an. Der bundesweit erste Fall dieser Art!
https://www.youtube.com/watch?app=desktop&v=9HGpLk2R0SI


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Hass-Posts rütteln Zuger Asylwesen durch: Marko Kovic: «Hass auf Frauen ist in der Verschwörungsszene weit verbreitet»
Der Leiter der Durchgangsstation Steinhausen ist gefeuert worden. Dies, nachdem er auf Facebook Hass gegen Homosexuelle geschürt und russische Propaganda verbreitet hat. Der Soziologe Marko Kovic ordnet den Fall ein.
https://www.zentralplus.ch/gesellschaft/marko-kovic-hass-auf-frauen-ist-in-der-verschwoerungsszene-weit-verbreitet-2399697/


Bei Bundesratsreise: Corona-Skeptiker Rimoldi diskutiert mit Berset übers Covid-Gesetz
Der Bundesrat hat auf seiner diesjährigen Bundesratsreise am Donnerstag Halt am Rheinfall gemacht. Auch Corona-Skeptiker und Massnahmen-Gegner waren vor Ort. Nicolas Rimoldi von «Mass-Voll» sprach dabei auch kurz mit Gesundheitsminister Alain Berset.
https://www.blick.ch/politik/bei-bundesratsreise-corona-skeptiker-rimoldi-diskutiert-mit-berset-uebers-covid-gesetz-id17621846.html
-> https://www.20min.ch/story/berset-kontert-impfgegner-viele-covid-todesfaelle-in-meiner-familie-996303853120
-> https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/alain-berset-viele-menschen-in-meiner-familie-starben-an-corona-66212947


Aktivist wirft dem Stadtrat Brugg am Rutenzug vor, Kriegspartei zu sein
Alec Gagneux hat den Brugger Traditionsanlass benutzt, um das Benefiz-Festival für die Ukraine vom 1. Juli erneut zu kritisieren. Im Gespräch mit der AZ kündigt der Ethiker weitere Aktionen an.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/brugg/stoeraktion-aktivist-wirft-dem-stadtrat-brugg-am-rutenzug-vor-kriegspartei-zu-sein-ld.2311589



derbund.ch 01.07.2022

Freunde der Verfassung in der Krise: Millionen auf dem Konto – aber die Mitglieder springen ab

In der Corona-Pandemie wurden die Massnahmen-Kritiker zur politischen Kraft. Zuletzt haben Querelen die Gruppe gelähmt. Verlieren sie gerade ihre Referendumskraft?

Hans Brandt, David Sarasin

Nüchtern ist die Stadthalle Sursee, eine praktische Dreifachturnhalle, wie es sie dutzendfach in der Schweiz gibt: Sportbelag, Sichtbeton, blau bestuhlte Tribünen. Bei Banketten können hier über 1000 Menschen an langen Tafeln feiern. Letztes Wochenende sind es vielleicht 300, die zur ersten physischen Mitgliederversammlung (MV) der Freunde der Verfassung an gelben Tischen Platz nehmen – von offiziell 25’864 Mitgliedern. Ein Neustart soll es werden, nach Höhenflügen während der Corona-Pandemie und lähmendem Streit samt Rücktritt des halben Vorstands in den letzten Monaten.

Auf der Bühne sitzen Vorstandsmitglieder und Beirat, begleitet von einem Anwalt. In mehreren Metern Abstand unten im Saal stehen Scheinwerfer und ein grosses Mischpult. Es wird gefilmt, zwecks Dokumentation und Beweisführung. Erst dahinter dann die Tische der einfachen Mitglieder. Wer hinten nichts sehen kann, kann den Rednern auf einer grossen Leinwand folgen.

Zwei Stunden hat der Vorstand für fünfzehn Traktanden angesetzt. Jahresbericht, Jahresrechnung, Revisionsbericht, Budget, Statutenrevision. Die MV dauert dann fünf Stunden, am Ende sind mehr als 100 Leute vorzeitig gegangen. Aber der Vorstand jubelt in einer Medienmitteilung: «Mitgliederversammlung stärkt dem Vorstand den Rücken. Freunde der Verfassung starten durch.»

«Eine bizarre Veranstaltung»

Den Jubel teilen nicht alle Verfassungsfreunde. Eine «bizarre Veranstaltung» sei die Mitgliederversammlung gewesen, sagt das ehemalige Vorstands- und Gründungsmitglied Markus Häni. Noch am Abend der Versammlung gibt er der massnahmenkritischen Bloggerin Nicole Hammer ein Interview für ihren Youtube-Kanal. Häni gibt vor der Kamera seinen Austritt aus dem Verein bekannt. Das Gleiche tun Erwin Weinzinger und Thomas Börlin, beide ehemalige Regioleiter und Mitglieder der «Arbeitsgruppe Statuten». Noch während der Versammlung habe er sein Austrittsschreiben verfasst und eingereicht, sagt Börlin.

Bei den Vorwürfen der ehemaligen Mitglieder, die sie während fast 50 Minuten vortragen, geht es um Gelder, die veruntreut worden sein sollen, und undemokratisches Vorgehen des Vorstands, der der Basis das Mitbestimmungsrecht entzogen habe. Damit handle der Vorstand so wie der Bundesrat in der Pandemie. Weinzinger sagt: «Die Veranstaltung widerspiegelte die Schweizer Regierung, der Vorstand hat zu viel Macht ausgeübt und die Mitglieder manipuliert.» Für Börlin sind sie fortan keine Freunde der Verfassung mehr, sondern «Freunde des Vorstandes».

Kritik kommt auch von ausserhalb dieses Kreises der frischen Ehemaligen. Christoph Pfluger, Massnahmengegner und «systemkritischer» Verleger, Initiant, Namensgeber und ehemaliges Vorstandsmitglied der Freunde der Verfassung, äussert sich auf seinem Blog zur Mitgliederversammlung. Der Titel des Beitrags: «Das wars, liebe Freunde!» Pfluger kommt zum Schluss, dass das Ende der Freunde der Verfassung absehbar ist. «Ich glaube nicht, dass sie noch eine potente Kraft sein können», sagt Pfluger am Telefon.

Zehntausende Anhänger, Millionen Spenden

Dabei haben die Freunde der Verfassung seit ihrer Gründung im Juli 2020 («Bei mir im Büro», wie Pfluger anfügt) die politische Landschaft aufgemischt wie kaum eine andere vergleichbare Gruppe in den letzten Jahrzehnten. Die Wirren der Corona-Pandemie und der Unmut über Massnahmen gegen das Virus bescherten der Organisation Zehntausende Anhänger und Anhängerinnen und Millionen an Spenden. Gleich zwei Referenden gegen das Covid-19-Gesetz brachten sie an die Urne. Im Juni 2021 stimmten immerhin fast 40 Prozent im Sinne der Massnahmenkritiker und gegen den Bundesrat. Im November ging der Anteil der Kritiker etwas zurück, auf gut 38 Prozent – trotz einer professionelleren und deutlich teureren Nein-Kampagne.

Der Erfolg brachte auch Spannungen: Die Organisation wuchs so schnell, dass niemand wirklich den Überblick hatte. Vorstandsmitglied Michael Bubendorf wurde als Sprecher schweizweit bekannt – aber seine zum Teil wirren Ansichten kollidierten mit denen anderer Vorstandsmitglieder (und vieler Schweizerinnen und Schweizer). Ende 2021 kam es zum Eklat: Bubendorf trat zurück, wie der Vorstand behauptete. Oder er wurde in die Wüste geschickt, wie Bubendorf behauptete. Auch zwei weitere Vorstandsmitglieder zogen sich zurück. Erst seit April hat der Verein wieder einen regulären Vorstand – aber auch dessen Wahl bleibt umstritten, ein ehemaliges Mitglied droht, sie vor Gericht anzufechten.

Streit gab es auch ums Geld. Es floss in kaum zu kontrollierenden Fluten. «An der MV hiess es, dass vergangenes Jahr rund 10 Millionen Franken an Spenden eingegangen seien», berichtet Pfluger. Die Jahresrechnung verzeichnet allerdings nur einen Ertrag von etwas mehr als 8,5 Millionen Franken. Auch Erwin Weinzinger konstatiert: «Die Zahlen waren unvollständig. Tausende Sympathisanten haben eine ehrliche Erklärung verdient.»

Spenden liefen nicht über das Vereinskonto

«Aufgrund der Höhe des Betrages und des Tempos der Kampagne mussten wir auf externes Fachwissen zugreifen und mit Profis arbeiten», schreiben Marion Russek und Sandro Meier, die 2021 für die Finanzen zuständig waren, in der Jahresrechnung. Russek ist inzwischen in den Beirat des Vereins gewechselt, Meier bleibt Vorstandsmitglied. «Wir haben daher einige Crowdfundings über externe Anbieter organisiert. Dies bewirkte, dass nicht sämtliche Spenden über Konten der Verfassungsfreunde abgewickelt wurden.»

Bei den «externen Anbietern» handelt es sich um die Agentur Goal, die vom Revisor namentlich erwähnt wird, und ihr verbundene Firmen. Goal-Inhaber Alexander Segert ist bekannt als Werber für die SVP. Über seine Firma sollen illegale Spenden an die Alternative für Deutschland (AfD) geflossen sein. Russek und Meier schreiben, dass die Revisoren der Verfassungsfreunde die «an Externe getätigten Spenden» geprüft und keine Unregelmässigkeiten festgestellt hätten.

«Es ist üblich und weit verbreitet, dass über Crowdfunding- oder Onlineplattformen Geld für politische Projekte oder Kampagnen gesammelt wird», schreibt auf Nachfrage Susanne Brunner, Zürcher SVP-Gemeinderätin, die gemeinsam mit Segert den «Sammelplatz Schweiz» betreibt, eine Plattform zur Sammlung von Unterschriften. «‹Sammelplatz Schweiz› ist ein Partner für Komitees und Auftraggeber solcher Projekte. So waren wir Partner im Rahmen der Abstimmung über das Covid-Gesetz vom November 2021.»

Segert hingegen will das Engagement der Goal AG weder bestätigen noch dementieren. «Die Goal gibt grundsätzlich keinerlei Auskünfte über abgeschlossene, laufende oder potenzielle Mandate», schreibt er.

Roland Bühlmann, neuer Co-Präsident der Freunde der Verfassung, nennt die Vorwürfe der finanziellen Unregelmässigkeiten «haltlose Gerüchte». Externe Firmen als Empfänger von Spenden zu nutzen, habe die Prozesse stark vereinfacht, sagt Bühlmann. So hätten etwa Sympathisanten über einen Button auf Facebook spenden können. Auf diese Weise seien Tausende Kleinspenden zusammengekommen. «Wenn man jede dieser Einzelspenden bei uns hätte verbuchen und dann weiterleiten müssen, wäre das viel Aufwand gewesen», sagt Bühlmann. Letztlich basiere ein solcher Vorgang auch auf Vertrauen. «Ich sehe keinen Grund, warum man diesen Leuten nicht vertrauen sollte.» Zudem habe der Verein ja einen Revisor eingesetzt. «Und die MV hat die Jahresrechnung genehmigt.»

Bühlmann räumt ein, dass die Millionen, die die Freunde der Verfassung gesammelt haben, auch aus Grossspenden stammen. Die Namen der Spender kenne er aber nicht – und würde sie auch nicht bekannt geben, wenn er sie wüsste. «Ein Teil der Unterstützung kommt aus der Ecke der KMU», meint er. «Also von Firmen, die unter den Anti-Corona-Massnahmen gelitten haben.»

Kritiker haben eine neue Organisation gegründet

Eine gewisse Kritik am Vorgehen äussert allerdings auch Bühlmann. Was der Vorstand 2021 geleistet habe, sei «grossartig und einzigartig» gewesen. «Aber man hat es vielleicht versäumt, die Basis mehr einzubeziehen», meint er. «Wenn man hört, dass Millionenbeträge gespendet wurden, hätte man vielleicht etwas mehr Geld den Regiogruppen geben können.»

Damit nimmt der neue Co-Präsident den Streitpunkt auf, der inzwischen zu einer Spaltung der Freunde der Verfassung geführt hat. Kritiker um Börlin und Weinzinger, die der Basis und den Regionen grösseren Einfluss sichern wollten, haben eine eigene Organisation gegründet, das «Verfassungsbündnis», und werben aktiv um Mitglieder. Bühlmann reagiert gelassen. «Ich habe keine Befürchtung, dass wir Mitglieder verlieren», sagt er. «Wir sind immer noch der grösste Verein. Und letztlich geht es um die Sache, um unsere Ziele.» Das grössere Problem für die Zukunft seien Corona- und Politikmüdigkeit.

Das sieht der Politologe Michael Hermann ähnlich: «Es hat eine Beruhigung gegeben. Jetzt fängt die mühsame Kleinarbeit an.» Zumal auch die Bevölkerung die Pandemie hinter sich lassen wolle. «Ich gehe davon aus, dass sie in einen gewissen Dämmerschlaf gehen und kein Thema finden, das massentauglich ist.» Sollte sich so ein Thema wieder anbieten, könnten sie allerdings schnell wieder erwachen, meint Hermann, und hätten eine wichtige Ressource: viele Adressen von Sympathisantinnen und Sympathisanten.

Christoph Pfluger wirft den Freunden der Verfassung strategische Fehler vor. «Das war eine potente Kampagnenorganisation, aber vorausschauende politische Projekte hatten keine Chance», meint er. Nur aus dem Widerstand und ohne konstruktive Ansätze lasse sich keine nachhaltige Politik entwickeln. Inzwischen beobachtet er eine wachsende Nähe zur SVP. «Einige bestimmende Kräfte im Vorstand kann man der SVP zuordnen.»

Die Freunde der Verfassung selbst haben ihre Erwartungen massiv heruntergeschraubt. Aus dem Budget für 2022 geht hervor, dass man nur noch mit der Hälfte der bisherigen Mitgliederbeiträge rechnet. Ob damit die Referendumsfähigkeit erhalten bleibt, wird die nächste Kampagne zeigen: Die Freunde der Verfassung – oder was von ihnen übrig bleibt – wollen gegen den Einfluss der Weltgesundheitsorganisation auf die Schweiz kämpfen.
(https://www.derbund.ch/millionen-auf-dem-konto-aber-die-mitglieder-springen-ab-521488349656)


+++HISTORY
Reitschul-Gastronomie: Das Sous le Pont verbindet, seit 30 Jahren
https://www.megafon.ch/das-sous-le-pont-verbindet-seit-30-jahren/?artikel=Das+Sous+le+Pont+verbindet%2C+seit+30+Jahren


«Legitimation für ein kriminelles Regime»
Die Universität Lausanne kritisiert die Verleihung eines Ehrendoktors an Benito Mussolini – gesetzliche Grundlage für Entziehung der Ehrung fehlt.
https://www.tachles.ch/artikel/schweiz/legitimation-fuer-ein-kriminelles-regime


+++ROCKERKRIEG
Urteile im Rocker-Prozess – diverse Parteien kündigen gegenüber Blick an, den Weiterzug an die nächste Instanz zu prüfen: Muss nun bald das Obergericht ran?
Nach einer blutigen Schiesserei im Mai 2019 unter rivalisierenden Töff-Rockern fand rund drei Jahre später der Monster-Prozess mit 22 Beschuldigten statt. Am Donnerstag hat das Gericht nun die Urteile verkündet – vier Stunden lang.
https://www.blick.ch/schweiz/bern/urteile-im-rocker-prozess-diverse-parteien-kuendigen-gegenueber-blick-an-den-weiterzug-an-die-naechste-instanz-zu-pruefen-muss-nun-bald-das-obergericht-ran-id17622451.html


«Apropos» – der tägliche Podcast: Ist das Urteil das Ende des Rockerkriegs in der Schweiz – oder erst der Anfang?
In Bern fiel gestern das Urteil im Prozess zwischen den Hells Angels und den Bandidos. Der Prozess brachte die Staatsgewalt an den Anschlag. Wie geht es nun weiter?
https://www.bernerzeitung.ch/ist-das-urteil-das-ende-des-rockerkriegs-in-der-schweiz-oder-erst-der-anfang-622344575798


Rechtsanwalt Valentin Landmann über Rivalitäten unter Motorradclubs: «Die Hells Angels sind wie eine Zürcher Zunft»
Der Zürcher Rechtsanwalt Valentin Landmann ist seit Jahrzehnten mit den Hells Angels verbunden. Im Interview mit Blick-TV nimmt er Stellung zu den Urteilen im Rocker-Prozess – und er sagt, weshalb er die MC-Szene für friedlich und gesetzestreu hält.
https://www.blick.ch/schweiz/rechtsanwalt-valentin-landmann-ueber-rivalitaeten-unter-motorradclubs-die-hells-angels-sind-wie-eine-zuercher-zunft-id17623759.html
-> https://tv.telezueri.ch/talktaeglich/bandenkrieg-in-der-schweiz-146768348