Medienspiegel 25. Juni 2022

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+++BERN
ajour.ch 24.06.2022

Biel/Enggistein – Nach erzwungenem Wegzug aus Container-Dorf: «Wir sind glücklicher hier als in Biel»

Der tamilischen Familie Nesakumar gefällt es im Rückkehrzentrum im Emmental. Das überrascht. Hatte sie sich doch gegen einen Wegzug aus Biel gewehrt.

Deborah Balmer

Sie besitzen praktisch nichts, neue Kinderkleider gibt es nur an Geburtstagen, die Familie lebt in einem einzigen Zimmer. Es ist ein bescheidenes Leben. Und trotzdem sind sie grosszügig und bieten dem Besuch als erstes einen Tee aus der Heimat an: einen Chai mit Kardamom, Koriander und Curry, der gut schmeckt. Dazu werden Kekse und ein Zuckerschälchen mit einem fein verzierten Löffel auf den Tisch gestellt.

Es wirkt so, als würden es Thirunavukkarasu Nesakumar und seine Frau Thanusika Nesakumar geniessen, Gastgeber zu sein. Sich wenigstens ein bisschen zuhause fühlen. Sie, die vor vier Jahren von der Schweiz einen negativen Asylentscheid erhalten haben und das Land eigentlich verlassen müssten, aber noch immer hier sind. Hier ist das Rückkehrzentrum Enggistein in der Gemeinde Worb.

Sie wollten Biel nicht verlassen

Seit dem 11.April lebt die vierköpfige tamilische Familie in Enggistein, am Rande des Emmentals. Auf einem Gutshof, der vom Kanton seit Februar als Rückkehrzentrum für Frauen und Familien betrieben wird. Dabei wollte die Familie Biel eigentlich nicht verlassen. Denn Biel ist der Ort, an dem ihre beiden Kinder zur Welt kamen und wo ihre Tochter ihre Freundinnen und Freunde hatte. Und trotzdem sagen die Eltern nun: «Wir haben unsere Meinung geändert. Uns gefällt es: Die Atmosphäre im Haus ist gut, die Umgebung ist ruhig und schön und die Luft frisch. Und die Menschen im Dorf sind sehr freundlich zu uns.» Auch die Kinder seien glücklicher auf dem Land.

Töchterchen Ashuika geht in Worb in den ersten Kindergarten. Auf die Frage, was sie dort am liebsten spielt, antwortet sie keck: «Hängematte». Der 39-jährige Vater erzählt  zwischen zwei Schlucken Tee vom Container-Dorf in Bözingen, in dem sie fast zwei Jahre lang lebten. Kein schöner Ort sei das gewesen. Die 30-jährige Thanusika Nesakumar stimmt ihm zu: «Die Umgebung direkt neben der Autobahnauffahrt war grau und nicht geeignet für Kinder.» Das wurde den beiden erst jetzt so richtig bewusst. Der einzige Vorteil: Es gab mehr Läden in der Nähe. Und die Mutter erinnert sich gerne an die guten Deutschlehrerinnen ihrer Tochter.

Der Sohn eines Grossbauern

Die Familie hat bewegte Jahre hinter sich. Thirunavukkarasu Nesakumar ist die ersten acht Lebensjahre im Norden Sri Lankas auf einem grossen Landwirtschaftsbetrieb aufgewachsen. Sein Vater besass 450 Kühe und zahlreiche Schafe. Er war Besitzer von Reisfeldern. Arm waren sie nicht. Doch weil der Vater die Tamil Tigers unterstützte, wurde er Ende der 80er-Jahre erschossen, wie Nesakumar erzählt. Er war damals sieben Jahre alt.

Das Schicksal des Vaters beeinflusste auch sein Leben. «Ich wurde von der Polizei und dem Militär entführt und gefoltert. Sie wollten Informationen von mir, die ich nicht hatte.» Die Entführer hatten den Verdacht, dass auch er die separatistische Organisation Tamil Tigers (LTTE) unterstütze, was laut ihm nicht der Fall war. Es sei ihm aber zum Verhängnis geworden, dass vier Studenten die den Tamil Tigers nahe standen, in seiner IT-Firma ausgebildet wurden. Er habe nichts von deren Aktivitäten gewusst.

Frei kam er dank seiner Mutter, die via Politiker Einfluss auf die Entführer nehmen konnte. «Wir mussten ihnen Geld zahlen für meine Befreiung.» Das war der Anfang der Fluchtgeschichte des Paares, das schon damals verheiratet war. «Wir entschieden uns, in die Schweiz zu fliehen, um unser Leben zu retten», sagt Thirunavukkarasu Nesakumar.

Die Reise führte über die Seychellen, Dubai, Italien hierher. «Ich ging davon aus, dass wir hier Freiheit finden.» Das war 2015. Obwohl ihm der Bund seine Geschichte glaubt, bekam die Familie einen negativen Asylentscheid. Er müsse beweisen, dass sein Leben noch immer bedroht sei in der früheren Heimat. Doch das sei schwierig. Zum Verhängnis wurde ihm auch, dass er in Sri Lanka zur Oberschicht gehört und über Geld verfügt.

Odyssee durch die Schweiz

Die Familie kommt nicht zur Ruhe: Lausanne, Büren, Biel, Tramelan, Bözingen und nun also Enggistein: Sieben Mal ist sie in der Schweiz innerhalb sieben Jahren umgezogen. Gleichzeitig sind ihre Tage hier oft öde:Während die Tochter in den Kindergarten geht, verbringen die Eltern Zeit mit dem Zweijährigen Aarusan. Die Mutter kocht gerne mit anderen im Zentrum. 29 Menschen leben in Enggistein, darunter zehn Kinder.

Drei der fünf Familien waren zuvor im Container-Dorf in Biel einquartiert. Der Vater betreibt einen kleinen Gemüsegarten in Walkringen, der ihm von der Kirche zur Verfügung gestellt wird. Manchmal fahren die Eltern mit dem Postauto ins Zentrum von Worb, um dort einzukaufen. Das kostet sie über zehn Franken. Viel Geld bleibt da nicht übrig: 26 Franken täglich steht der Familie zur Verfügung. Damit müssen sie auch Windeln für den Zweijährigen kaufen.

Beide betonen, wie gerne sie eigentlich arbeiten, der Schweiz etwas zurückgeben würden. Er in seinem Fachgebiet der Informatik, sie, die in der Heimat Rechtswissenschaften studierte, aber nicht abschloss, vielleicht als Köchin in einem Restaurant. Doch mit dem Abgewiesenen-Status ist das nicht möglich. Wenn die Tochter in die Schule kommt, kann die Familie aber ein Härtefallgesuch stellen. «Wir hoffen noch immer, dass wir Asyl erhalten und unsere Zukunft aufbauen können. Eine Rückkehr nach Sri Lanka ist für uns keine Option», sagt Thirunavukkarasu Nesakumar mit ernster Miene.


+++SCHWEIZ
Die Freisinnigen setzten auf Härte in der Migrationspolitik – Echo der Zeit
Die FDP Schweiz macht sich fit fürs Wahljahr 2023, unter anderem beim Thema Migrationspolitik. An der Delegiertenversammlung in Andermatt zeigt sich, dass die Freisinnigen in diesem Bereich einen härteren Kurs fahren wollen. Auch, um das Feld nicht der SVP zu überlassen.
https://www.srf.ch/audio/echo-der-zeit/die-freisinnigen-setzten-auf-haerte-in-der-migrationspolitik?partId=12212648


Kaum offizielle Abmeldungen: Wo sind die ukrainischen Flüchtlinge?
Beim Bund haben sich bis heute erst 200 ukrainische Flüchtlinge abgemeldet. Auch bei den Kantonen ist der Aufenthaltsort oft nicht bekannt. Die Zahl jener Flüchtlinge, welche den Kanton gewechselt oder die Schweiz verlassen haben, dürfte also deutlich höher liegen.
https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/ukraine-krieg-kaum-offizielle-abmeldungen-wo-sind-die-ukrainischen-fluechtlinge-ld.2309126


+++SPANIEN/MAROKKO
Vorwürfe gegen Marokkos Sicherheitskräfte nach tödlichem Ansturm auf Exklave Melilla
Mindestens 18 Menschen starben bei dem Versuch den sechs Meter hohen Zaun zur spanischen Exklave überwinden – marokkanische Beamte sollen zugesehen, und sogar ungerechtfertigte Gewalt angewendet haben
https://www.derstandard.at/story/2000136881331/18-tote-bei-sturm-auf-spanische-exklave-melilla?ref=rss


Drama in Melilla – 18 Migranten bei Sturm auf spanische Enklave gestorben
https://www.srf.ch/news/international/drama-in-melilla-18-migranten-bei-sturm-auf-spanische-enklave-gestorben
-> Fotos/Videos: https://twitter.com/NadorAmdh
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/melilla-18-migranten-bei-sturm-auf-spanische-exklave-getoetet?urn=urn:srf:video:382a8da3-617d-4ab1-9546-6ca8ff14bf46


+++MITTELMEER
Rettungsschiff Aita Mari darf mit 112 Personen auf Sizilien landen
Indes wartet die Sea Watch 4 mit 312 Menschen an Bord auf Landehafen – eine Person wurde wegen schwerer gesundheitlicher Probleme evakuiert
https://www.derstandard.at/story/2000136885890/rettungsschiff-aita-mari-darf-mit-112-personen-auf-sizilien-landen?ref=rss


+++GASSE
Kein Bargeld mehr: Im Luzerner Bahnhof darf nur noch aufs WC, wer digital bezahlt
Wer das Luzerner Bahnhof-WC benutzen möchte, kann das nur noch mit digitalen Zahlungsmitteln. Wer mit Bargeld ankommt, bleibt draussen – und das sorgt für Unverständnis.
https://www.20min.ch/story/im-luzerner-bahnhof-darf-nur-noch-aufs-wc-wer-digital-bezahlt-604200197611


++++DEMO/AKTION/REPRESSION
Über 15’000 kämpferische Bauarbeiter demonstrieren in Zürich
Mehr als fünfzehntausend Bauarbeiter haben klargemacht, dass sie keine Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen akzeptieren werden. Die Baumeister träumen nämlich von einer vollständigen Deregulierung der Arbeitszeiten. Die Folge wären im Sommer noch längere Arbeitstage bei grösster Hitze. Die Bauarbeiter verlangen stattdessen einen besseren Schutz ihrer Gesundheit.
https://www.unia.ch/de/aktuell/aktuell/artikel/a/19173
-> https://www.tagesanzeiger.ch/bauarbeiter-demonstrieren-in-der-zuercher-innenstadt-762326683487
-> https://www.blick.ch/wirtschaft/grosse-bueezer-demo-in-zuerich-das-sind-die-forderungen-der-bauarbeiter-id17607892.html
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/fuer-bessere-arbeitsbedingungen-tausende-bauarbeiter-gehen-in-zuerich-auf-die-strasse
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/tausende-bauarbeiter-fordern-bessere-arbeitsbedingungen-66208924
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/camille-lothe-ist-neue-praesidentin-der-stadtzuercher-svp?id=12212609
-> https://tv.telezueri.ch/zuerinews/protest-tausende-bauarbeiter-demonstrieren-in-zuerich-146982582
-> https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/tausende-bauarbeiter-gehen-in-zuerich-auf-die-strasse-00187257/
-> https://www.20min.ch/story/veraergerte-bauarbeiter-gehen-auf-die-strasse-trambetrieb-beeintraechtigt-106080258181
-> https://www.aargauerzeitung.ch/news-service/wirtschaft/lohnverhandlungen-tausende-bauarbeiter-gehen-in-zuerich-auf-die-strasse-ld.2309219


CSD ZH:
-> https://twitter.com/___R___EL
-> Demo-Aufruf: https://barrikade.info/article/5245


Bezirksgericht Zürich verurteilt 82-jährigen Klimaaktivisten (ab 02:40)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/camille-lothe-ist-neue-praesidentin-der-stadtzuercher-svp?id=12212609
-> https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/bezirksgericht-zuerich-verurteilt-einen-82-jaehrigen-klimaaktivisten-00187207/
-> https://www.tagesanzeiger.ch/82-jaehriger-klimaaktivist-vom-bezirksgericht-zuerich-verurteilt-593686395546


Schweizer demonstrieren fast täglich – auch unbewilligt
In Bern und Zürich gehen Menschen für ihre Anliegen fast täglich auf die Strasse – das ist doppelt so viel wie noch vor ein paar Jahren, zeigt eine Erhebung.
https://www.nau.ch/news/schweiz/schweizer-demonstrieren-fast-taglich-auch-unbewilligt-66204584


+++POLIZEI CH
Kamera läuft: die Polizei vor und hinter der Linse
An der Delegiertenversammlung des VSPB drehte sich alles um die Kamera. Was können Polizisten machen, wenn sie bei einem Einsatz gefilmt werden?
https://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/200841/


+++FRAUEN/QUEER
Abtreibungsverbot: US-Urteil schlägt in der Schweiz hohe Wellen
Das höchste US-Gericht hat entschieden: Amerikanerinnen haben kein Grundrecht mehr auf Abtreibungen. In den USA protestierten Tausende gegen das Urteil. Auch in der Schweiz ist die Debatte um Abtreibungs-Restriktionen wieder entbrannt.
https://tv.telezueri.ch/zuerinews/abtreibungsverbot-us-urteil-schlaegt-in-der-schweiz-hohe-wellen-146982602


++++RECHTSEXTREMISMUS
Muss sich Pride-Predigt wieder vor Vermummten fürchten?
Der Pride-Gottesdienst in Zürich letzten Sonntag wurde durch Vermummte gestört. Dieses Wochenende folgt ein ähnlicher Anlass in Baden AG. Grund zur Sorge?
https://www.nau.ch/news/schweiz/muss-sich-pride-predigt-wieder-vor-vermummten-furchten-66207094


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Man muss es einfach glauben
«Politisch Korrekte», Linksliberale, Feministinnen – all denen wirkt die «Opposition von rechts» entgegen. «Flute den Raum mit Scheisse» gibt Steve Bannon aus den USA den Takt vor. Am extremsten führt diesen Kulturkampf in der Schweiz die «Weltwoche», wo sich inzwischen Verschwörungs¬ideologen tummeln. «Die Infokrieger», Teil 2.
https://www.republik.ch/2022/06/25/die-infokrieger-teil-2
-> Teil 1: https://www.republik.ch/2022/06/24/die-infokrieger-teil-1-nichts-ist-wahr-und-alles-ist-moeglich


+++FUNDIS
Fischt Sekte an Stadtfest-Rand nach Mitgliedern? – as ein Stand in Luzern mit Scientology zu tun hat
Der Verein «sag NEIN zu Drogen» hat in Luzern beim Pavillon Stände aufgebaut. Der Verein kämpft seit Jahrzehnten gegen den Drogenmissbrauch. Was löblich klingt, wird vor Ort scharf kritisiert. Der Verein sei eine «Einstiegsdroge» für Scientology.
https://www.zentralplus.ch/regionales-leben/was-ein-stand-in-luzern-mit-scientology-zu-tun-hat-2395683/