Medienspiegel 11. November 2021

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+++ST. GALLEN
Viele Flüchtlinge aus Afghanistan an der Ostschweizer Grenze
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-ostschweiz/auch-die-fasnacht-2022-steht-unter-einem-schlechten-stern?id=12087650



tagblatt.ch 11.11.2021

«Wenn es so weiter geht, müssen wir wie 2015 Notunterkünfte schaffen»: Fredy Fässler zum Andrang junger Afghanen an der St.Galler Grenze

Am Dienstag griff die Grenzwache 60 mehrheitlich junge Afghanen an der St.Galler Grenze auf – die bisher höchste Zahl an einem Tag. Obwohl sie keine Asylgesuche stellen, hat der Kanton ein Problem mit der Bewältigung der Befragungen und der Unterkünfte.

Marcel Elsener

Seit dem Sommer hat die Zahl junger Flüchtlinge aus Afghanistan an der St.Galler Grenze, namentlich an den Bahnhöfen Buchs und St.Margrethen, drastisch zugenommen. Das Problem ist seit Anfang dieser Woche aufgrund der Antwort des Bundesrates auf eine Interpellation des Rheintaler SVP-Nationalrats Mike Egger bekannt. Bis zum August waren es 915 Personen, zwei Drittel davon allein in den beiden Sommermonaten, Tendenz anhaltend bis steigend.

Weil die meisten nach Frankreich weiterreisen wollen und die wenigsten ein Asylgesuch stellen, ist die St.Galler Polizei gemäss Schengen/Dublin-Abkommen gefordert: Sie muss die meist minderjährigen und mit österreichischen Asylpapieren ausgestatteten Flüchtlinge betreuen und befragen, bis Österreich oder ein anderer EU-Staat sie wieder zurücknimmt. «Am Dienstag waren es 60 Personen, ein Rekord», bestätigt der St.Galler Sicherheits- und Justizdirektor Fredy Fässler. «Wenn es täglich so weiter geht, haben wir ein gröberes Problem.»

Denn für die St.Galler Polizei bedeutet dies einen massiven personellen Aufwand: «Wir können die Leute nicht in den nächsten Zug setzen, sondern müssen drei, vier Tage warten, bis Wien dem Rücknahmegesuch stattgegeben hat.»

Notunterkunft in Wil reicht nicht mehr lange

Um den Status der Flüchtlinge und ihre Reiserouten zu prüfen, muss die Polizei sie mit Dolmetschern befragen und ein paar Tage unterbringen verpflegen. Dafür hat der Kanton eine Notunterkunft auf dem Areal der Psychiatrischen Klinik in Wil eingerichtet. Dabei tauchten sehr viele rasch ab, um weiterzureisen, sagt Fässler: «Wir können diese Menschen nicht einsperren, illegale Einreise ist kein Haftgrund.» Trotzdem schafft der Andrang in Massen ein Unterkunftsproblem: «Wenn es täglich so weitergeht, müssen wir wie im Jahr 2015 weitere Notunterkünfte bereitstellen.»

Aufgrund der Covid-Pandemie kämen unterirdische Zivilschutzanlagen mit unzureichender Lüftung kaum in Frage, meint der Sicherheitschef. Der Kanton müsste demnach auf andere Reserven wie die unterbelegten kantonalen Asylzentren oder leerstehende Hotels zurückgreifen.

Abhilfe schaffen würde eine erleichterte Rückübernahme, wie es die Schweiz mit Italien für den Kanton Tessin kennt. Die seit zwei Jahren laufenden Verhandlungen mit Österreich seien auf gutem Weg gewesen, erklärt Fässler, doch habe sich dies mit der aktuellen Flüchtlingssituation und dem Regierungswechsel in Wien geändert.

Über die Gründe, warum plötzlich Hunderte junger Afghanen irregulär die Schweizer Grenze passieren wollen, können die Schweizer Behörden nur spekulieren. «Die meisten waren schon vor der Taliban-Machtübernahme in Europa, vor allem in Griechenland», sagt Fässler. «Die meisten haben österreichische Papiere, sind nicht von Strapazen gezeichnet, haben 200, 300 frische Euros in der Tasche. Sie sind informiert, geben bereitwillig Auskunft. Unserem Eindruck nach ist die Reise von Schlepperbanden organisiert.»

Vorarlberger Polizei schickt Ausreisewillige zurück

Die St.Galler Polizei versucht die Herausforderung in enger Zusammenarbeit mit den Zollbehörden und den Vorarlberger Behörden zu bewältigen. «Die richtige Lösung wäre es, diese Personen am Grenzübertritt zu hindern und in jene Bundesländer zurückzuschicken, in denen sie kraft einer sogenannten Eingrenzung bleiben müssten.» Im Gespräch sei auch die gemeinsame Kontrolle von Zügen vor dem Grenzübertritt.

Die jüngste Meldung der Vorarlberger Landespolizei deutet in diese Richtung: Am frühen Dienstagmorgen hat die Polizei in einem Nightjet-Zug zwischen Bludenz und Feldkirch 33 Afghanen und einen Iraner kontrolliert. «29 der Betroffenen waren im Besitz einer österreichischen Verfahrenskarte mit aufrechter Gebietsbeschränkung für den Bezirk Baden (Niederösterreich)», heisst es. Mit Ausnahme eines zehnjährigen Buben, dessen Rückführung organisiert wurde, seien die Männer angezeigt und aufgefordert worden, selbstständig mit dem Zug in den erwähnten Bezirk zurückzukehren. Drei waren erst aus der Schubhaft (Auslieferungshaft) entlassen und zur sofortigen Ausreise verpflichtet worden. Zwei der 33 kontrollierten Männer führten keinerlei Dokumente mit sich und stellten nach der Festnahme einen Asylantrag, wie die Voralberger Polizei weiter schreibt.

St.Gallen rechnet mit Anstieg der Asylsuchenden

Die Situation an der Rheintaler Grenze dürfte sich in den nächsten Wochen nicht entspannen. Zahlen für den Oktober nennt die eidgenössische Zollverwaltung auf Anfrage noch keine, doch im September betraf die «irreguläre Migration» 354 Personen. Von diesen stellten lediglich 5 ein Asylgesuch und wurden 136 weggewiesen. Die Mehrheit, 213 Personen, wurde der Kapo St.Gallen übergeben, «zwecks Rückführung gemäss Rückführungsabkommen», wie es heisst.

Solange keine Asylgesuche gestellt werden (die der Bund und damit das Asylzentrum in Altstätten übernimmt), bleibt der Kanton zuständig. Mittelfristig sei wieder mit einem Anstieg der Asylsuchenden zu rechnen, sagt Fredy Fässler. Das Bundesamt für Migration erwarte eine Zunahme im Frühling, auch der Kanton St.Gallen habe ein Notfallszenario.

Seit dem Rekordjahr 2015 mit schweizweit fast 40’000 Asylgesuchen waren die Zahlen stets rückläufig, erst recht seit dem Ausbruch von Corona. St.Gallen hatte damals 2250 Asylsuchende, seit vier Jahren sind es stets deutlich unter 1000. Fässler schliesst nicht aus, dass das zynische Machtspiel Weissrusslands mit derzeit Tausenden frierenden Flüchtlingen an den Grenzen zu Polen und Litauen auch Folgen für die Schweiz habe.
(https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/fluechtlingspolitik-wenn-es-so-weiter-geht-muessen-wir-wie-2015-notunterkuenfte-schaffen-fredy-faessler-zum-andrang-junger-afghanen-an-der-stgaller-grenze-ld.2212992)



nzz.ch 11.11.2021

Illegale Einreisen von Afghanen aus Österreich in die Schweiz nehmen stark zu – viele tauchen unter

Seit Juli hat die Grenzwacht in der Ostschweiz über 1600 Afghanen aufgegriffen. Es handelt sich mehrheitlich um junge Männer, die sich schon länger in Österreich und anderen EU-Staaten aufhielten. Die Behörden vermuten, dass Schlepperbanden eine Rolle spielen.

Tobias Gafafer

Die Grenzwacht in der Ostschweiz sieht sich seit dem Sommer mit einer neuen Herausforderung konfrontiert. Im sankt-gallischen Buchs und an anderen Übergängen hat die Zahl junger Afghanen, die von Österreich kommen, stark zugenommen. Frauen sind nur vereinzelt darunter. Alleine am Dienstag seien es rund 60 junge Männer gewesen, sagt der St. Galler Sicherheitsdirektor Fredy Fässler (sp.) auf Anfrage.

An einigen Tagen kommt niemand an der Grenze an, an anderen sind es ganze Gruppen. Im Oktober griffen die Behörden in der Ostschweiz 632 Afghanen auf, die illegal einreisten, wie Zahlen des Staatssekretariats für Migration (SEM) zeigen. Zum Vergleich: Noch im April waren es bloss 16 Personen. Von Juli bis Ende Oktober sind über 1600 Afghanen illegal in die Schweiz eingereist. Im Gegensatz zur Flüchtlingskrise von 2015 stellten in der Schweiz jedoch nur wenige ein Asylgesuch.

Mehrheitlich handelt es sich gemäss Fässler um Minderjährige und um solche, die dies behaupten. Für unbegleitete Minderjährige gelten spezielle Regeln. Meist hätten die jungen Afghanen Euro und auch einige hundert Franken Bargeld dabei, sagt Fässler. Die Migrationsbewegungen machten einen organisierten Eindruck. «Wir gehen davon aus, dass Schlepperbanden dahinterstehen.» Viele Afghanen hätten in Österreich ein Asylgesuch gestellt, sich zuvor aber mutmasslich länger in anderen EU-Staaten aufgehalten, insbesondere in Griechenland.

Schweiz als Transitland

Die Einreisen von Afghanen sind somit nicht direkt auf die Machtübernahme der Taliban im August zurückzuführen – und setzten bereits vorher ein. Die Flucht aus Afghanistan ist schwierig, die Reise nach Europa lang und beschwerlich. Die grosse Mehrheit der in der Ostschweiz aufgegriffenen Migranten habe sich schon länger ausserhalb Afghanistans aufgehalten, sagt der SEM-Sprecher Lukas Rieder. Dass nur wenige Afghanen ein Asylgesuch stellten, deute darauf hin, dass sie die Schweiz nur als Transitland benutzten.

Die Schweiz stehe wegen der zunehmenden Migrationsbewegungen über die gemeinsame Grenze in engem Austausch mit Österreich, sagt Rieder. «Die Verhinderung der Sekundärmigration ist ein Anliegen, welches von beiden Staaten verfolgt wird.» Justizministerin Karin Keller-Sutter kritisierte in der NZZ unlängst diese Migration von einem Dublin-Staat in einen anderen. «Wenn man auswählen kann, in welchem europäischen Land man als Flüchtling leben will, ist das der Anfang vom Ende des Dublin-Systems.»

Das Dublin-System soll verhindern, dass Asylsuchende in mehreren europäischen Staaten ein Asylgesuch stellen. Die Zusammenarbeit mit Wien funktioniert gemäss dem Bund grundsätzlich gut. Das schrieb dieser in der Antwort auf einen Vorstoss des Nationalrats Mike Egger (svp., St. Gallen), über den Radio SRF berichtete. Für eine Rückführung müssen die Behörden nachweisen, dass eine Person rechtswidrig aus Österreich in die Schweiz eingereist ist. Die Kantonspolizei St. Gallen ist für die Durchführung zuständig.

Kein Gefängnis

In der Praxis kommt es allerdings zu Problemen, weil viele junge Afghanen abtauchen. Die Behörden können diese an der Grenze nicht einfach zurückschicken, wenngleich mit Österreich ein Abkommen zur Rückübernahme besteht. «Wir müssen die jungen Männer mit Dolmetschern befragen, ein Protokoll aufnehmen und in Wien ein Gesuch stellen», sagt Fredy Fässler. Dies nehme mehrere Tage in Anspruch, während deren die Leute untergebracht werden müssten.

Die Afghanen, die kein Asylgesuch stellen, kommen nicht in das Bundeszentrum Altstätten, sondern in eine Notunterkunft in Wil. Der Kanton St. Gallen hat diese reaktiviert und prüft zudem Möglichkeiten zur Unterbringung in Grenznähe. Die allermeisten Afghanen würden allerdings weiterziehen, nachdem sie geduscht und etwas gegessen hätten, sagt Fässler. «Wir können keine Haft anordnen.»

Der Kanton St. Gallen ist nun im Gespräch mit dem Bund. Bern solle mit Wien eine erleichterte Rückübernahme aushandeln, wie sie mit Italien bestehe und gut funktioniere, fordert Fässler. Das SEM äussert sich dazu zurückhaltend. Das Ziel der Schweiz sei es, «die operative grenzüberschreitende Zusammenarbeit weiter zu verbessern und effektiver zu gestalten», heisst es.

Symbolische Signale

Warum die Zahl der Afghanen, die in die Ostschweiz einreisen, zugenommen hat, ist fraglich. Gemäss den Behörden wollen viele der jungen Männer weiter nach Frankreich. Symbolische Signale haben bei der Migration eine grosse Wirkung. Frankreich sei bei Rückführungen nach Afghanistan lange zurückhaltender als Österreich und andere EU-Staaten gewesen, sagt Klaus Hofstätter von der Asylkoordination Österreich, die sich für Flüchtlinge einsetzt. Viele Afghanen hätten in Frankreich subsidiären Schutz erhalten, obwohl ihr Asylgesuch in Österreich abgelehnt worden sei.

Eine Rolle spielt wohl auch, dass die Zahl der monatlichen Asylgesuche in Österreich gestiegen ist. Zuletzt betrug diese rund 5000. Zum Vergleich: In der Schweiz stellten im September lediglich rund 1500 Asylbewerber ein Gesuch. Bei der Zuteilung der Asylbewerber auf die Bundesländer herrsche eine Krise, sagt Hofstätter. «Gerade minderjährige Afghanen sind viel zu lange in den Zentren zur Erstaufnahme, ohne dass etwas passiert.»

Mangels einer altersgemässen Rechtsberatung entstehe der Eindruck, es gebe keine Chance auf Asyl, sagt Hofstätter. Zu solchen Gerüchten hätten auch Aussagen des österreichischen Innenministers Karl Nehammer beigetragen. Dieser lehnte im August die direkte Aufnahme von weiteren afghanischen Flüchtlingen ab, nachdem die Taliban in Kabul die Macht übernommen hatten. Zudem brachte er Abschiebezentren in der Region um das Land am Hindukusch ins Spiel, um weiterhin Rückführungen durchführen zu können.

Der Schweizer Bundesrat äusserte sich zwar zurückhaltender. Doch auch er bremste bei der direkten Aufnahme von zusätzlichen Afghanen. Zudem hielt Bern ebenfalls länger als andere Staaten an Ausschaffungen nach Afghanistan fest, obwohl dies schon vor der Machtübernahme der Taliban schwierig war. Dieser Kurs mag teilweise ebenfalls erklären, weshalb an der Grenze in der Ostschweiz nur wenige Afghanen ein Asylgesuch stellen.
(https://www.nzz.ch/schweiz/schweiz-illegale-einreisen-von-afghanen-aus-oesterreich-nehmen-zu-ld.1654527)


+++ZÜRICH
Die Züri City Card
Mit der Züri City Card führt die Stadt Zürich einen offiziellen Ausweis für alle Stadtzürcher*innen ein – unabhängig von Herkunft und Aufenthaltsstatus. Damit können sich auch Sans-Papiers ausweisen, ihre Rechte wahrnehmen und am öffentlichen Leben teilnehmen. Die analog und digital einsetzbare Züri City Card vereint bestehende Karten, vereinfacht den Zugang zu städtischen Dienstleistungen und kann als Eintritts- oder Ermässigungskarte genutzt werden. Sie wird allen Stadtzürcher*innen ausgestellt, weshalb das Tragen einer Züri City Card keinen Rückschluss auf den Status als Sans-Papiers zulässt.
https://www.zuericitycard.ch/zuericitycard


+++DEUTSCHLAND
Traumatisierte Flüchtlinge dürfen nicht abgeschoben werden!
Krieg, Folter, Vergewaltigung: Menschen, die in Deutschland Schutz suchen, haben in ihrer Heimat und auf der Flucht oft Gewalt erlitten. Neben körperlichen Leiden können Erkrankungen wie posttraumatische Belastungsstörungen bis hin zu Suizidgefahr die Folge sein. Doch psychische Erkrankungen werden im Asylverfahren nicht ausreichend berücksichtigt.
https://www.proasyl.de/news/traumatisierte-fluechtlinge-duerfen-nicht-abgeschoben-werden/


Musik im Exil mit Rapper Amer Wakka
“Die erste Nacht, die ich nicht im Heim geschlafen habe, war im Studio”. Amer Wakka ist syrischer Rapper und Musikcoach aus Köln. In seinen Texten verarbeitet er was er erlebt hat. Wir haben ihn einen Tag begleitet.
https://www1.wdr.de/nachrichten/wdrforyou/deutsch/wdrforyou-musik-im-exil-mit-rapper-amer-wakka-de-100.html


+++POLEN/BELARUS
Krise an polnisch-belarussischer Grenze: Polen meldet versuchte gewaltsame Grenzübertritte
Die Situation an der belarussisch-polnischen Grenze hat sich weiter verschlechtert. Die EU debattiert nun hitzig über ein Gutachten zu EU-finanzierten Zäunen und Mauern. Russland reagiert mit Bomberflügen über Belarus.
https://www.spiegel.de/ausland/ratspraesident-charles-michel-zaeune-an-aussengrenzen-koennten-aus-eu-mitteln-bezahlt-werden-a-5ba62c45-766b-47bb-bad3-dcf31e5f43bb


«Apropos» – der tägliche Podcast: Was die Schweiz mit der Krise an Polens Grenze zu tun hat
Hunderte Menschen stecken an der EU-Aussengrenze fest. Was können die Schengen-Länder – und damit die Schweiz – tun, um die humanitäre Krise zu entschärfen?
https://www.tagesanzeiger.ch/was-die-schweiz-mit-der-krise-an-polens-grenze-zu-tun-hat-164503857810
-> https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-11/belarus-alexander-lukaschenko-polen-eu-grenze-sanktion/komplettansicht
-> https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-11/polen-belarus-eu-aussengrenze-gefluechtete-europa-frontex-faq
-> https://twitter.com/i/status/1458831606978957314
-> Tagesscshau: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/lage-fuer-migranten-an-polnischer-grenze-spitzt-sich-zu?urn=urn:srf:video:de248314-44a7-4f8d-9029-0f826c0c53a0


+++EUROPA
Geflüchtete als Feindbild der EU
An allen Außengrenzen verschärfen EU-Staaten ihre Abschottungspolitik. Flucht und Migration werden kriminalisiert, Unterstützungshandlungen ebenso
https://www.heise.de/tp/features/Gefluechtete-als-Feindbild-der-EU-6264750.html


Polen ist mehr Täter als Opfer
Irakische Kurden und Afghanen fliehen vor Verhältnissen, die westliche Kriege in den vergangenen Jahrzehnten angerichtet haben
https://www.freitag.de/autoren/lutz-herden/polen-ist-mehr-taeter-als-opfer


+++FLUCHT
Feminist Asylum: Petition lanciert
Die europäische feministische Petition fordert eine konsequente Anerkennung der besonderen Asylgründe für Frauen, Mädchen und LGBTIQA+ Personen.
https://beobachtungsstelle.ch/news/feminist-asylum-petition-lanciert/


Training – LGBTQI+ Personen im Asylverfahren
Folgetraining am 1. und 2. Dezember zu den inhaltlichen und verfahrensrechtlichen Aspekten von Asylanträgen von lesbischen, schwulen, bisexuellen, transgender, queeren und intersexuellen (LGBTQI+) Personen.
https://www.unhcr.org/dach/ch-de/71061-training-lgbtqi-personen-im-dem-asylverfahren.html


+++GASSE
Trotz Verbot betteln bis zu 60 Menschen in der Stadt
Bereits 100 Ordnungsbussen wurden wegen des ausgedehnten Bettelverbots ausgestellt: Dennoch betteln in Basel weiterhin 50 bis 60 Personen.
https://telebasel.ch/2021/11/11/trotz-verbot-betteln-bis-zu-60-menschen-in-der-stadt/


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Interfraktionelle Motion SVP, FDP/JF (Stefan Hofer, SVP/Thomas Berger, JF): Sicherheitsrelevante Rahmenbedingungen bei unbewilligten Demonstrationen schaffen
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=8d90c4be90a9406cbeb0d4a26b6e6a45


Interfraktionelle Motion AL/PdA/GaP, SP/JUSO, GB/JA! (Christa Ammann, AL/Mohamed Abdirahim, JUSO/Seraina Patzen JA!/Leena Schmitter, GB): Meldepflicht statt Bewilligungspflicht für politische Kundgebungen
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=eab9ee432323424ead02cd023454ca68


Interfraktionelle Interpellation GB/JA!, SP/JUSO, AL/GaP/PdA (Seraina Patzen JA!/Leena Schmitter, GB/Yasemin Cevik, SP/Christa Ammann, AL): Übertragung von Polizeikosten auf OrganisatorInnen von Veranstaltungen
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=b6fe5c7ec5b546789dbcb6242e9b4f7a


Interfraktionelle Motion GB/JA!, SP/JUSO, AL/GaP/PdA (Leena Schmitter, GB/Seraina Patzen, JA!/Yasemin Cevik, SP/Christa Ammann, AL): Keine Kostenüberwälzungen auf OrganisatorInnen von nicht-kommerziellen, ideellen oder politischen Veranstaltungen
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=5fc9ddc9a9a14fa59ba603f267adacc3


Trois bonnes raisons de soutenir l’occupation de la caf’ d’Uni-Mail
Le centre de luttes autonomes Silure tient à assurer la Caf’ autogérée de sa solidarité dans cette lutte exemplaire. Voilà 3 bonnes raisons de la soutenir dans les jours qui viennent.
https://renverse.co/infos-locales/article/trois-bonnes-raisons-de-soutenir-l-occupation-de-la-caf-d-uni-mail-3304


+++SPORTREPRESSION
YB-Fan vor Bundesstrafgericht: Er sagt, er habe ein Fackellicht erwartet, keine Explosion
Der angeklagte YB-Fan hat am Donnerstag am Bundesstrafgericht in Bellinzona ausgesagt. Er gab an, nicht wissentlich einen Böller gezündet zu haben.
https://www.derbund.ch/er-sagt-er-habe-eine-fackellicht-erwartet-keine-explosion-900785490103
-> https://www.blick.ch/schweiz/yb-fan-robert-b-35-sprengte-sich-drei-finger-weg-nach-3-liter-bier-hielt-er-den-boeller-fuer-eine-fackel-id16980022.html


+++WEF
Die Vorbereitungen aufs WEF in Davos laufen (ab 02:56)
https://www.suedostschweiz.ch/sendungen/rondo-news/2021-11-11/rondo-news


+++AUSLÄNDER*INNEN-RECHT
«Ausschaffung ist die Regel» – Härtefallklausel in Zürich unter der Lupe
Anders als die SVP vermutet hatte, wendet die Zürcher Justiz die Härtefallklausel bei kriminellen Ausländern nicht übermässig häufig an. Eine Auswertung des vergangenen Jahres zeigt, dass die Härtefallklausel nur in 15 Prozent der Fälle zum Einsatz kam.
https://www.watson.ch/schweiz/z%C3%BCrich/531204971-ausschaffung-ist-die-regel-haertefallklausel-in-zuerich-unter-der-lupe
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/zuerich/zuercher-justiz-bericht-zu-haertefallklausel-ausschaffung-ist-die-regel-ld.2213169



nzz.ch 11.11.2021

Zürcher Gerichte haben bei 84 Prozent der straffällig gewordenen Ausländer einen Landesverweis ausgesprochen. Für die SVP sind das immer noch zu wenige

Zahlen des Bundes zeigten angeblich, dass die Zürcher Gerichte bei kriminellen Ausländern, die eine Katalogtat begangen hatten, oft Milde walten liessen. Nun hat der Regierungsrat neue Zahlen präsentiert.

Fabian Baumgartner

Mehrfach delinquierte sie, trotzdem ist eine drogensüchtige Diebin zum Härtefall geworden. Nicht weniger als acht Mal verhaftete die Polizei die 46-jährige Italienerin zwischen Januar und November 2019, weil sie Briefe aus Briefkästen und Pakete aus Hauseingängen entwendet hatte.

In diesem Frühjahr stand sie vor dem Zürcher Bezirksgericht. Dieses verurteilte die in der Schweiz geborene Frau zwar unter anderem wegen Diebstahls zu einer 12-monatigen Freiheitsstrafe und verordnete eine Suchttherapie. Auf die Anordnung eines Landesverweises verzichtete das Gericht jedoch. Die Beschuldigte sei ein Härtefall, erklärt der Richter. Der Grund: Sie wäre bei einer Ausschaffung von ihrer in der Schweiz lebenden Tochter getrennt worden.

Es stellt sich die Frage: Wann wird jemand zum Härtefall? Und lassen Richterinnen und Richter bei straffällig gewordenen Ausländerinnen und Ausländern in zu vielen Fällen Milde walten?

Diesen Verdacht hegten jedenfalls bürgerliche Politiker, nachdem der Bund im letzten Jahr erstaunliche Zahlen zur Praxis der Zürcher Gerichte publiziert hatte. Bei 55 Prozent der ausländischen Delinquenten, die eine Katalogtat gemäss Strafgesetzbuch begangen hatten, kam 2019 demnach die Härtefallklausel zur Anwendung.

Regierungsrat sieht Willen des Gesetzgebers umgesetzt

Drei Zürcher Kantonsräte verlangten daraufhin Antworten vom Regierungsrat. In einem dringlichen Postulat forderten René Truninger (svp.) gemeinsam mit Linda Camenisch (fdp.) und Thomas Lamprecht (edu.) einen Bericht über die bisherige Anwendung der Härtefallklausel. Namentlich sollten neben der Anzahl der Fälle auch summarisch deren Gründe offengelegt werden.

Nun hat der Regierungsrat Antworten geliefert. Aus dem Bericht geht hervor, dass die Gerichte im Kanton Zürich im Jahr 2020 in insgesamt 418 Fällen zu prüfen hatten, ob ein Landesverweis ausgesprochen werden müsse oder ob darauf verzichtet werden könne. Dazu muss man wissen: Landesverweise können nur durch ein Gericht angeordnet werden.

In 84 Prozent oder 352 Fällen ordneten die Gerichte einen Landesverweis an, in 62 Fällen kam die Härtefallklausel zur Anwendung, und in 4 Fällen verzichteten die Gerichte mit Verweis auf einen Notstand oder das Freizügigkeitsabkommen mit der EU auf die Anordnung einer Ausschaffung. In seiner Mitteilung hält der Regierungsrat deshalb fest, dass die Zürcher Gerichte dem Willen des Gesetzgebers durchaus nachkämen, denn die Ausschaffung sei die Regel. «Von der Härtefallklausel wird nur ausnahmsweise Gebrauch gemacht.»

Bei weniger schweren Delikten können auch Staatsanwälte die Härtefallklausel anwenden – und zwar im Rahmen des Strafbefehlsverfahrens. Dieses kommt jedoch nur dann zur Anwendung, wenn die Freiheitsstrafe nicht höher als 6 Monate oder eine Geldstrafe 180 Tagessätze nicht überschreitet. Im letzten Jahr machten die Staatsanwaltschaften in 70 Fällen von dieser Möglichkeit Gebrauch – das entspricht bei insgesamt 434 Fällen, in denen ein Landesverweis zur Debatte stand, einem Anteil von 16 Prozent.

Auskunft gibt der Bericht auch über die Gründe für die Anwendung der Härtefallklausel. Die Gerichte müssen nämlich in jedem Fall prüfen, ob ein Landesverweis verhältnismässig ist. Meist nannten Gerichte und Staatsanwaltschaften die soziale, familiäre und berufliche Integration einer Person als Grund für die Anwendung der Härtefallklausel.

Begründet wurde der Verzicht auf einen Landesverweis aber auch damit, dass die Beschuldigten in der Schweiz geboren oder aufgewachsen sind, mit den Resozialisierungschancen sowie den finanziellen Verhältnissen eines Beschuldigten. In Ausnahmefällen spielte auch der gesundheitliche Zustand eines Delinquenten eine Rolle.

«Entspricht nicht dem Volkswillen»

Der SVP-Kantonsrat René Truninger ist mit dem Resultat des Berichts nicht zufrieden. Bei der Umsetzung der Ausschaffungsinitiative sei stets davon die Rede gewesen, dass die Härtefallklausel nur in extremen Ausnahmefällen angewendet werde. «Man hat von höchstens 5 Prozent gesprochen. Nun sind es aber dreimal mehr Fälle. Das entspricht nicht dem Volkswillen.»

Die Bevölkerung habe klar zum Ausdruck gebracht, dass sie straffällig gewordene Ausländer nicht weiter in der Schweiz dulden wolle. Truninger will deshalb die Entwicklung bei den Härtefällen in den nächsten Jahren genau beobachten. «Wenn es in die verkehrte Richtung geht, müssen wir eingreifen.»

Und wie erklären sich die grossen Abweichungen zu den Zahlen des Bundesamts für Statistik? Die Statistik war im Sommer 2020 veröffentlicht worden und sorgte für erheblichen Wirbel. Schon damals wurde die Datenlage in Zweifel gezogen.

Der Bericht des Regierungsrats zeigt nun, dass die Datenlage, auf welche sich das Bundesamt für Statistik bezog, tatsächlich ungenügend war. Es wurden bei der kantonalen Übertragung versehentlich Delikte als Katalogtaten erfasst, die gar nicht im Deliktkatalog aufgeführt sind. «Dadurch entstand der falsche Eindruck, die Zürcher Staatsanwaltschaften würden die Härtefallklausel viel öfter zur Anwendung bringen, als dies tatsächlich der Fall war», heisst es im Bericht.

Die Daten von Bund und Kanton Zürich werden aber auch künftig voneinander abweichen. Der Grund: Die Zürcher Gerichte und Staatsanwaltschaften weisen alle von ihnen erledigten Fälle statistisch aus. Beim Bund fliessen hingegen nur die rechtskräftig erledigten Verfahren ein. Die Zürcher Gerichte und Staatsanwaltschaften werden die Zahlen künftig in ihren Jahresberichten veröffentlichen.
(https://www.nzz.ch/zuerich/zuerich-so-viele-auslaendische-straftaeter-erhielten-landesverweis-ld.1654822)


+++MENSCHENRECHTE
Bundesgerichtsurteil: Klinik-Einweisung: Externer Gutachter bei Beschwerde zwingend notwendig
Ein 49-jähriger Berner wurde ohne externes Gutachten in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Dagegen legte der Mann Beschwerde ein. Das Bundesgericht gab ihm recht.
https://www.derbund.ch/klinik-einweisung-externer-gutachter-bei-beschwerde-zwingend-notwendig-592736659427
-> Bundesgerichtsurteil: https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/aza/http/index.php?highlight_docid=aza%3A%2F%2Faza://13-10-2021-5A_640-2021&lang=de&zoom=&type=show_document


Gemeinderatsantwwort auf Kleine Anfrage Jemima Fischer (AL): Wie rechtfertigt der Gemeinderat die Partnerschaft von Bern Welcome mit dem Fernweh Festival, wenn dieses einen Kulturabend – veranstaltet von der belarussischen Botschaft und damit direkt vom Lukaschenko-Regime – als Programmteil aufnimmt?
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=7f6df3dc872e406bbfc739bd1e8489bb


Atlas der Versklavung
Daten und Fakten über Zwangsarbeit und Ausbeutung
https://www.rosalux.de/publikation/id/45336


+++KNAST
Brian festgebunden: Obergericht Zürich spricht drei Psychiater frei
13 Tage lang ist der junge Straftäter Brian in der Psychiatrischen Universitätsklinik (PUK) Zürich im Jahr 2011 ans Bett fixiert gewesen. Das Zürcher Obergericht hat am Donnerstag drei Psychiater freigesprochen, die dafür verantwortlich waren. Trotzdem kritisierte der Richter die bei Brian angewandte Massnahme deutlich.
https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/brian-festgebunden-obergericht-zuerich-spricht-drei-psychiater-frei-00168854/
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/zuercher-obergericht-drei-psychiater-im-fall-brian-freigesprochen
-> https://www.20min.ch/story/das-was-brian-passiert-ist-haette-nicht-geschehen-duerfen-544777024185



tagesanzeiger.ch 11.11.2021

Aus dem Zürcher Obergericht: Brians Fesselung: «Unser System hat versagt»

Die drei Ärzte, die Brian 13 Tage lang an ein Bett fesselten, sind vom Vorwurf der Freiheitsberaubung freigesprochen worden.

Thomas Hasler

Die drei Beschuldigten – der heute 59-jährige Arzt, der Brian während seiner Fesselung in der PUK behandelte, der heute 72-jährige Vorgesetzte des behandelnden Arztes sowie der heute 61-jährige Klinikdirektor Erich Seifritz – hatten nach Meinung des Obergerichts keine andere Möglichkeit, als den damals 16-jährigen Brian 13 Tage lang ans Bett zu fesseln.

Brian, in der breiten Öffentlichkeit ursprünglich als Carlos bekannt geworden, war im September 2011 in die psychiatrische Universitätsklinik (PUK) eingewiesen worden. Der Junge, wegen eines Messereinsatzes im Gefängnis Limmattal in Untersuchungshaft, hatte zehn Tage vor seinem 16. Geburtstag versucht, sich das Leben zu nehmen. Wegen Selbst- und Fremdgefährdung ordnete der behandelnde Arzt eine 7-Punkt-Fixierung an. Dabei wird die Person mit Gurten an den Füssen, den Oberschenkeln, den Handgelenken und der Brust an ein Bett gebunden.

Den drei Psychiatern wurde vorgeworfen, sie hätten die Fixierung nicht möglichst kurz gehalten. Zudem seien die Notwendigkeit der Fesselung nicht regelmässig überprüft und eine allfällige Verlegung Brians ins Isolierzimmer nicht in Betracht gezogen worden. Deswegen hatte die Staatsanwaltschaft ursprünglich für den behandelnden Arzt eine bedingte Freiheitsstrafe von vierzehn Monaten gefordert. Sein Vorgesetzter und der Klinikdirektor sollten wegen Gehilfenschaft zu bedingten Geldstrafen verurteilt werden.

«Unser System hat versagt»

Brian, der im letzten Moment darauf verzichtete, an der Urteilseröffnung teilzunehmen, hatte zum Abschluss der Verhandlung Ende Oktober gesagt, ihm sei damals «ein Unrecht geschehen». Der Gerichtsvorsitzende Beat Gut sagte im Namen des Gerichts: «Dem stimmen wir vorbehaltlos zu. Unser System hat versagt.» An die psychiatrische Universitätsklinik sei «eine unlösbare Aufgabe delegiert» worden.

Das Obergericht hielt unmissverständlich fest, dass die 13-tägige Fixierung objektiv den Tatbestand der Freiheitsberaubung erfüllt habe. Strafbar sei dieses Verhalten aber nur, wenn die Fesselung unverhältnismässig und damit widerrechtlich gewesen sei, wenn es zumutbare Handlungsalternativen für die drei Psychiater gegeben hätte.

Gefahrenlage änderte sich nicht

Und diese Alternative gab es nach Meinung des Gerichts nicht. Zum einen habe sich die Gefahrenlage nicht geändert. Aufgrund der vorliegenden Informationen hätten die Ärzte davon ausgehen müssen, dass bei Brian ein beträchtliches Gewaltpotenzial vorhanden sei. Seine Gefährlichkeit sei ausdrücklich als hoch beurteilt worden.

Ihn im Gefängnis Limmattal zu belassen, war keine Option, weil er vom kinder- und jugendpsychiatrischen Dienst auf dem Hintergrund des Suizidversuchs als nicht hafterstehungsfähig beurteilt worden war. Eine jugendpsychiatrische Einrichtung stand damals nicht zur Verfügung. Und die nach zwei Tagen begonnenen Bemühungen, ihn in der Klinik Rheinau unterzubringen, konnten erst nach dreizehn Tagen realisiert werden.

Stärkere Medikation auch rechtswidrig

Blieb noch eine Alternative: Man hätte Brian mit Medikamenten «völlig ruhigstellen» können. Nach Meinung des Gerichts wäre das ein «Kantenlauf» gewesen. Die starke Erhöhung der Dosen wäre mit gesundheitlichen Gefahren verbunden gewesen. Und den 16-Jährigen dreizehn Tage lang medikamentös ruhig zu stellen, wäre auch rechtswidrig gewesen.

Die Ärzte, so das Gericht, hätten sich in einer «Pflichtenkollision» befunden. Statt Brian am Bett zu fixieren, hätten sie trotz klaren Warnungen auf Zwang auch verzichten können, damit aber möglicherweise andere Patienten und PUK-Mitarbeitende gefährdet. In einer Rechtsgüterabwägung sei im Ergebnis nur die Fixation übrig geblieben.

«Sehr belastender Fall»

Der Fall sei auch für das Gericht «sehr belastend» gewesen, sagte der Gerichtsvorsitzende Beat Gut. Es sei passiert, was nicht hätte passieren dürfen und hoffentlich auch nicht mehr passiere. Heute verfügt die Schweiz (in Basel) über eine jugendpsychiatrische Einrichtung. In einem vergleichbaren Fall würde der Betroffene heute nicht mehr in die Abteilung Allgemeinpsychiatrie der PUK eingewiesen.

Markus Bischoff, Rechtsvertreter von Brian, kündigte nach der Urteilseröffnung an, dass es naheliegend sei, den Fall dem Bundesgericht in Lausanne vorzutragen. Zunächst aber will er die schriftliche Begründung abwarten. Den freigesprochenen Ärzten wurde für das gesamte Verfahren eine Entschädigung von je knapp 55’000 Franken zugesprochen.

Zehnjährige Verfahrensdauer

Bereits das Bezirksgericht Zürich hatte die drei Ärzte im August letzten Jahres von Schuld und Strafe freigesprochen. Selbst wenn man davon ausgehe, dass die Fixation ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr verhältnismässig war, müssten die Beschuldigten freigesprochen werden. Denn ihnen könne nicht nachgewiesen werden, dass sie bewusst, also absichtlich, die Verhältnismässigkeit missachtet und es auf einen unrechtmässigen Freiheitsentzug abgesehen hätten.

Zehn Jahre dauerte das Verfahren bis zum Urteil des Obergerichts. Nachdem Brians Schwester Ende September 2011 Strafanzeige erstattet hatte, weil ihr Bruder «in einer psychiatrischen Einrichtung gefährlich behandelt» worden sei, eröffnete die Staatsanwaltschaft am 4. Januar 2012 eine Strafuntersuchung. Sie stellte die Untersuchung vier Jahre später, Ende Dezember 2015, wieder ein.

Auf Brians Beschwerde hin hob das Obergericht die Einstellungsverfügung im September 2016 auf. In der Folge wurde der Fall zwischen drei Staatsanwaltschaften hin- und hergeschoben, ehe nach weiteren dreieinhalb Jahren die Staatsanwaltschaft II im März 2020 Anklage erhob. Das Obergericht stellte deshalb fest, dass im Verfahren gegen die drei Psychiater das Beschleunigungsgebot verletzt wurde.
(https://www.tagesanzeiger.ch/brians-aerzte-vom-vorwurf-der-freiheitsberaubung-freigesprochen-832154689415)



nzz.ch 11.11.2021

Das Obergericht bestätigt die Freisprüche für drei Psychiatrieärzte, die den Straftäter Brian 13 Tage lang an ein Bett gefesselt hatten

Drei Ärzte der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich sind der Freiheitsberaubung nicht schuldig. 10 Jahre nach dem Vorfall und rund 15 Monate nach den vorinstanzlichen Freisprüchen hat auch das Obergericht diese Freisprüche bestätigt.

Fabian Baumgartner, Tom Felber

Auch das Obergericht hat im Berufungsprozess alle drei Psychiatrieärzte freigesprochen. Das Gericht hat zwar die Aussage von Brian bestätigt, dass ihm grosses Unrecht geschehen sei. Es sei tatsächlich ein schwerwiegender Eingriff in seine Freiheitsrechte geschehen. Aufgrund der Gefährlichkeit Brians hätten den Ärzten aber Alternativen gefehlt. Allen drei freigesprochenen Beschuldigten werden zweitinstanzliche Prozessentschädigung von je 14 500 Franken zugesprochen. Brian muss die Hälfte davon bezahlen. Brian ist bei der Urteilseröffnung nicht im Gerichtssaal anwesend. Er habe es kurzfristig vorgezogen, nicht zu erscheinen, erklärt der Gerichtsvorsitzende.

Die eigentliche Verhandlung hatte bereits am 28. Oktober stattgefunden. Das Obergericht lehnte den Antrag von Brians Rechtsanwalt zur Erstellung eines neuen Fachgutachtens ab. Die drei angeklagten Psychiatrie-Ärzte betonten in ihren Befragungen, dass die Psychiatrische Universitätsklinik für einen solchen Fall eigentlich gar nicht der geeignete Ort gewesen sei und Brian während der gesamten dreizehn Tage die «therapeutische Allianz» verweigert und nie mit ihnen gesprochen habe. Sie hätten auch von einer früheren Einweisung gewusst, dass der Patient hochgefährlich gewesen sei. Es habe sich um einen absoluten Ausnahmefall mit einem sehr hohen Gefährdungspotenzial gehandelt. Der Hauptbeschuldigte erklärte: «Man kann sicher sagen, dass wir alle Angst vor dem Patienten hatten.»

Worum ging es im Prozess vor Obergericht?

Die vorgeworfenen Delikte liegen inzwischen zehn Jahre zurück. Kurz vor seinem 16. Geburtstag versuchte Brian Mitte September 2011 zum zweiten Mal, sich das Leben zu nehmen. Der jugendliche Straftäter, der knapp zwei Jahre später unter dem Pseudonym «Carlos» landesweit Bekanntheit erlangte, sass damals in der Jugendabteilung des Gefängnisses Limmattal, weil er einige Monate zuvor einen anderen Jugendlichen mit einem Messer attackiert hatte.

Nach dem Suizidversuch wurde der Jugendliche per fürsorgerischem Freiheitsentzug in die Psychiatrische Universitätsklinik Zürich eingewiesen. Unmittelbar nach dem Eintritt in die Klinik fesselten ihn die zuständigen Ärzte im Rahmen einer medizinischen Zwangsmassnahme mit einer 7-Punkt-Fixierung an ein Bett.

Dreizehn Tage lang blieb Brian schliesslich während jeweils 23 Stunden an Händen, Füssen und Brust sowie zusätzlich an den Oberschenkeln festgebunden. Erst ab dem neunten Tag durfte der Jugendliche gefesselt und in Begleitung von Polizisten eine Stunde lang spazieren gehen. Danach wurde der Teenager jeweils wieder ans Bett gefesselt. Gleichzeitig verabreichten ihm die behandelnden Ärzte eine Reihe von antipsychotischen Medikamenten und Neuroleptika – teilweise in hoher Dosierung.

Wegen dieser Behandlung müssen sich am Donnerstag drei Ärzte der Psychiatrischen Universitätsklinik vor dem Zürcher Obergericht verantworten. Es handelt sich um den Arzt, der den Jugendlichen damals behandelte, sowie den Klinikdirektor und seinen Stellvertreter, welche die Behandlung als angemessen und verhältnismässig einstuften.

Welche Vorwürfe stehen im Raum?

Freiheitsberaubung lautet der Vorwurf gegen die drei Ärzte. Die Staatsanwaltschaft fordert in ihrer Anklageschrift einen Schuldspruch wegen Freiheitsberaubung beziehungsweise Gehilfenschaft dazu. Für den hauptverantwortlichen Arzt ist eine bedingte Freiheitsstrafe von 14 Monaten und für die beiden Mitbeschuldigten eine bedingte Geldstrafe beantragt – in einem Fall von 180 Tagessätzen à 150 Franken und im anderen von 180 Tagessätzen à 250 Franken. In der Anklageschrift heisst es, mit ihrem Vorgehen hätten die Beschuldigten den damals noch minderjährigen Brian «in seiner Freiheit bis praktisch zur Bewegungslosigkeit unzulässig und unrechtmässig beschränkt». Die Mediziner hätten deshalb unverhältnismässig gehandelt.

Weshalb kommt der Fall vor Obergericht?

Gegen das Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 26. August 2020 ist Berufung eingelegt worden. Entsprechend muss sich nun das Obergericht mit dem Fall befassen.

Welches Urteil hat die Vorinstanz gefällt?

Das Bezirksgericht Zürich sprach die drei Ärzte in seinem Urteil Ende August 2020 vom Vorwurf der Freiheitsberaubung frei. Die von den Medizinern bei Brian verordnete Zwangsfixierung während dreizehn Tagen sei unter den damaligen aussergewöhnlichen Umständen mit einer massiven Fremd- und Selbstgefährdung verhältnismässig gewesen, hielt der Richter fest. Während des Aufenthalts in der Klinik habe Brian sich immer wieder bedrohlich verhalten. Es seien deshalb keine milderen Mittel als die Fesselung ersichtlich gewesen. Der verantwortliche Arzt habe sich zudem um Erleichterungen bemüht. Er habe deshalb nicht damit rechnen müssen, Brian unrechtmässig festzuhalten.

Was sagen die beschuldigten Ärzte zu den Vorwürfen?

In der Untersuchung und vor dem Bezirksgericht wehrten sich die Beschuldigten und ihre Anwälte vehement gegen die Vorwürfe. Die 7-Punkt-Fixierung des Jugendlichen bestritten sie nicht, diese sei jedoch notwendig gewesen. Der für die Behandlung von Brian zuständige Arzt erklärte vor Gericht: «Eine Lockerung der Fixation war gar nicht möglich, weil der Patient andere gefährdete. Es lag während der gesamten Dauer der Hospitalisation eine grosse Gefährlichkeit und Unberechenbarkeit vor.» Alternativen gab es laut den Beschuldigten auch nicht. Entsprechend forderten die drei Verteidiger Freisprüche für ihre Mandanten.

Was sagte Brian zum Vorfall?

Brian bezeichnete die damalige Situation gegenüber dieser Zeitung als schlimm. «Ich war angebunden und erhielt so viele Medikamente, dass ich manchmal nichts mehr mitbekam.» Er habe nicht einmal aufstehen können, um zur Toilette zu gehen. «Es war einfach nur erniedrigend und traumatisch. Und so habe ich auch noch meinen 16.  Geburtstag ‹gefeiert›.» Spazieren gehen können habe er erst, als sein Anwalt Druck gemacht habe. «Ich konnte aber nicht einmal selbst laufen, ich musste gestützt werden.» Laut dem 26-Jährigen missbrauchten die Mediziner ihre Macht und setzten sich über alle Regeln hinweg.
(https://www.nzz.ch/zuerich/fall-carlos-drei-aerzte-wegen-freiheitsberaubung-freigesprochen-ld.1652401)


+++BIG BROTHER
«Eine schlechte Idee»: Klare Absage an Face-Scan für Zertifikat
Die Prüfung des Covid-Zertifikats könnte bald bequem per Gesichtserkennung erfolgen. Politiker und IT-Experten finden das allerdings eine schlechte Idee.
https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/eine-schlechte-idee-klare-absage-an-face-scan-fur-zertifikat-66040730


+++POLIZEI TG
Video wirft Fragen auf: Thurgauer Polizei überwältigt Frau mit Holzpfahl
Ein heftiger Einsatz der Kapo Thurgau sorgt im Internet für schockierte Reaktionen. Doch die Polizei hat für das Vorgehen eine Erklärung.
https://www.blick.ch/schweiz/ostschweiz/video-wirft-fragen-auf-thurgauer-polizei-ueberwaeltigt-frau-mit-holzpfahl-id16980595.html


+++RECHTSPOPULISMUS
Kriminalität in Basel: Die Angstmacher
«Basler Zeitung» und SVP machen es vor: Wie man alle Jahre wieder mit Angst und Gewalt Schlagzeilen und Politik macht. Auch wenn die Zahlen es nicht rechtfertigen. Eine Kritik.
https://bajour.ch/a/I36FA2OJdDuKqclH/die-angstmacher


+++RECHTSEXTREMISMUS
Hitler-Gruss und «Sieg Heil!»-Rufe: Tessiner Ex-SVP-Politikerin wegen Rassendiskriminierung verurteilt
Im vergangenen März sympathisierte Jessica Tami in einem Fernsehinterview offen mit dem Faschismus. Die damalige SVP-Kandidatin stellte die Zahl von sechs Millionen im zweiten Weltkrieg ermordeten Juden als übertrieben dar. Jetzt hat sie von der Tessiner Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl erhalten.
https://www.tagblatt.ch/schweiz/holocaust-verharmlost-hitler-gruss-und-sieg-heil-rufe-tessiner-ex-svp-politikerin-wegen-rassendiskriminierung-verurteilt-ld.2213364?mktcid=smch&mktcval=twpost_2021-11-11


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Berner Stadtrat: Freie Fraktion schliesst Simone Machado aus
Das Engagement der Berner Stadträtin gegen das Covid-Gesetz und ihre Nähe zu rechten Kreisen geht den anderen Parteien in der gemeinsamen Fraktion zu weit.
https://www.derbund.ch/freie-fraktion-schliesst-simone-machado-aus-331038332626


Coronavirus: Skeptiker werden unter #LieberTee im Netz verspottet
An jeder Corona-Demo skandieren Skeptiker, Freiheitstrychler und Co. den Schlachtruf «Liberté». Nun hat sich auf Twitter ein Gegentrend entwickelt.
https://www.nau.ch/news/schweiz/coronavirus-skeptiker-werden-unter-liebertee-im-netz-verspottet-66042438
-> https://www.blick.ch/schweiz/platzt-jetzt-vielen-der-kragen-trychlergrounding-trendet-auf-twitter-id16978000.html


Apartheid Schweiz
Diskriminierung, Faschismus, Diktatur, Apartheid und Wahlbetrug in der Schweiz? Die Wahlen stehen bevor, wie entscheidet sich Sputim?
https://www.youtube.com/watch?v=nBrRJ6cvcEQ


Schweizer Impfwoche sorgt für Diskussionen
Ein Gratis-Konzert oder ein kostenloses Raclette: Das gut gemeinte Angebot der Schweizer Impfwoche sorgt für Diskussionen. Die Kampagne, die den Steuerzahler Millionen von Franken kostet, sorgt vor allem bei den Impfkritikern für rote Köpfe. Sogar an Schulen kreuzen sie auf, um die Impfung zu verhindern.
https://www.telem1.ch/aktuell/schweizer-impfwoche-sorgt-fuer-diskussionen-144327521


«Es lief alles genau so ab, wie wir das sonst in Mafiafilmen sehen»: Jetzt sprechen die Skeptiker-Wirte über den Polizeieinsatz in der Walliserkanne
Auch nach ihrer Freilassung scheinen die Wirte der Zermatter Walliserkanne mit den Behörden auf Kriegsfuss zu stehen. Sie werfen der Polizei Gewalt vor und glauben, sie seien «politische Gefangene». Der Walliser Polizeichef wehrt sich gegen die Anschuldigungen.
https://www.blick.ch/schweiz/westschweiz/es-lief-alles-genau-so-ab-wie-wir-das-sonst-in-mafiafilmen-sehen-jetzt-sprechen-die-skeptiker-wirte-ueber-den-polizeieinsatz-in-der-walliserkanne-id16979441.html


Coronavirus: UBS sperrt Spenden-Konto der Walliserkanne
Sie sind gegen die Massnahmen und gegen das Coronavirus: Den Betreibern der Walliserkanne wurde das Wirtepatent entzogen und wohl auch der Geldhahn abgedreht.
https://www.nau.ch/news/schweiz/coronavirus-ubs-sperrt-spenden-konto-der-walliserkanne-66042056


Zuger Milliardärspaar Wietlisbach kämpft gegen Covid-Gesetz: Beim Zmorge spendete er 600’000 Franken
Das Komitee «Gesund und frei» setzt sich mit grossen Namen und viel Geld gegen das Covid-Gesetz ein. Die Milliardäre Simone und Urs Wietlisbach haben für die Kampfkasse 600’000 Franken gesprochen.
https://www.blick.ch/wirtschaft/zuger-milliardaerspaar-wietlisbach-kaempft-gegen-covid-gesetz-beim-zmorge-spendete-er-600-000-franken-id16980201.html


Friedlicher Marsch durch Buchs: Trychler führten Protestzug an
Hunderte bekundeten mit einem Marsch durch Buchs ihren Unmut gegen die Anpassung des Covid-19-Gesetzes.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/werdenberg/buchs-friedlicher-marsch-durch-buchs-trychler-fuehrten-protestzug-an-ld.2213299


Boykott-Aufrufe bei Impf-Tour: «Dass es eine solche Boshaftigkeit gibt, hätte ich nie gedacht»
Die «Back on Tour»-Konzerte finden vor halbleeren Rängen statt. Grund dafür könnten Boykott-Aufrufe der Impfgegner sein. Sängerin Stefanie Heinzmann wählt klare Worte.
https://www.derbund.ch/dass-es-eine-solche-boshaftigkeit-gibt-haette-ich-nie-gedacht-645998290737
-> https://www.nau.ch/people/aus-der-schweiz/stefanie-heinzmann-schockiert-von-boshaftigkeit-bei-impf-konzerten-66042021
-> https://www.tvo-online.ch/aktuell/hamsterkaeufe-an-impfkonzert-in-sg-soll-abendkasse-helfen-144327229


Skeptiker machen das Impfkonzert in Sitten zum Flop: 500 Tickets weg, nur 100 kamen
500 Personen hätten an dem Impf-Werbekonzert im Kanton Wallis teilnehmen können – gekommen sind 100. Obwohl alle 500 Tickets reserviert wurden.
https://www.watson.ch/!506050283



derbund.ch 11.11.2021

Kommentar zu gekaperten KonzertenWillkommen bei den «Zleidwerkern»

500 Tickets gingen weg, nur 100 Personen waren am Impf-Gig mit Stress und Heinzmann. Eine politische Aktion? Nein: Den Konzertstörern ging es primär darum, Chaos anzurichten.

Meinung – Jacqueline Büchi

Diese Pandemie, diese Ansammlung von Skurrilitäten, ist um ein Kapitel reicher. Indem sie Tickets hamsterten und verfallen liessen, sorgten radikale Massnahmengegner dafür, dass die «Back on Tour»-Konzerte mit Künstlern wie Stefanie Heinzmann und Stress vor fast leeren Rängen stattfinden mussten. Die Shows waren als Teil der nationalen Impfwoche konzipiert und hätten noch Unentschlossene von der Covid-Impfung überzeugen sollen.
Von einem Sabotageakt war anschliessend die Rede. Viel besser passt in dem Fall aber ein schweizerdeutscher Ausdruck: Das war hundskommunes «Zleidwerke».

Von Sabotage spricht man, wenn ein Vorgang absichtlich gestört wird, um ein damit verbundenes Ziel zu erreichen. Ein solches Ziel lässt sich hier aber nur schwerlich erkennen: Floppen die Konzerte, fällt dadurch keine einzige der ungeliebten Pandemiemassnahmen weg. Auch die viel beschworene Freiheit rückt kein Stück näher. Die Shows waren nicht einmal 3-G-pflichtig.

Nein: Hier geht es längst nicht mehr um Politik, Grundrechte oder Freiheit. Das einzige Ziel der Aktion war es, Chaos zu stiften und sich daran zu erfreuen.
2,5 Millionen verpufft

Die Schadenfreude dürfte umso grösser sein angesichts der Tatsache, wie einfach sich die Behörden übertölpeln liessen. Schliesslich waren die Pläne der Störer schon am Tag der Ticketvergabe durchgesickert. Das Bundesamt für Gesundheit, das selber davon gewusst haben will, steht nun mit abgesägten Hosen da. 2,5 Millionen Franken liess es sich die Konzertreihe kosten.

Man könnte nun sagen: Blöd gelaufen. Und als Tiktok-Trolle letztes Jahr eine ähnliche Masche bei einem Wahlkampfauftritt von Donald Trump bemühten, kicherten womöglich noch manche mit, die sich nun empören.

Doch die Lage ist ernst: Die Fallzahlen und Hospitalisierungen steigen wieder rasant, und wenn eine Eindämmung nicht gelingt, dann dürfte der Winter äusserst unangenehm werden. Und zwar für uns alle. Es ist deshalb schlicht nicht Zeit für kindische Scherze.
(https://www.derbund.ch/willkommen-im-land-der-zleid-werker-149682944574)



Walliser Bote 11.11.2021

Wann wird wiedereröffnet? – UBS verdächtigt «Walliserkanne»-Wirte der Geldwäscherei

Die UBS hat ein Spendenkonto der «Walliserkanne» für ihren Kampf gegen die Zertifikatspflicht gesperrt – jetzt stellt ihr Anwalt ein Konto bei der Zürcher Kantonalbank zur Verfügung.

Norbert Zengaffinen

Wie geht es weiter mit dem zurzeit wohl bekanntesten Restaurant der Schweiz, der «Walliserkanne» in Zermatt? Geschäftsführer Patrik Aufdenblatten wollte sich auf telefonische Anfrage des «Walliser Boten» nicht dazu äussern. «Die Familie hat beschlossen, sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zu einer möglichen Wiedereröffnung zu äussern», sagt Aufdenblatten. Auf die Frage, wovon die Wiedereröffnung abhänge, verweist Aufdenblatten auf die Zermatter Gemeindepräsidentin Romy Biner-Hauser (Mitte).

Biner-Hauser gibt sich zurückhaltend: «Derzeit liegt das Bestreben der Gemeinde darin, eine Lösung zu finden, damit es in diesem Winter einen offenen Betrieb unter Einhaltung der geltenden Covid-Richtlinien an der Bahnhofstrasse gibt.» Alles Weitere sei ein laufender Prozess, der nicht weiter kommentiert werde.

Die Schliessung des Restaurants angeordnet hatten die Staatsräte Reynard (SP, Gesundheitsdepartement) und Favre (FDP, Polizeidepartement) am 29. Oktober. Dies, nachdem sich die Wirte der Umsetzung der Covid-Verordnung «Zertifikate» seit deren Inkrafttreten am 13. September widersetzt hatten. Und Gäste im Innenraum des Restaurants bedienten, ohne eine vorgeschriebene Zertifikatskontrolle durchzuführen. Was folgte, ist hinlänglich bekannt. Die Aufdenblattens wurden letztlich für vier Tage in Haft genommen.

Die angeordnete Schliessung, die durch einen Entzug der Betriebsbewilligung durch den Gemeinderat von Zermatt bis zum 12. November umgesetzt wurde, endet also am Freitag.

Vonseiten des Kantons bestehen offenbar keine Einwände, dass das Restaurant nach dem 12. November wieder seinen Betrieb aufnimmt, wie eine Nachfrage des «Walliser Boten» beim federführenden Staatsrat Frédéric Favre nahelegt. «Im Moment liegt kein Entscheid vor, die von meinem Departement und demjenigen für Gesundheit von Staatsrat Reynard angeordnete Schliessung über den 12. November hinaus zu ­verlängern.»

Favre sagt, dass es nun in der Kompetenz des Gemeinderates von Zermatt liege, dem Restaurant Walliserkanne ab dem 13. November wieder die Betriebsbewilligung zu erteilen. Der Polizeidirektor sagt aber auch: «Bei der Wiedereröffnung müssen die Betreiber der Wal­liserkanne die gesetzlichen ­Vorgaben, wie die Überprüfung des Covid-Zertifikats, strikt einhalten.»

Ob die Aufdenblattens jetzt über ihren eigenen Schatten springen können und im Kampf gegen die aus ihrer Sicht ungerechtfertigten pandemiebedingten Einschränkungen für Restaurants die weisse Fahne hissen, steht in den Sternen. Zumindest wollte sich Geschäftsführer Patrik Aufdenblatten am Donnerstag dazu nicht äussern.

Einen Hinweis allerdings, und dieser sorgte in den letzten Tagen in den sozialen Medien für stattlich Gesprächsstoff, gibt ein Spendenaufruf der «Wal­liserkanne»-Wirte. Auf der Homepage des Restaurants ist am 8. November eine Zeichnung einer unbekannten Malerin mit einem Aufruf zu Geldspenden aufgeschaltet worden, der sich in Windeseile in den sozialen Medien verbreitete.

Über der Zeichnung wenden sich die Wirte an ihre Sympathisanten mit einer Art Durchhalteparole: «Liebe Eidgenossen, liebe Mitmenschen. Wir möchten uns bei euch allen recht herzlich für Eure bisherige Unterstützung und Solidarität bedanken. Die Geschichte hat inzwischen ein grosses Ausmass angenommen. Wir versuchen die Zertifikatspflicht mit hoch qualifizierten Anwälten zu bekämpfen. Dieser mutmasslich lange und aufwendige Prozess wird zu aussergewöhnlich hohen Kosten führen. Somit würden wir uns über Eure Spende freuen. Wir sind das Volk und nur zusammen sind wir am stärksten.»

Unter einer Kontonummer der UBS Schweiz unterzeichnete das Familienoberhaupt An­dreas Aufdenblatten den Aufruf. Am Donnerstag dann der Eklat. Die UBS Zermatt sperrt das Konto. Eine Anfrage des «Walliser Boten» bei der UBS-Niederlassung in Zermatt wird von Zürich aus beantwortet. «Zu allfälligen Kundenbeziehungen äussern wir uns aus rechtlichen Gründen wie üblich nicht. Gemäss den geltenden Schweizer Bestimmungen zur Bekämpfung von Geldwäscherei ist die Bank verpflichtet, die Plausibilität ungewöhnlicher Transaktionen zu prüfen», sagt UBS-Mediensprecher Igor Moser.

Am Donnerstagnachmittag wechseln die Wirte zur Zürcher Kantonalbank. Anwalt Walter Haefelin, Rechtsvertreter eines der beiden Wirte, stellt hier sein Bankkonto für Spendengelder mit dem Vermerk «Anwalts­honorar» zur Verfügung.
(https://new.rro.ch/story/ubs-verd%25C3%25A4chtigt-walliserkannewirte-der-geldw%25C3%25A4scherei/43281)



derbund.ch 11.11.2021

Interview mit Stefanie Heinzmann: «Ich würde die Saboteure gerne in den Arm nehmen»

Die «Back on Tour»-Auftritte wurden von Impfgegnern sabotiert, die Ränge blieben halb leer. Doch die Sängerin will dem Hass keine Chance geben und setzt weiterhin auf Dialog.

Andreas Tobler

Ihre Konzerte im Rahmen der Impfkampagne wurden sabotiert von Leuten, die Tickets gehamstert haben und dann nicht zum Konzert erschienen. Sie haben gesagt, dass Sie die Boshaftigkeit dieses Sabotageakts überrascht hat.

Mir wäre nie in den Sinn gekommen, dass so etwas gemacht wird. Ich weiss gar nicht, wie man auf diese Idee kommt. Hier wurde Menschen die Möglichkeit genommen, an ein Konzert zu gehen. Das finde ich wahnsinnig schade.

Warum haben Sie sich entschieden, bei den Impfkonzerten mitzumachen? Weil Sie als Künstlerin nur auf Tour gehen können, wenn wir die Pandemie im Griff haben?

Klar, meine Shows fielen mit der Corona-Pandemie fast ganz weg. Dieses Jahr habe ich nur zehn Konzerte gegeben, während ich normalerweise in der gleichen Zeit 80 bis 100 spiele. Das ist ein grosser Unterschied. Ich gehöre aber ganz klar zu den privilegierten Künstlerinnen und Künstlern, die auch in der Pandemie arbeiten konnten. Nach dem ersten Lockdown schrieb ich mein neues Album, ich war im Studio, konnte Sachen fürs Fernsehen machen.

Andere hatten es da weitaus schwerer.

Das stimmt. Mein ganzes Umfeld besteht aus Kulturschaffenden. Viele von ihnen mussten sich im vergangenen Jahr neue Jobs suchen, obwohl sie ihre Kunst mit Herzblut machen. Die Kulturbranche hat in den letzten zwei Jahren wirklich sehr viel einstecken müssen. Aber bei den Impfkonzerten geht es nicht nur um die Interessen meiner Branche. Die Kultur fehlt auch den Menschen. Unser Leben besteht doch nicht nur aus Arbeiten, Essen und Schlafen. Wir brauchen auch Zeiten, in denen wir zusammenkommen und gemeinsam etwas erleben können.

Sie sind aber ganz klar fürs Impfen?

Fakt ist, ich kenne keine bessere Lösung für den Weg aus dieser Pandemie als die Impfung. Darum geht es doch. Und da will ich Teil der Lösung sein. Viele sprechen mir gegenüber nun von Gift, das ich empfehlen würde, und fragen mich, ob ich damit leben kann.

Was antworten Sie darauf?

Vielleicht ist es naiv, aber ich vertraue diesem Land und der Wissenschaft. Hier höre ich auf mein Herz. Und ich gebe allen den Rat, mal mit Ärztinnen und Ärzten oder mit Pflegepersonal zu reden.

In Lausanne sollen bei Ihren Konzerten im Rahmen der Impfkampagne nur 50 Menschen im Publikum gewesen sein. Dies bei einem Konzert, das für 500 Zuschauerinnen und Zuschauer geplant war – und das mit Stars wie Stress und Ihnen aufwartete.

Fakt ist: Es waren nicht nur 50, es waren deutlich mehr Leute.

Aber voll war es nicht.

Nein, aber das hat man, ehrlich gesagt, überhaupt nicht bemerkt, dass da ein paar Hundert fehlten. Und auch wenn es drei gewesen wären: Wir hätten trotzdem mit Freude unsere Konzerte gespielt. Wir Künstlerinnen und Künstler haben alle mal klein angefangen. Ich habe schon vor sieben Leuten gespielt. Und habe trotzdem Freude an der Show gehabt.

Sie hatten Freude am Konzert in Lausanne, obwohl es sabotiert wurde?

Ja, weil die Menschen, die ans Konzert kamen, eine tolle Show verdient haben. Das haben wir zelebriert. Wir haben mit diesen Menschen eine gute Zeit gehabt. In Lausanne war im Publikum ein Mädchen, das hatte die ersten beiden Meter vor der Bühne ganz für sich. Und das Mädchen hat diesen Raum ausgefüllt: In den 75 Minuten, in denen wir spielten, hat es durchgehend getanzt und eine Riesenfreude gehabt. Das war sehr berührend. Wir Künstlerinnen und Künstler sind dann ins Publikum gegangen und haben mitgefeiert, es war ein ganz liebevoller Abend.

Sind Sie nicht wütend, dass Ihre Konzerte sabotiert wurden?

Nein, meine Meinung: Never let hate win, gib dem Hass keine Chance. Daher begegne ich diesen Sabotageakten jetzt nicht mit Frust und Hass. Ich will nur Liebe geben. Das ist alles, was ich will. Und dass wir wieder zusammen sein können.

Sie wurden für Ihr Engagement für die Impfkampagne stark angegriffen.

Diese Erfahrung ist definitiv neu für mich. Mir wird jetzt vorgeworfen, ich würde Druck ausüben, ich sei für den Impfzwang – oder sogar dafür, Kinder zu impfen. Ich kann das alles vehement von mir weisen: Ich bin weder für einen Impfzwang noch dafür, dass man Kinder gegen Corona impft. Es geht wirklich ums Informieren.

Was würden Sie den Leuten sagen, die Ihre Konzerte sabotiert haben?

Ehrlich gesagt: Ich würde sie gerne in den Arm nehmen. Ich weiss, dass sie das nicht wollen, deshalb mache ich das nicht. Menschen wünschen sich Freiheit. Aber gerade die Menschen, die gegen die Impfkampagne sind, die sagen, sie hätten Angst, die Freiheit zu verlieren und nicht gehört zu werden, genau die nehmen durch solche Aktionen ihren Gegenübern die Freiheit, an ein Konzert zu gehen – und sich ihre Meinung zu bilden.

Die Fronten sind in der Impffrage extrem verhärtet.

Ja, aber das darf nicht sein. Wir müssen immer offen sein für einen Dialog. Wir leben in einem solch tollen Land. Sicher laufen auch mal Dinge schief. Aber hey, wir haben es so gut in der Schweiz. Lasst uns über alles reden – und immer aus Liebe handeln, denn alles andere tut doch weh und ist so unnötig.

Morgen ist das letzte Konzert, bei dem Sie auftreten. Was raten Sie Menschen, die gerne das Konzert besuchen würden, aber noch keine Tickets haben?

Wenn ihr in der Nähe von St. Gallen seid und Lust auf einen Tagesausflug habt, dann kommt vorbei. Ich bin mir fast sicher, dass Tickets gehortet wurden, die nicht eingelöst werden. Deshalb gibt es auch noch Tickets
an der Abendkasse. Wir würden uns sehr freuen, einen schönen Abend zu haben. Beim Konzert geht es wirklich nicht ums Impfen, sondern um Musik. Und ums Zusammensein.



Impfoffensive-Projektleiter Michael Beer im Interview

Stefanie Heinzmann war erstaunt über die Boshaftigkeit der Menschen, die Tickets gehamstert haben, um die Impfkonzerte zu sabotieren. Sind Sie ebenfalls überrascht?

Natürlich haben wir es für möglich gehalten, dass es zu Stör-Aktionen kommen könnte. Deshalb haben wir auch schon früh abgeklärt, wie wir mit allfälligen Doppel- und Mehrfachbuchungen umgehen. Überrascht hat uns das Ausmass der Störungen, dass so viele Leute ein Ticket für ein Konzert buchen, um dann nicht zu erscheinen.

Aber es ist doch bekannt, dass die Massnahmengegner sehr aktiv in den sozialen Netzwerken sind, vor allem auf dem Nachrichtendienst Telegram, wo sich solche Aktionen sehr einfach orchestrieren lassen.

Ja, das ist auch uns nicht unbekannt. Wir bedauern es, dass damit die Botschaft der Informations- und Konzerttour nicht zum Tragen kommt. Sie sind gedacht als verbindendes Element. Wir haben uns bewusst dazu entschlossen, dass es für die Teilnahme kein Zertifikat braucht – also alle Menschen egal ob geimpft oder nicht – willkommen sind. Darum sind wir auch enttäuscht über die fehlende Solidarität und mangelnde Bereitschaft, darüber zu diskutieren, wie wir gemeinsam aus der Pandemie kommen.

In Lausanne sollen beim Impfkonzert nur 50 Leute im Publikum gewesen sein.

Das war nicht so. In Lausanne verzeichneten wir 105 Eintritte. In Sion waren es 185. Das ist nicht viel, wenn man 350 haben könnte. Immerhin ist es ein Drittel oder rund die Hälfte von dem, was möglich gewesen wäre.

Sie sprechen jetzt von 350 möglichen Zuschauerinnen und Zuschauern. Geplant waren die Konzerte doch für bis zu 500 Leute.

Die behördlichen Auflagen geben vor, dass 500 Leute auf einem Konzertgelände sein dürfen. Dazu zählen auch die Technik, die Künstlerinnen und die Künstler. Erfahrungsgemäss lassen bei Gratiskonzerten ein Fünftel die Tickets verfallen, daher hatten wir mit 300 Besucherinne und Besuchern gerechnet.

Es war schon sehr früh klar, dass die Impfkonzerte sabotiert werden. Warum haben Sie sehenden Auges das Desaster in Kauf genommen, zu dem es nun gekommen ist?

Als wir den Verkauf eröffneten, haben wir gesehen, dass es Aufrufe gegeben hat, Tickets zu reservieren und nicht zu erscheinen. Bereits bei der Planung dachten wir daran, dass es zu solchen Aktionen kommen könnte. Wir haben daher alle möglichen Vorkehrungen getroffen, um dies zu verhindern. Der Organisator hat Wir haben Mehrfachbestellungen herausgefiltert oder Fantasienamen gelöscht. Personen, die mehrere Tickets für mehrere Konzerte bestellt haben, wurden kontaktiert, um sie zu fragen, zu welchem Konzert sie gerne kommen möchten.

2,5 Millionen Franken haben die Impf-Konzerte gekostet. Das ist sehr viel Geld für eine Kampagne, die nun die Gegenteilige Wirkung hat, denn statt über die Impfung wird nun über das Scheitern der Kampagne gesprochen.

Mit der Aussage, die Kampagne habe ihren Zweck verfehlt, bin ich nicht einverstanden. Aber ja, 2,5 Millionen Franken sind recht viel Geld. Aber man muss Kosten immer der Relation sehen: Die Informations- und Konzerttour ist ein Teil unserer gesamten Kampagne im Rahmen der Impfoffensive, die ein Budget von 6,5 Millionen Franken hat. Und nur ein Bruchteil der 50 Millionen Franken, die bis vor kurzem pro Woche für die Gratistest aufgewendet wurden. Letztlich ist jede Anstrengung, die wir unternehmen können, ein Schritt auf dem Weg aus der Krise. Daher sind die 2,5 Millionen Franken gut investiertes Geld.

Jetzt ist es so, dass die Impfkonzerte den gegenteiligen Effekt von dem haben, was Sie damit bezweckten: Die Konzerte wurden sabotiert, es wird nicht übers Impfen, sondern über das Scheitern Ihrer Kampagne gesprochen. Und an den Konzerten wollten sich nur etwas mehr als ein paar Dutzend Leute.

Das sehen wir überhaupt nicht so. Das Ziel war es nicht, dass sich möglichst viele Leute an den Konzerten impfen lassen. Das ist eine Möglichkeit, die die Kantone wir anbieten. Mit den Konzerten sollen aber vor allem Junge angesprochen werden, die ans Konzert kommen, sich dort informieren und sich im besten Fall für eine Impfung entscheiden. Daher sind wir überhaupt nicht enttäuscht, wenn sich nicht Hunderte impfen liessen. Das wäre auch gar nicht möglich gewesen. Nicht zuletzt wollen wir mit den Konzerten auch zeigen, wie das Leben sein kann, wenn wir die Pandemie hinter uns gelassen haben. Und dazu gehört auch, an ein Konzert zu gehen. Wir erhalten ausserdem positiv ermunternde Rückmeldungen wie auch viel Unverständnis über die teilweise negative Berichterstattungen und die unsolidarischen Aktionen auf der Konzerttour.

Was droht den Leuten, die Tickets gehamstert haben, um damit die Konzerte sabotiert haben?

Nichts. Wir sehen keinen Mehrwert darin, einen Aufwand zu betreiben, um das nachzuverfolgen.

Was würden Sie anders machen?

Wir würden nichts anders machen. Die Konzerte sind Teil der Idee, dass wir einen anderen Zugang finden wollen zu dieser Diskussion. Das birgt gewisse Risiken.

Was unternehmen Sie, dass die letzten beiden Konzerte in Luzern und St. Gallen nicht erneut vor so wenig Publikum wie in Lausanne und Sion gespielt werden müssen?

Wir wollen Abendtickets für jene Leute anbieten, die das Konzert gerne besuchen wollen, und dies auch bewerben. Diese Möglichkeit müssen wir jeweils mit den lokalen Behörden sehr genau prüfen, denn was wir ganz sicher nicht wollen, ist eine Schlange mit 2000 Leuten vor den Abendkassen. (atob)
(https://www.derbund.ch/gib-dem-hass-keine-chance-605878503205


+++HISTORY
SIG begrüsst Stellungnahme von Stadt und Kanton Zürich zur Bührle-Sammlung
Die Stadt und der Kanton Zürich haben in einer gemeinsamen Erklärung zur Causa Bührle-Sammlung weitergehende Forschungen und Abklärungen angekündigt. Der SIG begrüsst das Vorgehen von Stadt und Kanton Zürich.
https://www.swissjews.ch/de/news/sig-news/sig-begruesst-stellungnahme-von-stadt-und-kanton-zuerich-zur-buehrle-sammlung/