Medienspiegel 30. Oktober 2021

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++SCHWEIZ
Referendum gegen Frontex: Die SP attackiert Karin Keller-Sutter und wirft ihr vor, eine Abmachung gebrochen zu haben
Für Verärgerung sorgt ein gescheiterter Deal der SP mit Keller-Sutter, Mitte und FDP – zur EU-Grenzschutzorganisation. Linke ergriffen nun das Referendum. Kommt es durch, droht das Aus von Schengen.
https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/die-schengen-frage-referendum-gegen-frontex-die-sp-attackiert-karin-keller-sutter-und-wirft-ihr-vor-eine-abmachung-gebrochen-zu-haben-ld.2207804


+++DEUTSCHLAND
Erstaufnahmelager in Eisenhüttenstadt
Viele Migranten sind in den letzten Wochen über Belarus und Polen nach Deutschland gekommen. Bamdad Esmaili war einen Tag lang im Erstaufnahmelager in Eisenhüttenstadt, Brandenburg und hat mit einigen von ihnen gesprochen.
https://www1.wdr.de/nachrichten/wdrforyou/deutsch/wdrforyou-erstaufnahmelager-in-eisenhuettenstadt-de-100.html


+++BELARUS
Migration über Belarus in EU – Lukaschenkos Erpressungsversuch wird auch für ihn gefährlich
Die angelockten Migranten an den gesperrten EU-Grenzen könnten für den Despoten zum Problem werden, sagt ein Beobachter.
https://www.srf.ch/news/international/migration-ueber-belarus-in-eu-lukaschenkos-erpressungsversuch-wird-auch-fuer-ihn-gefaehrlich


+++MITTELMEER
Geflüchtete auf dem Mittelmeer: Versuchter Push-Back?
Seit Tagen irrt ein havarierter Frachter mit über 400 Geflüchteten vor der Küste Griechenlands. Die Behörden machen nur vage Angaben.
https://taz.de/Gefluechtete-auf-dem-Mittelmeer/!5811851/


Vom Meer zum Gefängnis. Die Kriminalisierung von Migration im Bericht von Arci Porco Rosso und Alarm Phone
PALERMO, 15. Oktober 2021- Mehr als 2.500 Personen wurden in den vergangenen 10 Jahren wegen Menschenhandels festgenommen, auch wenn sie nichts anderes getan hatten, als ein Boot über das Mittelmeer zu fahren. Hunderte von ihnen befinden sich immer noch in Haft in Italien, wie der heute veröffentlichte Bericht von ARCI Porco Rosso* und Alarm Phone zeigt.
https://www.borderlinesicilia.it/de/news-de/vom-meer-zum-gefaengnis-die-kriminalisierung-von-migration-im-bericht-von-arci-porco-rosso-und-alarm-phone/


+++GASSE
Zahnarzt für Randständige – Obdachlose erhalten in Basel gratis eine Zahnbehandlung
Das Angebot soll möglichst niederschwellig sein: Die mobile Zahnarztpraxis kommt in ein Tageshaus für Obdachlose.
https://www.srf.ch/news/schweiz/zahnarzt-fuer-randstaendige-obdachlose-erhalten-in-basel-gratis-eine-zahnbehandlung



bielertagblatt.ch 30.10.2021

Sie werden für Obdachlose zum Zuhause

Das Sleep-In, ein Ort für Drogenabhängige? Schon lange nicht mehr, sagen die Betreuenden. Heute kämen auch Frauen in die Notschlafstelle, die sich aus Scham nicht beim Sozialamt melden. Das sei prekär.

Hannah Frei

Von Aussen ist das Haus an der Mattenstrasse unscheinbar. Das bunt dekorierte Fenster lässt vermuten, dass hier wohl Künstlerinnen leben. Es sind Überlebenskünstler. Die Farbe an der Scheibe ist nicht nur Kunst, sondern dient dazu, die Sicht zu verdecken, von aussen nach drinnen. Denn wer dort übernachtet, sucht einen geschützten Schlafplatz, eine Mahlzeit, einen Rückzugsort.

Seit 40 Jahren gibt es die Notschlafstelle Sleep-In in Biel. Menschen kamen, blieben für eine Nacht, blieben für ein paar Wochen, gingen wieder, kamen wieder. Das Haus bietet 29 Betten, die meisten davon in Dreierzimmern, ein Stock gehört den Rauchern, einer den Frauen. In diesem sind die Zimmer abgesehen von den Betten tagsüber leer, keine Rucksäcke, keine Kleider liegen herum, anders als bei den Männern. Frauen hätten zwar meist deutlich mehr Gepäck, sagt Valerie Ackle, sie würden tagsüber aber alles mitnehmen, auch wenn sie wissen, dass sie am Abend wiederkommen werden. «Sie möchten ihren Besitz bei sich tragen», sagt Ackle, die seit Jahren im Sleep-In arbeitet.

Manche kämen hingegen nur mit den Kleidern, die sie am Leib tragen. Das Nötigste finden sie im Sleep-In: warme Kleidung, eine Zahnbürste, Shampoo, eine Suppe am Abend, ein frisches Frühstück am Morgen.

Nicht alle schlafen dort aus

Tagsüber ist die Notschlafstelle zu, Frühstück gibt es bis 10.30 Uhr, dann schliesst sich das Tor wieder. So können auch diejenigen, die am frühen Morgen raus müssen, um sich etwa bei Suprax ihre tägliche Dosis Methadon oder Heroin abzuholen, danach noch eine Tasse Kaffee und ein Frühstück geniessen. Menschen mit einer Suchtproblematik gehören im Sleep-In jedoch meist zur Minderheit, sagt Betreuerin Vera Fabbri. «Für Suchtbetroffene gibt es heute ein stabiles Auffangnetz. Zudem ist diese Suchtproblematik seltener geworden. Den klassischen Heroinabhängigen gibt es kaum mehr.» Dieses Netz haben andere nicht, etwa Sans-Papiers. Viele kämen aber auch ins Sleep-In, weil sie keine Hilfe von anderen Institutionen annehmen wollen, sagt Fabbri. Das sei bei den Frauen häufig der Fall. «Sie wollen keine Sozialhilfe beantragen, weil sie befürchten, kontrolliert und überwacht zu werden. Und sie haben Angst davor, ihre Würde deshalb zu verlieren.» Dadurch gerieten die Frauen oft in eine Abwärtsspirale, würden sich immer mehr zurückziehen, sich isolieren, «bis sie am Ende ganz sich selbst überlassen sind».

Trotz all der Probleme, die die Menschen im Sleep-In mit sich tragen, sei der Umgang meist rücksichtsvoll und herzlich, so Ackle. «Die Menschen hier schauen in der Regel gut zueinander.» Es gibt sogar ein Bett im Gang ganz zuoberst im Haus, in dem derjenige schläft, der mit seinem Geschnarche sonst das ganze Haus wecken würde. Unordnung gibt es in den Zimmern kaum, geputzt wird wohl öfters als in so manchem Bieler Einfamilienhaus. Die Bettwäsche und Frotteetücher waschen die Angestellten, genauso wie die Wäsche der Benutzerinnen und Benutzer, wie das Sleep-In-Team die Gäste nennt.

30-Jährige und älter

Die meisten der Besucherinnen und Besucher seien über 30 Jahre alt, eher älter, sagt Fabbri. Früher sei das noch anders gewesen. Entstanden ist das Sleep-In aus einer Initiative des Autonomen Jugendzentrums (AJZ), mit dem Ziel, den jungen Konsumierenden, die bis 1980 die Treppen am Burgplatz in Biel besetzten, in der Winterzeit eine Notunterkunft zu bieten. So wurde ein leeres Haus an der Zukunftsstrasse zur Verfügung gestellt.

Die Stadt habe das Konzept von Anfang an unterstützt. «Sie haben wohl festgestellt, dass es eine solche Einrichtung braucht», sagt Fabbri. Im Laufe der Jahre habe es in Bezug auf die finanzielle Unterstützung von der Stadt Aufs und Abs gegeben. Aber mittlerweile sei das Sleep-In zu einer festen Institution geworden, und zwar eben nicht in erster Linie für Suchtbetroffene, sondern für alle, die in Not einen Schlafplatz suchen. Seit Jahren besteht ein Leistungsvertrag mit der Stadt und es kämen häufig Spenden. «Es gibt sogar Frauen, die für uns Mützen oder Socken stricken», sagt Fabbri.

Sie arbeitet seit über 25 Jahren im Sleep-In, kennt die Leute, die kommen, die Institutionen, mit denen das Team zusammenarbeitet. Und sie weiss, was es heisst, obdachlos zu sein. Als junge Erwachsene suchte sie im Berner Sleeper einen Schlafplatz. Das sei für sie ein prägendes Erlebnis gewesen. «Ich fühlte mich nach langer Zeit endlich wieder sicher», sagt Fabbri. Für sie stand fest: Es braucht dieses Angebot, sowohl für die Betroffenen, als auch für die gesamte Gesellschaft. Heute ist es sie, die den Besucherinnen und Besuchern im Sleep-In diese Sicherheit gibt – und damit einen Moment der Ruhe.



Jubiläumsapéro

Zum 40-Jahr-Jubiläum findet heute im Sleep-In an der Mattenstrasse 13 in Biel zwischen 14 und 18 Uhr ein Apéro statt, für all diejenigen, die wissen wollen, wie das Haus von innen aussieht und was hinter der Institution steckt. 29 Betten bietet das Haus für Obdachlose, Durchreisende oder solche, die sich aus anderen Gründen in einer Notlage befinden. Es gibt Suppe und Frühstück. Für eine Nacht bezahlt man sechs Franken. Die Hausregeln: keine Dealerei, keine Aggressionen, gegenseitiger Respekt. Etwa 13 Betreuerinnen und Betreuer arbeiten dort, als selbstverwaltetes Kollektiv.   haf/mt
(https://www.bielertagblatt.ch/nachrichten/biel/sie-werden-fuer-obdachlose-zum-zuhause)



Ein neues Zuhause für Einrichtungen der Sozialwerke Pfarrer Sieber. Die Reformierte Kirche Zürich freut sich über das gemeinsame Projekt. (ab 01:45)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/corona-demo-und-gegendemo-haelt-zuercher-polizei-auf-trab?id=12082233


SRF im Bremgartenwald: Vorbelastete Begriffe, neoliberale Diskurse
Ein Dokumentarfilm der neuen SRF-Reportagesendung «SRF rec.» versucht im Bremgartenwald der Frage nachzugehen, ob die sogenannten Waldmenschen eine Belastung oder ein Mehrwert für die Gesellschaft sind. Die Herangehensweise des Dokumentarfilms folgt einer neoliberalen Verwertungslogik und verwendet historisch vorbelastete Begriffe.
https://www.megafon.ch/vorbelastete-begriffe-neoliberale-diskurse/?artikel=Vorbelastete+Begriffe%2C+neoliberale+Diskurse
-> https://www.srf.ch/play/tv/rec-/video/die-waldmenschen-von-bern-asoziale-aussteiger-oder-freigeister?urn=urn:srf:video:d9702e07-ef93-4291-85db-ac8d8e8e8dd8
-> https://www.srf.ch/play/tv/rec-/video/qa-zur-reportage-die-waldmenschen-von-bern?urn=urn:srf:video:84f15925-c7a3-4c73-a57c-09491deba90a&aspectRatio=16_9


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
„New Squat in #Bern. Ab 16 Uhr Eichenweg 50 in Köniz. Es gibt Glühwein und Kuchen. Bringt also Tassen mit: https://instagram.com/p/CVpadu5MkCc/ #freiraum #besetzen #besetzt“
(https://twitter.com/ag_bern/status/1454395661349269507)


[Brochure] Toutes les portes s’ouvrent
Il y a plein de raisons de vouloir ouvrir une porte fermée, mais cette brochure a été pensée pour des ouvertures de squats et pour s’affranchir d’ouvreur.euse.s expérimenté.e.s et des relations de pouvoir que ça peut créer.
https://renverse.co/analyses/article/brochure-toutes-les-portes-s-ouvrent-3279


Lohn, Respekt, Solidarität
Kundgebungen: Jetzt sind wir dran!
Am 30. Oktober finden um 13.30 Uhr interprofessionelle Demonstrationen in Genf, Bern, Olten, Zürich und Bellinzona statt. Für mehr Lohn, Respekt und Solidarität. Komm auch!
https://solidaritaet.unia.ch/demo
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-aargau-solothurn/jetzt-hat-auch-brugg-eine-kulturnacht?id=12082221 (ab 01:05)
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/wie-corona-ein-institut-der-uni-bern-in-den-fokus-rueckt?id=12082227 (ab 01:22)
-> https://twitter.com/UniaSuisse
-> https://twitter.com/UniaSchweiz
-> https://twitter.com/___R___EL
-> https://twitter.com/__investigate__
-> https://twitter.com/farbundbeton


Für bessere Arbeitsbedingungen: 5000 demonstrieren in Bern für Pflegeinitiative
Vier Wochen vor der Abstimmung über die Pflegeinitiative hat das Gesundheitspersonal an einer Kundgebung in Bern bessere Arbeitsbedingungen und mehr Respekt gefordert.
https://www.derbund.ch/gesundheitspersonal-demonstriert-fuer-bessere-arbeitsbedingungen-112517632282
-> https://www.blick.ch/news/demo-fuer-pflege-initiative-in-bern-wir-retten-euch-rettet-uns-id16948225.html
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/wie-corona-ein-institut-der-uni-bern-in-den-fokus-rueckt?id=12082227 (ab 01:57)
-> Echo der Zeit: https://www.srf.ch/audio/echo-der-zeit/mehr-pflegefachkraefte-ausbilden?partId=12082197
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/gesundheitspersonal-demonstriert-fur-bessere-arbeitsbedingungen-66033511
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/wir-moegen-nicht-mehr-das-pflege-personal-geht-auf-die-strasse-144186763
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/rund-5000-gesundheitsfachpersonen-demonstrierten-in-bern-144186180
-> https://www.tele1.ch/nachrichten/gesundheitspersonal-demonstriert-in-bern-144186724
-> https://twitter.com/UniaSchweiz


„Marsch für’s Läbe“ Gegendemo 2021: Verzeigungsvorhalte
In den letzten Tagen haben einige Personen Verzeigungsvorhalte von der Stadtpolizei Zürich gekriegt, weil sie an den Protesten gegen den „Marsch für’s Läbe“ in Oerlikon ZH im September kontrolliert wurden.
https://barrikade.info/article/4817


AfroBasel: «Wir möchten als Brücke fungieren»
Der Verein AfroBasel stellt seit drei Jahren die schwarzen Menschen Basels in den Fokus – der Rest der Gesellschaft soll dabei aber nicht ausgeschlossen werden.
https://www.bzbasel.ch/basel/verein-afrobasel-wir-moechten-als-bruecke-fungieren-ld.2206724


Kurdinnen und Kurden demonstrieren in Solothurn
Rund 50 Demonstrantinnen und Demonstranten zogen am Samstagnachmittag durch die Stadt Solothurn. Die Kundgebung war bewilligt.
https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/stadt-solothurn/solothurn-kurdinnen-und-kurden-demonstrieren-in-solothurn-ld.2208162


+++SPORTREPRESSION
Liga und Klubbosse wollen handeln: Szene-Kenner warnt vor Gästesektor-Schliessung
Das Liga-Komitee regt die Diskussion zur Schliessung der Gästesektoren an. Eine solche wäre kontraproduktiv, meint ein Experte.
https://www.blick.ch/sport/fussball/superleague/liga-und-klubbosse-wollen-handeln-szene-kenner-warnt-vor-gaestesektor-schliessung-id16947237.html


+++RECHTSPOPULISMUS
Attacke auf Journalisten: «Fehlschaltung im Hirn» – Köppel verunglimpft Reporter
«Weltwoche»-Verleger Roger Köppel behauptet, dass «SonntagsBlick»-Journalist Fabian Eberhard bei jeder staatskritischen Intervention austicke. Er vergleicht ihn mit einem Mann, der alles zertrümmert, sieht er die Farbe Rot.
https://www.20min.ch/story/fehlschaltung-im-hirn-koeppel-verunglimpft-reporter-361844244627


+++RECHTSEXTREMISMUS
Appell für ein Stadtgespräch: Mitglied der…
Seit ein paar Wochen ist bekannt, dass Mario Giuviliu, ein Mitglied der Jungen Tat, am Albisriederplatz Zürich in einer Metzgerei eine neue Arbeitsstelle gefunden hat. Als dem Quartier verbundene Menschen und Antifaschist:innen können wir bei so einem Fakt nicht die Augen verschliessen.
Dies ist ein Appell: Zeigen wir, als Stadt und als Quartier, dass Menschen, die für nationalsozialistisches und neofaschistisches Gedankengut einstehen, hier nicht erwünscht sind! Kein Vergeben, kein Vergessen.
https://barrikade.info/article/4815


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Demonstration in Zürich: Polizei lässt Corona-Skeptiker durch die Stadt spazieren
Mehrere hundert Gegner des Covid-Gesetzes zogen zwei Stunden durch Zürich. Sie wurden von der Polizei eskortiert – und von Passanten beschimpft und mit Tomaten beworfen.
https://www.tagesanzeiger.ch/corona-skeptiker-treffen-auf-velodemo-138602123285
-> https://www.20min.ch/story/polizei-toleriert-corona-demonstration-in-zuerich-670187381655
-> https://www.20min.ch/story/verkehrschaos-in-der-innenstadt-wegen-demonstration-503668954410
-> https://www.blick.ch/schweiz/zuerich/fuer-unbewilligte-demo-corona-skeptiker-treffen-sich-heute-in-zuerich-id16947774.html
-> https://www.watson.ch/schweiz/international/267642233-coronavirus-hunderte-demonstranten-in-zuerich
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/coronavirus-unbewilligte-kundgebung-am-zurcher-hb-66031802
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/corona-demo-und-gegendemo-haelt-zuercher-polizei-auf-trab?id=12082233
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/unbewilligte-demonstrationen-am-zuercher-hauptbahnhof-144186145
-> https://www.zh.ch/de/news-uebersicht/medienmitteilungen/2021/10/211030_demo_zuerich.html
-> https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/massnahmen-gegner-treffen-am-zuercher-hauptbahnhof-auf-gegendemonstranten-00168172/
-> https://twitter.com/__investigate__
-> https://twitter.com/farbundbeton
-> https://twitter.com/Knackeboul
-> https://twitter.com/StadtpolizeiZH
-> https://twitter.com/KapoZuerich


Polizei schliesst Walliserkanne: «Muss ich jetzt etwa auch Schusswaffen organisieren?»
Die Kantonspolizei Wallis hat das Restaurant Walliserkanne in Zermatt geschlossen. Die Betreiber weigerten sich, die Covid-Zertifikate ihrer Gäste zu kontrollieren. Einer der Wirte filmte, wie er das Siegel an der Tür brach und mit Polizisten stritt.
https://www.20min.ch/video/muessen-wir-jetzt-die-schusswaffen-holen-332004286963
-> https://www.20min.ch/video/es-erinnert-mich-an-schurkenstaaten-895238369174
-> https://www.tagblatt.ch/news-service/inland-schweiz/corona-nach-schliessung-von-skeptiker-lokal-aufruf-zu-demo-in-zermatt-ld.2208140?mktcid=smch&mktcval=twpost_2021-10-30
-> https://www.20min.ch/story/gemeinde-bewilligt-demonstration-von-massvoll-vor-walliserkanne-935298165924
-> https://www.20min.ch/story/polizei-schliesst-die-walliserkanne-948623039382
-> https://www.blick.ch/schweiz/wirt-der-walliserkanne-rastet-aus-polizei-macht-skeptiker-beiz-in-zermatt-vs-dicht-id16947810.html
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/walliserkanne-in-zermatt-vs-von-polizei-zugemauert-66033377
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/wie-corona-ein-institut-der-uni-bern-in-den-fokus-rueckt?id=12082227 (ab 01:34)
-> https://twitter.com/farbundbeton
-> https://twitter.com/swissfenian
-> https://twitter.com/__investigate__



Walliser Bote 30.10.2021

Walliserkanne: Gäste widersetzen sich Wegweisungen durch die Polizei

Die Kantonspolizei und Regionalpolizei Zermatt hat die Gäste der Walliserkanne aufgefordert, zu gehen. Erfolglos. Die Polizei ist wieder abgezogen.

Rebecca Schüpfer|Adrien Woeffray|Martin Kalbermatten

In Zermatt spielen sich derzeit kuriose Szenen ab. Die Wirte der Walliserkanne wehren sich gegen eine amtliche Schliessung. Gäste werden auf der Terrasse bewirtet. Die Sperrung übergangen. Wie die Walliser Kantonspolizei bestätigt, sei man vor Ort und kontrolliere die Lage laufend.

Am Samstagnachmittag waren rund 20 Polizisten der Kantonspolizei Wallis und der Regionalpolizei Zermatt vor Ort und forderten die Gäste in den Innenräumen und auf der Terrasse auf, die Lokalitäten zu verlassen. Erfolglos. Wie aus einem Video hervorgeht, das pomona.media vorliegt, haben sich die Gäste den Wegweisungen durch die Polizei widersetzt. Die Polizisten zogen unverrichteter Dinge wieder ab. Dies bestätigt die Kantonspolizei Wallis.
-> Video: https://www.youtube.com/watch?v=0qYpu9jsy5g
-> Audio: https://storage.googleapis.com/rro-app-2020.appspot.com/stories%2F41686%2F608665.mp3

Derweil können die Kantonspolizei und die Regionalpolizei Zermatt derzeit keine Zwangsmassnahmen anwenden. Das sei ihnen als ausführende Gewalt nicht gestattet. Dieser Entscheid müsse demnach entweder von der Staatsanwaltschaft oder in Form einer Anordnung vom Staatsrat erfolgen.

Die Polizei könne vor Ort nur versuchen, die Gäste aufzufordern, das Restaurant zu verlassen und dieses abermals amtlich zu versiegeln.
(…)



Walliserkanne: Gemeinde bewilligt Demo von Coronaleugnern

Mauer mitten in Zermatt. Die Walliser Polizei stellt sechs Betonklötze vor die Walliserkanne, damit niemand mehr reinkommt. Trotzdem sitzen Gäste auf der Terrasse.

Rebecca Schüpfer|Adrien Woeffray

In Zermatt spielen sich derzeit kuriose Szenen ab. Die Wirte der Walliserkanne wehren sich gegen eine amtliche Schliessung. Gäste werden auf der Terrasse bewirtet. Die Sperrung übergangen. Wie die Walliser Kantonspolizei bestätigt, sei man vor Ort und kontrolliere die Lage laufend.

Rückblick: Die Walliserkanne wurde am Freitag von der Walliser Kantonspolizei amtlich versiegelt. Die Wirte öffnete das Restaurant trotz Verbot wieder für Gäste und bewirteten diese.

Am Freitagabend musste die Kantonspolizei das Lokal abermals räumen lassen. Und nun?

Die Kantonspolizei scheint scharfe Geschütze aufgefahren zu haben. Sie liess den Eingang des Lokals kurzerhand mit Betonklötzen, sechs an der Zahl, verbarrikadieren.

Samstagmorgen

Einer der Wirte richtete sich am frühen Samstagmorgen lautstark mit Mikrofon ausgestattet nun an die Menschen, die in der Bahnhofsstrasse vorbeiliefen. Er sagte: «Kommen Sie rein, die Walliserkanne hat geöffnet. Lassen Sie sich nicht beirren.» Der Aufforderung folgten zahlreiche Gäste. Dies könnte rechtliche Folgen für die Wirte haben.

Unterstützung für die Aufdenblattens gibt es derweil von verschiedenen Seite. In den sozialen Netzwerken wird die Aktion der Wirtebrüder begrüsst. So auch vor Ort. So hat Unternehmer und Hotelier Mario Julen zwischenzeitlich Dokumente der Unterstützung an die Betonklötze gehängt. Darauf schreibt er unter anderem: «Kleine Kinder spielen Lego, grosse Kindsköpfe spielen Betonlego».

Am Freitagmorgen hatten die Staatsräte Frédéric Favre, Vorsteher des Departements für Sicherheit, und Gesundheitsdirektor Mathias Reynard die Schliessung der Walliserkanne in Zermatt verfügt. Ausführen müssen diese Verfügung die Kantonspolizei Wallis sowie die Regionalpolizei Zermatt. Gestern berichtete pomona.media fälschlicherweise, dass eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft eingegangen sei. Die Polizei setzt die Massnahme derzeit um. Strafbare Handlungen werden dann verzeigt.

Der Staatsrat sei nicht mehr zuständig, sagt Staatsratspräsident Frédéric Favre (FDP). «Wir haben die Polizei am Freitag angeordnet, den Betrieb zu schliessen», sagt er, «damit haben wir unsere Möglichkeiten auf administrativer Ebene angewendet.» Nun müsse sich die Justiz mit dem Fall befassen. Die Staatsanwaltschaft analysiere die Situation derzeit.

Kundgebung geplant

Samstagnachmittag

Nun ist in Zermatt eine Kundgebung geplant. Das twitterte Nicolas Rimoldi, Co-Leiter der Bewegung Mass-Voll.

Die Kundgebug wurde von der Gemeinde Zermatt bewilligt. Romy Biner-Hauser sagt gegenüber pomona.media: «Im Sinne der Deeskalation haben wir die Kundgebung bewilligt.» Mehr zur Situation in Zermatt wollte Biner-Hauser nicht sagen.
(https://new.rro.ch/story/walliserkanne-gemeinde-bewilligt-demo-von-coronaleugnern/41686)



Walliser Bote 30.10.2021

Zweiter Einsatz – Am späten Freitagabend hat ein Grossaufgebot an Polizisten die «Walliserkanne in Zermatt erneut geräumt.

Norbert Zengaffinen

Welch ein Theater im mondänen, im Normalfall auf absolute Diskretion bedachten Zermatt: Am Freitagmorgen nach zehn Uhr räumte die Polizei das Restaurant «Walliserkanne» an bester Adresse an der Bahnhofstrasse in Zermatt.

Die beiden Walliser Staatsräte Frédéric Favre, Polizeidepartement (FDP), und Mathias Reynard, Gesundheitsdepartement (SP), haben dies zuvor per staatsrätliche Verfügung angeordnet.

Grund: Die Betreiber des Restaurants weigern sich seit Inkraftsetzung die Covid-Verordnung Zertifikate des Bundesrats umzusetzen, wonach nur Gäste mit Covid-Zertifikat den Innenraum des Restaurants nutzen können. Die Betreiber weigern sich stur, Gäste auf das Covid-Zertifikat zu kontrollieren.

Am Freitagmorgen eskalierte die Situation vollends. Nach der Räumung des Lokals durch Polizeibeamte versiegelten diese die Eingangstüre der «Walliserkanne». Der Betreiber rastet aus, beruft sich auf seine Wirtschaftsfreiheit und reisst die Versiegelung herunter. Es fallen böse Worte in Richtung Beamte. Eine erneute Straftat. Und öffnet das Restaurant wieder.

Bereits am Freitagnachmittag war die Gartenterrasse der «Walliserkanne» bei herrlichem Spätsommerwetter wieder gut besetzt. Am Abend dann strömen viele Personen ins Restaurant, um  zu essen.

Was die ahnungslosen Gäste nicht wissen, eingangs Zermatt bereitet sich ein Grossaufgebot von rund 20 Polizisten vor, das Lokal erneut zu räumen und zu versiegeln.

Nach 22 Uhr ist es dann so weit. Rund zwölf Polizisten mit Schutzmasken betreten die «Walliserkanne». Die restlichen Beamten postieren sich vor dem Lokal. Und fordern die essenden Gäste auf, das Lokal zu verlassen. Gegen 23 Uhr ist das Lokal leergefegt.

Ob die «Walliserkanne» nach dem zweiten Polizeieinsatz am Freitagabend erneut versiegelt wurde und der Betreiber des Restaurants sogar auf richterliche Anordnung in Haft genommen wurde, war am späten Freitagabend nicht mehr in Erfahrung zu bringen.
(https://new.rro.ch/story/polizeigrossaufgebot-r%C3%A4umt-walliserkanne-am-freitagabend-erneut/41674)



Risse in der Widerstands-Front: Corona spaltet die SVP
Die ganze SVP ist gegen das Covid-Gesetz? Nein. Sowohl unter den Parteiexponenten wie auch an der Basis tun sich einige schwer mit der Parole. Und andere finden, man begebe sich in schlechte Gesellschaft.
https://www.blick.ch/politik/risse-in-der-widerstands-front-corona-spaltet-die-svp-id16946912.html


Schaufensterwerbung mit «Lockdown bringt Tod und Armut»-Plakat: Chef von Traditionsladen empört mit Anti-Corona-Propaganda
Der älteste Jeansladen Zürichs hat seine Schaufenster mit problematischen Corona-Botschaften zugepflastert. Auch die Maskenpflicht wird im Laden kaum eingehalten, wie Kundinnen und Kunden Blick berichten.
https://www.blick.ch/wirtschaft/schaufensterwerbung-mit-lockdown-bringt-tod-und-armut-plakat-chef-von-traditionsladen-empoert-mit-anti-corona-propaganda-id16946780.html


Freie Linke: «Macht aus dem Zertifikat Gurkensalat» – Wer steckt hinter den linken Parolen an den Corona-Protesten?
An den von Rechts geprägten Coronademonstrationen sticht die Gruppe «Freie Linke» heraus. Sie ist voller Widersprüche.
https://www.tagblatt.ch/schweiz/zertifikat-zu-gurkensalat-ld.2208070?mktcid=smch&mktcval=twpost_2021-10-30


Wegen Slalomkurs bei Covid-Gesetz: Mitte-Pfister attackiert «Wischiwaschi»-SVP
Mitte-Präsident Gerhard Pfister kämpft für ein Ja zum Covid-Gesetz. Er macht sich Sorgen über die Gewaltbereitschaft eines teils der Corona-Skeptiker. Und er wirft der SVP Opportunismus vor.
https://www.blick.ch/politik/wegen-slalomkurs-bei-covid-gesetz-mitte-pfister-attackiert-wischiwaschi-svp-id16947829.html


Mit Verschwörungstheorien in die Freiburger Politik
Die Wahlplakate von Michèle Courant sorgen in Freiburg für Diskussionen. Mit dem Slogan «Die Impfung nummeriert uns, 5G ortet uns» möchte sie in den Staatsrat.
https://www.nau.ch/politik/regional/mit-verschworungstheorien-in-die-freiburger-politik-66031078


Tunnelblick
Die Abstimmungsdebatte zum Covid-Gesetz hält ein paar Überraschungen bereit. Zum Beispiel, dass verdiente Aktivisten im Kampf gegen Überwachung jedes Mass verlieren.
https://www.republik.ch/2021/10/30/tunnelblick



derbund.ch 30.10.2021

Attacke gegen MassnahmekritikerBeim Angriff waren 30 Personen im Car

Der Inhaber des betroffenen Car-Unternehmens schildert die wüsten Szenen vom letzten Samstag auf der Schützenmatte.

Michael Bucher

Der Angriff war ebenso heimtückisch wie heftig. Es ist kurz vor 16 Uhr am vergangenen Samstag, als eine Polizeipatrouille auf der Schützenmatte auftaucht. Gerufen wurde sie wegen einer Streifkollision zweier Autos. In unmittelbarer Nähe steht ausserdem ein Reisecar, den Massnahmekritiker gebucht haben, um an der bewilligten Grosskundgebung auf dem Bundesplatz teilzunehmen.

Dann geht alles sehr schnell: Laut Kantonspolizei Bern stürmen mehrere Dutzend vermummte Personen aus der Reithalle kommend auf die Szenerie zu. Sie greifen sowohl die Polizeikräfte als auch den Reisecar mit Steinwürfen an. Bei drei Fahrzeugen – unter anderen einem Polizeiauto – gehen die Scheiben zu Bruch. Beim Angriff wird eine unbeteiligte Frau verletzt, die in den Verkehrsunfall involviert war. Während der Unfallaufnahme durch die Polizei trifft sie ein Stein am Rücken. Auch ein Polizist kriegt einen Stein ab. Danach flüchten die Angreifer laut Polizei zurück in die Reithalle.

Chauffeur brauste in Panik davon

Was aufgrund der Medienmitteilung der Kantonspolizei bislang nicht klar war: Bei dem Angriff auf den Reisecar befanden sich rund 30 Fahrgäste im Fahrzeug. «Der Car war bereit für die Abfahrt, der Chauffeur wartete bloss noch auf eine fehlende Person», sagt Robert Winter auf Anfrage. Er ist der Inhaber des betroffenen Car-Unternehmens. Dabei handelt es sich um die Firma Siegrist-Reisen aus dem Kanton Aargau.

Vom Chauffeur weiss er: Die Angreifer stürmten auf den Car zu und traktierten diesen mit Steinen und Eisenstangen. Nebst der Heckklappe und den Rücklichtern werden vier Fenster zerstört. Dank einer Doppelverglasung gingen bei den Seitenfenstern nur die äusseren Scheiben zu Bruch, die Heckscheibe brachten die Angreifer jedoch ganz zum Bersten. Das zeigt auch ein Foto in einem Telegram-Chat von Massnahmekritikern. Dort wird von einem «Terroranschlag» geschrieben.

«Es ging offenbar drunter und drüber», sagt Robert Winter weiter am Telefon. Die Fahrgäste hätten Angst bekommen. Der Chauffeur ebenfalls. Laut Winter soll dieser noch während der Angriffe losgefahren sein, um die Schützenmatte schleunigst zu verlassen. Verletzt wurde laut dem Firmeninhaber niemand. Ein Mann soll lediglich ein paar Kratzer abbekommen haben. Den Sachschaden beziffert Robert Winter auf gegen 20’000 Franken.
(https://www.derbund.ch/beim-angriff-waren-30-personen-im-car-549122208686)


+++HISTORY
«Geschichten, die betroffen machen, beeindrucken und schockieren»: Der Alltag in der Zwangsarbeitsanstalt Gmünden wurde in einer Studie aufgearbeitet
Appenzell Ausserrhoden hat die administrativen Versorgungen in der Zwangsarbeitsanstalt Gmünden untersuchen lassen. Entstanden ist ein Buch.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/ressort-ostschweiz/aufarbeitung-ein-beitrag-um-das-leid-zu-verstehen-ld.2208091



tagblatt.ch 30.10.2021

Unschuldig, aber unliebsam: In Gmünden wurden jahrzehntelang willkürlich Leute weggesperrt

Sie waren ohne Gerichtsverfahren eingesperrt, weil sie als «liederlich» oder «arbeitsscheu» galten: Ein Buch zeichnet die administrativen Zwangsmassnahmen in Appenzell Ausserrhoden nach.

Rolf App

Im Mai 1931 wendet sich der Kesselschmied und Hausierer Friedrich R. an die Ausserrhoder Regierung. «Was ich begangen habe, ist doch nicht so schlimm, dass ich ein ganzes Jahr Freiheitsstrafe verdient habe», schreibt er, nachdem er auf Antrag der Heimatgemeinde wegen «Familienpflichtverletzung» und «schlechten Betragens» administrativ versorgt und in die Zwangsarbeitsanstalt Gmünden verbracht worden ist.

Später wird auch seine Frau ihm nach Gmünden folgen. Über sie schreibt die Regierung 1935: «Frau B. ist ihrer Abstammung nach und auch nach ihrem Tun von leichtem Geblüt des fahrenden Volkes.» Mit Schicksalen wie diesen geben Birgit Christensen, Sabine Jenzer, Thomas Meier und Christian Winkler in ihrem nun veröffentlichten Bericht einem Kapitel in der Ausserrhoder Geschichte ein menschliches Gesicht, das sonst fast ausschliesslich von der Perspektive der Ämter lebt.

Von den einst in Gmünden Internierten hat sich auf einen breit gestreuten Aufruf niemand gemeldet, also bleiben jene wenigen Lebensgeschichten, die sie in ihrer Untersuchung «Versorgt in Gmünden» rekonstruieren. Da ist ein Zahnarzt, der als «liederlicher Trinker und Schürzenjäger» taxiert wird. Da ist ein Waldarbeiter, Vater von nicht weniger als elf Kindern, dem der Armensekretär ins Stammbuch schreibt: «Lassen Sie also doch bitte in erster Linie einmal das unglückselige Trinken.» Da ist das ledige Dienstmädchen Maria M., das sich in Gmünden in den Schreiner Karl Z. verliebt, und wegen dieses «Vergehens» zehn Tage im Dunkelarrest verharren muss.

Keine konkreten, strafbaren Vergehen

Alle sind sie «administrativ versorgt», das heisst, sie sind von der Regierung auf Antrag ihrer Gemeinde eingewiesen worden ohne ein Gerichtsverfahren. Sie gelten als «liederlich» oder «arbeitsscheu». Das sind höchst dehnbare Begriffe, die sich auf den Charakter oder die Persönlichkeit beziehen, auf einen «ausschweifenden» oder «unsittlichen» Lebenswandel, auf «Trunksucht», «Verschwendungssucht», «Genusssucht» – nicht aber auf konkrete, strafbare Vergehen.

Schon im 18. Jahrhundert hat sich die Meinung verbreitet, man müsse die Bettler in den Armen- und Arbeitshäusern durch Arbeit an ein geregeltes Leben gewöhnen. Im 19. Jahrhundert dann diskutieren neu entstehende Gemeinnützige Gesellschaften rege über die Ursachen einer weitverbreiteten Armut. Viele wandern nach Amerika aus, andere aber fallen den Armenhäusern in den Gemeinden zur Last.

So findet jene Petition ein offenes Ohr, die 1856 die Appenzellische Gemeinnützige Gesellschaft dem Ausserrhoder Grossen Rat einreicht, nachdem bereits in anderen Kantonen erste Arbeitserziehungsanstalten entstanden sind – zum Beispiel 1851 im thurgauischen ­Kalchrain.

Gesellschaft vor «unerwünschten Elementen schützen»

«Eine Zwangsarbeitsanstalt wäre nothwendig, zur Versorgung und möglichen Besserung arbeitsscheuer, liederlicher Subjecte», umreisst die Petition jenes Programm, das 1884 zur Schaffung der Zwangsarbeitsanstalt Gmünden führt. Dort arbeiten bis 1981 neben gerichtlich verurteilten Strafgefangenen und Geldstrafen verbüssenden Personen auch insgesamt 1252 administrativ Eingewiesene bis zu drei Jahre ohne Gerichtsverfahren in auswärtigen Betrieben, vor allem aber auf den Feldern des Landwirtschaftsbetriebs. Ihm gilt der Stolz des Verwalters und der Aufsichtskommission. «Wie ein Zeitzeuge wohl treffend meinte, waren die Kühe und schönen Preise wichtiger als alles andere – die Anstaltsinsassen eingeschlossen», stellt die Untersuchung fest. «So wurden längst überfällige Renovationen, Anschaffungen und Verbesserungen der Infrastruktur auf die lange Bank geschoben.»

Es sind vor allem die Heimatgemeinden, die durch die Anstalt Gmünden entlastet werden. In deren Armenhäusern leben «armengenössige» Familien, entlassene Sträflinge, Alkoholkranke und Betagte nebeneinander. Weshalb die Gemeinden dann auch alles tun, um die besonders «schwierigen» unter ihren Heimbewohnern loszuwerden. Deren «Besserung» durch Arbeit allerdings tritt in den Dreissigerjahren des 20. Jahrhunderts hinter einem andern Zweck zurück: Es geht mehr und mehr darum, die Gesellschaft vor «unerwünschten» Elementen zu schützen.

So werden «vermehrt der präventive Charakter, bei ‹Rückfälligen› die Aussichtslosigkeit einer ‹Verbesserung› betont», stellt die Untersuchung fest. Eine wachsende, aber lange wirkungslose Kritik macht sich an diesem pessimistischen Menschenbild fest, das die Grundlage bildet für die Entrechtung ohne Gerichtsverfahren.

Die lange Heimkarriere der 17-jährigen Marie S.

Das kann auch sehr junge Menschen treffen, wie der Fall der 17-jährigen Marie S. zeigt, die als Minderjährige wegen ihres «liederlichen und unsittlichen Lebenswandels» nach Gmünden kommt – was eigentlich verboten wäre. Das ledige Dienstmädchen ist schon mehrfach negativ aufgefallen. Eine erste Versorgung ist erfolgt, nachdem sie «mit Seife hausieren» gegangen war und Klagen laut geworden waren, sie habe sich gegenüber Nachbarn «frech und ungebührlich» benommen.

Dann «trieb sie sich in der Stadt umher, nahm ein eigenes Zimmer und amüsierte sich in Autos und auf Tanzanlässen mit Herren», wie die Akten vermerken, und wird in die Heil- und Pflegeanstalt Herisau gebracht, um abklären zu lassen, ob sie «geistig normal» sei. Dort empfiehlt man eine geschlossene Erziehungsanstalt, was der Gemeinde aber zu teuer ist, sie will sie deshalb in das gemeindeeigene Bürgerheim einweisen. Sollte Marie S. im Bürgerheim nicht «parieren», «so wäre Gmünden nicht weit weg», schreibt die Gemeindekanzlei. Was sich dann auch bewahrheitet.

«So wäre Gmünden nicht weit weg»: Das ist oft die Devise in diesen Jahrzehnten.

«Die Versorgten – unsere Schande»: Kritik blieb nicht ganz aus

Er ist eine mächtige Stimme in dieser Zeit. Carl Albert Loosli, unehelich geboren, hat in der Jugend mehrere Jahre in Jugendanstalten verbracht. Die Öffentlichkeit ist empört über die Konzentrationslager in Nazideutschland, in die Menschen ohne Gerichtsverfahren gesperrt werden, da greift der Journalist und Schriftsteller zu einem gewagten Vergleich. Es gebe auch in der Schweiz «Konzentrationslager», und ihre Insassen seien «Staatssklaven», schreibt Loosli 1939 in einer Streitschrift und meint damit die «organisierte Willkür» jener «Administrativjustiz», wie sie auch in Appenzell Ausserrhoden noch über Jahrzehnte in der Zwangsarbeitsanstalt Gmünden praktiziert wird.

Erst der Druck von aussen wirkt

Ein grosses Echo findet Loosli mit seiner Fundamentalkritik nicht, stellen Birgit Christensen, Sabine Jenzer, Thomas Meier und Christian Winkler in ihrer am Freitag vorgestellten Untersuchung «Versorgt in Gmünden» fest. Zwar hätten schon im 19. Jahrhundert liberale Juristen und Politiker scharfe Kritik geübt und erklärt, es sei «mit dem Rechtsstaat unvereinbar, eine Person aufgrund anderer als strafrechtlich begründeter Tatbestände in eine Anstalt einzuweisen».

Wirkung indes entfaltet erst jener Druck, der im späten 20. Jahrhundert von aussen kommt. Von den Sachverständigen des internationalen «Übereinkommens über Zwangs- und Pflichtarbeit» dazu aufgefordert, verlangt der Bund 1970 von den Kantonen, gerichtliche Instanzen für die administrativ Versorgten zu schaffen. Die Ausserrhoder Regierung wehrt empört ab: «Wir unterhalten keine Arbeits- und Konzentrationslager.» Erst als die Europäische Menschenrechtskonvention dies verlangt, findet die fragwürdige Praxis 1981 mit der Revision des Zivilgesetzbuches ihr Ende.

Die Anstaltspfarrer lassen nicht locker

So deutet vieles darauf hin, dass die Praxis, Menschen als «liederlich» oder «arbeitsscheu» zu taxieren und ohne Prozess nach Gmünden zu schicken, in einer breiteren Öffentlichkeit Zustimmung findet. Kritik gibt es zwar schon. 1937 lehnt die Landsgemeinde überraschend ein vom Kantonsrat einstimmig verabschiedetes Gesetz ab, das eine unbestimmt lange «Versorgung» für jene Personen vorsieht, die «als unverbesserlich qualifiziert werden müssen». Doch bleibt diese Abfuhr ein Einzelfall.

Es sind vor allem die Anstaltspfarrer, die unablässig auf Missstände aufmerksam machen. Den administrativ Versorgten werde «das Recht der Verteidigung» verwehrt, das sonst «selbst dem gemeinsten Verbrecher zustehe», moniert 1895 und 1901 Pfarrer Robert Giger. Und 1966 listet Anstaltspfarrer Karl Graf eine Reihe ungelöster Probleme auf. Die Anstaltsleitung wehrt brüsk ab, und ist auch wenig erfreut, als Grafs Nachfolger die Kritik fortsetzt. Pfarrer Steiner glaube «möglichst alles, was die Insassen ihm klagen», stellt die Aufsichtskommission fest.

Doch die Zeiten ändern sich, wenn auch langsam. In Zeitungen und Zeitschriften wird Kritik laut. «Die Versorgten – unsere Schande», titelt die Juristin und Frauenrechtlerin Gertrud Heinzelmann. 1976 kommt es zu einem Streik unter den Insassen. «Verwalter Ammann ist sicher ein guter Landwirt, aber bei der Menschenführung hapert es», stellt die Aufsichtskommission fest und bietet ihm 1985 eine Stelle bei der Fremdenpolizei an.



Publikation

Birgit Christensen/Sabine Jenzer/Thomas Meier/Christian Winkler: Versorgt in Gmünden. Administrative Zwangsmassnahmen im Kanton Appenzell Ausserrhoden 1884-1981, Chronos Verlag 2021
(https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/aufarbeitung-unschuldig-aber-unliebsam-in-gmuenden-wurden-jahrzehntelang-willkuerlich-leute-weggesperrt-ld.2208110)