Medienspiegel 24. Oktober 2021

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++DEUTSCHLAND
Seehofer kündigte verstärkte Kontrollen im Grenzgebiet zu Polen an
Er halte es auch für legitim, dass Polen um 353 Millionen Euro eine Grenzschutzanlage baut, sagt der deutsche Innenminister
https://www.derstandard.at/story/2000130679470/seehofer-kuendigte-verstaerkte-kontrollen-im-grenzgebiet-zu-polen-an?ref=rss


+++ÄRMELKANAL
Frankreich: Fluchtroute Ärmelkanal
Immer mehr Flüchtlinge versuchen, von Frankreich durch den Ärmelkanal nach Südengland zu kommen. Zwischen Frankreich und Großbritannien gibt es deswegen Streit. Frankreich solle mehr tun, die Überquerungen zu unterbinden. |
https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/europamagazin/sendung/frankreich-fluchtroute-aermelkanal-100.html


+++GRIECHENLAND
Pushback auf dem Peloponnes: Griechische Behörden unterstellen einem ganzen Dorf Halluzinationen
Am 22. September hat ein Boot mit 35 Migranten an Bord vor der Küste der griechischen Halbinsel Peloponnes einen Motorschaden. Einheimische versorgen sie mit Essen und trockener Kleidung. Dann kommen die Behörden – und die Migranten verschwinden. Auf Nachfrage heißt es: Den Vorfall hat es nie gegeben.
https://www.deutschlandfunk.de/pushback-auf-dem-peloponnes-griechische-behoerden.1773.de.html?dram:article_id=504656


Zwischen Kontrolle und Freiheit: Das neue Flüchtlingslager auf Samos
Fünf neue Containerstädte für Geflüchtete sollen in Griechenland die provisorisch eingerichteten Zeltcamps ersetzen. Menschenrechtsorganisationen kritisieren, diese würden die Freiheiten der Asylsuchenden zu sehr einschränken. Auf Samos wurde das erste Camp Mitte September eröffnet. Hier leben 300 Geflüchtete.
https://www.deutschlandfunk.de/zwischen-kontrolle-und-freiheit-das-neue-fluechtlingslager.724.de.html?dram:article_id=504678


+++MITTELMEER
Flüchtlinge verlassen Rettungsschiff »Sea-Watch 3« in Sizilien
»Sea-Eye 4« bricht zur dritten Rettungsmission auf
Tagelang mussten mehr als 400 aus Seenot gerettete Menschen an Bord der »Sea-Watch 3« ausharren. Nun durfte die Hälfte von ihnen in Pozzallo auf Sizilien an Land gehen.
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1157927.sea-watch-fluechtlinge-verlassen-rettungsschiff-sea-watch-in-sizilien.html


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Beim Klimastreik marschiert bereits die zweite Generation schon mit
Am Freitag folgten Tausende dem Aufruf von «Fridays for Future» und demonstrierten in Bern. An vorderster Front marschiert bereits die nächste Generation mit.
https://www.nau.ch/news/schweiz/beim-klimastreik-marschiert-bereits-die-zweite-generation-schon-mit-66028414


«Es hat sich wiedermal gelohnt, zu kämpfen!» – Gastro-Angestellte in Basel wehren sich
Im März dieses Jahres machte das Basler Kaffeehaus «Unternehmen Mitte» Schlagzeilen: Die Angestellten wehrten sich gegen sexuelle Übergriffe und ein schlechtes Arbeitsklima. Wir sprachen mit Nuria und Eric über die Organisierung am Arbeitsplatz und wie Basisgewerkschaften und linksradikale Gruppen solche Kämpfe unterstützen können.
https://www.ajourmag.ch/mitte-basel/


+++SPORTREPRESSION
Politiker nach Pyro-Skandal im Zürcher Derby überzeugt: «Klub-Bosse schauen weg»
Nach den wüsten Szenen im Anschluss an das Zürcher Derby sind Politiker dennoch überzeugt, dass es keine härteren Gesetze braucht. Aber: Die vorhandenen Mittel müssten eben umgesetzt werden.
https://www.blick.ch/politik/trotz-pyro-skandal-im-zuercher-derby-sind-politiker-ueberzeugt-wir-brauchen-keine-schaerferen-gesetze-id16932792.html
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/ausschreitungen-nach-dem-fussball-derby-zwischen-dem-gc-und-fcz-144124375
-> https://www.blick.ch/sport/kommentar-zum-pyro-skandal-im-zuercher-derby-3g-auch-gegen-chaoten-id16932558.html


Polizei schiesst mit Gummischrot zurück auf FC St.Gallen Fans
Fussballfans des FC St. Gallen haben am Sonntagnachmitag in Luzern im Bahnhof Böller und Petarden gezündet und Sachschaden von mehreren Tausend Franken in Bussen des öffentlichen Verkehrs angerichtet. In und um das Stadion, wo der FC St. Gallen gegen den FC Luzern spielte, blieb es nach Polizeiangaben vor, während und nach dem Spiel ruhig.
https://www.toponline.ch/news/stgallen/detail/news/polizei-schiesst-mit-gummischrot-zurueck-auf-fc-stgallen-fans-00167813/
-> https://www.blick.ch/schweiz/zentralschweiz/krawalle-nach-super-league-spiel-st-galler-fans-attackieren-luzerner-polizei-mit-petarden-id16932802.html
-> https://www.tagblatt.ch/zentralschweiz/luzern/fussball-scharmuetzel-rund-um-den-fcl-match-chaoten-zuenden-boeller-und-petarden-polizei-setzt-gummischrot-ein-ld.2205378


+++POLICE BE
Berner Polizist rechtfertigt sich nach Trychler-Aktion: «Es ging um das Gewicht der grossen Glocken»
Das Foto eines Berner Polizisten, der am Samstag am Rand der Kundgebung von Covid-Massnahmengegnern eine Trychel trägt, sorgt für Wirbel in den sozialen Medien.
https://www.blick.ch/schweiz/bern/berner-polizist-rechtfertigt-sich-nach-trychler-aktion-es-ging-um-das-gewicht-der-grossen-glocken-id16932334.html
-> https://www.derbund.ch/foto-von-polizist-mit-trychel-sorgt-fuer-wirbel-329346298597
-> https://www.bernerzeitung.ch/foto-von-polizist-mit-trychel-sorgt-fuer-wirbel-329346298597
-> https://www.watson.ch/schweiz/coronavirus/505432412-polizist-mit-trychel-dieses-foto-an-anti-impf-demo-sorgt-fuer-wirbel
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/berner-polizist-posiert-mit-trychel-an-demo-66029122
-> https://twitter.com/PoliceBern/status/1452277331461124106
.-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/polizist-posiert-an-corona-demo-mit-trycheln-144124395
-> https://www.telem1.ch/aktuell/corona-demo-in-bern-polizist-posiert-mit-trycheln-144124325


+++POLICE CH
Wegen Coronavirus? Polizei hat Mühe, Personal zu finden
Seit Monaten finden wegen des Coronavirus immer wieder Demos statt. Die hohe Belastung könnte sich auf die Attraktivität des Polizei-Jobs ausgewirkt haben.
https://www.nau.ch/news/schweiz/wegen-coronavirus-polizei-hat-muhe-personal-zu-finden-66026232



luzernerzeitung.ch 24.10.2021

Dass der Kanton Bern aus der Interkantonalen Polizeischule Hitzkirch (IPH) austreten will, beunruhigt deren Direktor kaum. Bis zum definitiven Schritt 2035 sei es noch weit. Gespannt ist Alex Birrer auf neue Entwicklungen wie Virtual Reality.

Alexander von Däniken

Das stärkste Mitglied hat genug: Diesen Sommer nickte das Berner Kantonsparlament die Kündigung des Konkordats um die Interkantonale Polizeischule Hitzkirch (IPH) ab. Die Berner Regierung hatte den Vorschlag aus Kostengründen gemacht. Die Kündigung wird per Ende 2035 wirksam (wir berichteten). IPH-Direktor Alex Birrer nimmt die kommenden Jahre gelassen.

Was bedeutet der Ausstieg Berns für Ihre Schule?

Alex Birrer: Erst einmal hat sich die Entwicklung abgezeichnet. So hörten wir von einer Motion aus dem Berner Parlament. Grundsätzlich steht es allen Konkordatskantonen frei, per Ende 2035 zu kündigen. Natürlich ist bei Bern speziell, dass es der mit Abstand grösste Konkordatskanton ist. Das wird jetzt in den neuen Strategieprozess einfliessen, der unabhängig davon nächstes Jahr gestartet wird.

Eine Schule, deren Lernendenzahl und Einnahmen um einen Drittel schrumpfen, wird aber sicher anders aussehen.

Möglich ist vieles, grundsätzlich kommt auch einfach eine Redimensionierung in Frage. Das werden die Konkordatskantone entscheiden. Eine Variante bleibt auch weiterhin, dass zusammen mit Bern eine Lösung gefunden wird, welche die Weiterführung des Konkordats möglich macht. Übrigens muss das Berner Parlament die Kündigung noch formell beschliessen. Das könnte im kommenden Frühling der Fall sein. Die Reorganisation ist zudem in einem grösseren Zusammenhang zu sehen.

In welchem denn?

Die Grundausbildung ist in den letzen zwei Jahren schweizweit vereinheitlicht worden. So dauert sie in allen Kantonen zwei Jahre, wovon das erste hauptsächlich in der Schule und das zweite im Korps stattfindet. Was in den kommenden Jahren angepackt wird, ist das Thema Weiterbildung. Hier ist organisatorisch in erster Linie das Schweizerische Polizei-Institut in Neuenburg gefragt.

Bietet auch die IPH Weiterbildungen an?

Ja, aber in sehr bescheidenem Ausmass. Wobei das künftig auch ausgebaut werden könnte: Mit dem Polizei-Institut, das weiterhin den Lead hat, und der IPH als starken regionalen Kursstandort. Platz hätte es genug.

Die Bekämpfung von Cybercrime wird immer wichtiger. Ausserdem haben sich einzelne Korps wie die Luzerner Polizei in den letzten Jahren mehr Taser beschafft. Inwiefern werden diese Entwicklungen an der IPH aufgenommen?

Die IPH bildet Generalisten aus, was die Frage aufwirft, wie genau ein Uniformpolizist alles wissen und können muss. Für die Bekämpfung der Internetkriminalität braucht es Spezialisten. Wir geben den Anwärterinnen und Anwärtern ein Basiswissen in die Hand. Sie lernen zum Beispiel, was mit einem Datenträger zu tun ist, der bei einer Hausdurchsuchung gefunden wird. Bei den Tasern zeigt sich die Eigenwilligkeit der Polizeikorps: Manche rüsten vermehrt Polizisten damit aus und schulen sie auch gleich selbst. Andere Korps setzen auf andere Einsatzmittel. Darum ist der Taser im Gegensatz zur Maschinenpistole bis jetzt nicht Teil der Grundausbildung.

Mit Stefan Weiss, dem jetzigen Leiter der Dienststelle Militär, Zivilschutz und Justizvollzug des Kantons Luzern, erhalten Sie nächstes Jahr einen neuen Leiter Aus- und Weiterbildung. Was erhoffen Sie sich von ihm?

Stefan Weiss ist für uns die Traumbesetzung. Er war Lehrer, Polizist, ist Jurist und führungserfahren. Er wird Harry Wessner ersetzen, der pensioniert wird und übrigens der Vorvorgänger von Weiss bei der kantonalen Dienststelle war. So schliesst sich der Kreis. Stefan Weiss wird den Bereich Aus- und Weiterbildung sicher weiterentwickeln können.

Welche Entwicklungen stehen in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren an?

Auf der methodischen Seite wird die Digitalisierung zunehmend wichtiger. Es ist gut möglich, dass für einzelne Übungen auf Instrumente wie Virtual oder Augmented Reality gesetzt wird. Auch das selbstorganisierte Lernen wird ein höheres Gewicht bekommen, wobei wir stets auf einen Mix aus verschiedenen Lernformen achten werden. Hier konnten wir mit Corona wertvolle Erfahrungen sammeln.

Wie ist denn die IPH durch die Pandemie gekommen?

Im Frühling 2020 mussten wir wie alle Schulen auf Fernunterricht umstellen. Dabei konnten wir aber nur die Theorie vermitteln. Es ist ja nicht möglich, im Wohnzimmer das Schiessen zu lernen. Den praktischen Teil holten wir im Sommer rechtzeitig nach. Danach stellten wir auf blockweisen Unterricht um, der jeweils zwei bis drei Tage entweder zu Hause oder in Hitzkirch stattfand. Jetzt wechseln wir wieder halbtäglich zwischen Theorie und Praxis, weil sich das am besten bewährt. Alles in allem bin ich sehr froh, wie alles geklappt hat. Das Team war von sich aus sehr flexibel und die Anwärter haben mit gleich guten Leistungen abgeschlossen wie in den vergangenen Jahren.

Alex Birrer (55) ist seit dem 5. August 2019 Direktor der Interkantonalen Polizeischule Hitzkirch (IPH). Diese bildet jährlich rund 250 Aspiranten für den Polizeiberuf aus. Sie stammen aus den Konkordatskantonen Aargau, Bern, Baselland, Basel-Stadt, Luzern, Nid- und Obwalden, Schwyz, Solothurn, Uri und Zug.
(https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/konkordat-polizeischule-hitzkirch-verkleinern-oder-mehr-weiterbildungen-anbieten-das-sagt-direktor-alex-birrer-zum-austritt-berns-ld.2203823)


+++POLIZEI AT
Wenn sich die Staatsmacht gegen Bürger wendet: Wie groß ist das Problem mit Polizeigewalt in Österreich?
Seit dem Sommer häufen sich die Verurteilungen von Polizisten wegen Übergriffen gegen Demonstranten und unrichtiger Zeugenaussagen. Was rennt schief bei der Polizei? Gewaltopfer, ein Kriminologe und ein Polizeigewerkschafter diskutieren
https://www.derstandard.at/story/2000130588576/wenn-sich-die-staatsmacht-gegen-buerger-wendet-wie-gross-ist?ref=rss


+++RECHTSEXTREMISMUS
Alle unter einem Dach
Rechte Netzwerke: Der Jungeuropa Verlag präsentierte sich auf der Frankfurter Buchmesse
Der Jungeuropa Verlag präsentierte sich neben anderen rechtsextremen Medienmachern auf der Frankfurter Buchmesse. An ihm werden die Vernetzungen zu faschistischen Kongressen, in rechte Burschenschaften und hinein bis in die Parlamente deutlich.
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1157953.frankfurter-buchmesse-alle-unter-einem-dach.html


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Ein Jahr später erst recht unerhört irreführend
Vor genau einem Jahr fand die Premiere von Reto Brennwalds Film “Unerhört!” statt. Darin kritisierte er die Corona-Massnahmen und deklarierte sie nicht nur als unnötig, sondern gar als kontraproduktiv, denn die Massnahmen seien gefährlicher als das Virus, welches auch ohne Lockdown längst verschwunden wäre.
https://opakoebi.medium.com/ein-jahr-sp%C3%A4ter-erst-recht-unerh%C3%B6rt-irref%C3%BChrend-6bcc0351ad66


Organisatoren sprechen von 50’000: Wie viele Menschen waren wirklich an der Corona-Demo in Bern?
Einen Tag nach der Demonstration bleibt unklar, wie viele Personen genau gegen die Corona-Massnahmen demonstriert haben. Die Organisatoren sprechen von mehreren Zehntausend, die Polizei schweigt.
https://www.20min.ch/story/wie-viele-menschen-waren-wirklich-an-der-corona-demo-in-bern-187771611728


Coronavirus: Skeptiker feiern Ueli Maurer auf Demo-Plakat
Am Samstag zogen Gegner der Massnahmen gegen das Coronavirus durch Bern. Ein «Trychler»-Plakat mit Ueli Maurer sorgt im Netz für Kopfschütteln.
https://www.nau.ch/news/schweiz/coronavirus-skeptiker-feiern-ueli-maurer-auf-demo-plakat-66028930


Aufmarsch einer unheiligen Allianz in Bern: Trychler und Antifa
Rechte und Linke demonstrieren neuerdings gemeinsam gegen das Covid-Gesetz. Nicht nur das Pro-Komitee zeigt sich beunruhigt.
https://www.blick.ch/sonntagsblick/aufmarsch-einer-unheiligen-allianz-in-bern-trychler-und-antifa-id16931354.html



derbund.ch 24.10.2021

Fazit nach der grossen Corona-Demo: «Die Absprachen mit den Veranstaltern haben sich bewährt»

Der Berner Gemeinderat Reto Nause ist zufrieden mit dem Verlauf der Corona-Demo vom Samstag. Damit sei bewiesen, dass auch eine grosse Kundgebung friedlich verlaufen könne, sagt er im Interview.

Dölf Barben

Herr Nause, mit dem Ablauf der Demonstration vom Samstag gegen Corona-Massnahmen dürften Sie zufriedener sein als vor ein paar Wochen, als vieles aus dem Ruder gelaufen war.

Reto Nause: Ja, vor allem konnten wir am Samstag unter Beweis stellen, dass eine bewilligte Kundgebung friedlich verlaufen kann, auch wenn sehr viele Menschen daran teilnehmen.

Worauf führen Sie das zurück?

Die Absprachen mit den beiden Veranstaltern haben sich bewährt. Auch während der Kundgebung standen wir laufend mit ihnen in Kontakt. Die Kooperation war sehr gut – ganz im Gegensatz zu den Demonstrationen, die wir seit einigen Wochen jeden Donnerstag erlebt haben.

Haben Sie ein Beispiel für diese Kooperation?

Die Trychler haben ihre Treicheln beim Absperrgitter vor dem Bundeshaus abgestellt und sich dann vor dem Zaun aufgereiht. Das war ein klares Zeichen für die anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer, dass diese Grenze ernst zu nehmen war.

Ihr Fazit ist somit durchwegs positiv?

Ja. Weiter hat die Polizei die Kundgebung gegen Störungen sauber abgeschirmt, denn solche gibt es auch bei bewilligten Kundgebungen immer wieder. Sie hat einen guten Job gemacht. Es gab nämlich durchaus Leute, welche provozieren wollten.

Mit der bewilligten Kundgebung vom Samstag wollten Sie den unbewilligten Donnerstagsdemonstrationen den Wind aus den Segeln zu nehmen. Geht das auf?

Das wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Aber bereits am letzten Donnerstag fanden sich in Bern deutlich weniger Massnahmengegner ein als in den Wochen davor. Am Samstag konnten sie ein kraftvolles Zeichen setzen – die Behörden haben dies mit der Bewilligung möglich gemacht. Dabei ist offenkundig geworden, dass unbewilligte Kundgebungen nicht der Weg sein können.

Die Rede war am Samstag von 15’000 bis 20’000 Teilnehmenden. Die Polizei gibt keine Schätzung der Teilnehmerzahl bekannt. Wie gross war die Demonstration aus Ihrer Sicht?

Ich möchte mich nicht auf eine Zahl festlegen. Die genannten Zahlen scheinen mir aber nicht unrealistisch zu sein. Es war sicher eine der grössten Kundgebungen, die Bern in den letzten Jahren erlebt hat.

Beobachterinnen und Beobachter berichten, sie hätten noch nie so verschiedenartige Personengruppen an einer Demonstration gesehen wie am Samstag. Wie haben Sie das erlebt?

Das kann ich bestätigen. Es waren Personen aller politischen Richtungen vertreten – linke Kreise wie auch einige Rechtsgruppierungen. Es waren Kinder da, aber auch ältere Leute. Insgesamt tatsächlich viele Leute, die man im Regelfall nicht zwingend an einer Kundgebung erwarten würde.

Rechnen Sie vor der Abstimmung über das Covid-Gesetz am 28. November noch mit weiteren Demonstrationen in Bern?

Die beiden Veranstalter der Samstagskundgebung – das Aktionsbündnis Urkantone und die Freie Linke Schweiz – haben mir versichert, von ihrer Seite sei kein weiteres Gesuch zu erwarten. Sie haben Pläne für Kundgebungen in anderen Städten.

Und falls andere Massnahmengegner weitere Gesuche einreichen?

Das müssten wir anschauen. Aber wir haben immer gesagt, es kann nicht sein, dass man im Wochenrhythmus zum gleichen Thema demonstriert. Damit wird das Demonstrationsrecht überstrapaziert. Ausserdem hat sich in der Vergangenheit die Praxis etabliert, dass in den letzten Wochen vor Abstimmungen und Wahlen keine Bewilligungen mehr erteilt werden.
(https://www.derbund.ch/die-absprachen-mit-den-veranstaltern-haben-sich-bewaehrt-323113457337)
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/meine-kindheit-hat-mich-sehr-gepraegt?id=12077316


+++HISTORY
Schweiz: Schwieriger Umgang mit Kunst
In Zürich wurde kürzlich der Erweiterungsbau des Kunsthauses von Stararchitekt David Chipperfield eröffnet. Leihgeber sind der jüdische Kunstsammler Werner Merzbacher und der Waffenhändler und NS-Profiteur Emil Bührle.
https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/europamagazin/sendung/schweiz-schwieriger-umgang-mit-kunst-100.html



nzz.ch 22.10.2021

Diebe wurden gehängt, Mörder liess man laufen – wie erschreckend das alte Zürich mit Gewalttätern umging

Es gibt einige düstere Kapitel in Zürichs Geschichte, von denen man noch nicht so viel weiss. Sie werden in einem Buch aus Hans Peter Treichlers Nachlass ebenso geschildert wie Heiteres und Alltägliches.

Adi Kälin

Über Jahrhunderte lobten die Besucherinnen und Besucher der Stadt den bedächtigen und friedfertigen Charakter der Zürcherinnen und Zürcher. Doch es gab auch die andere, die gewalttätige und dunkle Seite – die sich beispielsweise in den Akten der lokalen Behörden zeigt, vor allem in der umfangreichen Chronik der Todesurteile und Hinrichtungen.

Im 17. Jahrhundert wurden in Zürich 327 Personen aus Stadt und Landschaft dem Henker übergeben und entweder durch den Galgen, das Schwert oder Ertränken in der Limmat umgebracht. Im 18. Jahrhundert gab es noch 145 Exekutionen, und allein in den Jahren von 1800 bis 1820 kamen weitere zwei Dutzend Fälle hinzu – darunter jene von fünf Frauen, von denen vier wegen Kindsmords und eine wegen Diebstahls verurteilt worden waren.

«Wegen Fluchens enthauptet»

Erstaunlich sind nicht nur die hohen Zahlen, sondern auch die damalige Gewichtung der Delikte, wie man dem Buch «Zürich – ein historisches Porträt» entnehmen kann, das sich im Nachlass von Hans Peter Treichler fand und nun vom Verlag Hier und Jetzt veröffentlicht worden ist. Diebe wurden hingerichtet, während man Totschläger mit einer Busse oder einer kurzfristigen Verbannung davonkommen liess. Der Glasmaler Lukas Zeiner, ein überführter Mörder, wurde 1499, zehn Jahre nach seiner Tat, als Grossrat der Meisenzunft geführt. Ein Dieb aus Meilen dagegen wurde 1562 gehängt, «weil er das Silber von einem Dolch gestohlen».

Im 16. Jahrhundert wurde «einer von Hedingen wegen Fluchens enthauptet». Eine «Weibsperson» wurde durch Ertränken hingerichtet wegen angeblicher sexueller Ausschweifungen. Gleiches geschah mit «des Ochsenwirths Frau von Elgg wegen vieler Ehebrüche». Der Heiratsschwindler Paulus Renftli aus Andelfingen wurde zum Tod durch Enthaupten verurteilt – «wegen Handelns wider göttlichs und mentschlichs gesatz mit der Eh und verachtung aller Erberkeit».

Häufig waren um 1600 Massenschlägereien und Messerstechereien – sowohl im Niederdorf als auch in Gaststätten auf dem Land. Um 1603 wurde ein junger Mann bei einer Messerstecherei im Zürcher Niederdorf getötet. Der Täter kam mit einer Geldbusse und einer fünfjährigen Verbannung aus der Stadt davon. Es gab sogar Fälle, in denen ein schwer verletztes Opfer zur Zahlung der Geldbusse verurteilt wurde – weil es angeblich die Auseinandersetzung provoziert habe. Eigentum galt in jener Zeit offensichtlich deutlich mehr als das menschliche Leben.

Da spielte sicher auch mit, dass es lange Zeit üblich war, mit einem Dolch oder Degen am Gürtel in der Stadt unterwegs zu sein. Um 1550 waren erste Einschränkungen verfügt worden; fortan durfte man nur noch mit einer einzigen Waffe in den Ausgang. Ab 1700 mussten Handwerksgesellen ihre Waffen nach Einbruch der Dunkelheit ablegen. Aber erst 1736 kam es zu einem konkreten Waffentragverbot für alle «in diensten stehenden personen», also Gesellen, Knechte oder Lakaien. Wer dagegen verstiess, hatte eine hohe Geldbusse zu entrichten.

Bordell und Glücksspiel im Kratzquartier

Als ein Epizentrum der Gewalt galt das zwischen Fraumünster und See gelegene Kratzquartier, das im 19. Jahrhundert vollständig abgebrochen worden ist. Während mehrerer Generationen boten hier auch zwei Bordelle ihre Dienste an – zwischen dem Haus des Scharfrichters und diversen Winkelwirtschaften. Das Quartier taucht überdurchschnittlich oft in den Kriminalakten der Stadt auf, unter anderem wegen des streng verbotenen Glücksspiels.

Wer dabei erwischt wurde, musste mit hohen Bussen, öffentlicher Züchtigung oder der Wegweisung aus der Stadt rechnen. In einem Fall führte das Glücksspiel sogar zu einem Todesurteil: Ein Johann Caspar Manz verspielte sein ganzes Geld, fälschte darauf Schuldscheine und verspielte auch diese. Der Mann floh, als die Sache aufflog, konnte aber in Birmensdorf eingefangen werden. Er wurde schliesslich zum Tod verurteilt und öffentlich enthauptet.

Gefängnisstrafen spielten offenbar eine untergeordnete Rolle. Wenn doch einmal eine Haft angeordnet wurde, konnte dafür unter anderem der berüchtigte Wellenbergturm mitten in der Limmat verwendet werden. Das düstere Bauwerk, das ziemlich genau in der Mitte zwischen Bauschänzli und Rathaus stand, hatte neun Zellen, «sämtlich heiter und trocken», wie es in einer alten Chronik heisst. Daneben gab es aber auch «zwey sogenannte Löcher oder ganz enge Gefangenschaften».

Eine eigentliche Strafanstalt gab es in Zürich erst ab dem 17. Jahrhundert – im ehemaligen Oetenbachkloster, das nach 1900 mitsamt dem Hügel, auf dem es stand, abgetragen wurde, um der Uraniastrasse Platz zu machen. Um 1770 besuchte der Abenteurer Francisco de Miranda die Strafanstalt, fand diese «sehr gut eingerichtet». Allerdings erstaunte ihn, dass ein schwangeres Mädchen dort wie eine Missetäterin einsass – «die unvernünftigste Tyrannei, die sich denken lässt!». Ausserdem sah er weitere Mädchen, die wegen «Unzucht oder Abtreibung» einsassen. Gesamthaft zählte der Besucher 30 männliche und 26 weibliche Insassen, «alles wohlgekleidet und beschäftigt».

Der berühmteste Galgen Zürichs stand übrigens nahe der vielbenutzten Strasse Richtung Bern, an der Grenze zwischen Altstetten und Albisrieden. Er bestand aus drei gemauerten Säulen, verbunden mit Balken. Wer hier starb, wurde meist gleich vor Ort verscharrt. Die Überreste davon fand man 1946, als an dieser Stelle das Letzibad angelegt wurde. Der heutige Zehnmeterturm erinnere, so Hans Peter Treichler, «auf eigentümlichste Weise an die Galgensäulen von einst».

Kinder wurden nicht verschont

Ein besonders erschreckendes Kapitel in Zürichs Geschichte ist die Hinrichtung von Kindern. Zwischen 1500 und 1750 wurden auf Geheiss von Rat und Geistlichkeit gegen hundert Minderjährige zum Tod verurteilt. Der jüngste Hingerichtete war zehn Jahre alt, die meisten waren zwischen 14- und 16-jährig. 1749 wurde der letzte Jugendliche hingerichtet – ein noch nicht 17-Jähriger. Die Anklage lautete auf «mehrfache Bestialität und Unzucht»; dafür wurde er zum «Tod durch Feuer und Schwert» verurteilt. Er wurde enthauptet, danach wurde sein Leichnam verbrannt.

Noch weit ins 19. Jahrhundert hinein wurde allerdings an der Todesstrafe für erwachsene Straftäter festgehalten. Das liberale Regime der 1830er Jahre schaffte zunächst Pranger und Prügelstrafe ab, und es begannen intensive Diskussionen in den Räten darüber, ob man auch auf die Todesstrafe verzichten solle. 1834 wurde beschlossen, nur noch Hinrichtungen durch Enthaupten zuzulassen. Aus diesem Grund bestellte man beim Klotener Mechaniker Johann Bücheler eine Guillotine, die gesamthaft sechs Mal zum Einsatz kam.

Die letzte Hinrichtung im Kanton Zürich fand am 9. Mai 1865 statt. Hans Heinrich Götti, der Mörder seiner sechs Kinder, verlor in der Nähe des heutigen Limmatplatzes den Kopf unter der Guillotine. Tausende waren trotz der frühen Morgenstunde gekommen, um dem Spektakel beizuwohnen. Drei Jahre später wandelte der Grosse Rat ein bereits erlassenes Todesurteil in eine Zuchthausstrafe um, und mit der neuen Kantonsverfassung im Jahr 1869 wurde die Todesstrafe in Zürich definitiv abgeschafft. Es bleiben nur noch, wie ein langjähriger Gegner meinte, die «Erinnerungen an eine barbarische Zeit», die «mit den Fortschritten der Civilisation in Widerspruch steht».

Die Zürcher Guillotine allerdings machte noch eine unrühmliche Reise durch mehrere Kantone und wurde auch zur allerletzten Hinrichtung nach zivilem Strafrecht verwendet. 1940 wurde im Kanton Obwalden der Mörder Hans Vollenweider damit enthauptet. Heute befindet sich die Guillotine im Historischen Museum in Luzern.

Hans Peter Treichler, der von 1941 bis 2019 lebte, war ein Zürcher Autor, Radiojournalist und Liedermacher. Er hat zahlreiche historische Bücher veröffentlicht, die sich hauptsächlich mit dem Alltag im alten Zürich befassten. Zu den bekannteren gehören etwa «Die magnetische Zeit. Alltag und Lebensgefühl im frühen 19. Jahrhundert» oder «Die bewegliche Wildnis. Biedermeier und ferner Westen».

In seinem Nachlass fand sich das Manuskript eines Buches, das gewissermassen die Quintessenz seines Schreibens und eine Art historisches Porträt Zürichs ist – allerdings nicht als chronologische Erzählung, sondern als Sammlung ganz unterschiedlicher Themenbereiche. Neben den Kapiteln über die Kriminalität und die drastischen Strafen gibt es beispielsweise umfangreiche Einblicke in die frühere «Verkehrspolitik», die Architektur, das Kulturleben, die Gründung der ersten Zeitungen, das Essen und Trinken und das Treiben in Zürichs Spukhäusern.

Das Buch ist ein Sammelsurium ganz unterschiedlicher Geschichten, die sich zu einem liebenswerten Porträt Zürichs zusammenfügen – und in erstaunlich vielen Punkten an heutige Abläufe und Zustände erinnern.

Hans Peter Treichler: Zürich – ein historisches Porträt. Hier und Jetzt, Zürich. 304 S., Fr. 39.–.
(https://www.nzz.ch/zuerich/diebe-wurden-gehaengt-moerder-liess-man-laufen-wie-erschreckend-das-alte-zuerich-mit-gewalttaetern-umging-ld.1651608?mktcid=smch&mktcval=twpost_2021-10-23)