Medienspiegel 11. September 2021

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+++SCHWEIZ
luzernerzeitung.ch 11.09.2021

Die Hoffnung nicht aufgegeben: Tibetische Sans-Papiers sprechen über ihre Schicksale in der Schweiz

Das Stattkino im Bourbaki zeigt dieses Wochenende einen Film über tibetische Sans-Papiers in der Schweiz. Eine Protagonistin ist Pema. Ein Porträt über Verlust, Angst und die nicht abbrechende Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

Pascal Studer

Das Erste, was im Gespräch mit Pema auffällt, ist ihre Stimme. Nicht ihr fast perfektes Hochdeutsch. Oder ihre respektvolle Art, wie sie das Gespräch mit wachen braunen Augen verfolgt. Es ist ihre Stimme. Weil sie weich ist. Und sie in starkem Kontrast zu ihrer harten Vergangenheit steht.

Pema, die eigentlich anders heisst, aber aus Angst vor den Migrationsbehörden ihren Namen nicht nennen will, ist vor achteinhalb Jahren als Minderjährige aus dem Tibet geflüchtet. Seit der gewaltsamen Okkupation durch die Volksrepublik China 1950 unterdrückt die Kommunistische Partei Tibeterinnen und Tibeter in ihrer eigenen Heimat. Als Pema dagegen protestierte, geriet sie ins Visier der Regierung. Ihr Leben war in Gefahr, sie ergriff die Flucht – im Wissen, dass sie somit ihre Familie nie mehr sehen wird. Ein Schlepper führte sie über Nepal in ein Flugzeug, das sie nach Europa brachte. Ihre Flucht endete in der Schweiz, wo sie ohne Identitätspapiere als Sans-Papiers lebt.

Kontroverse Behördenpraxis

Seither sieht sie sich mit der harten Asylpolitik der Schweizer Behörden konfrontiert. «Was ich erlebe, ist nicht schön», erzählt sie. Dies spürte sie bereits zu Beginn, als ihr Asylverfahren begann und das Staatssekretariat für Migration (SEM) eine externe Expertengruppe Pema befragen liess. Diese Strategie ist äusserst umstritten – insbesondere, weil die Gutachter jeweils anonym bleiben. Das SEM gibt sich diesbezüglich wortkarg: «Wir erteilen keine Auskunft zu den sachverständigen Personen, um deren Sicherheitsanspruch zu wahren.» Was genau das Gefahrenrisiko der Gutachter sei, dazu nimmt die Behörde keine Stellung. Klar ist, dass eine solche Praxis in einem Rechtsstaat eine Seltenheit ist.

Pema erinnert sich an die Befragung: «Die Gutachter wollten immer wieder wissen, ob ich Beziehungen zu Indien oder Nepal habe», sagt sie. Der Grund: Sie gingen von der Möglichkeit aus, dass Pema nicht im Tibet, sondern in Indien oder Nepal sozialisiert wurde. Auch wenn sich Pema bis vor ihrer Flucht nie in diesen Ländern aufgehalten hatte, kam das Gutachten zu diesem Resultat. «Und ohne Identitätsdokumente konnte ich sie auch nicht vom Gegenteil überzeugen», sagt sie. Somit war für die Behörden der Fall klar: Pema ist nicht aus Tibet geflüchtet, ihr Asylgesuch wurde entsprechend abgelehnt.

Ein Leben im Ungewissen

So befindet sich Pema in einer zermürbenden Pattsituation. Einerseits wurde sie von den Behörden weggewiesen und hält sich illegal in der Schweiz auf. Andererseits präzisieren die Behörden nicht, in welches Land sie ausgeschafft werden soll. Die Gründe sind vielfältig. Zunächst ist eine Rückführung nach China wegen der dortigen Situation für die Tibeterinnen und Tibeter menschenrechtswidrig. Und auch Nepal ist keine Option: Dort droht den Betroffenen eine sogenannte Kettenrückführung nach China. Hier würde die Schweiz also ebenfalls zwingendes Völkerrecht brechen. Indien ist als Destination derweil problematisch, weil Tibeterinnen und Tibeter auch dort fast keine Rechte haben. Zudem argumentiert die indische Regierung wiederum damit, dass sich die Betroffenen nicht in Indien sozialisiert hätten.

Also blieb für Pema ein jahrelanges Leben in der Illegalität. Das macht ihr zu schaffen. Die berufliche Integration ist unmöglich: Als Sans-Papiers darf sie nicht arbeiten. «Das ist enorm stressig. Die ganze Situation macht mich auch sehr traurig und depressiv», sagt sie. Während ihres Aufenthalts wurde sie auch schon gebüsst. «3000 Franken war der Betrag», sagt sie. Die Nothilfe reiche nicht, um die Busse zu bezahlen: Pema erhält – vom Staat wohlgemerkt – pro Tag zehn Franken, welche eigentlich für ihren Lebensunterhalt und nicht für das Bezahlen von staatlich verordneten Bussen gedacht wären. Kann sie diese dann nicht begleichen, erhält sie eine Freiheitsstrafe. «Ich war deshalb schon für zwei Monate im Gefängnis.»

Film macht in Luzern auf Thema aufmerksam

Pema will für die Situation der Tibeterinnen und Tibeter in der Schweiz Sensibilität schaffen. Daher hat sie sich dazu entschlossen, bei einem Kurzfilm mitzumachen. Zusammen mit anderen Tibeterinnen und Tibetern erzählt sie darin von ihren Erfahrungen. Der Film läuft am Sonntag im Stattkino im Bourbaki mit anschliessendem Gespräch unter der Moderation des Luzerner SP-Kantonsrats David Roth. Auch im Film tritt sie unter ihrem Pseudonym Pema auf, ihr Gesicht ist maskiert. Sie wollte vorsichtig sein. «Der Film soll mich nicht in eine schlimme Lage bringen», sagt sie.

Was sie sich für die Zukunft wünscht? «Ich will nur ein ganz normales Leben führen, mit einem legalen Status, ich will arbeiten und unabhängig von Sozialhilfe sein. Ich will mich weiterentwickeln und die Freiheit haben, alles zu machen, was ich möchte», erzählt sie. Auch eine Familie würde die 26-Jährige gerne einmal gründen. «Ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben», sagt sie. Ihre Stimme bleibt das ganze Gespräch weich. Trotz der harten Schilderungen, die sie nach aussen trägt.

Hinweis: «Das Einzige, was wir haben, ist unsere Stimme» läuft am Sonntag, 12. September, um 11 Uhr im Bourbaki. Weitere Infos unter stattkino.ch.
(https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/film-im-stattkino-die-hoffnung-nicht-aufgegeben-tibetische-sans-papiers-sprechen-ueber-ihre-schicksale-in-der-schweiz-ld.2185491)


+++GASSE
Drug-Checking in Luzern stösst auf hohe Nachfrage: Wo Partygänger erfahren, was wirklich in ihren Drogen ist
In der Drogeninformation Luzern (DILU) können Konsumentinnen ihre Drogen auf gefährliche Substanzen testen. Im ersten Jahr hat das Team rund um Olivia Allemann 127 Substanzen entgegengenommen – und dabei 39 Mal gewarnt. Sei das wegen hochdosierten MDMA-Pillen oder gefährlichem Cannabis.
https://www.zentralplus.ch/wo-partygaenger-erfahren-was-wirklich-in-ihren-drogen-ist-2183527/


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Um Auseinandersetzung zu beenden: Corona-Demo in Luzern: Polizei setzt Pfefferspray ein
Eine unbewilligte Kundgebung gegen die Corona-Massnahmen hat am Samstag-Nachmittag den Verkehr in der Stadt Luzern lahmgelegt. Die Polizei bestätigt, dass sie am Kasernenplatz Reizgas einsetzte, um die Massnahmen-Kritiker von einer anderen Gruppierung zu trennen.
Zertifikatspflicht zu demonstrieren. Die Polizei war vor Ort – und auch vereinzelte Gegendemonstrantinnen.
https://www.zentralplus.ch/corona-demo-in-luzern-polizei-setzt-pfefferspray-ein-2187815/
-> https://www.zentralplus.ch/hunderte-von-massnahmengegnern-ziehen-durch-luzern-2187675/
-> https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/stadt-luzern-unbewilligte-demonstration-von-gegner-der-coronamassnahmen-sorgt-fuer-verkehrsbehinderungen-ld.2186518
-> https://www.20min.ch/story/massnahmen-kritiker-treffen-sich-in-luzerner-innenstadt-542285465200
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/massnahmengegnerinnen-und-gegner-demonstrieren-in-luzern-66000434
-> https://www.blick.ch/schweiz/zentralschweiz/unbewilligte-demo-hunderte-corona-demonstranten-ziehen-durch-luzern-freheitstrychler-vor-ort-id16823620.html
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zentralschweiz/1500-personen-demonstrieren-in-luzern-gegen-coronamassnahmen?id=12052881
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/das-neueste-zur-coronakrise-1500-massnahmengegner-demonstrieren-in-luzern
-> https://www.tele1.ch/nachrichten/kritiker-der-corona-massnahmen-demonstrieren-in-luzern-143715667
-> https://www.aargauerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/stadt-luzern-unbewilligte-demonstration-von-gegner-der-coronamassnahmen-sorgt-fuer-verkehrsbehinderungen-ld.2186518
-> https://newsletter.lu.ch/inxmail/html_mail.jsp?id=0&email=newsletter.lu.ch&mailref=000g3gi000eyq000000000000bflkm4f
-> https://twitter.com/__investigate__
-> https://twitter.com/CovidiotenCH
-> https://twitter.com/hashtag/LU1109?src=hashtag_click


Für den Israelitischen Gemeindebund «inakzeptabel»: Therwiler SVP-Schulrat wettert mit Judenvergleich gegen Zertifikatspflicht
Mit einem von einem Hakenkreuz gezierten Gesundheitspass für Juden wettert der Daniel Scheidegger, SVP-Schulrat in Therwil BL, gegen die Zertifikatspflicht in Beizen. Der Schweizerischer Israelitischer Gemeindebund findet das «inakzeptabel».
https://www.blick.ch/schweiz/basel/fuer-den-israelitischen-gemeindebund-inakzeptabel-therwiler-svp-schulrat-wettert-mit-judenvergleich-gegen-zertifikatspflicht-id16823192.html


Covid-Zertifikat – Mit Trycheln und Mythen gegen den Bundesrat
Die Trychler sehen sich an den Anti-Corona-Demos als Verteidiger der Urschweizer Werte. Dabei hatte diese Urschweiz mit Freiheit denkbar wenig zu tun.
https://www.srf.ch/news/schweiz/covid-zertifikat-mit-trycheln-und-mythen-gegen-den-bundesrat



derbund.ch 11.09.2021

Erhöhte Gefahrenstufe: Polizei muss Bundesräte nach Zertifikatsentscheid verstärkt schützen

Zum Auftritt in der SRF-Arena wird Alain Berset von der Sonderheinheit Skorpion begleitet: Massive Drohungen von Massnahmengegnern lösen Besorgnis aus.

Thomas Knellwolf

«Ihr seid Volksverräter, nicht -vertreter», so beginnt ein Mann mittleren Alters seine Hassrede. Er tut dies mit starrem Blick und in einem Zentralschweizer Dialekt.

«Komm ja nie in die Innerschweiz, ich sage es dir», so richtet sich der Urheber eines Selfie-Videos an Alain Berset. Dem Gesundheitsminister droht er indirekt mit dem Tod: «Pass auf, wenn du Tram fährst. Du weisst nie, ob einer drin ist, der ein Raketlein unten dran hat. Oder einer vom Kirchenfenster, zwei Kilometer entfernt mit dem Scharfschützengewehr …»

Die zwei Minuten Hetze fanden in sozialen Medien am Freitag breite Beachtung – und stiessen vorab auf Verachtung.

In Sicherheitskreisen lösten sie Besorgnis und Aktivität aus. Das Bundesamt für Polizei (Fedpol) war von verschiedenen Seiten auf das Drohvideo aufmerksam gemacht worden.

Erneute Eskalation

Dort befindet man sich in einer Art Dauer-Alarmzustand. Die Drohungen gegen Vertreterinnen und Vertreter des Bundes und der Kantone haben mit der Corona-Krise massiv zugenommen.

Parallel zur hitzigen Diskussion um die Erweiterung der Zertifikatspflicht auf Restaurants und andere Orte wie Theater oder Hallenbäder, die der Bundesrat am Mittwoch beschloss, kam es in den vergangenen Tagen aber nochmals zu einer Steigerung.

Fedpol musste zusammen mit zuständigen Kantonspolizeien wie jener von Bern die Sicherheitsmassnahmen für Schutzpersonen und für Gebäude verstärken. Öffentlich bestätigen will Fedpol die Erhöhung der Gefährdungsstufe, von der diese Zeitung aus sicheren Quellen erfahren hat, nicht. «Wir geben grundsätzlich keine Details zu Schutzkonzepten und zu unseren Sicherheitsanalysen bekannt», sagt Mediensprecher Florian Näf.

Zahlreiche Ermittlungen sind in Gange

Einzelne Fälle könne man nicht kommentieren. Näf verweist aber auf das Repertoire an Möglichkeiten, das Polizeieinheiten bei Drohungen und Hetze haben. Die Mittel reichen von Gefährderansprachen durch Fachleute des Bundes oder durch die Korps der Kantone und Städte bis hin zu Strafverfahren.

Zahlreiche Ermittlungen laufen sowohl bei der Bundeskriminalpolizei und der Bundesanwaltschaft als auch bei kantonalen Polizeien und Staatsanwaltschaften.

Weiter können sogenannte Grenzziehungsbriefe verschickt werden: Diese Schreiben, eine Art Mischung aus Orientierung und Warnung, sind für Fälle an der Schwelle der Strafbarkeit vorgesehen. Angebracht könnten sie in Fällen sein wie jenem eines St. Galler SVP-Kantonsrats, der in einem Telegram-Chat zum Schiessen auf das Bundesamt für Gesundheit mit Direktorin Anne Lévy aufforderte. Seinen Aufruf schloss er mit «Feuer frei!».

Im Fall des neuen Hetzvideos gegen Alain Berset und den Bundesrat könnte es eher auf eine Gefährderansprache und ein Strafverfahren hinauslaufen.

«Sehr laut und aggressiv»

Besonders exponiert ist seit Beginn der Pandemie Alain Berset. Der SP-Bundesrat präsentiert und verteidigt häufig in Pressekonferenzen Schutzmassnahmen. Das Medienzentrum des Bundes ist bei Corona-Informationen jeweils von Berner Polizisten bewacht.

Besonders viel Hass wird anonym im Internet verbreitet: Im vergangenen Herbst erregte eine Fotomontage Aufsehen, in der eine Pistole auf Bersets Kopf gerichtet war. Ein Verfasser mit Pseudonym hatte sie in einem Telegram-Kanal sogenannter Corona-Rebellen hochgeladen.

Bei einem Auftritt in der TV-«Arena» von SRF von Ende August wurde Berset beim Fernsehstudio Leutschenbach von der Sondereinheit Skorpion der Zürcher Stadtpolizei geschützt. Kurz zuvor war die Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli bei einer Impfaktion angegangen und mit Apfelschorle überschüttet worden. In einem viel beachteten Interview mit dieser Zeitung verwies die SVP-Regierungsrätin darauf, dass nur eine kleine Minderheit der Impfgegner «sehr laut und auch sehr aggressiv» sei.

Selbst für Fachleute ist es schwierig, ernsthafte von nicht ernsthaften Drohungen zu unterscheiden. Das Gefährdungspotenzial lässt sich nur mit vertieften Abklärungen seriös abschätzen. «Es gibt viele hasserfüllte Fanatiker», schreibt der Zürcher Forensiker Frank Urbaniok in einer kurzen Analyse zur Hassrede des Innerschweizer Hetzers auf Twitter. «Die meisten (aber nicht alle!) sind ungefährlich.» Schlecht sei es, wenn solche Leute durch Agitatoren weiter aufgehetzt würden.

«Es schadet der Demokratie und ist gefährlich», hält Urbaniok weiter fest, «wenn Politiker und andere öffentliche Person in den sozialen Medien hemmungslos diffamiert, beschimpft, bedroht und damit zur Zielscheibe gemacht werden.»
(https://www.derbund.ch/polizei-muss-bundesraete-nach-zertifikatsentscheid-verstaerkt-schuetzen-254359320352)
-> https://www.tele1.ch/nachrichten/polizei-will-politikerinnen-und-politker-besser-schuetzen-143715637



Verunsicherung beim Frauenarzt: Wenn der Gynäkologe Impfgegner ist
Junge Frauen sehen die Corona-Schutzimpfung vielfach besonders skeptisch. Nicht immer, aber häufig ist es die Schuld von Medizinern.
https://www.blick.ch/schweiz/verunsicherung-beim-frauenarzt-wenn-der-gynaekologe-impfgegner-ist-id16823966.html