Medienspiegel 10. September 2021

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++LUZERN
Luzern bietet Corona-Nothilfe für Ausländerinnen und Ausländer an
Aus Angst, ihre Aufenthaltsbewilligung zu verlieren, hüten sich viele Ausländerinnen und Ausländer davor, Sozialhilfe zu beziehen, obwohl sie diese in der Coronakrise dringend bräuchten. Die Stadt Luzern stellt daher 400’000 Franken Überbrückungshilfe zur Verfügung.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zentralschweiz/luzern-bietet-corona-nothilfe-fuer-auslaenderinnen-und-auslaender-an?id=12052449
-> https://www.tele1.ch/nachrichten/luzern-bietet-corona-nothilfe-fuer-auslaender-143704937
-> https://www.zentralplus.ch/auslaender-in-not-nun-springt-stadt-luzern-in-die-bresche-2185885/
-> https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/stadt-luzern-ueberbrueckungshilfe-400000-franken-aus-einem-fonds-fuer-armutsbetroffene-ld.2186149


+++ZÜRICH
Bundesasylzentrum im Gegenwind
Der Zürcher Gemeinderat hat ein dringliches Postulat der Grünen und der AL zum Bundesasylzentrum Duttweiler überwiesen: Sie möchten das Zentrum auflösen und stattdessen für die «menschenwürdige Unterbringung von Asylsuchenden in der Stadt Zürich» sorgen.
https://www.pszeitung.ch/bundesasyl-zentrum-im-gegenwind/#top



tagesanzeiger.ch 10.09.2021

Menschenwürde verletzt: Richter liess Ausschaffungshäftling zu Unrecht fesseln

«Gefühl von Erniedrigung»: Weil seine Füsse während einer Gerichtsverhandlung aneinandergekettet blieben, erhält ein Mann 1500 Franken Genugtuung.

Liliane Minor

Fussfesseln sieht man selten im Gerichtssaal. Üblicherweise sind es nur die ganz schweren Verbrecher, welche die metallenen Ketten auch während der Verhandlung tragen müssen – weil sie als gefährlich gelten. Im November vergangenen Jahres war es aber ein Ausschaffungshäftling, der mit Fussfesseln vor einem Richter am Bezirksgericht Zürich erscheinen und diese auch während der Verhandlung anbehalten musste. In der Verhandlung ging es nicht um eine Straftat, sondern um sein Gesuch um Entlassung aus der Ausschaffungshaft.

Grund für die Fesselung: Corona. Genauer gesagt der Umstand, dass die Verhandlung nicht wie in normalen Zeiten im Haftraum stattfinden konnte, der im geschlossenen Bereich des Bezirksgerichts liegt. Denn der Haftraum war zu klein für die teilnehmenden Personen. Deshalb liess der Richter die Verhandlung in einem normalen Gerichtssaal durchführen – und entschied, dass der Gesuchsteller während der ganzen Zeit Fussketten tragen müsse. Es bestehe Fluchtgefahr.

Weder kriminell noch renitent

Der Mann legte gegen die Fesselung Beschwerde ein. Mit Erfolg, das Verwaltungsgericht hat den Richter zurückgepfiffen. Er habe die Bewegungsfreiheit des Mannes zu Unrecht eingeschränkt und zu einer «überschiessenden Massnahme» gegriffen, heisst es im kürzlich veröffentlichten Entscheid. Fussfesseln stellten «einen starken Eingriff in die Menschenwürde» dar und führten «zu Gefühlen von Erniedrigung und starker Hilflosigkeit».

Das Argument der Fluchtgefahr liess das Verwaltungsgericht nicht gelten. Während der ganzen Verhandlung seien zwei Polizeibeamte im Raum gewesen: «Es ist nicht ersichtlich, wieso zwei aufmerksame und richtig platzierte Beamte nicht in der Lage gewesen wären, den Ausgang des Gerichtssaals während der kurzen Verhandlung zu sichern.» Der Ausschaffungshäftling sei auch nicht kriminell, selbstgefährdend oder besonders renitent gewesen.

Zudem gelange eine aus dem Gerichtssaal flüchtende Person keineswegs direkt auf die Strasse, sondern müsse am Empfang vorbei. Die automatischen Türen hätten für die Dauer der Verhandlung so eingestellt werden können, dass niemand das Gebäude unrechtmässig hätte verlassen können. Im Übrigen, so schreibt das Verwaltungsgericht, würden in den nicht speziell gesicherten Gerichtssälen regelmässig Strafverfahren gegen Personen durchgeführt, bei denen Fluchtgefahr bestehe, ohne dass die Beschuldigten Fussfesseln tragen müssten.

Das Bezirksgericht Zürich muss dem Beschwerdeführer nun 1500 Franken Genugtuung zahlen. Das Urteil ist rechtskräftig.
(https://www.tagesanzeiger.ch/richter-liess-ausschaffungshaeftling-zu-unrecht-fesseln-668509183340)


+++SCHWEIZ
Sie arbeitete für das US-Militär, floh alleine in die Schweiz, aber erhält kein Asyl
Die Geschichte von Mursal Ahmadzai, 28, ist aussergewöhnlich und alltäglich zugleich. Sie ist eine von wenigen Frauen im Asylsystem, aber sie ist hier eine von vielen Afghanen mit ungewisser Zukunft.
https://www.watson.ch/schweiz/international/363001373-afghanistan-ehemalige-mitarbeiterin-des-us-militaer-erhaelt-kein-asyl


+++DEUTSCHLAND
Achtung: Nach Evakuierung aus Afghanistan keinen übereilten Asylantrag stellen!
PRO ASYL erreichen – zum Teil auf Grund diesbezüglicher Aufforderungen des BAMF – Anfragen, ob Menschen, die aus Afghanistan evakuiert worden sind und die nicht als Ortskräfte gelten, also z.B. für die Bundeswehr, die GIZ oder andere deutsche Institutionen gearbeitet haben, einen Asylantrag stellen müssen. Diesbezüglich ist Vorsicht geboten.
https://www.proasyl.de/news/achtung-nach-evakuierung-aus-afghanistan-keinen-uebereilten-asylantrag-stellen/


++++GROSSBRITANNIEN
Migranten am Kanal: London droht Paris mit Kürzung von Mitteln
Die britische Innenministerin Priti Patel hat ihrem französischen Amtskollegen Gérald Darmanin mit der Kürzung bereits zugesagter Gelder gedroht, sollte Paris nicht mehr gegen illegale Migration am Ärmelkanal tun.
https://www.blick.ch/ausland/migranten-am-kanal-london-droht-paris-mit-kuerzung-von-mitteln-id16821721.html


+++GRIECHENLAND
Notruf aus Moria #1 – Die Geschichte von Kiki (1/2)
Das Flüchtlingscamp auf Moria ist abgebrannt, aber die Menschen und ihre Schicksale bleiben. Damit sie nicht in Vergessenheit geraten, dokumentiert das Lamm Geschichten von Geflüchteten aus Moria in einer mehrteiligen Artikelserie. Den Anfang macht Kiki, der die Geschichten auf seinem Instagram-Account gesammelt hat.
https://daslamm.ch/notruf-aus-moria-1-die-geschichte-von-kiki-1-2/


Lage in Auffanglagern auf Ägäis-Inseln entspannt sich weiter
Auf den griechischen Inseln im Osten der Ägäis entspannt sich die Lage um die Auffanglager. Auf allen Inseln befinden sich derzeit weniger als 5000 Flüchtlinge.
https://www.nau.ch/news/europa/lage-in-auffanglagern-auf-agais-inseln-entspannt-sich-weiter-66000032


+++FREIRÄUME
Warum die Schützenmatte in Bern so viel Zuwendung braucht
Seit sieben Jahren plant die Stadt Bern eine Umgestaltung des grossen Platzes in der Nähe von Reitschule und Bahnhof Bern. Und nochmal sieben Jahre wird es dauern, bis die Schützenmatte neu wird. Eine lange Zeit, für die es Gründe gibt und die auch ihre Vorteile hat.  (ab 03:08)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/warum-die-schuetzenmatte-in-bern-so-viel-zuwendung-braucht?id=12052599
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/abwanderung-in-berggebieten-stoppen?id=12052239 (ab 02:00)


Kantonsgericht stützt Stadt Luzern: Soldatenstube darf abgerissen werden
Die Beschwerde des Heimatschutzes gegen den Abbruch der städtischen Liegenschaft am Luzerner Murmattweg wird abgewiesen. Der Entscheid ist aber noch nicht rechtskräftig.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/urteil-kantonsgericht-stuetzt-stadt-luzern-soldatenstube-darf-abgerissen-werden-ld.2186078


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Demo gegen das rassistische Migrationsregime Zürich
-> https://twitter.com/__investigate__
-> Demoaufruf: https://barrikade.info/article/4742


Kundgebung in Bern: Über hundert Menschen demonstrieren gegen die Taliban
Am Freitagabend gingen in Bern Afghaninnen und Afghanen gegen das Taliban-Regime auf die Strasse. Sie forderten Frieden und Freiheit für ihr Land.
https://www.bernerzeitung.ch/ueber-hundert-menschen-demonstrieren-gegen-die-taliban-828433083115


+++KNAST
Basler Untersuchungsgefängnis: «Waaghof»-Aufseher nach Suizidversuch freigesprochen – doch der Fall wird weitergezogen
Nach einem Suizidversuch einer Insassin im Waaghof mussten sich vier Gefängnisaufseher vor dem Basler Strafgericht verantworten. Sie alle wurden Ende August freigesprochen. Das letzt Wort ist aber noch nicht gesprochen.
https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/basler-untersuchungsgefaengnis-waaghof-aufseher-nach-suizidversuch-freigesprochen-doch-der-fall-wird-weitergezogen-ld.2186337



primenews.ch 10.09.2021

Waaghof-Prozess: Staatsanwaltschaft geht in Berufung

Das Strafgericht hatte die vier angeklagten Aufseher zuvor freigesprochen. Dennoch zieht auch die Verteidigung den Fall weiter.

von Oliver Sterchi

Der Prozess um den Suizid-Vorfall im Basler Untersuchungsgefängnis «Waaghof» geht in die nächste Runde: Die Staatsanwaltschaft hat Berufung angemeldet. Dies bestätigt Sprecher Martin Schütz auf Anfrage von Prime News.

Auch die Seite der Verteidigung zieht den Fall weiter. Man reagiere damit auf die Berufung der Staatsanwaltschaft, sagt Anwalt Christian von Wartburg, der eine der vier angeklagten Waaghof-Mitarbeitenden verteidigt.

«Meine Klientin hätte sich eigentlich mit dem Freispruch des Strafgerichts zufrieden gegeben». Aber: «Aus prozesstechnischen Gründen haben wir uns dazu entschieden, ebenfalls Berufung anzumelden.» Die Überlegung dahinter: Auf diese Weise begegnet die Verteidigung der Anklageseite im weiteren Prozess auf Augenhöhe. Sie hat damit die gleichen Möglichkeiten wie die Staatsanwaltschaft.

Von Wartburg betont, dass er lediglich für seine Klientin – also eine von vier Angeklagten – spricht.

Ob die anderen drei Aufseher ebenfalls in Berufung gehen, ist unklar. Ein weiterer Anwalt hat auf eine Anfrage von Prime News nicht reagiert. Es ist aber davon auszugehen, dass sie sich untereinander abgesprochen haben.

Rüge trotz Freispruch

Die Staatsanwaltschaft wirft den vier angeklagten Aufsehern fahrlässige Tötung durch Unterlassen sowie Aussetzung vor. Dies, weil sie einer Gefängnis-Insassin, die sich im Sommer 2018 in ihrer Zelle im Waaghof erhängt hatte, nicht unmittelbar geholfen hätten.

Das Basler Strafgericht sprach die Aufseher vor zwei Wochen von diesem Vorwurf frei. In seiner mündlichen Urteilsbegründung erklärte Gerichtspräsident Dominik Kiener damals, dass es «aufgrund fehlender Kausalität» und einer strengen Auslegung des Bundesgerichts bei Unterlassungs-Delikten zu keiner Verurteilung komme (Prime News  berichtete).

Allerdings brummte das Strafgericht den Aufsehern einen Teil der Verfahrenskosten aus dem Vorverfahren auf. Kiener hielt auch fest, dass im vorliegenden Fall schwerwiegende Fehler passiert seien. Die Aufseher hätten ganz klar ihre «Sorgfaltspflicht» verletzt, so das Gericht.

Verteidigung beharrt auf ihrem Standpunkt

Mit der Berufung gelangt der Fall nun an die nächsthöhere Instanz, das Basler Appellationsgericht. Ob es tatsächlich zu einer Verhandlung kommt, ist allerdings noch unklar. Die Parteien wollen offenbar zuerst noch die schriftliche Urteilsverkündung der ersten Instanz abwarten. Danach könnten sie die Berufung noch zurückziehen.

Gemäss von Wartburg wäre dies das favorisierte Szenario für seine Klientin. Sollte es dennoch zu einer erneuten Verhandlung kommen, werde man wiederum auf kompletten Freispruch plädieren. «Ich bin nach wie vor der Ansicht, dass bei einem Suizid die Strafbarkeit abschliessend in einer spezifischen Bestimmung im Strafgesetzbuch geregelt ist. Die Staatsanwaltschaft hat aber gar nie Anklage wegen eines Verstosses gegen diese Bestimmung erhoben», so von Wartburg.

Und weiter: «Zudem sind meines Erachtens die Tatbestands-Voraussetzungen für eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung nicht gegeben.»

Gefängnisleitung äussert sich nicht

Das ist die gleiche Argumentationslinie, welche die Verteidigung schon vor dem Strafgericht fuhr. Dass das Appellationsgericht umgekehrt doch noch zu einem Schuldspruch wegen fahrlässiger Tötung gelangen könnte, glaubt von Wartburg hingegen nicht. «Das halte ich für sehr unwahrscheinlich. Die Faktenlage hat sich schliesslich seit dem ersten Prozess nicht verändert.»

Im Rahmen des ersten Prozesses vor dem Strafgericht stellten sich die Verteidiger zudem auf den Standpunkt, dass ein Versagen des Systems vorliege. So seien die Aufseher nicht genügend für solche Situationen gschult worden.

Strafgerichtspräsident Dominik Kiener stützte diese Ansicht in der mündlichen Urteilsverkündigung. Er sprach von einem «Versagen des Staates, der Justiz und des Strafvollzugsystems». Prime News hätte daraufhin gerne mit dem Gefängnisdirektor Christian Kreidler ein Interview geführt.

Das Justiz- und Sicherheitsdepartement (JSD)  blockte jedoch ab. Als Begründung nannte das Departement unter Regierungsrätin Stephanie Eymann (LDP) eine Strafanzeige, die Verteidiger Andreas Noll im Rahmen des Prozesses gegen Waaghof-Leiter Kreidler eingereicht hatte.

Bis heute hat sich die Gefängnisleitung nicht zu den schwerwiegenden Vorwürfen geäussert.
(https://primenews.ch/articles/2021/09/waaghof-prozess-staatsanwaltschaft-geht-berufung)


+++POLIZEI USA
Polizeiarbeit in Los Angeles: Verdächtigte müssen mit privaten Social-Media-Accounts rausrücken
Eine neunteilige Serie des Brennan Centers deckt auf, wie die Polizei von Los Angeles ihre Überwachungsinstrumente auf Sozialen Netzwerken schärft – allerdings verfolgen diese vor allem linke und antirassistische Gruppen, insbesondere die Bewegung Black Lives Matter.
https://netzpolitik.org/2021/polizeiarbeit-in-los-angeles-verdaechtigte-muessen-mit-privaten-social-media-accounts-rausruecken/


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Nach Amoklauf-Fantasien gegen Berset -SC Buochs schmeisst Wirt raus
M.L.* droht dem Gesundheitsminister in einem Video. Nun kündigt der SC Buochs das Pachtverhältnis mit dem Wirt.
https://www.20min.ch/story/aufruf-zum-amoklauf-gegen-berset-chalet-kuendigt-wirt-699465843158
-> https://www.blick.ch/politik/wirt-droht-berset-mit-amoklauf-komm-nicht-in-die-innerschweiz-id16821454.html


Video aufgetaucht: Wirt fantasiert über Amoklauf gegen Alain Berset
«Du weisst nie, wenn im Tram jemand eine Rakete dabei hat»: In einem Video droht ein Wirt dem Gesundheitsminister. Das Bundesamt für Polizei prüft rechtliche Schritte.
https://www.20min.ch/story/wirt-fantasiert-ueber-amoklauf-gegen-alain-berset-307886615436
-> https://www.blick.ch/politik/wirt-droht-berset-mit-amoklauf-komm-nicht-in-die-innerschweiz-id16821454.html
-> Videoausschnitt: https://twitter.com/i/status/1435934062603030538


Mehrere Rechtsradikale an Berner Demo: Corona-Skeptiker zeigt Hitlergruss
An der Corona-Demonstration in Bern streckte ein Demonstrant seine Hand zum Hitlergruss aus. Er war nicht der einzige Demonstrant mit rechtsradikalem Gedankengut.
https://www.blick.ch/politik/mehrere-rechtsradikale-an-berner-demo-corona-skeptiker-zeigt-hitlergruss-id16820673.html


Erneute Demo der Massnahmenskeptiker in Bern: Die Grundstimmung wird aggressiver, warnt der Sicherheitsdirektor
Auch am Donnerstagabend haben sich die Corona-Massnahmenkritiker in Bern getroffen. Die Demonstration war unbewilligt, die Polizei liess die Kritiker dennoch marschieren. Der Berner Sicherheitsdirektor warnt allerdings, dass die Grundstimmung zwischen Corona-Kritikern und Gegendemonstranten aggressiver wird.
https://www.telebaern.tv/telebaern-news/erneute-demo-der-massnahmenskeptiker-in-bern-die-grundstimmung-wird-aggressiver-warnt-der-sicherheitsdirektor-143704305
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/abwanderung-in-berggebieten-stoppen?id=12052239 (ab 04.15)



derbund.ch 10.09.2021

Polizei konstatiert «aufgeheizte Stimmung»: Tätlichkeiten und eine Steinschleuder im Gepäck

Berns Polizeidirektor ist froh, dass an der Anti-Massnahmen-Demo nicht Schlimmeres passiert ist, doch der «gefährliche Nährboden für ungute Ideen» bereitet Nause Sorgen.

Markus Dütschler

Gleich an zwei Abenden hintereinander machten Gegner der Corona-Massnahmen ihrem Ärger in Bern Luft. Die unbewilligte Kundgebung vom Donnerstag war laut Beobachtern kleiner als jene am Vortag, was die Kantonspolizei bestätigt – ohne Zahlen nennen zu wollen.

Berns Sicherheitsdirektor Reto Nause (Mitte) spricht auf Anfrage von einem «gelungenen Polizeieinsatz». Es sei geglückt, einen «Zusammenprall von linksautonomen Kräften und Massnahmengegnern zu verhindern». Die Stimmung am Donnerstag war laut Nause, der an beiden Abenden sur place war, «aggressiver als am Vortag und recht aufgeladen». Es seien auch Eier geflogen. Immerhin: «Zu den befürchteten grossen Auseinandersetzungen kam es nicht.»

Es habe sich als richtig erwiesen, den Sicherheitszaun vor dem Bundeshaus aufzustellen, sagt Nause. «Schliesslich kursierten im Internet Aufrufe, die den Sturm auf das Capitol feierten.» Somit habe man sich auf alles Mögliche einstellen müssen. Wenn etwa Gesundheitsminister Alain Berset (SP) auf grobe Weise zum Rücktritt aufgefordert und «in eine Verbrecherecke gerückt» werde, sei dies neu für die Schweiz. «Das ist ein gefährlicher Nährboden für ungute Ideen.»

Nause: «Bunte Mischung»

Laut Nause wurde bei einem Teilnehmer ein rechtsextremes Plakat gefunden. Dies sei ein Fall für die Staatsanwaltschaft. Der Sicherheitsdirektor will daraus keine einseitigen Schlüsse ziehen. «Wenn Linksextreme behaupten, dass an der Kundgebung alles Rechtsextreme gewesen seien, stimmt dies nicht.» Es sei eine «bunte Mischung». Zum Teil würden «wildeste Verschwörungstheorien» kolportiert, einige seien gegen das 5G-Mobilnetz oder gegen Impfungen, andere seien vehement patriotisch gesinnt. «Der Tonfall ist sehr grob», stellt Nause fest. «Da hat sich etwas zugespitzt.» Macht es ihm Angst, dass sich das akzentuieren könnte? «Angst nicht, aber man muss das ernst nehmen.»

Der unbewilligte Umzug führte nach der Besammlung unter dem Baldachin durch die Hauptgassen zum Rathausplatz und wieder hinauf zum Bundesplatz. Laut Polizeisprecher Christoph Gnägi kam es entlang der Route zu Provokationen zwischen Teilnehmern und Passanten. Auf dem Bundesplatz ereignete sich «eine tätliche Auseinandersetzung zwischen mehreren Personen». Hier ging die Polizei dazwischen.

Laut Gnägi wurden zwei Personen auf die Wache gebracht, weil sie Vermummungsmaterial und Pfefferspray dabeihatten. Bei einem Teilnehmer wurde eine Steinschleuder gefunden. Eine Person wurde mitgenommen, weil sie mutmasslich die Fahne eines Teilnehmers beschädigt hatte. Auch wurden zwei Wegweisungen ausgesprochen.

Unbewilligt ist schwierig

Wie Nause stellt auch Gnägi eine «aufgeheizte Stimmung» und die Bereitschaft zu Tätlichkeiten fest, eine «Polarisierung», die dazu führe, «dass es physisch wird». Die Kantonspolizei beobachte dies und lege das passende Dispositiv fest.

Bei bewilligten Demonstrationen sind Marschroute und Veranstaltungsablauf bekannt. Bei einer unbewilligten Kundgebung sei dies schwieriger, hält Gnägi fest. Die Polizei müsse vor Ort versuchen, mit Personen Kontakt aufzunehmen, von denen sie glaube, dass sie zu den Organisatoren gehörten. So versuche man etwa die Route zu erfragen. «Es ist stets unser Ziel, die Auswirkungen auf den öffentlichen Verkehr und die Passanten möglichst gering zu halten», so Gnägi.

Von weiteren Kundgebungen an diesem Wochenende ist weder Nause noch der Kantonspolizei etwas bekannt. Aber die Belastung der Einsatzkräfte sei hoch, auch wegen anderer Veranstaltungen. «Langweilig wird es uns bestimmt nicht», sagt Nause mit ironischem Unterton.
(https://www.derbund.ch/taetlichkeiten-und-eine-steinschleuder-im-gepaeck-609985290364)



Corona-Demos: Medienschaffende brauchen Personenschutz
Das Aggressionspotenzial gegen Journalistinnen und Journalisten nimmt zu. In Bern, an einem Protest gegen die Ausweitung der Zertifikatspflicht, mussten Reporter geschützt werden. Wie Blick, 20 Minuten und SRF auf zunehmend verhärtete Fronten reagieren.
https://www.persoenlich.com/medien/medienschaffende-brauchen-personenschutz


Ausgedehntes Covid-Zertifikat: «Ab Montag gehe ich nicht mehr ins Café»
Verzicht auf das Lieblingscafé, den Verband oder den Fitness-Besuch: Nicht geimpfte Menschen erzählen, wie sie mit der Covid-Zertifikatspflicht umgehen.
https://www.20min.ch/story/ab-montag-gehe-ich-nicht-mehr-ins-cafe-244100350194


BILD-Chef gibt “Querdenkern” Interview – Wie sehr hat sich Reichelt radikalisiert?
Seit Wochen ist beim Axel-Springer Medium “BILD” eine Anbiederung an das “Querdenken”-Lager zu beobachten. Allen voran Chefredakteur Julian Reichelt fällt vermehrt mit einer “Querdenken” Rheto
rik auf, die von der extremistischen Bewegung auch gehört und gefeiert wird. Spitze des Eisberges ist nun, dass er in der Szene bekannten Verschwörungsideolog:innen (Martin LeJeune und Anne Höhne) ein Interview gegeben hat.
https://www.volksverpetzer.de/bericht/reichelt-querdenker/


Plädoyer für eine verbale Abrüstung: Wo der Nazivergleich zur Normalität wird, ist kein Dialog mehr möglich
Der Ärger mancher über die Zertifikatspflicht lässt Onlinediskussionen rund um Corona eskalieren. Schneller und stärker als zuvor – das ist bedenklich.
https://www.landbote.ch/wo-der-nazivergleich-zur-normalitaet-wird-ist-kein-dialog-mehr-moeglich-994549636573