Medienspiegel 1. September 2021

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+++ZÜRICH
tagesanzeiger.ch 01.09.2021

Umstrittener Ausweis für Sans-Papiers: «Züri City Card» nimmt wichtige Hürde

Das Zürcher Stadtparlament macht den Weg frei für die städtische Identitätskarte für Papierlose – gegen heftigen Widerstand von SVP und FDP.

Martin Huber

Es ist eines der zentralen Projekte der links-grünen Mehrheit in Zürich: In rund vier Jahren will der Stadtrat den geschätzt 10’000 Sans-Papiers der Stadt mit der Züri City Card einen Ausweis verschaffen und ihnen so den Aufenthalt erleichtern. Dank der städtischen Identitätskarte sollen Menschen ohne regulären Aufenthaltsstatus künftig am sozialen, kulturellen und politischen Leben in Zürich teilnehmen können.

Am Mittwochabend hat der Ausweis für Papierlose eine erste Nagelprobe bestanden. Mit 65 zu 40 Stimmen bei 12 Enthaltungen hat das Zürcher Stadtparlament 3,2 Millionen Franken für Vorbereitungsarbeiten zur Einführung der Züri City Card bewilligt – nach einem teils emotionalen Schlagabtausch.

«Wir lassen Sans-Papiers nicht im Stich!», betonten Vertreterinnen und Vertreter der SP. Die City Card sei nötig, weil FDP und SVP es auf kantonaler Ebene verhindert hätten, den Aufenthaltsstatus von Sans-Papiers zu regularisieren, die seit Jahren hier lebten und arbeiteten. Mit dem Ausweis werde die Lebenssituation dieser Menschen massgeblich verbessert, weil sie neu Zugang zu städtischen Dienstleistungen wie der Kinderbetreuung und dem Gesundheitswesen erhielten.

«Status von Rechtslosen»

Dass das Migrationsrecht auf nationaler Ebene geregelt sei, heisse nicht, «dass wir auf kommunaler Ebene die Hände in den Schoss legen müssen», sagte Maya Kägi Götz (SP).

Laut Marco Geissbühler (SP) ist aber auch klar, dass die Karte allein nicht alle Probleme löst. Damit sich Sans-Papiers wirklich sicher fühlen können, brauche es Änderungen im übergeordneten Recht. «Dass sich der Regierungsrat bisher geweigert hat, Sans-Papiers im Kanton Zürich analog zum erfolgreichen Projekt in Genf zu regularisieren, ist beschämend», sagte er.

Urs Riklin (Grüne) erinnerte daran, dass Sans-Papiers hier den Status von Rechtlosen hätten. Sie könnten keinen Mietvertrag abschliessen, keine Ehe schliessen und auch keiner Krankenkasse beitreten. «Wir stehen in der Verantwortung, hier etwas zu ändern», sagte Riklin.

FDP: «Untauglich und widerrechtlich»

Für die FDP ist die City Card «untauglich, widerrechtlich und undemokratisch», wie Yasmine Bourgeois sagte. Die Stadt Zürich wolle eine eigene Migrationspraxis schaffen. Dabei sei der Bund abschliessend zuständig für das Ausländerrecht und für das Ausweiswesen. Die Stadt habe in diesen Fragen schlicht nichts zu melden und auch nichts nach eigenem Gusto umzubiegen. Die «Pseudo-ID» könne nicht die Voraussetzungen schaffen, damit Sans-Papiers sich angstfrei in der Stadt bewegen könnten, sagte Bourgeois.

Ähnlich äusserte sich Stefan Urech von der SVP: Das Vorhaben sei gar nicht umsetzbar, da es gegen übergeordnetes Recht verstosse. «Die linken Parteien möchten in der Stadt Zürich eine Art Parallelrecht zur Bundesverfassung einführen», sagte er. Die Umsetzung dieses Anliegens würde in den nächsten Jahren einen starken Anstieg der Sans-Papiers generieren, an deren Lebenssituation aber wenig bis nichts ändern.

SVP-Präsident Mauro Tuena hatte schon früher angekündigt, die SVP wolle die Züri City Card mit einem Referendum bekämpfen.

Die GLP enthielt sich der Stimme. Die Karte erweise den Sans-Papiers einen Bärendienst, sagte Simone Hofer Frei. Sie wecke falsche Erwartungen und nütze den Betroffenen wenig. Es brauche eine politische Lösung.

Die Gegnerinnen und Gegner der City Card stützen sich nicht zuletzt auf kritische Äusserungen von Bundesrat und Regierungsrat. Im vergangenen Februar hatte der Bundesrat klargemacht, dass Gemeinden und Kantone keine Kompetenz hätten, den Aufenthalt von Sans-Papiers nach eigenen Bestimmungen zu regeln. Werde die City Card als ID akzeptiert, verstosse dies gegen Bundesrecht. Mit dem Konzept werde nur der Anschein einer rechtskonformen Situation erweckt. «Solche Ausweise sind aber keine Lösung für die Aufenthaltsregelung von Personen, die sich rechtswidrig in der Schweiz aufhalten.»

Mauch: «Es braucht Lösungen – wie beim Needle Park»

Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP) erinnerte an die prekären Verhältnisse, in denen viele Sans-Papiers lebten. Hier ständen Bund und Kanton in der Verantwortung. Aber auch die Stadt Zürich wolle einen Beitrag leisten zur Verbesserung der Lebensbedingungen dieser Menschen und tue das auch schon, etwa in der Gesundheitsversorgung.

Mauch sagte aber auch: «Wir wollen nicht falsche Hoffnungen wecken.» Die City Card habe keine ausländerrechtliche Zielsetzung und führe nicht zu einer Regularisierung von Personen, die sich rechtswidrig in Zürich aufhielten; sie belege lediglich die Identität einer Person. Dennoch sehe der Stadtrat in der Karte viel Potenzial. Sie könne Solidarität und Zusammenleben stärken.

Städte seien Labore für Lösungen für neue gesellschaftliche Probleme, die sich hier als Erstes manifestierten, sagte die SP-Stadtpräsidentin. Sie erinnerte an die Probleme mit dem Needle Park, der offenen Drogenszene in den frühen 90er-Jahren. Auch damals seien viele Menschen in Zürich in extremer Bedrängnis gewesen: «Zürich musste damals eine Lösung finden, und wir müssen auch jetzt eine Lösung für die Sans-Papiers finden, trotz schwieriger rechtlicher Rahmenbedingungen.»
(https://www.tagesanzeiger.ch/zueri-city-card-nimmt-wichtige-huerde-933633827049)



nzz.ch 01.09.2021

Zürcher Gemeinderat gleist die City-Card für Sans-Papiers auf – trotz sehr eingeschränktem Nutzen

Die Zürcher Politik diskutiert seit drei Jahren über die Schaffung einer Identitätskarte, die Personen ohne legalen Aufenthaltsstatus mehr Rechte verschaffen soll. Das Parlament hat nun Geld für «Vorbereitungsarbeiten» beschlossen.

Adi Kälin

Das Thema führt regelmässig zu sehr emotionalen Debatten. Für die Linke geht es darum, den illegal anwesenden Sans-Papiers den Zugang zu behördlichen Dienstleistungen, aber auch zu Recht und Justiz zu verschaffen. Den Parteien, die nicht mitmachen, wird ein «beschämendes Verhalten» vorgeworfen. Auf bürgerlicher Seite hingegen spricht man von einer «ideologischen Symbolpolitik». Selbst der Stadtrat warnt davor, allzu hohe Erwartungen in die City-Card zu setzen. Deren Nutzen sei doch sehr eingeschränkt.

10 000 Sans-Papiers in Zürich

Worum geht es? In Zürich leben schätzungsweise 10 000 Personen ohne legalen Aufenthaltsstatus, die zumeist von Schwarzarbeit leben, aber ständig Angst davor haben müssen, von der Polizei entdeckt zu werden. Gewisse Leistungen des Staates, wie etwa die Bildung, sind für sie zugänglich, viele andere allerdings nicht – vor allem schrecken viele Sans-Papier vor Anzeigen zurück, wenn sie schlecht behandelt oder Opfer eines Verbrechens werden. Auch dürfen sie beispielsweise kein Konto eröffnen.

Mit einer Motion haben SP, AL und Grüne vor drei Jahren die Einführung einer City-Card nach New Yorker Vorbild gefordert. Unabhängig vom Aufenthaltsstatus sollen alle Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt die Identitätskarte erhalten. Nachdem er zwei Rechtsgutachten eingeholt hat, ist der Stadtrat der Meinung, die Schaffung einer solchen Karte sei mit dem übergeordneten Recht vereinbar – sie könne aber nur sehr beschränkt eingesetzt werden. Er appelliert deshalb an Kanton und Bund, die Ausländer- und Migrationspolitik anzupassen.

«Widerrechtlich und untauglich»

Im Gemeinderat stellten sich FDP und SVP ganz klar gegen die Schaffung der City-Card: Diese sei widerrechtlich, sagte Yasmine Bourgois (fdp.), weil der Bund abschliessend für das Ausländerrecht zuständig sei – und der Kanton für dessen Vollzug. Deshalb sei die Karte auch untauglich. Der Aufenthalt von illegal Anwesenden könne damit nicht legalisiert werden. Niemand dürfe die Polizei anweisen, die Karte als amtliches Ausweispapier anzuerkennen. Auch die SVP betonte, dass man kein Parallelrecht in Zürich einführen dürfe.

Weil die Motion im geltenden rechtlichen Rahmen nicht erfüllt werden könne, müsse man den Antrag des Stadtrats zurückweisen, sagte Bourgois. Die Stadtregierung solle einen neuen Bericht vorlegen, der aufzeige, dass die Forderung eben nicht umzusetzen sei. Maya Kägi Götz (sp.) hielt dagegen: Die Umsetzung der Motion werde doch durch ein Rechtsgutachten gestützt. Mit der Überweisung sei kein Rechtsbruch verbunden, vielmehr sollen ja rechtliche und technische Möglichkeiten erst geprüft werden.

Stefan Urech (svp.) sagte, dass mit der City-Card bei den Sans-Papiers ein falsches Sicherheitsgefühl gefördert werde. Man verspreche den Leuten, dass sie sich damit auch gegenüber der Polizei ausweisen könnten. Man wolle den Sans-Papiers eben genau keine falsche Hoffnungen machen, sagte Stadtpräsidentin Corine Mauch. Die Karte schaffe keine Regularisierung der illegal Anwesenden, die Stadt könne nicht in Eigenregie den Aufenthaltsstatus einer Person ändern, sie wolle aber ihren Beitrag leisten, damit die Lebenssituation der Sans-Papier verbessert werde.

Zwar könnten sich die Sans-Papiers auch mit der Karte nicht angstfrei in der Stadt bewegen, und auch der Zugang zu Recht und Justiz sei eingeschränkt. Der Stadtrat finde dennoch, der Ausweis könne zu relevanten Verbesserungen führen und die Sans-Papiers verstärkt am kulturellen und gesellschaftlichen Leben teilhaben lassen. Mit den 3,2 Millionen Franken, die gewissermassen als Projektierungskredit bewilligt wurden, sollen nun weitere Abklärungen getätigt werden.

Städte als Labor

Oft seien die Städte auch ein Labor für gesellschaftliche Entwicklung. Ein bekanntes Beispiel sei die offene Drogenszene am Platzspitz. Die Stadt habe Lösungen finden müssen, die zunächst auch dem übergeordneten Recht widersprochen hätten. Man wolle auch beim Thema der Sans-Papier den Spielraum ausnützen, den der übergeordnete rechtliche Rahmen biete.

Marco Geissbühler (sp.) sagte im Rat, die Politik habe die Pflicht, die Grundrechte aller Menschen gleichermassen zu schützen. Wegen des Schweizer Ausländerrechts seien diese Grundrechte aber den Sans-Papiers verwehrt. Es handle sich um ein eigentliches «humanitäres Debakel», das die bürgerliche Politik auf eidgenössischer Ebene verbrochen habe. Mit der City-Card könne man die Situation der Sans-Papiers etwas verbessern.

Isabel Garcia (glp.) machte schliesslich den Vorschlag, dass man die Sache doch auf kantonaler Ebene vorbringen solle. FDP und Rot-Grün seien ja offenbar bereit, in einem gewissen Rahmen über eine Regularisierung von gut integrierten Sans-Papiers zu reden. Das ergebe doch auch im Kantonsrat eine komfortable Mehrheit. Da darf man sicher gespannt sein, wer am Ende alles mitmacht.

Bei der Schlussabstimmung sagten FDP, SVP und EVP Nein zum Kredit, SP, Grüne und AL sagten Ja, die GLP enthielt sich der Stimme. Damit ergab sich eine klare Mehrheit für die Weiterbearbeitung des City-Card-Projekts von 65 zu 40 Stimmen.
(https://www.nzz.ch/zuerich/zuercher-gemeinderat-gleist-die-city-card-fuer-sans-papiers-auf-trotz-sehr-eingeschraenktem-nutzen-ld.1643330)


+++DEUTSCHLAND
Rettung aus Afghanistan: Die private Luftbrücke
Von Berlin aus versuchen Aktivist*innen, Menschen aus Afghanistan zu retten. Von der Bundesregierung fühlen sie sich ausgebremst. Haben sie damit recht?
https://taz.de/Rettung-aus-Afghanistan/!5792997/


+++MITTELMEER
Zwischen »Boza« und Todesnachrichten
Unerschrocken, unermüdlich, professionell: Für den Einsatz für Bootsflüchtlinge auf dem Mittelmeer und gegen brutale Pushbacks hat Watch the Med – Alarm Phone den Menschenrechtspreis 2020/21 der Stiftung PRO ASYL bekommen. Alarm Phone habe »die Leben von so vielen Menschen gerettet, die nach Schutz suchten«, sagte Laudatorin Tineke Strik.
https://www.proasyl.de/news/zwischen-boza-und-todesnachrichten/


Flüchtlinge im Mittelmeer: „Sea-Eye“rettet knapp 30 Menschen
Das Schiff war vor wenigen Tagen ins Mittelmeer zu einer Mission aufgebrochen, nachdem es wochenlang festgesetzt worden war. Nun rettete es mehrere Menschen.
https://taz.de/Fluechtlinge-im-Mittelmeer/!5798498/


+++EUROPA
EU-Innenministertreffen zu Afghanistan: Bundesrätin Keller-Sutter setzt sich für enge Abstimmung ein
Bundesrätin Karin Keller-Sutter hat in Brüssel am ausserordentlichen Rat der Justiz- und Innenminister der EU zum Thema Afghanistan teilgenommen. Die Schweiz unterstützt die Bestrebungen der EU, die Hilfe zu koordinieren. Ziel müsse es sein, den Menschen vor Ort und in den Nachbarstaaten zu helfen, damit sie nicht nach Europa flüchten müssen.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-84926.html


+++GASSE
Neues Bettelverbot tritt heute in Kraft
In Basel-Stadt gilt nun das teilrevidierte Übertretungsstrafgesetz. Dieses beinhaltet starke Einschränkungen für Bettlerinnen und Bettler. Die Polizei hat sie in den vergangenen Tagen darüber informiert.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/neues-bettelverbot-tritt-heute-in-kraft?id=12047829
-> Schweiz Aktuell: https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/basel-bettelverbot-tritt-in-kraft?urn=urn:srf:video:441d4155-8e0c-4b14-911e-b7c04258d5cc
-> https://telebasel.ch/2021/09/01/flyer-und-uebersetzer-apps-so-wurden-die-bettelnden-informiert
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/basel-stadt-verliert-einen-sitz-im-nationalrat?id=12048111 (ab 4:09)
-> https://www.bzbasel.ch/basel/neues-gesetz-seit-mittwoch-gilt-das-bettelverbot-so-macht-sich-dieses-in-der-innenstadt-bemerkbar-ld.2181629


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Erfolgreiche Kundgebung von Stefanini-BewohnerInnen beim Sulzerhochhaus
Am Freitagnachmittag 27. August 2021 haben sich rund 80 Personen vor dem Sulzerhochhaus versammelt, dem Sitz der Stefanini-Kunststiftung SKKG und ihrer Immobilienverwaltung Terresta. Sie protestierten mit der Kundgebung gegen den drohenden Verlust des günstigen Wohnraums in Winterthur.
https://barrikade.info/article/4734


We fought back: Queer and Radical (and cute)
Communiqué zur Demo vom 28. August
Queere Menschen haben sich am Samstag 28. August selbstbestimmt die Strassen in Zürich genommen. Besammelt haben wir uns auf dem Anna-Göldi-Platz (ehem. Bulligerpaltz). Der Platz wurde am 30. April dieses Jahres umbenannt, um auf die queerfeindliche und patriarchale Gewalt aufmerksam zu machen, die Menschen, wie Anna Göldi, damals wie heute erfahren.
https://barrikade.info/article/4732


Gira Zapatista: «Ihr habt uns nicht erobert»
Zum 500. Jahrestag der kolonialen Unterwerfung des Aztekenreichs besucht eine zapatistische Delegation Europa. Ihr Ziel: grenzüberschreitende Vernetzung und der Blick auf das grosse Ganze. Ein Augenschein im internationalistischen Camp in Basel.
https://www.woz.ch/2135/gira-zapatista/ihr-habt-uns-nicht-erobert


Statement zur Demo gegen Kolonialismus und Ausbeutung
Am Samstag 28.08.21 nahmen wir uns in Basel mit rund 700 Menschen die Strasse, um ein Zeichen gegen die fortgesetzte koloniale Unterdrückung und Ausbeutung und die Rolle der Schweiz zu setzen. Diese Demonstration fand im Rahmen der „Gira Zapatista“ statt. So war auch eine indigene zapatistische Delegation der EZLN aus Mexico an der Demo präsent.
https://barrikade.info/article/4731



bernerzeitung.ch 01.09.2021

Beschwerde wegen DNA-Profil: Sprayer blitzen vor Gericht ab

Eine Frau und ein Mann wehrten sich vergeblich gegen eine DNA-Abnahme. Die beiden waren bei jener Sprayaktion in Bümpliz dabei, bei der eine Frau ums Leben kam.

Michael Bucher

Es war eine Sprayaktion mit tödlichen Folgen: In der Nacht auf den 27. März dieses Jahres ertappte die Polizei beim Bahnhof Bümpliz Nord eine Sprayergruppe, die sich an einer Zugkomposition zu schaffen machte. Als die Gruppe die Polizei entdeckte, ergriffen die Beteiligten die Flucht. Eine Frau sprang dabei über einen Zaun, um über eine mehrere Meter hohe Mauer hinunterzuspringen. Beim Sturz verletzte sich die 29-jährige Schweizerin dermassen schwer, dass sie tags darauf im Spital verstarb.

5000 Franken Schaden

Vom Rest der Sprayergruppe gelang einer Person die Flucht, drei gingen der Polizei ins Netz. Gegen diese laufen derzeit Strafverfahren wegen Sachbeschädigung. 5000 Franken kostete die Reinigung des Zuges schliesslich. Dies geht aus einem aktuellen Obergerichtsentscheid hervor, der dieser Zeitung vorliegt. Das Gericht wurde aktiv, weil sich zwei Beschuldigte dagegen wehrten, dass die Staatsanwaltschaft ein DNA-Profil von ihnen erstellt hatte.

Die Frau und der Mann, die bei ihrer Festnahme Latexhandschuhe trugen, kritisieren, dass die Staatsanwaltschaft eine DNA-Abnahme verfügte, noch bevor klar war, dass auf den bei den Gleisen sichergestellten Spraydosen überhaupt DNA-Spuren zu finden sind. Weiter ziehen sie die Angaben der Polizei in Zweifel, wonach das in der Nacht auf den 27. März erstellte Graffiti in den zwölf Monaten davor an diverse andere Züge und Hauswände gesprayt worden ist. Zudem monieren sie, dass der Polizeirapport, der dies belegen soll, erst nach der DNA-Abnahme erstellt worden ist.

Sprayer als Wiederholungstäter

Die Argumente der beiden Beschuldigten hielten bei der Beschwerdekammer des Obergerichts allerdings nicht stand. Von der Staatsanwaltschaft könne nicht verlangt werden, vor der DNA-Profil-Erstellung zuerst abklären zu lassen, ob abgleichbare DNA-Spuren an den sichergestellten Gegenständen vorhanden seien, hält die Kammer fest.

Dass die Staatsanwaltschaft die DNA-Profile auch erstellen liess, um mögliche vergangene oder künftige Delikte der Beschuldigten nachweisen zu können, empfindet des Gericht ebenfalls als rechtens. Obwohl das Sprayer-Duo nicht vorbestraft ist, stimmt das Gericht der Staatsanwaltschaft zu, wenn diese findet, dass es sich bei Sprayern im Allgemeinen um Wiederholungstäter handle.

Neben der Busse, welche die Frau und der Mann wohl in absehbarer Zeit erhalten werden, müssen sie nun zusätzlich je 1200 Franken Verfahrenskosten bezahlen.
(https://www.bernerzeitung.ch/sprayer-blitzen-vor-gericht-ab-787430975437)


+++KNAST
Décès d’un homme à Champ-Dollon
Le 20 août au matin, une personne détenue a été retrouvée morte dans sa cellule de la prison de Champ-Dollon. Agé de 51 ans, cet homme était incarcéré depuis avril dernier. D’après le communiqué officiel, une enquête aurait été ouverte.
https://renverse.co/infos-locales/article/deces-d-un-homme-a-champ-dollon-3200


+++BIG BROTHER
DNA-Profil-Gesetz mit bedeutenden Anpassungen angenommen
Die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates (RK-S) hat weitgehende Anpassungen am DNA-Profil-Gesetz (20.088) vorgenommen. Sie ist der Ansicht, dass insbesondere die Phänotypisierung und der Suchlauf nach Verwandtschaftsbezug weitgehende Grundrechtseingriffe darstellen und beantragt ihrem Rat deshalb, den Einsatz dieser Methoden auf wenige Delikte zu beschränken.
https://www.parlament.ch/press-releases/Pages/mm-rk-s-2021-09-01.aspx


+++POLICE VD
Exklusiv-Video aus Morges VD: Zürcher (†37) stürmt auf Polizei zu – dann fallen tödliche Schüsse
Nachdem ein Mann in Morges VD von der Polizei erschossen wurde, ist das Thema Polizeigewalt in aller Munde. Ein Video, das Blick exklusiv vorliegt, zeigt nun die ganze Szene. Die Aufnahmen sind happig – aber sie liefern wichtige Erkenntnisse.
https://www.blick.ch/schweiz/westschweiz/exklusiv-video-aus-morges-vd-zuercher-37-stuermt-auf-polizei-dann-fallen-toedliche-schuesse-id16796388.html
-> https://www.20min.ch/story/video-zeigt-wie-polizei-auf-37-jaehrigen-schiesst-343306355079


+++FRAUEN/QUEER
primenews.ch 01.09.2021

«Ehe für alle»-Befürworter beklagen massive Übergriffe

Diskriminierende Sprüche, Fassaden mit Eiern beworfen, Plakate zerstört: Im Raum Basel häufen sich homo­phobe Vorfälle.

von Anja Sciarra

Dass politische Plakate hin und wieder abgerissen oder bekritzelt und verschandelt werden, ist keine Neuheit. Mal werden etwa porträtierten Politikern lustige Schnäuze aufgemalt, mal werden herabsetzende Sprüche hingeschrieben oder die Werbe-Schilder sind kaum mehr erkennbar.

Seit einigen Wochen gilt die Zerstörungswut den «Ehe für alle»-Plakaten, welche am 26. September für ein Ja zur Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare werben. Aber nicht nur das: Auch privat aufgehängte Regenbogen-Flaggen an Haus- und Wohnungsfassaden wurden vermehrt beschädigt oder abgerissen.

Erst Ende August machte eine Person in einem öffentlichen Chat auf dem Nachrichtendienst «Telegram» auf verunstaltete Plakate in Allschwil aufmerksam. In einem angefügten Bild sind zwei Schilder zu sehen. Das eine wurde fast komplett abgerissen, das andere mit Filzstift besudelt.

Eine zweite Userin schrieb: «Bei uns wurde gerade der Balkon mit Eiern beworfen», geteilt mit einem Foto einer verschmierten Scheibe, daneben die Regenbogen-Fahne hängend.

Plakate in Allschwil verschandelt

Eine kurze Fahrt am Mittwochmorgen entlang der Baslerstrasse in Allschwil zeigt: Sämtliche «Ehe für Alle»-Plakate sind auf die eine oder andere Art Opfer von Vandalenakten geworden.

Beim Lindenplatz etwa, wo gleich acht politische Plakate bei der Tramhaltestelle prangen, sind sechs komplett unversehrt – egal, ob sie für oder gegen die 99%-Initiative werben oder für die Verkehrsberuhigung in den Quartierstrassen. Einzig die beiden «Ehe für alle»-Plakate weisen Beschädigungen auf.

Weiter vorne, kurz vor der Haltestelle «Kirche», präsentiert sich dasselbe Bild – aber derber. Ein Plakat, gesponsert von den Grünen Baselland, auf dem ein Männer-Paar abgebildet ist, wurde komplett mit Dreck und Blättern bedeckt und verschmiert. Darunter schimmern aber noch mit schwarzem Filzstift gekritzelt die Wörter «Pädophile» und «Pädos» hervor.

Direkt vis-à-vis steht ein Plakat der Grünliberalen, auf dem ein grosses «Ja Ehe für Alle» prangt, mit Hetero- und Homopärchen in Comicfiguren-Stil aufgedruckt. Auch hier liest man «Niemals», «Fix nid» und «Pädos» – die Pärchen schwarz überschmiert.

Regenbogen-Fahnen beschädigt und entwendet

Auf Anfrage von Prime News bestätigt Juliette Wyss, Ehe für alle Kampagnen-Leiterin in den beiden Basel, den Eindruck: Es komme derzeit zu vielen Sachbeschädigungen.

So seien bei diversen Häusern in der Region die bunten Fahnen abgerissen oder Fenster, wo solche hängen, sogar mit Eiern beworfen worden. Die bunten Banner können gratis bei den Kampagnen-Verantwortlichen bestellt werden.

«Es gab auch schon Versuche, Fahnen in Brand zu setzen. Zum Glück ist das Material feuerfest», sagt Wyss. Nicht nur im Baselbiet, auch in der Stadt sei es schon zu solchen Aktionen gekommen. Genau beziffern könne sie die Vorkommnisse im Raum Basel nicht, da diese oft in den sozialen Medien und in Chat-Gruppen innerhalb der Community geteilt, aber nicht direkt bei der Kampagne gemeldet werden.

Vergangenen Montag thematisierte die nationale Kampagne die Vorkommnisse auch in ihrem Newsletter. «Einen Monat vor der Abstimmung ist unser Wahlkampfmaterial in vielen Fällen beschädigt worden. Von Genf bis Basel, vorbei an Martigny und Zürich, werden unsere Fahnen und Plakate missbraucht und beschädigt», heisst es in der Email. Angefügt sind drei Fotos.

Üble Beschimpf­ungen bei Stand­aktionen

«Diese anonymisierte homophobe Gewalt in Form von Fahnen und Plakate zerstören ist das eine», erklärt Juliette Wyss gegenüber Prime News. Schlimmer seien persönliche Anfeindungen auf offener Strasse. An verschiedenen Standaktionen, welche bereits in Liestal und Basel durchgeführt wurden, würden die Teilnehmenden immer wieder homophobe Sprüche zu hören bekommen.

«An unserer Kreidemalaktion Anfang August wurden wir von vereinzelten Passantinnen und Passanten als ‹Schwanzlutscher› und ‹Muschilecker› beschimpft», erzählt Wyss. Die Kampagnen-Verantwortlichen raten Betroffenen in solchen Situationen ruhig und friedlich zu bleiben, und die Konfrontation zu meiden. Bei verbalen Anfeindungen solle man deeskalierend reagieren, nicht mit Wut.

Wie erklärt sich Wyss diese Übergriffe? «Die queere Community ist momentan aufgrund der Abstimmungs-Kampagne sehr sichtbar. Deshalb spüren wir auch, wie die sonst anonymere Homophobie ebenfalls deutlicher zum Vorschein kommt.»

Die Anfeindungen – seien sie anonym oder auf offener Strasse – machten der LGBTQ+-Community zu schaffen, so Wyss. «Es trifft uns eben persönlich. Denn es handelt sich nicht um Angriffe auf eine politische Meinung, sondern sie richten sich gegen uns als Menschen, gegen unsere Identität.»

Die zunehmenden Material-Beschädigungen würden auch Frustration und Ärger in der Community auslösen. Gleichwohl wolle man, egal was passiert, weiterhin einen offenen und fairen Abstimmungskampf führen und sich bei der Kampagne auf das Positive fokussieren.

«Wir glauben nach wie vor, dass wir in der Mehrheit sind und dass wir diese Abstimmung gewinnen, wenn die Leute zahlreich an die Urne gehen».

Von welchen Kreisen der Vandalismus ausgeht, ist schwer abzuschätzen. Sind es «nur» Jugendliche, welche nach dem Ausgang in pubertärem Leichtsinn ihrer Zerstörungswut freien Lauf lassen? Oder sind es von Schwulen- und Lesbenhass getriebene, gezielte Aktionen?

Dass im erwähnten Beispiel von Allschwil einzig die Ehe für alle-Plakate verunstaltet wurden, spricht für letzteres. Die Eier-Würfe und verbalen Attacken lassen keine Zweifel mehr zu.

Auf welche Summe sich der finanzielle Schaden aufgrund der Materialbeschädigungen beläuft, kann Juliette Wyss als regionale Kampagnen-Verantwortliche nicht abschätzen. Klar sei aber: «Die Abstimmung führt zu mehr sichtbaren homophoben Angriffen».
(https://primenews.ch/articles/2021/09/ehe-fuer-alle-befuerworter-beklagen-massive-uebergriffe)


+++RECHTSPOPULISMUS
Strafverfahren gegen Naveen Hofstetter: Staatsanwaltschaft ermittelt nach üblem Facebook-Post gegen den SVP-Politiker
Bei einem Ja zur «Ehe für alle» könnten afrikanische Flüchtlinge künftig junge Mädchen adoptieren, um sie zu missbrauchen. Wegen dieser Aussage auf Facebook zeigte SP-Aargau-Präsidentin Gabriela Suter den SVP-Politiker Naveen Hofstetter an. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den Hardliner, der in der Geschäftsleitung der Kantonalpartei sitzt.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/strafverfahren-gegen-naveen-hofstetter-staatsanwalt-ermittelt-nach-ueblem-facebook-post-gegen-den-svp-politiker-ld.2181576


+++RECHTSEXTREMISMUS
«Ich war es nicht» – Eric Weber wird Opfer von eigenem Fan
Die Basler Staatsanwaltschaft ermittelt, weil der Basler Skandalpolitiker Eric Weber auf Facebook zur Tötung von Bundesparlamentariern aufgerufen haben soll. Hinter dem Profil steht aber ein Basler Fan des Rechtsextremen.
https://www.20min.ch/story/ich-war-es-nicht-eric-weber-wird-opfer-von-eigenem-fan-937066996935



Rechtsextreme Finanzen: Wohin führen die Spuren des Neonazi-Geldes?
Geschickt verschleiern Rechtsextremisten ihre Geldflüsse. Eine neue Untersuchung zeigt: Große Summen werden strategisch investiert, die Finanzämter sind gefragt.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2021-08/rechtsextremismus-finanzen-geld-nazi-finanzierung-rechte-szene-organisation-investitionen/komplettansicht


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN 2
„Die gewalttätige Szene der #Massnahmengegner mobilisiert für den 05.09. zu einer Demo nach Bern #BE0509. Die Demo richtet sich gegen eine angebliche “Impfapartheid” an der Universität Bern @unibern.“
(https://twitter.com/__investigate__/status/1432946743017156612)


Masken-Demo: 100 Personen protestieren in Aarau gegen die Maskenpflicht an Schulen
Ab der 5. Klasse gilt an den Aargauer Schulen wieder die Maskenpflicht. Für einige Eltern ist dieser Entscheid nicht nachvollziehbar. Deshalb protestieren rund 100 Personen vor dem Aarauer Regierungsgebäude.
https://www.telem1.ch/aktuell/masken-demo-100-personen-protestieren-in-aarau-gegen-die-maskenpflicht-an-schulen-143596330



aargauerzeitung.ch 01.09.2021

100 Maskengegner demonstrieren in Aarau: Markus Häni kündigt Sturm aufs Regierungsgebäude an – und sagt ihn wieder ab

Am gleichen Tag, als der Regierungsrat die Maskenpflicht an den Schulen ab der 5. Klasse wieder einführte, kommt es in Aarau zu einer Kundgebung von Maskengegnern. Die Demonstration beginnt klein und ruhig, entwickelt sich zu einem Umzug mit Trychlern durch die Stadt – und hat einen kritischen Moment.

Fabian Hägler

Als die Aargauer Regierung am Montag mitteilte, dass ab Mittwoch, 1. September, ab der 5. Klasse wieder Maskenpflicht gilt, gab es Lob von Lehrerverbandspräsidentin Kathrin Scholl und Kritik von den beiden SVP-Grossrätinnen Nicole Müller-Boder und Maya Meier. Nur zwei Tage später, als die Maskenpflicht an den Schulen in Kraft trat, gibt es in Aarau eine Protestaktion von Coronaskeptikern und Maskengegnern.

«Spontandemo gegen die erneute Maskenpflicht an Aargauer Schulen» steht auf dem Flyer, den das Aktionsbündnis Aargau-Zürich für eine vernünftige Coronapolitik in seinem Telegram-Kanal publizierte.
-> Flyer: https://img.chmedia.ch/2021/9/1/5594046c-91fe-43e2-bf4a-1d7aa07478c4.jpeg?width=1360&height=1837&fit=crop&quality=75&auto=webp

«Herr Hürzeler, es reicht: Hände weg von unseren Kindern», war auf dem Flyer an die Adresse des Aargauer Bildungsdirektors weiter zu lesen. Das Aktionsbündnis rief dazu auf, um 14 Uhr vor dem Regierungsgebäude in Aarau «ruhig und klar» für die Rechte der Kinder einzustehen. «Bringt eure Botschaften (Banner, Plakate) zum aktuellen Thema mit», hiess es auf dem Flyer. Zudem sollten die Teilnehmenden der Kundgebung «als Zeichen der Trauer» schwarze Kleidung tragen.

Kurz vor 14 Uhr treffen die ersten Demonstrantinnen und Demonstranten auf dem Aargauerplatz vor dem Regierungsgebäude ein. Einige tragen Plakate und Transparente mit Botschaften gegen die Maskenpflicht, ein paar verteilen Informationsblätter und Flyer, ein paar Eltern haben ihre Kinder mitgebracht, die selbstgebastelte Schilder in die Höhe halten.

Anfangs sind es vielleicht 20 Personen, die sich vor dem Regierungsgebäude versammeln, doch nach und nach füllt sich der Platz. Fast eine halbe Stunde lang scheint es allerdings, als würde der Protest tatsächlich ruhig bleiben, wie im Flyer angekündigt: Es gibt keine Reden gegen die Maskenpflicht, keine «Liberté»-Sprechchöre, wie sie sonst bei Coronademos üblich sind – der ganze Anlass wirkt sehr spontan und weitgehend unorganisiert.

Freiheitstrychler ziehen ein, Redner kritisieren Maskenpflicht scharf

Doch nach rund einer halben Stunde ändert sich das Bild: Hinter dem Kunsthaus taucht eine Gruppe Freiheitstrychler auf, die mit ihren Glocken von weitem zu hören sind und an einem Auto der Stadtpolizei Aarau vorbei auf den Platz marschieren. Dort bilden sie einen Kreis und steigern ihr Geläut zu einem ohrenbetäubenden, immer schneller werdenden Stakkato, was die Demonstranten lautstark bejubeln. An der Spitze der Trychler schreitet Markus Häni, Sprecher des Aktionsbündnisses Aargau-Zürich, auf den Regierungsplatz.

Dort ergreift aber zuerst der Coronaskeptiker Christian Rüegg aus Wald ZH das Wort. «Hier im Aargau sitzen Leute in der Regierung, die das Gefühl haben, sie könnten mit uns machen, was sie wollen», ruft er. Unter dem Jubel der Umstehenden sagt Rüegg:  «Unsere Kinder dürfen und wollen keinen Schnuderlumpen im Gesicht haben.»

Dafür müsse die Bevölkerung auf die Strasse gehen und der Regierung klar machen, «dass es nicht geht, solche unsäglichen Massnahmen zu erlassen». Rüegg schliesst mit den Worten, wenn die Regierung dies nicht begreife, müsse man sie eben absetzen und andere Leute müssten an ihre Stelle treten.

Danach wendet sich Häni an die Kundgebungsteilnehmer und sagt: «Nun hat man die Kinder rund zwei Monate in Ruhe gelassen, doch jetzt fängt das mit den Masken wieder an.» Er kritisiert, dass an den Schulen im Aargau geimpft werde und behauptet, in Wohlen habe eine Schülerin die Impfung erhalten, ohne dass ihre Eltern informiert worden seien. Häni ruft die Eltern auf, sich mit Händen und Füssen dagegen zu wehren, dass Kinder ohne ihre Zustimmung geimpft würden.

Häni kritisiert auch Bildungsdirektor Alex Hürzeler, der öffentlich versichert habe, dass im Aargau keine Oberstufenschüler ohne Einverständnis der Eltern geimpft würden. Dieses Versprechen habe Hürzeler gebrochen. Tatsache ist allerdings, dass die mobilen Impfteams bisher erst an Kantons- und Berufsschulen im Aargau präsent sind, an der Oberstufe soll erst im Verlauf des Septembers geimpft werden.

Nach seiner Masken- und Impfkritik kündigt Häni an, man werde durch die Stadt ziehen und der Bevölkerung zeigen, dass es auch Gegner der Coronamassnahmen gebe. «Wir müssen uns wehren und kämpfen», sagt er, und wenn es nötig sei, nach dem Demonstrationszug das Regierungsgebäude stürmen. «Ich bin zuvorderst mit dabei», sagt der ehemalige Lateinlehrer und Mitorganisator der verbotenen Coronademo vom 8. Mai in Aarau unter lautem Jubel der Demonstranten.

Demonstrationszug durch die Altstadt zum Schachenschulhaus

Darauf ergreifen die Trychler ihre Glocken und der Zug setzt sich in Richtung Altstadt in Bewegung. Unterwegs suchen einige Teilnehmer das Gespräch mit Passanten, geben ihnen Flyer ab oder fragen Jugendliche, ob sie gerne Masken tragen. Die rund 100 Personen marschieren schliesslich in Begleitung von Stadt- und Kantonspolizei zum Schachenschulhaus.

Dort hält die Kundgebung und die Demonstranten versuchen, mit Lehrpersonen oder der Schulleitung in Kontakt zu treten. Auf dem Pausenplatz und vor dem Eingang zum Schulhaus wird nochmals lautstark getrychelt, dazu ist der Sprechchor «Friede, Freiheit, das Volk ist souverän» zu hören.

Häni nimmt Aufruf zum Sturm auf das Regierungsgebäude zurück

Doch die Demonstranten müssen unverrichteter Dinge wieder umkehren, es zeigen sich keine Lehrpersonen vor dem Schulhaus. Auf dem gleichen Weg wie zuvor kehrt die Kundgebung auf den Aargauerplatz zurück, wo Markus Häni und die anderen Trychler ihre Glocken erschöpft abstellen und nach ein paar letzten Liberté-Rufen die Kundgebung beenden.

Als die AZ den Sprecher des Aktionsbündnisses auf seinen heiklen Aufruf zur Stürmung des Regierungsgebäudes anspricht, nimmt dieser seine Aussage zurück. «Ich habe mich bei dieser Aussage von meinen Emotionen leiten lassen, sie ist nicht wörtlich zu verstehen.»

Er hätte gerne mit Bildungsdirektor Alex Hürzeler gesprochen und ihm die Forderung überbracht, die Maskenpflicht an Schulen nicht einzuführen, sagt Häni. Hürzeler habe ein Treffen abgelehnt, das Aktionsbündnis halte aber an seiner Forderung fest und werde in den nächsten Tagen das Gespräch mit dem Regierungsrat suchen.

So blieb die Kundgebung letztlich friedlich, der Sturm auf die verschlossenen Türen des Regierungsgebäudes blieb aus. Als symbolische Aktion des Widerstands wurde ein Schild, das auf die Maskenpflicht im Gebäude hinweist, mit einem Schweizer-Kreuz-Kleber überklebt.
(https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/kundgebung-100-maskengegner-demonstrieren-in-aarau-markus-haeni-kuendigt-sturm-aufs-regierungsgebaeude-an-und-sagt-ihn-wieder-ab-ld.2181777)



Thurgauer Regierung zu Coronaskeptikern: «Es gibt kein Anrecht, Blut von Ungeimpften zu erhalten»
Zwei Impf- und Corona-Massnahmengegner im Thurgauer Grossen Rat befürchten körperliche Schäden, wenn Ungeimpfte Blut von Geimpften erhalten. Blut werde in der Regel nur transferiert, wenn dies unumgänglich sei und die Patienten ansonsten sterben würden, entgegnet die Regierung. Die aufgeworfene Frage sei irrelevant, solche Transfusionen hätten keinen Einfluss auf das Blut des Empfängers.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/frauenfeld/corona-thurgauer-regierung-zu-coronaskeptikern-es-gibt-kein-anrecht-blut-von-ungeimpften-zu-erhalten-ld.2181218


Pflegen am Limit: «Menschlicher Abschaum»
Die vierte Welle ist da, die Spitalbetten füllen sich, derweil die Stimmung immer aggressiver wird. Am meisten bekommen die Pfleger*innen ab.
https://bajour.ch/a/PySgidcEoJqW9ydU/aggression-auf-der-notfallstation



Walliser Boter 30.08.2021

Bis zu 200 Teilnehmer
Anti-Corona-Demo in Brig – die Leugner auf dem Abstellgleis

Viel Aufmerksamkeit bekamen die Demonstranten am Samstag nicht. Dank der Routenführung verhallte ihr Protest im leeren Rhonesand.

Martin Meul|Adrien Woeffray

Das Fazit der Anti-Corona-Demo in Brig vom Samstag dürfte aus einer neutralen Warte aus betrachtet wohl lauten: Eine ­clevere Stadtgemeinde liess die Teilnehmer buchstäblich ins Leere laufen.

Schon nach wenigen Hundert Metern Wegstrecke waren die Demonstranten unter sich. Ihre Kundgebung auf dem Zirkusplatz wurde zum realen Sinnbild für die Blase, in der sich viele dieser Menschen sonst in den sozialen Netzwerken bewegen.

Fünf Minuten Ruhm

Als die Teilnehmer der Demonstration sich ab 13 Uhr beim Bahnhof Brig besammelten, schien die Welt für sie noch in Ordnung. Vor allem die sogenannten «Freiheitstrychler» sorgten mit ihren Glocken für ­einiges an Aufmerksamkeit. Wäre es nicht Sommer und wären da nicht die Schilder gewesen, man hätte das Ganze für eine Art Fasnachtsumzug halten können.

Einige Teilnehmer hatten sich verkleidet, als Tell mit Armbrust zum Beispiel, oder trugen kreativ gestaltete Regenschirme mit sich. Kreativ in der Ausführung wie in den Botschaften.

Gegen 14 Uhr waren die Demonstranten abmarsch­bereit, ihre Zahl auf gut 200 ­angewachsen. Den mitgebrachten Fahnen nach stammten die Teilnehmer aus allen Ecken des Landes. Aus St. Gallen, Genf, der Innerschweiz oder Freiburg waren sie angereist, um die Brig-Gliser Bevölkerung wachzurütteln. Natürlich auch aus dem Wallis. Wobei sich die Zahl der Oberwalliser Demonstranten in Grenzen hielt.

Im Demonstrationszug waren Frauen und Männer ver­treten, manche hatten gar ihre Kinder dabei. Die festgelegte Route führte den Tross vom Bahnhof aus in die Belalpstrasse, weiter durch die Rhonesandstrasse in Richtung Zirkusplatz. Auf den ersten paar Hundert Metern säumten noch Zuschauer den Weg der Demonstranten. Sie sahen, wie vorneweg die «Freiheitstrychler» marschierten, gefolgt von weiteren, aber deutlich kleineren Gruppen.

Die Botschaften auf den Plakaten so diffus und divers wie die heterogene Masse, lag der Fokus hier auf der Unterstützung für den umstrittenen Chef der Dienststelle für Berufsbildung Claude Pottier, dort auf der Nein-Parole bei der Abstimmung über das Covid-Gesetz im November. Wieder andere schrieben die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger in Gefahr. Wegen des Bundesrats, wegen der Medien.

Allerdings war die Aufmerksamkeit für die Demonstranten nur von kurzer Dauer. Kaum war der Zug in die Rhonesandstrasse eingebogen, war Schluss mit Zuschauern. Lediglich ein paar wenige Anwohner verfolgten den Umzug. Fünf Minuten Ruhm, mehr war da nicht.

Wie die Polizei erlebte auch der zweifelhafte «Sicherheitsdienst» der «Freiheitstrychler», ein halbes Dutzend Männer in gelben Westen und in Begleitung von Hunden, einen lockeren Nachmittag.

Die Einsamen

Auf dem Zirkusplatz angekommen, waren die Demonstranten dann fast vollständig unter sich.

Zuschauer? Publikum? Fehlanzeige.

Die Stadtgemeinde hatte den Zug durch die Vorgabe der Route ins Leere laufen lassen. Die nahegelegenen Abstell­gleise der SBB: ein Sinnbild.

Richtige Stimmung wollte so nicht aufkommen. Die Demonstranten skandierten zwar kurz: «Friede, Freiheit, das Volk ist souverän», die Trychler sorgten für einen Heidenlärm. Doch das war es auch mit dem lautstarken Teil der Kundgebung auf dem ansonsten ausgestorben wirkenden Platz. Es begannen die Reden. Gilbert Chanton, ein Siderser, wandte sich als Hauptorga­nisator an die Teilnehmer. Es sprach von Jesus, der sich Sor-gen um die Menschen mache. Rief zum Beten auf. Ein russisch-orthodoxer Pater aus Sitten sprach von einem «Krieg, der derzeit stattfindet.» Weitere Redner beschworen die Verfassung und die darin verankerten Grundrechte.

Selbstredend wurden der Bundesrat und seine Massnahmen, das Impfen und die ­Medien verteufelt. Allerdings wollte keine richtige Begeisterung aufkommen. Da die Reden abwechselnd auf Deutsch und Französisch gehalten wurden, erschien die Sprachbarriere fast greifbar. Die schlechte Lautsprecherqualität tat ihr Übriges.

Um die Stimmung etwas aufzulockern, wurden die Reden immer wieder von musikalischen Einlagen unterbrochen. Zweifelhaftes Highlight: ein älterer Herr, der alle vier Strophen des Schweizerpsalms auf einer Panflöte «herunterdudelte». So machte sich unter den Demonstranten Langweile breit. In Grüppchen verliessen sie nach und nach den Platz. Ein Höhepunkt schien nicht erwartbar und trat auch nicht ein.

Ansätze von Aktion gab es lediglich, als eine Gruppe von «Freien Linken», den Platz verliess. Einheimische Linksaktivisten, welche die Veranstaltung aus der Ferne beobachteten, beschimpften diese als «falsche Linke», die sich schämen sollten. Der Versuch, den «Freien Linken» eine Fahne zu entreissen, wurde von der Polizei schnell unterbunden. Die Langweile kehrte zurück.

Gegen 17 Uhr war endgültig Schluss, die Demonstranten zerstreuten sich. Die Stadtgemeinde zog ein positives Fazit. «Keine Zwischenfälle», sagte Stadtschreiberin Ursula Kraft. Zurück blieb ein leerer Zirkusplatz und die Erkenntnis: Als Corona-Leugner hat man es in Brig-Glis nicht leicht.
(https://new.rro.ch/story/anticoronademo-in-brig-die-leugner-auf-dem-abstellgleis/35151)



Walliser Bote 27.08.2021

Corona-Demo in Brig: Aktivisten entlarven das obskure Weltbild von Corona-Leugnerin

Rechtsradikale an der Corona-Demonstration am Samstag in Brig? Angeheftete Judensterne? Für gewisse Oberwalliser ist das kein Problem. So ticken die Corona-Leugner.

Martin Meul

S.I.* will nicht mit der Presse reden. Auf keinen Fall. Der «Walliser Bote», «ein Blättchen», habe sie und ihre Gleichgesinnten schon mal verrissen.

Das schreibt S.I. auf Facebook an Raoul*. In Raoul sieht S.I. einen Gleichgesinnten. Mit ihm zusammen will sie am Samstag gegen die Corona-Massnahmen des Bundes, gegen das Impfen demonstrieren. Für Freiheit, als Patriotin.

Auf dem Flyer, mit dem die Demonstration angekündigt wird, wird versprochen, dass «Patrioten nach Brig» kommen werden. Dazu findet sich ein Hinweis auf eine nationalistische Homepage.

Eingereicht wurde das Gesuch für die Bewilligung für die Demonstration von einem Mann aus Siders. Sein Name: Gilbert Chanton.

Was S.I. indes nicht weiss: den Corona-Skeptiker Raoul gibt es gar nicht. Er ist eine Erfindung. Eine Scheinidentität eines Aktivisten-Kollektivs.

Das Ziel des Kollektivs: einen Blick in das Innenleben der Oberwalliser Corona-Leugner zu gewinnen und sie bloss­zustellen.

Die Mitglieder wollen nach eigenen Angaben verhindern, dass Grundrechte für die Verbreitung von Verschwörungstheorien missbraucht werden.

Unheilige Allianz

Als Anfang der Woche bekannt wird, dass am Samstag in Brig-Glis eine Anti-Corona-Demonstration stattfinden soll, versucht der «Walliser Bote» mit den ­Organisatoren in Kontakt zu ­treten.

Mehrere Namen machen in der Redaktion die Runde, da­runter der von S.I. Interview­anfragen werden verschickt, doch diese werden «dankend» abgelehnt.

Genau diesen Terminus benutzt S.I. einen Tag später im Chat mit Raoul. Die Lokalzeitung habe eine Interviewanfrage geschickt. «Wir haben dankend abgelehnt.» Weil schon mal verrissen worden. Wo und wie genau, darüber schreibt S.I. nichts.

Obwohl S.I. nicht mit der Presse reden will, zu sagen hat sie dennoch viel.

Auf ihrem Facebook-Profil finden sich Dutzende Beiträge zu Themen rund um Corona. S.I. postet fast täglich. Dabei verbreitet sie pseudowissenschaftliche Falschinformationen, Aufrufe zu Demonstrationen, Videos zu vermeintlichen Wunderheilmitteln.

Die Absicht von S.I.: «Die Leute sollen aufwachen.» Sich selbst sieht sie als eine von wenigen Erleuchteten, die das perfide Zusammenspiel von Staat, Pharmaindustrie und Medien durchschaut haben.

Tagelang schreibt S.I. deshalb mit Raoul, dem Aktivisten.

Ihr Chat mit dem Aktivisten offenbart das Innenleben einer Frau, die tief in einer Welt von obskuren Verschwörungstheorien steckt. Das Bild eines Menschen, der zwar selbst kein direkter Rechtsradikaler zu sein scheint, dem aber die Nähe zu solchen Individuen egal ist.

Aktivist Raoul sagt: «Unglaublich, wie leicht es war, ihr Vertrauen zu gewinnen.»

S.I. vertraut Raoul. Schon nach kurzer Zeit offenbart sie ihm, dass die Demonstranten sich am Samstag nicht an die Route halten wollen, die die Stadtgemeinde Brig-Glis für die Kundgebung vorgesehen hat.

Statt vom Bahnhof zum Zirkusplatz im Rhonesand zu ziehen, schwebt ihnen ein Marsch durch die Bahnhofstrasse zum Stadtplatz und dann durch die Furkastrasse vor. Erst danach soll es ins Rhonesand gehen. S.I. schickt Raoul auch eine Karte mit der «neuen» Route. Diese landet postwendend bei der Stadtgemeinde.

Die Behörden reagieren. Ursula Kraft, Stadtschreiberin von Brig-Glis, sagt: «Wir haben die Organisatoren kontaktiert und klargestellt, dass wir keine Abweichung von der vereinbarten Route bewilligen.»

Ein Sicherheitsdispositiv hat die Stadtgemeinde bereits vorgängig aufgestellt. Stadtpolizei und Kantonspolizei sollen für Ordnung sorgen. Wie genau dies aussehen wird, bleibt offen. «Aus taktischen Gründen», sagte Kraft bereits am Montag.

Im weiteren Verlauf des Chats zeigt S.I. aber nicht nur, dass sie die Auflagen der Stadtgemeinde zu ignorieren gedenkt.

Raoul spricht sie darauf an, dass er sich Sorgen um die mögliche Teilnahme von Rechts­radikalen macht.

Ein Fan davon sei sie nicht, schreibt S.I. «Aber wenn sie in dieser Sache auf unserer Seite sind, finde ich es okay.»

Kurze Zeit später liefert die Frau dafür einen weiteren Beweis. Aktivist Raoul schlägt ihr vor, Judensterne mit dem Schriftzug «Ungeimpft» zur Demo mitzubringen. S.I.s Antwort: «Ja, solche Sterne wären gut.»

Raoul sagt: «Irgendwie hat man den Eindruck, dass S.I. gar nicht weiss, was sie da schreibt. Sie wirkt naiv, nicht wie eine überzeugte Rechtsradikale.»

Allerdings: S.I. zeigt, dass sie gewisse rassistische Tendenzen hat.

Vor wenigen Tagen veröffentlichte sie auf der Videoplattform Youtube einen Kurzfilm.

Verstörendes Video

In dem Video mimt S.I. eine aus Osteuropa stammende Frau. Dazu trägt sie eine Verkleidung, die an eine Sinti oder Roma erinnern soll.

S.I., die im Oberwallis als Laiendarstellerin auftritt, spricht in klischeehaft eingefärbtem Deutsch über die «seltsamen» Corona-Bestimmungen in der Schweiz.

Sie echauffiert sich darüber, dass man sich impfen lassen soll, obwohl man gesund ist, stellt die Schutzwirkung der Impfung infrage, bezweifelt die Aussagekraft von Coronatests. S.I. macht sich lustig über schwere Verläufe einer Covid-19-Infektion.

Kernaussage des verstörenden Machwerks: «Wenn man sich gesund fühlt, ist man gesund.»

Das Video, im Hintergrund des «Sets» hängen Bastelarbeiten von Kindern, endet mit einer obskuren Anspielung auf Ausländer, welche den Schweizer Sozialstaat ausnützen wollen. Sein Titel: «Satirisches mit Marushkaa», gesehen haben es knapp 70 Personen.

S.I. hatte für die Figur der «Marushkaa» aber deutlich grössere Pläne. Wie sie Raoul schreibt, sei die Idee gewesen, eine ganze Sendung mitihr auf dem Privatsender TV Oberwallis auszustrahlen. Doch dessen Chef habe kalte Füsse bekommen. «Dem WB sei dank.»

Raoul will wissen, was S.I. damit meint. Sie schreibt: «Der Sender wurde vom ‹Walliser Boten› bedroht.» Man sollte die Medienhäuser stürmen, resümiert S.I. deshalb.

Für Raoul, den Aktivisten, und seine Mitstreiter ist das alles nur schwer verständlich. Er sagt: «Wir sind uns bewusst und haben volles Verständnis, dass es rund um die Corona-Pandemie viele Unsicherheiten und Fragen gibt. Dass das Leid von Tausenden aber lächerlich gemacht wird, verleumdet wird und für einen kruden Zweck instrumentalisiert wird – damit können und wollen wir nicht leben.»

Raouls Aktivisten-Kollektiv, es trägt den Namen von Janus, dem römischen Gott mit den zwei Gesichtern, will aufzeigen, auf wen sich etwaige Mitdemonstrierende am Samstag einlassen.

Er sagt: «Wir wollen zeigen, was für unwissenschaftliche und unreflektierte Standpunkte hinter den Demonstrationen stehen und was für den eigenen Zweck alles billigend in Kauf genommen wird.»

Dafür haben Raoul und seine Leute einiges an Zeit investiert. «Wir bereuen aber keine Minute davon.» Sie seien in verschiedenen Kantonen aktiv und wollten verhindern, dass Verschwörungstheoretiker Grundrechte für ihre Agenda missbrauchten und mit Füssen treten würden.

Morgen wird nun in Brig-Glis demonstriert. S.I. und andere Corona-Leugner hoffen auf bis zu 500 Teilnehmer, die Stadtgemeinde ist auf dieselbe Zahl vorbereitet. Ob es tatsächlich so viele sein werden, wird sich zeigen.

Unabhängig davon: S.I. spricht eine Einladung aus. Falls Raoul sich mit ihr und andern Gleichgesinnten treffen wolle, so sei ein Tea-Room direkt am Briger Stadtplatz der richtige Ort. «Der Wirt hat die gleichen Ansichten wie wir», schreibt die Frau an den Aktivisten.

Eine Interviewanfrage des «Walliser Boten» zu den der Zeitung vorliegenden Chat-Protokollen hat S.I. abgelehnt. Artikel dieser Zeitung auf Facebook zum Thema Corona kommentiert sie aber gerne. Die meisten müssen wegen Verstössen gegen die Regeln für Kommentare gelöscht werden.

*Alle Namen sind der Redaktion bekannt
(https://new.rro.ch/story/aktivisten-entlarven-das-obskure-weltbild-von-coronaleugnerin/34840)