Medienspiegel 31. August 2021

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++SCHWEIZ
Afghanistan: US-Truppenabzug abgeschlossen, Unsicherheit der Zivilbevölkerung bleibt
Die USA haben ihre letzten Soldaten aus Afghanistan abgezogen. Derweil häufen sich Berichte von Fluchtbewegungen Richtung Pakistan. Vor diesem Hintergrund fordert die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH), dass auch die Schweiz sich weiter für sichere Fluchtwege und schnellen Zugang zu fairen Asylverfahren einsetzt.
https://www.fluechtlingshilfe.ch/publikationen/news-und-stories/afghanistan-us-truppenabzug-abgeschlossen-unsicherheit-der-zivilbevoelkerung-bleibt


+++MITTELMEER
14 people dead after more than two weeks at sea
https://alarmphone.org/en/2021/08/31/14-people-dead-after-more-than-two-weeks-at-sea


Interceptions and Death at Sea: Europe’s Answer to Migrant Struggles for Freedom
Alarm Phone Central Mediterranean Analysis, 1 January to 30 June 2021
https://alarmphone.org/en/2021/08/28/interceptions-and-death-at-sea-europes-answer-to-migrant-struggles-for-freedom


+++EUROPA
nzz.ch 31.08.2021

Die EU will Neuauflage der Flüchtlingskrise von 2015 verhindern

Die EU klammert sich an die Hoffnung, dass möglichst viele afghanische Flüchtlinge in der Region bleiben. Dafür will man Nachbarstaaten wie Usbekistan oder Pakistan finanziell unterstützen. Zugleich drängt man in Brüssel darauf, besonders gefährdete Personen nach Europa umzusiedeln.

Daniel Steinvorth, Brüssel

Noch gibt es keine neuen Bilder von Menschen, die über Zäune klettern, in überfüllte Züge steigen oder zu Tausenden auf europäischen Bahnhöfen campieren. Noch ist eine Wiederholung der Ereignisse von 2015, als der Bürgerkrieg in Syrien Hunderttausende in die Flucht trieb, nicht in Sicht. Die angespannte Lage in Afghanistan hat das Schreckgespenst neuer, nicht kontrollierbarer Migrationsströme aufleben lassen. Doch der Weg aus dem Hindukusch nach Europa ist lang und versperrt. Die Taliban kontrollieren das Land und die Grenzen. Zudem haben auch die Nachbarstaaten angekündigt, ihre Grenzen zu Afghanistan abzuriegeln.

Keine Alleingänge mehr?

Dass sich «2015» nicht wiederholen dürfe, wird im deutschen Wahlkampf und in den europäischen Hauptstädten dennoch seit Wochen beschworen. Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron versuchte am Sonntagabend, die Gemüter zu beruhigen. Eine Neuauflage der Flüchtlingskrise sei nicht zu erwarten, erklärte er im Fernsehsender TF 1. «Ich halte die Lage für nicht vergleichbar mit 2015, denn Afghanistan ist nicht Syrien», sagte Macron. Millionen von Afghanen seien zudem schon in den vergangenen Jahren vor Krieg und Terror aus ihrem Land geflüchtet.

In der EU will man gleichwohl auf alle Szenarien vorbereitet sein. Deswegen kommen die Innenminister des Staatenblocks diesen Dienstag zu einem Sondertreffen zusammen. «Das Wiederauftreten unkontrollierter, gross angelegter, illegaler Migrationsbewegungen» wollen die Minister, wie es in einem Erklärungsentwurf heisst, schon im Vorfeld durch eine «koordinierte und geordnete Reaktion» verhindern. Anders als in der Vergangenheit wollen die Mitgliedstaaten also dieses Mal an einem Strang ziehen. Alleingänge wie vor sechs Jahren soll es nicht geben.

Erreichen wollen die Europäer, dass möglichst viele afghanische Flüchtlinge in der Region bleiben. In dem Erklärungsentwurf der Innenminister wird vorgeschlagen, eng mit Nachbarstaaten wie Usbekistan und Pakistan zusammenzuarbeiten und diese finanziell zu unterstützen. Auch die Türkei, die mit EU-Mitteln bereits über 3 Millionen syrische und rund 300 000 afghanische Flüchtlinge beherbergt, ist damit angesprochen – bis jetzt sperrt sich Ankara allerdings gegen die Aufnahme zusätzlicher Migranten. Die EU will zudem die humanitäre Hilfe für Afghanistan aufstocken, von derzeit 57 Millionen Euro für das laufende Jahr auf das Vierfache.

Geht es nach den Vorstellungen der Brüsseler Kommission, sollten allerdings besonders gefährdete Personen auf den Schutz der Europäer hoffen dürfen. Gemeint sind etwa Kinder und Frauen, die unmittelbar bedroht sind, oder bestimmte Berufsgruppen wie Journalisten oder Menschenrechtsaktivisten. Sie könnten von einem Umsiedlungsprogramm des Uno-Flüchtlingshilfswerks UNHCR profitieren, das die Europäische Union unterstützt. «Die EU bezahlt den Mitgliedstaaten 10 000 Euro pro Person im Rahmen der Resettlement-Programme», sagte Christian Wiegand, ein Sprecher der EU-Kommission, der Zeitung «Welt am Sonntag».

Mehr als 80 000 Menschen aus Krisengebieten haben die EU-Staaten seit 2015 im Rahmen des Uno-Programms aufgenommen. In Brüssel wartet man jetzt auf neue Angebote der Mitgliedsländer zur Aufnahme von Flüchtlingen. Doch daran hapert es, da für mehrere EU-Staaten eine Teilnahme an dem Resettlement-Programm nicht mehr infrage kommt. Nicht nur die üblichen Verdächtigen Ungarn oder Polen, sondern auch Österreich und Griechenland lehnen die Aufnahme weiterer Flüchtlinge aus Afghanistan grundsätzlich ab.

Neue Zäune

Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz verweist dabei auf das grosse Kontingent an Afghanen, das sein Land bereits aufgenommen habe. Nach Uno-Angaben leben mehr als 40 000 registrierte afghanische Flüchtlinge in Österreich, innerhalb der EU beherbergt nur Deutschland mehr. Und in Griechenland ist man seit längerem dabei, die Grenze zur Türkei mit zusätzlichen Kilometern an Zaun sowie Thermalkameras und Drohnen auszubauen. Auch die Seegrenzen werden verstärkt von der griechischen Küstenwache und der EU-Grenzschutzagentur Frontex überwacht, um sich gegen unerwünschte Migranten zu wappnen.

Die unterschiedlichen Ansätze erinnern daran, dass die Migration die Achillesferse der EU bleibt. Seit 2015 versucht der Staatenbund erfolglos, ein System zur Entlastung der Erstaufnahmeländer und zur gleichmässigen Verteilung von Asylbewerbern einzurichten. Ein von der EU-Kommission ins Leben gerufener Asyl- und Migrationspakt kommt nicht voran.

Unterdessen forderte der Uno-Hochkommissar Filippo Grandi die Europäer am Montag auf, sich nicht abzuschotten und mehr Verantwortung mit den afghanischen Anrainerstaaten zu teilen, die bereits Millionen von Afghanen aufgenommen hätten. «Die Luftbrücken aus Kabul werden in wenigen Tagen enden, und die Tragödie, die sich abgespielt hat, wird nicht mehr so sichtbar sein. Aber sie wird für Millionen Afghanen immer noch eine tägliche Realität sein. Wir dürfen uns nicht abwenden», schrieb Grandi in einem Statement.
(https://www.nzz.ch/international/eu-will-neuauflage-der-fluechtlingskrise-von-2015-verhindern-ld.1642868)



Afghanistan-Flüchtlinge: EU einigt sich auf verstärkten Grenzschutz
Mithilfe von Frontex, Europol und der Asyl-Agentur EASO wollen die Staaten die Außengrenze gegen illegale Migration absichern. Und potenzielle Terroristen fernhalten.
https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-08/afghanistan-eu-innenminister-aussengrenze-bruessel-fluechtlinge-migration



nzz.ch 31.08.2021

Die EU will sich die Afghanen mit viel Geld vom Leibe halten

In Europa dominiert die Angst vor einer neuen Migrationswelle. Nur das kleine Luxemburg fordert konkrete Zusagen für die Aufnahme afghanischer Flüchtlinge. Die meisten EU-Staaten schotten sich lieber ab und setzen auf Checkbuchdiplomatie.

Daniel Steinvorth, Brüssel

Einer gegen 26: So liess sich die Ausgangslage in Brüssel beschreiben, als die Innen- und Justizminister der EU am Dienstag zu einer Dringlichkeitssitzung zum Thema Afghanistan zusammenkamen. Der eine, das war Jean Asselborn, Luxemburgs sozialdemokratischer Aussenminister. Zuständig im zweitkleinsten Mitgliedstaat auch für Immigration und Asyl. Bekannt dafür, kein Blatt vor den Mund zu nehmen und gegen andere EU-Politiker kräftig auszuteilen.

Austeilen gegen Kurz und Jansa

Als einziger Minister hatte der Luxemburger vor dem Treffen für eine konkrete Zusage der EU zur Aufnahme afghanischer Flüchtlinge geworben: 40 000 bis 50 000 Resettlement-Plätze müsse die Staatengemeinschaft dafür zur Verfügung stellen, forderte Asselborn in einem Interview mit der «Welt». Gegen Regierungschefs wie «Herrn Kurz aus Österreich und Herrn Jansa aus Slowenien», die erklärt hatten, gar keine Flüchtlinge aus Afghanistan aufnehmen zu wollen, müsse Brüssel «Widerstand» leisten. Wer den Afghanen keinen Schutz gewähre, verliere «die Qualität, ein Europäer zu sein».

Scharf wies der österreichische Aussenminister Alexander Schallenberg die Äusserungen Asselborns zurück. Immerhin beherberge sein Land die zweitgrösste Gemeinschaft von Exilafghanen in der EU. «Die tragische Situation in Afghanistan für billigen Populismus zu missbrauchen und die Fehler aus 2015 und 2016 blind zu wiederholen, macht einen noch lange nicht zum guten Europäer», ätzte Schallenberg. Und auch der deutsche Innenminister Horst Seehofer kritisierte, das Grossherzogtum sollte «mehr Rücksicht nehmen auf die Interessen der Hauptaufnahmeländer». Konkrete Zusagen zur Aufnahme afghanischer Flüchtlinge lehnte Seehofer ebenso ab wie die übrigen seiner Amtskollegen.

Hat sich der Wind innerhalb der EU zugunsten der Migrationsskeptiker gedreht? Man sei «auf der Grundlage der bisherigen Erfahrungen» entschlossen, eine Wiederholung von grossen und unkontrollierten Migrationsbewegungen zu verhindern, heisst es in einer am Dienstag verabschiedeten Erklärung der Innenminister, die am Ende auch Asselborn unterschrieb. Angespielt wird damit auf die Flüchtlingskrise von 2015/2016, als Millionen von Migranten, vor allem aus Syrien, in die EU kamen. Um eine ähnliche Entwicklung nach dem Machtwechsel in Afghanistan zu vermeiden, wollen die Europäer sicherstellen, dass Flüchtlinge bereits in der unmittelbaren Nachbarschaft Afghanistans Schutz erhalten.

Übersetzt heisst dies, dass den Anrainer- und Transitstaaten wie Pakistan, Usbekistan oder Tadschikistan grosszügige finanzielle Hilfen versprochen werden. Auch für die internationalen Hilfsorganisationen soll es deutlich mehr Geld geben. «Anreize zur illegalen Migration» müssten hingegen vermieden werden, fordern die Minister. Von der Einrichtung «legaler und sicherer Routen für Schutzbedürftige aus Afghanistan», wie EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen sie im Vorfeld des Treffens gefordert hatte, wollen die Vertreter der Mitgliedstaaten ganz offensichtlich nichts wissen.

Kooperationswillige Schweiz

Sollen also gar keine Afghanen aufgenommen werden? Unterstützung im Rahmen der Resettlement-Programme, heisst es in der Erklärung, könne nur auf freiwilliger Basis geleistet werden. Vorrang sollten dabei Frauen und Kinder aus Afghanistan haben. Für Deutschland erklärte Seehofer, dass zunächst nur Ortskräfte und besonders Schutzbedürftige eine Aufenthaltserlaubnis bekämen. Er halte es nicht für klug, jetzt über Zahlen zu reden, sagte der Innenminister, weil Zahlen «natürlich» eine Anziehungswirkung hätten.

Eine Situation wie 2015 verhindern, den Flüchtlingen vor Ort helfen und ja keine falschen Signale zur Migration setzen – das ist der Ansatz, den auch die Schweiz als Schengen- und Dublin-Staat teilt. Man müsse in Europa zudem gemeinsam gegen Schlepper vorgehen, erklärte Bundesrätin Karin Keller-Sutter, die ebenfalls nach Brüssel gereist war. Über eine mögliche Teilnahme Berns an einem Resettlement-Programm der EU wollte Keller-Sutter nicht spekulieren: Das sei zum jetzigen Zeitpunkt «nicht spruchreif».
(https://www.nzz.ch/international/die-eu-will-sich-mit-viel-geld-die-afghanen-vom-leibe-halten-ld.1643086)


+++JENNISCHE/SINTI/ROMA
Eine Person verletzt: Gerangel zwischen Landwirt und Fahrenden
In Täuffelen kam es am Sonntag zu einem Streit zwischen einem Landwirt und einer Gruppe von Fahrenden. Die Polizei musste intervenieren.
https://www.bernerzeitung.ch/gerangel-zwischen-landwirt-und-fahrenden-460236787875
-> https://www.derbund.ch/polizei-interveniert-bei-gerangel-zwischen-landwirt-und-fahrenden-862428832308
-> https://www.20min.ch/video/fahrende-und-landwirt-geraten-im-kanton-bern-aneinander-305813427988
-> SVP-Hetz-Video vonn Adrian Spahr: https://www.facebook.com/SpahrBE/videos/865249410763748/



Bieler Tagblatt 31.08.2021

Konfrontation eskaliert: Bauern drohen Fahrenden mit Gülle

Am Sonntag ist es beim Oberstufenzentrum Täuffelen zu einem Gerangel zwischen Fahrenden und Landwirten gekommen. Ein Bauer wurde leicht verletzt.

Beat Kuhn

Um etwa 15.15 Uhr ging bei der Kantonspolizei Bern am Sonntag die Meldung ein, dass eine Gruppe von Fahrenden dabei sei, auf ein Feld beim Oberstufenzentrum Täuffelen zu fahren, um dort Station zu machen (das BT berichtete).

Aufgeheizte Stimmung

Wie Joël Regli, Mediensprecher bei der Kantonspolizei Bern, gestern auf Anfrage sagte, ersuchte der Pächter des Landes, das der Burgergemeinde gehört, die Polizei um eine Intervention. Darauf wurde eine Patrouille zum Schauplatz entsandt, die rund zwei Dutzend Gespanne zählte. Die Patrouille habe versucht, die Konfrontation zu deeskalieren, doch zunächst habe sich keine Möglichkeit zu einer Vereinbarung abgezeichnet. Die Stimmung habe sich zunehmend aufgeheizt. «Als ein Bauer mit seinem Traktor samt Anhänger auf das Feld fuhr, kam es zu einem Gerangel.» Bei dem Mann habe es sich allerdings nicht um den Pächter gehandelt.

Auf einem Video, das Adrian Spahr, Co-Parteipräsident der Jungen SVP Kanton Bern, auf seinem Facebook-Account gepostet hat, ist ein Ausschnitt aus diesem Gerangel dokumentiert. Zu sehen ist, wie sich etliche Fahrende aufgebracht um den Traktor herum bewegen und unverständlich durcheinander rufen. Die Polizisten stellen sich schützend vor den Bauern, der sich auf dem Sitz des Traktors befindet. Einer von ihnen hält eine Pfefferspraydose einsatzbereit in der Hand. Gegen Ende des knapp zwei Minuten dauernden Videos ist zu erkennen, dass der Bauer den Motor des Traktors startet. In diesem Moment bricht das Video ab.

Fahrende nun in Bözingen

Eingebettet ist das Video des Jungpolitikers in eine Polemik: «Schweizer Landwirt wird von einer Horde von ausländischen Fahrenden angegriffen», heisst es im Begleittext. «Im Seeland herrscht Anarchie!» Und: «Diese Kriminellen müssen gefunden, ausgeschafft und mit einem Einreiseverbot in die Schweiz belegt werden!»

Laut Regli wurde bei dem Gerangel eine Scheibe der Führerkabine zerstört und der betreffende Bauer leicht verletzt. Der Anhänger sei leer gewesen, der Pfefferspray nicht eingesetzt worden. Schliesslich hätten sich die Fahrenden bereiterklärt, den Platz zu verlassen. Sie hätten sich nach Biel aufgemacht, wo sie am Fritz-Oppliger-Weg in Bözingen Halt gemacht hätten. Dort waren sie auch gestern noch.

Das Nein nicht respektiert

Auch Gemeindepräsident Adrian Hutzli (FDP) war am Sonntagnachmittag vor Ort, und zwar während der ganzen vier Stunden, die das Geschehen gedauert habe. Er sei vom Pächter informiert und gebeten worden, mit den Fahrenden eine Lösung zu suchen. Noch während die Gespanne auf das Feld zwischen Oberstufenzentrum und Fussballplatz gerollt seien, sei auch schon die Polizeipatrouille vorgefahren.

Laut Hutzli boten die drei Chefs der Gruppe dem Pächter eine mittlere vierstellige Summe für die Belegung des Feldes für drei Wochen. Doch der Pächter habe dieses Ansinnen vehement zurückgewiesen und erklärt, dass er dort diese Woche Raps ansäen wolle. Daraufhin hätten die Chefs gekontert, in diesem Fall würden sie ohne Bezahlung drei Wochen dableiben. Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, hätten sie angedroht, insgesamt 500 Gespanne auf das Feld zu stellen.

Hutzli beeilte sich allerdings, hinzuzufügen, dass dies lediglich eine kurzzeitige Zuspitzung gewesen sei. «Insgesamt waren die Fahrenden während der vier Stunden anständig – wenn auch bestimmt.» Man müsse ja berücksichtigen, dass die Fahrenden in einer schwierigen Situation seien, weil ihnen kaum irgendwo ein Platz zur Verfügung gestellt werde.

Scheibenbruch bringt Wende

Zum Gerangel ist es laut Hutzli gekommen, weil der Pächter und die herbeigerufenen weiteren Landwirte – Hutzli: «die Bauern sind gut vernetzt» – Vorbereitungen getroffen hätten, auf dem Feld Gülle auszutragen, um dieses für die Fahrenden unbenutzbar zu machen. Diese Methode sei vor einigen Jahren im Gebiet Moosli angewandt worden, um Fahrende zu vertreiben. Die Polizei habe die Bauern am Sonntag dann aber von dieser Absicht abbringen können. Auch Hutzli hat sich den ganzen Nachmittag vermittelnd engagiert.

Als die Führerkabinen-Scheibe zertrümmert worden sei, habe der Bauer auf dem Traktor eine leichte Blessur erlitten und sei vermutlich auch ziemlich erschrocken, so der Gemeindepräsident. In der Folge seien sich die Fahrenden der Gefahr einer Anzeige bewusst geworden und hätten angeboten, das Feld zu verlassen.

Hutzli lobte den Einsatz der Polizei. Auf dem Höhepunkt der Konfrontation seien auch einmal etwa zwei Dutzend Polizisten vor Ort gewesen, aber sobald sich eine Entspannung abzuzeichnen begonnen habe, habe sie sich bis auf einige wenige Beamte zurückgezogen.

Erinnerungen an 2016

Die Szenen in Täuffelen erinnern an eine Konfrontation im Juni 2016. Damals wollten Fahrende auf einer Wiese bei Hagneck Halt machen. Der Pächter der Wiese forderte sie auf, das Land zu verlassen, doch die Fahrenden machten keine Anstalten, dies zu tun. So rief der der Pächter andere Landwirte zu Hilfe, die mit Traktoren und Güllefässern zu Hilfe kamen. Nach deren eigener Aussage waren sie entschlossen, die Gülle zwischen den Wohnwagen zu verteilen, falls die Fahrenden nicht abziehen würden. Die vor Ort präsente Kantonspolizei konnte diese Eskalation aber verhindern.
(https://www.bielertagblatt.ch/nachrichten/seeland/konfrontation-eskaliert-bauern-drohen-fahrenden-mit-guelle)



Jenischer: «Jeder Durchgangsplatz ist Lebensraum für unser Volk»
Der Durchgangsplatz für Fahrende in der Baselbieter Gemeinde Wittinsburg ist für 1,2 Millionen Franken komplett saniert worden.
https://telebasel.ch/2021/08/31/jenischer-jeder-durchgangsplatz-ist-lebensraum-fuer-unser-volk
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/neu-sanierter-durchgangsplatz-fuer-fahrende-im-oberbaselbiet?partId=12047631


+++GASSE
«Betteltourismus» – In Basel zu Hause
Kaum jemand hat in den letzten 12 Monaten mehr Zeit in der Basler Innenstadt verbracht als die Roma-Bettler*innen. Zeit, für ein ehrliches Basler Fazit aus Sicht der rumänischen Gäste – Trip-Advisor-Style.
https://bajour.ch/a/MM6Uck2Og7IzRJU8/bettlerinnen-in-basel-zu-hause


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
«Ja heisst Ja»: Feministische Demo auf Berner Waisenhausplatz
«Let’s talk about yes»: Unter diesem Motto fand heute Dienstag auf dem Berner Waisenhausplatz eine Kundgebung statt. Nau.ch war live vor Ort.
https://www.nau.ch/news/schweiz/ja-heisst-ja-feministische-demo-auf-berner-waisenhausplatz-65979915


+++POLICE BE
bernerzeitung.ch 31.08.2021

Freispruch vor Obergericht: Folgenreiche Kollision mit rennendem Polizisten

Einer Frau kann nicht nachgewiesen werden, dass sie sich einem Polizisten bei der Verfolgung eines Flüchtenden absichtlich in den Weg gestellt hat.

Hans Ulrich Schaad

Es war längst dunkel an diesem Februarabend 2018 im Raum Schützenmatte und Reitschule. Ein Polizist rannte auf einem Trottoir einer flüchtende Person hinterher. Bei dieser Verfolgung soll sich eine Frau dem Beamten absichtlich in den Weg gestellt haben, indem sie ihren Ellbogen ausgefahren und dem Polizisten einen Schlag verpasst hat. Dabei ist seine Taschenlampe runtergefallen. Die flüchtende Person konnte von zwei anderen Polizisten in der Nähe des ISC angehalten werden.

Dieses «Streifen», wie es in einem aktuellen Urteil des Obergerichts heisst, hatte für die Frau Folgen. Sie wurde angezeigt und im Juli 2019 per Strafbefehl wegen Hinderung einer Amtshandlung verurteilt. Das Regionalgericht Bern-Mittelland bestätigte das Verdikt im September 2020 und verhängte eine Geldstrafe von 5 Tagessätzen à 40 Franken. Weil die Frau das Urteil weitergezogen hatte, musste sich nun das Obergericht mit diesem Februarabend vor dreieinhalb Jahren beschäftigen. Und es versuchte, Licht ins Dunkel zu bringen.

Aussagen der Beschuldigten sind stimmig

Die Frau bestritt den Vorwurf bei sämtlichen Einvernahmen. Sie sei auf der Neubrückstrasse in die gleiche Richtung unterwegs gewesen wie der Polizist. Sie sprach nicht von einem direkten Hineinrennen, sondern von einem Touchieren. Sie begründete auch, warum sie weitergegangen sei und die Anhaltung der Person beobachtet habe: Sie berichte überall über Menschenrechtsverletzungen. Es sei ihr sehr unangenehm gewesen, als sie von der Polizei kontrolliert worden sei.

Für das Obergericht sind die Aussagen der Beschuldigten «detailliert, stimmig, konstant» und damit glaubhaft. Der geschilderte Ablauf sei logisch nachvollziehbar und enthalte keine Lügensignale.

Verschiedene Versionen

Der Polizist hingegen machte im Laufe der Zeit unterschiedliche Angaben zum Verhalten der Frau. Sein Vorwurf variierte in einer ersten Einvernahme zwischen einem Schlag und einem Schubsen mit dem rechten Ellbogen. Über ein Jahr später bei der Staatsanwaltschaft sprach er davon, dass die Frau ihm extra den Weg versperren wollte. Auch vor dem Regionalgericht schwankte seine Aussage.

Dieses schloss aber einen zufälligen oder versehentlichen Zusammenstoss aus, weil das Trottoir an dieser Stelle mehrere Meter breit ist. Der Polizist wäre sonst zweifellos an der Frau vorbeigerannt.

Im Zweifel für die Angeklagte

Das Obergericht gewichtet die Aussagen der Beteiligten anders. Es geht nicht von einer bewussten Falschanzeige des Polizisten aus, weil es zum Zeitpunkt des Vorfalls schon dunkel war, die Sichtverhältnisse schlecht. Der Polizist hatte den Fokus auf den Flüchtenden gerichtet. «Bei einem derart dynamischen Geschehen sind von keinem Zeugen (auch nicht von Polizisten) präzise Wahrnehmungen zu erwarten.»

Ein zufälliger Zusammenstoss könne nicht ausgeschlossen werden, folgert das Gericht. Damit sei der genaue Vorfall nicht abschliessend zu rekonstruieren. Es verblieben «erhebliche und nicht zu unterdrückende Zweifel», dass sich die Frau dem Polizisten absichtlich in den Weg gestellt hatte. Deshalb wird die Beschuldigte freigesprochen.

Der Kanton bezahlt die Rechnung

Bereits vor dem Regionalgericht war die Frau von Vorwürfen bei zwei anderen Vorfällen (Landfriedensbruch, Ungehorsam gegen amtliche Verfügung. Gewalt und Drohung gegen Behörde und Beamte) freigesprochen worden. Diese waren zum Teil verjährt. Mit dem Freispruch vor Obergericht entfallen nun sämtliche Verfahrenskosten in der Höhe von 4500 Franken auf den Kanton. Zudem muss der Kanton die Anwaltskosten der Frau von gut 7700 Franken übernehmen.
(https://www.bernerzeitung.ch/folgenreiche-kollision-mit-rennendem-polizisten-997794222209)


+++POLICE VD
Erschossener in Morges VD: «Er lag gut fünf Minuten auf dem Bauch»
Ein Mann wurde in Morges VD von einem Polizisten erschossen. Zeugen berichten, dass der Mann nicht sofort Hilfe erhielt. Die Ermittlungen laufen.
https://www.20min.ch/story/er-lag-gut-fuenf-minuten-auf-dem-bauch-882718491253


Polizei erschiesst Mann (37) am Bahnhof in Morges
Im Bahnhof Morges VD ist am Montagabend ein Mann bei einem Polizeieinsatz ums Leben gekommen. Ein Polizist gab Schüsse ab, weil er sich durch den 37-jährigen Schweizer bedroht gefühlt hatte.
https://www.watson.ch/schweiz/polizeirapport/886772214-polizei-erschiesst-mann-37-am-bahnhof-in-morges
-> https://www.blick.ch/schweiz/westschweiz/schon-vor-einem-jahr-gabs-am-bahnhof-in-morges-vd-toedliches-drama-messer-droher-in-morges-vd-von-polizei-erschossen-id16795070.html


+++RECHTSPOPULISMUS
Unschöner Angriff: Aargauer SVP-Politiker bezeichnet Blick-Chefredaktor Dorer als Faschist
In knapp einem Monat möchte Steven Schraner in den Würenloser Gemeinderat gewählt werden. Der SVP-Politiker sorgt mit einem Facebook-Eintrag für Aufsehen. Er bezeichnet in den Sozialen-Medien den Blick Chef-Redaktor Cristian Dorer als Faschisten.
https://www.telem1.ch/aktuell/unschoener-angriff-aargauer-svp-politiker-bezeichnet-blick-chefredaktor-dorer-als-faschist-143584513


+++RECHTSEXTREMISMUS
Walliser Bote 31.08.2021

SVP-Politiker pflegen Verbindungen ins rechtsextreme Milieu

Mindestens drei Mitglieder der Jungpartei engagierten sichfür die «Militants suisses».

pac

Rassistische Beleidigungen, fremdenfeindliche und gewaltverherrlichende Inhalte: Letzten November entstand in der Westschweiz eine rechtsextreme Gruppe, die sich «Militants suisses» nennt. Die Beweggründe für die Gründung der Gruppe lieferten die «Militants suisses» damals auf dem Onlinedienst Instagram: Angesichts des Terrors, unter dem Europa leide, wolle man sich erheben. Gegen die Islamisierung, gegen «Gesindel», gegen Gutmenschen der Linken.

Mindestens fünf Monate lang ist die Bewegung auf sozialen Medien aktiv, dann verschwindet sie wieder vom Radar. Ob sie heute noch in irgendeiner Form aktiv ist, ist nicht bekannt.

Gewählte Politikerin organisiert die Aufkleber

Von Beginn an mit dabei: Ein Mitglied der jungen SVP Unterwallis (JSVPU). So berichtet es der «Nouvelliste» in seiner Dienstagsausgabe. Einen Tag nach Gründung der Bewegung soll der junge Politiker auf seinen Online-Profilen einen Aufruf veröffentlicht haben. Man gründe nun eine Bewegung, auf dass die Schweiz nicht wie Frankreich falle.

Gegenüber der Unterwalliser Zeitung bestätigt der junge Mann diesen Sachverhalt, will sich aber nicht weiter dazu äussern.

Indes sind es mindestens drei Mitglieder der JSVPU, die bei den «Militants suisses» aktiv waren oder sind. Eine Jungpolitikerin erscheint in einem Video der Bewegung, bei einer weiteren handelt es sich gar um eine gewählte Generalrätin: Marion Vergères politisiert im Stadtparlament von Sitten. Für die Gruppe «Militants suisses» organisiert(e) sie Aufkleber mit rechtsnationalen Inhalten.

Fremdenfeindliche Botschaften

Gegenüber dem «Nouvelliste» sagt Vergères, wenn sie sich richtig erinnere, habe sie damals Aufkleber mit Informationen über Gefängnisstatistiken geordert. Tatsächlich sind im Mittelwallis und im Chablais zu Beginn des Jahres vermehrt Aufkleber und Flugblätter mit höchst problematischen Inhalten festgestellt worden.

Vergères Aussage dürfte sich dabei auf einen Aufkleber bezogen haben mit der Botschaft «In der Schweiz sind 70 Prozent der Gefängnisinsassen Ausländer. Wer bezahlt den Aufenthalt? Ihr».

Die Jungpolitikerin sieht darin kein Problem: Es handle sich um eine legitime Sorge, welche die SVP bereits seit Jahren beschäftige, sagt sie gegenüber dem «Nouvelliste».

Andere Aufkleber sind in einem ähnlichen Tonfall gehalten: «Ein Land, vier Nationalsprachen, deine ist nicht dabei», oder – sinngemäss – «Ich liebe meine Schweiz. Deine barbarische Kultur brauchen wir hier nicht».

Marion Vergères sagt dazu, dass sie sich von diskriminierenden Inhalten distanziere. Sie habe an den Konversationen der «Militants suisses» nicht teilgenommen, sondern sie lediglich aus der Ferne verfolgt. Und fügt an: Extremismus sei gefährlich, sowohl von links als auch von rechts.

 «Militants suisses» sehen sich als Opfer

Nebst den öffentlichen Botschaften pflegen gemäss «Nouvelliste» zudem mehrere Mitglieder der «Militants suisses» Kontakte zur rechtsextremistischen Gruppe «Néonazi Radikal Sion/Swastiklan Wallis». Protokolle der Nachrichten, die hier ausgetauscht werden, liegen dem «Nouvelliste» vor. Sie sind noch weit drastischer als die Botschaften auf den Aufklebern. Auf einen Abdruck wird deshalb hier verzichtet.

Derweil erklären Mitglieder der «Militants suisses» gegenüber der Unterwalliser Zeitung, sie seien hereingelegt worden. Von Linksextremen, die sich ebenfalls auf der Online-Plattform registriert hätten. Diese hätten die rassistischen Botschaften selbst geschrieben, um die Chatprotokolle daraufhin an die Medien weiterzuleiten…

Die JSVPU und ihre Verbindungen ins extreme Milieu

Derweil stellen die Verstrickungen einiger JSVPU-Mitglieder mit den «Militants suisses» nicht die einzige Verbandelung von Parteimitgliedern mit dem rechtsextremen Milieu dar. Vor einiger Zeit tauchte ein Foto eines jungen Mannes mit eindeutig tätowiertem Oberkörper auf. Der Mann war bis letztes Jahr Mitglied der JSVPU und gemäss «Nouvelliste» (nur) einer in einer ganzen Liste von Parteimitgliedern, die Beziehungen in Milieus pflegen, welche unter die Antirassismusstrafnorm fallen.

Hat die JSVPU also ein Problem mit rechtsextremem Gedankengut? Léonard Martin, Parteipräsident, verneint dies. Es handle sich um eine Minderheit, die so denke. In der Linken gebe es dasselbe Phänomen, was aber nie thematisiert werde. Und er sagt: «Wenn wir Probleme feststellen, regeln wir das intern.»
(https://new.rro.ch/story/svppolitiker-pflegen-verbindungen-ins-rechtsextreme-milieu/35414)



Walliser Bote 31.08.2021

Kommentar

Für die junge SVPU gibts nur eine Lösung

Fabio Pacozzi

Eigentlich ist es unschön, die Verbindungen einiger junger Unterwalliser SVP-Politiker ins rechtsextreme Milieu mit ihrer Parteizugehörigkeit zu assoziieren. Dennoch muss die Verbindung hier herausgestrichen werden. Denn rechtsextreme Gewalt ist politisch motivierte Gewalt.

Der Präsident der jungen SVPU jammert, dass jeweils nur die Verbandelungen der SVP ins rechtsextreme Milieu thematisiert würden, während die Linke fein raus sei. Das ist auf zweierlei Ebenen falsch. Erstens ist es unwürdig, von den eigenen Problemen abzulenken, indem man mit dem Finger auf andere zeigt. Das Problem besteht, egal ob es anderswo ebenfalls stinkt.

Und zweitens stinkt es anderswo eben nicht – oder viel weniger. Die hierarchische Ordnung eines Parteiensystems lässt sich kaum mit der Idee des Anarchismus – keine Herrschaft – in Einklang bringen. Linke Chaoten dürften daher selten bis nie bei der SP politisieren. Oder anders gesagt: Natürlich existiert auch linksextreme Gewalt. Nur ist sie eben viel weniger mit einer bestimmten Partei verbandelt.

Für die junge SVP Unterwallis kann es jetzt nur eine gangbare Lösung geben: Sich in aller Form und vor allem glaubhaft von extremem Gedankengut zu distanzieren – und bei ihren Mitgliedern eine Nulltoleranzpolitik durchzusetzen. Tut sie dies nicht, muss sich die Partei spätestens ab jetzt den Vorwurf gefallen lassen, Rechtsextremismus stillschweigend zu tolerieren. Eine Ungeheuerlichkeit.
(https://new.rro.ch/story/f%C3%BCr-die-junge-svpu-gibts-nur-eine-l%C3%B6sung/35413)



«Bundeshaus stürmen, alle Politiker töten»Dubioser Mordaufruf – Eric Weber bestreitet Autorschaft
Im Internet kursiert ein Mordaufruf, der angeblich vom Basler Rechtsaussenpolitiker veröffentlicht wurde. Weber sieht sich als Opfer von Netzaktivisten. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.
https://www.bazonline.ch/dubioser-mordaufruf-eric-weber-bestreitet-autorschaft-338394951128
-> https://www.onlinereports.ch/News.117+M594c4364d44.0.html


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Coronavirus: Skeptikern droht für Telegram-Wut drei Jahre Haft
Streitereien rund um das Coronavirus erhitzen die Gemüter. In den Chats der Skeptiker kommt es immer wieder zu Drohungen. Das nimmt die Polizei ernst.
https://www.nau.ch/news/schweiz/coronavirus-skeptikern-droht-fur-telegram-wut-drei-jahre-haft-65991965