Medienspiegel 29. August 2021

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++SPANIEN
Baskischer Grenzfluss Bidasoa wird zur tödlichen Falle
Angesichts verschärfter Kontrollen an der Grenze nehmen Migranten auf dem Weg nach Frankreich die gefährliche Route im Norden Spaniens und riskieren dabei ihr Leben
Im Baskenland waren innerhalb weniger Monate drei tote Migranten an der Grenze von Spanien und Frankreich zu beklagen. Ein Netzwerk unterstützt die Flüchtlinge und kritisiert das inhumane Grenzregime.
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1156073.fluchtrouten-baskischer-grenzfluss-bidasoa-wird-zur-toedlichen-falle.html


Leid und Verzweiflung
Der Aktivist Gari Garaialde macht die französische Politik für Tragödien an der Grenze in Irun verantwortlich
»Etwa seit Mitte 2018 trafen in Irun immer mehr ‘illegale’ Migranten und Flüchtlinge ein, um hier über die Grenze nach Frankreich zu gehen«, erzählt der Aktivist Gari Garaialde. Er macht die französische Politik für Tragödien an der Grenze verantwortlich.
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1156072.franzoesische-fluechtingspolitik-leid-und-verzweiflung.html


+++MITTELMEER
Nach SPIEGEL-Enthüllungen zu Pushbacks: EU-Kommission blockiert Zahlungen an griechische Küstenwache
Griechische Grenzbeamte setzen Asylsuchende in der Ägäis systematisch auf dem Meer aus. Nun reagiert die EU-Kommission: Sie will für die brutalen Operationen zumindest nicht bezahlen.
https://www.spiegel.de/ausland/pushbacks-von-fluechtlingen-eu-kommission-kuerzt-griechischer-kuestenwache-das-geld-a-028e8f42-cb75-41b9-97dd-bc28add93967
-> https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-08/griechenland-kuestenwache-pushbacks-eu-zahlungen-blockiert-fluechtlinge


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Basel BS: Kurzer Mitteleinsatz wegen unbewilligter Demonstration
Teilnehmende einer unbewilligten Demonstration wollten sich am späten Samstagnachmittag den Zugang in die Spiegelgasse erzwingen. Die Polizei stand im Einsatz.
https://www.nau.ch/ort/basel/basel-bs-kurzer-mitteleinsatz-wegen-unbewilligter-demonstration-65991708
-> https://www.bazonline.ch/vogelgrippe-breitet-sich-in-loerrach-aus-177714431135
-> https://www.onlinereports.ch/News.117+M5ba7e6bcb4d.0.html
-> https://telebasel.ch/telebasel-news/?channel=15881 (ab 03:34)
-> https://twitter.com/RegulaSterchi/status/1431616817726992385
-> https://twitter.com/ag_bern/status/1431617241259417601
-> https://twitter.com/girazapatistabs
-> https://twitter.com/RegulaSterchi/status/1431618720074539015
-> https://twitter.com/RegulaSterchi/status/1431639698414391301
-> https://twitter.com/girazapatistabs/status/1431623845388210182
-> Demoaufruf: https://barrikade.info/article/4719


An der Pride in Biel nehmen zwar nicht so viele Leute teil wie erwartet, aber die Organisatoren sind dennoch zufrieden.
https://www.telebielingue.ch/de/sendungen/info/2021-08-29


+++KNAST
primenews.ch 29.08.2021

Der Waaghof-Gefängnis­leiter duckt sich weg

Nach Aufseher-Prozess wegen Suizid wird gemauert. Das passt zur Kommunikation beim Justiz- und Sicher­heits­departement.

von Christian Keller

Nach dem Gerichtsprozess gegen vier Waaghof-Mitarbeitende im Zusammenhang mit dem tragischen Suizid einer Insassin – für alle Beschuldigten gab es einen Freispruch (Prime News  berichtete) – stellen sich gewichtige Fragen mit dringendem Aufklärungsbedarf.

Es geht darum, was sich tagtäglich hinter den Mauern an der Inneren Margarethenstrasse abspielt. Im Vordergrund stehen dabei insbesondere die Standards, die in dem Untersuchungsgefängnis gelten, sowie die Qualität der Ausbildung und Schulung.

Die drei Aufseher und die Aufseherin hatten vor Gericht die haarsträubende Aussage gemacht, bis zum tragischen Vorfall im Jahr 2018 nie eine Schulung in Suizidprävention erhalten zu haben. Ausserdem würden Erste-Hilfe-Massnahmen nur rudimentär ausgebildet. Wiederholungskurse gäbe es höchstens in den Ansätzen.

Sind diese eklatanten Defizite – sofern die Behauptungen zutreffen – ein Mitgrund, weshalb die Waaghof-Mitarbeitenden im 2018 die abgewiesene Asylsuchende 13 Minuten am Boden liegen liessen, nachdem sie die Frau am Strang hängend in ihrer Zelle aufgefunden hatten?

Und wie geht es weiter mit den betroffenen Angestellten, die zwar vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung durch Unterlassen freigesprochen wurden, jedoch laut Gericht ihre Sorgfaltspflicht klar verletzt haben? Können sie ihren Job behalten? Für Gerichtspräsident Dominik Kiener keine Notwendigkeit, wie er bei der mündlichen Urteilsverkündung ausführte: Trotz aller Versäumnisse bestehe kein Grund, an der Berufsqualität der Angestellten zu zweifeln.

Schweigen statt Transparenz

Das für das Untersuchungsgefängnis Waaghof verantwortliche Justiz- und Sicherheitsdepartement (JSD), seit Februar 2021 unter der Führung von LDP-Regierungsrätin Stephanie Eymann, will sich zu all diesen Punkten nicht äussern.

Bezüglich allfälligen personalrechtlichen Konsequenzen ist das nachvollziehbar, zumal das Urteil noch nicht rechtskräftig ist und von Staatsanwaltschaft oder Verteidigung an die nächste Instanz weitergezogen werden kann.

«Aufgrund der Schilderungen, die wir den Medienberichten entnommen haben, müsste nach Erwachsen in Rechtskraft geprüft werden, ob personalrechtliche Massnahmen getroffen werden», erklärt JSD-Sprecher Toprak Yerguz.

Doch auch zu den Zuständen im Waaghof – und das ist irritierend – blockt das JSD ab. Prime News hatte um ein Interview mit Waaghof-Leiter Christian Kreidler angefragt. Wer, wenn nicht er, hätte nun die Aufgabe, ja die Pflicht, transparent zu den erwähnten Sachverhalten Auskunft zu geben?

Der Strafvollzug ist ein hochsensibles Gebiet staatlicher Tätigkeit. Zweifel an der Kompetenz und Integrität des Gefängnispersonals darf es zu keinem Zeitpunkt geben. Das ist Gift in einem Rechtsstaat. Die Öffentlichkeit hat deshalb umso mehr ein Recht auf Antworten.

Fragwürdiges Argument

Statt sich den Fragen von Prime News zu stellen, duckt sich Gefängnisleiter Christian Kreidler jedoch weg. Der Grund, so lässt er über JSD-Sprecher Toprak Yerguz ausrichten, sei eine Strafanzeige, welche von Rechtsanwalt Andreas Noll eingereicht wurde.

Noll gehört zum Verteidiger-Team der Waaghof-Mitarbeitenden, die sich vor Gericht verantworten mussten. Beim Prozess warf er der Gefängnisleitung vor, im Umgang mit Suizidversuchen «komplett falsche Handlungsanweisungen» zu erteilen. Erst letztes Jahr sei das Sicherheitskonzept im Waaghof angepasst worden. Darum müssten in erster Linie nicht die «Leute an der Front» sondern ihre Chefs strafrechtlich belangt werden.

Aufgrund der hängigen Strafanzeige könne sich das JSD respektive der Waaghof-Leiter «nur zurückhaltend zum Thema äussern», erklärt Yerguz gegenüber Prime News. «Wir halten jedoch fest, dass das Gericht laut Medienberichten in seinem Urteil das Ausbildungsniveau explizit nicht als Grund für die Verletzung der Sorgfaltspflicht sieht.»

Vernichtendes Fazit des Straf­gerichts

Es wäre wohl besser gewesen, wenn eine Amtsperson aus dem JSD dem Prozess beigewohnt hätte. Denn Gerichtspräsident Dominik Kiener hatte zum Ausdruck gebracht, dass es nicht Aufgabe des Gerichts sei, die Arbeits- und Schulungsprozesse im Waaghof zu untersuchen.

Diese Aspekte spielten keine Rolle, weil «elementare, ja banale» Erste-Hilfe-Massnahmen auch ohne spezifische Ausbildung erwartet werden könnten. Und diese hätten die Angeklagten nicht vorgenommen und damit ihre Sorgfaltspflicht verletzt, so Kiener. Er sprach von einem «Versagen des Staates, der Justiz und des Strafvollzugsystems».

Obwohl also ein Strafgericht zu einem solch vernichtenden Fazit kommt, obwohl viele Punkte zum Untersuchungsgefängnis Waaghof im Dunkeln bleiben, zeigt das JSD kein Interesse daran, gegenüber der Öffentlichkeit Rechenschaft abzulegen. Stattdessen wird gemauert.

Befremdliche Kommunikations-Strategie

Dieses Kommunikations-Verhalten erscheint fragwürdig. Denn wenn es um Selbstinszenierung und Propaganda geht, erweist sich das JSD als Spitzenreiter unter den Basler Departementen.

Für 9’000 Franken wurde unlängst ein professioneller Podcast zu Velodiebstählen produziert, in dem sich die Beamten selber unkritische Fragen stellen und im besten Licht präsentieren (Prime News  berichtete). Die Botschaft: Alles super, alles bestens.

Bei unschönen Vorkommnissen, die dem «Wir haben alles im Griff»-Image schaden könnten, herrscht hingegen in aller Regel eisernes Schweigen. So wollte Prime News nach dem  Tötungsdelikt beim Lysbüchelplatz vom JSD wissen, ob es an dem Ort in den vorangegangenen Wochen zu Polizeieinsätzen gekommen war und ob der Abschnitt bekannt ist für illegale Partys unter Jugendlichen.

Eine Antwort erhielten wir nicht, da es sich um «ein laufendes Verfahren» handle – eine Begründung, die ausser dem JSD wohl niemand nachvollziehen kann. Was gibt es zu verbergen? Und auch jetzt beim Waaghof-Debakel wird wieder ein «laufendes Verfahren» herangezogen, um sich aus der Verantwortung zu stehlen.

Wahrscheinlich folgt bald ein mit Steuergeld finanzierter JSD-Podcast, in dem wir erfahren, dass im Untersuchungsgefängnis Waaghof hervorragende Arbeit geleistet wird.
(https://primenews.ch/articles/2021/08/der-waaghof-gefaengnisleiter-duckt-sich-weg)


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Coronavirus: Skeptiker werfen Kritiker aus Telegram-Chats
Kritiker der Massnahmen gegen das Coronavirus verbünden sich über Telegram. Andersdenkende sind da nicht willkommen.
https://www.nau.ch/news/schweiz/coronavirus-skeptiker-werfen-kritiker-aus-telegram-chats-65987829



NZZ am Sonntag 29.08.2021

Geheimdienst warnt vor Anschlägen auf Impfzentren

Impfzentren und Impfstofftransporte seien gefährdet, schreibt der NDB. Mit ein Grund: Das Medienecho nach einem Anschlag wäre riesig.

Andrea Kučera

Eigentlich zielte die Anfrage beim Nachrichtendienst des Bundes (NDB) auf etwas ganz anderes: Wie sich der Machtwechsel in Afghanistan auf die Sicherheitslage in der Schweiz auswirken werde, wollte die «NZZ am Sonntag» wissen. Doch dann warnte der NDB in seiner Antwort überraschend vor Angriffen auf die Impf-Infrastruktur.

Die Machtübernahme durch die Taliban ändere nichts an der Einschätzung der Terrorbedrohung, schreibt der NDB. «Diese bleibt erhöht.» Gefahr gehe vor allem von jihadistischen Kreisen aus. Die Schweiz gehöre zur westlichen Welt und stelle damit für Jihadisten ein legitimes Ziel dar. Gemäss NDB sind Anschläge von Einzeltätern oder Kleingruppen auf weiche Ziele wie Verkehrseinrichtungen oder Menschenansammlungen, die mit geringem logistischem Aufwand ausgeführt werden können, gegenwärtig die wahrscheinlichste Bedrohung.

Dann wird der Nachrichtendienst auf einmal konkret: «Angriffsziele könnten auch die Covid-19-Impfzentren sowie Impfstofftransporte und Impfstoffhersteller sein», schreibt Sprecherin Isabelle Graber. Sie begründet auch, was diese Infrastruktur für Terroristen interessant macht: «Anschläge auf solche Ziele würden sowohl grössere Menschenansammlungen treffen als auch intensive Medienberichterstattung hervorrufen.» Und sie relativiert: «Konkrete Hinweise liegen dem NDB nicht vor.»

Als im letzten Dezember bekannt wurde, dass die Armee für die Impfstofflogistik zuständig sein wird, rief das auch Kritiker auf den Plan. «Wer will solche Impfstofftransporte überfallen oder stehlen?», fragte Benjamin Giezendanner, Chef der gleichnamigen Logistikfirma, in der «Handelszeitung» rhetorisch.

Jetzt zeigt sich: Es gibt gute Gründe, weshalb der Impfstoff vor der Lieferung an die Kantone «in gut geschützten Infrastrukturen der Armee» gelagert wird, wie der Chef der Armeeapotheke damals bekanntgab. Wo sich die Lager befinden, ist geheim. Und es hat seinen Grund, wenn am Eingang der Impfzentren private Sicherheitsleute stehen. Erstmals benennt der NDB die Terrorgefahr in Bezug auf die Impfkampagne öffentlich und explizit.

Gefahr von zwei Seiten

Doch wie gelangt der Nachrichtendienst zu seiner Einschätzung? Und droht die Gefahr nur von radikal-islamistischer oder auch von impfkritischer Seite? Schliesslich stand bis jetzt im Zusammenhang mit der Sicherheit der Impfinfrastruktur vor allem letztere Gruppe im Fokus: Als das deutsche Bundeskriminalamt im Dezember vor Angriffen auf Impfzentren warnte, nannte es gemäss deutschen Medien radikale Gegner der Pandemiemassnahmen als potenzielle Gefahr. Und es waren zwei Impfskeptiker, die im April mit Molotow-Cocktails einen Brandanschlag auf ein Impfzentrum in der norditalienischen Stadt Brescia verübten.

Auf Nachfrage begründet NDB-Sprecherin Graber die Warnung nicht weiter. Auch bei der Armee gibt man sich bedeckt. «Alle beteiligten Partner führen in enger Absprache laufend eine Risiko- und Bedrohungsanalyse durch, somit ist gewährleistet, dass der Schutz des Impfstoffes entsprechend der aktuellen Bedrohung sichergestellt wird», schreibt Sprecher Stefan Hofer.

Und wie stellt sich Lonza zur Terrorgefahr? Der Pharmakonzern stellt im Wallis Bestandteile des Moderna-Impfstoffs her und könnte somit gemäss NDB ebenfalls ins Visier geraten. «Wir kommentieren solch sensitive Themen nicht», heisst es in Visp.

Wenig Impfstoff an Lager

Expliziter wird der Sprecher des Berner Gesundheitsamtes. Aus Sicherheitsgründen lagere man in den Zentren nur so viel Impfstoff, wie pro Tag benötigt werde, sagt Gundekar Giebel. Die Impfzentren und der mobile Impf-Truck würden von privaten Sicherheitsleuten bewacht.

Mit mobilen Impfbussen unterwegs ist neuerdings auch die Zürcher Gesundheitsdirektion. Und sie hat bereits einschlägige Erfahrungen gemacht: Bei der Einweihung des Angebots vor einer Woche wurde Regierungsrätin Natalie Rickli mit Schorle begossen. Der Kanton schreibt, zum Sicherheitsdispositiv könne man keine Angaben machen. «Das Dispositiv wird jedoch laufend der aktuellen Situation angepasst.» Am Freitag machte der Impfbus in Geroldswil Halt. Ein Augenschein zeigte: kein Sicherheitspersonal weit und breit.
(https://nzzas.nzz.ch/schweiz/terror-impfzentren-sind-besonders-exponiert-ld.1642725)
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/schweizer-geheimdienst-warnt-vor-terroranschlagen-auf-impfzentren-65991501
-> https://www.blick.ch/politik/schweizer-geheimdienst-warnt-impfzentren-koennten-zum-terrorziel-werden-id16788612.html