Medienspiegel 31. Juli 2021

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++SCHWEIZ
Geflüchteten-Lager in der Schweiz als Dumping-Arbeitsmarkt
Ich lebe seit zwei Jahren in Geflüchteten-Camps in der Schweiz. Während dieser Zeit hielt ich mich gegen meinen Willen in insgesamt sechs Lagern auf (eines davon war das Deportationslager, in das ich nun verbannt wurde). Obwohl es zwischen den Kantonen einige Unterschiede in der Praxis gibt, funktioniert das System insgesamt nach der gleichen Grundlogik: Geflüchtete werden sowohl in den Primärlagern als auch in den integrierten Lagern als billige Arbeitskräfte eingesetzt.
https://www.ajourmag.ch/gefluechteten-lager-als-dumping-arbeitsmarkt/


+++BELGIEN
Migranten in Belgien: Hungern für das Bleiberecht
Wochenlang haben in Belgien Hunderte illegale Migranten aus Protest für ihr Bleiberecht gehungert – und das Land damit fast in eine Regierungskrise gestürzt. Der Status der Migranten soll jetzt überprüft werden.
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/fluechtlinge-belgien-105.html


+++MITTELMEER
Küstenwache holt Menschen wegen Gesundheitszustand von «Sea-Watch 3»
Das Team der «Sea-Watch 3» hat kürzlich hundert Flüchtlinge gerettet. Vereinzelte wurden danach vom Rettungsschiff geholt.
https://www.nau.ch/news/europa/kustenwache-holt-menschen-wegen-gesundheitszustand-von-sea-watch-3-65974396


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Feminizid in Beringen 20. Juli 2021
Am 20. Juli wurde eine Schwester, eine Tochter, eine Freundin von ihrem Partner ermordet. Der Feminizid fand in dem Schaffhauser Dorf Beringen statt. Die Frau wurde von ihm erstochen. Im Jahr 2021 ist das bereits der 19. Feminizid in der Region der schweiz. Innerhalb von einem Jahr ist es bereits der 25. Feminizid.
https://barrikade.info/article/4685


«Critical Mass»: Ferien und Regen verhindern Demo-Grosserfolg
Zwar versammelten sich am Freitagabend immer noch über 1’000 Veloaktivisten, doch es waren deutlich weniger als die beiden Male davor. Die Polizei reagierte auf die illegale Demo mit einem grösseren Aufgebot vor Ort.
https://www.telezueri.ch/zuerinews/critical-mass-ferien-und-regen-verhindern-demo-grosserfolg-143216923


Klimacamp auf der Hardturmbrache: Unverständnis bei Bürgerlichen
Letztes Jahr trieb das Klimacamp auf dem Bundesplatz Politiker zur Weissglut. Dieses Jahr nun steht es mit einer Bewilligung der Stadt auf der Hardturmbrache. Trainiert und geplant werden im Camp illegale Störaktionen. Ziel der Klimaaktivisten sind Banken und Investitionen in fossile Energie. Sehr zum Verdruss von bürgerlichen Politikern.
https://www.telezueri.ch/zuerinews/klimacamp-auf-der-hardturmbrache-unverstaendnis-bei-buergerlichen-143216870


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Angriff auf Polizisten bei Anti-Corona-Demo – zwei Personen festgenommen
An den beiden bewilligten Demonstrationen am Samstag nahmen rund 4500 bis 5000 Personen teil. Nach einem tätlichen Angriff gegen einen Polizisten wurden zwei Personen festgenommen, ansonsten verliefen die Kundgebungen grösstenteils friedlich.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/stadt-luzern-angriff-auf-polizisten-bei-den-kundgebungen-zwei-personen-festgenommen-ld.2168887
-> https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/stadt-luzern-bis-zu-5000-demonstranten-zwei-festnahmen-und-ein-verletzter-polizist-so-verliefen-die-beiden-kundgebungen-ld.2168891
-> https://newsletter.lu.ch/inxmail/html_mail.jsp?id=0&email=newsletter.lu.ch&mailref=000gx50000eyq000000000000bjwqg0f
-> https://www.zentralplus.ch/corona-demo-legte-die-luzerner-innenstadt-lahm-2152433/
-> https://www.20min.ch/story/massnahmen-kritiker-gehen-wieder-auf-die-strasse-920235274239
-> https://www.20min.ch/video/antifa-versammelt-sich-zur-gegendemo-430773674399
-> https://www.blick.ch/schweiz/zentralschweiz/bis-zu-3000-leute-erwartet-kommts-heute-zur-grossen-corona-demo-in-luzern-id16716935.html
-> https://www.swissinfo.ch/ger/tausende-menschen-demonstrieren-in-luzern-gegen-corona-massnahmen/46832498
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/coronavirus-heute-demonstration-in-luzern-geplant-65972905
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zentralschweiz/verletzter-polizist-bei-kundgebung-in-luzern?id=12029880
-> https://www.tele1.ch/nachrichten/coronakundgebungen-in-luzern-143216591
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/demo-gegen-coronamassnahmen-in-luzern?urn=urn:srf:video:49e50453-0cfa-404f-b285-f8899938e87f


GEGENDEMO:
-> https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/stadt-luzern-angriff-auf-polizisten-bei-den-kundgebungen-zwei-personen-festgenommen-ld.2168887
-> https://www.20min.ch/video/antifa-versammelt-sich-zur-gegendemo-430773674399
-> https://twitter.com/Luzernistbunt
-> https://twitter.com/PolizeiLuzern
-> Demoaufruf: https://barrikade.info/article/4679


Coronavirus: Dieser Skeptiker-Schreck will Demos lahmlegen
Der Luzerner Loris Mainardi geht mit Klagen gegen Veranstalter von Corona-Demos vor. Sie nähmen sich Freiheiten, die ihnen nicht zustünden, so der Jurist.
https://www.nau.ch/news/schweiz/coronavirus-dieser-skeptiker-schreck-will-demos-lahmlegen-65972928


Massnahmen-Kritiker schäumen! – Bei dieser Bundesfeier bleiben Sie ohne Zertifikat draussen
Am 1. August stösst die Schweiz auf ihre Einigkeit an. In einer Schweizer Stadt darf aber nur an den Feierlichkeiten teilnehmen, wer in Besitz eines Covid-Zertifikates ist. Das lässt Massnahmen-Kritiker schäumen.
https://www.blick.ch/wirtschaft/massnahmen-kritiker-schaeumen-diese-bundesfeier-laesst-sie-ohne-covid-zertifikat-draussen-id16716770.html
-> https://www.zentralplus.ch/geruechte-ueber-gross-demo-in-zug-polizei-ist-geruestet-2151623/


Die vielen Fehlschläge der „Querdenker“:  So oft irren sich die Verschwörungsideologen
Was verbindet Bodo Schiffmann, Reiner Fuellmich und Eva Rosen? Ihre Prophezeiungen treten nicht ein. Eine Dokumentation der absurden Voraussagen.
https://www.tagesspiegel.de/themen/reportage/die-vielen-fehlschlaege-der-querdenker-so-oft-irren-sich-die-verschwoerungsideologen/27471378.html


+++HISTORY
Historiker Bernhard C. Schär über die Rolle der Schweiz während der Kolonialisierung: «Schweizer Söldner waren Fachkräfte für Gewaltausübung»
Der Historiker Bernhard C. Schär ist Experte für die Schweizer Auswanderung – insbesondere für die blutigen Aspekte: Schweizer Soldaten halfen auf der ganzen Welt bei der Kolonisierung. Er sagt auch, ohne Kolonialisierung wären wir nicht so reich, wie wir heute sind.
https://www.blick.ch/news/historiker-bernhard-c-schaer-ueber-die-rolle-der-schweiz-waehrend-der-kolonialisierung-schweizer-soeldner-waren-fachkraefte-fuer-gewaltausuebung-id16715693.html


+++FREIRÄUME
50 Jahre Gaskessel: «Hier tragen Junge wirklich Verantwortung»
Seit 1971 gehört das Stadtberner Areal an der Aare ganz den jungen Menschen: Sie feiern hier, sie organisieren aber auch die Partys und kulturellen Anlässe selbst. Wie funktioniert das? Das Gespräch mit der 23-jährigen Lena Käsermann vom Vorstand des Gaskessels.  (ab 02:27)
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/50-jahre-gaskessel-hier-tragen-junge-wirklich-verantwortung?id=12029859
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/samstag-31-juli-2021-ganze-sendung-143217039 (ab 09:34)



derbund.ch 31.07.2021

50 Jahre Berner Jugendzentrum Gaskessel: «Die Jugend ist nicht gewalttätiger geworden – im Gegenteil»

Das Jugendzentrum Gaskessel in Bern litt immer wieder unter Flauten, Gewalt und Drogen. Derzeit sei es wieder im Aufwind, wie Marlou Thalheim und Francisco Droguett versichern.

Bernhard Ott

Wer seit drei Jahrzehnten nicht mehr im Gaskessel war, hat zunächst Mühe, den Eingang zu finden. Steckt hinter diesen Bäumen und dem Holztor tatsächlich der Chessu? Hier war es doch einmal leer und öd. Heute scheint alles anders zu sein im wohl ältesten Jugendzentrum Berns, das dieses Jahr sein 50-Jahr-Jubiläum feiert. Aber Entscheidendes ist sich gleich geblieben, wie im Generationengespräch zwischen dem 20-jährigen Vorstandsmitglied Marlou Thalheim und dem Mittvierziger und Teamleiter Francisco Droguett deutlich wird.

Herr Droguett, wie war Ihr erstes Mal im Gaskessel?

Droguett: Anfang der Neunzigerjahre war ich 14 und kam mit gefälschtem Schülerausweis hinein. Zwei Jahre später war ich megastolz, den richtigen Schülerausweis zeigen zu können. Damals war die Party bereits um halb eins zu Ende. Und ich verdiente mir ein Freibillett fürs nächste Wochenende, indem ich aufräumen half.

Wie war das bei Ihnen, Frau Thalheim?

Thalheim: Ich war Aktivmitglied, bevor ich zum ersten Mal im Chessu war, weil Mitglieder keinen Eintritt bezahlen müssen. Es war eine super Stimmung, ich ging ins Büro und blieb dort hängen, weil die Leute so nett waren.

War das Ihr erster Ausgang?

Thalheim: Einer der ersten. Im Alter von 16, 17 Jahren hielt ich mich oft auf dem Vorplatz der Reitschule auf. Dann ging ich in den Gaskessel.

Läuft das normalerweise nicht umgekehrt?

Thalheim: Auf dem Vorplatz trifft man die Leute. Aber im Chessu gibt es Anlässe und Programme ab 16 Jahren. In der Reitschule sind die meisten Anlässe erst ab 18 zugänglich.

Was hat sich verändert, seitdem Sie mit 14 den Chessu besuchten, Herr Droguett?

Droguett: Es gibt Themen, die sich seit den 70er-Jahren durchziehen.
Das grosse Thema seit 50 Jahren ist die Gestaltung von Freiraum. Der Chessu sieht heute ganz anders aus als Anfang der 90er-Jahre.

Wie haben sich Kleider und Trends entwickelt?

Droguett: Bezüglich Kleidern durchlebe ich zurzeit einen Backlash. Heute sind Dinge in, die mir nicht gefallen, weil meine Eltern mich so einkleiden wollten: Hochwasserhosen, neonfarbene Leggins, die bunten Socken, die Marlou heute anhat.

Thalheim: Wieso? Meine Socken sind voll in Ordnung.

Wegen Drogen und Gewalt haben 1974 die Behörden den Gaskessel geschlossen, 1983/1984 tat dies der Chessu selber. Wäre das auch heute möglich?

Droguett: Es gibt zum Glück keine Kontinuität ins Schlimmere. Wenn ich nach «struben» Nächten im Archiv blättere, stelle ich fest, dass die Jugend überhaupt nicht gewalttätiger geworden ist – im Gegenteil. In den 80er-Jahren gab es Übergriffe auf Mitarbeitende. Einmal wurde auch die ganze Toilettenanlage kurz und klein geschlagen. Zudem ist die Drogenpolitik heute eine ganz andere. Und im Chessu gibt es tragfähige Strukturen. Der Vorstand hat eine Alterslimite von 25 Jahren und ist die Anstellungsbehörde der Jugendarbeitenden. Marlou ist meine Chefin. Ich habe mein Mitarbeitergespräch mit einer Jugendlichen aus dem Vorstand.

Sie könnten Jugendarbeitende entlassen, Frau Thalheim?

Thalheim: Ja, das können wir.

Droguett: Wenn der Vorstand mit mir als Teamleiter ein Problem hat, kann er sich direkt an den Personaldienst der Direktion für Bildung, Soziales und Sport (BSS) wenden.

Gab es denn schon Arbeitskonflikte?

Droguett: Die gab es schon lange nicht mehr. Aber in letzter Zeit konnten wir zwei Leute pensionieren.

Pensionierungen im Jugendzentrum?

Droguett: Ja, ein Hauswarttechniker und ein Buchhalter. Sie wurden beide zu Ehrenmitgliedern ernannt, weil sie so viel für den Chessu getan haben. Die Jugendlichen regeln auch Krankheitsfälle oder verfassen Arbeitszeugnisse.

Wie macht sich Herr Droguett so, Frau Thalheim?

Thalheim: Ganz schlecht, ich glaube, wir müssen ihn demnächst entlassen. Nein, im Ernst. Als Vorstandsmitglied lerne ich viel. Ich habe zum Beispiel auch gelernt, worauf man beim Verfassen eines Arbeitszeugnisses achten muss.

Droguett: Bei Stellenausschreibungen schaue ich mit dem Vorstand zuerst den Stellenbeschrieb an. Wir übersetzen das gemeinsam in eine Ausschreibung, wählen Dossiers aus und organisieren die Bewerbungsgespräche.

Wie halten Sie die Balance zwischen dem Ideal des Jugendzentrums und dem Druck, Umsatz zu erwirtschaften?

Thalheim: Wir können das über das Programm steuern. In den letzten zwei Jahren ziehen 80er-Jahre-Partys bei den Jugendlichen enorm.

Droguett: Wir haben ausnahmsweise auch einmal Mindestalter 18 bei Anlässen, zum Beispiel bei Goa.

Warum bei Goa?

Droguett: Da erwarten wir einen anderen Umgang mit Drogenkonsum. Da wollen wir keine ganz Jungen.

Welcher Musikstil ist denn drogenmässig clean?

Droguett: Vielleicht ein Buurezmorge. Nein, Spass beiseite. Elektronische Musik bringt eher den Konsum synthetischer Drogen mit sich. An Reggae-Konzerten wird gekifft.

Was wird denn bei Goa konsumiert?

Droguett: Ein Mix von allem. Da können auch Pilze eine Rolle spielen.

Wird Konsum im Haus toleriert?

Droguett: Deal wird nicht toleriert. Beim Konsum ist es uns lieber, jemand konsumiert bei uns als an der Aare oder in einem Gebüsch, wo niemand da ist, wenn etwas passiert. An Partys kann man im Bereich der Schadensminderung arbeiten. Prävention betreiben wir ausserhalb der Anlässe.

Thalheim: Seitdem ich Anlässe mitorganisiere und hinter der Bar stehe, hat sich meine Optik auf den Drogenkonsum verändert – vor allem, wenn jemand ein Bier verlangt, der vielleicht keines mehr trinken sollte.

Wie reagieren Sie da?

Thalheim: Ich habe ihm ein Glas Wasser hingestellt, und er wurde megahässig. Es sind schwierige Situationen. Alkoholkonsum wird es immer geben.

Sie machen ja auch Umsatz damit?

Droguett: Es rentiert sich dann aber plötzlich nicht mehr, wenn es nur noch Lämpe mit Betrunkenen gibt. Wir thematisieren Alk immer wieder mit den Jugendlichen, die bei uns engagiert sind. Diese Peers haben einen viel grösseren Einfluss, als wenn der Jugendarbeiter auf die Schädlichkeit des Konsums hinweist.

Wie hat sich die Drogensituation alles in allem entwickelt?

Droguett: Es ist sicher nicht schlimmer geworden. Manchmal hat man den Eindruck, es gebe den ganzen Abend über Probleme. Aber am Ende waren es vielleicht sieben Personen auf 850, die bei ausverkauftem Haus hier sind. Die Situation verändert sich jedoch rasch: In den Nullerjahren zum Beispiel gab es einmal einen Trend mit in Wodka getränkten Tampons. Die wurden anal mitgeführt, weil der Alk so rascher in die Schleimhäute geht. Als die chemische Partydroge MDMA aufkam, gab es nach den Partys viele, die draussen kifften, um sich wieder herunterzuholen. Bei der Kontrolle beim Eingang ist es wie beim Schiedsrichter: Man sucht nicht alles, was man pfeifen könnte, sondern pfeift das, was man pfeifen muss.

Thalheim: Ich sehe vor allem Gras und in einzelnen Fällen auch Härteres.

Die Tankere war einmal als Ersatz für den Chessu gedacht, weil es hiess, er sei am falschen Ort und ziehe die Jugendlichen nicht mehr an. War der Chessu in Gefahr?

Droguett: Die politische Geschichte ist so: Der Gemeinderat wollte den Chessu weghaben, damit Losinger Marazzi das Gaswerkareal bebauen kann. Am Anfang wurde an der Hodlerstrasse Platz für ein Jugendzentrum gesucht. Das wäre eine weitere Belastung des Perimeters Schützenmatte gewesen, wo es bereits den Vorplatz und die Drogenanlaufstelle gibt. Vor neun Jahren hat sich der Gemeinderat für eine Motion für den Erhalt des Chessu ausgesprochen. Er schrieb, die Tankere sei eine Ergänzung und keine Konkurrenz zum Gaskessel. Damit wich er von der ursprünglich beabsichtigten Schliessung ab, weil die Motion mehrheitsfähig war und der Stadtrat sich kurz darauf auch hinter eine entsprechende Jugendmotion stellte. Heute hat die Tankere ihren ursprünglichen Zweck für den Gemeinderat verloren. Aber er kann sie nicht fallen lassen, zumal sich Jugendliche dort nun engagieren. Jetzt kann man nur hoffen, dass das Projekt auf der Grossen Schanze zum Fliegen kommt, wie es das provisorisch bereits im ehemaligen Bonsoir tut.

Ist die Tankere nun Ergänzung oder Konkurrenz zum Chessu?

Droguett: Sie ist eine Ergänzung. Der Hauptunterschied ist: Der Chessu wurde Anfang der 70er-Jahre von den Jugendlichen erkämpft. Die Tankere kam «von oben», und es wird sich weisen müssen, ob sie wirklich einem Bedürfnis entspricht.

In einigen Jahren ist der Chessu ein Relikt in einer Überbauung für die obere Mittelschicht. Das wird Spannungen geben, nicht nur wegen Lärm.

Droguett: Ja, klar. Wenn ein zweites Schönberg-Ost aufgezogen werden sollte, werden wir Nein sagen. Aber das Quartier muss um den Chessu herum geplant werden. Wir sind grundsätzlich offen und sehen das Ganze auch als Chance. Die Jugendlichen erleben konkret, wie der politische Prozess funktioniert.



Von Stiller Has bis Nur Jaber

Der Gaskessel liegt nicht im Zentrum, er hat keine Laufkundschaft. Einzig mit seinem Programm kann er Publikum anziehen. Das ist zuletzt wieder gut gelungen. So konnte die Zahl der Eintritte von 14’600 im Jahr 2010 auf über 31’000 (2019) gesteigert werden, wie Teamleiter Francisco Droguett sagt. Seit der Wiederöffnung nach dem Lockdown seien die Zahlen trotz Schutzmassnahmen stabil.

Das soll auch in der Jubiläumswoche vom 6. bis zum 12. September so sein. Sie bietet Musik von Stiller Has bis zur Techno-DJ Nur Jaber und soll sowohl ältere als auch heutige Chessu-Generationen ansprechen. Näheres zum Programm unter gaskessel.ch. (bob)
(https://www.derbund.ch/die-jugend-ist-nicht-gewalttaetiger-geworden-im-gegenteil-771173255469)


+++SEXWORK
derbund.ch 31.07.2021

Wenig Verkehr, viel Solidarität: Ein Puff wegen Corona (aber kein Corona im Puff)

Das Rotlichtmilieu war von den Covid-Massnahmen massiv betroffen. Domina Katja, Escort Ludmilla und die forsche Angel kamen dennoch über die Runden. Eine Reportage aus einer Welt voller Illusionen.

Fabian Christl

Die «strenge Katja» lacht. «Ich habe gleich am ersten Tag nach dem Verbot einen anderen Job gefunden», sagt sie.

Katja ist Domina, bietet aber auch andere sexuelle Dienstleistungen an. Privat wie beruflich heisst sie eigentlich anders. Laut ihrem Inserat, das sie auf einschlägigen Plattformen schaltet, ist sie 21 Jahre alt; laut ihren eigenen Aussagen bereits etwas älter. Der «Bund» hat sich mit ihr und weiteren Sexarbeiterinnen getroffen, um herauszufinden, wie sie die Pandemie bisher gemeistert haben.

Und zumindest für Katja lief es ohne grössere Probleme. Wie sie beim Treffen ausführt, konnte sie bei einem Grossverteiler arbeiten, als Sexarbeit wegen Corona verboten war. «Das Geld war zwar um einiges härter verdient, aber immerhin musste ich keine Schulden machen.»

Arm, aber sexy

Katja ist nicht repräsentativ für die Branche. Die meisten Sexarbeiterinnen, die in Bern tätig sind, stammen aus osteuropäischen oder lateinamerikanischen Ländern. Bittere Armut und Perspektivlosigkeit in den Heimatländern würden viele in die Branche treiben, heisst es beim städtischen Polizeiinspektorat. Katja ist Deutsche und hat eine Berufsausbildung abgeschlossen.

Doch auch Ludmilla und Angel (Namen geändert), zwei weitere Sexarbeiterinnen, die zu Treffen eingewilligt haben, fanden sich während der Pandemie gut zurecht. Angel (laut Inserat 39) ist eine Schweizerin mit Wurzeln in Litauen. Sie hat schon über eine Dekade Sexarbeit in den Hüften. Dank Erspartem und Ausfallentschädigung kam sie über die Runden – auch wenn die Ausfallentschädigung aufgrund eines bürokratischen Fehlers tiefer ausgefallen ist als eigentlich vorgesehen, wie sie sagt.

Auch Ludmilla (laut Inserat 31 Jahre alt, laut ihrer Aussage 38) kann mit Geld haushalten. Die elegante Russin hat Ökonomie studiert und lange in der Buchhaltung gearbeitet. Ihr hat aber auch geholfen, dass der Betreiber des Laufhauses, in dem sie letztes Jahr noch eingemietet war, während des Prostitutionsverbots die Miete erlassen hat.

Keine vor die Tür gesetzt

Wie Alexander Ott vom Berner Polizeiinspektorat sagt, war der Mieterlass nicht selbstverständlich. «Einige Betreiber von Etablissements wollten die Frauen vor die Tür stellen», sagt er. Das Polizeiinspektorat habe daraufhin das Gespräch mit den Betreibern gesucht und diese erfolgreich zum Umdenken bewegt.

Wie Ott weiter ausführt, war das Jahr für die Sexarbeiterinnen trotzdem schwierig. So blieb wegen der Corona-Angst die Kundschaft weg. Gleichzeitig nahm das Angebot zu. Etwa weil Prostitution zeitweise in Bern erlaubt war, während sie in Nachbarkantonen und Nachbarländern noch verboten war. Aber auch weil in der Pandemie neue Frauen in die Sexarbeit eingestiegen sind, da etwa die Gastronomie und die Tourismusbranche völlig brachlagen.

Einige Männer, so Ott, hätten die Notlage der Frauen auszunutzen versucht. «Offenbar kam es während der Pandemie vermehrt zu Versuchen von Kunden, die Preise zu drücken oder auf Dienstleistungen zu bestehen, die nicht angeboten werden.»

«Du hörst mir gar nicht zu»

Ludmilla und Katja bestätigen das. Die Rede ist von verlangtem «Corona-Rabatt» oder von Männern, die Zungenküsse oder Sex ohne Gummi forderten – und nach einem Nein gleich das Weite suchten.

Und Angel? Das sei alles Quatsch, sagt sie. Die Preisdiskussionen und die respektlosen Anfragen nach Sex ohne Gummi, die sie am liebsten verbieten würde, gebe es immer. «Das hat mit Corona nichts zu tun.» Letztlich gehe es einzig um die ökonomischen Gesetze von Angebot und Nachfrage. «Wenn viele Frauen hier sind, fallen die Preise.» In den letzten Jahren seien zudem viele nicht korrekt angemeldete Wohnungen dazugekommen, wo sich Frauen illegalerweise prostituierten.

Angel ist ein Original. Die charismatische Brünette begrüsste in ihrem Studio im Monbijouquartier auch den Journalisten in Arbeitskleidung. Sobald er auf dem Sofa Platz genommen hat, übernimmt sie das Zepter und beginnt zu erzählen. Nach zehn Minuten entreisst sie dem Journalisten den Notizblock und fragt: «Was habe ich bis jetzt gesagt?»

Dass aufgrund der vielen illegalen Sexarbeiterinnen die Preise gesunken sind?

Die Antwort überzeugt sie nicht. «Das ist alles Quatsch, du hast nichts verstanden. Nicht die illegalen Frauen sind das Problem, sondern einfach die Menge an Frauen insgesamt und die zunehmende Zahl nicht bewilligter Betriebe. Du hörst mir gar nicht zu.»

Doch es hindert sie nicht daran, weiter zu referieren. Über die Hornkuhinitiative: «Über was sich Schweizer alles Gedanken machen.» Über Christoph Blochers Weg zu seinem Vermögen: «Nicht ganz sauber, aber Chapeau!» Über ihren ersten Kunden, der mit Kaviar gefüttert werden wollte. «Ich habe es frisch auf den Punkt geliefert, aber dann fand er den Geschmack eklig, hat es ausgespuckt und wollte es nicht bezahlen.» Über den Straftäter «Carlos», der eigentlich Brian heisst: «Ihr Schweizer bezahlt 20’000 Franken im Monat für nichts. Mit russischer Härte wäre das Problem längst gelöst.»

Kein Corona im Puff

Zurück zur Pandemie. Denn nicht alle kamen so glimpflich davon wie Katja, Angel und Ludmilla. Einige sahen sich mit existenziellen Sorgen konfrontiert. Teilweise reichte die staatliche Ausfallentschädigung nicht zum Leben, oder sie hatten aufgrund des Aufenthaltsstatus kein Anrecht darauf. Weil die Grenzen zeitweise dicht waren, sind einige Sexarbeiterinnen, die im Ausland leben, in Bern gestrandet.

Die Sozialarbeiterinnen von Xenia, einer bernischen Fachstelle für Sexarbeit, hatten entsprechend viel zu tun. Sie unterstützten die Sexarbeitenden beim Suchen von Schlafmöglichkeiten und beim Beantragen von Unterstützungsleistungen, organisierten Kontakte mit den Sozialdiensten und halfen ihnen selbst mit Nahrungsmitteln und Geldbeträgen für Rechnungen aus. Das sei nur dank grosszügiger Spenden etwa der katholischen Kirche Bern und Umgebung möglich gewesen, sagt Jacqueline Suter, Beraterin bei Xenia. «Die Sexarbeitenden waren teilweise sehr gerührt – auch weil sie die Spenden als Zeichen der Akzeptanz verstanden.»

Allerdings: Es gab in der Pandemie nicht nur Zeichen der Akzeptanz. Dass das Anbieten von sexuellen Dienstleistungen während der Pandemie in der Schweiz meistens erlaubt war, sorgte auch für Naserümpfen. Zu Unrecht, sagt Suter. «Uns ist keine Person im Sexgewerbe bekannt, die sich bei der Arbeit mit Corona angesteckt hätte.» Gerade in Hygienefragen seien Sexarbeitende Profis. «Ständiges Lüften, das Wechseln der Bettwäsche und das Desinfizieren von Utensilien ist bei den allermeisten ohnehin Standard.» Auch habe die Impfquote unter den Sexarbeitenden nach anfänglich verbreiteter Skepsis stark zugenommen. «Sexarbeitende wollen gesund bleiben, sonst können sie nicht arbeiten.»

Die Pandemie habe aber auch positive Veränderungen bewirkt, sagt Suter, die schon seit über 20 Jahren Sexarbeitende berät. Insbesondere habe sich der Umgang der Menschen im Milieu verändert. «Die Leute sind zusammengerückt und haben sich gegenseitig unterstützt», sagt sie. Sexarbeitende mit Erspartem hätten etwa zugunsten von Schlechtergestellten auf Spenden verzichtet. Und teilweise hätten sich sogar Betreiberinnen und Betreiber von Etablissements kulant gezeigt.

Selbstbestimmte Opfer?

Allerdings: Das Konkurrenzdenken, das im Milieu seit je verbreitet ist, ist auch während der Pandemie nicht ganz verschwunden. So beklagen sich gleich mehrere Sexarbeiterinnen über Konkurrentinnen, die Kunden mit falschen oder stark veralteten Fotos anlocken. Auch der Einwand, dass diese eher Mitleid als Empörung verdienten, weil es den Beruf sicher nicht angenehmer mache, wenn die Kunden gleich zu Beginn enttäuscht oder wütend seien, wird zurückgewiesen. «Du bist naiv; das sind einfach Betrügerinnen», sagt Angel.

Tatsächlich würde man solche Methoden bei Berufsleuten aus anderen Branchen nicht goutieren. Bei Sexarbeiterinnen stellt sich aber die Frage, wie viel Agency, sprich Handlungsmacht, sie überhaupt haben. Das Berner Polizeiinspektorat schätzt, dass 10 bis 15 Prozent der Prostituierten in Bern direktem Zwang ausgesetzt sind. Dazu kommen noch psychische Abhängigkeiten, wie sie unter dem Stichwort Loverboy beschrieben werden. Für die Gegnerschaft der Prostitution ist aber klar, dass auch bei den anderen die Perspektivlosigkeit so gross ist, dass man nicht von Freiwilligkeit sprechen könne. Sie sieht Sexarbeitende also per se als Opfer.

Mittlerweile ist die Gegnerschaft aber von der Forderung eines Prostitutionsverbots abgerückt. Die Gründe wurden in der Pandemie besonders sichtbar: So führte das zeitweilige Verbot dazu, dass einige Frauen ihre Dienstleistungen im Versteckten angeboten haben. «Eine Bekannte von mir wurde von einem Mann verprügelt, hat sich dann aber nicht getraut, ihn anzuzeigen», sagt Katja. Auch Jacqueline Suter von Xenia kennt ähnliche Fälle.

An Zuspruch gewinnt dafür die Forderung nach einem Sexkauf-Verbot. Schliesslich sollen nicht die Frauen, sondern die Freier bestraft werden. Laut Suter von Xenia hätte dies aber ebenfalls den Effekt, dass sich die Sexarbeit einfach an Orte verlagern würde, die den Anbieterinnen und Anbietern weniger Sicherheit böten. Zudem: Wenn man den Sexarbeitenden zuspreche, eigenständige Entscheidungen treffen zu können, könne man auch nicht Leute verurteilen, welche die angebotenen Dienstleistungen in Anspruch nähmen.

Suter betont, dass dies der richtige Weg wäre. Selbst wenn einige schwierige Lebensbedingungen haben, so Suter, hätten sie dennoch Kraft in sich und seien handlungsfähig. Die Degradierung vor allem der nicht männlichen Sexarbeitenden zu Opfern habe etwas Überhebliches und sogar etwas Patriarchales. «Geht es um männliche Sexarbeiter, verlaufen die Diskussionen ganz anders.»

Ihr eigener Boss

Xenia fordert deshalb schon lange bessere Arbeitsbedingungen für die Sexarbeitenden. Allerdings gibt es Entwicklungen, die diesem Ziel zuwiderlaufen. So hat die Stadt Bern in den letzten Jahren mehrfach die Schliessung von Etablissements verfügt – wie etwa die Häuser am Lagerweg und am Sandrain. Das hat eine Verlagerung der Prostitution in Orte wie Hotels oder Privatwohnungen befördert, wo der Schutz kleiner ist. Laut Alexander Ott vom Polizeiinspektorat überwiegen für die Stadt aber die Vorteile in Form der erzielten «Beruhigung». Dass damit Verschärfungen für die Sexarbeiterinnen einhergingen, bestreitet er aber nicht.

Die Pandemie hat diese Verlagerung beschleunigt. Etwa weil zeitweise das Anbieten von sexuellen Dienstleistungen als Einzelperson erlaubt war, nicht jedoch in Etablissements, wo mehrere Sexarbeitende arbeiten.

Auch Ludmilla hat sich während der Pandemie aus dem Laufhaus zurückgezogen und arbeitet jetzt nur noch als Escort. «Mir ging einfach das Gequatsche mit den Frauen auf die Nerven; jetzt habe ich meine Ruhe.»

Ludmilla hat sich vor bald 20 Jahren das erste Mal prostituiert. Seither gab es aber auch mehrjährige Pausen, etwa wegen einer Ehe. In ihrer Laufbahn hat sie schon an ganz unterschiedlichen Orten gearbeitet – in grossen Saunaclubs, Laufhäusern, Kontaktbars, Hotels und Privatwohnungen.

Langsam denkt sie auch über alternative Berufe nach. «Ich könnte auch im Casino oder in einem Kleiderladen arbeiten», sagt sie. Allerdings habe sie weder Lust auf Schichtarbeit, noch darauf, sich die ganze Zeit rumkommandieren zu lassen. Als Escort könne sie alles selber bestimmen. «Ich mag die Unabhängigkeit, ich bin mein eigener Chef», sagt sie. Zurzeit überlegt sich Ludmilla, einen gesellschaftlich akzeptierten Teilzeitjob zu suchen und nebenher noch in einem Pensum von 20 bis 30 Prozent Sexarbeit zu betreiben.

Stigma und Abzocke

Auch Katja hat Zukunftspläne, sie will etwa studieren. Die junge Deutsche arbeitet aber erst seit einem Jahr in der Branche und strahlt eine gewisse Euphorie aus, wenn sie über die Arbeit spricht.

Was sie stört, sei hingegen das Stigma, das Sexarbeitenden anhafte. Sie erzählt von einer sexuellen Belästigung, die sie zur Anzeige bringen wollte. «Der Polizist fragte mich beim Betrachten der Aufenthaltsbewilligung nach meinem Beruf; als ob das eine Rolle spielen würde.» Es sei ihr sogar von einer Anzeige abgeraten worden. «Wenn Übergriffe auf Sexarbeiterinnen nicht ernst genommen werden, macht man uns zur Beute.»

Für Katja hat der Beruf aber auch schöne Seiten. Es bereite ihr Freude, Menschen zu führen, damit diese sich fallen lassen könnten, sagt sie. «Auch wenn Kunden hart diszipliniert werden wollen, gehen sie am Ende mit einem entspannten und nicht mit einem geschändeten Gesicht nach Hause.» BDSM sei zudem auch eine private Leidenschaft von ihr.

Angel hat nicht nur einen Zukunftsplan. «Ich habe Plan B, Plan C, Plan D und Plan E», sagt sie. Zumindest Plan B sieht vor, selber Wohnungen an Sexarbeiterinnen zu vermieten. «Aber ich würde es fair machen.» Derzeit zahlen Frauen in den bekanntesten Laufhäusern in der Stadt Bern 1050 Franken pro Woche für ein Zimmer, frische Wäsche und ein bisschen Werbung. Und selbst in behördlich angemeldeten Wohnungen, wo die Sexarbeitenden selber für die Kundschaft sorgen müssen, bezahlt man gut und gerne 700 Franken pro Woche für ein Zimmer.

Trau keiner Sexarbeiterin

In einem sind sich Katja, Ludmilla und Angel also einig: Es sind eher Begleiterscheinungen wie gesellschaftliche Stigmata, fehlende soziale Sicherheit und geldgierige Betreiber, die ihnen Sorgen bereiten. Der Job per se, inklusive des Austauschs von Intimität, mache ihnen hingegen keine Probleme, sagen sie.

Allerdings, sagt Angel, übertreiben dürfe man auch wieder nicht. «Hör zu, Junge, ich sage dir jetzt, wie es wirklich ist.» Alle Frauen im Erotikbereich würden behaupten, dass sie das auch privat mögen, sagt sie. «Aber glaube nie, was dir eine Sexarbeiterin sagt; wir sind gute Schauspielerinnen.»



Sexarbeit in Bern

Wie viele Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter in der Stadt Bern tätig sind, ist nicht bekannt und stark volatil. Als etwa im Januar im Kanton Bern Sexarbeit wieder erlaubt war, während sie in anderen Kantonen noch untersagt war, verdoppelte sich die Zahl laut Schätzungen der Stadt von 90 auf 180 Personen, die gleichzeitig ihre Dienste anboten.

Die grössten Herkunftsregionen sind Lateinamerika und Osteuropa, gefolgt vom südostasiatischen Raum. In den letzten Jahren sind auch viele Frauen aus Spanien dazugekommen.

Bei den meisten Sexarbeitenden handelt es sich um (Trans-)Frauen. Über männliche Sexarbeit ist wenig bekannt. Die meisten männlichen Sexarbeiter arbeiten vollständig allein und bieten ihre Dienste übers Internet oder allenfalls in Sexkinos an.

Auch weibliche Sexarbeiterinnen wichen verstärkt auf Privatwohnungen aus. In den letzten Jahren verschwanden zahlreiche Etablissements aus Bern. Grössere Bordelle oder Saunaclubs gibt es auf Stadtgebiet keine. Dafür existieren noch einige kleinere sogenannte Laufhäuser. Die Frauen mieten sich darin ein Zimmer zu teilweise horrenden Summen, arbeiten dann aber vollständig auf eigene Rechnung. (chl)
(https://www.derbund.ch/ein-puff-wegen-corona-aber-kein-corona-im-puff-114797464255)