Medienspiegel 23. Juni 2021

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++ZÜRICH
Asylpolitik: Mario Fehrs Sozialamt missachtet das Bundesgericht
Seit Jahren wehrt sich das Zürcher Sozialamt gegen Einsicht für die Republik in Millionenverträge im Asylwesen. Trotz Bundesgerichtsurteil hält es weiterhin Dokumente zurück. Und Regierungsrat Mario Fehr schaut als oberster Chef tatenlos zu.
https://www.republik.ch/2021/06/23/mario-fehrs-sozialamt-missachtet-das-bundesgericht


+++SCHWEIZ
Genfer Flüchtlingskonvention benötigt keine Anpassungen
Im Auftrag des Ständerats hat der Bundesrat die Aktualität der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 und deren Bedeutung für die Schweiz untersucht. Er kommt zum Schluss, dass die aktuelle Anwendung der Konvention in der Schweiz den Anforderungen an einen konsequenten Schutz von verfolgten Personen weiterhin gerecht wird und die Konvention bereits heute Migration aus wirtschaftlichen Gründen nicht schützt. An seiner Sitzung vom 23. Juni 2021 hat der Bundesrat den entsprechenden Bericht gutgeheissen.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-84109.html
-> https://www.fluechtlingshilfe.ch/medienmitteilungen/genfer-fluechtlingskonvention-unveraendert-wichtig


Integrationsagenda Schweiz: Projektphase abgeschlossen und Vernehmlassung für neue Finanzierung eröffnet
Bund und Kantone haben die Projektphase der Integrationsagenda Schweiz abgeschlossen. Gemeinsam haben sie sich nun auf ein neues Finanzierungssystem im Asylbereich geeinigt, welches sich an den in der Integrationsagenda definierten Wirkungszielen ausrichtet. Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 23. Juni 2021 die Vernehmlassung zu den notwendigen Verordnungsanpassungen eröffnet. Zudem haben Bund und Kantonsregierungen beschlossen, ein Monitoring zur Evaluation der Wirkungsziele der Integrationsagenda einzuführen.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-84107.html


+++BALKANROUTE
Illegale Ausschaffungen – «Pushbacks» von Frauen und Kindern an der kroatischen Grenze
Die «Rundschau» zeigt: Kroatien schafft illegal verletzliche Asylsuchende aus und unterdrückt einen kritischen Bericht.
https://www.srf.ch/news/international/illegale-ausschaffungen-pushbacks-von-frauen-und-kindern-an-der-kroatischen-grenze
-> Rundschau: https://www.srf.ch/play/tv/rundschau/video/illegal-ausgeschafft-pushbacks-von-frauen-und-kindern-an-eu-aussengrenze?urn=urn:srf:video:80b987f1-290a-4262-a041-e60044019a57


Geflüchtete an EU-Außengrenze: »Wir sind für sie wie Tiere«
Ganze Familien werden nachts durch den Wald zurück über die EU-Grenze gebracht. Diese Videoaufnahmen dokumentieren zum ersten Mal das systematische Vorgehen der kroatischen Grenzwächter.
https://www.spiegel.de/ausland/kroatien-videos-dokumentieren-systematische-pushbacks-a-4463a93d-0467-4960-814a-6d959e1df193
-> https://www.tagesschau.de/ausland/pushbacks-grenze-101.html



spiegel.de 23.06.2021

Heimlich aufgenommene Pushback-Videos: Kroatische Polizei schiebt Babys, Schwangere und Kinder mit Behinderung illegal ab

»Go back Bosnia«: Eine Recherche des SPIEGEL mit Medienpartnern belegt, wie brutal auch besonders schutzbedürftige Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa abgewiesen werden – unterstützt mit EU-Geld.

Von Steffen Lüdke und Nicole Vögele

Sechs Tage lang sah es so aus, als könnte sich Sajads Traum vom Leben in Europa doch noch erfüllen. Von bosnischem Boden aus brach der afghanische Teenager auf, überquerte die Grenze nach Kroatien, marschierte immer weiter, durch Hagel und trommelnden Regen. In Zagreb, mit ausreichend Abstand zur Grenze, wollte er Asyl beantragen.

Sajad ist 16 Jahre alt, er hat kindliche Gesichtszüge und trägt eine Brille, seinen Nachnamen möchte er lieber nicht nennen. In Europa würde er gern Hairstylist werden, sagt er. Gemeinsam mit seiner Familie war er vor drei Jahren aus Afghanistan geflohen. Die Familie durchquerte die Türkei, lebte ein Jahr lang in Moria; über Thessaloniki kam sie nach Bosnien. Auf dem Weg nach Zagreb war auch Sajads Onkel dabei, ein älterer Mann mit Herzfehler, mit einer Krücke humpelte er hinter der Gruppe her. Lange, sagt Sajad, lief es gut.

Doch nun, sechs Tage später, stehen Sajad und seine Familie wieder auf der bosnischen Seite der Grenze, in durchnässten Klamotten. Die kroatische Polizei habe sie doch noch abgefangen, berichtet Sajad, kurz vor Zagreb. Einen Asylantrag hätten sie nicht stellen dürfen, nicht einmal der Anblick der kleinen Kinder habe die Beamten umgestimmt. Seine Schwester bricht in Tränen aus, als er davon erzählt, die Mutter hockt am Boden. »Go back Bosnia« hätten die Beamten gerufen, sagt Sajad – und sie wieder an die Grenze gefahren.

Balkanroute mit Gewalt abgeriegelt

Was anschließend passierte, ist auf Videos festgehalten. Sie zeigen unter anderem Sajad und seine Familie. Polizisten, offensichtlich kroatische Grenzbeamte, führen die Afghanen aus dem kroatischen Waldstück hinaus, über die grüne Grenze nach Bosnien und Herzegowina. Weitergehen, bedeuten sie den Schutzsuchenden – bis die Afghanen weit genug von europäischem Boden entfernt sind.

Die Europäische Union hat die Balkanroute 2016 mit Gewalt dichtgemacht. Im Nordwesten von Bosnien und Herzegowina kampieren seitdem Tausende Geflüchtete im Wald, die über Kroatien nach Westeuropa wollen. Auf der anderen Seite patrouillieren kroatische Beamte mit Nachtsichtgeräten und Schusswaffen. Trotzdem machen sich Flüchtlinge wie Sajad immer wieder auf den Weg. Der Versuch, den Grenzschützern zu entwischen, trägt einen Namen: »The Game«. Es ist ein gefährliches Spiel.

Schutzsuchende berichten seit Jahren, dass die kroatischen Grenzschützer sie abfangen und gewaltsam wieder nach Bosnien zurückschaffen. Immer wieder kommt es zu grausamen Szenen. Im Herbst vergangenen Jahres veröffentlichte der SPIEGEL ein Video, das zeigt, wie Vermummte an der bosnisch-kroatischen Grenze auf pakistanische Flüchtlinge einprügeln und die Männer zurück auf die andere Seite der Grenze zwingen. Menschenrechtlerinnen und Menschenrechtler berichten von exzessiver Gewalt, Hundebissen und Elektroschocks.

Verstoß gegen geltendes Recht

Die sogenannten Pushbacks verstoßen gegen kroatisches Asylrecht, Europarecht und die Genfer Flüchtlingskonvention. Sie verhöhnen den Kern des Asylrechts: Statt eine persönliche Anhörung und ein individuelles Asylverfahren zu bekommen, werden die Schutzsuchenden kollektiv zurückgeschoben.

Bis heute bestreitet die kroatische Regierung, an der Grenze zu Bosnien illegale Pushbacks durchzuführen. Als Reaktion auf die Recherchen des SPIEGEL sprach Innenminister Davor Božinović im Herbst auf einer Pressekonferenz von einer Kampagne. Bei den Betroffenen handle es sich lediglich um junge Männer ohne Familie, die obendrein nicht besonders schutzbedürftig seien, sagte er. Die Bilder, allesamt von Schutzsuchenden selbst aufgenommen, seien irgendwo außerhalb von Kroatien entstanden.

Der SPIEGEL hat nach dieser Aussage über Monate in Kroatien und Bosnien und Herzegowina recherchiert. Gemeinsam mit Rechercheteams von Lighthouse Reports, der SRF Rundschau, dem ARD Studio Wien und der kroatischen Zeitung »Novosti« legten sich die Reporterinnen an der EU-Außengrenze selbst auf die Lauer.

Sechs Pushbacks gefilmt

Die Videos, die dabei entstanden sind, entlarven die Ausflüchte der kroatischen Regierung. Sie zeigen, wie systematisch Kroatien an der Grenze zu Bosnien Menschen zurückschleppt. Die Reporterinnen filmten insgesamt sechs Pushbacks – an nur einem Grenzort. Insgesamt ist die Grenze 1000 Kilometer lang.

Entgegen den Beteuerungen der Regierung werden auch besonders Schutzbedürftige zu Opfern der Grenzschützer. Innerhalb von nur einer Woche stießen die Beamten rund 65 Menschen über die grüne Grenze zurück, darunter Kleinkinder, gebrechliche ältere Männer und eine hochschwangere Frau.

Sajads Geschichte ist kein Einzelfall

Ein paar Tage nachdem sie Sajad nach Bosnien zurückgezwungen haben, tauchen wieder Grenzschützer im Waldstück an der Grenze auf. Es donnert und blitzt an diesem Maiabend, die Waldwege versinken im Schlamm. Mit Nachtsichtgeräten sind die Grenzbeamten trotz der Dunkelheit auszumachen. Vier Familien setzen sie an diesem Abend aus, mitten im Niemandsland auf der bosnischen Seite der Grenze, weit vom offiziellen Grenzübergang entfernt. Ein Kind ist noch so klein, dass es getragen werden muss. Bis zum nächsten Dorf sind es vier Kilometer.

Vor dem Regen fliehen die Flüchtlingsfamilien in ein leer stehendes Haus. Einige Frauen und Kinder schlafen bereits, als die Reporterinnen das Haus erreichen. Auf den Mauern hängen die durchnässten Kinderkleider. Ein alter Mann fragt nach Schmerzmitteln.

»Wir sind für sie wie Tiere«, sagt Anwar, ein junger Afghane, der einst vor den Taliban floh und seinen echten Namen lieber nicht nennen möchte. Im Arm hält er seinen Neffen, sieben Jahre alt. Auf dem Kopf, gut sichtbar, hat er eine Narbe. Sein Neffe habe Probleme mit den Augen, mit dem Kopf und den Beinen, sagt Anwar. In Deutschland wolle seine Familie einen guten Arzt für ihn finden, aber bisher seien sie immer wieder an den kroatischen Grenzern gescheitert.

Auf den Videos sind die Gesichter der Grenzbeamten zum Teil deutlich erkennbar. Ein Polizist lässt sich leicht als Mitglied einer Zagreber Einheit identifizieren. Im Internet zeigt er sich gern kinderfreundlich, beruflich schiebt er illegalerweise Minderjährige ab.

EU zahlt Millionen für kroatischen Grenzschutz

Auf Anfrage des SPIEGEL teilte das kroatische Innenministerium mit, dass es sich bei den Aktionen um legale Einreiseverweigerungen direkt an der Grenze gehandelt habe. Hierbei sei es nicht notwendig, die Menschen zu einer Polizeiwache zu führen und die »Bedürfnisse der Migranten« festzustellen. Beim Grenzschutz halte sich Kroatien an nationale und internationale Regeln. Allein in den vergangenen fünf Monaten hätten 339 Personen in der Region internationalen Schutz beantragt.

Dabei ignoriert das Innenministerium allerdings, dass die Schutzsuchenden nach eigener Aussage bereits tief in kroatisches Territorium vorgedrungen waren. EU-Recht verbietet in diesem Fall eine Abschiebung über die grüne Grenze und schreibt vor, auf Anfrage ein Asylverfahren zu ermöglichen. Hinzu kommt: Bei den Abgeschobenen handelte es sich teils um Schwangere, Babys und gebrechliche Menschen – sie sind besonders schutzbedürftig.

Die EU hat den kroatischen Grenzschutz in den vergangenen Jahren mit mehr als 160 Millionen Euro finanziert. Die Deutschen haben den kroatischen Grenzschützern Wärmebildkameras und Minibusse überlassen. Bald soll Kroatien dem Schengenraum beitreten, innerhalb dessen die Mitgliedstaaten ihre Binnengrenzen nicht kontrollieren. Schon jetzt präsentiert sich die kroatische Regierung deshalb als Türsteher Europas.

Die Aufnahme in den Schengenraum muss einstimmig erfolgen. Theoretisch könnten die EU und ihre Mitgliedstaaten so Druck auf die Regierung ausüben. Die EU-Kommission müsse Kroatien zwingen, Schutzsuchenden ein Asylverfahren zu gewähren, sagt die niederländische Europaabgeordnete Tineke Strik deshalb. Ihre Befürchtung: Sollten die offensichtlichen Pushbacks weiter straflos bleiben, werde die Glaubwürdigkeit der EU Schaden nehmen.

Man solle sich keinen Illusionen hingeben, sagt hingegen die grün-linke kroatische Parlamentsabgeordnete Sandra Benčić. »Es sieht so aus, als würde die EU Kroatien in den Schengenraum aufnehmen, obwohl unsere Polizei die Schutzsuchenden einfach zurückdrängt«. Die Grenzschützer würden von der Regierung zu den Pushbacks gezwungen. Sie täten das im Namen der Europäischen Union.

Kroatien blockiert offenbar Pushback-Bericht des Europarates

Die zuständige EU-Kommissarin Ylva Johansson ist zumindest offenbar nicht gewillt, die kroatische Regierung wegen der Pushbacks öffentlich bloßzustellen. Sie habe zahlreiche ähnliche Berichte erhalten und halte sie durchaus für glaubwürdig, sagte Johansson dem SPIEGEL und seinen Recherchepartnern nach Ansicht der Videos. Jeder einzelne Vorwurf müsse untersucht werden. Doch der kroatische Premier Andrej Plenković habe sich bei ihren Besuchen einsichtig gezeigt. Inzwischen habe er zugesagt, einen unabhängigen Mechanismus zur Menschenrechtsbeobachtung an der Grenze zu etablieren.

Der öffentliche Druck auf Kroatien könnte trotzdem weiter wachsen. Seit Sommer 2020 untersucht das Antifolterkomitee des Europarats die Pushbacks, einige Mitglieder reisten dazu unangekündigt an die bosnisch-kroatische Grenze. Das Komitee segnete den Bericht der Inspekteure bereits im November 2020 ab, veröffentlicht wurde er aber bis heute nicht. Hinter den Kulissen heißt es, der Bericht bestätige die Menschenrechtsverletzungen in aller Deutlichkeit. Doch Kroatien stemme sich mit allen Mitteln gegen eine Veröffentlichung. Das kroatische Innenministerium bestreitet das.

Würde der Bericht des Europarats rechtzeitig öffentlich, könnte er Kroatiens Schengenbeitritt möglicherweise noch gefährden. Für Sajad käme er wohl zu spät.

Fünf Tage nach dem Pushback hockt er mit seiner Familie in den Ruinen eines halb fertig gebauten Hauses und trinkt Tee, den er in einer alten Konservendose auf dem Feuer gekocht hat. Sajads Onkel lehnt an einer Wand, die Krücke hat er beiseitegelegt. Die Erwachsenen haben Decken ausgebreitet, die Kinder wuseln umher. Sajad sagt, er habe längst aufgehört zu zählen, wie oft er schon probiert habe, in die EU zu gelangen. Bald wird er zehn Monate in Bosnien sein. Morgen will er es erneut versuchen.

Mitarbeit: Jack Sapoch, Lamia Šabić
(https://www.spiegel.de/ausland/kroatien-polizei-schiebt-babys-schwangere-und-kinder-mit-behinderung-illegal-ab-a-bb0df80f-6248-4c5f-a599-a79afd518ea1)


+++ITALIEN
Italien – Nummer PM3900013
Die Pathologin Cristina Cattaneo versucht, im Mittelmeer ertrunkene Flüchtlinge zu identifizieren
https://www.freitag.de/autoren/the-guardian/nummer-pm3900013


+++GRIECHENLAND
Griechenland: Illegale Push-Backs von Menschen auf der Flucht
Ein neuer Bericht von Amnesty International deckt auf, wie die griechische Grenzpolizei Menschen auf der Flucht selbst Hunderte Kilometer entfernt von der Grenze gewaltsam aufgreift und in die Türkei abschiebt. Amnesty International fordert angesichts der völkerrechtswidrigen Push-Backs die EU-Grenzschutzagentur Frontex auf, ihre Operationen in Griechenland auszusetzen oder sich ganz aus dem Land zurückzuziehen.
https://www.amnesty.ch/de/laender/europa-zentralasien/griechenland/dok/2021/illegale-push-backs-von-menschen-auf-der-flucht
-> https://www.migazin.de/2021/06/23/amnesty-fluechtlinge-griechenland-opfer-verbrechen/


Griechenland verschärft Flüchtlingspolitik – Echo der Zeit
In Griechenland hat die konservative Regierung die Flüchtlingspolitik verschärft. Statt auf Integration setzt sie auf Abschreckung und Isolation. Das kritisieren Menschenrechtsorganisationen.
https://www.srf.ch/play/radio/echo-der-zeit/audio/griechenland-verschaerft-fluechtlingspolitik?id=b32c8ae9-9b6d-4373-96c0-d55ebd0c09f4


Boxen gegen den Frust: Junge Geflüchtete in Griechenland beim Kampfsport
Die meisten Trainingsteilnehmenden saßen lange im Lager von Moria fest. Jetzt finden sie Trost in Low Kicks und Leberhaken. Wir haben sie beim Training besucht.
https://www.vice.com/de/article/5dbpkb/boxen-gegen-den-frust-junge-gefluchtete-in-griechenland-beim-kampfsport


Kölner NGO hilft Geflüchteten in Athen
Die NGO “Refugee Foundation” aus Köln unterstützt Geflüchtete in Griechenland. Regelmäßig fahren Mitglieder mit Spenden bepackt auf die griechischen Inseln. Anfang Juni waren sie in Athen unterwegs und versorgten dort Familien. Bamdad Esmaili hat sie dabei begleitet.
https://www1.wdr.de/nachrichten/wdrforyou/deutsch/wdrforyou-ngo-hilft-gefluchtete-in-athen-de-102.html


+++EUROPA
Libyen: Ärzte ohne Grenzen fordert menschenwürdige Asyl- und Migrationspolitik
Anlässlich der heute stattfindenden zweiten Libyen-Konferenz in Berlin fordert Ärzte ohne Grenzen von der Bundesregierung und der EU, die katastrophale Lage von Geflüchteten und Migrant*innen in Libyen nicht unter den Tisch fallen zu lassen und für eine menschenwürdige Asyl- und Migrationspolitik zu sorgen.
https://www.aerzte-ohne-grenzen.de/presse/libyen-konferenz-berlin-forderung-migrationspolitik
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/libyen-konferenz-in-berlin?urn=urn:srf:video:3afd9011-9189-42d1-a5bf-120a494bb2bd
-> https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-84139.html


+++GASSE
Bänkligate am Bahnhofsplatz
Die Stadt Bern hat entschieden, die eigentlich noch relativ neuen Bänke unter dem Baldachin wieder zu entfernen.Grund seien die Gruppen, die sich dort häufig aufhalten und laut Behörden die Passant*innen stören würden. Die Bänke wurden offenbar temporär entfernt, bis sich die Situation wieder beruhigt. Laut der Gassenarbeit Bern wird die Diskussion um Freiraum, so unter den Tisch gekehrt. Es gehe nicht um die Bänke, sondern eben um die Situation – beruhigen werde sie sich mit der Verdrängung druch die Stadt jedoch nicht.
https://rabe.ch/2021/06/23/baenkligate-am-bahnhofsplatz/



(FB Gassenarbeit)
+++ AUFRUF ZUM TEILEN +++
Wir rufen dazu auf, dass die solidarische Berner Bevölkerung ein Zeichen gegen Verdrängung und Diskriminierung setzt. Wir rufen dazu auf, Sitzgelegenheiten unter den Baldachin zu stellen! Das können die roten städtischen Stühle oder andere Sitzgelegenheiten, wie Campingstühle oder Hocker, sein.
Wir laden alle dazu ein, auch ein bisschen unter dem Baldachin zu verweilen und das Gespräch mit den Menschen zu suchen.
Lasst uns Vorurteile abbauen und solidarisch miteinander sein!
Die Alternative Linke hat gestern dazu aufgerufen hat, als Ersatz die roten städtischen Stühle, welche auf öffentlichen Plätzen stehen, unter den Baldachin zu stellen. Diesem Aufruf sind einige Menschen gefolgt. Bis zum heutigen Morgen wurden ca. 9 Stühle unter den Baldachin gestellt. Diese wurden genutzt.
Heute nach 8 Uhr wurden die roten städtischen Stühle wieder entfernt.
#bänkligate
(https://www.facebook.com/GassenarbeitBern/posts/1470042299996270)



(FB Gassenarbeit Bern)
Wir rufen die Stadt Bern dazu auf, sich in diesen Fragen anders auszurichten. Wir fordern eine Stadt, wo alle Menschen Platz erhalten. Der öffentliche Raum soll für alle nutzbar sein und nicht durch kommerzielle Nutzung einzelne Menschen ausschliessen.
Installiert die Bänke wieder da, wo sie waren und gebt die Treppen rund um die Heiliggeistkirche frei!
Die Bänke unter dem Baldachin wurden unter fadenscheiniger Argumentation entfernt. Anscheinend fühlten sich Passant:innen gestört. Das Problem waren erst die Personen beim Raucher beim Bahnhofseingang zwischen Tibits und Café Bar Florian. Jetzt stören die Personen, welche den Bahnhofplatz unter dem Baldachin und um die Heiliggeistkirche zum Verweilen nutzen. Die Bänke wurden anscheinend temporär entfernt, bis sich die Situation beruhigt. Die Kantonspolizei, Pinto und das Tiefbauamt entschieden mit der SUE (Amt für Sicherheit, Umwelt und Energie), die Rundbank zu entfernen.
Unserer Einschätzung nach handelt es sich hierbei um eine weitere Episode der Verdrängung von Menschen, die die Zuständigen im öffentlichen Raum gerne unsichtbar haben wollen. Trotz mangelnden alternativen Aufenthaltsorten und unkommerziellen Plätzen wurde diese Massnahme ohne Vorwarnung und Information der Nutzer:innen durchgeführt. Es ist eine gängige Taktik für grössere Städte, Menschen mit dem Lebensmittelpunkt auf der Gasse aus dem Stadtbild zu verdrängen. Ein Bahnhof ist immer ein zentraler Treffpunkt für unterschiedliche Gruppen. Die Nutzung eines solchen Platzes für gewissen Menschen durch Repression und städtebaulichen Verdrängungsmassnahmen zu verunmöglichen, ist Diskriminierung.
#bänkligate
(https://www.facebook.com/GassenarbeitBern/posts/1470019203331913)



Bettlerdebatte: Heute entscheidet der Grosse Rat
Der Grosse Rat entscheidet heute über den Vorschlag der Basler Regierung, wieder strengere Regeln fürs Betteln einzuführen. Die Linke will zwar einen Gegenvorschlag einbringen, auf ein Referendum aber verzichten.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/bettlerdebatte-heute-entscheidet-der-grosse-rat?id=12008625
-> https://twitter.com/BajourBasel
-> https://www.20min.ch/story/setzt-mitte-rechts-das-bettelverbot-durch-oder-wird-es-von-den-linken-torpediert-126608865371
-> https://www.20min.ch/story/betteln-darf-nicht-verboten-werden-es-ist-ein-grundrecht-370416486446
-> https://www.bazonline.ch/showdown-im-grossen-rat-heute-folgt-die-finale-debatte-702092025109
->https://www.bazonline.ch/von-verbot-zu-verbot-eine-chronologie-430205774294 (Abo)
-> https://bajour.ch/a/QF0H3ABM5DI8zGVN/ticker-bettelverbot-live-aus-dem-grossen-rat-basel-stadt
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-basel-baselland/bettlerdebatte-im-grossen-rat?id=12008997
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/basler-grosser-rat-schrankt-bettelei-im-kanton-stark-ein-65952580
-> Schweiz Aktuell: https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/bettelverbot-in-basel-stadt?urn=urn:srf:video:6319cef9-0c52-4a57-b2a5-52d7975d6512
-> https://telebasel.ch/2021/06/23/grosser-rat-schraenkt-bettelei-in-basel-stark-ein/?
-> https://bajour.ch/a/QF0H3ABM5DI8zGVN/ticker-bettelverbot-live-aus-dem-grossen-rat-basel-stadt
-> https://bajour.ch/a/mBWtSNlXv6lMkFEs/kommentar-zum-restriktiven-bettelgesetzt-in-basel-stadt
-> https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/kommentar-ein-armutszeugnis-fuer-basel-ld.2155395
-> https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/grosser-rat-klare-fronten-bettelverbot-trotz-widerstand-von-links-angenommen-ld.2154816
-> https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/nach-dem-ja-zum-basler-bettelverbot-sp-praesidentin-mathys-der-entscheid-des-grossen-rates-ist-schwere-kost-ld.2155414
-> https://www.bazonline.ch/ich-streite-es-nicht-ab-was-wir-hier-tun-ist-symptombekaempfung-215968058002 (Abo)
-> https://www.bazonline.ch/schmerzhaft-aber-vernuenftig-283103198103 (Abo)
-> https://www.bazonline.ch/das-bettelverbot-ist-beschlossen-eine-uebersicht-666155964060 (Abo)



bzbasel.ch 23.06.2021

Zu wenige Wohnungen für «Housing First»: Obdachlose müssen in Basel weiterhin auf der Strasse schlafen

Es gibt viele Interessenten für das Hilfsprogramm für Wohnungslose. Aber im Gegensatz zu den Vorzeige-Städten in Finnland, fehlt in Basel die staatliche Unterstützung.

Helena Krauser

Seit rund einem Jahr führt Basel-Stadt das Pilotprojekt «Housing First» durch. Der Kanton ist somit Vorreiter bei einem Konzept, das mittlerweile europaweit diskutiert wird und in einigen Ländern bereits grosse Erfolge im Kampf gegen die Obdachlosigkeit erzielen konnte. Allerdings gestaltet sich die Umsetzung in Basel als schwierig.

Das Aktionsprogramm stellt Obdachlosen eine Wohnung zur Verfügung, ohne dass sie ihre sonstigen Probleme, wie Suchtabhängigkeiten oder psychische Beschwerden gelöst haben müssen. In Basel liegt es in der Obhut der Heilsarmee und der Sozialhilfe. Die Idee: Wer ein stabiles Zuhause hat, kann mehr Energie aufwenden, um wieder Ordnung in das eigene Leben zu bringen.

In Finnland sank die Zahl der Obdachlosen durch «Housing First» um 35 Prozent. In Basel-Stadt haben sich bereits 17 Obdachlose für das Programm angemeldet. Aber nur acht Personen konnte bereits eine Wohnung zur Verfügung gestellt werden. Denn es stehen viel zu wenige Wohnungen zur Verfügung.

Auch Stiftungen wollen sich nicht beteiligen

Warum funktioniert die Akquise der Wohnungen in Finnland so gut und in Basel nicht? Im Unterschied zu Basel werden die Wohnungen in den finnischen Städten von «Housing First» aufgekauft. Während die Obdachlosen in Basel also auf die Grosszügigkeit privater Immobilienbesitzer angewiesen sind, kann das Programm in Finnland selbst Wohnungen zur Verfügung stellen. Unterstützt wird es dabei vom Staat, von NGOs und der finnischen Lotterie.

Damit ist ein grosses Problem gelöst, denn: «Viele Liegenschaftsbesitzer sind eher skeptisch, wenn sie von dem Programm hören. Sie haben Angst, dass die Miete nicht bezahlt wird oder sonstige Probleme mit den Mietern entstehen», so Thomas Baumgartner, Gesamtleiter «Heilsarmee Wohnen». Er berichtet von einigen Fällen in denen er Liegenschaftsverwaltungen angefragt habe, aber nach anfänglichem Zuspruch keine Rückmeldung mehr erhielt. Auch die Anfrage bei Basler Stiftungen blieb erfolglos. «Selbst bei der Christoph Merian Stiftung, die sich an der Studie zur Obdachlosigkeit in Basel-Stadt beteiligte und dabei «Housing First» empfahl, biss ich auf Granit», sagt er.

Seine Kritik richtet sich daher in erster Linie an die Liegenschaftsbesitzer und Verwalter. Allerdings wünscht er sich auch vom Kanton mehr Engagement, um geeignete Wohnungen zu finanzieren. Drei der derzeit acht verfügbaren Wohnungen werden gemäss Ruedi Illes, Amtsleiter bei der Sozialhilfe staatlich finanziert. Im nationalen Vergleich ist das allerdings eher dürftig. «In Mulhouse läuft das Programm schon länger. Dort stellt die Kommune die Wohnungen zur Verfügung. Die Obdachlosen haben dann sogar die Möglichkeit, sich zwei bis drei Wohnungen anzuschauen und eine auszusuchen», so Baumgartner.

Sozialhilfe will Auswertung abwarten

Die Problematik, die sich nun abzeichnet, befürchtete Michel Steiner vom Verein für Gassenarbeit «Schwarzer Peter» bereits bei der Lancierung des Pilotprojekts. In einem Prospekt über das Konzept schrieb er: «Man kann nur hoffen, dass die Umsetzung von ‹Housing First› nicht am Hauptproblem scheitert, nämlich dem Mangel an Wohnraum beziehungsweise dem zu wenig forcierten Akquirieren von geeigneten Liegenschaften durch den Kanton.» Zwar sei man mit der Umsetzung der Wohnraum-Initiativen langfristig auf dem richtigen Weg. «Bei kurzfristigen Umsetzungen klemmt es aber», sagt Steiner heute.

Auch Illes hält fest, dass es «eine grosse Herausforderung ist, auf dem ‹privaten› Wohnungsmarkt für diese Personen Wohnungen zu finden.» Für die Sozialhilfe mache es allerdings wenig Sinn während des laufenden Pilotprojekts punktuelle Anpassungen vorzunehmen. «Vielmehr erscheint es sinnvoller, eine umfassende Auswertung zu machen und dann die notwendigen Schlüsse zu ziehen», so Illes.

«Housing First» fiel nach der Annahme der vier Wohn-Initiativen im Jahr 2018 auf fruchtbaren Boden. «Ohne diese Initiativen, hätte das Programm gar nicht realisiert werden können», sagt Baumgartner. Doch nun brauche es mehr Engagement, um weitere Erfolge zu erzielen.
(https://www.bzbasel.ch/basel/wohnungsnot-zu-wenige-wohnungen-fuer-housing-first-obdachlose-muessen-in-basel-weiterhin-auf-der-strasse-schlafen-ld.2154407)



Das Zürcher Impfangebot für Randständige ist gut angelaufen
Die Stadt Zürich will Obdachlosen, Menschen mit Suchtproblemen oder Sanspapiers eine Corona-Impfung ermöglichen. Seit gut einer Woche können sich Randständige im Ambulatorium Kanonengasse ohne viel Bürokratie impfen lassen. Eine erste Bilanz zeigt: Schon über 100 Menschen haben das Angebot genutzt.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/das-zuercher-impfangebot-fuer-randstaendige-ist-gut-angelaufen?id=12008589


Notschlafstelle in Zürich-Wipkingen wird saniert
Die städtische Notschlafstelle in Zürich-Wipkingen muss instandgesetzt und umgebaut werden. Der Stadtrat hat dafür 5,154 Millionen Franken bewilligt.
https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/notschlafstelle-in-zuerich-wipkingen-wird-saniert-00160668/
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/zuerich/zuerich-notschlafstelle-in-wipkingen-wird-saniert-ld.2155192


Luzerner Stadtrat startet Pilotprojekt gegen Armut
Wegen der Pandemie hat die Armut in der Bevölkerung zugenommen. Vor allem Ausländerinnen und Ausländer sind betroffen.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/luzerner-stadtrat-startet-pilotprojekt-gegen-armut-ld.2155403


+++DROGENPOLITIK
Portugal: Wo die Sucht kein Verbrechen mehr ist
Seit zwanzig Jahren steht der Konsum von Drogen in Portugal nicht mehr unter Strafe. Obwohl sich die Abkehr von repressiven Massnahmen bewährt hat, ist eine Legalisierung nicht in Sicht.
https://www.woz.ch/2125/portugal/wo-die-sucht-kein-verbrechen-mehr-ist


+++SEXWORK
Sexarbeit: Bundesgericht anerkennt Gültigkeit von Prostitutionsverträgen
Gemäss höchstrichterlicher Rechtsprechung galten Prostitutionsverträge über sexuelle Dienstleistungen in der Schweiz bis vor Kurzem als sittenwidrig – und waren damit nichtig. Das Bundesgericht ändert nun seine Praxis: Der Anspruch auf Entschädigung für Sexarbeit ist strafrechtlich geschützt.
https://www.humanrights.ch/de/ipf/menschenrechte/zugang-zum-recht/sexarbeit-prostitutionsvertraege


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Hausbesetzer werfen Winterthurer Stadtpolizei Brutalität vor
Ein Gruppe von Hausbesetzern kritisiert die Stadtpolizei Winterthur. Diese habe bei der Auflösung einer Hausbesetzung am Freitag zu gewalttätig reagiert. Die Polizei wehrt sich gegen die Vorwürfe.
https://www.toponline.ch/news/winterthur/detail/news/hausbesetzer-beschuldigen-polizei-zu-brutal-vorgegangen-zu-sein-00160633/


+++AUSLÄNDER*INNEN-RECHT
Ausreisepflichtige sollen zu einem Covid-19-Test verpflichtet werden können
Wer die Schweiz verlassen muss, soll zu einem Covid-19-Test verpflichtet werden können, wenn eine Wegweisung ansonsten nicht vollzogen werden kann. Das ist insbesondere für die Kantone wichtig, die für den Vollzug von Wegweisungen zuständig sind. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 23. Juni 2021 die Vernehmlassung zu einer entsprechenden Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes (AIG) eröffnet. Die neue Regelung soll rasch in Kraft treten und bis Ende 2022 gelten. Damit können hohe Kosten insbesondere auch bei den Kantonen vermieden werden.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-84110.html
-> https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/bundesrat-will-covid-testpflicht-bei-ausschaffungen-65952349


 «Aktion Vierviertel»: Bullakajs Weg zum schöneren Bürgerrecht
Wie kaum ein Zweiter kennt Arber Bullakaj die Niederungen der Einbürgerungsverfahren. Nun will er sie verändern. Ein Sonntagsspaziergang in seinem Heimatort Wil.
https://www.woz.ch/2125/aktion-vierviertel/bullakajs-weg-zum-schoeneren-buergerrecht


+++ANTITERRORSTAAT
Verordnung zum Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus geht in die Vernehmlassung
Die Stimmberechtigten haben das Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT) am 13. Juni 2021 angenommen. Erste Bestimmungen zu Polizeikooperationen und verdeckter Fahndung sollen bereits im Herbst in Kraft gesetzt werden. Die Umsetzung der vorgesehenen präventiv-polizeilichen Massnahmen wird in einer Verordnung (VPMT) konkretisiert. Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 23. Juni 2021 zur entsprechenden Verordnung die Vernehmlassung eröffnet.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-84105.html


+++BIG BROTHER
Impfung und Contact Tracing stellen Datenschutz auf die Probe
In der Corona Pandemie mussten Zürcherinnen und Zürcher viele persönliche Daten angeben. Sei es bei der Impfung oder beim Contact Tracing. Die Daten seien im Grossen und Ganzen gut geschützt gewesen, sagt die Zürcher Datenschützerin. Ab und zu musste sie 2020 aber auch warnen.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/impfung-und-contact-tracing-stellen-datenschutz-auf-die-probe?id=12008808


+++RECHTSPOPULISMUS
Geheimes Netzwerk: Das “rechte Phantom” der AfD
“Politik ist wie ein gewaltiges Schachspiel”, “Alle bedienen sich”, “Die AfD ist keine Partei, mehr eine Versorgungschance für Gescheiterte Existenzen” – der Mann, der solche Zeilen schreibt, war nie Mitglied der AfD. Und doch gilt er vielen in der Partei als derart tief vernetzt und einflussreich, dass sie Angst vor ihm haben. Manche nennen ihn einen “heimlichen Strippenzieher”, andere gar “Königsmacher”. Denn der Unternehmer Tom Rohrböck soll seit Gründung der AfD massiv Einfluss auf führende Politikerinnen und Politiker und die personelle Ausrichtung der Partei genommen haben.
https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama_die_reporter/Geheimes-Netzwerk-Das-rechte-Phantom-der-AfD,panorama13026.html
-> https://www.derstandard.at/story/2000127669792/unternehmer-soll-afd-chefin-weidel-unter-falschem-namen-in-hotels?ref=rss


+++RECHTSEXTREMISMUS
Hate Speech: Der rassistische Tweet eines SVP-Politikers
Das Bundesgericht bestätigt die Verurteilung des SVP-Politikers Jean-Luc Addor wegen Rassendiskriminierung. Der vom Politiker geltend gemachte «ironische Unterton» in einem Beitrag auf Twitter und Facebook vermochte die Bundesrichter*innen nicht zu überzeugen: Die Meinungsäusserungsfreiheit stösst an ihre Grenzen, wenn zu Hass aufgerufen wird.
https://www.humanrights.ch/de/ipf/menschenrechte/diskriminierung/hassrede-politiker-rassendiskriminierung


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Polizeieinsatz an der unbewilligten Corona-Demo in Aarau im Mai kostete wohl 100’000 Franken
Der Kanton gibt die Zahl der Polizisten, die am 8. Mai in der Hauptstadt im Einsatz standen, nicht bekannt. Auch zu den Gesamtkosten des Einsatzes schweigen die Verantwortlichen. Berechnungen der AZ zeigen nun, dass das Aufgebot wohl knapp 100’000 Franken kostete.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/kostenrechnung-polizeieinsatz-an-der-unbewilligten-coronademonstration-in-aarau-im-mai-kostete-wohl-100000-franken-ld.2154566



aargauerzeitung.ch 23.06.2021

Anzeigenflut nach der Corona-Demo in Aarau: Die unbewilligte Kundgebung vom 8. Mai hat Folgen

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Teilnehmer, die Polizisten bedroht und angegriffen haben sollen. Ein Demonstrant wirft der Polizei Amtsmissbrauch und Tätlichkeiten vor. Und die Stadt Aarau zeigt das Aktionsbündnis an, das die Kundgebung organisierte.

Fabian Hägler und Sandra Meier

Polizei und Behörden zogen nach der unbewilligten Coronademo vom 8. Mai in Aarau eine grundsätzlich positive Bilanz. Statt der angekündigten 8000 Teilnehmer seien es nur 1500 gewesen, zudem sei es gelungen, eine Kundgebung in der Innenstadt zu verhindern. Doch die Kundgebung wird die Justiz noch länger beschäftigen, wie Recherchen der AZ zeigen.

Während der Coronademo in Aarau sprach die Polizei rund 200 Wegweisungen aus, wie Samuel Helbling vom kantonalen Innendepartement sagt. «Es kam zu 17 Anzeigen wegen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen. Davon sind zehn bereits bei der Staatsanwaltschaft eingegangen. Diverse weitere Ermittlungsverfahren wegen Gewalt und Drohung gegen Beamte sowie Hinderung einer Amtshandlung sind am Laufen.»

Die 10 Anzeigen, die schon bei der Staatsanwaltschaft liegen, richten sich gegen Personen, die eine polizeiliche Wegweisung für das Stadtgebiet Aarau missachtet hatten.

Anzeigen von der Polizei – und eine Anzeige gegen die Polizei

Eine dieser Personen, die eine Wegweisung missachteten, ist Christian Rüegg aus Wald ZH, der auf Facebook von der unbewilligten Coronademo in Aarau berichtete. Dabei sagte Rüegg in einem Video, er habe bei der Anreise soeben eine Wegweisung kassiert – am Nachmittag war er aber trotzdem in der Stadt und publizierte zahlreiche Fotos und Livevideos.

Rüegg könnte aber nicht nur Beschuldigter, sondern auch Kläger sein – er wurde im Aarauer Schachen festgenommen und kritisierte in einem Video das Vorgehen der Polizisten als brutal. Fiona Strebel, die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, teilt auf Anfrage der AZ mit, dass eine Anzeige gegen die Polizei eingegangen sei. Vorgeworfen werde den Polizisten darin Amtsmissbrauch und Tätlichkeiten, die Anzeige werde nun geprüft, sagt die Sprecherin weiter. Christian Rüegg wollte sich auf Anfrage nicht dazu äussern, ob er die Polizei nach der Demo in Aarau angezeigt habe.

Schon am Tag der Demonstration gab die Kantonspolizei ihrerseits bekannt, dass sie einen Mann angezeigt hat, der gegenüber Polizisten handgreiflich geworden sei. Fiona Strebel bestätigt, dass gegen den Mann ein Verfahren wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung, Gewalt oder Drohung gegen Behörden und Beamte, Tätlichkeiten und Beschimpfung laufe.

Stadtrat Aarau zeigt Aktionsbündnis Aargau-Zürich an

An der Einwohnerratssitzung vom 11. Mai kündigte der Aarauer Stadtpräsident Hanspeter Hilfiker an, eine Strafanzeige gegen die Organisatoren der unbewilligten Demonstration einzureichen. Dies ist inzwischen passiert, wie Staatsanwaltschafts-Sprecherin Strebel sagt: «Von der Stadt Aarau ist eine Anzeige gegen die Verantwortlichen des Aktionsbündnisses Aargau-Zürich für eine vernünftige Corona-Politik eingegangen – und zwar wegen Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen und Widerhandlung gegen das Reglement der Stadt Aarau über die Nutzung des öffentlichen Grunds.»

Das Aktionsbündnis hatte eine Bewilligung für die Demo beantragt, diese war ihnen aber von den Behörden verweigert worden. Darauf teilten die Coronaskeptiker mit, man verzichte aufgrund der fehlenden Bewilligung auf eine Kundgebung und distanziere sich ausdrücklich von der Organisation und Durchführung einer nicht bewilligten Demonstration.

Markus Häni, der Sprecher des Aktionsbündnisses, der bei der unbewilligten Demo selber in Aarau war, äussert sich auf Anfrage nicht zur Anzeige der Stadt. Artur Therekhov, der Rechtsbeistand des Komitees, teilt mit: «Von einer Strafanzeige der Stadt Aarau gegen den Verein Aktionsbündnis Aargau-Zürich bzw. dessen Verantwortliche habe ich keine Kenntnis.»

Rechtsvertreter sieht Aktionsbündnis nicht in der Verantwortung

Dies dürfte laut Terekhov mitunter daran liegen, dass nicht nach jeder Strafanzeige überhaupt ein Verfahren eröffnet wird. Aus seiner Sicht hat das Aktionskomitee wenig zu befürchten, weil die Verantwortlichen nicht vorsätzlich gehandelt hätten: «Damit scheidet eine strafrechtliche Sippenhaft der ursprünglichen Veranstalter aus, wenn nach der Ablehnung eines Gesuchs eine andere Gruppierung oder ein wilder Haufen Leute davon unabhängig auf die Strasse geht.»

Vor diesem Hintergrund hält es Jurist Terekhov für durchaus realistisch, dass die Staatsanwaltschaft die Strafanzeige der Stadt Aarau mittels Nichtanhandnahmeverfügung erledigt.

Bereits am 18. Mai hat Terekhov im Namen des Aktionsbündnisses beim kantonalen Verwaltungsgericht eine Beschwerde gegen das Demoverbot des Regierungsrats eingereicht. Nicole Payllier, Sprecherin der Aargauer Gerichte, bestätigt den Eingang der Beschwerde und teilt zum Verfahrensstand mit: «Der Schriftenwechsel läuft, zum weiteren zeitlichen Ablauf können im Moment keine Angabengemacht werden.» Terekhov selber rechnet nicht damit, dass vor Herbst ein Entscheid des Verwaltungsgerichts vorliegt, ob das Demoverbot rechtmässig war.

Aargauer Demonstrantin steht im Juli in Zürich vor Gericht

Schon weiter als mit den Verfahren nach der Coronademo von Aarau ist die Zürcher Justiz im Fall einer Aargauerin, die im Mai 2020 an einer unbewilligten Kundgebung teilnahm. Ohne Schutzkonzept und Bewilligung demonstrierten etwa 60 bis 70 Massnahmen-Gegner damals auf dem Sechseläutenplatz in Zürich. Darunter war auch eine 42-jährige Aargauerin.

Zum Zeitpunkt der Coronakundgebung war die maximale Zahl an Personen, die sich versammeln durften, auf fünf beschränkt. Kurze Zeit nach Eintreffen der Gruppe griff die Zürcher Stadtpolizei ein. Mit Lautsprechern riefen sie die Demonstrierenden auf, den Platz zu verlassen. Die Aargauerin wurde auch persönlich von einem Beamten weggewiesen.

Der Frau drohen eine bedingte Geldstrafe und eine Busse von 500 Franken

Als die Polizei eine halbe Stunde später eine weitere Kontrolle durchführte, hielt sich die Frau mit anderen Demo-Teilnehmern immer noch auf dem Sechseläutenplatz auf. Und weigerte sich, der Polizei Folge zu leisten. Die Beamten mussten sie schliesslich festhalten. Nun, rund ein Jahr später, muss sich die 42-Jährige vor Gericht verantworten.

«Mit diesem Verhalten unterstützte sie die unbekannten Organisatoren der verbotenen Versammlung wissentlich und willentlich und leistete einen nicht marginalen Beitrag dazu, dass die Versammlung trotz polizeilicher Abmahnung weitergehen konnte», heisst es in der Anklageschrift, die der AZ vorliegt.

Die Staatsanwaltschaft fordert eine bedingte Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu 10 Franken sowie eine Busse von 500 Franken. Der Prozess wegen Widerhandlung gegen die Covid-Verordnung findet am 5. Juli am Bezirksgericht Zürich statt.
(https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/justiz-die-unbewilligte-kundgebung-vom-8-mai-hat-folgen-anzeigenflut-nach-der-coronademo-in-aarau-ld.2154202)