Medienspiegel 7. Juni 2021

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+++BERN
derbund.ch 07.06.2021

Interview mit Regierungsrat Philippe Müller – «Wir können uns doch nicht erpressen lassen»

Sicherheitsdirektor Philippe Müller (FDP) verteidigt die Unterbringung von Kindern in den Abschiebezentren. Dafür verantwortlich seien deren Eltern.

Andres Marti

In letzter Zeit häuften sich Berichte über Gewalt in Asylzentren. Ist das auch im Kanton Bern ein Thema?

Bei Gewalt, egal von welcher Seite, gilt immer Nulltoleranz. Das gilt für abgewiesene Asylsuchende ebenso wie für Betreuer oder Security. Es gibt immer Leute, die sich unanständig benehmen, das sind jedoch wirklich Einzelfälle. Die grosse Mehrheit der Asylsuchenden verhält sich korrekt.

Was ist mit Drohungen gegen das Personal? In Basel wurde eine Angestellte eines Bundesasylzentrums massiv bedroht und angegriffen.

Diese Tendenz bereitet mir Sorgen. Die Kritik von aussen ist manchmal derart masslos, dass manche Leute offenbar ermutigt werden, handgreiflich zu werden. Solche Fälle wie in Basel sind bei uns bislang ausgeblieben. Vor kurzem gab es einen Farbanschlag auf das Amt für Bevölkerungsdienste und vorher einen Anschlag auf das Bundesasylzentrum in Kappelen bei Lyss mit erheblichem Sachschaden. Das zeigt mir, dass gewisse Linke vor Gewalt nicht zurückschrecken.

Wurden Sie schon persönlich bedroht?

Drohungen kommen immer wieder vor. Wie ernst die Gefährdungslage ist, entscheidet die Polizei. Letztes Jahr gab es die Situation, wo mich Polizisten abends im Büro abholten und mit einer bewaffneten Eskorte nach Hause begleiteten. Auch meine Tochter konnte sich zwei Tage lang nur mit Polizeischutz bewegen. Das macht schon Eindruck. Mehr möchte ich nicht sagen. Man versucht, nicht zu oft daran zu denken.

In den Berner Rückkehrzentren läuft eine Untersuchung der Nationalen Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF). Wird in den Berner Rückkehrzentren gefoltert?

Natürlich nicht. Es gab in der Vergangenheit immer wieder polemische und unsachliche Vorwürfe im Zusammenhang mit Rückkehrzentren. Wir fanden es deshalb am besten, dies von einer unabhängigen Stelle untersuchen zu lassen.

Die Forderung nach einer unabhängigen Untersuchung kommt aus dem Kantonsparlament. Sie stützt sich unter anderem auf Aussagen eines Migrationsexperten in einem «Bund»-Interview.

Intern haben wir eine unabhängige Untersuchung schon vor dieser Forderung diskutiert. Ausschlaggebend für uns war, dass die NKFV auch Bundesasylzentren überprüft hat, also Erfahrungen im Asylbereich hat. Im Übrigen bin ich überzeugt, dass die Betreiberin der Rückkehrzentren, die ORS, einen guten Job macht. Natürlich gibt es immer Verbesserungspotenzial, aber die teils grotesken Vorwürfe sollten nun entkräftet werden.

In einer Petition forderten im Frühling 2500 Personen, der Kanton solle der ORS den Auftrag für die Rückkehrzentren entziehen. Sie gefährde die Gesundheit der Zentrumsbewohner.

Gewissen Kreisen passt es nicht, wie politische Entscheide gefallen sind. Sie sind generell gegen Rückkehrzentren, haben bei der demokratischen Ausmarchung verloren und versuchen auf diese Weise, die Entscheide zu torpedieren. Die private ORS ist für diese meist politisch links stehenden Leute das ideale Feindbild. Das Gebäude in Aarwangen etwa wird schon seit zehn Jahren als Asylzentrum genutzt. Doch erst seit 2020, seitdem die ORS das Zentrum leitet, heisst es, es gebe zu wenig Toiletten und Duschen, obwohl sich dort früher viel mehr Personen aufgehalten haben. Die ORS leitet viele andere Zentren, zum Beispiel auch jenes im Zieglerspital. Kritisiert wird sie aber einzig für die Leitung der Rückkehrzentren.

Das System der Nothilfe für abgewiesene Flüchtlinge ist auf drei Monate angelegt. Ein Grossteil der Abgewiesenen bleibt deutlich länger hängen, manche jahrelang. Das System funktioniert einfach nicht, wie es soll.

Es ist nicht wegen eines Entscheids des Kantons, wenn diese Leute nach drei Monaten immer noch hier sind. Wir sind nur für den Vollzug des negativen Asylentscheids verantwortlich, der auf Stufe Bund fällt.

Genau damit hapert es doch.

Wer länger in der Nothilfe bleibt, hat das in den allermeisten Fällen freiwillig so entschieden. Diese Leute ignorieren unsere rechtsstaatlichen Verfahren und wollen unsere Entscheidungen übersteuern. Sie können ausreisen, weigern sich aber. Es kann nicht sein, dass jemand vom Ausland her in die Schweiz kommt und uns sagt, wie wir zu entscheiden haben.

Stark kritisiert wird die Unterbringung von Kindern in den Zentren. Die Beobachtungsstelle für Asylfragen spricht von «struktureller Gewalt». Das Kindeswohl sei gefährdet.

Diese Kritik ist nicht korrekt. Masslose Pauschalkritik wirkt irgendeinmal kontraproduktiv. Die Leute glauben es dann auch nicht mehr, wenn etwas dran ist. Es sind immer dieselben Kreise, die auf verschiedene Organisationen verteilt sind, die uns kritisieren. Dass die Kinder in den Zentren leben müssen, haben ihre Eltern so entschieden.

Was können Kinder dafür, wenn ihre Eltern die Schweiz nicht verlassen?

Das ist tatsächlich eine schwierige Frage. Wir können uns aber auch nicht erpressen lassen. Wir haben die Kinder aber bewusst auf zwei Zentren verteilt. Auch ihre Schulung ist sichergestellt.

Im Zentrum in Aarwangen werden Kinder teilweise intern unterrichtet. Durch diese Isolation würden Kinder in Nothilfestrukturen in zunehmendem Masse gesellschaftlich unsichtbar, kritisiert die Eidgenössische Migrationskommission.

Der Aufbau der Volksschule im Rückkehrzentrum erfolgte in enger Zusammenarbeit zwischen Lehrpersonen, Schulleitung und Zentrumsleitung. Wo und wie die Kinder geschult werden, entscheidet die Bildungs- und Kulturdirektion.

Was ist mit Spielzimmern? Gibt es Spielplätze?

Es gibt auch in den Zentren Spielmöglichkeiten. Wir wollen sicher nicht, dass die Kinder nicht spielen können.

Die Nothilfe für eine vierköpfige Familie beträgt 26 Franken pro Tag. Bezahlt der Kanton das Schulmaterial? Das Skilager? Die Landschulwoche?

Die Nothilfe ist eine Überlebenshilfe für Personen, welche die Schweiz verlassen müssen. Es ist klar, dass der Kanton nicht alles übernehmen kann. Die Bundesbehörden haben entschieden, dass diese Menschen die Schweiz verlassen müssen. Es geht also gerade nicht darum, sie zu integrieren.

Mit Ihrer harten Haltung laufen Sie im Grossen Rat auf. So hat dieser kürzlich entschieden, dass auch privat untergebrachte Abgewiesene Anrecht auf Nothilfe haben. Immer wieder wird zudem gefordert, dass sich der Kanton stärker für Lehrlinge einsetzten soll, die ihre Ausbildung wegen eines Negativentscheids abbrechen müssen.

Ich sehe kein Auflaufen. Der Grosse Rat hat die neuen Asylgesetze 2019 mit grosser Mehrheit gutgeheissen. Zu den privaten Unterbringungen: Wo letztlich die Nothilfe ausgerichtet wird, ist ein Detail. Der Regierungsrat wird dem Grossen Rat demnächst einen Vorschlag unterbreiten. Und bei den erzwungenen Lehrabbrüchen hat die bernische Sicherheitsdirektion beim Bund mit einer Verlängerung der Arbeitsmöglichkeit von 12 Monaten das Maximum herausgeholt. Der Ständerat hat Anfang März weitergehende Verlängerungen abgelehnt. Die Frage wurde vom zuständigen Gremium erledigt und hat nichts mit meiner Haltung zu tun.

Warum wehren Sie sich gegen die Forderung, künftig bei allen Lehrlingen konsequent ein Härtefallgesuch einzureichen?

Erstens wäre es klar gesetzeswidrig. Zweitens bringt es nichts. Aussichtslose Gesuche verursachen beim Bund nur Aufwand und Kopfschütteln. Schauen sie nach Zürich: Dort hat man das bei einer Gruppe Tibetern gemacht, und trotzdem hat sich für diese Leute praktisch nichts geändert. Wenn die Betroffenen ihre Identität nicht offenlegen können oder wollen und Experten des Bundes sagen, die kommen aus Indien oder Nepal und nicht aus Tibet, ist das eine Pattsituation. Letztlich entscheidet der Bund, wer bleiben darf und wer nicht. Auf dieser Stufe muss man auch die Lehrabbrüche regeln.



Gewalt gegen Flüchtlinge und Asylbetreuerin

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat Berichte über Gewalt gegen Asylsuchende in Schweizer Bundesasylzentren untersucht und schlägt Alarm: Die Recherche deckt laut Amnesty Verstösse durch das private Sicherheitspersonal auf, die auf «schwere Misshandlungen» hindeuten. So wurden Bewohner von Security-Angestellten spitalreif geschlagen oder bei Minustemperaturen draussen eingesperrt.

Auch die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) hat die Bundesasylzentren untersucht. Sie kommt ebenfalls zum Schluss, dass die Asylsuchenden in den Zentren besser vor Gewalt geschützt werden müssen. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat inzwischen reagiert und die Zusammenarbeit mit mehreren Sicherheitsangestellten eingestellt.

Auch Berichte über Gewalt gegen Angestellte von Asylorganisationen sorgten für Schlagzeilen: Eine Lokalpolitikerin und Mitarbeiterin im Bundesasylzentrum in Basel wurde monatelang von Linksextremisten bedroht. Unbekannte misshandelten ihre Katze und manipulierten die Bremsen an ihrem Auto. (ama)
(https://www.derbund.ch/wir-koennen-uns-doch-nicht-erpressen-lassen-973717012066)



Interpellation Grüne: Sofortige Rücknahme der Kürzungen in der Sozialhilfe für vorläufig Aufgenommene aufgrund des Entscheids des Regierungsstatthalteramts Bern-Mittelland?
https://www.gr.be.ch/gr/de/index/geschaefte/geschaefte/suche/geschaeft.gid-7daad079f2ca4618932af367c26c2e51.html


Interpellation SP: Klarheit schaffen in der Sozialhilfeverordnung (SHV)
https://www.gr.be.ch/gr/de/index/geschaefte/geschaefte/suche/geschaeft.gid-4557c90c447d4710abf0b636805315da.html


+++GRIECHENLAND
Griechenland verschärft Asylrecht – keine Anträge bei Einreise über Türkei
Griechenland wertet die Türkei in Zukunft als sicheres Drittland. Das haben Außen- und Asylministerium gemeinsam entschieden. Dies gilt für Asylsuchende aus Syrien, Afghanistan, Bangladesch, Pakistan und Somalia.
https://de.euronews.com/2021/06/07/griechenland-verscharft-asylrecht-keine-antrage-bei-einreise-uber-turkei


+++EUROPA
Vernichtendes Urteil über Grenzschutzagentur: Europäischer Rechnungshof kritisiert Frontex
Scharfe Kritik am Management von Frontex: Der Europäische Rechnungshof wirft der Grenzschutzagentur vor, sie erfülle ihre Aufgaben nicht und habe sich »übernommen«. Man könne an der Daseinsberechtigung der Agentur zweifeln.
https://www.spiegel.de/ausland/frontex-europaeischer-rechnungshof-kritisiert-grenzschutzagentur-a-7a5e2365-9343-4421-a731-8aff68f4e1a3
-> https://www.derstandard.at/story/2000127215402/eu-rechnungshof-frontex-nicht-wirksam-genug-bei-aussengrenzschutz?ref=rss
-> https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2021-06/frontex-europaeischer-rechnungshof-urteil-grenzschutz-migration-untersuchung
-> https://www.watson.ch/international/migration/908689988-experten-stellen-frontex-vernichtendes-zeugnis-aus


+++JENISCHE/SINTI/ROMA
Fahrende: Kanton Bern will im Seeland temporären Transitplatz bereitstellen
Beim Autobahnanschluss in Biel-Bözingenfeld oder Brügg in Brügg könnte ein temporärer Transitplatz für ausländischen Fahrende entstehen.
https://www.derbund.ch/kanton-bern-will-im-seeland-temporaeren-transitplatz-bereitstellen-877886685450
-> https://www.bernerzeitung.ch/kanton-will-im-seeland-temporaeren-transitplatz-bereitstellen-529569459163



bielertagblatt 07.06.2021

Doch noch ein Platz für Fahrende?

Der Kanton will im Raum Biel Land für einen provisorischen Transitplatz zur Verfügung stellen. Eine neue Arbeitsgruppe soll eine Lösung finden, welche die Agglomerationsgemeinden solidarisch mittragen können.

Lino Schaeren

Die ausländischen Fahrenden haben die Seeländer Gemeinden in diesem Frühjahr überrumpelt. Die Gäste aus Frankreich kamen Ende Februar in ungewohnt grosser Zahl und früher als erwartet in der Region an. Die Politik hatte den illegalen Landbesetzungen durch die Fahrenden vor allem in Biel wenig entgegenzusetzen: Die Reisenden besetzten in grossen Gruppen stadteigenes Gelände teilweise wochenlang unbehelligt. Als die Stadtbehörden durchgriffen, mit Anzeigen drohten und Bussen verteilten, besetzten die Fahrenden stattdessen Land in den umliegenden Gemeinden.

Erst im Mai zogen sie weiter, ein Teil der Reisenden hielt bis Ende letzter Woche Belp auf Trab. Zeit für die Gemeinden im Raum Biel, durchzuatmen. Und sich zu fragen, wie die Situation mit den illegalen Landnahmen endlich zu entschärfen ist. Dass es Wunschdenken ist, dass sich das Problem ohne Halteplatz in Luft auflösen wird, haben die allermeisten erkannt. Die Zahl der Konflikte zwischen Fahrenden, Behörden, Firmen und der Bevölkerung hat in diesem Frühjahr eine neue Dimension erreicht. Seit der Ankunft der Gespanne im Februar musste die Kantonspolizei Bern so oft wegen Problemen mit Fahrenden ausrücken wie im ganzen Jahr 2020. Und dabei steht der Sommer noch bevor – die Reisesaison der Fahrenden dauert bis Oktober. Der Druck auf die betroffenen Gemeinden und den Kanton Bern, endlich eine Lösung zu finden, ist daher in den letzten Wochen noch deutlich gestiegen.

Und es tut sich etwas. Auf Einladung von Biels Sicherheitsdirektor Beat Feurer (SVP) trafen sich am 27. Mai die Agglomerationsgemeinden mit Regierungsstatthalterin Romi Stebler und der Kantonspolizei. Laut BT-Informationen stellte Stebler am runden Tisch zur Überraschung vieler Gemeindevertretenden zwei kantonseigene Parzellen für einen provisorischen Transitplatz in Aussicht: eine in Biel und eine in Brügg, wie sie auf Anfrage bestätigt. Es handelt sich dabei um Land in Autobahnnähe im Bözingenfeld und im Brüggmoos.

Stebler springt mit ihrem Vorschlag in die Bresche, nachdem sich auch in diesem Jahr keine Gemeinde überzeugen liess, eigenes Land zur Verfügung zu stellen. Die Frage ist, ob Biel oder Brügg jetzt auf Vermittlung der Regierungsstatthalterin doch noch bereit sind, die Kröte zu schlucken. Jedenfalls scheint die Zeit vorbei, in der jede Kommune zwar lautstark Bewegung im Fahrendendossier fordert, bei der Frage nach der Problemlösung aber auf die jeweils anderen zeigt. In Gesprächen mit Beteiligten zeigt sich: Die stark betroffenen Gemeinden sind sich einig, dass es jetzt einen von allen mitgetragenen Weg braucht. An der Sitzung Ende Mai haben sie deshalb der Gründung einer neuen Taskforce zugestimmt. Diese arbeitet unter der Leitung von Stebler weiter an einem provisorischen Platzangebot für die Fahrenden.

Gezeigt, wie es geht

Die hohen Hürden, die sie dabei überwinden muss, sind in erster Linie politische: Alle wissen, dass das Problem mit den illegalen Landbesetzungen vor allem mit einem legalen, geregelten Angebot gelöst wird. Dass die Fahrenden in diesem Frühjahr besonders zahlreich in der Region ankommen, mag zwar mit dem Pandemiejahr zusammenhängen. Die Fahrenden dürften wegen den teils deutlich härteren Massnahmen in Frankreich auf der Suche nach Arbeit früh und zahlreich in die Schweiz gekommen sein.

Die Erfahrungen der Gemeinden der letzten Jahre decken sich aber mit jenen der Polizei: Die temporären Transitplätze 2018 und 2019 in Brügg sowie 2019 und 2020 in Gampelen haben bewiesen, dass es mit einem offiziellen Halteplatz weniger Probleme gibt.

Übernehmen wollte trotzdem keine andere Gemeinde – obschon die Beschränkung des Betriebs auf zwei Jahre die Akzeptanz in der Bevölkerung deutlich erhöht hat. Niemand will das Beherbergen der Fahrenden auf eigenem Gemeindegebiet der Wählerschaft verkaufen müssen. Deshalb steht der Kanton Bern heute mit leeren Händen da. Die Eröffnung des definitiven Transitplatzes in Wileroltigen erfolgt frühestens 2024. Einzig das Bundesamt für Strassen (Astra) hilft Bern derzeit aus der Patsche, indem es auf dem Autobahnrastplatz in Wileroltigen ein Provisorium zur Verfügung stellt.

Wer nicht will, bezahlt

Und jetzt will der Kanton also im Raum Biel noch einen Anlauf nehmen. Er wird aber weder Biel noch Brügg einen provisorischen Platz aufs Auge drücken. Das macht Stebler klar. Der Kanton würde Land zur Verfügung stellen und die Infrastruktur finanzieren. Den Betrieb müsste aber vor Ort durch die Gemeinde erfolgen. Der Ball liegt damit in erster Linie bei Biel. Die Stadt verfügt über das Fachwissen und die Ressourcen für den Betrieb eines provisorischen Transitplatzes. Sie hätte in diesem Frühjahr beim Werkhofareal bereits beinahe einen solchen eingerichtet. Beat Feurer machte aber einen Rückzieher, weil sich keine andere Gemeinde bereit erklärte, nach zwei Jahren zu übernehmen (das BT berichtete). Die Last alleine zu tragen, war für ihn keine Option.

Stattdessen könnte es jetzt zu einer anderen Form der Solidarität kommen. Offenbar kam bei der Besprechung vom 27. Mai die Idee einer finanziellen Entschädigung auf: Jene Gemeinde, die einen Platz auf ihrem Hoheitsgebiet zulässt, wird dafür durch die anderen entlöhnt. «Wir wären zumindest bereit, über eine finanzielle Abgeltung zu diskutieren», bestätigt Oliver Matti (SP Plus), Gemeindepräsident von Orpund. Und auch der Gemeindepräsident von Pieterlen, Beat Rüfli (FDP), glaubt, dass es im Fahrendendilemma einen regionalen Zusammenhalt in irgendeiner Form braucht: «Wir können und wollen bei uns kein Land zur Verfügung stellen. Da ist es logisch, dass wir darüber diskutieren, ob wir stattdessen finanziell helfen», sagt er. Rüfli fordert, dass sich die politischen Gremien aller betroffenen Gemeinden darüber Gedanken machen.

Stebler ist nach dem neusten Austausch jedenfalls besserer Dinge als auch schon: «Die Gemeindevertretenden spüren, dass es einen gemeinsamen Weg und eine gemeinsame Strategie braucht», sagt sie. Ziel der neuen Taskforce sei es jetzt, so schnellstmöglich eine Lösung in Form eines provisorischen Platzes zu präsentieren.

Ob eine Eröffnung noch in dieser Reisesaison realistisch ist, lasse sich heute kaum abschätzen. Stebler hat die Gemeinden Biel und Brügg vergangene Woche angefragt, ob sie im Bözingenfeld und im Brüggmoos Hand bieten würden. Wenn ja, ginge es an die Planung für Bau und Betrieb. «Wir stehen erst am Anfang», sagt die Regierungsstatthalterin.

Definitive Lösung gesucht

Biels Sicherheitsdirektor Feurer äussert sich derzeit weder zu einem möglichen provisorischen Platz im Bözingenfeld noch zum Inhalt der Gespräche vom 27. Mai. Auch er verweist darauf, dass die Arbeit mit der neuen Arbeitsgruppe jetzt erst beginne.

Marc Meichtry (Brügg for you), Gemeindepräsident von Brügg, wiegelt ab. Eigentlich sei es nicht an seiner Gemeinde, sagt er mit Verweis auf das Provisorium im Brügger Industriegebiet 2018 und 2019. Meichtry will einen Platz in Brügg aber auch nicht von vorneherein kategorisch ausschliessen.

Und was dann, wenn tatsächlich ein Provisorium ermöglicht wird? Der Kanton sieht mit der Schaffung des definitiven Platzes in Wileroltigen seine Schuldigkeit getan. Im Raum Biel glaubt man jedoch je länger je weniger daran, dass die Konflikte mit Fahrenden damit vom Tisch sein werden. «Wileroltigen wird das Problem für die Region Biel-Seeland nicht lösen. Das ist nicht nur mein Empfinden, sondern das vieler betroffener Gemeinden», sagt Feurer.

Davon geht auch der neuste Bericht der Stiftung Zukunft für Schweizer Fahrende aus. Dieser setzt sich auch mit der Platzsituation für ausländische Fahrende auseinander und kommt zum Schluss: Im Raum Biel braucht es langfristig mindestens einen Transitplatz. Der Bericht stützt sich auf Interviews mit Behördenvertretenden und Romas.

Tatsächlich wollen die Gemeinden nicht nur eine Übergangslösung bis 2024, sondern auch einen definitiven Standplatz diskutieren. Brüggs Gemeindepräsident Meichtry ist froh, dass jetzt eine Lösung diskutiert wird, die von der ganzen Region erarbeitet und getragen werden soll. Er sagt, dass die Gemeinden in den letzten Monaten dazugelernt hätten – ausgerechnet von den ausländischen Fahrenden. Diese hatten in diesem Frühjahr behördliche Interventionen bei Landbesetzungen erschwert, indem sie sich zu grossen Gruppen zusammengeschlossen hatten.

Bei der Bieler Tissot Arena waren teils rund 100 Gespanne gleichzeitig zugegen. Laut Meichtry wird diese Taktik von den Gemeinden der Region jetzt im Prinzip kopiert: Man tritt künftig geschlossener auf und lässt sich nicht mehr gegeneinander ausspielen. Soweit zumindest der Plan.
(https://www.bielertagblatt.ch/nachrichten/seeland/doch-noch-ein-platz-fuer-fahrende)


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Prison ferme pour l’occupation d’une maison de la dynastie Lamunière
Samedi à 9h30, la gendarmerie a évacué la « Villa Lamunière » de Vennes, occupée depuis le mardi premier juin 2021. Le Ministère public a prononcé des peines excessivement lourdes pour les habitant.e.s.
https://renverse.co/infos-locales/article/prison-ferme-pour-l-occupation-d-une-maison-de-la-dynastie-lamuniere-3107


Gerechtigkeit für Eli – Gerechtigkeit für alle!
Seit Anfang des Jahres wurden in der Schweiz mindestens 13 Frauen durch Männergewalt getötet. Dreizehn Frauen zu viel. Dreizehn dokumentierte Frauenmorde unter vielen, über die vielleicht unter der Rubrik “Verschiedenes” berichtet wurde. Für diese Frauen und für alle anderen Überlebenden fordern wir Gerechtigkeit.
https://barrikade.info/article/4544


«Liebe Frau Keller-Sutter, gehen Sie einmal in sich …»
In der Waadt werden Häuser von Klimakids durchsucht, in Zürich werden verfassungswidrige Anzeigen gegen Demonstrierende aufrechterhalten, in Abstimmungen und Parlament Grundrechte zur Disposition gestellt. Die Justizministerin scheint das nicht zu stören. Sollte es aber.
https://www.watson.ch/schweiz/wirtschaft/837860266-pmt-schweiz-justizministerin-karin-keller-sutter-macht-gute-miene


“Aktivist:innen haben heute die Immobilienverwaltung Terresta AG (Zuständig für die Verwaltung der Immobilien der SKKG/des Erben von Stefanini) im Sulzer Hochhaus in #Winterthur besucht, um den Verantwortlichen einen Brief zu überreichen.
Nachdem die Terresta den Brief bereits per Post erhalten, jedoch nicht darauf reagiert hatte, wurde so sichergestellt, dass der Brief bei den zuständigen Personen ankommt.
Die Aktivist:innen stellen klar, dass dieses Spiel nicht mitgespielt wird. Unter dem Motto “Wir bleiben alle” kämpfen sie für bezahlbaren Wohnraum, gegen Gentrifizierung und für den Erhalt der selbstverwalteten Räume.
Mehr Informationen zum aktuellen Geschehen gibt es unter https://wohnraumverteidigen.noblogs.org. Für Hintergrundinformationen haben wir im August 2018 mit der IG der BewohnerInnen und BenutzerInnen der Stefanini-Liegenschaften (IGBBSL) gesprochen.”
(https://twitter.com/ajour_mag/status/1401864402215882757)


+++KNAST
Der Bau des Gefängnisses Altstätten kann nicht planmässig starten
Der Boden ist wegen des vielen Löschschaums verseucht: Der Erweiterungsbau des Gefängnisses Altstätten im Kanton St. Gallen verzögert sich deshalb. Nun will die SP im Kantonsparlament Antworten.
https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-ostschweiz/der-bau-des-gefaengnisses-altstaetten-kann-nicht-planmaessig-starten?id=11999540


+++BIG BROTHER
Interpellation AL: Datenschutz? Zentrale Datenbank für Restaurationsbetriebe wirft Fragen auf
https://www.gr.be.ch/gr/de/index/geschaefte/geschaefte/suche/geschaeft.gid-9166d58e56844821938cc01a8beec79a.html


Interpellation SP: Datenschutz bei der Datenspeicherung der Gastro-Besuchenden garantieren
https://www.gr.be.ch/gr/de/index/geschaefte/geschaefte/suche/geschaeft.gid-7ab6f48dc4264d7faf5e4e983460b712.html


Interpellation GLP: Wie sieht der mittelfristige Plan des Regierungsrats in Sachen Contact-Tracing aus?
https://www.gr.be.ch/gr/de/index/geschaefte/geschaefte/suche/geschaeft.gid-a0a1e725ab72498b939ef421585778ad.html


+++RASSISMUS
antira-Wochenschau: Rassistische Klischees in Thuner Spahotel, Polizeirazzia in Zürcher Nothilfeunterkunft, Skandalöse Gesetztesentwürfe im dänischen Parlament
https://antira.org/2021/06/07/rassistische-klischees-in-thuner-spahotel-polizeirazzia-in-zuercher-nothilfeunterkunft-skandaloese-gesetztesentwuerfe-im-daenischen-parlament/


Rassismus in der Fototechnik – Die Kamera ist rassistisch – Google und Snap wollen das ändern
Weissabgleich, Farbbalance und Belichtung – diese Werte orientieren sich seit 70 Jahren an heller Haut. Das soll jetzt anders werden.
https://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-religion/rassismus-in-der-fototechnik-die-kamera-ist-rassistisch-google-und-snap-wollen-das-aendern


+++RECHTSPOPULISMUS
Islamfeindliche Aktion in Österreich: Zuerst wurden die Adressen veröffentlicht, dann die Moscheen beschmiert
Ein Forscher erstellte eine Islamlandkarte für Österreich, was nie ein Problem war, bis sie von der ÖVP politisch instrumentalisiert wurde. Zur Freude der Rechtsradikalen.
https://www.derbund.ch/zuerst-wurden-die-adressen-veroeffentlicht-dann-die-moscheen-beschmiert-266100317096


+++RECHTSEXTREMISMUS
Regierungsratsantwort auf Interpellation 052-2021 Schneider (Biel/Bienne, SVP) Anschlag auf Bieler Synagoge: Was kann der Kanton und was sollte der Bund dagegen tun?
https://www.gr.be.ch/gr/de/index/geschaefte/geschaefte/suche/geschaeft.gid-5d41c296a46041cb982dc9d91a14c547.html


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Im Kriegsjournalismus
Das Magazin Rubikon ist mit Elan als Alternativmedium angetreten. Seither sieht sich die Leitung zunehmend von einer “Diktatur” bedroht. Wer Kritik übt oder die Reihen verlässt, gilt als Nestbeschmutzer
https://www.heise.de/tp/features/Im-Kriegsjournalismus-6063717.html


«Apropos» – der tägliche Podcast: Wie aus dem Covid-19-Gesetz eine Symbolabstimmung wurde
Wenn die Schweiz am 13. Juni über das Covid-19-Gesetz abstimmt, ist es teilweise gar nicht mehr in Kraft. Wer steckt hinter dem Referendum? Und über was genau entscheiden wir?
https://www.derbund.ch/wie-aus-dem-covid-19-gesetz-eine-symbolabstimmung-wurde-648703626934


Falschinformationen im Netz – Warum mRNA-Impfstoffe nicht “toxisch” sind
Ein kanadischer Immunologe glaubt, mRNA-Impfstoffe gegen Covid-19 seien hochgefährlich. Seine Thesen verbreiten sich schnell im Internet, sind aber trotzdem weitestgehend falsch.
https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/corona-spike-protein-toxisch-100.html


Coronavirus: Geht den Corona-Skeptikern langsam die Luft aus?
Die Anzahl Teilnehmer an den unbewilligten Corona-Demos scheint in den letzten Wochen abzunehmen. Gehören die Kundgebungen schon bald der Geschichte an?
https://www.nau.ch/news/schweiz/coronavirus-geht-den-corona-skeptikern-langsam-die-luft-aus-65941860


Verstösse gegen die Covid-Verordnung? Strafverfahren gegen Nicolas Rimoldi – einmal Einstellung, einmal Anklage
Der Luzerner Jungpolitiker Nicolas Rimoldi ist einer der schweizweit lautesten Kritiker der Corona-Massnahmen. Derzeit wird in mehreren Strafverfahren untersucht, ob er diese auch selber missachtet. Mindestens einer dieser Fälle wird vor dem Bezirksgericht landen.
https://www.zentralplus.ch/strafverfahren-gegen-nicolas-rimoldi-einmal-einstellung-einmal-anklage-2106259/


+++HISTORY
Propaganda im Ersten Weltkrieg – Schweizer Kinos und die Erfindung des Propagandafilms
Das Schweizer Kino ist im Ersten Weltkrieg ein heisses Eisen: Wahnsinnig beliebt beim Volk, von Intellektuellen geächtet und bald instrumentalisiert. Denn die Kriegsmächte entdecken den Film als Propagandamittel und die Schweizer Kinos werden quasi zum Propaganda-Schlachtfeld.
https://www.srf.ch/news/panorama/propaganda-im-ersten-weltkrieg-schweizer-kinos-und-die-erfindung-des-propagandafilms