Medienspiegel 13. Mai 2021

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++MITTELMEER
Mehr Flüchtlinge auf Mittelmeer-Route: Vor Sizilien spielt sich ein Drama ab
Über 500 Menschen sind allein in diesem Jahr auf der Flucht nach Europa im Mittelmeer gestorben. Italiens Premier setzt nun auf Kooperation mit Libyen
https://www.derbund.ch/vor-sizilien-spielt-sich-ein-drama-ab-983348697565


»Ärzte ohne Grenzen« starten Seenotrettung mit eigenem Schiff
Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen will die Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer künftig mit einem eigenen Schiff organisieren. Zum Einsatz komme dafür die gecharterte »Geo Barents«.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1151949.seenotrettung-im-mittelmeer-aerzte-ohne-grenzen-starten-seenotrettung-mit-eigenem-schiff.html
-> https://www.derstandard.at/story/2000126622038/aerzte-ohne-grenzen-nimmt-seenotrettung-mit-eigenem-schiff-wieder-auf


+++EUROPA
Forscher zu Migranten in Italien: „Deutschland muss wieder auftrumpfen“
Deutschland müsste in der europäischen Migrationspolitik eine aktivere Rolle spielen, sagte Christopher Hein, Dozent für Migrationspolitik an der Universität Luiss in Rom. Er rechne in den nächsten Monaten mit einem Anstieg der Flüchtlingszahlen im Mittelmeer. Auch mit Libyen müsse man anders zusammenarbeiten.
https://www.deutschlandfunk.de/forscher-zu-migranten-in-italien-deutschland-muss-wieder.694.de.html?dram:article_id=497105


Elend auf Lampedusa – Italien fordert Solidarität der EU-Länder – Tagesschau
Während auf der Insel Lampedusa weiterhin viele Geflüchtete eintreffen, drängt Italien auf die Umverteilung der Menschen auf alle EU-Länder. Doch auch die Türkei redet jetzt mit.
https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/elend-auf-lampedusa—italien-fordert-solidaritaet-der-eu-laender?urn=urn:srf:video:b98a0475-c26f-4f10-bbfd-461e8c2176af


+++GASSE
Neue Zürcher Drogentrends: Reineres Koks, mehr MDMA und übles Cannabis
Trotz Lockdown ging der Drogenkonsum in Zürich nicht zurück. Besonders die Zunahme synthetischer Cannabinoide bereitet Fachleuten Bauchschmerzen.
https://www.tagesanzeiger.ch/reineres-koks-mehr-mdma-und-uebles-cannabis-205806914356
-> Medienmittielung Drogeninformationszentrum ZH: https://www.stadt-zuerich.ch/sd/de/index/ueber_das_departement/medien/medienmitteilungen_aktuell/2021/mai/210512a.html



nzz.ch 13.05.2021

Der Drogenkonsum nimmt auch im Corona-Jahr nicht ab – der Trend des LSD-Microdosing scheint in der Schweiz angekommen zu sein

Im Corona-Jahr 2020 verlagerte sich der Drogenkonsum gezwungenermassen in den privaten Raum. Ein Trend aus dem Silicon Valley wurde beliebter, und synthetische Cannabinoide bereiten den Experten Sorgen.

Raffaela Angstmann

Trotz Shutdowns und ausbleibenden öffentlichen Partys war der Drogenkonsum in der Stadt Zürich vergangenes Jahr nicht rückläufig. Dies geht aus dem Jahresrückblick des Drogeninformationszentrums Zürich (DIZ) hervor. Stattdessen verlagerte sich der Freizeitdrogenkonsum vermehrt in den privaten Raum. «Anhand dessen, was unsere Nutzerinnen und Nutzer berichten, gehen wir davon aus, dass insgesamt nicht weniger konsumiert wurde», sagt Dominique Schori, der Leiter des DIZ. Es berät Drogenkonsumenten über die Risiken von illegalen Substanzen und testet diese auf ihre Inhaltsstoffe. Wegen des Shutdowns hat das DIZ insgesamt etwas weniger Substanzen getestet, sechs Wochen lang war es geschlossen. Im Juni 2020 sei die Nachfrage nach dem DIZ-Angebot allerdings wieder gleich gross gewesen wie vor der Pandemie, heisst es im Communiqué.

Konsumenten wähnen sich in falscher Sicherheit

Einsamkeit und Isolation sind nach wie vor Nebenwirkungen der Corona-Massnahmen, dies scheint sich allerdings nicht auf den Umgang mit Drogen niedergeschlagen zu haben:

«Wir sehen keine Anzeichen dafür, dass mehr Personen allein Drogen konsumiert haben», sagt Schori. Er gibt allerdings zu bedenken, dass sie beim DIZ nur einen Einblick in die Szene erhielten. Die Zahlen des DIZ bilden nicht die gesamte Realität ab, geben aber Hinweise auf Trends. Allein zu konsumieren, sei gefährlich, sagt Schori. Im Falle einer Überdosierung oder anderer unerwünschter Nebenwirkungen sei niemand da, um zu helfen. Vermute man bei einem Klienten oder sage er, dass er allein konsumiere, spreche man ihn darauf an, sagt Schori.

Der Zugang zu Drogen ist nach Angaben der Konsumentinnen gleich geblieben. Die Grenzschliessungen erschwerten diesen offenbar nicht. Die meisten beziehen ihre Substanzen aus ihrem Bekanntenkreis. Allerdings ist der Online-Verkauf in fünf Jahren von 6 auf 12 Prozent gewachsen. Dies beobachten die Experten des DIZ mit Sorge, denn die Websites würden immer professioneller und suggerierten damit eine falsche Sicherheit.

Drogen werden reiner – Experte warnt vor Überdosis

«Die online bezogenen Substanzen sind nicht weniger gefährlich, doch Online-Shops im Darknet kommen nicht mehr amateurhaft daher wie früher, sondern urban und trendy, sie suggerieren eine besonders hohe Qualität. Darin sehen wir eine grosse Gefahr. Konsumierende glauben, die Website sei sicherer als der private Dealer.» Man versuche, die Leute für diesen irreführenden Zusammenhang zu sensibilisieren. «Konsumierende wähnen sich zunehmend in falscher Sicherheit», sagt Schori warnend.

Im Übrigen setzen sich Trends der vergangenen Jahre fort: Die Reinheit der Substanzen nimmt zu, etwa beim Kokain, und bei den Ecstasy-Pillen steigt der MDMA-Gehalt. Positiv daran ist laut dem DIZ, dass die Konsumenten weniger gefährliche Streckmittel zu sich nehmen. Allerdings steigt damit auch die Wirkung der Substanzen und so wächst die Gefahr einer Überdosierung. Die stärkste getestete Ecstasy-Tablette enthielt 300 Milligramm MDMA, das Vierfache einer Dosis, die etwa eine 60 Kilogramm schwere Frau vertragen könnte.

Der Aufschwung einer Hippie-Droge

Auch die Zahl der LSD-Tester nimmt weiterhin zu. Schori sieht darin einen Hinweis darauf, dass LSD von der Aussteiger- zur Modedroge wird. Über 10 Prozent der 1843 getesteten Substanzen im Jahr 2020 waren LSD-Proben.

LSD-Microdosing, also der Konsum von sehr geringen Dosen LSD, kommt laut Medienberichten aus dem Silicon Valley, wo unter Mitarbeitern von Tech-Unternehmen auch mal LSD verwendet wird, um die Leistungsfähigkeit zu steigern und die Kreativität anzuregen. Dabei werden in einem Abstand von wenigen Tagen Kleinstmengen von LSD eingenommen. Die psychoaktive Wirkung bleibt dabei aus.

Dieser Trend sei nun auch in der Schweiz angekommen, sagt Schori, etwa bei Studenten oder bei Mitarbeitern in Architekturbüros. Das Publikum werde immer breiter. «Die kulturelle Wahrnehmung dieser Substanz hat sich verändert, früher war es die 68er-, die Hippie-Droge.» Noch ist das Phänomen laut Schori schlecht untersucht, es ist unklar, ob die Wirkung nicht von einem Placebo-Effekt stammt. Im Vergleich mit anderen Drogen mache sie aber weniger abhängig. Die Gefahr liege eher in der Dosierung, zu viel davon könne sich auf die Psyche auswirken.

Zunehmend Sorgen bereitet den Experten des Drogeninformationszentrums das Marihuana: Immer öfter wird den Cannabis-Konsumenten Gras verkauft, das mit synthetischen Cannabinoiden besprüht wurde. Sie glauben, normales Marihuana zu rauchen, stattdessen konsumieren sie ein Mittel, das um das Hundertfache wirksamer ist. Nach Angaben von Schori kann es zu schwerwiegenden Nebenwirkungen wie Ohnmachtsanfällen und Kreislaufproblemen kommen.

Bis anhin gibt es noch nicht viele Angaben über diese Substanzen, aber in Europa wurden im Zusammenhang mit synthetischen Cannabinoiden zwischen 2015 und 2017 28 Todesfälle gezählt. Schori vermutet in der Schweiz eine hohe Sensibilität für die Sicherheit beim Drogenkonsum. Im europäischen Vergleich gibt es hierzulande weniger Drogentote. Für die Cannabis-Raucher hat das DIZ im Oktober 2020 das weltweit erste Cannabis-Drug-Checking eingeführt.



Einige Zahlen zum Drogeninformationszentrum Zürich
Vergangenes Jahr testete das DIZ 1843 Substanzen und führte 2000 Beratungsgespräche durch. Das Angebot wird hauptsächlich von Männern in Anspruch genommen (80 Prozent). Im Durchschnitt sind die Personen, die Drogen testen lassen, rund 30 Jahre alt, die jüngste Person war 15, die älteste 78 Jahre alt. Nebst Neueinsteigern gibt es auch DIZ-Besucher, die bereits seit 40 Jahren Drogen zu sich nehmen. Der vom DIZ betriebene Instagram-Account «saferparty» erreicht 10 000 Follower.
(https://www.nzz.ch/zuerich/drogenkonsum-2020-lsd-wird-zur-modedroge-cannabis-gefaehrlicher-ld.1624942)


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Wir geben nicht auf…
…auch wenn sie versuchen uns zum Schweigen zu bringen.
In der Nacht auf Mittwoch, den 12. Mai haben wir einige Objekte mit Schwarzer Farbe versehen:
Amt für Bevölkerungsdienste Ostermundigen – Strassen rund um Kreisel beim Eigerplatz – BLS Zug
Die Reichen und Mächtigen, die von der Welt so wie sie ist profitieren, werden nie damit aufhören, all jene, die darin keinen Platz haben oder ihren zugeschriebenen Platz nicht akzeptieren wollen, zu überwachen, zu verfolgen, einzusperren und zu töten.
https://barrikade.info/article/4487


++POLIZEI CH
Fakten entscheiden über Recht und Unrecht – ohne Medienfreiheit bleiben sie verborgen
Polizeien in Zürich und Bern tun sich schwer mit der Medienfreiheit. Das entspricht dem Trend, der sich in der Schweiz breit macht.
https://www.watson.ch/schweiz/analyse/819214188-analyse-polizei-missachtet-presseausweis-zunehmend


+++POLIZEI DE
Todesfall Amad Ahmad in der JVA Kleve: Die Polizei löscht Daten
Amad Ahmad saß unrechtmäßig in Haft und starb in Folge eines Brandes in seiner Zelle. Weil Daten verschwanden, ist Aufklärung unmöglich.
https://taz.de/Todesfall-Amad-Ahmad-in-der-JVA-Kleve/!5772229/


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Massnahmen-Demo am Samstag: Organisatoren hoffen auf 50’000 Demonstrierende – Bern kündigt Gegenwehr an
Trotz der Lockerungen des Bundesrats soll am Samstag in Bern eine illegale Massnahmen-Demo durchgeführt werden. Auf entsprechenden Plattformen melden sich Personen aus der ganzen Schweiz dafür an. Die Stadt will «Personenansammlungen entgegenwirken».
https://www.20min.ch/story/organisatoren-hoffen-auf-50000-demonstrierende-bern-kuendigt-gegenwehr-an-761444347392


Neues Buch zu Verschwörungstheorien: «Die Verschwörungstheorie hält unserer Gesellschaft einen Zerrspiegel vor»
Der Sozialpsychologe Pascal Wagner-Egger geht in seinem neuen Buch der Frage nach, wie Verschwörungsvorstellungen verankert und verbreitet werden. Ein Interview.
https://www.higgs.ch/die-verschwoerungstheorie-haelt-unserer-gesellschaft-einen-zerrspiegel-vor/42351/


«Stiller Protest»: Wie sehr hat die Coronademo Wohlen geschadet?
Am 20. Februar demonstrierten in Wohlen 2500 bis 3000 Leute gegen die Coronamassnahmen des Bundesrates. Zwei Wohler Mitte-Politiker wollten anschliessend vom Gemeinderat wissen, wie sehr das dem Ansehen Wohlens geschadet hat. Der Gemeinderat beantwortet die zehn Fragen vor allem mit Bezug auf die Grundrechte.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/freiamt/corona-nach-demo-gemeinderat-sieht-keine-negativen-auswirkungen-fuers-wohler-image-ld.2136329


+++HISTORY
bernerzeitung.ch 13.05.2021

Als im Berner Botschaftsquartier Schüsse fielen

Vom Gelände der türkischen Botschaft aus wurde geschossen. Es starb ein Mensch und mehrere wurden verletzt. Ein ungeklärter Fall aus dem Jahr 1993.

René Wüthrich

Das schöne, ruhige Bern geriet an jenem Tag in einen alten, fernen Konflikt hinein. Und nichts konnte es verhindern. Weder dass Bern brav ist, noch dass seine Bewohner abgelegen vom Weltgeschehen leben. Am Vormittag des 24. Juni starteten Kurden in mehreren Hauptstädten Europas eine koordinierte Aktion gegen türkische Einrichtungen, da der türkische Staat militärisch gegen Kurdengebiete vorginge. In Bern versammelten sich um circa 10 Uhr ungefähr hundert Menschen zu einer Demonstration vor der türkischen Botschaft. Männer, Frauen und Kinder nahmen an der Aktion teil. Das drei Meter hohe Eisentor im Metallzaun der Botschaft konnte geöffnet werden. Es kam zu tumultartigen Szenen, Petarden wurden gezündet, Farbbeutel auf das Botschaftsgebäude geworfen. Dann fielen die Schüsse.

Der damalige türkische Botschafter, Kaya Toperi, machte widersprüchliche Aussagen. Erst soll es ihm zufolge gar keine Schüsse gegeben haben, dann sei aus Panik in die Luft geschossen worden, dann habe er befohlen, in die Luft zu schiessen, und Jahre später gab er gegenüber einer türkischen Zeitung an, er selber habe ein ganzes Magazin verschossen und seine Sicherheitsleute hätten damals in Bern Maschinenpistolen gehabt, die in der Schweiz verboten seien und die sie ins Land geschmuggelt hätten. Als der Bundesrat am Abend von der Botschaft die Herausgabe der Waffen forderte, wartete er vergeblich.

Der genaue Ablauf der Ereignisse liess sich nie genau rekonstruieren, denn die Schützen konnten niemals befragt werden. Sie verliessen die Schweiz geheim, vermutlich im Diplomatengepäck. 85 Kurden und Kurdinnen wurden von der Berner Polizei festgenommen, dazu 22 Kinder. Fast alle waren gleichentags wieder frei. Während ein paar Stunden mussten sich alle Personen, welche die türkische Botschaft betraten oder verliessen, von der Polizei durchsuchen lassen. Die Türkei sprach von Belagerung. Der Bundesrat betonte, dass er Gewalt in der Schweiz nicht akzeptiere und sie kein Mittel sei, um politische Probleme zu lösen. Die Schweizer Seite unternahm mehrere Versuche den Fall zu klären und die Schützen zu befragen. Sie biss auf Eisen. Delegationen, die sich mit der türkischen Seite getroffen hatten, meldeten «keine erkennbaren Ergebnisse». Der türkische Botschafter musste die Schweiz verlassen, dann auch der schweizerische Botschafter die Türkei. Erst anderthalb Jahre später sind wieder diplomatische Beziehungen aufgenommen worden. – Die letzten Kurden wurden anderntags freigelassen. Bern hat sich wieder zurück verwandelt in die ruhige Stadt im Grünen. Aber spätestens damals wurde klar, dass Bern nur scheinbar am Rand des Weltgeschehens liegt. Es ist mittendrin.
(https://www.bernerzeitung.ch/schuesse-im-berner-botschaftsquartier-190301914970)