Medienspiegel 12. Mai 2021

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++BERN
Aufruf zur Solidarität gegen die Isolation in den Asylzentren
Kundgebung: Stopp Isolation. Keine Isolation in Asylzentren!
Ende Mai, Bern
Die Lage ist für geflüchtete Menschen in den Camps unhaltbar: Isoliert, entrechtet, kaum eigene Lebensgestaltung. Suizide und Suizidversuche sind keine Einzelfälle. Das System macht Menschen hoffnungslos und krank. Im Asylzentrum Sonnenblick bei Walzenhausen im Kanton St. Gallen versuchten sich innerhalb von 8 Monaten drei Menschen das Leben zu nehmen. Vollendete Suizide, wie der von Massoud Quadiri im August 2020 in Glarus treten mit einer derartigen Regelmässigkeit auf, dass es unverständlich ist, dass der Bund nicht eingreift und die Kantone zu einer weniger gewaltvollen Praxis anhält.
Ende Mai findet in Bern eine Kundgebung statt. Damit geflüchtete Menschen aus den Camps daran teilnehmen können, braucht es Geld für den Transport. Solidarisieren!
Verein Ticket for protest, 3018 Bern
Postkonto: CH15 0900 0000 1510 0908 8
https://migrant-solidarity-network.ch/2021/05/12/aufruf-zur-solidaritaet-gegen-die-isolation-in-den-asylzentren/


+++ZÜRICH
tagesanzeiger.ch 12.05.2021

Eine Sans-Papiers erzählt: Ardita, 38, illegal: «Die Schweiz ist meine Heimat»

Wie lebt man in Zürich, wenn man nicht hier sein dürfte und schwarzarbeitet? Eine Nicaraguanerin gibt Einblick in ihr Leben.

Liliane Minor

«Manchmal wäre ich am liebsten unsichtbar. Ich lebe seit sieben Jahren ohne Papiere in der Schweiz. Werde ich erwischt, schickt man mich nach Hause, nach Nicaragua. Dort gibt es keine Arbeit, schon gar nicht für eine unverheiratete Frau mit einem Kind.

Ich habe meine Heimat schon 2009 verlassen. Zuerst lebte ich in Costa Rica. Dort hatte meine Mutter eine Stelle als Haushalthilfe gefunden, und sie vermittelte mir ebenfalls eine solche Anstellung. Aber das, was ich dort verdiente, rund 400 Dollar, reichte kaum für mich und meine Tochter. Ich hatte keine Perspektive, keine Aussicht, meine Lage zu verbessern.

Eines Tages fragte mich die Chefin meiner Mutter, ob ich Interesse hätte, in der Schweiz als Haushalthilfe zu arbeiten. Sie kenne dort eine Familie, die jemanden suche, der Spanisch spreche. Anfangs zweifelte ich. Was sollte ich in einem völlig fremden Land, dessen Sprache ich nicht beherrschte? Ohne meine Tochter? Aber meine Mutter ermutigte mich zu gehen, sie kümmere sich um mein Kind. Und die Familie, zu der ich sollte, sagte, sie würde alles Administrative organisieren für mich. So reiste ich allein mit einem Touristenvisum in die Schweiz.

Doch leider haben mich diese Leute getäuscht. Nach drei Monaten kündigten sie mir, mit der Begründung, ich hätte keine Bewilligung. Dabei hatten sie behauptet, sie würden sich um alles kümmern. Das war eine harte Zeit. Ich konnte kaum schlafen, stand da ohne Arbeit, ohne Unterkunft, ohne Papiere. Eine Zeit lang war ich richtig depressiv, traute mich kaum auf die Strasse. Nur der Gedanke an meine Tochter, die ich in Costa Rica zurückgelassen hatte und zu der ich nicht zurückkehren konnte, gab mir Kraft. Wenigstens wollte ich ihr und meiner Mutter Geld zukommen lassen. Aber ohne Arbeit konnte ich nicht einmal das.

Hilfe fand ich in einer Kirche, wo man mir jeweils für ein, zwei Monate einen Unterschlupf vermittelte und erste kleine Putzjobs. Aber es dauerte lange, bis ich wenigstens ein bisschen etwas verdiente. Erst nach einem Jahr fand ich eine dauerhafte Anstellung für ein paar Stunden pro Monat. Meine Arbeitgeber vermittelten mich dann unter der Hand weiter an andere Haushalte. Mit all meinen Anstellungen verdiene ich gegen 1500 Franken pro Monat.

Zum Glück treffe ich immer wieder Menschen, die mir helfen. Seit ein paar Jahren miete ich für 400 Franken im Monat ein Zimmer, und meine Vermieterin ist sehr kulant. Habe ich zu wenig verdient, muss ich ihr nichts zahlen. Ich sage ihr immer: Du bist mein Engel.

In der Wohnung fühle ich mich sicher. Aber einmal klingelten zwei Polizisten unten an der Haustür, und ich hatte Panik. Ich fragte mich: Wissen die, dass ich hier bin? Woher? Später hat mir meine Vermieterin erzählt, dass die Beamten nach einem Nachbarn suchten, und weil der nicht öffnete, hätten sie bei den anderen Wohnungen im Haus geklingelt.

Ich bin sehr vorsichtig mit dem, was ich anderen Menschen erzähle, ich rede nicht mit jedem über meine Situation. Obwohl es mir wehtut, dass ich so oft lügen muss, tue ich es dennoch. Je mehr Leute wissen, dass ich ohne Papiere hier lebe, desto grösser ist die Gefahr. Deshalb versuche ich auch möglichst nicht aufzufallen.

Als Corona ausbrach, habe ich die meisten meiner Stellen verloren. Aus Furcht vor einer Ansteckung wollten die Leute keine Haushalthilfen mehr. Ich dachte: O Gott, wie zahle ich nun meine Miete, wie komme ich zu Lebensmitteln? Ich bekam Albträume, hatte Angst davor, heimgeschickt zu werden. In Nicaragua ist die Situation wegen Corona schlimmer als je zuvor, es gibt keine Arbeit. Meine Tochter studiert inzwischen in Costa Rica. Müsste ich nach Hause, könnte ich das Studium nicht mehr finanzieren. Meine Tochter würde in derselben Situation landen wie ich.

Ein Arbeitgeber hat mir angeboten, meine Miete zu bezahlen, obwohl ich nicht mehr bei ihm arbeiten konnte, aber das habe ich abgelehnt. Ich kann doch von ihm kein Geld annehmen, ohne etwas dafür zu leisten. Ich würde mich schämen. Meine Vermieterin hat mir geraten, mit meinen Arbeitgebern über meine Lage zu reden, aber auch das will ich nicht, aus Angst und aus Scham. Einige wissen bis heute nicht genau, in welcher Situation ich stecke. Dank der Sans-Papiers-Anlaufstelle in Zürich konnte ich mich in den vergangenen Monaten finanziell über Wasser halten. Jetzt geht es langsam wieder ein bisschen besser, ich verdiene nun etwa 1000 Franken. Gott sei Dank, denn die Anlaufstelle kann mich nicht mehr ewig unterstützen, ihr geht langsam das Geld aus.

Manchmal sagen mir Leute: Heirate doch, dann kannst du in der Schweiz bleiben. Aber ich will selbst für mich sorgen können. Wenn ich meinen Lebensunterhalt und den meiner Tochter verdiene, dann macht mich das stolz.

Dass die Stadt Zürich uns Sans-Papiers uns in Zukunft etwas besser unterstützten möchte, gibt mir Hoffnung. Mein grosser Traum ist es, eine Aufenthaltsbewilligung zu bekommen. Ich lerne Deutsch, bin integriert, habe Freunde hier. Die Schweiz ist meine Heimat.»
(https://www.tagesanzeiger.ch/ardita-38-illegal-die-schweiz-ist-meine-heimat-415488463566)


+++JENISCHE/SINTI/ROMA
Durchgangsplätze für Jenische und Sinti im Sommer 2021
Wie in den vergangenen sechs Jahren stellt die Stadt Bern auch im Sommer 2021 für Schweizer Jenische und Sinti im Hinteren Schermen insgesamt 20 provisorische Durchgangsplätze zur Verfügung. Diese Regelung gilt bis und mit Sommer 2024. Von Mitte Mai bis Mitte Oktober 2021 wird der Durchgangsplatz an der Wölflistrasse geöffnet sein. Der Kanton, dem das Grundstück gehört, übernimmt wiederum die Einrichtungskosten für die Standplätze. Für deren Betrieb ist die Stadt Bern zuständig. Die Nutzungsbedingungen werden in einem Gebrauchsleihvertrag zwischen der Stadt Bern und der Bernexpo AG als Mieterin des Grundstücks geregelt. Die Platzordnung legt die An- und Abmeldung, die Nutzungsregeln sowie die Benützungsgebühren für den Durchgangsplatz fest. Im Zusammenhang mit Corona, sind auch auf dem Durchgangsplatz die Weisungen von Bund und Kanton einzuhalten.
Direktion für Bildung, Soziales und Sport
https://www.bern.ch/mediencenter/medienmitteilungen/aktuell_ptk/durchgangsplaetze-fuer-jenische-und-sinti-im-sommer-2021
-> https://www.derbund.ch/bern-stellt-jenischen-und-sinti-erneut-plaetze-zur-verfuegung-183646858385
-> https://www.bernerzeitung.ch/erneut-20-plaetze-fuer-jenische-und-sinti-in-bern-327516587576
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/stadt-bern-ruft-auf-zu-demoverzicht?id=11983112 (ab 01:29)



bielertagblatt.ch 12.05.2021

Verband Sinti und Roma Schweiz fordert Durchgreifen

Das Gelände der CSL Behring in Lengnau ist noch immer von Fahrenden besetzt. Es handle sich um eine rücksichtslose Gruppe, sagt der Präsident des Verbands Sinti und Roma Schweiz.

Brigitte Jeckelmann

Andreas Geringer regt sich am Telefon masslos auf. Was er zu hören bekommt von der Situation mit den ausländischen Fahrenden in Biel und den umliegenden Gemeinden macht ihn wütend. Es sei das Ergebnis einer laschen Politik, sagt er. Geringer weiss, wovon er spricht. Er ist selber Schweizer Fahrender, Präsident des Verbands Sinti und Roma Schweiz und hatte im Kanton Bern als Kulturvermittler Brücken gebaut zwischen Fahrenden und Ansässigen. Doch dann hatte er sich mit den Behörden zerstritten. Man habe ihm Rassismus vorgeworfen und eine Nähe zur SVP. Dies, weil er sich bei der Abstimmung zum Transitplatz in Wileroltigen auf die Seite des Nein-Komitees geschlagen hatte. Der Grund: «Teure Transitplätze lösen das Problem nicht», sagt er. Auf einem Transitplatz dürften sich die ausländischen Fahrenden eine Woche lang aufhalten. Die Realität sei aber eine ganz andere. Ausländische Fahrende halten sich nach Aussagen von Andreas Geringer viel zu lange und demzufolge illegal in der Schweiz auf. Geringer sagt, er kenne Fahrende, die das ganze Jahr hindurch in der Schweiz seien. Kontrollen? Fehlanzeige.

Lasche Kontrollen

Die Polizei kontrolliere die Aufenthaltstitel der ausländischen Fahrenden nicht oder viel zu lasch. «Sonst hätten sie nämlich eine Handhabe, sie wegzuweisen», sagt Geringer. Das derzeitige Problem mit ausländischen Fahrenden im Seeland ist gemäss Geringer hausgemacht. Denn der Kanton Bern, so sein Vorwurf, drücke im Vergleich zu anderen Kantonen zu oft ein Auge zu. Geringer verurteilt das aufs Schärfste. «Fragen Sie die ausländischen Fahrenden, warum sie in die Schweiz kommen», ereifert er sich. «Sie verdienen hier in einer Woche mehr Geld als in zwei Monaten in ihren Heimatländern.»

Geringer nimmt kein Blatt vor den Mund und schimpft herzhaft über die ausländischen Fahrenden, die sich in der Schweiz nicht zu benehmen wüssten. Geringer: «Sie machen für die Anständigen unter den ausländischen Fahrenden und schliesslich für uns Schweizer Fahrende alles kaputt.» Er könne jeden Bauern verstehen, der Fahrenden die Tür vor der Nase zuknalle und diesen verweigere, sich auf seinen Wiesen aufzuhalten. Die Gruppe Fahrender, die sich derzeit auf dem Gelände der CSL Behring befindet, bezeichnet Geringer als «freche Typen, denen ist alles egal». Da führten nur Härte und konsequentes Durchgreifen zum Ziel.

Lage in Biel hat sich entspannt

Die CSL Behring schreibt auf Anfrage: «Wir sind weiterhin im Austausch mit den betroffenen Stellen und geben keine weitere Auskunft zu diesem Thema.» Sandra Huber, Lengnaus Gemeindepräsidentin, betont ausdrücklich, man sei in Lengnau keinesfalls bereit, solche illegalen Landbesetzungen zu tolerieren. Die Gruppe Fahrender müsse schnellstmöglich den Platz räumen, das sei klar. In Biel hat sich die Situation mittlerweile deutlich entspannt. Laut Sicherheitsdirektor Beat Feurer ist das Gelände bei der Tissot Arena geräumt. Noch habe es vereinzelte Gruppen an verschiedenen Standorten. «Insgesamt hat es sicher weniger als 50 Prozent gegenüber der Vorwoche», sagt er. Das sei zwar immer noch «viel zu viel, aber gleichwohl schon besser». Feurer ist zuversichtlich, mit derselben Strategie – Bussen, bis es wehtut – erfolgreich zu sein. Längerfristig sieht er eine regionale Lösung als zielführender, als sich nur auf den Kanton zu verlassen. Feurer: «Ich glaube daran, dass das Gespräch zwischen den Gemeinden und den Regierungsstatthaltern doch noch Früchte tragen wird.» Den Vorwürfen von Andreas Geringer kann er zwar zustimmen. Doch so einfach sei es nicht, Fahrende zu kontrollieren. Das Schengen-Abkommen erlaubt dreimonatige Aufenthalte. Feurer: «Wie will man das beweisen, wenn die Menschen dauernd umherziehen und im Falle einer Kontrolle behaupten, sie seien zwischendurch wieder in Frankreich gewesen?»
(https://www.bielertagblatt.ch/nachrichten/seeland/verband-sinti-und-roma-schweiz-fordert-durchgreifen)


+++FREIRÄUME
Coop als Eigentümerin: Schreinerei wehrt sich gegen Haus-Rausschmiss
Unbekannte haben am Sonntagabend im Kreis 5 zwei Wohnhäuser der Coop besetzt. Mittendrin: Eine 30-jährige Schreinerei. Die Chefin wusste von nichts.
https://www.nau.ch/coop-als-eigentumerin-schreinerei-wehrt-sich-gegen-haus-rausschmiss-65924945



solothurnerzeitung.ch 12.05.2021

Wagenplatz gefordert: Warum Stadtpräsident Fluri keine Chance für das Anliegen der Wagabunten sieht

Über das Infoportal «Barrikade.Info» melden sich die Wagabunten zu Wort, fordern endlich eine Lösung für ihre Lebensform. Stadtpräsident Kurt Fluri winkt ab, diese Chance habe man verpasst.

Fabio Vonarburg

Weiterziehen. Dieses Wort ist für die Wagabunten Alltag. Alle paar Monte packen sie ihre Siebensachen zusammen und ziehen weiter. Wie vergangene Woche: Am Freitagmorgen wurde der Wagenplatz auf dem Parkplatz der Solothurner Badi abgebaut, kurze Zeit später entstand er neu auf dem Areal der früheren Villa Gibelin.

«Bereits seit sieben Jahren sind wir in unseren Wagen in der Stadt Solothurn und Umgebung anzutreffen», schreiben die Wagabunten in einem Beitrag auf dem Infoportal «Barrikade.Info» von letzter Woche. «Sieben Jahre, in welchen wir versuchen unserem Anliegen einen fixen Standort für unseren Wagenplatz Gehör zu verschaffen. Doch leider gibt es nach wie vor keine Lösung für unser alternatives Wohnprojekt.»

In dieser Zeit habe man verschiedene Lösungswege angestrebt. Habe Unterschriften gesammelt, sei aktiv auf Besitzerinnen und Besitzer von Geländen zugegangen, «seien dies Privatpersonen, die Stadt, der Kanton oder die umliegenden Gemeinden». Alles vergeblich, wie die Wagabunten auf dem Infoportal weiter schreiben und darauf hinweisen, dass ihnen teils Steine in den Weg gelegt wurden. «Daher hat sich die Besetzung von Brachen für uns als effektivste Methode herausgestellt.» So haben sie bislang auf über 25 brachliegenden Plätzen in der Region gewohnt.

Aus Protest blieben die Wagabunten zuletzt auf dem Badi-Parkplatz länger, als mit der Stadt eigentlich vereinbart. Nach drei Monaten und somit Anfang März hätten sie das Gelände wieder verlassen müssen. Also nach jener Zeitspanne, nach dem ein Baugesuch fällig wird. Die Wagabunten blieben bis ein Tag vor der Eröffnung der Badisaison. Zogen also an jenem Zeitpunkt weiter, als der Parkplatz wieder gebraucht wurde.

Kurt Fluri sieht keine langfristige Lösung

Man habe ein Auge zugedrückt, sagt Stadtpräsident Kurt Fluri auf Anfrage und betont, dass der Platz zu räumen, auch nicht verhältnismässig gewesen wäre. «Sie haben niemanden gestört und auch den Badi-Parkplatz sauber hinterlassen.» So, wie es sich die Stadt von ihnen gewohnt ist. «Sie sind immer anständig», betont Fluri.

Bezüglich ihrem Anliegen für eine langfristige Lösung gibt es von Kurt Fluri jedoch ein klares Nein. «Gemäss der Ortsplanung gibt es in der Stadt keinen Quadratmeter, der für einen Wagenplatz zur Verfügung steht, auch nicht auf einem Privatgrundstück.»

Im Rahmen der Revision der Ortsplanung, die kurz vor dem Abschluss steht, hätte man die Gelegenheit gehabt, eine Zone für alternative Wohnformen festzulegen. «Ich habe mehrmals den Gemeinderat darauf hingewiesen, dass man jetzt aktiv werden müsste, wenn man das denn will. Doch niemand hat die Initiative ergriffen.» Fluri weist auch daraufhin, dass die beiden bisherigen Vorstösse zu diesem Thema beide keine Mehrheiten fanden.

2015 wurde ein Vorstoss von Seiten der SP verworfen, der für die Wagabunten einen Zwischennutzungsvertrag auf dem Areal Weitblick forderte. Und 2019 fand auch ein Vorstoss von Seiten der Grünen keine Mehrheit, der die Erarbeitung eines Zwischennutzungskonzeptes verlangte, von dem auch die Wagabunten hätten profitieren können.

«Ich habe Verständnis für das Anliegen der Wagabunten», sagt Fluri. Und verweist auf den wenigen Platz, der in der Stadt zur Verfügung steht. Ausserdem sei eine grüne Wiese nicht automatisch als Stellplatz nutzbar: Es gebe Grünhalte- und Fruchtfolgeflächen sowie Schutzgebiete. Allerhöchstens hätte man im Bereich Weitblick oder beim Stadtmist etwas machen können, so Fluri, aber eben im Rahmen der Ortsplanungsrevision, für das es nun zu spät sei.

Kurt Fluri: «Die Wagabunten werden keine Ruhe finden.» Die Stadt wird die Praxis der letzten Jahre fortfahren, also wann immer möglich für drei Monate ein Auge zudrücken.

Und wie sehen die Wagabunten ihre Zukunft? «Die Suche nach einem geeigneten Standort gehe weiter», schreiben sie auf dem Infoportal «Barrikade.Info» zum Schluss: «Doch unterkriegen lassen wir uns nicht! Wir besetzen weiter bis wir eines Tages bleiben können!»
(https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/stadt-solothurn/solothurn-wagenplatz-gefordert-warum-stadtpraesident-fluri-keine-chance-fuer-das-anliegen-der-wagabunten-sieht-ld.2135682)
-> https://barrikade.info/article/4471


+++GASSE
Reineres Koks, mehr MDMA und übles Cannabis: Der Freizeitdrogenkonsum hat sich im Pandemiejahr von Partys ins Private verlagert
Die Trends der letzten Jahre setzen sich fort: Die MDMA-Konzentration in Ecstasy-Tabletten nahm zu, das Kokain wurde reiner – und LSD beliebter. Bauchschmerzen bereitet die Zunahme synthetischer Cannabinoide.
https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/zuerich/zuerich-reineres-koks-mehr-mdma-und-uebles-cannabis-der-freizeitdrogenkonsum-hat-sich-im-pandemiejahr-von-partys-ins-private-verlagert-ld.2136245
-> https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/keinen-einfluss-auf-drogenmarkt-trotz-geschlossenen-grenzen-00158093/


+++DROGENPOLITIK
Solothurner Kantonsrat will mit einer Standesinitiative ein Zeichen für die Legalisierung des Kiffens setzen
Was damit bewirkt werden kann ist fraglich, aber der Solothurner Kantonsrat hat sich mit hauchdünner Mehrheit dafür entschieden, mit einer Standesinitiative von den eidgenössischen Räten eine gesetzliche Regelung zu verlangen, die Anbau, Handel, Besitz, Konsum und Abgabe von Cannabis legalisiert.
https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/kanton-solothurn/cannabis-solothurner-kantonsrat-will-mit-einer-standesinitiative-ein-zeichen-fuer-die-legalisierung-des-kiffens-setzen-ld.2136444


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Stellungnahme zur Polizeirepression gegen LoRa
Bei der 1. Mai-Demonstration in Zürich wurden verschiedene Journalist*innen mehrere Stunden eingekesselt und angezeigt, so war es am der Tag der Pressefreiheit zu lesen.
https://www.lora.ch/aktuell/news/867-stellungnahme-aus-gegebenem-anlass


Anschlag auf Berner Kantonalbank: «Ich dachte erst, es sei Gülle»
Auf die Berner Kantonalbank in Bümpliz wurde in der Nacht auf Mittwoch ein Farbanschlag verübt. Die Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen.
https://www.20min.ch/story/ich-dachte-erst-es-sei-guelle-506746656428
-> Bekenner*innen-Schreiben: https://barrikade.info/article/3480


Orchideen gegen Beton
Auf dem waadtländischen Mont Mormont kämpften Aktivist*innen monatelang gegen den Ausbau eines Steinbruchs durch den Betonkonzern Holcim. Bis das Gelände Ende März geräumt wurde. Ein Erfahrungsbericht über den Kampf gegen den Beton.
https://www.studizytig.ch/ausgaben/ausgabe-24/orchideen-gegen-beton/


Klima-Prozess in Zürich: Die meisten Aktivisten verweigern Aussage
Die neun vor Gericht erschienenen Klima-Aktivisten verweigerten eine Aussage. 2019 versperrten sie den Eingang zur Credit Suisse in Zürich.
https://www.nau.ch/news/schweiz/klima-prozess-in-zurich-die-meisten-aktivisten-verweigern-aussage-65925725
-> https://www.20min.ch/story/klima-aktivistinnen-und-aktivisten-droht-ueber-3000-franken-strafe-542014293538
-> https://www.tagesanzeiger.ch/klima-aktivistinnen-muessen-im-zuercher-volkshaus-vor-gericht-731167166082
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/zuerich/zuerich-klimaschutz-ist-kein-verbrechen-kundgebung-vor-prozess-gegen-klima-aktivisten-ld.2136202
-> https://www.zsz.ch/klima-aktivistinnen-muessen-im-zuercher-volkshaus-vor-gericht-731167166082
-> https://www.landbote.ch/klima-aktivistinnen-muessen-im-zuercher-volkshaus-vor-gericht-731167166082
-> https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/neun-klima-aktivisten-muessen-im-zuercher-volkshaus-vor-gericht-00158066/
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/klimaaktivisten-vor-gericht?id=11982836
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/prozess-von-klima-aktivisten-kollegen-demonstrieren-vor-gericht?id=11983106
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/tragen-stadtzuercher-polizisten-bald-bodycams?id=11983313
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/hausfriedensbruch-und-noetigung-klimaaktivisten-stehen-vor-gericht-141888063



nzz.ch 12.05.2021

Sitzstreik vor dem Credit-Suisse-Hauptsitz: Verteidiger bestreiten, dass es eine Blockade gab

Acht junge Westschweizer Klimaaktivisten und ein Zürcher müssen sich ab Mittwoch vor dem Bezirksgericht verantworten. Sie wehren sich gegen eine Strafe infolge einer Protestaktion am Paradeplatz.

Reto Flury

Das Wichtigste in Kürze
– Neun junge Klimaaktivistinnen und -aktivisten stehen ab Mittwoch vor dem Zürcher Bezirksgericht.
– Sie hatten sich im Juli 2019 zusammen mit Gleichgesinnten die Eingänge des Credit-Suisse-Hauptsitzes in der Zürcher Innenstadt gelegt. Die Anklage lautet auf Nötigung und – mit Ausnahme eines Falles – auf Hausfriedensbruch.
– Die Verteidiger bestreiten, dass es eine Blockade gab. Sie machen zudem einen rechtfertigenden Notstand geltend.
– Der Staatsanwalt sagt: Wenn in diesem Fall ein rechtfertigender Notstand akzeptiert werde, «sind wir auf der Autobahn zur Hölle».

1. Prozesstag

«Die Banken haben Kohle – wir haben recht»: Ein paar Mitglieder der Gruppe Collective Climate Justice halten am Mittwochmorgen vor dem Bezirksgebäude ein Transparent mit einer kämpferischen Parole hoch. Auf der anderen Seite der Badenerstrasse, im Theatersaal des Volkshauses, ist derweil alles bereit für die Hauptverhandlung. Das Gericht hat auf dem Podium Platz genommen. Die Beschuldigten sitzen mit ihren Verteidigern an Zweiertischen, die in gebührenden Corona-Abständen über die Breite des Saals verteilt sind.

Viel haben die Klimaaktivisten vor Gericht nicht zu sagen. «Je n’ai rien à déclarer» – so oder ähnlich lauten ihre Antworten auf die Fragen des Einzelrichters zumeist. Nur vereinzelt äussern sie sich. Eine junge Frau sagt etwa, sie habe an einer symbolischen Aktion teilnehmen wollen, die nicht gegen Gesetze verstosse. Doch als der Richter fragt, ob die Angaben der Stadtpolizei stimmten, wonach der Protest von Greenpeace organisiert worden sei, schweigt sie wieder. Und schon gar nicht will sie auf Fragen des Staatsanwalts eingehen, als der nachhakt.

Diese Wortkargheit macht der Staatsanwalt den Aktivisten in seinem Plädoyer zum Vorwurf. Sie machten einen rechtfertigenden Notstand geltend, sagt er. In diesem Fall wäre es relevant gewesen, zu erfahren, warum sie eine solche Situation angenommen hätten. «Aber von ihnen kam nichts, was eine Überprüfung ermöglicht hätte, ihr Beitrag beschränkte sich auf Aussageverweigerung.»

«Billige Effekthascherei»

Nach Meinung des Staatsanwalts darf der Notstands-Artikel nicht auf den Klimawandel angewendet werden. Eine «unmittelbare Gefahr», wie das Strafgesetzbuch sie voraussetzt, sieht er nicht. Es werde nur prognostiziert, dass die Temperatur in einigen Jahren ansteige, und die Wissenschaft sei sich nicht zu hundert Prozent einig. Auch sei die Aktion nicht verhältnismässig gewesen, um die globalen Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Es sei vielmehr um «billige Effekthascherei» gegangen.

Persönlich habe er ein gewisses Verständnis für die «jugendliche Empörung», sagt der Ankläger. Es höre aber auf, wo bewusst Gesetzesverstösse begangen würden. Politische Entscheidungen würden im Schweizer System nicht von einem Mob herbeigeführt, der mit falscher Betroffenheit Laientheater spiele. Die Aktion rieche stark nach «Selbstjustiz», und wenn sie mit einem Notstand entschuldigt werde, «sind wir auf der Autobahn zur Hölle».

Mildere Töne schlug der Vertreter der Credit Suisse an. Die Bank anerkenne ihre Mitverantwortung bei der Bekämpfung des Klimawandels, sagt er und zählte einige Massnahmen auf, die sie seit 2013 getroffen hatte. Die Aktivisten hätten das duldbare Mass an Protest deutlich überschritten. Darum beharrt er auf einer Verurteilung wegen Hausfriedensbruchs. In Hinblick auf die finanzielle Situation der jungen Klimaschützer verzichte er aber darauf, weitere Schäden geltend zu machen und die Anwaltskosten zurückzufordern, ergänzt er.

Verteidiger spricht von Irrtum

Das Team der Verteidiger setzt auf mehreren Ebenen zum Konter an. So bestreiten die Anwälte, dass es einen Hausfriedensbruch gab. Der Arkadengang sei öffentlich zugänglich und sei an diesem Vormittag nicht abgeschlossen gewesen, sagt ein Anwalt. Die Klienten stammten fast alle aus Genf und hätten nicht gewusst, dass der Bereich abschliessbar sei. Es liege ein klassischer Sachverhaltsirrtum vor.

Ein Kollege von ihm stellt in Abrede, dass die Klimaaktivisten Bankmitarbeiter und Kunden am Zutritt gehindert und sich der Nötigung strafbar gemacht hätten. Mehrere Eingänge seien noch frei gewesen, und niemand sei am Vorbeigehen gehindert worden. Bei Bedarf hätten sie sich zur Seite bewegt.

Zur Sprache kam aber auch das Argument des rechtfertigenden Notstands. Es bestehe zweifellos die Gefahr, dass durch den Klimawandel Rechtsgüter wie das Leben oder die Gesundheit verletzt würden, sagte ein Anwalt. Ob die Bedrohung unmittelbar sei, bemesse sich nicht in Minuten oder Stunden. Es gehe vielmehr um die Möglichkeit, später noch Massnahmen zur Abwehr zu treffen. «Experten gehen davon aus, dass jetzt der letzte Zeitpunkt sei.»

Weiter versuchten die Rechtsanwälte mit Verweis auf Studien und Rankings – unter anderem von Umweltorganisationen – zu unterstreichen, dass die Credit Suisse stark in die Finanzierung von Unternehmen mit fossilen Energien engagiert sei. Die Botschaft: Die Grossbank sei das richtige Ziel des Protests gewesen. Die Aktion sei in verschiedener Hinsicht geeignet und zielführend gewesen, führt ein Verteidiger aus. Sie habe grosse mediale Aufmerksamkeit erzeugt und so – im Sinne eines Zwischenziels – zu einer Sensibilisierung in der Bevölkerung und bei politischen Akteuren geführt.

Das Urteil soll am Freitagnachmittag eröffnet werden.

Die Ausgangslage

Über 60 Klimaaktivistinnen und -aktivisten legten sich an einem frühen Julimorgen 2019 vor die Zugänge zum Hauptgebäude der Credit Suisse am Paradeplatz. Wie ihre Gesinnungsgenossen, die zeitgleich in Basel den Sitz der UBS versperrten, wollten sie öffentlichkeitswirksam gegen die Grossbanken protestieren, die sie wegen Finanzierungsgeschäften im Öl- und Gassektor mitverantwortlich für die «Klimakatastrophe» machten.

Als sie der Aufforderung nach einer Räumung nicht nachkamen, schritt die Stadtpolizei Zürich ein. Sie löste die Barrikaden an den Eingängen bis etwa um 13 Uhr auf. Der Einsatz entpuppte sich als nicht einfach, hatten sich die Protestierenden doch untereinander verhakt und mit den mitgebrachten Gegenständen verkettet. Die Polizisten trennten die Ketten mit schwerem Werkzeug, bevor sie die Klimaaktivisten zu den wartenden Bussen tragen konnten.

Die Stadtpolizei nahm bei der Aktion insgesamt 61 Frauen und Männer fest, die erst nach zwei Nächten in Haft wieder auf freien Fuss kamen (drei Jugendliche wurden der Jugendanwaltschaft zugeführt). Etliche von ihnen erhielten nach einigen Wochen einen Strafbefehl wegen Nötigung, manche auch wegen Hausfriedensbruchs. Eine Mehrheit der Aktivistinnen und Aktivisten akzeptierte das Verdikt, laut Oberstaatsanwaltschaft wurden 42 Strafbefehle rechtskräftig.

Eine Handvoll Klimaschützer legte jedoch Einspruch ein. Es handelt sich dabei um acht junge Personen aus der Romandie und eine aus Zürich. Die Staatsanwaltschaft erhob daraufhin Anklage beim hiesigen Bezirksgericht. Die Hauptverhandlung ist auf Mittwoch, den 12., sowie Freitag, den 14. Mai, angesetzt und findet unter speziellen Vorkehrungen statt. Denn erstens darf jeder Beschuldigte mit einem eigenen Verteidiger und Begleitpersonen erscheinen, zweitens ist das Medieninteresse gross und drittens gelten immer noch die Corona-Massnahmen.

Der Prozess wurde daher ins Volkshaus verlegt und findet dort im grossen Theatersaal statt. In den Augen der Beschuldigten ist es durchaus auch eine Fortsetzung der damaligen Sommeraktion. Der Prozess gebe ihm und seinen Mitstreitern erneut die Gelegenheit, ihre Anliegen auf eine andere Ebene zu bringen, sagte einer von ihnen im Vorfeld gegenüber der Onlineplattform «Watson».

Die Verfahren reihen sich damit in eine Serie von gerichtlichen Überprüfungen ein, die von Klimaschützern nach Bussen oder Strafbefehlen angestrengt worden sind. Aufsehen erregte vor allem das Urteil eines Waadtländer Bezirksgerichts in Renens und über die Landesgrenzen hinaus. Ein Einzelrichter sprach damals zwölf Klimaaktivisten frei, die in einer Credit-Suisse-Filiale Tennis gespielt hatten. Der Hausfriedensbruch wurde in seinen Augen durch einen «rechtfertigenden Notstand» aufgewogen.

Das Urteil wurde rund ein halbes Jahr später vom Kantonsgericht korrigiert, die Aktivisten wurden verurteilt. Das Verfahren ist derzeit vor Bundesgericht pendent. Eine Person, die am Tennisspiel in der Bankfiliale beteiligt war, nahm später auch an der Aktion in Zürich teil und steht nun hier ebenfalls vor Gericht.

Die Anklageschrift

Die acht jungen Aktivistinnen und Aktivisten aus der Westschweiz legten sich vor die Zugänge zum Credit-Suisse-Hauptquartier zur Bärengasse hin. Die Bankangestellten hätten darum auf einen Nebentrakt und eine Passerelle ausweichen müssen, um in ihre Büros zu gelangen. Kunden seien in ihrer Handlungsfreiheit eingeschränkt gewesen und hätten eine andere Bankfiliale und andere Geschäfte aufsuchen müssen, schreibt der Staatsanwalt im Strafbefehl und sieht dadurch den Tatbestand der Nötigung erfüllt. Dessen macht sich schuldig, wer jemanden durch Gewalt oder durch eine andere Beschränkung seiner Handlungsfreiheit zwingt, etwas zu tun oder zu unterlassen.

Da sich die Aktivisten bei der Sitzblockade unter den Arkaden und somit innerhalb des vom Hausrecht geschützten Gebäudebereichs befanden, begingen sie laut Staatsanwaltschaft auch Hausfriedensbruch. Dies gilt allerdings nicht für den jungen beschuldigten Zürcher, der auf der Seite des Paradeplatzes an der Aktion beteiligt war. Er muss sich daher nur wegen Nötigung verantworten.

Das Strafmass ist für sämtliche Beschuldigten – auch für den Mann aus Zürich – das gleiche. Die Anklage fordert je eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 30 Franken (insgesamt 2700 Franken) sowie eine Busse von 1000 Franken. (https://www.nzz.ch/zuerich/sitzblockade-in-zuerich-klimaaktivisten-muessen-vor-gericht-ld.1624023)



Klima-Bewegung: Radikale gegen Gemässigte – Rundschau
Am 21. Mai ist Klimastreik. Die jungen Klima-AktivistInnen sind während Corona nicht untätig geblieben. Doch im Kern der Bewegung brodelt es: Die einen wollen das System abschaffen, die anderen suchen den Dialog. Repo zum Richtungsstreit in der Klimabewegung.
https://www.srf.ch/play/tv/rundschau/video/klima-bewegung-radikale-gegen-gemaessigte?urn=urn:srf:video:e3c8b61e-3262-4cf8-8c82-9de1b387a811


Klimastreik – Riss in der Klima-Bewegung: Radikale gegen Gemässigte
In der Klima-Bewegung brodelt es. Die einen fordern die Abkehr vom System, die anderen halten das für gefährlich.
https://www.srf.ch/news/schweiz/klimastreik-riss-in-der-klima-bewegung-radikale-gegen-gemaessigte



bernerzeitung.ch 12.05.2021

Gerichtsprozess in Bern: Sprayerin zu bedingter Geldstrafe verurteilt

Dem Gericht waren die Aussagen zu wenig glaubhaft. Es verurteilte deshalb eine 30-jährige Sprayerin, die sich massiv gegen ihre Festnahme gewehrt hatte.

Michael Bucher

In dem Fall hat sich der Gang vor Gericht nicht gelohnt: Eine Frau, die bei einer Sprayaktion der Polizei ins Netz gegangen war, wehrte sich gegen den daraus resultierenden Strafbefehl. Nach dem Prozess am Regionalgericht in Bern ist nun klar: Die Beschuldigte steht nicht besser da, im Gegenteil.

Zwar bewegt sich die am Mittwoch vom Gericht ausgesprochene bedingte Geldstrafe von 3500 Franken etwa in derselben Höhe wie beim ursprünglichen Strafbefehl. Mit rund 4000 Franken muss die Frau jedoch viermal höhere Verfahrenskosten berappen.

Polizisten gerieten unter Beschuss

Die in Bern wohnhafte 30-Jährige hatte sich in der Nacht auf den 24. November 2019 an einer Sprayaktion beim Bahnhof Bern beteiligt. Sie ist geständig, zusammen mit sechs anderen Personen eine Wand auf der SBB-Baustelle an der Laupenstrasse versprayt zu haben. Die Nacht-und-Nebel-Aktion geschah am Rande einer illegalen Party im ehemaligen Fruchthof-Gebäude.

Wegen dieser temporären Hausbesetzung war an jenem Abend auch die Polizei vor Ort. Als fünf Polizisten in Zivil die Sprayergruppe anhalten wollte, schmissen vermummte Personen vom Fruchthof aus Steine und Feuerwerkskörper nach ihnen. Trotzdem gelang es den Einsatzkräften, zwei Personen festzunehmen, darunter die beschuldigte Frau.

Diese schlug bei ihrer Festnahme wild um sich, zwei Polizisten kriegten dabei einen Fusstritt ins Gesicht. Die Frau behauptete, sie habe nicht gewusst, dass es Polizisten seien, die sie zu Boden drückten. Die fünf Kantonspolizisten, die beim Prozess als Privatkläger auftraten, widersprachen dem vehement. Mehrmals hätten sie «Stopp! Polizei!» gerufen und sich auch bei der Festnahme als solche zu erkennen gegeben.

«Lebensfremde Schutzbehauptung»

Die Richterin schenkte den Schilderungen der Polizisten schliesslich mehr Glauben. Die Rufe der Einsatzkräfte müsse die Beschuldigte gehört haben. «Es gab überhaupt keinen Grund, anzunehmen, eine andere Sprayergruppe würde Sie angreifen», meinte die Richterin gegenüber der Frau. Genau dies gab die 30-Jährige bei ihrer Einvernahme als Grund an, weshalb sie sich dermassen heftig zur Wehr gesetzt habe. Sie habe gehört, dass es unter Sprayergruppen Revierkämpfe geben könne. Die Richterin tat diese Aussage als «lebensfremde Schutzbehauptung» ab.

Verurteilt wurde die Frau schliesslich wegen Gewalt und Drohung gegen Beamten, Sachbeschädigung und versuchter einfacher Körperverletzung. Weil die fünf Polizisten durch die Tritte der Frau kaum verletzt wurden, wies die Richterin die von ihnen geforderte Genugtuung von je 300 Franken zurück. Die Verletzungen, welche zwei der Polizisten in jener Nacht davontrugen, würden von den Steinwürfen der Vermummten stammen, so die Richterin. «Dafür ist die Beschuldigte nicht verantwortlich.»

Bezahlen muss die Frau auch die 1146 Franken, welche die SBB als Schaden für die versprayte Mauer geltend machen. Dass die Mauer nur vorübergehend auf der dortigen Baustelle stand, spiele dabei keine Rolle, meinte die Richterin. Sie riet der Frau zum Schluss: «An Ihrer Stelle würde ich von den anderen Sprayern verlangen, dass sie sich an Ihren Kosten beteiligen.»
(https://www.bernerzeitung.ch/sprayerin-zu-bedingter-geldstrafe-verurteilt-814009542126)



Dies Irae: „Adbusting muss weh tun!“
Sie verändern Werbeplakate, um auf politische Missstände aufmerksam zu machen: Dies Irae machen seit sieben Jahren Adbusting im deutschsprachigen Raum. Die „Tage des Zorns“ haben sich der klaren politischen Botschaft verschrieben und bereiten sich gerade auf ihr Post-Corona-Comeback vor.
https://daslamm.ch/adbusting/


+++ANTITERRORSTAAT
Bundesrat ernennt Beauftragten für Migration und innere Sicherheit
Bern, 12.05.2021 – Der Bundesrat ernennt einen „Beauftragten für Migration und innere Sicherheit“ im Staatssekretariat für Migration (SEM), mit einem Fokus auf den Themen der Terrorismusbekämpfung, des Menschenhandels und des Menschenschmuggels. Damit berücksichtigt der Bundesrat die wachsende Bedeutung der Sicherheitsfragen im Migrationsbereich. Er hat an seiner Sitzung vom 12. Mai 2021 Urs von Arb mit dieser Aufgabe betraut.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-83500.html


+++KNAST
Grosser Aufwand für Impfungen in Berner Gefängnissen – Schweiz Aktuell
Hohe Impfpriorität haben auch Gemeinschaftseinrichtungen. Nach den Altersheimen soll nun auch in Gefängnissen geimpft werden. Die Reportage aus dem Regionalgefängnis Bern.
https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/grosser-aufwand-fuer-impfungen-in-berner-gefaengnissen?urn=urn:srf:video:b0e963d7-c037-4f0d-814b-f07a36518a8b


+++BIG BROTHER
Publikationshinweis: Bericht des Bundesrates zur Beurteilung der Bedrohungslage gemäss Art. 70 Nachrichtendienstgesetz (NDG)
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 12. Mai 2021 den jährlichen Bericht zur Beurteilung der Bedrohungslage gemäss Art. 70 NDG verabschiedet. Der Bericht wurde vom Nachrichtendienst des Bundes (NDB) erstellt und bezieht sich auf die im NDG genannten Bedrohungen sowie auf sicherheitspolitisch bedeutsame Vorgänge im Ausland.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-83477.html
-> Bericht: https://www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/66529.pdf


+++POLIZEI ZH¨
tagesanzeiger.ch 12.05.2021

Umstrittene Zürcher Polizei-Kameras: Bodycams für Stadtpolizisten werden zur Zitterpartie

Zwar haben die Uniformkameras in der Parlamentskommission eine knappe Mehrheit erhalten, aber im Gemeinderat könnte diese noch kippen.

Martin Huber

Es ist kaum grösser als eine Kreditkarte, aber eines der umstrittensten Arbeitsgeräte der Zürcher Polizei: die Bodycam. Bereits 2018 kündigte Sicherheitsvorsteher Richard Wolff (AL) und Stadtpolizei-Kommandant Daniel Blumer nach einem Pilotversuch an, solche anschaffen zu wollen – als Mittel der Gewaltprävention und zur Beweissicherung.

Doch auch drei Jahre später sind die Kameras noch immer nicht im Einsatz. Zweieinhalb Jahre lang brütete die Sicherheitspolitische Kommission des Gemeinderats über der Vorlage des Stadtrates zum Einsatz der Geräte (lesen Sie hier mehr dazu). Jetzt hat sich die Kommission zu einem Entscheid durchgerungen: Mit 7 zu 6 Stimmen spricht sie sich für die Verordnung aus, wie sie am Mittwoch mitteilte. FDP, GLP und ein Teil der SP sagen Ja; SVP, Grüne, AL und der andere Teil der SP sind dagegen.

Ausstiegsklausel eingebaut

Laut der Verordnung sollen die Kameras an der Polizeiuniform bei Kontrollen im öffentlichen Raum zum Einsatz kommen – jedoch nur in Situationen, die zu eskalieren drohen. Polizeiangehörige mit Kamera werden mit einem «Video»-Schild gekennzeichnet und müssen ankündigen, wenn sie ihr Gerät einstellen. Auch kontrollierte Personen können das Einschalten der Kameras verlangen. Gelöscht werden die Aufnahmen nach 100 Tagen.

Die Kommission hat das Regelwerk zusätzlich verschärft. So hat die links-grüne Mehrheit durchgesetzt, dass die Bodycams bei unbewilligten Demonstrationen oder Krawallen, also im unfriedlichen Ordnungsdienst, nicht zum Einsatz kommen sollen. Dies, weil es laut Stadtpolizei in solchen Fällen bessere Einsatzmittel gebe, etwa Kameras aus der «dritten Reihe».

Weiter wird die Zahl der Kameras auf 34 Stück begrenzt – bei rund 1700 Korpsangehörigen. Dazu wird eine Ausstiegsklausel eingebaut, wonach die Verordnung nach sechs Jahren überprüft und gegebenenfalls ausser Kraft gesetzt werden muss. Ausdrücklich untersagt wird eine Verknüpfung der Aufnahmen mit Gesichtserkennungssoftware oder polizeilichen Datensystemen (lesen Sie hier mehr dazu). Schliesslich hat die rot-grüne Mehrheit auch durchgesetzt, dass der Bodycam-Einsatz wissenschaftlich begleitet wird.

Grüne gegen Vorlage der eigenen Stadträtin

Doch selbst diese Auflagen vermochten die Gegner auf linker Seite nicht umzustimmen. Die Grünen lehnen die Vorlage ab – obwohl sie aus dem Departement ihrer eigenen Stadträtin Karin Rykart stammt. «Wir wollen in der Stadt Zürich kein fragwürdiges Überwachungsexperiment auf Kosten der Grundrechte wagen», schreiben sie in einer Mitteilung. Zudem sei nicht nachgewiesen, ob sie wirklich zur Verhinderung von Übergriffen auf die Polizeikräfte beitragen. Auch die AL bezweifelt, dass die Bodycams deeskalierend wirken.

Karin Rykart selber und auch die Stadtpolizei wollten sich auf Anfrage nicht näher dazu äussern.

SP-Fraktion gespalten

Ebenfalls gegen die Vorlage ist die SVP, wenn auch aus ganz anderen Gründen. Zwar begrüsst sie den Einsatz von Bodycams, weil diese Polizistinnen und Polizisten vor Gewalt schützen könnten. Aber die Verordnung sei «von den Linken ideologisiert» worden. So wolle die linke Mehrheit mit allen Mitteln verhindern, dass Bodycams im unfriedlichen Ordnungsdienst zum Einsatz kämen. «Ausgerechnet dort, wo es brennt», kritisiert die SVP und spricht von «Kameras mit rot-grünem Filter».

Grüne, AL und SVP können die Vorlage gemeinsam aber nicht stoppen, sie vereinen zu wenige Stimmen im Gemeinderat. Doch weil die SP gespalten ist, wird es spannend. Eine Mehrheit der SP-Fraktion ist zwar für die Bodycams, doch es gibt Abweichler. Für sie überwiegen die Bedenken, da der Bodycam-Pilotversuch in Zürich keinen eindeutigen Nutzen gezeigt habe.

Kommts zum Stichentscheid?

Klar hinter die Vorlage stellen sich FDP und Grünliberale. Für die FDP erfüllt die Bodycam-Verordnung die Anforderungen «an die Balance zwischen Sicherheit und Freiheit», schreibt die FDP. Kontrollierte erhielten das Recht, das Einschalten der Kamera zu verlangen. Umgekehrt bekomme die Polizei ein Mittel, um sich vor «ungerechtfertigten Vorwürfen und manipulativen Filmaufnahmen Dritter» zu schützen. Und die GLP begrüsst die strenge gesetzliche Grundlage und die maximale Anzahl Kameras, die sicherstelle, dass das jetzige Konzept nicht laufend ausgebaut werde.

Das Stadtparlament wird sich voraussichtlich Ende Mai mit der Vorlage befassen. Ob sie dort eine Mehrheit findet und die Stadtpolizei die Bodycams einsetzen kann, ist offen. «Die Vorlage steht auf der Kippe, es wird spannend», sagt Kommissionspräsident Pascal Lamprecht (SP). Lamprecht hat mehrere Szenarien durchgerechnet. Im extremsten Fall könnte sogar der neue Ratspräsident den Stichentscheid fällen: Mischa Schiwow von der Alternativen Liste.
(https://www.tagesanzeiger.ch/bodycams-fuer-stadtpolizisten-werden-zur-zitterpartie-776674155124)



nzz.ch 12.05.2021

Zürcher Stadtpolizisten sollen mit Bodycams ausgerüstet werden. Gegner befürchten nichts weniger als den Überwachungsstaat

Nach einer emotionalen Debatte fiel ein äusserst knapper Entscheid. Die zuständige Kommission des Stadtzürcher Parlaments sagt Ja zu Bodycams – wenn auch mit vielen Abstrichen.

Florian Schoop

Sie ist nicht gross. Sie sieht aus wie ein alter Walkman. Und sie löst heftige Debatten aus. Die Rede ist von der Bodycam, jener Kamera also, die umstrittene Einsätze genauso festhalten soll wie Angriffe auf die Ordnungskräfte. Von den einen wird das Gerät schon fast zum Allheilmittel emporstilisiert, andere wiederum sehen in ihm das Einfallstor zum Überwachungsstaat.

Es ist darum nicht verwunderlich, dass der Plan der Stadt Zürich, die eigene Polizei mit Bodycams auszurüsten, für Misstöne sorgt. Und das bereits seit Jahren. Einen ersten überraschenden Stich in dieses Wespennest wagte der Stadtrat Richard Wolff, damals Vorsteher des Sicherheitsdepartements. Mit Wolff führte ausgerechnet ein Alternativer im Rahmen eines Pilotprojekts den Einsatz dieser umstrittenen Kameras ein. Seither ist viel passiert. Jüngst sorgte Wolffs Nachfolgerin Karin Rykart nach üblen Krawallen am Utoquai im Sommer 2018 für eine persönliche Kehrtwende. Während sie sich zuvor noch kritisch geäussert hatte, begrüsste sie schliesslich den Einsatz von Bodycams mit der Begründung: «Meine Mitarbeiter brauchen einen besonderen Schutz.»

Das Hin und Her endete damit aber nicht. Es ging bei jenen weiter, die den Entschluss beraten mussten: bei der zuständigen Kommission des Zürcher Gemeinderats. Nach zweieinhalb Jahren und kontroversen Debatten über die Weisung des Stadtrats ist sie zum Schluss gelangt: Die Bodycams sollen kommen – wenn auch mit zahlreichen Anpassungen.

Die wichtigsten Punkte im Überblick

– Der Einsatz von Bodycams soll auf maximal sechs Jahre beschränkt werden. Dabei handelt es sich um eine Ausstiegsklausel, die von der FDP angeregt wurde. Sie besagt, dass die Verordnung nach Ablauf dieser Frist wieder überprüft werden muss. Möglich ist auch, das Projekt innerhalb dieser Zeit anzupassen – oder ganz abzubrechen.
– Während dieser Zeit sollen Forscherinnen und Forscher den Bodycam-Einsatz wissenschaftlich begleiten. Nebst Gewalt von und an Polizeiangehörigen müssten sie Themen wie Racial Profiling untersuchen und die Frage beantworten, ob die Aufzeichnungen deeskalierend wirken.
– Insgesamt sollen nur 34 Polizistinnen und Polizisten eine Bodycam tragen. Auf diese Beschränkung drängte die GLP. Die Partei will mit dieser Maximalzahl verhindern, dass das angedachte Konzept laufend angepasst wird.
– Bodycams sind nicht ständig «on air». Polizeiangehörige stellen sie nur bei Kontrollen an, die aus dem Ruder zu laufen drohen. Also dort, wo mit gewaltsamen oder verbalen Übergriffen zu rechnen ist. Beim sogenannten unfriedlichen Ordnungsdienst hingegen, also bei krawallierenden Fussballfans oder unbewilligten Demonstrationen, bleibt die Kamera ausgeschaltet. In solchen Fällen setzt die Polizei bereits heute auf filmende Ordnungshüter. Zudem setzte die Behörde am vergangenen 1. Mai auf einen grauen Kleinbus, ausgestattet mit allerlei High-Tech-Kameras.
– Nicht nur Polizeiangehörige können die Kamera anschalten, wenn sie bedroht werden. Auch kontrollierte Personen können eine Aufnahme verlangen, wenn sie ein unkorrektes Verhalten seitens der Polizisten befürchten. Die Aufnahme wird dann beendet, wenn die Kontrolle vorbei ist oder wenn die Beteiligten beidseits der Beendigung zustimmen.
– Die Aufnahmen werden 100 Tage lang gespeichert, und zwar an einem von der Stadtpolizei unabhängigen, externen und sicheren Ort. Eine Verknüpfung mit einer Gesichtserkennungssoftware oder mit polizeilichen Datensystemen ist nicht erlaubt. Auch sollen unbeteiligte Dritte möglichst nicht gefilmt werden. Die Aufnahmen dürfen aber zwecks Weiterbildung und zu Studienzwecken anonymisiert verwendet werden.

Der Kommissionsentscheid für das Ja zu Bodycams unter diesen Bedingungen ist äusserst knapp ausgefallen. Sieben Mitglieder des Gremiums stimmten den Bodycams unter diesen Bedingungen zu. Die anderen sechs lehnten sie ab. Hinzu kommt: Mit diesem Entscheid ist das umstrittene Arbeitsgerät noch längst nicht eingeführt, der Gemeinderat muss dem Vorhaben erst noch zustimmen.

Warum das Thema derartig kontrovers und emotional debattiert wurde, erklärt Pascal Lamprecht, SP-Gemeinderat und Präsident der Spezialkommission Sicherheitsdepartement, so: «Man will einerseits alle Polizistinnen und Polizisten vor Übergriffen bewahren und auch die Bevölkerung vor ungerechtfertigter Behandlung durch Sicherheitsbeamte schützen.» Andererseits stellten sich grundsätzliche Fragen hinsichtlich der Überwachung von städtischen Mitarbeitenden. «Diese Anliegen können sich beissen.» Bodycams massvoll einzusetzen, sei eine Gratwanderung.

Dies spiegelt sich auch in den Reaktionen der Parteien. Die SP etwa ist in zwei Lager gespalten. Die Mehrheit der Fraktion unterstützt die Vorlage. Eine Minderheit lehnt Bodycams hingegen grundsätzlich ab. Die Grünen wiederum halten unisono nichts von dem Vorhaben. In ihrer Stellungnahme treten sie sogar der eigenen Stadträtin Karin Rykart ans Bein. Ihr Sicherheitsdepartement habe die Krawalle am Utoquai vor bald drei Jahren zum Anlass genommen, die Bodycams definitiv zu lancieren. Und dies, obwohl solche Kameras für den unfriedlichen Ordnungsdienst gar nicht gedacht seien.

«Missbrauch für politische Propaganda»

Dass ausgerechnet bei unbewilligten Demonstrationen und Krawallen die Bodycam ausgeschaltet bleibt, gefällt der SVP gar nicht. In ihrem Communiqué mokiert sie sich über die linken Parteien und darüber, dass «Chaoten unerkannt bleiben sollen». Auch bei der wissenschaftlichen Begleitung ortet die Partei «einen Missbrauch für politische Propaganda». Die SVP lehnt das Vorhaben ebenso ab – wenn auch aus anderen Gründen. Und bei der AL, bei jener Partei also, deren Stadtrat das Thema überhaupt aufs Tapet gehoben hat, lehnt man den Einsatz solcher Kameras kategorisch ab. Man verfolge deren möglichen Einsatz «kritisch und mit Sorge».

Ein klares Ja gibt es hingegen von der FDP. Die Lösung erlaube es Polizistinnen und Polizisten wie Kontrollierten, sich auf Augenhöhe zu begegnen. Ähnlich klingt es bei der GLP. Es sei wichtig, dass Bodycams mit einer möglichst strengen gesetzlichen Grundlage eingeführt würden.

Am Ende stellt sich aber die Frage: Sind diese Grundsatzdiskussionen bei geplanten 34 Bodycams überhaupt gerechtfertigt? Der SP-Gemeinderat Pascal Lamprecht sagt: «Innerhalb der Kommission haben wir gewitzelt, in jeder Quartierstrasse habe es wohl mehr GoPro-Kameras.» Aber man müsse schon sehen: Bodycams würden nur in gewissen Bereichen eingesetzt, also in Situationen, wo es schnell brenzlig werde, am Wochenende, an Hotspots der Partygänger und nicht unbedingt bei Verkehrskontrollen oder bei Quartierpolizisten in Höngg oder Altstetten. Zudem trage nicht jeder Polizist eine Kamera, sondern nur jemand pro Einsatzeinheit.

So oder so: Das Hin und Her wird weitergehen. In den kommenden Wochen debattiert der Gemeinderat über die ausgearbeitete Verordnung der Kommission. Und auch dem Schlussentscheid wird wohl eine hitzige Debatte vorangehen. Ob Zürcher Stadtpolizisten künftig mit oder ohne Bodycams auf Patrouille gehen, entscheidet sich also erst im letzten Moment.
(https://www.nzz.ch/zuerich/zuerich-stadtpolizei-soll-mit-34-bodycams-ausgeruestet-werden-ld.1624689)
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/zuerich/zuerich-zur-praevention-von-gewalt-gegen-polizistinnen-und-polizisten-die-stadtpolizei-soll-kuenftig-bodycams-tragen-ld.2136247
-> https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/zuercher-stadtpolizei-soll-bodycams-tragen-00158095/
-> https://www.watson.ch/schweiz/z%C3%BCrich/710319130-zuercher-stadtpolizei-soll-bodycams-tragen
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-zuerich-schaffhausen/tragen-stadtzuercher-polizisten-bald-bodycams?id=11983313


+++QUEER
Alice Schwarzer, „Emma“ und der geballte Unfug
Um Rechte von Transpersonen zu beschneiden, versuchen radikale Feministinnen, Gesetze zu kippen. Alice Schwarzer verleiht ihnen eine schrille Stimme. Die Kolumne.
https://www.fr.de/meinung/kolumnen/emma-und-terf-90573015.html


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Unbewilligte Corona-Protestmärsche – Rundschau
Sie nennen sich «Freunde der Verfassung» und kämpfen gegen das Covid-19-Gesetz. Medien mögen sie nicht besonders. Die «Rundschau» hat sie trotzdem besucht.
Protestmarsch: Die Wut der Covid-Skeptikerinnen und -Skeptiker Woche für Woche ziehen Kritikerinnen der Corona-Massnahmen zu Hunderten durch Schweizer Städte. Die Demonstranten sehen die Grundrechte in Gefahr und werben für ein Nein zum Covid-Gesetz. Die «Rundschau» hat die unbewilligten Protestmärsche begleitet. An der «Rundschau»-Theke der oberste Polizist des Landes: Mark Burkhard, Präsident der Konferenz der kantonalen Polizeikommandanten erklärt, warum ihm die unbewilligten Demos Sorgen machen.
https://www.srf.ch/play/tv/rundschau/video/unbewilligte-corona-protestmaersche-friedhof-als-eventpark-klimabewegung-indien?urn=urn:srf:video:548eb7e8-fcf0-4905-88cd-3180acaccbad


Theke: Mark Burkhard – Rundschau
An der «Rundschau»-Theke der oberste Polizist des Landes: Mark Burkhard, Präsident der Konferenz der kantonalen Polizeikommandanten erklärt, warum ihm die unbewilligten Demos Sorgen machen.
https://www.srf.ch/play/tv/rundschau/video/theke-mark-burkhard?urn=urn:srf:video:6160c8e0-de12-4806-b959-33b3d4f22523


Gemeinderat ruft erneut zu Kundgebungsverzicht auf
Für Samstag, 15. Mai, wird in Bern erneut zu einer unbewilligten Kundgebung gegen die Corona-Massnahmen aufgerufen. Weiter findet gleichentags die Pokalübergabe an YB statt: Wie im Vorjahr muss leider auf Feierlichkeiten verzichtet werden. Bei Kundgebungen gilt nach wie vor eine Obergrenze von 100, bei privaten Veranstaltungen gar 15 Personen. Der Gemeinderat ruft deshalb dazu auf, die geltenden Corona-Regeln zu beachten und Menschenansammlungen zu vermeiden.
https://www.bern.ch/mediencenter/medienmitteilungen/aktuell_ptk/gemeinderat-ruft-erneut-zu-kundgebungsverzicht-auf
-> https://www.derbund.ch/corona-demo-bitte-abblasen-der-appell-der-berner-stadtregierung-665426254299
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/stadt-bern-ruft-auf-zu-demoverzicht?id=11983112
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/coronavirus-berner-stadtregierung-ruft-zu-demo-verzicht-auf-65925498

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bernerzeitung.ch 12.05.2021

Protest der Corona-Skeptiker – Nause: «Wir wollen am Samstag keine Bilder wie in Liestal sehen»

Am Samstag sind in der Stadt Bern erneut Corona-Demonstrationen geplant. Sicherheitsdirektor Reto Nause hat dafür gar kein Verständnis.

Für den kommen Samstag sind in Bern einmal mehr Proteste gegen die Corona-Massnahmen geplant. Auf der Kommunikationsplattform Telegram zirkulieren Aufrufe, am 15. Mai für das Swiss Freedom Rally (Schweizer Freiheitsversammlung) nach Bern zu kommen. Die Kundgebung ist auch diesmal nicht bewilligt.

Der Berner Gemeinderat ruft die Organisatoren dazu auf, die Demo nicht durchzuführen, wie er am Mittwoch in einer Mitteilung schreibt. Dies, weil bei Kundgebungen nach wie vor eine Obergrenze von 100 Personen gelte, wie der Gemeinderat im Communiqué betont.

Das Unverständnis von Nause

Für Gemeinderat Reto Nause (Die Mitte), Direktor für Sicherheit, Umwelt und Energie, ist es unverständlich, ohne verbindliches Schutzkonzept zu Kundgebungen aufzurufen und damit grosse Menschenansammlungen zu provozieren.

Er macht deutlich, dass die Behörden nicht gewillt sind, die Demonstrierenden ihr Ding durchziehen zu lassen: «Wir wollen am Samstag keine Bilder wie in Liestal oder Aarau sehen», sagt er. Er spielt dabei auf die Protestveranstaltungen an, die am 20. März und am vergangenen Samstag stattfanden. In Liestal wurde die Teilnehmerzahl auf 8000 geschätzt, in Aarau auf rund 1500.

Ansammlungen werden nicht geduldet

Und der Sicherheitsdirektor verhehlt seinen Ärger über die geplante Demonstration nicht: «In diesen Wochen kommen laufend neue Öffnungsschritte hinzu. Die Legitimation für Protestveranstaltungen sinkt deshalb laufend. Jetzt einen Superspreader-Anlass zu veranstalten, ist verantwortungslos», betont er.

Auch über das Vorgehen der Veranstalter ist er verärgert: «Sie haben nie mit der Stadt Kontakt aufgenommen. Es ist zudem nicht bekannt, wann und wo die Versammlung stattfinden wird.» Über das Dispositiv der Sicherheitskräfte will er nichts verraten. Aber er macht klar: «Wir werden keine Ansammlungen von Leuten dulden, die keine Maske tragen.» Die Kantonspolizei Bern sei beauftragt, Personenansammlungen entgegenzuwirken. Teilnehmende müssten mit Kontrollen und Massnahmen bei Nichteinhaltung der Corona-Regeln rechnen.

Schon Mitte März hatte die Berner Regierung vor einer Kundgebung von Massnahmengegnern denselben Aufruf erlassen. Am Tag der Kundgebung ging die Kantonspolizei konsequent gegen Demonstrierende vor.
(https://www.bernerzeitung.ch/berner-gemeinderat-ruft-zum-demo-verzicht-auf-453978874616)



Eine Woche Hass
Wer dem Social-Media-Oligopol von Facebook, Twitter, Youtube und Co. den Rücken kehren will, muss auf alternative Plattformen ausweichen – und rutscht damit unweigerlich in eine Parallelwelt. Ein Selbstversuch.
https://www.republik.ch/2021/05/12/eine-woche-hass


Medien zu Corona-Protesten: «Nicht alle in einen Topf werfen»
Demonstrationen gegen behördliche Corona-Massnahmen finden grosse Beachtung in den Medien. Zumeist steht aber das blosse Spektakel im Vordergrund. Analyse und Einordnung kommen oft zu kurz. Worauf Medienschaffende achten sollten: vier Stimmen und sechs Punkte.
https://medienwoche.ch/2021/05/11/medien-zu-corona-protesten-nicht-alle-in-einen-topf-werfen/