Medienspiegel 26. September 2020

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++URI
Römisch-katholische Landeskirche Uri fordert Solidarität für Flüchtlinge
Der Kanton Uri soll sich bereit erklären, mehr Geflüchtete aus dem Flüchtlingslager Moria aufzunehmen.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/uri/corona-skeptiker-melden-sich-mit-guerilla-aktion-zurueck-ld.1261491


+++SCHWEIZ
Der Bergbauer, der Geflüchteten auf Lesbos half
Thomas Hirschi leistete in Griechenland Hilfseinsätze. Dort, wo das Elend gross und greifbar ist. Der Dokumentarfilm «Volunteer» folgt dem Landwirt aus dem Simmental und zeigt, wie die Erfahrungen an Europas Aussengrenzen ihn verändert haben.
https://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/184974/


+++BALKANROUTE
5 Jahre Balkanroute:
Forschungsbericht über Erfahrung von Geflüchteten
Aus der Presseerklärung:
Ein neuer Forschungsbericht des EU-Projekts RESPOND unter der Leitung der Universität Göttingen dokumentiert auf einzigartige Weise die Erfahrungen von Geflüchteten, die diese mit den Grenzen Europas machen. Die Entwicklungen der Sommermonate 2015, als nahezu eine Million Menschen es schafften, auf der sogenannten Balkanroute nach Nordeuropa zu fliehen, wurden in der europäischen Öffentlichkeit und Politik schnell als „europäische Flüchtlingskrise“ bezeichnet. Bis heute hat sich die europäische Asyl- und Migrationspolitik nicht wieder konsolidiert.
https://ffm-online.org/5-jahre-balkanroute/


+++GRIECHENLAND
Flüchtlingscamp Kara Tepe: Zu wenig Wasser und Essen, dafür Blindgänger
Nach dem Brand im Flüchtlingscamp Moria ist das Zeltlager Kara Tepe auf Lesbos schnell errichtet worden. Als Unterkunft für Tausende Menschen scheint es kaum geeignet.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-09/kara-tepe-camp-lesbos-fluechtlinge-griechenland


+++GASSE
Bettler sorgen in Basel für Diskussionen – Echo der Zeit
In Basel darf man seit diesem Sommer betteln. Das sorgt für Ärger: Laden- und Restaurantbesitzer beklagen sich über agressive und aufdringliche Bettlerinnen und Bettler aus Osteuropa. Deshalb diskutiert man in Basel bereits darüber, das Bettelverbot wieder einzuführen. Dabei geht es immer auch um die Frage, ob ein generelles Bettelverbot die Grundrechte verletzt.
https://www.srf.ch/play/radio/echo-der-zeit/audio/bettler-sorgen-in-basel-fuer-diskussionen?id=dda68a6a-b012-4c17-a429-0a3f7ccd5d2f


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Das „Museum des Kapitalismus“ besucht das AKuT!
Vom 15. – 31.Oktober 2020 ist das Museum des Kapitalismus im AKuT zu Besuch.
Die Ausstellung wurde im letzten Jahr von einer Gruppe aus Bern erbaut und feierte ihre Vernissage im letzten Oktober auf der Schützenmatte. Das Museum wird aufgrund der Raumverhältnisse im Akut, nicht alle Ausstellungsobjekte beherbergen.
https://barrikade.info/article/3882



Climate Justice is Class Struggle
Über 2000 Menschen demonstrierten am Freitag (25.09) in Bern für Klimagerechtigkeit. Es war der Abschluss der ereignisreichen RiseUpForChange-Aktionswoche. Neben Bern wurde in weltweit über 2300 Orten im Rahmen des globalen Klimastreiks demonstriert.
https://barrikade.info/article/3884



Sonntagszeitung 27.09.2020

Besetzung der Credit Suisse in Zürich 2019: Ein Drittel der Aktivisten kam aus dem Ausland

Deutsche,  Österreicher, Greenpeace-Kader und ein Präsidentschaftskandidat der SP:  Die Liste der gebüssten Besetzer der CS-Filiale in Zürich ist lang –  und brisant.

Dominik Feusi

Am 8. Juli 2019 stürmten rund 60 Aktivisten die Filliale der Credit Suisse am Paradeplatz in Zürich und blockierten den Haupteingang. Es war eine der ersten aufsehenerregenden Aktionen im Klimasommer 2019. Jetzt wird klar: Ein grosser Teil der Aktivisten stammte aus dem Ausland und hat Beziehungen zu Greenpeace.

Dies  geht aus den Akten der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich  hervor. Sie hat gegen 51 Personen Bussen verhängt, meist wegen Nötigung  und Hausfriedensbruch. 42 von ihnen haben die Busse akzeptiert. Sie wurden mit 60 Tagessätzen «bedingt» gebüsst. Das bedeutet, sie müssen die Strafe  nicht bezahlen, ausser wenn sie sich noch einmal strafbar machen. Aber  sie bezahlen 800 Franken an die Verfahrenskosten – und sie gelten als vorbestraft. Zwei deutsche Frauen waren allerdings bereits vorbestraft. Ihnen wurden deshalb eine unbedingte Strafe von 80 Tagessätzen und 3140 Franken Verfahrenskosten auferlegt.

Bei  der einen Person handelt es sich um Andrea B. aus Lörrach. Sie ist seit  Jahren als Aktivistin bekannt und steht in Verbindung mit Greenpeace  Schweiz. 2016 reiste sie mit Greenpeace nach Kroatien, um dort  Flüchtlingen zu helfen. Die zweite unbedingt bestrafte Person ist Ulrike  B., Sprecherin von Greenpeace Tübingen. Beide waren zwei Tage in Haft.  Sie sind nicht die einzigen Ausländer, die an der Aktion beteiligt  waren. Von den 42 Personen, welche die Bussen akzeptiert haben, stammen  insgesamt 13 aus dem Ausland. 10 aus Deutschland und 3 aus Österreich.

Verbindungen zu Greenpeace

Ebenfalls  auf der Liste ist Markus G., Sprecher von Greenpeace München, jetzt  Leiter der Meeres- und Arktisschutzgruppe von Greenpeace in München.  Ebenfalls verhaftet wurde Sarah H. Sie ist Mitglied bei Greenpeace Köln.  Zwei weitere Frauen aus Deutschland auf der Liste haben Verbindungen zu  Greenpeace. Sieben Personen  haben gegen die Busse Rekurs eingereicht. Gegen sie kommt es bald zum  Prozess. Die Oberstaatsanwaltschaft hat die Anklageschriften vor kurzem  dem Bezirksgericht zukommen lassen. Diese stammen allesamt aus der  Schweiz, mehrheitlich aus der Romandie.

Unter  den Schweizern, welche die Busse ebenfalls akzeptierten und deshalb  rechtsgültig vorbestraft sind, sticht Martin Schwab aus Nidau hervor.  Der 26-jährige  Elektroinstallateur ist erst seit drei Jahren in der SP und kandidiert  in drei Wochen gegen das Duo Cédric Wermuth und Mattea Meyer für das  SP-Präsidium. Gebüsst wurde er wegen Hausfriedensbruch und Nötigung.  Gegenüber SRF sagte er vor kurzem, als Präsident der SP habe man Vorbildfunktion.

Es gibt noch weitere Verbindungen von Gebüssten zur SP. Namila A. aus Zürich versuchte letztes Jahr auf der Liste der Partei «Die Guten» mit dem Wahlspruch «Für Diktatur und Chaos» in den Nationalrat zu kommen. Die Liste war mit jener der SP verbunden.

Ebenfalls auf der Liste sind ein Vorstandsmitglied der Grünen aus dem Berner Nobelvorort  Muri-Gümligen und Salome S., welche 2016 dort zur Wahl in den  Gemeinderat antrat. Jennifer S. sitzt für die Grünen im Einwohnerrat in  Reinach BL. Frederika S. gehört zur Greenpeace-Gruppe Basel und engagierte sich gegen den Bau des Ozeaniums in Basel. Michelle R. aus Winterthur nennt sich «Vollzeitaktivistin» und tauchte auch schon als Mediensprecherin eines Klimastreiks auf. Sie hat ein Care-Team aufgebaut, das sich um ausgebrannte Aktivisten kümmern will.
(https://www.derbund.ch/ein-drittel-der-aktivisten-kam-aus-dem-ausland-288224791762)



Basler Zeitung 26.09.2020

Gerichtsurteil in Basel: «Gewalt lässt sich nicht durch politische Gesinnung rechtfertigen»

War  acht Monate unbedingt für eine Links-Demonstrantin zu hart? Nach  Vorwürfen, ein Gesinnungsurteil gefällt zu haben, klärt  Gerichtspräsident René Ernst (SP) über die Hintergründe auf.

Mischa Hauswirth

Herr Ernst, besten Dank, dass Sie sich für ein Interview bereiterklärten. Warum haben Sie dieses Strafverfahren geleitet?

Es  war ein Zufall, zurzeit bin ich in der Einspracheabteilung tätig. Ich  behandelte eine Einsprache gegen einen Strafbefehl, bei dem es um  Sprayereien mit politischem Inhalt rund um militärische Aktionen der  Türkei gegen Kurden ging. Es stand auch Gewalt gegen Beamte im Raum, das  konnte aber nicht nachgewiesen werden. Letzteres betraf aber ihren  Kollegen und nicht die Frau. Vom Verteidiger der Frau kam der Antrag,  die Sprayereien sowie die Vorwürfe bezüglich der Teilnahme an der  unbewilligten Anti-Pnos-Demo vom 24. November 2018 zusammen zu  beurteilen.

Wie viele Personen standen am Montag vor Gericht?

Zwei, die erwähnte Frau und ein Kollege von ihr.

Wer war sonst noch im Gerichtssaal?

Vorgängig  hatten sich drei Studenten angemeldet. Die beiden Beschuldigten haben  je drei Vertrauenspersonen mitgenommen. Journalisten waren meines  Wissens keine im Saal. Ich musste jedoch während der Urteilseröffnung  zwei Personen aus dem Saal weisen.

Warum?

Einer  schrie: «Das ist ein Gesinnungsurteil!» Da musste ich die Ruhe im  Gerichtssaal wiederherstellen. Kurz darauf begann eine Frau  herumzuschreien, auch sie musste hinaus.

Auch  der ehemalige Strafgerichtspräsident und Strafrechtsprofessor Peter  Albrecht wirft Ihnen in der «Basellandschaftlichen Zeitung» vor, ein  politisches Urteil gefällt zu haben. Was sagen Sie dazu?

Das  ist eine faktenfreie Unterstellung. Es wird immer impliziert, es gebe  gegen die Linken, die politisch auf die Strasse gehen, härtere Urteile  als gegen andere. In meiner beruflichen Karriere hatte ich noch nie  einen rechten Demonstranten zu beurteilen. Entweder waren es Linke oder  Kurden oder es waren Fussballhooligans. Mir zu unterstellen, der  politische Inhalt einer Demonstration habe auf das Strafmass Einfluss,  finde ich eine ungerechtfertigte Behauptung.

Bevor Sie das Urteil fällten, was haben Sie angeschaut respektive was stand Ihnen zur Beurteilung zur Verfügung?

Die  Grundlage bei uns am Gericht ist immer die Anklageschrift der  Staatsanwaltschaft. Dort wurde einerseits beschrieben, wie sich die  ganze Sache aus Sicht der Staatsanwaltschaft abspielte. Zum Beispiel,  dass die Pnos-Demonstration bewilligt gewesen war, nicht aber die  Gegendemonstration an diesem Ort. Oder dass die Pnos-Demonstranten immer  mehr bedroht wurden und es Übergriffe gab. Im Beweisverfahren wird dann  geprüft, ob die in der Anklageschrift geschilderten Vorwürfe bewiesen  werden können. Die zentralen Beweismittel in diesem Fall waren die  Polizeivideos. In diesen ist etwa zu hören, wie unter den Demonstranten  der Aufruf erfolgt, die Pnos-Demonstranten zu verfolgen, als diese sich  auf Geheiss der Polizei an einen anderen Ort verlagerten. Es hiess: Die  Faschos sind an einem anderen Ort, jetzt gehen wir sie stressen.

Es flogen Steine, protokolliert sind bis zu 1,5 Kilogramm. Wer warf diese Steine?

Die  Gegendemonstranten. Die Identität jener, die Steine geworfen haben, ist  aufgrund von Tüchern vor dem Gesicht nur vereinzelt feststellbar. Die  Demonstrantin, die ich zu beurteilen hatte, war die meiste Zeit nicht  vermummt. Sie war aber auch nicht wegen Steinwürfen angeklagt. Auf den  Videos ist zu sehen, wie von einer Gruppe von Demonstranten Büchsen und  Steine gegen die Polizeikette fliegen und die Polizei mit Gummischrot  antwortet. Wer an vorderster Front aktiv ist, sei es mit Werfen oder dem  Organisieren und Delegieren von anderen Demonstranten, die den Angriff  auf die Polizei unterstützen, der geriet speziell in den Fokus der  Untersuchungsbehörden.

Was war der Vorwurf an die Frau, die ungerecht bestraft worden sein soll?

Ihr  wurde nie vorgeworfen, eigenhändig gewalttätig gewesen zu sein, sondern  dass sie weiter an dieser Zusammenrottung teilgenommen hatte, nachdem  es zu Sachbeschädigungen gekommen  und gegen die Polizei massivst Gewalt  angewendet worden war. Deshalb die Anklage wegen Landfriedensbruch und  Gewalt gegen Beamte durch passive Teilnahme.

Welche Rolle spielte die Frau?

Sie  war immer an vorderster Front. Es war zu sehen, dass sie nicht nur eine  Beobachterin oder Gafferin war. Es ist auf den Aufnahmen gut zu sehen:  Sie ist in dieser Szene bekannt und hat etwas zu sagen. Es ist ja auch  nicht das erste Mal, dass sie vor Gericht stand. Im ersten Verfahren  wurde sie ebenfalls als Teilnehmerin einer Demonstration wegen  qualifizierter Sachbeschädigung, einfacher Körperverletzung,  Landfriedensbruch und mehrfacher Gewalt gegen Beamte erstinstanzlich  schuldig gesprochen. Dieses Verfahren ist noch in zweiter Instanz  hängig. Das zweite Verfahren betrifft die erwähnten Sachbeschädigungen  durch Sprayereien. In diesem Fall wurden, wie erwähnt, die Strafanträge  im letzten Moment zurückgezogen, aber ihre Täterschaft galt als  erwiesen. Und das dritte Verfahren betrifft eben ihre Teilnahme an der  Anti-Pnos-Demonstration.

Bei  vergleichbaren Fällen hat das Gericht eine bedingte Strafe von rund  acht Monaten verhängt, hier aber haben Sie sich für eine unbedingte  entschieden. Warum?

Die  Voraussetzung für eine bedingte Strafe ist eine günstige Prognose, was  das künftige Verhalten betrifft. Grundsätzlich wird von Gesetzes wegen  eine günstige Prognose vermutet. In diesem Fall hat die Beurteilte  allerdings bereits zwei weitere Verfahren gegen sich laufen, was es zu  berücksichtigten gilt, auch wenn das andere Urteil noch nicht  rechtskräftig ist. Der andere Punkt war, dass sie im Schlusswort  klarmachte, sie erachte ihre Verhaltensweise für gerechtfertigt,  notwendig und absolut legitim. Daraus ergab sich, dass sie auch in  Zukunft wieder so handeln werde, wenn sich aus ihrer Sicht wieder ein  Grund ergebe. Ich konnte also beim besten Willen keine günstige Prognose  stellen, was zu «unbedingt» führte.

Warum will der Staat eigentlich strafen?

Weil  ein geschehenes Unrecht nicht stehen gelassen werden kann. Es braucht  eine Reaktion, damit klar ist, dass die bestehenden Normen nicht einfach  ignoriert werden können.

Wie würden Sie die Gewalt einstufen, die an der besagten Anti-Pnos-Demonstration angewandt wurde?

Massiv.  Vor allem gegen Personen. Ein Steinhagel gegen Polizisten zu  schleudern, auch wenn sie Schutzausrüstung tragen, ist keine Petitesse.  Es gab Verletzte, und das wird ignoriert, was ich heftig finde. Am Ende  ist Gewalt Gewalt und lässt sich nicht rechtfertigen durch eine  politische Gesinnung.

Was stört Sie am meisten an der öffentlichen Darstellung des Falls?

Ich  kann akzeptieren, dass das Urteil oder die Strafhöhe oder die Frage, ob  unbedingt nötig war, diskutiert werden. Aber wenn der Schuldspruch  grundsätzlich infrage gestellt wird – da sollte man sich schon mit den Fakten besser vertraut machen.



Demo wegen Gerichtsurteil

Nach  dem Urteil gegen eine Teilnehmerin der unbewilligten  Anti-Pnos-Demonstration vom 24. November 2018 schrieb eine Basler  Online-Plattform davon, dass es sich um «ein Urteil von bisher  ungekanntem Ausmass» handle. Acht Monate Freiheitsentzug für die  Teilnahme an einer unbewilligten Demonstration. «Damit hat die  Urteilshärte in der Prozessreihe gegen Teilnehmende der  Anti-Pnos-Demonstration eine neue Stufe erreicht», stand auf der  Plattform.

Am Montagabend kam es deshalb zu einer unbewilligten Demonstration gegen das Urteil (BaZ berichtete). Es handelte sich um eine spontane Demonstration, zu der die  Organisation «Basel Nazifrei» aufgerufen hatte. Schätzungsweise gegen 150 Personen folgten dem Aufruf. Andere Medien nahmen das Thema  «ungerechtes Urteil» auf. Die «Basellandschaftlichen Zeitung» titelte  darauf: «Ehemaliger Gerichtspräsident kritisiert das Strafgericht» und  hielt fest, dass Peter Albrecht das Urteil als «sehr hoch» einstufe. Der  Fall sei ein Beispiel dafür, dass der politische Inhalt einer  Protestaktion Einfluss auf das Urteil habe. (hws)
(https://www.bazonline.ch/gewalt-laesst-sich-nicht-durch-politische-gesinnung-rechtfertigen-700170392275)



tagblatt.ch 26.09.2020

Sie  werden wieder sichtbar, sie werden wieder laut: Nach der Besetzung in  Bern stehen auch beim St.Galler Klimakollektiv die Zeichen auf Angriff

Während  das Klimacamp vor dem Bundeshaus für nationale Schlagzeilen sorgte, schien der lokale Klimastreik in letzter Zeit eher eingeschlafen. Das  wird jetzt anders.

Viola Priss

Mittwoch,  17.20 Uhr, Rushhour am St.Galler Hauptbahnhof. Pendler eilen die  Rolltreppe auf und ab, Trauben von Schülern stehen laut schwatzend auf  den Perrons und warten darauf, heim zu kommen. Mitten in dieses  allabendliche Schauspiel platzen plötzlich ein knappes Dutzend  Jugendliche in blutbefleckter Kleidung, grösstenteils maskiert. Ihr Ziel  ist nicht der nächste Zug, ihr Ziel sind die Rolltreppen und Zugänge  des Bahnhofs, ihr Ziel ist die Aufmerksamkeit der Gehetzten.

Moritz  Rohner vom St.Galler Klimastreik-Kollektiv in ihrer Mitte zückt innert  Sekunden ein Megaphon, eine Alarmsirene ertönt. Das Signal für die  Aktivistinnen und Aktivisten zum sogenannten «Die In»: Wie ausgeknipst  gehen sie zeitgleich zu Boden und behindern damit in gespielter  Leichenstarre den Weg.«Das haben wir in einer Nacht-und-Nebel-Aktion aus dem Boden gestampft.»

Rohner  ist selbst nach wenigen Stunden Schlaf gerade erst vom Klimacamp auf  dem Bundesplatz in Bern zurückgekommen. Müde sei er, aber auch stolz.  Einmal mehr seien sofort genug Freiwillige für die Aktion parat  gestanden. «Wir werden wieder sichtbar», sagt er.

Es darf und muss weiter gestört werden

Kopfschütteln,  gemurmeltes Fluchen aber auch eindeutig feindselige Worte, das sind die  jungen Aktivisten bei derlei Aktionen gewohnt. So kommt es auch an  diesem Mittwochabend: «Das sehen Kinder, mein Gott», sagt eine  Passantin, die über die gemimten Leichen in Richtung Moritz Rohner  stolpert. Bei dieser Art des friedlichen Protests gehen beziehungsweise  liegen die Aktivisten stellvertretend für das Artensterben in  Fussgängerzonen und auf öffentlichen Plätzen um «im Alltag zu stören»,  sagt Moritz Rohner. «Im Lockdown waren wir gezwungen, auf andere  Aktionsformen auszuweichen», sagt er, der selbst seit Ende 2018 dabei  ist. Kurz vor dem Lockdown liefen die Vorbereitungen für einen  nationalen Grossstreik im Mai auf Hochtouren, spezielle Taskforces  arbeiteten daran. Die 30 aktiven Mitglieder des Klimastreik-Kollektivs  in der Ostschweiz wollten ihrem Credo «Demos sollen legal sein» auch in  der Krise treu bleiben. Man wolle die Coronakrise schliesslich nicht  verharmlosen, doch es müsse einfach parallel laufen sagt die 17-jährige  Aktivistin Leonie Schubiger. Sobald es wieder möglich war, ging es also  zurück auf die Strasse. «Natürlich machen wir weiter. Die Klimakrise wartet leider nicht, bis die letzte Krise verkraftet ist.»

Die  Kantischülerin widmet seit eineinhalb Jahren jede freie Minute dem  «Kampf für ein Umdenken und für die Hoffnung», wie sie es nennt. Die  Reaktionen der Parlamentarier auf das Klimacamp vor dem Bundeshaus  hätten sie in ihrem Kampf nur bestärkt. Dass sich die Politik über  friedlich campierende Demonstranten erzürnt, spreche für sich. Die  Berichterstattung und Aufregung um den Protest sei für sie ein  «Stellvertreterkrieg», der von nötigen Veränderungen ablenke: «Wir haben  das Messer am Hals und Politiker regen sich auf, weil sie auf dem Weg  zur Arbeit behindert werden.»

Und was wird jetzt aus den Klimazielen?

«Absurd», sagt auch Moritz Rohner. Viele Aktivisten kämen irgendwann an den  Punkt, mit dieser Absurdität nicht mehr gut klar zu kommen, manche seien  irgendwann ausgebrannt und müsse sich für ein paar Monate zurückziehen.  Das Gefühl, für das Wichtigste überhaupt zu kämpfen, bewirke neben  Kraft eben auch sehr viel Druck. «Umso wichtiger, dass wir auch abseits  von Demos darüber reden und uns zusammentun für unser Ziel von  CO2-Netto–Null bis 2030. Jetzt erst recht.»

Gerade seit der  Coronapandemie konzentriert sich das Klimastreikkollektiv daher auf  Netzwerkarbeit. Der 22-Jährige Moritz Rohner ist auch für die St. Galler  Juso aktiv. Aktivismus sei für ihn viel mehr als einmal in der Woche Transparente in Kameras zu halten, sagt er. Jedes Mitglied habe aber als  Privatperson weiter zur Aufklärung beigetragen: «Das Thema Klimawandel  und Systemwandel muss den Alltag, die Schule, den Beruf durchdringen,  wie es Corona auch getan hat. Dann ist so viel möglich.»

Aber: Ist die Bevölkerung nicht zu krisenmüde, die Wirtschaft nicht zu  geschwächt und der Wunsch nach Normalität nicht zu gross für die  Forderung nach einem Wandel? Die beiden jungen Aktivisten verneinen das.  Im Gegenteil, die Krise habe bewiesen: «Die Schweiz kann, wenn sie  will. Ganz viel und ganz schnell», sagt Schubiger.

Streiken um «nicht getötet zu werden»

Von  Abwarten ist auch auf den sozialen Kanälen des Kollektivs keine Spur:  «Anstatt von der Klimakrise getötet zu werden kommt diesen Freitag nach  Herisau», fordern sie darin zur Freitagsdemo auf. «Denkt an eure  Masken», heisst es weiter. Lokale wie nationale Aktionen seien und  würden geplant, Treffen organisiert,»es läuft Einiges», sagt Rohner.  Erfreulicherweise seien während des Lockdowns viele neue Interessierte  zum Kollektiv gestossen. Die wollen betreut, mit Aufgaben versorgt und  in Aktionstrainings eingeführt werden. Ganz ohne Bürokratie gehe es auch im Klimaaktivismus nicht.

Angepasst  an die Pandemie denke man seit diesem Frühling aber kurzfristig, die  Krise habe «zwangsläufig beweglich gemacht», sagt Rohner. Und für  Bewegung gesorgt. In Bern, in der Ostschweiz, in den Köpfen. Dieses  Potenzial will die Klimabewegung nutzen: «Gegen die Klimakrise können  wir eben etwas tun. Das muss allen klar werden. Wir Menschen sind in  diesem Fall der Virus und der Impfstoff.»
(https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/stgallen/sie-werden-wieder-sichtbar-sie-werden-wieder-laut-nach-der-besetzung-in-bern-stehen-auch-beim-stgaller-klimakollektiv-die-zeichen-auf-angriff-ld.1261195)


+++REPRESSION USA
USA: Donald Trump will Ku-Klux-Klan und Antifa als Terrorgruppen einstufen
US-Präsident Trump wirbt mit Wahlversprechen um die Stimmen der Schwarzen im Land. Er will härter gegen Extremisten und Rassisten vorgehen.
https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-09/donald-trump-will-ku-klux-klan-und-antifa-terrorgruppe-einstufen-usa
-> https://www.derbund.ch/trump-will-ku-klux-klan-und-antifa-als-terrorgruppen-einstufen-646727181621


+++KNAST
Sterbehilfe im Gefängnis soll möglich werden – Tagesschau
Die kantonalen Justizdirektorinnen- und -direktoren sind sich einig, dass schwerkranke Gefangene grundsätzlich Sterbehilfe in Anspruch nehmen können. Die genauen Details müssen noch ausgearbeitet werden.
https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/sterbehilfe-im-gefaengnis-soll-moeglich-werden?urn=urn:srf:video:3017bf57-63b8-4ccf-95ea-f73d78695c6b
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/strafvollzug-sterbehilfe-im-gefaengnis-kantone-sagen-ja


Schweizer Gefängnisse schwören auf Solothurner Hochsicherheitszäune
Wyss macht Zäune, das weiss man in der Region. Was viele nicht wissen: Der Familienbetrieb aus Lohn-Ammannsegg ist bei Hochsicherheitszäunen Marktleader in der Schweiz. Alles begann mit den Kernkraftwerken.
https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/kanton-solothurn/schweizer-gefaengnisse-schwoeren-auf-solothurner-hochsicherheitszaeune-139285103


+++RECHTSEXTREMISMUS
1980 – Eine Kette von Einzelfällen
Vor 40 Jahren ging eine Welle rechter Gewalt durch die BRD, die Parallelen zur Gegenwart aufweist
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/eine-kette-von-einzelfaellen
-> https://taz.de/Oktoberfest-Attentatsopfer-ueber-Behoerdenversagen/!5714309/
-> https://taz.de/40-Jahre-Muenchner-Oktoberfestattentat/!5711825/


Soko „Fokus“ zu rechtsextremen Anschlägen in Neukölln: Ermittler haben viele Spuren, aber keine Beweise gegen Neonazis
Die Soko „Fokus“ legt ihren Abschlussbericht zur rechten Anschlagsserie von Neukölln vor. Gegen drei verdächtige Neonazis gibt es keinen Durchbruch.
https://www.tagesspiegel.de/berlin/soko-fokus-zu-rechtsextremen-anschlaegen-in-neukoelln-ermittler-haben-viele-spuren-aber-keine-beweise-gegen-neonazis/26222206.html


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Corona-Skeptiker beschimpfen Bundesrat am Filmfestival: «Berset, Sie Volksverräter, impfen Sie sich doch selber!»
Gesundheitsminister Alain Berset (48) wurde am Rande des «Zurich Film Festival» von Corona-Skeptikern übel beschimpft. Die Spur führt zu den gleichen Leuten, die schon Daniel Koch (65) im Grossmünster anpöbelten. Sie feiern sich auf Telegram.
https://www.blick.ch/news/schweiz/corona-skeptiker-beschimpfen-bundesrat-am-filmfestival-berset-sie-volksverraeter-impfen-sie-sich-doch-selber-id16114326.html


Corona-Skeptiker melden sich mit Guerilla-Aktion zurück
Knapp 10 Personen wischten am Samstagnachmittag vor dem Urner Rathaus imaginäre Scherben der Coronakrise. Die Aktion fand an verschiedenen Orten der Schweiz statt.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/uri/corona-skeptiker-melden-sich-mit-guerilla-aktion-zurueck-ld.1261491


Corona-Pandemie: Schluss mit Masken, weg mit Quarantäne, fertig mit Abstandhalten: Umstrittene Wissenschafter raten Schweiz zur Rückkehr in die Normalität
Die deutschen Forscher Sucharit Bhakdi und Karina Reiss sagen, weshalb sie die Coronamassnahmen total falsch finden. Und sie nehmen Stellung zur Kritik, ihre Ansichten seien wissenschaftlich nicht haltbar.
https://www.luzernerzeitung.ch/schweiz/corona-pandemie-schluss-mit-masken-weg-mit-quarantaene-fertig-mit-abstandhalten-umstrittene-wissenschafter-raten-schweiz-zur-rueckkehr-in-die-normalitaet-ld.1261357?mktcid=smsh&mktcval=OS%20Share%20Hub
-> https://www.20min.ch/story/vergessen-wir-corona-und-kehren-zur-normalitaet-zurueck-712466729957