Medienspiegel 23. September 2020

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++GENF
Action contre le centre fédéral de renvoi
Samedi 19 septembre 2020, une soixantaine de personnes se sont réunies au Grand-Saconnex contre la construction du Centre fédéral de renvoi. Ce projet, pierre angulaire d’une politique d’asile raciste et inhumaine, ne doit jamais voir le jour. Non au centre de renvoi, ni au Grand-Saconnex, ni ailleurs.
https://renverse.co/infos-locales/article/action-contre-le-centre-federal-de-renvoi-2765


+++ST. GALLEN
Bald Stadt für alle?
Es geht vorwärts in der Stadt St.Gallen. Das Postulat für eine «City Card für alle» wurde für erheblich erklärt und auch dem neu erarbeiteten Partizipationsreglement hat das Parlament am Dienstagabend zugestimmt.
https://www.saiten.ch/bald-stadt-fuer-alle/


+++SCHWEIZ
Asylpolitik: «Zürich könnte 800 Menschen aufnehmen»
Karin Keller-Sutter stellt sich taub, doch die Städte lassen sich nicht beirren: Sie machen weiter Druck für die sofortige Evakuierung von Geflüchteten aus Lesbos.
https://www.woz.ch/2039/asylpolitik/zuerich-koennte-800-menschen-aufnehmen


Die Schweiz will zwanzig Minderjährige aus Moria aufnehmen. Die Städte sind zu mehr bereit, doch der Bund blockt. «Beschämend» findet das die Kirche
Eigentlich wäre alles bereit: Zürich, die Kirchen, sie alle wollen Menschen aus dem niedergebrannten griechischen Flüchtlingslager Moria aufnehmen. Die Kritik am Bund wächst.
https://www.nzz.ch/zuerich/fluechtlingslager-moria-bund-blockt-bei-aufnahme-von-migranten-ld.1577976


Datenaustausch mit Eritrea: «Die Schweiz spielt dem Regime in die Hände»
Die Schweiz teilt dem eritreischen Regime mit, wenn ein abgelehnter Asylsuchender nicht zurückkehren will. Betroffene reagieren auf die watson-Recherche empört.
https://www.watson.ch/!988203593


Bundesrat soll sich für Flüchtlinge auf ägäischen Inseln einsetzen
Der Bundesrat wird beauftragt, sich auf europäischer Ebene für die Flüchtlinge auf den ägäischen Inseln einzusetzen. Nach dem Nationalrat hat am Mittwoch auch der Ständerat einen entsprechenden Vorstoss mit 34 zu 7 Stimmen angenommen.
https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2020/20200923110914188194158159041_bsd090.aspx
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/bundesrat-soll-sich-fur-fluchtlinge-auf-agaischen-inseln-einsetzen-65787280
-> https://www.luzernerzeitung.ch/news-service/inland-schweiz/staenderat-unterstuetzt-motion-zur-griechenland-hilfe-ld.1260036
-> -> https://www.srf.ch/news/schweiz/humanitaere-hilfe-der-schweiz-karin-keller-sutter-wir-uebernehmen-traumatisierte-und-kinder


+++MALTA
Crimes of Malta
In the first half of 2020, Maltese authorities were implicated in multiple failures to respect and protect the rights of refugees and migrants at sea. Under their coordination, people were pushed back to Libya, a country at war where refugees and migrants are systematically abused. Delays in attending to distress calls exposed people to the risk of drowning. People rescued at sea were denied disembarkation and were unlawfully detained for weeks on board private vessels meant for brief pleasure cruises.
The report published in September 2020 by Amnesty International documents the human rights violations committed by Malta in the Central Mediterranean.
https://sea-watch.org/en/crimes-of-malta
-> https://www.amnesty.eu/wp-content/uploads/2020/09/EUR_33_2967_2020-EU_Malta-report.pdf


+++GRIECHENLAND
Dublin-Verfahren: Wenig Solidarität mit Griechenland?
Beim Umgang mit Schutzsuchenden spricht die Bundesregierung von Solidarität gegenüber Griechenland. Doch tatsächlich gehe sie restriktiv vor, kritisiert die Linkspartei mit Verweis auf neue Zahlen.
https://www.tagesschau.de/investigativ/hsb/dublin-verfahren-eu-fluechtlinge-101.html


Flüchtlinge auf Lesbos: Bloß kein Moria 2
Rund 10.000 Flüchtlinge sind inzwischen im neuen Lager auf Lesbos angekommen. Doch noch immer fehlt es am Nötigsten: Wasser, Essen, Betten. Hilfskräfte arbeiten mit Hochdruck – um ein zweites Moria zu verhindern.
https://www.tagesschau.de/ausland/moria-neues-lager-101.html


+++EUROPA
Vorschläge für Asylreform: EU-Kommission setzt auf rigorose Abschiebungen
Länder wie Griechenland und Italien sollen bei der Rückführung von Menschen ohne Bleiberecht entlastet werden. Das sehen die neuen Vorschläge der EU-Kommission für eine Asylreform vor.
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/eu-kommission-setzt-auf-rigorose-abschiebungen-a-0aa9ac64-a0d9-4ec4-8146-cb6cd58ae8c3
-> https://www.derbund.ch/eu-will-asyl-schnellverfahren-an-den-aussengrenzen-629104229806
-> https://www.srf.ch/news/international/europas-migrationspolitik-auch-dieser-eu-migrationspakt-wird-an-der-realitaet-scheitern
-> https://www.heise.de/tp/features/EU-Neuer-Pakt-zur-Asyl-und-Migrationspolitik-4910318.html
-> https://www.nzz.ch/international/eu-asylreform-abschiebungen-und-verpflichtende-solidaritaet-ld.1578104
-> https://www.zeit.de/politik/deutschland/2020-09/horst-seehofer-migrationspakt-asylreform-eu-kommission
-> Echo der Zeit: https://www.srf.ch/play/radio/echo-der-zeit/audio/eu-praesentiert-neuen-eu-migrationspakt?id=c6191688-f2d5-4e78-8fc7-acdc8d22750c
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/eu-migrationspakt-vorschlaege-fuer-neues-asylrecht?urn=urn:srf:video:5cd1e872-65fd-4e24-9050-5260d2f979cc
-> https://www.blick.ch/news/ausland/konsequente-ausschaffung-ankunftslaender-entlasten-ungarn-und-polen-schonen-von-der-leyens-knallharter-asyl-plan-id16108794.html
-> https://www.fluechtlingshilfe.ch/medienmitteilungen/ein-eu-pakt-der-verpassten-chancen
-> https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-09/migrationspakt-eu-kommission-abschiebungen-fluechtlinge-europa/komplettansicht
-> https://www.derbund.ch/diese-eu-reform-ist-ganz-im-sinn-der-schweiz-805766109488
å-> https://www.srf.ch/news/schweiz/eu-asylreform-was-haette-die-schweiz-von-dieser-asylreform-frau-bundesraetin
-> https://www.proasyl.de/news/grenzverfahren-unter-haftbedingungen-die-zukunft-des-europaeischen-asylsystems/
-> https://www.nzz.ch/international/eu-asylreform-kritik-aus-deutschland-ld.1578157
-> https://taz.de/Von-der-Leyen-legt-Migrationspakt-vor/!5711756/
-> https://www.jungewelt.de/artikel/386982.migrationspakt-moria-%C3%BCberall.html
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1142226.solidarische-abschiebungen.html
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1142224.solidaritaet-plus-verantwortung-ist-gleich-abschiebung.html
-> https://www.deutschlandfunk.de/asylreform-in-der-eu-der-pakt-entwertet-bisher-gueltige.720.de.html?dram:article_id=484624
-> https://www.deutschlandfunk.de/asyl-und-migrationspakt-der-eu-kommission-das-ist-keine.694.de.html?dram:article_id=484588
-> https://www.deutschlandfunk.de/asylreform-der-eu-roth-spd-solidaritaet-bei-migration.694.de.html?dram:article_id=484552
-> https://www.tagesschau.de/inland/eu-asylpakt-reax-101.html
-> https://www.tagesschau.de/inland/eu-migration-merkel-101.html
-> https://www.tagesschau.de/ausland/asylreform-eu-kommission-101.html
-> https://www.tagesschau.de/ausland/eu-asylpakt-101.html
-> https://www.tagesschau.de/kommentar/eu-asylplaene-101.html


Deutlich weniger Asylbewerber in EU
In den ersten sechs Monaten haben im Vergleich zum Vorjahr 34 Prozent weniger Menschen Asyl in der EU beantragt. Verantwortlich dürfte die Corona-Krise gewesen sein.
https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-09/europaeische-union-asylbewerber-rueckgang-2020


+++TIBET
Studie über Zwangsarbeit in Tibet: Tibeter müssen in Lagern arbeiten
China betreibt auch in Tibet Lager, wie sie in Xinjiang zur Zwangsarbeit benutzt werden. Offiziell dienen sie der Ausbildung und Wirtschaftsförderung.
https://taz.de/Studie-ueber-Zwangsarbeit-in-Tibet/!5711777/


+++GASSE
Kontakt- und Anlaufstelle für Drogensüchtige zieht ins nächste Provisorium um
Wegen Corona können die Drogenkonsumationsräume im Adler nicht genutzt werden. Von der Wiese an der Obachstrasse geht es nun in Container an die Dornacherstrasse. Dort hat kürzlich noch ein Haus gestanden.
https://www.solothurnerzeitung.ch/solothurn/stadt-solothurn/kontakt-und-anlaufstelle-fuer-drogensuechtige-zieht-ins-naechste-provisorium-um-139240714


+++DROGENPOLITIK
Gesetzliche Grundlage für Cannabis-Studien ist bereinigt
In der Schweiz sollen Pilotstudien zur kontrollierten Cannabis-Abgabe durchgeführt werden können. Einig sind sich die Räte nun auch, dass für die Versuche wenn möglich Schweizer Bio-Cannbisprodukte verwendet werden sollen.
https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2020/20200923110029782194158159041_bsd084.aspx
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/gesetzliche-grundlage-fur-cannabis-studien-ist-bereinigt-65787266


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
derbund.ch 23.09.02020

Demo am Freitag: Was die Klimajugend als Nächstes ausheckt

Kaum ist die Aktion auf dem Berner Bundesplatz gelungen, planen die Aktivistinnen und Aktivisten den nächsten Coup – der Erfolg des Protests kommt nicht von ungefähr.

Carlo Senn

Sie überrumpelten die Stadt, die Sicherheitsbehörden und die ganze Schweiz. Die Bilder, wie Polizisten die Aktivistinnen und Aktivisten vom Bundesplatz tragen, sieht das ganze Land. Trotz Räumung ist die Aktion gelungen, denn das Medieninteresse war riesig.

Für die Stadt Bern dürfte das Spektakel noch nicht ausgestanden sein. So planen die Aktivistinnen und Aktivisten der neu gegründeten «Rise up for Change» bereits den nächsten Coup. Dies bestätigt Pressesprecherin Frida Kohlmann: «Wir rufen am Freitagnachmittag zur grossen Demo auf.»

Die Route ist noch nicht festgelegt, jedoch kann sich Kohlmann auch vorstellen, «Richtung Bundesplatz zu marschieren». Neben dem Protest für das Klima sind zur Demo auch die Gruppierungen Black Lives Matter und Stopp Isolation, die sich für Flüchtlinge einsetzt, eingeladen. Die Kundgebung von Stopp Isolation war am Dienstag mit Wasserwerfern und Gummischrot von der Polizei aufgelöst worden.

Formieren für Freitag

Am Mittwoch und Donnerstag wollen die Klimaaktivisten zunächst einmal Kräfte sammeln. Nach der Räumung haben Freiwillige am Morgen das liegen gebliebene Material auf dem Bundesplatz zusammengesucht und zur Johanneskirche im Breitenrain-Quartier gebracht. Vor deren Eingang sitzen Grüppchen am Boden, einige verpflegen sich mit veganem Essen. Überall liegt Material: Schlafmatten, Rucksäcke, Jacken. Einige gehen nach Hause, versichern aber, dass sie bei der nächsten Aktion wieder dabei sein werden.

Die breite Klimabewegung hat sich gekonnt in Szene gesetzt. Die neu gebildete Gruppe ist professionell organisiert und hat an fast alles gedacht: drei Mahlzeiten pro Tag, vier grosse Zelte, Kompost-WCs, Workshops, Diskussionen – und sogar ein Careteam, falls Teilnehmer bei Aktionen traumatisiert würden. Für die Medien gibt es täglich Mitteilungen mit Telefonnummern von Ansprechpersonen. Wie entsteht eine derart professionelle Organisation?

Klimastreik holte sich Hilfe

Die Aktionswoche «Rise up for Change» initiiert haben Jugendliche aus der Klimastreik-Bewegung. Diese verfügt über die jüngsten Mitglieder und wohl auch das unklarste Profil. Die Teenager sind wegen ihrer grossen Mobilisierungskraft vermutlich die beliebteste Gruppe und geniessen Rückhalt in der Bevölkerung. Um eine Aktion von dieser Grösse stemmen zu können, haben sich die Klimastreikenden Hilfe bei erfahrenen Klimaaktivistinnen geholt.

So hat die Bewegung bereits im Juni die Gruppe Collective Climate Justice kontaktiert, wie Sprecherin Frida Kohlmann auf Anfrage sagt. Die Gruppe wurde in Basel gegründet und erregte Aufsehen, als sie in Basel und in Zürich im Sommer 2019 Bankeingänge blockierte.

Dann kamen weitere «Profis» hinzu. So konnten die Organisatorinnen und Organisatoren auch auf das Klimacamp zählen – eine Gruppe, die viel Erfahrung mit ähnlichen Aktionen hat.

Um breit mobilisieren zu können, sind auch Berührungsängste gegenüber radikaleren Gruppen schwächer geworden. Extinction Rebellion ist die wohl umstrittenste Bewegung im Bunde von «Rise up for Change». Um Aufmerksamkeit zu erhalten, setzt diese oft auf zivilen Ungehorsam. So ist sie auch bereit, Gesetze zu brechen, um ihr Ziel zu erreichen.

Neu dazugestossen ist auch die Organisation Greenpeace, die laut eigenen Angaben den Protest nur aus dem Hintergrund unterstützt. Der gemeinsame Nenner der Gruppierungen: Die Klimapolitik kommt nicht vom Fleck, die Politiker seien nicht fähig, die Schweiz bis 2030 klimaneutral zu machen. «Rise up for Change» dürfte die Bundesstadt auch am letzten Tag der Session auf Trab halten.
(https://www.derbund.ch/was-die-klimajugend-als-naechstes-ausheckt-626379118014)



derbund.ch 23.09.2020

Warum machen diese Jugendlichen die Politik so nervös?

Sie fluchten, sie beleidigten, sie wurden ausfällig. Während des Klimaprotestes vor dem Bundeshaus zeigten sich Politiker von ihrer dünnhäutigsten Seite. Warum bloss?

Philipp Loser, Philippe Reichen

Sie raucht mehr, als ihr guttut; sie raucht noch mehr als sonst. Nationalrätin Sibel Arslan von den Grünen hatte schon bessere Tage im Bundeshaus. Sie steht auf dem Balkon vor der Wandelhalle und schaut immer wieder auf ihr Telefon. Hunderte Nachrichten hat sie nach dem Zusammenstoss mit SVP-Nationalrat Andreas Glarner bekommen. Glarner hatte sie vor dem Bundeshaus mit «Frau Arschlan» angesprochen und ihr gesagt, das sei eben Recht und Ordnung, das gebe es in «ihrem Staat» halt nicht. Arslan ist Baslerin mit kurdischen Wurzeln.

Viele der Nachrichten auf dem Telefon der Nationalrätin waren aufmunternd, unterstützend, positiv. Einige waren ziemlich übel: «Geh heim, Arschlan.» «Das sind ganz kleine Männer, die so etwas nötig haben», hatte eine Parteikollegin von ihr am Morgen in einer dunklen Ecke des Bundeshauses gesagt. «Männer, die am liebsten gegen unten treten. Männer, die es nicht ertragen, wenn eine Frau auch eine Meinung hat.»

«Halt den Rüssel!»

Auf der anderen Seite der Wandelhalle, vor den Plätzen der SVP, sitztRoland Rino Büchel. Auch er hat sein Smartphone vor sich, er scrollt durch seine Whatsapp-Nachrichten. «Gut gemacht, Rino!», hat einer geschrieben, «endlich sagt es einer diesen linken Schnudergofen!»

Büchel, SVP-Nationalrat aus dem Rheintal, wurde tags zuvor gefilmt, wie er ziemlich hässig auf einen Klimaaktivisten einredete. «Halt den Rüssel!», schrie Büchel. Laut einer anwesenden Journalistin soll er die Aktivisten zuvor, noch bevor die Kamera lief, als «Arschlöcher» bezeichnet haben.

«Es machte mich einfach wütend, wie diese Aktivisten mit den Marktfahrern umgegangen sind, die auf dem Bundesplatz ihren Markt abhalten wollten. Sie haben sie belächelt», sagt der Nationalrat. Dabei würden diese Marktfahrer mit dem Verkauf ihrer lokalen Produkte doch auch etwas für den Klimaschutz tun. «Mich stört es, wenn sich jemand über die Regeln hinwegsetzt, nur weil er das Gefühl hat, sein Anliegen sei irgendwie edler als das von anderen.»

Der SVP-Nationalrat bekam nach seinem Ausbruch ebenfalls viele Nachrichten. Die meisten waren unterstützend, aufmunternd, positiv. Einige weniger.

Büchel und Glarner waren nicht die Einzigen, die wegen des Klimaprotestes auf dem Bundesplatz aus der Haut fuhren. FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann wurde dabei gefilmt, wie er lauthals mit dem Berner Stadtpräsidenten Alec von Graffenried schimpfte und ihm dabei Amtsmissbrauch vorwarf. Portmann will nun den Nachrichtendienst des Bundes aktivieren, um die Vorgänge auf dem Bundesplatz zu untersuchen – er glaubt, die Demonstration sei mehrheitlich aus dem Ausland gesteuert gewesen. In der Westschweiz teilte der Walliser Nationalrat Philippe Nantermod (FDP) heftig gegen die Aktivisten aus. Die Gruppe Extinction Rebellion bezeichnete er in einem Wortspiel als Sadisten. Ihr Camp auf dem Bundesplatz sei schmutzig, hässlich, illegal, undemokratisch. Und Anaïs Tilquin, der Sprecherin der Gruppierung «Rise Up for Change», empfahl er live im Radio den Besuch bei einem Psychiater (lesen Sie, wer den Klimaprotest anführt).

Bis in den Gerichtssaal

Was sich am Dienstag auf dem Bundesplatz abspielte, gelangte bruchstückhaft auch in einen Gerichtssaal in Renens. Dort war der Waadtländer Generalstaatsanwalt Eric Cottier gleichentags daran, zwölf Klimaaktivisten vor dem Kantonsgericht den Prozess zu machen. Der FDP-Mann hatte einen Hausfriedensbruch geahndet, weil die Studierenden im November 2018 in einer Filiale der Credit Suisse in Lausanne Tennis spielend gegen klimaschädliche Investitionen der Bank protestiert hatten. In erster Instanz waren die Aktivisten freigesprochen worden. Der entsprechende Richter hatte den Klimawandel als «rechtfertigenden Notstand» anerkannt und den zivilen Ungehorsam der Aktivisten gutgeheissen. Staatsanwalt Cottier sieht dies ganz anders. Er habe mit dem Klimaprotest ein grundsätzliches Problem, konstatierte Cottier vor Gericht. Die Untergangsszenarien der Klimaaktivisten hält er für eine Fiktion. Ziviler Ungehorsam sei damit nicht zu rechtfertigen. Das Kantonsgericht habe nur eine Option: Es müsse die Klimaaktivisten bestrafen. Cottier war aufgekratzt und irritiert bei seinem Auftritt vor Gericht. So wütend wie die Politiker in Bern, so wütend wie Glarner, Büchel oder Nantermod.

Die Aggressivität gegenüber den Streikenden sei schon sehr erstaunlich, sagt die Grünen-Nationalrätin Regula Rytz. «So habe ich das noch nie erlebt.» Rytz erkennt darin ein Zeichen für die Formkrise der SVP, weil es am Schluss am ehesten SVP-Männer waren, die ihren Frust bei den Aktivisten abluden, sagt sie im Gespräch im Bundeshaus. Später schickt sie noch ein erklärendes Mail hinterher: «Vielleicht ist es – neben der Frustration über die Wahlverluste, die Abstimmungsniederlagen und die innerparteilichen Brüche – vor allem dies: Sie verteidigen die patriarchale Ordnung. Eine Ordnung, in der sie viele Privilegien haben. Sie wollen sich deshalb von Jugendlichen (und von Frauen) nicht sagen lassen, was Sache ist.»

«Gezielte Provokationen»

«Diese Männer spüren Druck. Druck, der immer grösser wird», sagt auch SP-Nationalrätin Tamara Funiciello. «Sie haben geglaubt, mit den Wahlen sei der Spuk vorüber. Ist er aber nicht.» Mattea Meyer, baldige Co-Präsidentin der SP, glaubt Nebelpetarden zu erkennen, gezielte Provokationen. «Mit ihren Ausbrüchen wollen diese Männer vom Inhalt ablenken. Das gelingt ihnen nicht schlecht. Statt über die berechtigten Inhalte der Aktivisten zu reden, befinden wir uns in einer Empörungshysterie, aus der wir fast nicht mehr rauskommen.»

Ueli Mäder, emeritierter Professor für Soziologie an der Universität Basel, beobachtet die Klimabewegung seit langem. Ihre genaue Grösse sei nicht bezifferbar, sagt er. Aber allein in den Städten Basel, Lausanne und Zürich umfasse sie viele Tausende Personen und wachse weiter, auch weil sich ihr neben vielen Jugendlichen immer mehr ältere Personen und Vertreter von Berufsgruppen wie Ärzten und Pflegenden anschliessen. «Für den Erfolg der Bewegung ist die Grösse allein nicht entscheidend», hält Soziologe Mäder fest. Ebenfalls für wichtig hält der Basler ihre Ausdrucksweise, ihre Körpersprache oder die gegenseitige Aufmerksamkeit untereinander. Dieser höfliche Umgang sei bemerkenswert und wecke Sympathien bei der breiten Bevölkerung, auch bei jenen die bürgerlich stimmen und wählen.

Keine Rüge für Glarner

Für Sibel Arslan ist das nur ein schwacher Trost. Sie hätte es gerne gehabt, wenn der Rat und sein Präsidium nach dem Glarner-Zwischenfall ein öffentliches Zeichen gesetzt hätte. Den ganzen Tag über suchten Mitglieder der grünen Fraktion im Geschäftsreglement nach einem Hebel, um Andreas Glarner zumindest eine Rüge für sein Verhalten zu erteilen. Nach längeren Verhandlungen mit dem Büro des Nationalrats und Ratspräsidentin Isabelle Moret wurde am späteren Nachmittag klar: Es gibt keine Handhabe gegen das Verhalten von Glarner. Es gibt auch keinen Anspruch darauf, das Verhalten des SVP-Manns während der Sitzung zu öffentlich zu thematisieren – weil der verbale Angriff ausserhalb des Saals stattgefunden hat. Eine Erklärung von Fraktionschefin Aline Trede wäre reglementswidrig gewesen. «Ich hätte gesagt, dass Glarner eine Linie überschritten habe und als Präsident der staatspolitischen Kommission nicht mehr tragbar sei», sagt Trede. «Es ist des Amts nicht würdig, so mit einer Kollegin umzugehen.»
(https://www.derbund.ch/warum-machen-diese-jugendlichen-die-politik-so-nervoes-864444441871)



derbund.ch 23.09.2020

Enteignung gefordert: Bürgerliche wollen Stadt Bern Bundesplatz wegnehmen

Das Ringen um Berns Prestigeplatz geht in eine neue Runde. Nun wird im Nationalrat gefordert, dass dort künftig der Bund für Recht und Ordnung sorgen soll.

Martin Erdmann

Das Protestcamp auf dem Bundesplatz ist zwar geräumt, der Kampf um den Raum vor dem Parlamentsgebäude geht jedoch weiter. Denn zwischen Bundesparlamentariern und der Stadt Bern ist eine Art Territorialkrieg ausgebrochen. Grund dafür ist eine Motion des Solothurner Nationalrats Christian Imark (SVP). Ihr Titel: Enteignung des Bundesplatzes. Darin fordert Imark den Bundesrat auf, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, um den Bundesplatz der Stadt Bern zu enteignen. Künftig soll die Landesregierung für Recht und Ordnung sorgen.

Die am Montag eingereichte Motion entstand nicht etwa im Affekt, sondern aus einem Unbehagen, das Imark schon länger begleitet. «Die Situation auf dem Bundesplatz verschlimmert sich seit Jahren.» Immer wieder störten illegale Veranstaltungen den Ratsbetrieb, ohne dass der Gemeinderat angemessen reagiere. Zwar hätten Bundesparlamentarier Beschwerden bei der Stadt Bern deponiert, geschehen sei aber nichts. «Die linke Stadtregierung betreibt Amtsmissbrauch, indem sie Proteste wie diese Woche so lange gewähren lässt.»

Unterschiedliche Ruhebedürfnisse

Imarks Forderung findet auch ausserhalb der SVP Anklang. Auch bei der Berner Nationalrätin Christa Markwalder (FDP). «Die lange Dauer des Protestcamps hat gezeigt, dass die Stadt Bern nicht innert nützlicher Frist für Ordnung sorgen kann.» Dies sei aber kein neues Phänomen. «Manchmal konnten wir uns in einer Kommissionssitzung kaum verstehen. Mehrmals habe ich deshalb Veranstalter persönlich gebeten, die Musik leiser zu drehen.»

Hans Stöckli (SP) überrascht es zwar nicht, dass die SVP diese Enteignungsforderung aufstellt. Chancen auf Erfolg gibt er ihr jedoch nicht. Der Ständeratspräsident zeichnet ein etwas anderes Bild vom Arbeitsort Bundeshaus. «Hier lässt es sich absolut in Ruhe schaffen.» Das Protestcamp habe daran nichts geändert. «Im Saal selber hat das nicht gestört.»

«Mutet exotisch an»

Berns Stadtpräsident Alec von Graffenried (GFL) hält es für einen «abstrusen Gedanken», seiner Stadt die Zuständigkeit über den Bundesplatz zu entziehen. «Eine Enteignung mutet eher exotisch an, da dafür kein Grund vorliegt.» Sie entbehre jeglicher Grundlage und wäre ein «massiver Eingriff in die Gemeindeautonomie». Auch der Vorwurf, dass der Gemeinderat auf dem linken Auge blind sei, weist er zurück. «Der Gemeinderat versucht bei Konflikten immer die Verhältnismässigkeit zu wahren – unabhängig von der politischen Ausrichtung.»

Das will der kantonale Sicherheitsdirektor Philippe Müller (FDP) nicht recht glauben. «Wie hätte der Gemeinderat wohl reagiert, wenn Anhänger des ‹Marsch fürs Läbe› den Platz besetzt hätten, um eine Woche dort zu beten?» Zwar sieht Müller die Subsidiarität als Grundpfeiler des föderalistischen Systems. Aber: «Dass nun Forderungen auftauchen, die Gemeindeautonomie zu beschränken, ist nachvollziehbar.»

Was ist mit dem Märit?

Leicht genervt nimmt der Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) die Motion zur Kenntnis. «Das ist bloss Stimmungsmache, eine Forderung für die Galerie.» Die Anschuldigung, dass der Gemeinderat nicht auf Reklamationen aus dem Bundeshaus eingehe, lässt Nause nicht gelten. «Es hat mehrfach Aussprachen gegeben, und man hat sich auf eine Nutzungspraxis geeinigt.» Die meisten Beschwerden aus dem Parlamentsgebäude beträfen zudem nicht politische Veranstaltungen, sondern Sport- oder Kulturevents. Eine Enteignung hält Nause für unrealistisch. Er zweifelt auch daran, ob der Bund das überhaupt will. «Schliesslich müsste der er dann auch den Märit und sämtliche anderen Veranstaltungen managen, die dort stattfinden.»

Motionär Imark könnte sich bei einer Umsetzung vorstellen, dass der Bund Sicherheitsleute einkauft oder einen Deal mit der Kantonspolizei aushandelt. «Hier müsste der Bundesrat Vorschläge unterbreiten.» Mitunterzeichnerin Markwalder geht nicht von einem erheblichen Mehraufwand für die Bundesbehörden aus. «Es geht schliesslich nur darum, Bewilligungen zu erteilen.»

Irritation bei der SP

In der Stadtberner Politik lösen die Enteignungsfantasien unterschiedliche Reaktionen aus. Bei der SVP besteht nicht der Wunsch, städtisches Territorium zu verteidigen. «Als Stadtberner habe ich nicht das geringste Problem, dem Gemeinderat in den Rücken zu fallen», sagt SVP-Fraktionspräsident Alexander Feuz. Wenn dieser geltendes Gesetz nicht umsetzen könne, müsse das eben jemand anderes machen. Feuz präzisiert jedoch: Er fordere nicht die Enteignung, sondern wolle der Stadt lediglich die Sicherheitsbefugnisse für den Bundesplatz entziehen.

Bei der SP sorgt dieses Vorpreschen der SVP für Irritation. «Eigentlich pocht sie doch immer auf die Gemeindeautonomie», sagt SP-Fraktionschefin Marieke Kruit. Für sie wäre eine Enteignung ein Affront. «Die Nutzung des Bundesplatzes betrifft grösstenteils die Stadtbevölkerung, deshalb soll auch die Stadt für diesen zuständig bleiben.»
(https://www.derbund.ch/buergerliche-wollen-stadt-bern-bundesplatz-wegnehmen-625335444045)



derbund.ch 23.09.2020

Interview mit Stadtpräsident Alec von Graffenried: «Zwei unbewilligte Demos überforderten uns»

Der Berner Stadtpräsident verteidigt das Vorgehen der Stadt gegenüber der Klimajugend auf dem Bundesplatz. Die Polizei und die Behörden seien auf diesen Aufmarsch nicht vorbereitet gewesen.

Naomi Jones, Fabian Christl

Herr von Graffenried, zwei Tage durften die Jugendlichen illegal auf dem Bundesplatz demonstrieren, dann holte die Polizei sie medienwirksam ab. Hat Bern den Jugendlichen geboten, was sie wollten?

Das ist die falsche Frage. Eine Stadt muss funktionieren und dafür braucht sie eine Rechtsordnung, die von allen getragen und angewendet wird. Wir hätten eine Grenze überschritten, wenn wir nicht reagiert hätten.

Sie waren die ganze Nacht auf den Beinen. Wie haben Sie den Polizeieinsatz erlebt?

Es wirkte auch etwas surreal. Nicht nur der Polizeieinsatz, sondern das ganze Set lief wie nach einem Drehbuch ab. Die Klimajugend schien die Polizei bereits zu erwarten. Die Szene mutete wie im Film an: Hier sang ein Chörchen, dort warteten die Angeketteten und hoch über dem Set schaukelte einer im Gerüst vor der Kantonalbank.

Sie hätten sofort am Montagmorgen intervenieren können, wie das viele, auch nationale Politiker, forderten.

Das Kundgebungsreglement der Stadt Bern, das Proteste während der Session verbietet, liegt in der Kompetenz des Gemeinderats. Um es anzuwenden, hat er sozusagen seinen «Berner Weg» eingeschlagen: Wir versuchen alle Beteiligten mit einzubeziehen und gemeinsam einen Weg aus der Krise zu entwickeln. Dazu haben wir nicht nur mit den Protestierenden, sondern auch mit den Bundes- und Kantonsbehörden sowie der Polizei gesprochen. Das dauert zwar etwas länger, dafür haben wir heute eine tragfähige Lösung.

Beim Aufbau des Camps in der Nacht auf Montag war ein Kamerateam vor Ort. Die Pläne der Jugendlichen waren bekannt. War die Stadt schlecht vorbereitet?

Jeder kann behaupten, was er will. Aus Sicht der Stadt ist klar: Auf die Besetzung des Bundesplatzes waren wir und auch die Polizei eindeutig nicht vorbereitet; so wie wir auch auf die Corona-Pandemie nicht vorbereitet waren. Aber wir sind reaktionsfähig, wenn es nötig ist. Und wir haben reagiert.

Dass der Protest auf den Bundesplatz kommt, war also weder dem Gemeinderat noch der Polizei bekannt?

Die Pläne der Jugendlichen waren dem Nachrichtendienst nicht bekannt und damit auch nicht der Polizei und dem Gemeinderat. Das ist auch gut so. Es gibt glücklicherweise Einschränkungen bei der Überwachung von politischen Gruppierungen.

Einige deuten an, der Klimaprotest sei dem rot-grünen Gemeinderat gelegen gekommen. Was sagen Sie dazu?

Nochmals: Es herrscht Meinungsfreiheit. Jeder darf sagen, was er will. Ich kann festhalten: Der Gemeinderat hat nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt.

Andererseits, so die linke Kritik, hätten Sie die Jugendlichen bis Freitag gewähren lassen können.

Am Montagmorgen hatte ich das noch erwogen. Wenn sich die Jugendlichen konsequent an unsere Bedingungen in Sachen Verkehr, Markt und Bundeshaus gehalten hätten, wäre es das möglicherweise eine Option geblieben, allenfalls mit diversen Einschränkungen.

Die Klimaaktivisten schienen gut organisiert zu sein.

Ja sehr. Schon als wir am Montagmorgen auf den Platz kamen, erwarteten uns die Zuständigen für die Organisation mit Leuchtwesten, stellten sich vor und gaben uns ihre Handynummer.

Hatten Sie das Gefühl, dass es die Aktivisten auf die Räumung angelegt hatten?

Ja, zumindest ein Stück weit. Wir hatten ihnen angeboten, den Protest legal fortzusetzen. Doch die Illegalität war Teil ihres Protestes, wie sie dem Gemeinderat explizit erklärten. Sie wollten keinen roten Teppich ausgelegt bekommen. Die Räumung gehörte vielleicht gar zu ihrem Drehbuch.

Ein Polizeieinsatz, selbst wenn er sauber abläuft, wirkt brutal. Dies erst recht gegenüber Jugendlichen, die zwar störrisch, aber gewaltfrei sind.

Nicht in diesem Fall. Der Einsatz verlief praktisch gewaltfrei. Der Protest war sehr konsequent auf Gewaltlosigkeit ausgerichtet und das war markant. Eine solche Räumung habe ich noch nie erlebt.

Laut unserem Reporter ging die Polizei phasenweise härter vor.

Die Aktivisten waren zum Teil mit Ketten, Seilen, Gips und Leim fixiert. Es mussten schwere Mittel wie Eisensägen nahe am Körper eingesetzt werden, damit sie aus ihren Fesseln gelöst werden konnten. Das war riskant. Dabei gab es meines Wissens lediglich eine kleine Verletzung. Ich bin froh, dass alle ruhig gearbeitet haben.

Vor allem Bürgerliche verwendeten zum Teil harsche Worte gegenüber den Klimademonstranten. Wie kommt der Hass bei Ihnen an?

Diese überhitzten, hochemotionalen Reaktionen sind auch mir aufgefallen. Vor allem Männer reagierten übersensibel und verloren mir gegenüber sogar die Contenance. Das muss tiefsitzende Gründe haben.

Erwägt die Stadt weitere Schritte gegen die Organisatoren?

Bisher nicht. Wer nicht freiwillig vom Platz ging, muss aber mit einer Anzeige rechnen, weil er gegen eine amtliche Verfügung verstossen hat.

Während die Polizei mit den linken Gymnasiasten pfleglich umging, setzte sie bei der Flüchtlingsdemonstration rasch Tränengas ein. Sehen Sie darin eine Logik?

Eine Logik gibt es dabei nicht. Zwei so grosse unbewilligte Kundgebungen überforderten uns und unser Demo-Management. Wir hatten der Polizei den Auftrag gegeben, zu verhindern, dass der Verkehr noch stärker eingeschränkt würde. Die Flüchtlingsdemonstration durfte daher nicht bis zu den ÖV-Achsen vorstossen. Deshalb kam es zu den Zusammenstössen. Das Bollwerk war aber trotzdem blockiert und später war die Situation kaum mehr kontrollierbar.

Was macht die ganze Aktion mit Ihnen emotional, da Sie als Grüner und Vater vielleicht auch gewisse Sympathien für die Klimajugendlichen hegen?

Man ist nie ganz davor gefeit, sich emotional beeinflussen zu lassen. Aber Emotionen und Sympathie dürfen keine Rolle spielen. Denn alle müssen in einer solchen Situation gleich behandelt werden. Für uns stand im Vordergrund, dass auf dem Bundesplatz während der Session ein Protest stattfand, was nicht bewilligt war.

Welche Bilanz ziehen Sie nach den letzten intensiven Tagen in der Stadt Bern?

Es ist gelaufen wie immer: Am Anfang haben wir über Klimapolitik diskutiert. Im Lauf des zweiten Tages drehten sich die Gespräche nur noch um die Aktion, also um die Form. Das ist schade. Darum ist es gut, dass der Klimaprotest auf dem Bundesplatz nun beendet ist. Jetzt kann die Klimadiskussion auf einer anderen Ebene weitergeführt werden und sie wird uns in den nächsten Jahren weiterhin intensiv begleiten.
(https://www.derbund.ch/zwei-unbewilligte-demos-ueberforderten-uns-957859667760)



derbund.ch 23.09.2020

Kundgebungen auf dem Bundesplatz: Demoverbot auf der Kippe

Das Demoreglement der Stadt Bern verbietet Kundgebungen während der Sessionen des Bundesparlaments. Eine Mehrheit im rot-grünen Stadtrat könnte das umstrittene Verbot schon bald abschaffen.

Andres Marti

Auf dem Bundesplatz sind Kundgebungen während der Sessionswochen des eidgenössischen Parlaments verboten. Dieses Demonstrationsverbot war dann auch einer der Hauptgründe, weshalb die Stadtregierung das Protestcamp in der Nacht auf Mittwoch räumen liess.

Damit könne der Betrieb der Bundesversammlung wieder «sicher, ordnungsgemäss und störungsfrei verlaufen», so die Reaktion des bernischen Regierungsrats. Selbst von der Stadtberner SP gibt es Lob für die Räumung: «Der Gemeinderat hat den Dialog gesucht – musste aber auch alle gleich behandeln», so SP-Co-Präsidentin Edith Siegenthaler.

Fast 100 Jahre alt

Doch das Demonstrationsverbot während der Sessionen ist umstritten. Im Berner Stadtrat wird seit längerem über eine Lockerung des Kundgebungsreglements diskutiert. Geht es nach den Grünen, soll das Verbot komplett wegfallen: «Es ist doch absurd, dass man ausgerechnet während der Sessionen nicht seine Meinung kundgeben darf», sagt Stadträtin Lea Bill (GB). Auch Michael Burkard von der Grünen Freien Liste kritisiert das Verbot: «Friedliche Demos müssen auch während der Sessionen möglich sein», sagt er gegenüber dem «Bund».

Laut Lea Bill liegt dem Verbot ein veraltetes Politikverständnis zugrunde, wonach Parlamentarier die Einzigen seien, welche Politik machen dürfen. Selbst von einer Beschränkung der Personenzahl hält das GB nichts. Ob die Partei mit dieser Maximalforderung im Stadtrat durchkommt, ist hingegen fraglich.

Die Ursprünge des Verbots gehen auf das Jahr 1925 zurück. Laut einem «Bund»-Artikel war der direkte Auslöser eine «kaum besuchte Kundgebung gegen Militarismus». Gegen diese «Taktlosigkeit» protestierten bürgerliche Politiker laut einem Bericht in der NZZ vehement. Der Landesstreik von 1918 steckte den Bürgerlichen noch in den Knochen. In den 1960er-Jahren wurde das Verbot dann auf die Sitzungstage Montag bis Freitag beschränkt.

Auch SP dagegen

Nun könnte eine Mehrheit im Stadtrat das Verbot nach fast 100 Jahren aus dem Reglement streichen. Denn auch die SP will künftig Kundgebungen während Sessionswochen erlauben, «solange der Parlamentsbetrieb gewährleistet werden kann», sagt Bernadette Häfliger. Die Verhältnismässigkeit sei dabei zentral: «Es ist noch keine Störung der Session, wenn Parlamentarier um eine Kundgebung herumlaufen müssen», so Häfliger.
(https://www.derbund.ch/demoverbot-auf-der-kippe-968815183275)



Geheimdienst soll ausländische Chefs der Klima-Aktivisten ermitteln
Der Bundesrat soll klären lassen, ob ausländische Organisationen hinter der Besetzung des Bundesplatzes stehen, fordert FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann.
https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/geheimdienst-soll-auslandische-chefs-der-klima-aktivisten-ermitteln-65787500


Berner Polizist prügelt auf Passant ein – Kapo will Vorfall untersuchen
In Bern kam es am Rande einer unbewilligten Demonstration zu Übergriffen der Einsatzkräfte auf Passanten. Die Kantonspolizei will den Vorfall untersuchen.
https://www.watson.ch/!782122259
-> https://www.20min.ch/story/polizist-schubst-mann-um-und-schlaegt-auf-passant-ein-280982093385
-> https://www.derbund.ch/videoaufnahme-dokumentiert-angebliche-polizeigewalt-389040434681
https://www.bernerzeitung.ch/polizei-nach-asyl-demo-in-der-kritik-525935439183
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/demo-gegen-berner-asyl-politik-polizei-greift-mit-gummischrot-ein-139251554
-> https://www.blick.ch/news/schweiz/bern/waehrend-klima-demo-in-bern-polizist-schlaegt-mann-video-sorgt-fuer-diskussionen-id16108710.html


RGM-Regierung nimmt Klimakrise nicht ernst genug
Die Räumung heute Nacht hat gezeigt: die Berner RGM-Regierung hat kein Rückgrat, dafür viele leere Versprechungen. Statt die Dringlichkeit der Klimakrise anzuerkennen, kümmert sie sich lieber um Altbewährtes, die sogenannte „Wiederherstellung von Recht und Ordnung“.
https://al-be.ch/rgm-regierung-nimmt-klimakrise-nicht-ernst-genug


#RÄUMUNG KLIMABESETZUNG BUNDESPLATZ
-> MM Stadt Bern: https://www.bern.ch/mediencenter/medienmitteilungen/aktuell_ptk/besetzung-des-bundesplatzes-planmaessig-beendet
-> MM Kanton Bern: https://www.be.ch/portal/de/index/mediencenter/medienmitteilungen.meldungNeu.mm.html/portal/de/meldungen/mm/2020/09/20200923_0745_kantonsregierungbegruesstraeumungdesbundesplatzes
-> MM Kantonspolizei Bern: https://www.police.be.ch/de/start/themen/news/medienmitteilungen.html?newsID=577f3eff-37d1-4d81-8f82-054650a53c08
-> Offener Brief: Pierre Alain Schnegg: https://www.facebook.com/PASchnegg/posts/4700958076588602
-> https://www.derbund.ch/die-klima-aktivisten-sind-auf-dem-rueckzug-marktfahrer-veraergert-415834521593
-> https://www.bernerzeitung.ch/bundesversammlung-fordert-raeumung-des-protestcamps-526141347904
-> https://www.20min.ch/story/klimaaktivisten-blockieren-den-bundesplatz-794854040816
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/klima-aktion-in-bern-klimaaktivisten-sind-weg-polizei-raeumt-bundesplatz-vollstaendig
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/polizei-raeumt-das-protestcamp-auf-dem-bundesplatz?id=11845353
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/hat-der-gemeinderat-zu-schnell-oder-zu-langsam-entschieden?id=11845572
-> https://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/184908/
-> https://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/184907/
-> https://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/184911/
-> https://twitter.com/klimastreik
-> https://twitter.com/climategames_ch
-> https://twitter.com/XRZurich
-> https://twitter.com/antiproprietary
-> https://twitter.com/Megafon_RS_Bern
-> https://www.pscp.tv/w/1OdJrWLnAPqxX
-> Rendez-vous: https://www.srf.ch/play/radio/rendez-vous/audio/polizei-loest-klima-camp-vor-bundeshaus-auf?id=22976c84-fc25-43f1-9782-27bf41569126
-> Tagesschau am Mittag: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/tagesschau-vom-23-09-2020-mittagsausgabe?urn=urn:srf:video:37af1ac1-2fbd-4b9b-a1c1-767bf5c38bdd
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/besetzung-des-bundesplatzes-die-politische-schweiz-muss-solche-aktionen-aushalten-koennen
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/klima-protest-in-bern-polizei-loest-klima-camp-auf-dem-bundesplatz-auf
-> https://www.watson.ch/schweiz/liveticker/613724334-stadt-bern-stellt-klima-aktivisten-ein-ultimatum-bis-dienstagmittag
-> https://www.watson.ch/schweiz/klima/952796847-regula-rytz-ueber-klimastreik-antraege-zur-raeumung-kamen-von-der-svp
-> https://www.watson.ch/schweiz/klima/396727397-besetzung-des-bundesplatzes-diese-bilder-und-videos-zeigen-die-raeumung
-> https://www.watson.ch/schweiz/klimastreik/879083894-bundesplatz-das-sagen-klimastreikende-zur-raeumung
-> https://www.watson.ch/videos/!30560
 -> https://www.nau.ch/news/schweiz/so-lief-die-nacht-der-langen-bundesplatz-raumung-65787034
-> https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/klima-aktivisten-polizei-beginnt-mit-raumung-des-bundesplatzes-65787038
-> https://www.ksb.ist/doc/und-irgendwo-der-sandstrand
-> https://www.blick.ch/news/schweiz/bern/svp-glarner-erklaert-ausraster-so-geht-es-nach-der-raeumung-der-klima-aktivisten-weiter-id16108370.html
-> https://www.blick.ch/politik/protest-gegen-politik-klimabewegung-besetzt-bundesplatz-in-bern-id16103688.html
-> https://www.blick.ch/news/schweiz/blick-reporter-live-bei-der-raeumung-diese-strafen-erhalten-die-aktivisten-id16107667.html
-> https://www.blick.ch/community/blick-leser-forderten-sofortige-raeumung-des-bundesplatzes-die-aktivisten-bleiben-nur-als-oeko-querulanten-im-gedaechtnis-id16108053.html
-> https://www.blick.ch/news/schweiz/bern/polizei-seit-3-30-uhr-im-einsatz-so-lief-die-raeumung-des-bundesplatzes-id16107727.html
-> https://www.blick.ch/news/schweiz/bern/stadtpraesident-von-graffenried-ich-fuehlte-mich-wie-petkovic-id16107973.html
-> https://www.neo1.ch/news/news/newsansicht/datum/2020/09/23/bundesplatz-geraeumt-reaktionen-sind-unterschiedlich.html
-> https://jungealternative.ch/rueckblick-auf-das-klimacamp-und-dessen-raeumung/
-> https://www.nzz.ch/schweiz/bern-klima-demonstration-auf-dem-bundesplatz-beendet-ld.1577634
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/klimaaktivisten-haben-kaum-etwas-zu-befuerchten?id=11845782
-> https://www.tvo-online.ch/aktuell/reaktionen-aus-politik-polizei-raeumt-bundesplatz-139251903
-> https://www.tvo-online.ch/aktuell/klimaproteste-in-bern-das-denkt-die-st-galler-bevoelkerung-139251887
-> https://www.tele1.ch/nachrichten/raeumung-bundesplatz-bern-nach-klimademo-139252469
-> https://www.tele1.ch/nachrichten/klimabewegung-schadet-sich-mit-der-aktion-in-bern-selber-139252490
-> Rendez-vous Tagesgespräch: https://www.srf.ch/audio/tagesgespraech/klimastreik-als-zeichen-einer-politisierten-jugend?id=11845539
-> Echo der Zeit: https://www.srf.ch/play/radio/echo-der-zeit/audio/wir-haben-das-problem-einfach-nach-berner-art-geloest?id=22df43cc-f29e-4fac-85e3-abd534151e3a
-> Schweiz Aktuell: https://www.srf.ch/play/tv/schweiz-aktuell/video/polizei-loest-klimacamp-vor-bundeshaus-auf?urn=urn:srf:video:bdc5b89b-dd33-4e66-9f45-b0f8edb33669
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/raeumung-klimacamp-auf-dem-bundesplatz?urn=urn:srf:video:40a2c85e-2759-4ced-af57-c10ffd2fdca0
-> https://www.telebaern.tv/talktaeglich/raeumung-des-klima-camps-139094723
-> Talk Täglich: https://www.telebaern.tv/talktaeglich/raeumung-des-klima-camps-139094723
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/polizei-muss-raeumen-klima-aktivisten-weigern-sich-freiwillig-zu-gehen-139251524
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/stadtpraesident-alec-von-graffenried-aeussert-sich-zur-klima-demonstration-139251536
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/politische-bilanz-zur-klima-demonstration-auf-dem-bundesplatz-139251550
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/bundesplatz-geraeumt-klimaaktivisten-mussten-ihre-zelte-abbrechen-139252089
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/was-hat-das-klima-camp-auf-dem-bundesplatz-bewirkt-139252075
-> https://www.telem1.ch/aktuell/klimaaktivisten-camp-auf-bundesplatz-von-polizei-geraeumt-139252806
-> https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/co2-gesetz-martin-baumle-glp-vermisst-dankbarkeit-der-klimajugend-65787497
-> https://www.blick.ch/meinung/das-meint-blick-zur-klimastreikbewegung-in-der-schweiz-mehr-ego-als-oeko-id16109100.html
-> https://www.derbund.ch/wie-die-polizei-den-klimaprotest-beendete-941009895444
-> https://www.woz.ch/2039/rise-up-for-change/das-klima-auf-dem-bundesplatz
-> https://www.woz.ch/2039/rise-up-for-change/stich-ins-wespennest
-> https://www.luzernerzeitung.ch/videos/klima-camp-raeumung-in-bern-feuerwehr-saegt-ketten-auf-polizei-traegt-demonstranten-weg-ld.1260383?mktcid=smsh&mktcval=Twitter
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/bundesplatz-geraeumt-berner-stadtpraesident-uns-ist-eine-konsistente-loesung-gelungen
-> https://bajour.ch/a/oWZ8zYPPiWwjfWm9/baslerinnen-auf-dem-bundesplatz-streiken-bis-die-polizei-kommt
-> https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/der-bundesplatz-ist-geraeumt-doch-die-klimajugend-will-keine-ruhe-geben-139250049
-> https://www.dieostschweiz.ch/artikel/die-platzbesetzung-wurde-nicht-geduldet-sondern-tatkraeftig-unterstuetzt-gjLgREW



Streit zwischen SVP-Hardliner und Grünen: Nach Eklat um Glarner: Erste Rücktrittsforderungen werden laut
Andreas Glarner und Sibel Arslan lieferten sich auf dem Bundesplatz einen heftigen Schlagabtausch. Der SVPler wurde dabei ausfällig. Nun fordert die Linke Konsequenzen.
https://www.derbund.ch/nach-eklat-um-glarner-erste-ruecktrittsforderungen-werden-laut-817466806586
-> https://www.tagblatt.ch/schweiz/arschlan-fucking-glarner-arschloecher-waehrend-die-klimajugend-demonstriert-verlieren-politiker-den-anstand-ld.1260247
-> https://www.blick.ch/news/schweiz/streit-zwischen-svp-glarner-und-gruenen-arslan-eskaliert-das-ist-recht-und-ordnung-frau-arschlan-id16107639.html
-> https://www.telem1.ch/aktuell/andreas-glarner-nach-wortgefecht-mit-sibel-arslan-mit-ruecktrittsforderungen-konfrontiert-139252827
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/ruecktritt-gefordert-andreas-glarner-nach-wortgefecht-mit-sibel-arslan-in-kritik-139252064
-> https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/linke-kritisiert-andreas-glarner-svp-als-rassistisch-65787338


«F*** Glarner»: SP-Badran rastet auf SRF aus
Auch SP-Nationalrätin Jacqueline Badran verlor am Rande der Klimaproteste die Nerven. Sie ärgerte sich über die Berichterstattung der Medien.
https://www.20min.ch/story/sp-badran-rastet-auf-srf-aus-781445318508


10 Klima-Aktivisten berichten, warum sie das Bundeshaus belagern – und sicher nicht freiwillig abziehen: Manche gaben sogar ihren Job auf für die Bewegung
Seit Montag besetzen Aktivisten den Bundesplatz in Bern. BLICK zeigt, wie das Protestcamp funktioniert.
https://www.blick.ch/news/10-klima-aktivisten-berichten-warum-sie-das-bundeshaus-belagern-und-sicher-nicht-freiwillig-abziehen-manche-gaben-sogar-ihren-job-auf-fuer-die-bewegung-id16107527.html


Ohne Mampf kein Kampf – RaBe-Info 23.09.2020
Das Klimacamp auf dem Bundesplatz wurde in der Nacht auf Mittwoch von der Polizei geräumt. Davor haben Aktivist*innen während zwei Tagen auf dem Bundesplatz protestiert, geschlafen, gekocht und gegessen.
Das Kochkollektiv des Rise up for Change steht dafür seit Sonntag auf den Beinen, um die mehreren hundert Aktivist*innen zu versorgen. Mittlerweile nicht mehr auf dem Bundesplatz, sondern auf der Schützenmatte. In riesigen Töpfen wird über Feuer Essen für mehrere Hundert Personen zubereitet. Nachhaltigkeit hat auch in der Klimaküche oberste Priorität: Gekocht wird ausschliesslich vegan, das Gemüse stammt entweder von Biobäuer*innen aus der Region oder aus dem Container.
Eine Reportage über grosse Kochtöpfe, haufenweise Gemüse und helfende Hände, von und mit Sarah Heinzmann:
https://rabe.ch/2020/09/23/ohne-mampf-kein-kampf/



bernerzeitung.ch 23.09.2020

Schneggs offener Brief – und das politische Kalkül dahinter

Pierre Alain Schnegg verurteilt in einem persönlichen Schreiben die Klimademonstranten in drastischen Worten. Er macht sich damit aber selbst angreifbar.

Quentin Schlapbach

Zwei Emotionen dominieren aktuell Pierre Alain Schneggs Gefühlswelt: Empörung und Schock. Das geht aus einem offenen Brief hervor, mit dem sich der SVP-Mann am Mittwochmorgen in seiner Rolle als Regierungspräsident an die Berner Bevölkerung wandte.

«Ich bin empört und schockiert darüber, wie rücksichtslos sich Menschen gebärden, die gegen die Demokratie und den Rechtsstaat auf der Strasse aufmarschieren», schreibt Schnegg. Und: «Ich bin empört und schockiert darüber, dass die einen klaglos grosse Einschränkungen auf sich nehmen, während andere ein Minimum an Respekt vor einem geregelten Zusammenleben vermissen lassen.»

Der SVP-Gesundheitsdirektor reagiert damit vordergründig auf die Ereignisse auf dem Bundesplatz, welche die Stadt Bern – ja das gesamte Land – in den letzten 72 Stunden auf Trab hielten. Bereits am Montagabend drängte der Gesamtregierungsrat darauf, dass die städtische Regierung um Alec von Graffenried den Platz so schnell wie möglich räumen möge. Vor diesem Hintergrund überrascht Schneggs Reaktion nicht – wenn auch die Wortwahl für einen Regierungspräsidenten ungewohnt polarisierend wirkt.

Staatskanzlei spielt den Boten

Welches ein politische Kalkül hinter dem Schreiben steht, zeigt sich an der sonderbaren Art und Weise, wie das Schreiben in Umlauf geriet. Zuerst teilte Schnegg seinen offenen Brief ausschliesslich auf seinem Facebook- und Twitter-Profil. Eineinhalb Stunden später liess er das Schreiben aber auch über die offizielle Kommunikationsstelle des Kantons Bern, die Berner Staatskanzlei, an die Medien verschicken. Ausserdem nutzte Schnegg den offiziellen Briefkopf des Kantons Bern und erweckte so zusätzlich den Anschein, als handle er hier in Amt und Würden.

Bei der Staatskanzlei hiess es aber auf Anfrage, dass es sich bei dem offenen Brief keinesfalls um eine offizielle Mitteilung des Kantons handle. Es seien vielmehr Schneggs persönliche Worte, und diese dürften nicht als Haltung des gesamten Regierungsrats zur Klimademo verstanden werden. Dass die Staatskanzlei den Brief an die Medien weitergeleitet habe, sei mehr als «Service» zu verstehen.

Schnegg nutzte also die Staatskanzlei gezielt, um seiner persönlichen Botschaft mehr Gehör zu verschaffen. Wie die Medienstelle seiner Gesundheitsdirektion bestätigt, hatte Schnegg den Inhalt seines offenen Briefes auch nicht mit den anderen sechs Regierungsräten abgesprochen.

Wer handelt hier unsolidarisch?

Dass er in seinem Schreiben den Bogen von der Klimademo zu den Corona-Massnahmen schlägt, dürfte vor allem politisches Kalkül sein. Schnegg tönt in seinem Schreiben an, dass er in den nächsten Tagen die Schraube weiter anziehen will. Auf Donnerstag ist bereits eine Pressekonferenz angekündigt, wo er über die Corona-Lage im Kanton informieren will. «Trotz der Ereignisse auf dem Bundesplatz werden wir den Kampf gegen das Coronavirus weiterführen müssen», schreibt Schnegg, «Mir fällt es nicht leicht, der Berner Bevölkerung weitere Einschränkungen aufzuerlegen, auch wenn diese wahrscheinlich nötig sind.»

Auf Nachfrage konkretisiert die Berner Gesundheitsdirektion, um welche «weiteren Einschränkungen» es an der Regierungsratssitzung von Donnerstag gehen wird. Einerseits stehen zusätzliche Schutzmassnahmen für die Berner Bevölkerung zur Debatte, wie etwa die Maskenpflicht in Geschäften. Andererseits werde an der Sitzung auch generell über Veranstaltungen gesprochen.

Weil die Corona-Fallzahlen im Kanton Bern in den letzten zwei Wochen kontinuierlich angestiegen sind, stehen Menschenansammlungen plötzlich wieder generell infrage. Und dies, kurz bevor am 1. Oktober grössere Veranstaltungen eigentlich wieder möglich sein sollten. Die Schuld dafür den Klimademonstranten in die Schuhe zu schieben, ist – losgelöst davon, was man persönlich von der illegalen Aktion halten mag – mehr als fragwürdig. Nicht nur trugen die Demonstranten zu weiten Teilen Masken. Auch fand die Demo im Freien statt, wo die Infektionsgefahr erwiesenermassen gering ist.
(https://www.bernerzeitung.ch/schneggs-offener-brief-und-das-politische-kalkuel-dahinter-805201690804)
-> Offener Brief: Pierre Alain Schnegg: https://www.facebook.com/PASchnegg/posts/4700958076588602
-> https://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/184911/



Basler Zeitung 23.09.2020

Wegen Teilnahme an illegaler DemoSP-Grossrätin vor Gericht

Jessica Brandenburger hat einen Strafbefehl angefochten, in dem sie wegen Landfriedensbruch und mehrfacher Störung von Betrieben, die der Allgemeinheit dienen, verurteilt wurde.

Mischa Hauswirth

Im Grossen Rat sitzt sie für die SP und hat Vorstösse zur Demonstration während des Corona-Lockdown, für eine verbindliche Geschlechterkontrolle oder für eine Verbesserung der Hygieneartikel an den Schulen im Alter eingereicht. Am Donnerstag steht die 28-jährige Linkspolitikerin nun vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft hat sie zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt, weil sie am 3. März 2016 abends an einer unbewilligten Demonstration teilgenommen haben soll – das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, und es gilt wie für alle Beschuldigten die Unschuldsvermutung.

Die Staatsanwaltschaft hat anhand von Polizeirapporten und Videoaufnahmen die Vorfälle an jenem Abend beurteilt: Eine Gruppe von rund 200 Personen zog damals mit Bannern und Transparenten vom Kleinbasel Richtung Wettsteinbrücke. Der Grund der Demo war ein Einsatz für abgewiesene Asylbewerber. Dabei hatten die Demonstranten auch Matratzen dabei; laut Staatsanwaltschaft soll es sich dabei um einen Schutzschild gehandelt haben, um einen möglichen Gummischroteinsatz der Polizei abzuwehren.

«Der Staat mordet»

Am Kopf der Wettsteinbrücke stoppte dann eine Polizeikette die Demonstranten und erinnerte die Teilnehmer daran, dass sie sich an einer rechtswidrigen Handlung beteiligen. «Dessen ungeachtet verblieb die Beschuldigte im Demonstrationszug», heisst es. In der Folge begingen Personen, die sich unter den Demonstranten befanden, «mit vereinten Kräften Gewalttätigkeiten gegen Sachen». Gemeint ist, dass mit schwarzer und roter Farbe Slogans wie «Nieder mit dem Staat & seinen Grenzen», «Keine Ausschaffungen» oder «Der Staat mordet» unter anderem an die Umgebungsmauer beim Bürgerlichen Waisenhaus der Stadt Basel oder an die Fassade der Messehalle 1 geschmiert wurden.

Auch diese Sachbeschädigungen sollen Brandenburger, die damals Co-Präsidentin der Juso Basel-Stadt war, nicht dazu gebracht haben, sich von den Demonstranten und den Rechtsbrüchen zu entfernen. Es kam auch zu Gewalt gegen Polizisten: Einzelne Teilnehmer haben sich aus dem Demonstrationszug gelöst und gingen – hinter vorgehaltenen Schutzdecken, Matratzen und Transparenten – auf die Ordnungskräfte zu und warfen Bierflaschen und eine Knallpetarde. Ob sie tatsächlich mit diesen Taten in Verbindung gebracht werden kann, muss das Gericht beurteilen.

Die BaZ wollte von Jessica Brandenburger wissen, warum sie den Strafbefehl angefochten hat. Die Soziologin wollte nichts sagen und verwies an ihren Anwalt, den SP-Grossrat Christian von Wartburg. Dieser sagte: «Frau Brandenburger hat an keinem Landfriedensbruch teilgenommen und ist vollkommen unschuldig.»
(https://www.bazonline.ch/sp-grossraetin-vor-gericht-871700941081)


+++WEF
Das WEF 2021 findet möglicherweise auf dem Bürgenstock statt
https://www.tele1.ch/nachrichten/das-wef-2021-findet-moeglicherweise-auf-dem-buergenstock-statt-139252549


+++JUSTIZ
«Die Richter machen die Faust im Sack. Sie haben Angst»
Martin Burger war Zürcher Obergerichtspräsident – und überzeugtes SVP-Mitglied. Inzwischen ist er wegen der Druckversuche der Partei gegen ihre Richter ausgetreten. Und fordert ein Ende der politischen Kungeleien im Justizsystem.
https://www.republik.ch/2020/09/23/die-richter-haben-angst-martin-burger-oberrichter-interview-svp
-> https://www.blick.ch/politik/oberste-gesetzeshueter-sind-alarmiert-die-druckversuche-gegenueber-bundesrichtern-nehmen-zu-id16107689.html


+++ANTITERRORSTAAT
Räte einigen sich über verschärftes Terrorismus-Strafrecht
Im Kampf gegen den Terrorismus wird das Strafrecht verschärft. Der Ständerat hat am Mittwoch die letzten Differenzen ausgeräumt. Zuletzt ging es noch um die vorzeitige Informationsübermittlung und eine “Lex IKRK”.
https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2020/20200923094846881194158159041_bsd057.aspx


+++KNAST
Orientierungshilfe zum assistierten Suizid im Freiheitsentzug
Das Schweizerische Kompetenzzentrums für den Justizvollzug SKJV publiziert in Zusammenarbeit mit der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren KKJPD eine Orientierungshilfe zum Thema Suizidhilfe für die Institutionen des Freiheitsentzuges in der Schweiz. Grundsätzlich soll die Inanspruchnahme von Suizidhilfe im Gefängnis möglich sein. Die Detailregelungen sind jedoch Sache der Kantone.
Weiterführende Informationen und Unterlagen zum Thema finden Sie auf der Seite des SKJV.: https://www.skjv.ch/de/unsere-themen/assistierter-suizid
Medienmitteilung: https://www.skjv.ch/de/ueber-uns/medien
https://www.kkjpd.ch/newsreader/orientierungshilfe-zum-assistierten-suizid-im-freiheitsentzug.html
-> https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/justizdirektoren-empfehlen-auch-gefangene-sollen-beihilfe-zum-suizid-erhalten-139240757


+++BIG BROTHER
Bundesinnenministerium plant EU-Erklärung gegen Verschlüsselung
Seit 2016 arbeitet die EU an Möglichkeiten, um digitale Nachrichten zu entschlüsseln. Nach der Einrichtung einer Abteilung bei Europol werden jetzt die Internetfirmen zu mehr Zusammenarbeit gedrängt. Sie sollen Polizeien und Geheimdiensten entschlüsselte Daten aushändigen.
https://netzpolitik.org/2020/bundesinnenministerium-plant-eu-erklaerung-gegen-verschluesselung/#vorschaltbanner


+++POLIZEI BS
Als Zeugen geladen, als Beschuldigte gegangen: «Kaum Chancen auf fairen Prozess für Opfer von Polizei-Fehlverhalten»
In der Schweiz gibt es keine unabhängige Institution, bei der man sich über die Polizei beschweren kann. Obwohl das von der UNO empfohlen wird. Ein Basler Anwalt, dessen Mandantin ins Visier der Behörden geriet, als sie gegen sie klagte, fordert nun eine Beschwerdestelle.
https://www.20min.ch/story/kaum-chancen-auf-fairen-prozess-fuer-opfer-von-polizei-fehlverhalten-403816901182


+++POLIZEI DE
Kriminologe mahnt wissenschaftliche Polizei-Studie an
Die Diskussion um eine Rassismus-Studie in der Polizei weiter: Kriminologe Singelnstein mahnt eine wissenschaftliche Untersuchung an. Polizeiwissenschaftler Thomas Feltes stellt die Wirksamkeit von Anti-Rassismustrainings in der Ausbildung infrage.
https://www.migazin.de/2020/09/22/rassismus-kriminologe-mahnt-wissenschaftliche-polizei-studie-an


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Satiriker Patrick Frey über prominente Corona-Skeptiker: «Es sind alles Macho-Männer»
Patrick Frey hat Mühe damit zu verstehen, warum gleich mehrere seiner Komiker-Kollegen an Anti-Corona-Demos teilnehmen, erkennt aber ein Muster dahinter.
https://www.blick.ch/people-tv/schweiz/satiriker-patrick-frey-ueber-prominente-corona-skeptiker-es-sind-alles-macho-maenner-id16107524.html


Film zur Corona-Pandemie: «Wir waren alle zu stark von Angst geleitet»
Der ehemalige SRF-Moderator Reto Brennwald hat einen Dokumentarfilm zur Schweiz während der Corona-Krise gedreht. Er möchte, dass wir wieder mit weniger Angst in die Zukunft schauen.
https://www.20min.ch/story/wir-waren-alle-zu-stark-von-angst-geleitet-167742131182


Corona-Skeptiker – Woher kommt der Widerstand? – Club SRF
Die Bekämpfung des Coronavirus erfordert Massnahmen wie das Tragen von Masken oder das Annullieren von Reisen in Risikogebiete. Gegen die behördlichen Anordnungen gibt es Widerstand. Und gewisse Menschen hinterfragen generell die Gefährlichkeit des Virus. Wie soll man ihnen begegnen?
https://www.srf.ch/play/tv/club/video/corona-skeptiker-woher-kommt-der-widerstand?urn=urn:srf:video:f65200af-fd7a-49e5-9721-afa7a74cc38b
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/coronavirus-heisse-debatte-von-skeptikern-und-arzten-im-srf-club-65786407



tagesanzeiger.ch 23.09.2020

TV-Kritik SRF-«Club»: Legen die Behörden mit den Corona-Massnahmen einen «Angstteppich»?

Im «Club» kritisierten drei Corona-Skeptiker die geltenden Vorschriften. Doch auf die Frage, wie sie sich konkret in den Grundrechten eingeschränkt fühlten, gabs nur ausweichende Antworten.

Nik Walter

Es waren gerade mal etwa 500 Corona-Skeptiker, die am letzten Samstag in Zürich auf die Strasse gingen. Sie demonstrierten gegen die Maskenpflicht, gegen Reisebeschränkungen, eigentlich gegen alle Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus. Und sie schimpften auf die Behörden und die Medien, die falsch informierten. Aber eben: Es war ein kleines Grüppchen. Allerdings war die Demo mit den zwei Corona-kritischen Komikern Andreas Thiel und Marco Rima so gut inszeniert, dass die Medien breit darüber berichteten.

Da spielt es auch keine Rolle, dass der ganz grosse Teil der Bevölkerung wenig am Hut hat mit den Corona-Skeptikern. Im Gegenteil, es ist erstaunlich, wie gut und pragmatisch die meisten Menschen in der Schweiz mit der schwierigen Situation umgehen und wie sie die Massnahmen solidarisch mittragen.

Aber eben: Wer laut schreit, dem gebührt die Aufmerksamkeit, das weiss man. Und so überrascht es auch nicht, dass diese kleine Gruppe von Corona-Skeptikern im SRF-«Club» eine grosse Bühne erhielt. Zum Thema «Corona-Skeptiker – woher kommt der Widerstand?» durften am Dienstagabend ein Männerarzt (Marco Caimi aus Basel), ein ETH-Informatikprofessor (Anton Gunzinger) und ein ehemaliger SRF-Journalist (Reto Brennwald) ihre Beweggründe darlegen, warum sie die Massnahmen der Behörden scharf kritisierten.

Heterogene Argumentationen der Skeptiker

So heterogen, wie sich das Grüppchen der Corona-Skeptiker zusammensetzt – dazu zählen unter anderen Esoteriker, Impfgegner, vom Lockdown Betroffene und Rechtskonservative –, so unterschiedlich waren auch die Argumentationen der drei Skeptiker in der Fernsehrunde. Marco Caimi sprach von einem «Angstteppich», den die Behörden legten, die Masken seien unwirksam und vor allem ein «Herrschaftsinstrument der Behörden», das die Menschen verunsichere. Anton Gunzinger bemängelte den unseriösen Umgang mit Statistiken und forderte von den Kantonen eigene Studien beispielsweise zur Wirkung von Masken in Läden. Und Reto Brennwald geisselte, etwas schwammig, die Verhältnismässigkeit der Massnahmen und rief dazu auf, Menschen, die Corona-Massnahmen hinterfragen, nicht auszugrenzen.

Apropos Brennwald: Bei dem ehemaligen «Rundschau»-Moderator hatte man immer das Gefühl, er wolle die Diskussionsleitung an sich reissen. Moderatorin Babara Lüthi liess ihn allerdings immer wieder auflaufen. Sie hatte die Runde souverän im Griff. Auch als sie fast schon penetrant nachhakte, wie sich die Skeptiker denn in ihren Grundrechten konkret beschnitten fühlten. Die Antworten waren ausweichend (Gunzinger: «Da habe ich Schwierigkeiten zu antworten»), mittlerweile überholt (Brennwald fühlt sich eingeschränkt, wenn er seine Angehörigen in Pflegeheimen nicht besuchen kann, doch das war nur während der Lockdown-Phase der Fall) oder vage (Caimi erwähnte unter anderem die eingeschränkte Reisefreiheit).

Immer wieder sagten die Skeptiker, dass die Massnahmen derzeit völlig übertrieben seien, denn die aktuellen Zahlen seien sehr niedrig, die Belegung der Spitäler auf sehr tiefem Niveau. Das habe eben mit dem ganzen Bündel an Massnahmen zu tun, welche helfen, die Verbreitung des Virus einzudämmen, erwiderte der Infektiologe Nicolas Müller vom Universitätsspital Zürich, der wohltuend sachlich aus der Perspektive des Klinikers mitdiskutierte. Als Gunzinger einmal fragte: «Ist Leben erhalten um jeden Preis wirklich das, was wir wollen? Auf irgendeine Art müssen wir doch alle sterben», antwortete Müller nur: «Das ist sehr zynisch.» Viele Patienten auf der Intensivstation seien erst zwischen 50 und 65 Jahre alt.

Die Seite der Behörden vertrat der Basler Regierungsrat Lukas Engelberger (CVP), der auch die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren präsidiert. Er verteidigte die getroffenen Massnahmen eloquent und stringent. Es gehe in erster Linie darum, dass wir mit möglichst wenigen Toten und möglichst geringen wirtschaftlichen Schäden durch den Winter kommen und dass wir vor allem einen zweiten Lockdown vermeiden können. In der Schweiz fahre man eine sehr milde Politik, von diktatorischen Massnahmen könne keine Rede sein. Mit solchen Aussagen ist Engelberger wohl viel näher bei der breiten Bevölkerung als die drei Skeptiker.

Für die grösste Aufregung in der Runde sorgte die SRF-Deutschlandkorrespondentin Bettina Ramseier, die gegen Ende der Sendung zugeschaltet wurde und von ihren beklemmenden Erfahrungen mit Rechtsradikalen während der Anti-Corona-Demo in Berlin berichtete. Gunzinger und Caimi waren empört über die Einspielung, das habe mit den Schweizer Verhältnissen ja gar nichts zu tun. Der Ärger flaute rasch wieder ab, Caimi durfte noch einen letzten Seitenhieb gegen seinen Gesundheitsdirektor Engelberger loswerden, dann war Schluss.

Was bleibt? Der Dialog ist offenbar schwierig, das zeigen nicht zuletzt die Reaktionen in den sozialen Medien. Und auch die eingangs von Barbara Lüthi gestellte Frage – Wie begegnet man Menschen, die Widerstand gegen die behördlichen Massnahmen leisten oder selbst die Gefährlichkeit des Virus anzweifeln? – konnte der «Club» nicht wirklich beantworten.
(https://www.tagesanzeiger.ch/legen-die-behoerden-mit-den-corona-massnahmen-einen-angstteppich-583669655769 )



Mimikama: Er weiß, wer lügt
Vor neun Jahren tappte Thomas Wannenmacher in eine Gewinnspielfalle. Seitdem deckt er mit seinem Verein Mimikama selbst Betrug und
https://www.zeit.de/2020/23/mimikama-thomas-wannenmacher-gewinnspiele-betrug-verein-coronavirus/komplettansicht



landbote.ch 23.09.2020

Corona-Verstoss in Winterthur: Vegan-Supermarkt pfeift auf Masken – und muss den Laden dicht machen

Die Gesundheitsdirektion hat gegen das «Tofulino» in der Winterthurer Altstadt die Schliessung verfügt.

Mirko Plüss

«Heute Morgen hat mir die Polizei aufgrund unseres Ungehorsams den Laden geschlossen.» Das schreibt Monika Akeret auf der Website ihres Vegan-Supermarkts Tofulino in der Winterthurer Altstadt. Weiter heisst es in kämpferischem Ton: «Ich werde mich den Forderungen nicht beugen. Bleibt stark – wir bleiben es auch!»

Die Stadtpolizei war indes nur die Überbringerin der Nachricht, wie sie auf Anfrage mitteilt. Erlassen hat die «superprovisorische Schliessungs-Verfügung» die Zürcher Gesundheitsdirektion.

Offenbar hat man im Laden die Maskenpflicht von Anfang an nicht umgesetzt. Auf Anfrage sagt die Ladeninhaberin Monika Akeret, dass mehrmals Kontrollen durchgeführt wurden. Man habe ihr unter anderem einen grösseren Spuckschutz vorgeschlagen, was sie als «unverhältnismässigen Blödsinn» aber ebenfalls abgelehnt habe. Akeret ist auch Vorstandsmitglied von Swissveg, der Interessensvertretung vegetarisch und vegan lebender Menschen in der Schweiz, die in Winterthur-Wülflingen domiziliert ist.

Kanton erhielt Hinweis

Die Gesundheitsdirektion schreibt auf Anfrage, dass der Kantonsärztliche Dienst am 22. September den Hinweis erhielt, dass im Verkaufslokal Tofulino keine Schutzmasken getragen werden. «Bei einer Polizeikontrolle wurde festgestellt, dass weder das Verkaufspersonal noch die Kunden Schutzmasken tragen.»

Aus diesem Grund habe die Gesundheitsdirektion mit sofortiger Wirkung verfügt, dass das Geschäft geschlossen wird, mindestens bis am 3. Oktober. Der Ladeninhaberin werde die Frist bis dahin eingeräumt, «um zum Schliessungsentscheid Stellung zu beziehen und ein wirksames Schutzkonzept, einschliesslich Einhaltung und Umsetzung der Maskentragepflicht im Verkaufsgeschäft, vorzulegen».

«Skeptiker»-Video im Netz

Die Inhaberin selber hatte die Sache allerdings schon vergangene Woche öffentlich gemacht. Der als Corona-Skeptiker medial bekannt gewordene Daniel Stricker besuchte den Laden, interviewte die Inhaberin und stellte das Video am letzten Freitag online.

Monika Akeret sagt darin freiheraus, dass sie sich in ihrem Laden um die Maskenpflicht foutiere. «Wir leben vom persönlichen Kontakt, da kann und will ich nicht mit einer Maske hinstehen.» Zudem lebe sie seit Jahren, auch aus gesundheitlichen Gründen, vegan. Sie sei deshalb nicht bereit stundenlang ihr «eigenes CO₂» einzuatmen und damit die Lungenfunktion «hinunterzuschrauben».

Mitarbeiterinnen mit Attest

Akeret hält auf Anfrage fest, dass sie niemals ihre Kunden dazu aufgefordert habe, keine Masken zu tragen. «Bei mir herrscht einfach keine Pflicht, ich glaube an die Eigenverantwortung der Menschen.» Die übrigen Mitarbeiterinnen, die ebenfalls keine Maske trugen, verfügten wie sie selber über ein ärztliches Attest. «Ich habe mir nun Anwälte genommen und hoffe, dass ich den Laden bald wieder öffnen kann.»

Akeret behauptet auf Anfrage, ihr sei mit einer Verhaftung gedroht worden, wenn sie den Laden nicht sofort schliesse. Doch soweit wollte sie es nicht kommen lassen, da es im Gefängnis «wohl kein veganes Essen» gebe.
(https://www.landbote.ch/vegan-supermarkt-pfeift-auf-masken-und-muss-den-laden-dichtmachen-333472506951)
-> Interview1 auf StrickerTV: https://youtu.be/mU8uunEkWKo
-> Interview2: https://youtu.be/3rD-34p8khg
-> https://www.toponline.ch/news/winterthur/detail/news/schutzmaskenpflicht-missachtet-winterthurer-vegan-supermarkt-geschlossen-00142310/


+++HISTORY
Schokolademuseum: Ohne Sklaverei keine Schoggi
Mit grossem Brimborium hat die Schokoladefabrik Lindt ihr protziges «Home of Chocolate» in Kilchberg eingeweiht. Doch im Sklavereitest fällt das Schoggimuseum durch.
https://www.woz.ch/2039/schokolademuseum/ohne-sklaverei-keine-schoggi