Medienspiegel 21. September 2020

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++BERN
Motion SP/EVP/AL: Evakuieren jetzt! Geflüchtete aus Griechenland brauchen unseren Schutz
https://www.gr.be.ch/gr/de/index/geschaefte/geschaefte/suche/geschaeft.gid-cf6643630d414dcf9ba7471dffa8fdc3.html


++APPENZELL
Baubewilligung erteilt: Die Umnutzung des Sonneblick in Walzenhausen schreitet Monate nach dem Bundesgerichtsentscheid endlich voran
In einer Medienmitteilung informiert der Gemeinderat von Walzenhausen über den Stand der Dinge beim geplanten Asylzentrum im «Sonneblick». Rund vier Monate nach dem Bundesgerichtsentscheid hat die kommunale Behörde die Baubewilligung erteilt.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/appenzellerland/baubewilligung-erteilt-die-umnutzung-des-sonneblick-in-walzenhausen-schreitet-monate-nach-dem-bundesgerichtsentscheid-endlich-voran-ld.1259671


+++ZÜRICH
tagesanzeiger.ch 21.09.2020

Warten auf ein Ja aus Bundesbern: Zürcher Kirchen wären bereit für Flüchtlinge aus Lesbos

Die katholische Kirche hat 40 Betten für Flüchtlinge aus Moria bereitgestellt. Auch die Stadt Zürich will Flüchtinge aufnehmen. Doch ihnen sind die Hände gebunden.

Michael Meier

Bereits am 15. September hatte die katholische Kantonalkirche Zürich in einem Appell die kantonalen und eidgenössischen Behörden aufgerufen, ein Kontingent der in Moria obdachlos gewordenen Flüchtlinge aufzunehmen. Die Kirche verpflichtete sich ihrerseits, «umgehend Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge zu finden und die Behörden bei der Versorgung und Begleitung der Flüchtlinge zu unterstützen». Eine klare Antwort aus Bern ist bisher ausgeblieben.

Synodalratspräsidentin Franziska Driessen-Reding nahm alsbald Kontakt zu Regierungsrat Mario Fehr und zur reformierten Kantonalkirche Zürich auf. Diese stützt sich auf eine Resolution der Evangelischen Kirche Schweiz und ihren Appell an die offizielle Schweiz, Flüchtlinge aufzunehmen. «Als Kirche sind wir bereit, die Menschen zu empfangen und ihnen bei der erfolgreichen Integration zu helfen.»

40 Betten stehen bereit

Die katholische Seite wäre jetzt schon bereit, Wohnraum anzubieten. «Bis jetzt können wir 40 Betten zur Verfügung stellen, in der Pfarrei Effretikon und in einer Liegenschaft der Pfarrei Seebach», sagt Franziska Driessen. Und fügt hinzu: «Bei mir zu Hause wäre auch noch Platz.» Für die Synodalratspräsidentin ist klar, dass die aufgenommenen Flüchtlinge auch betreut werden müssten, beispielsweise durch Seelsorgerinnen und Seelsorger.

Er freue sich über das Engagement der Kirchen im Kanton Zürich, sagt der Vorsteher der Sicherheitsdirektion Mario Fehr auf Anfrage . Der Kanton sei selbstverständlich bereit, sich an den Programmen des Bundes zu beteiligen. «Dieser hat seinen Beitrag zur Bewältigung der Krise zu leisten; er entscheidet in erster Linie über eine Aufnahme.»

Auch für Stadtrat Raphael Golta wäre das Angebot der Kirchen sehr willkommen, sagt seine Sprecherin Heike Isselhorst. Sie bekräftigt, dass die Stadt Zürich mit sieben weiteren grossen Schweizer Städten bereit sei, Flüchtlinge aufzunehmen – im Sinne eines humanitären Notfalls und ausserhalb der bestehenden Programme. «Die Kapazitäten und Strukturen sind da, die Städte wollen sich engagieren.» Sie erinnert an die erfolgreiche Aufnahme von 800 Flüchtlingen im Jahr 2015. Die Flüchtlinge würden zunächst in Kollektivunterkünften und dann auf dem ganz normalen Wohnungsmarkt untergebracht. Aber eben: «Jetzt ists am Bund zu handeln», sagt Isselhorst, «der Ball liegt bei Bundesrätin Karin Keller-Sutter.»

Angebot läuft ins Leere

Für Franziska Driessen ist es schlicht ein Hohn, dass der Bundesrat sich bisher nur dazu durchringen konnte, 20 minderjährige Flüchtlinge aus Moria aufzunehmen. Sie hatte in der Sache auch an Bischof Felix Gmür, den Präsidenten der Schweizer Bischofskonferenz, geschrieben, ohne eine Antwort zu erhalten. In einem am Freitag lancierten Appell begrüssen die Bischöfe die beabsichtigte Aufnahme von 20 Jugendlichen. Sonst aber stellen sie keine Forderungen an den Bundesrat. Stattdessen rufen sie kirchliche Einrichtungen auf, «die Aufnahme von Geflüchteten aus Moria zu prüfen und nach ihren Möglichkeiten Unterkunft und Begleitung anzubieten». Nur laufen solche Angebote ins Leere, wenn der Bund nicht grünes Licht dazu gibt.
(https://www.tagesanzeiger.ch/zuercher-kirchen-waeren-bereit-fuer-fluechtlinge-aus-lesbos-601645510835)



landbote.ch 21.09.2020

Nach Brand in Flüchtlingslager: Mitte-Links-Allianz fordert: Winterthur soll Flüchtlinge aus Moria aufnehmen

Der Stadtrat soll sich «aktiv einsetzen», rasch Flüchtlinge aus Lesbos aufzunehmen, fordert eine Mehrheit im Gemeinderat, von AL bis GLP. Die SVP warnt vor einem Sog-Effekt.

Michael Graf

Die Bilder des abgebrannten Flüchtlingslagers auf der griechischen Insel Lesbos bewegen auch in Winterthur. Gleich fünf Fraktionserklärungen zum Thema gab es am Montagabend im Grossen Gemeinderat. «Niemand kann verneinen, dass sich vor unseren Augen eine humanitäre Katastrophe abspielt», sagte Pia Schoch (SP) und forderte, dass der Stadtrat sich aktiv einsetze, rasch Geflüchtete aus dem Lager Moria auch in Winterthur aufzunehmen. Sie sagt: «Die Schweiz hat Geld und die Schweiz hat Kapazität. Also los.»

Ähnlich tönt es auch bei der EVP. «Es ist Zeit zum Handeln», betonte auch Franziska Kramer-Schwob von der EVP. «Zusammen mit der Zivilbevölkerung schaffen wir das.» GLP und Grüne/AL-Fraktion forderten das gleiche.

Bürgerliche fürchten sich von Nachahmern

Markus Reinhard (SVP) hielt dagegen, dass dies einen Sog-Effekt erzeugen würde. «Andere Flüchtlinge würden ermutigt, ebenfalls ihre Lager in Brand zu setzen, um so nach Festland-Europa zu gelangen.» Wegen des Corona-bedingten Wirtschaftseinbruchs kämen zudem schwere Zeiten auf die Schweiz zu. «Da sind wir in erster Linie der eigenen Bevölkerung verpflichtet.»

Laut Sozialvorsteher Nicolas Galladé (SP) hat sich Winterthur zusammen mit sieben anderen Städten bereits im Juni bereit erklärt, Flüchtlinge aus griechischen Camps aufzunehmen. Die Gespräche mit dem Bund seien kompliziert. Aber: «In den letzten zwei Wochen haben wir die Bemühungen intensiviert.»
(https://www.landbote.ch/mitte-links-allianz-fordert-winterthur-soll-fluechtlinge-aus-moria-aufnehmen-749181944814)


+++DEUTSCHLAND
Die “Brandstifter von Moria” oder wie ein Feindbild konstruiert wird
Es sind nicht nur Ultrarechte, sondern auch die sogenannte Mitte, die sich daran beteiligt. Die EU-Staaten profitieren davon
https://www.heise.de/tp/features/Die-Brandstifter-von-Moria-oder-wie-ein-Feindbild-konstruiert-wird-4906407.html


+++GRIECHENLAND
Die Angst, vergessen zu werden: Täglich melden sich unbegleitete Minderjährige bei den Hilfswerken auf Lesbos
Rund 400 unbegleitete Minderjährige aus Lesbos wurden bisher auf dem griechischen Festland untergebracht. Immer mehr Kinder, die bisher nirgends registriert waren, melden sich nun bei Hilfsorganisationen. Sie haben Angst, ihre Chance auf ein besseres Leben zu verpassen.
https://www.nzz.ch/international/lesbos-unbegleitete-kinder-haben-angst-vergessen-zu-werden-ld.1577474


Auf Lesbos kehrt offenbar Ruhe ein
10.000 obdachlos gewordene Flüchtlinge wurden im neuen Lager Kara Tepe untergebracht. Wer positiv auf Covid-19 getestet wurde, ist in Quarantäne
https://www.derstandard.at/story/2000120152229/auf-lesbos-kehrt-offenbar-ruhe-ein?ref=rss
-> https://www.jungewelt.de/artikel/387277.mehr-als-240-coronaf%C3%A4lle-in-%C3%BCbergangslager-auf-lesbos.html
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1142094.polizeigewalt-polizist-droht-mit-waffeneinsatz.html


Feuer im Flüchtlingslager auf Samos – Brand unter Kontrolle
Im Flüchtlingslager Vathy auf der griechischen Insel Samos ist am Sonntagabend aus bisher unbekannten Gründen ein Feuer ausgebrochen.
https://www.nau.ch/news/europa/feuer-im-fluchtlingslager-auf-samos-brand-unter-kontrolle-65785527
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1142064.eu-fluechtlingspolitik-feuer-in-fluechtlingslager-auf-griechischer-insel-samos.html


+++MITTELMEER
Ärzte ohne Grenzen kritisiert Missachtung internationalen Seerechts nach Festsetzung von „Sea-Watch 4“ – Forderung nach Umdenken in neuem EU-Migrationspakt
Ärzte ohne Grenzen kritisiert nach der Festsetzung der „Sea-Watch 4“ die Missachtung internationalen Seerechts durch die italienischen Behörden. Das Seenotrettungsschiff war am Wochenende im Hafen von Palermo als inzwischen fünftes von Nichtregierungsorganisationen betriebenes Schiff innerhalb weniger Monate aus dem Verkehr gezogen worden. Für den neuen EU-Migrationspakt, der am kommenden Mittwoch auf den Weg gebracht werden soll, fordert Ärzte ohne Grenzen eine Abkehr von der unmenschlichen Politik an den EU-Außengrenzen und eine Entkriminalisierung der zivilgesellschaftlichen Seenotrettung.
https://www.aerzte-ohne-grenzen.de/presse/seenotrettung-seawatch4-missachtung-internationales-seerecht


Bedford-Strohm: Festsetzung Sea-Watch 4 ein “Akt der Willkür”
Die italienischen Behörden haben das Seenotrettungsschiff Sea-Watch 4 im Hafen von Palermo festgesetzt. Nun reagiert der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm und kritisiert, die Rettung von Menschen aus Seenot solle so verhindert werden.
https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/bedford-strohm-festsetzung-sea-watch-4-ein-akt-der-willkuer,SBDwJiY


+++JENISCHE/SINTI/ROMA
Wölflistrasse: Halteplatz für Fahrende bleibt vorerst bestehen
Der Gemeinderat heisst das Gesuch des Kantons gut, den provisorischen Durchgangsplatz für Fahrende an der Wölflistrasse in Bern – je nach Bedarf – bis 2023 oder 2024 nutzen zu können. Der Kanton Bern ist bis zur Realisierung neuer Halteplätze auf provisorische Halteplätze angewiesen. Aufgrund der bisherigen, positiven Erfahrungen mit dem Betrieb des Durchgangsplatzes ist die Stadt bereit, diesen Halteplatz weiterhin im bisherigen Rahmen zur Verfügung zu stellen. Die BERNEXPO AG als Mieterin des Geländes hat sich ebenfalls bereit erklärt, die Parzelle erneut zur Nutzung zu überlassen.
https://www.bern.ch/mediencenter/medienmitteilungen/aktuell_ptk/woelflistrasse-halteplatz-fuer-fahrende-bleibt-vorerst-bestehen


+++GASSE
Um Kosten zu sparen: Stadt will gemeinsame Notschlafstelle für Männer und Frauen
Obwohl bekannt ist, dass Frauen in der Notschlafstelle an der Alemannengasse belästigt wurden, will das Wirtschafts- und Sozialdepartement trotzdem eine gemischte Stelle.
https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/um-kosten-zu-sparen-stadt-will-gemeinsame-notschlafstelle-fuer-maenner-und-frauen-139214826


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Nationalrat tritt demokratische Grundrechte und Recht auf Leben von Menschen im Globalen Süden mit Füssen
Der Nationalrat entschied heute Abend, die Stadt Bern anzuweisen, das Klimacamp der breit abgestützten Klimabewegung ohne Verhandlungsspielraum aufzulösen. Ruhe, Ordnung und ein hindernisfreier Gang über den Bundesplatz scheint für die nationale Politik offenbar wichtiger zu sein als ein Recht auf Leben und eine sichere Zukunft. Damit macht sich der Nationalrat zum Handlanger der Öllobby, der Banken und der Rohstoffkonzerne und damit mitschuldig am Mord und Leid von Milliarden von Menschen. Die Klimabewegung fordert einen sofortigen Systemwandel.
https://mailchi.mp/climatestrike/nationalrat-tritt-demokratische-grundrechte-und-recht-auf-leben-von-menschen-im-globalen-sden-mit-fssen


Die Klimajugend ist wieder da – auf dem Bundesplatz und im Film
Nach einer “Corona-Pause” halten junge Aktivistinnen und Aktivisten seit Montagmorgen in Bern mit einem Zelt-Camp den Bundesplatz besetzt. Gleichzeitig wirft ein neuer ein Schlaglicht auf die Bewegung. In “Plus chauds que le climat” (Wärmer als das Klima) nehmen die Autoren Adrien Bordone und Bastien Bösiger fünf jungen Engagierten den Puls.
https://www.swissinfo.ch/ger/die-klimajugend-ist-wieder-da—auf-dem-bundesplatz-und-im-film/46047534


KLIMABESETZUNG BUNDESPLATZ:
-> https://www.bernerzeitung.ch/hunderte-klimaaktivisten-besetzen-den-bundesplatz-275951361081
-> https://www.derbund.ch/klimaaktivisten-blockieren-den-bundesplatz-238563089391
-> https://www.derbund.ch/klimaaktivisten-besetzen-den-bundesplatz-181669712634
-> https://www.bernerzeitung.ch/eigentlich-duerfen-hier-keine-demonstrationen-stattfinden-461234136713
-> https://www.20min.ch/video/aktionswoche-vor-dem-bundeshaus-418674611910
-> https://www.20min.ch/story/klimaaktivisten-blockieren-den-bundesplatz-794854040816
-> https://rabe.ch/2020/09/21/klimaaktivisten-besetzen-bundesplatz/
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/klimaaktivisten-besetzen-den-bundesplatz?id=11843763
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/berner-bundesplatz-besetzt-wie-lange-noch?id=11844135
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/protest-auf-dem-bundesplatz-berner-stadtpraesident-damit-haben-wir-nicht-gerechnet
-> Rendez-vous: https://www.srf.ch/play/radio/rendez-vous/audio/der-bundesplatz-in-haenden-der-klimajugend?id=e87b4bd8-7410-4ec0-a12d-7f53d3367a68
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/protestaktion-in-bern-klimaaktivisten-vor-dem-bundeshaus-wollen-die-ganze-woche-bleiben
-> https://www.watson.ch/schweiz/klima/929205954-bern-klima-aktivisten-besetzen-bundesplatz-und-bauen-protestcamp-auf
-> https://www.watson.ch/schweiz/klima/492472619-bundesplatz-besetzung-die-gesichter-des-protest-camps
-> https://www.nau.ch/news/videos/auf-bundesplatz-klima-aktivisten-sollen-fur-morgigen-markt-weichen-65785812
-> https://www.nau.ch/news/videos/auf-bundesplatz-klima-aktivisten-sollen-fur-morgigen-markt-weichen-65785812
-> https://www.blick.ch/politik/protest-gegen-politik-klimabewegung-besetzt-bundesplatz-in-bern-id16103688.html
-> https://www.blick.ch/news/schweiz/bern/stadtpraesident-von-alec-graffenried-sofortiges-eingreifen-ist-im-moment-nicht-noetig-id16104391.html
-> https://www.blick.ch/news/schweiz/blick-tv-auf-dem-paradeplatz-das-fordern-die-klimaaktivisten-id16104372.html
-> https://www.blick.ch/news/linksradikale-und-extremisten-werben-um-die-klimajugend-wird-der-klima-kampf-jetzt-militant-id15539491.html
-> https://www.blick.ch/news/der-fokus-am-mittag-trotz-verbot-klimabewegung-kapert-bundesplatz-id16104362.html
-> https://www.nzz.ch/schweiz/klimaaktivisten-besetzen-den-bundesplatz-in-bern-ld.1577634
-> https://twitter.com/klimastreik
-> https://twitter.com/klinglergeorg
-> https://twitter.com/andreas_glarner/status/1307941750586126336
-> https://twitter.com/cwasi/status/1307956923149545472
-> https://twitter.com/cwasi/status/1308010362730688512
-> https://twitter.com/Megafon_RS_Bern
-> https://www.derbund.ch/klimaaktivisten-besetzen-den-bundesplatz-181669712634
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/aktion-auf-dem-bundesplatz-jetzt-reagiert-das-parlament-es-will-eine-raeumung
-> https://www.tagesanzeiger.ch/bundesversammlung-fordert-raeumung-des-protestcamps-526141347904
-> https://www.greenpeace.ch/de/medienmitteilung/58640/der-aufstand-der-klimabewegung-ist-notwendig
-> https://www.bernerzeitung.ch/bundesversammlung-fordert-raeumung-des-protestcamps-526141347904
-> https://www.tagesanzeiger.ch/volksinitiative-lancieren-statt-protestieren-283844197531
-> https://www.srf.ch/audio/regionaljournal-bern-freiburg-wallis/der-schrebergarten-ein-gruener-fleck-glueck?id=11844324
-> https://www.20min.ch/story/was-bringt-die-neue-strategie-der-klimastreiker-487683558266
-> https://www.watson.ch/schweiz/bern/784211851-inside-klima-camp-ein-blick-in-das-zeltdorf-auf-dem-bundesplatz
-> https://www.watson.ch/schweiz/klima/447032326-bundesplatz-klimademo-parlament-will-keine-stoerung
-> https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/klimademo-eklat-svp-will-bern-den-bundesplatz-wegnehmen-65786138
-> https://www.blick.ch/politik/wegen-nichtstun-gegen-die-klima-demo-fordert-svp-nehmt-der-stadt-bern-den-bundesplatz-weg-id16105208.html
-> https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/fdpler-attackiert-berns-stapi-wegen-illegaler-klima-demo-65786074
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/credit-suisse-weist-vorwurfe-der-klima-jugend-zuruck-65786117
-> https://www.blick.ch/politik/klimastreik-auf-dem-bundesplatz-linke-wollen-demoverbot-abschaffen-id16104648.html
-> Echo der Zeit: https://www.srf.ch/play/radio/echo-der-zeit/audio/protestcamp-soll-geraeumt-werden?id=e8329f33-6bdc-41f2-8644-671078d4e517
-> Die Bünzlisicht von StrickerTV: https://www.youtube.com/watch?v=DmVTVeiUlGA
-> https://www.toponline.ch/news/schweiz/detail/news/klima-protest-vor-bundeshaus-raete-machen-druck-stadt-verhandelt-00142137/
-> https://www.tele1.ch/nachrichten/klima-aktivisten-machen-einen-sitzstreik-auf-dem-bundesplatz-139228475
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/klima-camp-auf-bundesplatz-aktivisten-wollen-eine-woche-bleiben-139227606
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/das-sagt-sicherheitsdirektor-nause-zum-illegalen-klima-camp-139227624
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/vorerst-geduldet-klimaaktivisten-besetzen-bundesplatz-139228195
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/vorerst-geduldet-klimaaktivisten-besetzen-bundesplatz-139228195
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/die-klimajugend-hat-erstmals-eine-schwelle-ueberschritten-139228234
-> https://www.telem1.ch/aktuell/ohne-bewilligung-klimaaktivisten-besetzen-den-bundesplatz-in-bern-139228211
-> https://www.tvo-online.ch/aktuell/protest-klimademonstration-vor-bundeshaus-139227720->
-> https://telebasel.ch/2020/09/21/klimaaktivisten-wollen-voruebergehend-platz-den-maerit-machen/?utm_source=lead&utm_medium=grid&utm_campaign=pos%201&channel=105105
-> https://www.bern.ch/mediencenter/medienmitteilungen/aktuell_ptk/klimastreik-auf-dem-bundesplatz-regelung-ausstehend
-> https://www.bern.ch/mediencenter/medienmitteilungen/aktuell_ptk/klimastreik-gemeinderat-bietet-waisenhausplatz-an
-> https://www.20min.ch/story/klimaaktivisten-blockieren-den-bundesplatz-794854040816
-> https://www.derbund.ch/klimaaktivisten-besetzen-den-bundesplatz-181669712634
-> https://www.bernerzeitung.ch/bundesversammlung-fordert-raeumung-des-protestcamps-526141347904
-> https://www.bern.ch/mediencenter/medienmitteilungen/aktuell_ptk/klimastreik-gemeinderat-bietet-waisenhausplatz-an
-> https://www.watson.ch/!613724334
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/klimaaktivisten-protestcamp-auf-dem-bundeshausplatz?urn=urn:srf:video:6c876cc6-c094-4b39-8756-4abdf5bdd354
-> https://www.toponline.ch/news/schweiz/detail/news/stadt-bern-stellt-klima-aktivisten-ein-ultimatum-bis-dienstagmittag-00142184/
-> https://www.toponline.ch/news/schweiz/detail/news/klima-protest-vor-bundeshaus-raete-machen-druck-stadt-verhandelt-00142137/
-> https://www.nzz.ch/schweiz/bern-klimaaktivisten-besetzen-bundesplatz-ld.1577634
-> https://www.tagblatt.ch/schweiz/eine-besetzung-in-grun-ld.1259760
-> https://gbbern.ch/blog/news/gruenes-buendnis-solidarisiert-sich-mit-dem-riseupforchange-protest-auf-dem-bundesplatz
-> https://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/184876/
-> https://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/184873/
-> https://www.blick.ch/politik/protest-gegen-politik-klimabewegung-besetzt-bundesplatz-in-bern-id16103688.html



derbund.ch 21.09.2020

Klimaaktivisten greifen das Zentrum der Macht an

Demonstranten haben am Montag den Platz vor dem Bundeshaus illegal besetzt, weil die Politik beim Klimaschutz versage. Parlamentarier reagieren gereizt bis erbost – nur die Grünen zeigen viel Verständnis.

Fabian Fellmann, Stefan Häne

Wir haben ein Problem, sagt der Berner Stadtpräsident Alec von Graffenried am Montagmorgen auf dem Bundesplatz. Anstelle der gewohnten bundesstädtischen Beschaulichkeit herrscht vor dem Parlamentsgebäude buntes Treiben. Einige Hundert Klimaschützer haben kurz vor 5 Uhr den Platz mit Strohballen ummauert, Zelte aufgebaut, Transparente ausgerollt und Kompost-WCs aufgestellt.

Sie sind entschlossen, eine Woche lang draussen auf dem harten Steinplatz auszuharren, weil die dort drinnen im Bundeshaus auf ihren weichen Sesseln beim Klimaschutz nicht schnell genug handelten. Die Demonstration ist eine Provokation der Institutionen. Während der Parlamentssessionen sind Kundgebungen auf dem Bundesplatz verboten. Das ist unangenehm für von Graffenried, denn der Politiker der Grünen Freien Liste regiert die Stadt, die dieses Recht durchsetzen muss, eine linksgrüne Stadt im Wahlkampfmodus, weil in zwei Monaten Parlament und Regierung neu bestellt werden.

«Das ist Amtsmissbrauch»

Nun werfen Bürgerliche von Graffenried vor, linksgrüne Demonstranten gewähren zu lassen. Der erboste Zürcher FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann schimpft vor laufenden Kameras: «Dich sollte man büssen. Was du da machst, ist Amtsmissbrauch.» Und die Präsidien von National- und Ständerat fordern die Stadt Bern per Brief auf, «schnellstmöglich für die Einhaltung der geltenden Rechtsbestimmungen zu sorgen».

Parlamentarier äussern sich zu Besetzung von Bundesplatz
Video: Keystone-SDA
https://unityvideo.appuser.ch/video/uv430498h.mp4

Friedfertiger geht es bei den Demonstranten zu und her. Sie sehen ihre Aktion als Fortsetzung der Klimastreiks, doch ist das Durchschnittsalter markant gestiegen. Statt Schüler prägen jetzt Aktivisten zwischen 20 und 30 das Bild, ergrauende und ergraute Häupter sind zahlreich. Isabelle und Pascal Veillon aus Lausanne, 75 und 81, engagieren sich bei den Grosseltern fürs Klima. «Man hört uns nicht zu, legale Aktionen funktionieren nicht», sagen sie. Den zivilen Ungehorsam überliessen sie dann aber doch den Jüngeren.

Zu ihnen gehört Sozialarbeiterin Pauline Priolet aus Lausanne. «Wir müssen radikale Massnahmen ergreifen», sagt die 28-Jährige, während sie die Gitarre weglegt. Die Bewegung habe sich der Gewaltlosigkeit verschrieben, betont sie. Für den zivilen Ungehorsam lägen Ketten und Schlösser bereit, um sich auf ein Signal hin anzuketten.

Durchorganisierte Aktion

Die Aktion ist straff durchgeplant. Am Sonntag reisten die Aktivisten nach Bern ins Zeltcamp. Nur wenige wissen bis zum Weckruf um 4 Uhr, dass die Aktion auf dem Bundesplatz steigt, erzählen mehrere Teilnehmerinnen. Ziel der geheimen Planung: die Polizei überrumpeln, damit die Behörden entweder eine medienwirksame illegale Demonstration dulden oder eine ebenso medienwirksame Räumung anordnen. Es ist eine Taktik, die einige der involvierten Gruppen und Teilnehmer bestens kennen, erprobt unter anderem bei der Besetzung von Banken in Zürich, Genf und Lausanne.

Klimaaktivisten blockieren Strasse vor dem Bundeshaus
Video: Tamedia/20 Minuten
https://unityvideo.appuser.ch/video/uv430506h.mp4

Eine zentrale Küche gibt am Mittag Black-Bean-Spaghetti mit vegetarischer Soja-Bolognese aus, alle Teilnehmer verrichten Ämtli. Doch die Verantwortung soll dezentral bleiben: Alle strategischen Entscheidungen fallen in Plenar- und Delegiertenversammlungen, auch zur Frage, wie weit der zivile Ungehorsam reichen soll.

Wie weit sie gehen wollen, entscheiden aber letztlich kleine «Bezugsgruppen», in der alle einander vertrauen. Das ist von deutschen Anti-Kohle-Aktivisten abgeschaut, offensichtlich ist auch professionelles Kampagnen-Wissen von Gruppen wie Greenpeace eingeflossen. Dort arbeitet eine der Sprecherinnen, Alexandra Gavilano. Auf den hohen Organisationsgrad angesprochen antwortet sie: «Wir beweisen hier, wie stark wir sind, wenn alle zusammenarbeiten und alle ihre Expertise einbringen.»

Starke Rolle der autonomen Reitschule

Von den Parteien sagen sich viele Demonstranten los; von den rechten würden sie beschimpft, von den linken benutzt und belogen, formuliert es das Kommunikationsteam von «Rise up for Change». Die Bewegung will weder links noch rechts sein, stützt sich aber stark auf die autonome Berner Reitschule. Über anonyme Mail- und Videokonferenzdienste aus deren Umfeld lief die Planung, dort lagerte Material, dort wurden die Flyer gedruckt, von dort erhalten Aktivisten Rechtsberatung.

Wie es die Klimabewegten mit der Demokratie halten, bleibt unfassbar. Intern basisdemokratisch organisiert, bekunden sie mit der institutionellen Politik grosse Mühe. Ein Zürcher Lehrer sagt, er hoffe, «dass wir das Klimaproblem in der Demokratie lösen können, aber ich bin immer weniger überzeugt davon». Seinen Namen nennt er nicht, weil er keine Medienschulung habe. Das Kommunikationsteam schickt diese Sätze: «Unsere scheinbare Demokratie hat Instrumente, welche für die Lösung der Klimakrise nicht geeignet sind. Wir brauchen ein neues Verständnis von Demokratie, welches die Interessen aller von der Klimakrise betroffenen Personen einbezieht.»

Zoff mit grünen Parteien

Solche Rufe machen es den grünen Kräften im Parlament schwieriger, die Klimaaktivisten zu verteidigen. Jürg Grossen, Präsident der Grünliberalen, hält Forderungen nach einem Systemwechsel für «zu extrem». Er hat für die Klimabewegung grosse Sympathien, weil sie den Finger auf den wunden Punkt lege. Aber: «Ziviler Ungehorsam bringt uns politisch keinen Millimeter weiter.» Es wachse das Risiko, dass sich Teile der Bevölkerung abwenden würden.

Andere Politiker sagen nur indirekt, ob sie das Verhalten der Klimaaktivisten goutieren. «Die Klimafrage ist sehr dringend», sagt SP-Fraktionschef Roger Nordmann. «Wir müssen sie aber innerhalb der demokratischen Institutionen anpacken.» Das mache das Parlament auch, mit einem «guten CO₂-Gesetz». Mehr liege derzeit nicht drin. Nordmann geht davon aus, dass das Volk das CO₂-Gesetz gutheissen wird.

Diese Akzeptanz gefährdeten die Klimaaktivisten, argumentiert hingegen CVP-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt. Seit drei Jahren kämpfe er für ein griffiges CO₂-Gesetz, nun aber werde er beschimpft, kommentiert er in den sozialen Medien: «Liebe Klimademonstranten, hört auf mit dem Scheiss auf dem Bundesplatz, den ihr «zivilen Ungehorsam» nennt. Brecht eure Zelte ab und setzt euch an den Tisch – mit euren demokratischen Mitstreitern. So erreicht ihr eure Ziele.» Mit Aktivismus hingegen spielten sie den Gegnern in die Hände. Das bestätigt SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann: «Jetzt wird allen vor Augen geführt, wie radikal die sind.»

Die Grünen hingegen verteidigen die Klimaaktivisten. Die Aktion sei illegal, räumt Nationalrätin Regula Rytz ein. Die Grünen hätten jedoch immer schon gefordert, dass politische Kundgebungen auf dem Bundesplatz auch während der Session möglich sein sollten. Eine rote Linie zieht aber auch Rytz: Für sie müssen die «nötigen Veränderungen» demokratisch und friedlich umgesetzt werden.

Nationalrat fordert Räumung

Am Abend ist noch unklar, wie friedlich die Atmosphäre auf dem Bundesplatz bleibt. Die Demonstranten wollen am Dienstagmorgen dem Bauernmarkt Platz machen – schliesslich fordern sie mehr kleinbäuerliche, lokale Landwirtschaft. Die Stadt Bern wird den Demonstranten danach einen anderen Ort anbieten. Das fordert auch der Nationalrat: Auf Antrag von SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi beschloss er am Abend mit 109 zu 83 Stimmen, die Stadt Bern zur Räumung des Bundesplatzes aufzufordern.

Ob die Demonstranten auf die Forderungen der Politiker eingehen, wollen sie am Dienstag basisdemokratisch entscheiden. Alec von Graffenried dürfte sein Problem nicht so einfach loswerden.



(15 Forderungen zum Klimaschutz

Die Kundgebung für den Klimaschutz in Bern findet unter dem Namen Rise up for Change («Steh auf für Wandel») statt. Getragen wird sie von Greenpeace, Klimastreik, Extinction Rebellion, Collective for Climate Justice und Collectif Break Free. Die zentralste ihrer 15 Forderungen: Die Schweiz muss bis 2030 CO₂-neutral sein, 20 Jahre früher, als es Parlament und Bundesrat mit dem neuen CO₂-Gesetz planen. Weitere Anliegen sind die Stärkung lokaler ökologischer Landwirtschaft, eine partizipative und transparente Demokratie sowie Klimagerechtigkeit und klimaneutrale Finanzflüsse. (ffe)
(https://www.derbund.ch/klimaaktivisten-greifen-das-zentrum-der-macht-an-108446151904)




bernerzeitung.ch 21.09.2020

Wie die Klimabewegung den Bundesplatz besetzt

Es reicht!, sagten sich die Klimaaktivistinnen und -aktivisten einmal mehr und besetzten den Bundesplatz. Um 4.30 Uhr rannten sie durch die dunkle Bundesstadt.

Andrea Knecht

Da rennen sie – hinter der Heiliggeistkirche hervor, unter den Lauben hindurch Richtung Bundesplatz. Obwohl so viele Menschen rennen, ist es erstaunlich still – man hört Schuhe auf Asphalt, sonst nichts. Es ist Montagmorgen, 4.40 Uhr, die Sonne wird erst knapp drei Stunden später aufgehen. Der Bundesplatz liegt wie eine stillgelegte Arena da, träge blicken die beleuchteten Sandsteinbauten auf den Platz hinunter: Das Bundeshaus, die Nationalbank und ihre kleinen Geschwister, die Berner Kantonalbank, die Credit Suisse und die Valiant. Ein Traktor fährt vor, der Anhänger ist mit Heuballen beladen. Ein Jubelschrei erklingt am einen Ende des Platzes und wird vom anderen Ende erwidert, Applaus hallt von den Sandsteinmauern wider. Die Besetzung hat begonnen.

Nino steht auf der Schützenmatte und kämpft mit seiner Stimme gegen den Lärm der Berner Innenstadt an. Ein Zug rattert über das Eisenbahnviadukt, der Verkehr rauscht über die Schützenmattstrasse. Nino ist 16 Jahre alt, Gymnasiast – und leitet gerade ein Aktionstraining der Klimabewegung an. Es ist Sonntagmorgen, 10 Uhr. Trotzdem haben sich knapp 30 Personen auf dem Parkplatz versammelt. Die meisten sind zwischen 16 und 30 Jahre alt. Nino wird heute erklären, wie man sich bei einer Aktion zivilen Ungehorsams zu verhalten hat. Was tun, wenn die Polizei ein besetztes Areal räumt? Wie bildet man eine Menschenkette? Und wie verhält man sich in einem Polizeiverhör? Die Protestaktion soll keine Krawallveranstaltung sein. Kein Alkohol und keine Drogen, betont Nino, auch am Abend vorher nicht. Und keine Gewalt – weder physische noch verbale. «Behaltet eure Gliedmassen bei euch, wenn die Polizei euch wegtragen will – ihr wollt niemanden treten, auch die Polizisten nicht.»

Vorbereitungen für ein Grossprojekt

Die Aktionstrainings hatten seit Ende August in verschiedenen Schweizer Städten stattgefunden. Dabei handelt es sich nicht um die Sandkastenspiele ein paar neugieriger junger Erwachsenen, sondern um die letzten Vorbereitungen für das Grossprojekt «Rise up for Change» – auf Deutsch in etwa «Probt den Aufstand für eine Veränderung». Die Parole betitelt eine Aktionswoche der Schweizer Klimabewegung. Verschiedene Gruppen haben sich zu diesem Zweck zusammengeschlossen, darunter der Klimastreik, Collective Climate Justice, Collective Break Free und Extinction Rebellion.

Eine Woche lang wollen die Aktivistinnen und Aktivisten das Thema Klimagerechtigkeit ins Zentrum des kollektiven Bewusstseins rücken. Die Bewegung fordert damit, dass die Verursacherinnen und Verursacher von Klimawandel und Umweltverschmutzung zur Kasse gebeten werden. Das gelte sowohl für die globale als auch die nationale Politik: Reiche Länder sollen mehr Verantwortung übernehmen als arme. Und der Übergang zu einer klimafreundlichen Gesellschaft solle von jenen getragen werden, die die Krise verursachen. Zum Beispiel von den Finanzinstituten, die mit ihren Investitionen in fossile Brennstoffe nach wie vor das 22-fache der Schweizer Inlandemissionen verursachten, schreibt die Bewegung in einer Medienmitteilung. Es sind also die grossen Player, die die Aktivistinnen und Aktivisten zur Verantwortung ziehen wollen.

Darum solls also am «Rise up for Change» gehen, den Rahmen bilden Workshops, Referate, Filmvorführungen und Konzerte. Und Aktionen zivilen Ungehorsams – Aktionen also, bei denen Gesetze übertreten werden, um auf Missstände aufmerksam zu machen. Nino ist überzeugt, dass das die Bewegung ihren Zielen näherbringen könnte: «Man hat in der Vergangenheit gesehen, dass ziviler Ungehorsam ein wirksames Mittel ist, wenn sonst nichts mehr hilft. Es muss einfach etwas passieren.»

Und was ist mit den rechtlichen Konsequenzen? Wer Gesetze verletzt, macht sich strafbar, selbst wenn das aus der Überzeugung geschieht, für eine gerechtere Welt zu kämpfen. Nino meint: «Ich habe schon Angst vor rechtlichen Konsequenzen – aber ich habe viel grössere Angst davor, dass sich nichts ändern könnte.» Auch andere Aktivistinnen und Aktivisten werden davon sprechen: Von der Angst, dass alles so bleiben könnte, wie es ist, dass der Klimawandel voranschreitet, und die Politik untätig zuschaut.

Nicht alle sind sich am Sonntag so sicher wie Nino, dass sie an der Aktion teilnehmen werden. Noch ist kaum jemand in den Ablauf eingeweiht. Bekannt ist nur: Wer mitmachen möchte, sollte bei einer Infoveranstaltung am Sonntagnachmittag dabei sein und bis zur Aktion nicht mehr nach Hause gehen. Schlafplätze seien organisiert.

Ungewissheit und Unsicherheit

Sebastian ist 18 Jahre alt und Student. Er steht nach dem Aktionstraining etwas unentschlossen in der grossen Halle und wartet. Er könne sich noch nicht zum Mitmachen entscheiden, er habe zu wenige Informationen. «Ich will mich nicht kopfvoran in eine mysteriöse Aktion stürzen», sagt er. Zugleich ist er überzeugt, dass sich etwas ändern muss. «Die Uhr tickt», sagt er, «wenn sich nichts verändert, ist unsere Gesellschaft verloren.» Auch Anna (Name geändert) hadert mit einer Entscheidung. Sie sitzt auf dem Vorplatz der Reitschule in der Sonne und diskutiert mit Freundinnen. Die 23-Jährige geht an die Demos der Klimabewegung, zwischendurch mal an Klimatreffen und hat auch schon Infostände zum Thema organisiert. Trotzdem würde sie sich nicht wirklich als in der Bewegung aktiv bezeichnen. Zögern lasse sie vor allem das Risiko einer Strafanzeige. «Ich habe einen Job zu verlieren, ich riskiere meine berufliche Zukunft», sagt sie und zuckt unschlüssig mit den Schultern. Gleichzeitig sei sie den Leuten sehr dankbar, die die Aktion organisieren und die bereit seien, die Konsequenzen zu tragen. «Es hat schon Demos mit zehntausend Leuten gegeben – gebracht hats nicht viel. Es muss sich also schon etwas ändern.»

Anders Annabelle, sie ist bereit. Die 27-jährige ETH-Studentin hat sich vor einigen Wochen entschieden, an der Aktion teilzunehmen. «Ich habe wirklich alles getan, was man tun kann: Ich habe persönliche Gespräche geführt, Mails geschrieben, war an Demos.» Zwar gehe schon etwas, aber viel zu langsam. Und der Rahmen, in dem man politisch mitbestimmen könne, sei viel zu eng, auch wenn viele anderes behaupten: «Die sagen: ‹Wir leben doch in einer Demokratie, wir können ja abstimmen – dann muss das Ganze doch gerecht sein.› Aber das stimmt halt nicht.» Die Kräfte seien ungleich verteilt: «Wer Geld hat, bestimmt. Und es wird unglaublich viel gemacht, um den Status quo zu erhalten.»

Vom Bundesplatz zum Klimacamp

An frühen Montagmorgen ist klar, worin die geheime Aktion besteht: Das Klimacamp selbst, der Austragungsort der Intensivwoche ist die Aktion. Bis Freitag wollen die Aktivistinnen und Aktivisten den Bundesplatz besetzen – wenn die Polizei sie denn gewähren lässt. Schon von Beginn an stehen Polizistinnen und Polizisten um den Platz und schauen dem Treiben zu. «Ich frage mich, was ihr Auftrag ist», sagt eine junge Aktivistin und deutet Richtung Polizei. Jedenfalls sei es toll, dass sie es bis auf den Platz geschafft hätten – «wir hatten befürchtet, gar nicht bis dahin zu kommen.»

Der Platz sieht inzwischen aus, als hätte man ein Handbuch verschiedener Blockadeformen ausgepackt und den Inhalt nachgebaut: Man kette sich an Velos, errichte eine Blockade aus Strohballen, stecke die Arme in Rohre oder in betongefüllte Fässer und bilde so eine verstärkte Menschenkette. Will die Polizei den Platz räumen, darf sie die Besetzerinnen und Besetzer nicht verletzen – sie muss sie mühsam aus den verschiedenen Vorrichtungen schälen und schneiden.

Aktivistin Meret Schefer sprüht vor Energie, obwohl es noch nicht einmal 6 Uhr morgens ist. Die kurze Nacht hat sie in einem der öffentlichen Gebäude verbracht, welche die Aktivistinnen und Aktivisten zur Übernachtung nutzen dürfen. Die 16-Jährige kommt aus dem Emmental, besucht den Gymer – im Moment hat sie Schulferien – und ist erfahrene Aktivistin. «Wir wollen nicht die Bevölkerung oder den Verkehr behindern», betont sie. «Unsere Aktion richtet sich an die grossen Player rund um diesen symbolträchtigen Platz» – sie deutet auf die Nationalbank, und das Bundeshaus. Man wolle ein Zeichen setzen – aber nicht nur. «Unser Camp soll zeigen, dass ein alternativer, ein klimafreundlicher Lebensstil möglich ist.»

Wie lange dauert die Festivalstimmung an?

Montag, 13 Uhr. Festivalstimmung hat sich im Klimacamp ausgebreitet. Wimpeln und Transparente flattern über Strohballen und Holzbauten. Zelte wurden aufgebaut und Menschen liegen auf Isoliermatten in der Sonne. Es wird Gitarre gespielt, gesungen und gegessen.

Kurz vor 13.30 Uhr tauchen vereinzelte Parlamentarierinnen und Parlamentarier auf – es ist eidgenössische Herbstsession, die letzte Woche. Ein weiterer Mann im Anzug schlendert über den Platz, der Aargauer Nationalrat und SVP-Hardliner Andreas Glarner. Den ganzen Weg über bleibt er unbemerkt – oder wird gekonnt ignoriert.

Als eine Gruppe Aktivistinnen und Aktivisten den Nationalrat erkennt, beginnen sie, Parolen zu skandieren: Die «Climate Justice»-Rufe werden zu «Glarner Justice»-Rufen. «Wir wollen Antworten, Herr Glarner!», ruft ein junger Mann über die Bundesgasse hinüber, wo der Angesprochene inzwischen Interviews gibt. Nun kommt Bewegung ins Camp, und die Aktivistinnen und Aktivisten versammeln sich hinter den Strohballen, sie rufen und singen. Das Spätsommerfestival wird wieder zur Protestaktion. Es wird laut – friedlich bleibt es trotzdem.



Die Forderungen der Klimabewegung

Mitte August hatte die Klimabewegung die Schweizer Politik scharf kritisiert. «Wir wurden von rechts beschimpft und belächelt, von den linken Parteien benutzt und belogen. Man hat uns das Blaue vom Himmel versprochen und nichts davon geliefert», sagte Meret Schefer vom Klimastreik damals an einer Medienkonferenz. Unter anderem warfen die Aktivistinnen und Aktivisten den Grünen vor, dass deren neuer Klimaplan netto null erst bis 2040 vorsieht. Während des Wahlkampfs versprachen die Grünen noch, sich wie die Klimabewegung für netto null bis 2030 einzusetzen.

Die Klimabewegung nennt fünf Bereiche, in denen sie tief greifende, konkrete Veränderungen fordert: in der Landwirtschaft, dem Finanzsektor, der Demokratie, im Bereich Klimagerechtigkeit sowie bei Infrastruktur und Energie. Unter anderem fordert die Bewegung, dass der «kleinbäuerlichen Landwirtschaft» gerechte Einkünfte gesichert werden, sodass «die Ausübung einer nachhaltigen Landwirtschaft» ermöglicht wird. In Bezug auf die Finanzinstitute sollen unter anderem alle «Finanzierungen, Investitionen und Versicherungsdienstleistungen» per sofort gestoppt werden, die «Klima und Lebewesen schaden». (Quelle sowie vollständige Liste der Forderungen: www.riseupforchange.ch/forderungen)



Vom Telegram-Chat auf den Bundesplatz

Die Klimabewegung ist basisdemokratisch organisiert, es gibt weder bekannte Köpfe der Bewegung noch ein Organigramm. Wer denkt, in einer dermassen fluiden Bewegung müsse es chaotisch zu- und hergehen, täuscht sich. Einmal mehr hat sich gezeigt, wie gut die Klimabewegung organisiert ist: Nicht nur Aktionstrainings haben am Sonntag stattgefunden, sondern auch eine Informationsveranstaltung zu möglichen rechtlichen Konsequenzen der Aktion. Es gibt eine Packliste (Schlafsack! Powerbank! Persönliche Medikamente!) und ein Video mit einer Wegbeschreibung vom Bahnhof Bern zur Schützenmatte.

Zudem sind unter anderem vor Ort: Ein Careteam, das psychologische Unterstützung anbietet, ein Legal-Team, das bei rechtlichen Problemen hilft, ein Küchenteam, das die Teilnehmenden verpflegt. Auf der Website sind der Aktionskonsens (ein Dokument, das einen verbindlichen Rahmen für alle Aktivistinnen und Aktivisten festlegt) aufgeschaltet, ein Corona-Schutzkonzept und eine Broschüre mit Informationen über die rechtlichen Konsequenzen verschiedener Aktionsformen. Auf einem Infokanal auf dem Messengerdienst Telegram werden laufend Informationen auf Deutsch und Französisch publiziert.

Warum die Organisation in der Klimabewegung so gut funktioniert, kann niemand wirklich beantworten. Ein Aktivist vermutet, dass die sozialen Netzwerke wie Telegram wirksame Instrumente seien, um sich abzusprechen und zu formieren. Ein anderer Beteiligter verweist auf die hohe Motivation der Mitwirkenden. Er sei zudem überzeugt, dass die Freiwilligkeit des Engagements ein wichtiger Faktor sei, warum die Organisation so gut funktioniere.
(https://www.bernerzeitung.ch/wie-die-klimabewegung-den-bundesplatz-besetzt-630987618404)



Farbige Grüsse für Fundifreund*innen
In der Nacht auf Samstag, den 19. September haben wir dem Berner Büro der Helsana einen Besuch abgestattet, und sichergestellt, dass ihre Machenschaften im Zusammenhang mit dem christlich-fundamentalistischen, homo- und transfeindlichen und sexistischen Marsch fürs Läbä zumindest eine Zeit lang sichtbarer werden.
https://barrikade.info/article/3867


Carnaval des Rues 12.09.2020 Ein R’Ausblick
Der Carnaval des Rues meldet sich zurück, denn es muss einiges klar gestellt werden. Medien, Polizei und Politik versuchen den CdR als ausufernden Partyumzug darzustellen und versuchen dem Protestumzug jeglichen Inhalt abzusprechen. Sie verdrehen und verändern nach Lust und Laune alles, um eine masslose Repression gut zu heissen, die keine Rechtfertigung hat!
https://barrikade.info/article/3868


Teilnehmer*in an Nazi-frei Demo zu 8 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt
In der Prozessreihe gegen Teilnehmende der Anti-Pnos-Demo vom November 2018 fällt das Strafgericht ein Urteil von bisher ungekanntem Ausmass. Wir waren am Gericht. Hier folgt der Bericht.
https://bajour.ch/a/NMNGvNTMj9zCRKdQ/teilnehmerin-an-nazi-frei-demo-zu-acht-monaten-freiheitsstrafe-verurteilt
-> https://www.20min.ch/story/150-linksautonome-marschieren-durch-basel-844435775253
-> https://www.bazonline.ch/basel-nazifrei-demonstrantin-zu-acht-monaten-gefaengnis-verurteilt-256344210414


Update Gerichtsverfahren «Matthäuskirchen-Demo» 2016
Am 24. September 2020 stehen mehrere Basler*innen vor Gericht. Der Grund: Sie kritisierten einen Polizeieinsatz an einer Demo gegen das unmenschliche Migrationsregime.
https://barrikade.info/article/3866


+++BIG BROTHER
Amnesty International fordert scharfe Kontrolle von Überwachungstechnologien
Europäische Unternehmen profitieren vom Überwachungsstaat in China. Ein Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International zeigt, warum die EU den Export von Überwachungstechnik stark reglementieren muss.
https://netzpolitik.org/2020/exporte-amnesty-international-fordert-scharfe-kontrolle-von-ueberwachungstechnologien/#vorschaltbanner


+++POLIZEI DE
Videos von Polizeigewalt: Empathie für Täter
Zwei Videos übergriffiger Polizisten machen im Netz die Runde. In beiden Fällen nehmen die Vorgesetzten ihre Beamten in Schutz.
https://taz.de/Videos-von-Polizeigewalt/!5711528/


Videos von übergriffigen Polizisten: Gewalt und Drohungen
Im Netz sind Videos von Polizeieinsätzen aufgetaucht: Eins zeigt wie ein Beamter einen 19-Jährigen schlägt. Im anderen droht ein Polizist auf Demonstrant:innen zu schießen.
https://taz.de/Videos-von-uebergriffigen-Polizisten/!5715157/


+++RASSISMUS
antira-Wochenschau: Geforderte Sklavereireparationszahlungen an die Schweiz, geschlossene Lager in Lesbos, smartifizierte Grenzen im Schengen-Raum
https://antira.org/2020/09/21/geforderte-sklavereireparationszahlungen-an-die-schweiz-geschlossene-lager-in-lesbos-smartifizierte-grenzen-im-schengen-raum/


Rassendiskriminierung: Der «Mohrenkopf»-Verkäufer von Rorschach hat einen Strafbefehl erhalten
Für die St.Galler Staatsanwaltschaft steht fest: Imbiss-Unternehmer Markus Heim hat sich der Rassendiskriminierung schuldig gemacht. Dies, weil er in Rorschach als Schwarzer verkleidet Dubler-«Mohrenköpfe» verkaufte. Heim empfindet das Verdikt als «Witz» – und will weitermachen.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/stgallen/rassendiskriminierung-der-mohrenkopf-verkaeufer-von-rorschach-hat-einen-strafbefehl-erhalten-ld.1259471
-> https://www.toponline.ch/news/stgallen/detail/news/stgaller-mohrenkopf-verkaeufer-erhaelt-strafbefehl-00142169/


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Die Forderungen der Coronaleugner: Freiheit für die Unterwerfung
Die Hygienedemonstranten sehen die Demokratie in eine Diktatur kippen. Doch wenn sie Freiheit rufen, meinen sie nur ihre persönliche.
https://taz.de/Die-Forderungen-der-Coronaleugner/!5711547/


Conspiracy Watch sitzt Frankreichs Verschwörungstheoretikern im Nacken
Die Organisation spürt Verschwörungstheoretikern jeder Couleur nach. Seine Arbeit sei ein “Kampfsport”, sagt Gründer Rudy Reichstadt
https://www.derstandard.at/story/2000120132322/conspiracy-watch-sitzt-frankreichs-verschwoerungstheoretikern-im-nacken?ref=rss


Corona-Protest in Düsseldorf: Auf Kriegsfuß mit der Realität
In der Bewegung gegen die Corona-Politik geben Reichsbürger und Verschwörungstheoretiker den Ton an. Auf einer Demonstration in Düsseldorf zeigt sich: Von Distanzierung halten die Veranstalter wenig.
https://blog.zeit.de/stoerungsmelder/?p=%5B%2730182%27%5D&wt_zmc=sm.int.zonaudev.twitter.ref.zeitde.redpost.link.x


Coronavirus: Gibt es weniger Verschwörer als gedacht?
An der Demo gegen die Massnahmen des Coronavirus in Zürich beteiligten sich weniger Kritiker als erwartet. Ist die Verschwörer-Bewegung kleiner als gedacht?
https://www.nau.ch/news/schweiz/coronavirus-gibt-es-weniger-verschworer-als-gedacht-65785732



tagesanzeiger.ch 20.09.2020

Erfolgreicher Youtuber: Wie ein Zürcher zum Sprachrohr der Corona-Rebellen wurde

«Bittel TV» spielt eine tragende Rolle unter Virus-Skeptikern. Am Samstag sangen Demonstrierende in Zürich für den Gründer «Happy Birthday».

David Sarasin

Die Szene dürfte Roger Bittel gerührt haben. Weil er Samstag seinen 50. Geburtstag feierte, konnte er nicht an der Kundgebung der Kritiker der Corona-Massnahmen auf dem Turbinenplatz teilnehmen. Doch der Speaker räumt ihm gegen 16 Uhr einen Extraplatz ein. «Wir möchten jetzt an Roger denken», sagt er ins Mikrofon. Kurz darauf intonieren an die 500 Personen auf dem Platz ein «Happy Birthday». Roger Bittel ist der bekannteste Abwesende der Kundgebung (lesen Sie hier unseren Bericht zur Demo).

Bittel ist in der Szene eine Art Berühmtheit. Mit «Bittel TV» betreibt er ein wichtiges Sprachrohr für die sogenannten Corona-Rebellen in der Schweiz. Der Youtube-Kanal des im Limmattal lebenden Oberwallisers hat seit Ausbruch der Corona-Krise in wenigen Monaten mehr als 75’000 Abonnentinnen und Abonnenten gewonnen. Die Telegram-Kanäle, die unter seinem Namen laufen, zählen mehr als 1000 User. Sie laufen rund um die Uhr heiss.

Wie bekannt sein Portal ist, zeigte sich Ende August auch an der grossen Kundgebung in Berlin. Roger Bittel läuft mit seiner Kamera durchs Brandenburger Tor, bleibt am Strassenrand stehen, ringt mit den Tränen. Er sagt: «Ihr glaubt nicht, wie toll das hier ist. Ich beginne gleich zu weinen.» Die Aufzeichnung am Vorabend der grossen Anti-Corona-Demonstration in Berlin sehen sich mehrere Tausend Menschen live bei Youtube an.

Eine Berühmtheit in der Szene

Den Clip, bei dem Bittel nicht viel mehr macht, als während dreier Stunden durch Menschenmassen zu spazieren und mit Leuten zu plaudern, haben bis heute mehr als 150’000 Leuten angeklickt. Auffällig ist: Fast minütlich sprechen Demonstrierende ihn an. «Roger, wir schauen deine Sendung», sagt eine Frau um die 50. «Weiter so!», ruft einer aus der Menge. Es ist eines von fast zweihundert Videos auf seinem Kanal.

In den oft mehrstündigen Clips lässt er all jene zu Wort kommen, die die Corona-Massnahmen der Schweizer und anderer Regierungen kritisieren. Juristen, Blogger, Bürger. Der Tenor ist klar. Die Maske? Sinnlos und schädlich. Der Lockdown? Ein Verbrechen, das von einem Gericht belangt werden muss. Der Bundesrat? Ahnungslos und manipulativ. Die Tests? Fehlerhaft. Die Medien? Einseitig und nicht vertrauenswürdig.

Zu den Experten, die bei ihm auftreten, zählt indes auch der Youtuber Stefan Bauer, der vom ultrarechten amerikanischen Verschwörungstheoretiker Alex Jones schwärmt und einen Staatsstreich herbeisehnt. Oder Rainer Schregel. Der abberufene St. Galler Amtsarzt fiel unter anderem wegen einer verunglimpfenden Äusserung mit nationalsozialistischen Assoziationen gegen eine Journalistin auf. Gegen ihn läuft derzeit ein Verfahren. Schlegel war auch Redner an der Kundgebung in Zürich.

Zu einem Interview mit Treffen ist Bittel nicht bereit – oder nur unter der Bedingung, dass er es live auf seinem Fernsehsender ausstrahlen kann. Der «Tages-Anzeiger» telefoniert schliesslich zweimal mit dem 50-Jährigen, zitiert werden möchte er aber nicht.

So ist es auch nicht möglich, mit Bittel vertieft über ein heikles Thema zu reden: Im Zuge seiner Arbeit, die er selbst als aufklärerisch darstellt, tauchen vereinzelt auch Verschwörungstheorien auf – zum Beispiel Bezüge auf die «Q-Anon»-Verschwörung in den «Bittel TV»-Chat-Kanälen.

«Bekomme so viele Infos, die müssen raus»

Klar ist indes: Die Corona-Krise hat Bittels Engagement massiv gesteigert. Veröffentlichte er bis Februar dieses Jahres auf Facebook Memes, Sinnsprüche und Posts zu seinen stets wechselnden Projekten, sind es seither wöchentlich an die hundert Bilder, Videos und Texte zum Thema Corona. In einem Video erklärt er: «Ich bekomme so viele private Infos, die müssen einfach raus.»

«Bittel TV» stellt sich in eine Reihe mit Dutzenden Bloggern, Ärzten und Wissenschaftlern, die derzeit via Youtube Aufmerksamkeit generieren. «Die Corona-Zeit hilft alternativen Medien, schnell zu wachsen», sagt Lisa Schwaiger vom Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Zürich, die zum Thema forscht.

Bemerkenswertes Tempo

Das Tempo, mit dem «Bittel TV» in so wenigen Monaten wachsen konnte, erachtet sie indes als bemerkenswert. «75’000 in so kurzer Zeit ist viel», sagt sie. «In Krisenzeiten tun sich jene hervor, die einfache Antworten auf komplexe Fragen liefern», sagt Schwaiger. An den sogenannten Corona-Rebellen findet Schwaiger problematisch, dass sich dabei zum Teil demokratiefeindliche, rechtsextreme Tendenzen mit Esoterik und Verschwörungstheorien vermengten.

Auf Bittels Sender spielen radikale politische Tendenzen keine Hauptrolle, vielmehr beteuern die Userinnen und User, dass sie Harmonie suchten und aufklären wollten. Auffällig ist, wie sich die Leute in den Chats seines Senders gegenseitig in ihren Ansichten und ihrer verunsicherten Gefühlslage stützen. «Es ist Krieg , also raus mit euch auf die Strasse !!!!!», schreibt einer. Jemand erwidert: «Es ist nicht Krieg. Es ist Verwirrung. Es ist Verunsicherung. Es ist Ratlosigkeit.»

Mit seinem Sender ist Roger Bittel ein Erfolg beschieden, der seine bisherigen Projekte übertrifft. Seine Jobs in den vergangenen Jahren reichen vom Informatiker über den Maler von «Kraftbildern» zum Designer von Bikinis. Auf seinem Youtube-Kanal «Cryptowelt» führte er Interviews, unter anderem mit Bundesrat Ueli Maurer. Zudem eröffnete er im Zürcher Umland, wo er auch die Clips von Bittel TV dreht, ein Fotostudio. Doch alle diese Projekte sind derzeit zumindest stillgelegt.

Seinen Einfluss und sein Status scheint ihm derzeit recht zu geben. Wenn ihn unzählige Leute an der Berliner Demo erkennen, wenn ihm seine Follower auf seinen Kanälen positiv zusprechen, als wäre er eine Art Guru, wenn mehr als 500 Personen auf dem Zürcher Turbinenplatz für ihn «Happy Birthday» singen, dann scheint es, als ob er auf eine Weise angekommen ist.



Marco Rima und die Corona-Rebellen

«In den kommenden Monaten wird niemand an Corona sterben», sagte Marco Rima an der Kundgebung vom Samstagnachmittag vor rund 500 Demonstrierenden auf dem Zürcher Turbinenplatz. Er hat die Aussage später in einem Facebook-Post zurückgenommen. Er sei auf seinem Blatt in einer Zeile verrutscht, beteuerte der Komiker.

Rima war einer von einem halben Dutzend Rednern am Samstagnachmittag in Zürich, die den Bund, die Medien und die Corona-Massnahmen kritisierten. Zu den Auftretenden gehörten Ärzte, Aktivisten, der Komiker Andreas Thiel oder der ehemalige «Rundschau»-Journalist Reto Brennwald. Die Kundgebung verlief mehrheitlich friedlich. Von Beginn an hielt die Stadtpolizei, die mit mehreren Mannschaftswagen und einem Wasserwerfer vor Ort war, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an, die Hygienemassnahmen einzuhalten, Abstand zu halten oder Masken zu tragen.

Nach zwei Stunden kam plötzlich eine neue Durchsage: Man habe falsch kommuniziert. Auch wenn die Distanzregel eingehalten werde, sei an dieser Demonstration eine Maske obligatorisch. Die Durchsage wurde mit Gelächter quittiert. Die Stadtpolizei habe rund 70 Personen weggewiesen, zwei Personen seien vorübergehend in eine Polizeiwache gebracht worden, heisst es in einer Medienmitteilung. Die Wegweisungen wurden teilweise von heftigen Protesten begleitet.

Antifaschisten hatten zwar eine Gegendemonstration angekündigt, hielten sich an dem Nachmittag aber zurück. Sie entrollten einzig ein Plakat, das nach kurzer Zeit von der Polizei beschlagnahmt wurde. (dsa)
(https://www.tagesanzeiger.ch/wie-ein-zuercher-zum-sprachrohr-der-corona-rebellen-wurde-280889252359)



Daniel Koch: Marco Rima posiert mit seiner Angreiferin
Marco Rima war einer der 500 Personen, die am Samstag gegen die «Corona-Lüge» protestierten. Er solidarisierte sich dabei mit der Koch-Angreiferin Melanie Kolic
https://www.nau.ch/people/aus-der-schweiz/daniel-koch-marco-rima-posiert-mit-seiner-angreiferin-65785878




«Corona – das grosse Nichts»: «Zeitpunkt»-Herausgeber vor Presserat abgeblitzt
Als im Mai Demos gegen den Lockdown durch die Strassen zogen, berichtete die «NZZ am Sonntag» (NZZaS) ausführlich über einen der Hintermänner: Christoph Pfluger, Journalist und Herausgeber des linksalternativen Magazins «Zeitpunkt».
http://www.kleinreport.ch/news/corona-das-grosse-nichts-zeitpunkt-herausgeber-vor-presserat-abgeblitzt-95515/



Basler Zeitung 21.09.2020

Randalen wegen Maskenpflicht: Basler Verkäuferinnen als «Nazis» und «Stasi» beschimpft

Corona-Skeptiker pöbeln in Geschäften herum, weil sie partout keine Gesichtsbedeckung tragen wollen. Manche Verkäufer haben die Schnauze voll. Nun reagiert der Kanton mit einer Aufklärungskampagne.

Simon Bordier

Corona-Skeptiker nimmt man vor allem am Wochenende wahr, wenn sie – wie zuletzt in Zürich – zu Hunderten auf die Strasse gehen und gegen die geltenden Pandemieregeln demonstrieren. Manche von ihnen lassen aber auch unter der Woche Dampf ab.

Zu spüren bekommen dies insbesondere Verkäuferinnen und Verkäufer in Bäckereien, Lebensmittelshops und anderen Läden. «Was wurden wir in den letzten Wochen nicht alles beschimpft: Einmal waren wir ‹Neonazis›, ein andermal die ‹Stasi›. Wir wurden auch schon schlicht als ‹Arschloch› betitelt. Und dies nur, weil wir die Kunden auf die im Laden geltende Maskenpflicht hingewiesen haben», erzählt die Verkäuferin einer regionalen Konditoreikette. Es handle sich dabei nicht um Einzelfälle. Man rechne mit durchschnittlich zwei Masken-Querulanten pro Tag, sagt die Verkäuferin, die in Basel arbeitet und anonym bleiben möchte.

Hoch zu und her geht es mitunter auch im Coop Pronto am Barfüsserplatz. Seit bald einem Monat gilt in Basel-Stadt eine Maskentragepflicht in Läden – und seit bald einem Monat kreuzen Maskenverweigerer in diesem Express-Supermarkt auf.

Kurz nach Einführung des Obligatoriums sei es zu einem ersten Zwischenfall gekommen, berichtet die stellvertretende Geschäftsführerin des Coop Pronto im Gespräch mit dieser Zeitung: Eine Frau habe sich geweigert, einen Gesichtsschutz überzuziehen, und im Laden randaliert. «Sie schlug auf die Einrichtung ein und warf mit Verkaufsware um sich.» Schliesslich sei sie stürmend aus dem Laden gerannt. Auch letzte Woche habe ein Maskenverweigerer wutentbrannt den Supermarkt verlassen – und beim Hinauslaufen eine Schwenktür zerstört.

«90 Prozent der Kunden halten sich ohne Wenn und Aber an die Maskenpflicht», so die stellvertretende Geschäftsführerin. Nur eine kleine Minderheit mache Probleme, wolle Grundsatzdiskussionen über das Maskenobligatorium vom Zaun brechen, werde teilweise laut und ausfällig und in einzelnen Fällen gar handgreiflich. «In zwei Fällen mussten wir mit der Polizei drohen, erst dann hat sich die Lage beruhigt.»

Der zentral gelegene Coop Pronto mit seinen langen Öffnungszeiten zieht ganz unterschiedliche Klientel an – und damit auch Extremfälle. Repräsentativ für die gesamte Verkaufsbranche sind die Ereignisse in dem Express-Supermarkt aber wohl nicht. Mathias F. Böhm, Geschäftsführer des Interessenverbands Pro Innerstadt Basel, sagt: «Die Maskenpflicht wird in den meisten Geschäften gut befolgt. Zu Problemen kommt es am ehesten in Bäckereien, Take-away-Lokalen und anderen Läden, in denen Kunden schnell rein- und wieder rausgehen. Denn da geht der Gesichtsschutz schnell mal vergessen.»

Zudem gebe es in diesen Geschäften starken Kundenkontakt, das Verkaufspersonal sei entsprechend exponiert. «Für viele Ladenmitarbeiter, aber auch Bar- und Restaurantangestellte ist es eine extrem anstrengende Zeit, manche kommen an ihre Grenzen.» Umso wichtiger sei es, die Regeln in Erinnerung zu rufen und an die Verantwortung jeder und jedes Einzelnen zu appellieren . «Wir wollen die Krise möglichst schnell hinter uns lassen. Doch dafür müssen sich alle an die Regeln halten, ob man nun damit einverstanden ist oder nicht.»

Ladeninhaber haften für Kunden

Für die Einhaltung der Maskenpflicht in den Geschäften sind die Ladenbetreiber verantwortlich. Wenn Kunden das Obligatorium nicht einhalten, so können die Geschäfte dafür von den Gesundheitsbehörden belangt und gebüsst werden. «Das bedeutet, dass die Betreiberin Personen, die sich nicht an das Maskenobligatorium halten, des Ladens verweisen muss», schreibt auf Anfrage Toprak Yerguz, Sprecher der Kantonspolizei Basel-Stadt. Dasselbe gelte für Transportunternehmen: Für die Einhaltung der Maskentragpflicht im öffentlichen Verkehr sind sie selbst zuständig. Yerguz: «Wird einem Verweis nicht Folge geleistet, kann die Kantonspolizei Basel-Stadt gerufen werden.»

Basler Ladenbesitzer machen laut Yerguz aber nur selten von diesem drastischen Mittel Gebrauch. «Dies kam in den letzten Wochen nur in wenigen Einzelfällen vor.»

Ähnlich klingt es beim Gesundheitsdepartement. Man habe bei Stichprobenkontrollen in Basler Geschäften «gehört, dass sich Kundinnen und Kunden vereinzelt gegen die Maskentragpflicht wehren», teilt Sprecherin Anne Tschudin mit. Zudem seien einige Anfragen von Ladeninhabern zur Maskentragpflicht und deren Umsetzung beim Gesundheitsamt eingegangen. «Die grosse Mehrheit hält sich an die Maskentragpflicht, versteht den Schutz und Nutzen der Masken und unterstützt die Maskentragpflicht.»

Handlungsbedarf sieht man beim Kanton aber gleichwohl. Nicht anders ist es zu erklären, dass diese Woche eine Nachfolgeaktion zur «#SeifenBoss-Kampagne» lanciert wird. Tschudin: «Inhalt der Kampagne sind die aktuellen Verhaltens- und Distanzregeln, welche sie in mehreren Situationen zeigt. Darunter befinden sich auch Szenen in einem Einkaufsladen.» Damit wolle der Kanton unter anderem «auf die Maskentragpflicht in Geschäften aufmerksam machen und die Betriebe unterstützen».
(https://www.bazonline.ch/basler-verkaeuferinnen-als-nazis-und-stasi-beschimpft-176464273962)


+++HISTORY
Von Kaiseraugst bis Rise up for Change: Ziviler Ungehorsam ist nötig
Mit zivilem Ungehorsam will die Klimabewegung diese Woche das Bewusstsein für die Klimakrise wieder wachrütteln. Sind solche subversiven Aktionen wirksam? Ein Blick in die Protestgeschichte der Schweiz zeigt: Ja.
https://daslamm.ch/von-kaiseraugst-bis-rise-up-for-change-ziviler-ungehorsam-ist-noetig/


Wie soll die Schweiz mit kolonialer Raubkunst umgehen? – Rendez-vous
In den Museen Europas stehen Kulturgüter, welche die Kolonialherren nach Plünderungsreisen in ihre Heimatländer geschafft haben. Inzwischen sind Diskussionen im Gang, dieses kulturelle Erbe an die Herkunftsländer zurückzugeben. Auch im Ständerat wird darüber diskutiert.
https://www.srf.ch/play/radio/rendez-vous/audio/wie-soll-die-schweiz-mit-kolonialer-raubkunst-umgehen?id=cf590891-d3fc-49d5-9cb5-7e2da798ac89