Medienspiegel 7. Juni 2020

+++DEUTSCHLAND
Flüchtlingsunterkünfte in Deutschland bleiben Covid-19-Hotspots
Flucht in den Infektionsherd
In deutschen Flüchtlingsunterkünften steigt die Zahl der mit Sars-CoV-2 Infizierten weiter stark. Die teils wochenlange Quarantäne kann die Bewohner psychisch schwer belasten.
https://jungle.world/artikel/2020/23/flucht-den-infektionsherd


+++MITTELMEER
Sea Watch startet neue Rettungsaktion im Mittelmeer
Nach mehr als drei Monaten im sizilianischen Hafen Messina startet das Rettungsschiff Sea Watch 3
https://www.derstandard.at/story/2000117935247/sea-watch-startet-neue-rettungsaktion-im-mittelmeer
-> https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-06/quarantaeneschiffe-malta-migration-proteste


Malta lässt rund 400 Migranten von Touristenschiffen einlaufen
Nach internationalen Protesten erlaubt die Regierung den Menschen an Land zu gehen
https://www.derstandard.at/story/2000117935841/malta-laesst-rund-400-migranten-von-touristenschiffen-einlaufen
-> https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-06/quarantaeneschiffe-malta-migration-proteste
-> https://www.tagesschau.de/ausland/malta-fluechtlinge-109.html


+++EUROPA
EU-Präsidentschaft ab Juli: Seehofer will Asylsystem reformieren
Das Asylsystem der EU sorgt seit langem für Streit zwischen den Mitgliedsstaaten. Innenminister Seehofer will die nahende deutsche EU-Präsidentschaft zu einer Reform nutzen. Aber seine Ideen stoßen auf Kritik.
https://www.tagesschau.de/ausland/asylreform-eu-praesidentschaft-101.html


+++GASSENARBEIT
Gassenarbeit und Corona
Ein Interview mit Eva Gammenthaler
https://www.megafon.ch/kein-platz-fuer-protest/?artikel=Gassenarbeit+und+Corona


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Plus de 2000 manifestants à Lausanne contre le racisme
Des milliers de personnes ont protesté contre la discrimination raciale et la violence policière ce dimanche dans la capitale vaudoise. La manifestation n’était pas autorisée mais la police n’est pas intervenue.
https://www.20min.ch/fr/story/plus-de-2000-manifestants-a-lausanne-contre-le-racisme-711636870072
-> https://www.telebaern.tv/news/ueber-2000-menschen-an-black-lives-matter-demo-in-lausanne-138107803
-> https://www.rts.ch/info/monde/11381085-plusieurs-milliers-de-manifestants-contre-le-racisme-a-lausanne.html
-> https://www.20min.ch/story/ueber-2000-menschen-gehen-in-lausanne-auf-die-strasse-923020059864
-> 19.30 RTS: https://www.rts.ch/play/tv/emission/19h30?id=6454706


L’état enferme, Securitas torture – Bässlergut doit disparaître
Ce vendredi 5 juin des banderoles ont été posées dans le centre ville de Lausanne en soutien aux luttes contre les violences systémiques et systématiques qui ont lieu dans les centres fédéraux, notamment celui de Bässlergut à Bâle.
https://renverse.co/infos-locales/article/l-etat-enferme-securitas-torture-basslergut-doit-disparaitre-2627


«Black Lives Matter» in Zürich: Demonstrant attackiert schwarzen Stadtpolizisten
Am Samstag fanden in diversen Schweizer Städten «Black Lives Matter»-Demonstrationen statt. In Zürich wurde dabei ein Schwarzer Stadtpolizist von einem Demonstranten angegriffen.
https://www.blick.ch/news/schweiz/zuerich/black-lives-matter-in-zuerich-demonstrant-attackiert-schwarzen-stadtpolizisten-id15926070.html
-> https://www.20min.ch/story/schwarzer-polizist-bei-demo-in-zuerich-attackiert-206593676388?utm_term=Autofeed&utm_medium=Social&utm_source=Twitter#Echobox=1591536412


In Zürich gab es am Samstag gleich drei Protestaktionen
Antirassisten und Kurden gingen auf die Strasse, und auf dem Sechseläutenplatz gab es eine Blitzaktion von Corona-Zweiflern. Die Kundgebungen verliefen friedlich – mehrere Corona-Regeln wurden dennoch gebrochen.
https://www.nzz.ch/zuerich/zuerich-black-lives-matter-corona-kurden-drei-demos-am-samstag-ld.1560057


«Taking a knee» in Basel: «Diese Polizei-Geste ist ein Bekenntnis zum Schutz des Rechtsstaats»
Am Samstagnachmittag demonstrierten in Basel rund 5000 Personen gegen Rassismus. Die Kundgebung war unbewilligt. Zwei niederkniende Polizisten sorgen am Folgetag für Gesprächsstoff.
https://www.20min.ch/story/diese-polizei-geste-ist-ein-bekenntnis-zum-schutz-des-rechtsstaats-807868105982
-> https://bajour.ch/a/RguGB11p07lCya6R/wir-wollen-dass-es-aufhort-uber-5000-menschen-demonstrieren-in-basel-gegen-rassismus


Warum es „die Antifa“ nicht gibt
Donald Trump will „die Antifa“ verbieten, auf Twitter trendet daraufhin #WirsindAntifa. Was verbirgt sich hinter diesem Begriff? Eine Spurensuche.
https://www.jetzt.de/politik/antifa-beschreibung-was-ist-antifa-linke-antifaschismus-wirsindantifa


#BlackLivesMatter auch in Biel: Am Freitagabend demonstrieren 1‘000 Personen in den Bieler Strassen und zeigen so ihre Solidarität zu den Afroamerikanern.
https://www.telebielingue.ch/de/sendungen/info/2020-06-07


Demonstrationen und Corona – «Es ist beunruhigend, so viele ohne Gesichtsmaske zu sehen»
Epidemiologe Marcel Salathé äussert sich besorgt über Grossveranstaltungen und viele Leuten ohne Schutzmasken.
https://www.srf.ch/news/schweiz/demonstrationen-und-corona-es-ist-beunruhigend-so-viele-ohne-gesichtsmaske-zu-sehen


+++BIG BROTHER
Unzipped – Heikle Geschäfte, heikle Abnehmer
Pakistanische Facebook-Profile von Militärangehörigen, Videos von behördlicher Überwachung von Aktivist*innen in Vietnam: In der neuen «Unzipped»-Folge suchen Lena Oppong und SRF Data nach der Antwort zur Frage: Was passiert mit dem exportierten Überwachungsmaterial?
https://www.srf.ch/radio-srf-virus/unzipped/unzipped-heikle-geschaefte-heikle-abnehmer


+++SECURITRANS
Festnahme von Schwarzem (14) im HB geht viral
Securitrans-Mitarbeiter haben am frühen Sonntag einen jungen Mann nach einer Schlägerei am Hauptbahnhof Zürich festgenommen. Auf Social Media werden Videos der Verhaftung mit den «Black Lives Matter»-Protesten in Verbindung gebracht.
https://www.20min.ch/story/festnahme-von-dunkelhaeutigem-14-im-hb-geht-viral-755773473086
-> https://www.kapo.zh.ch/internet/sicherheitsdirektion/kapo/de/aktuell/medienmitteilungen/2020_06/2006071h.html


+++POLIZEI CH
George Floyd: So sehen die Aufnahmebedingungen für Polizisten aus
In den USA wird nach dem George Floyd-Vorfall Kritik am den Aufnahmekriterien für Polizisten laut. Für Schweizer Polizisten sind diese sehr streng.
https://www.nau.ch/news/schweiz/george-floyd-so-sehen-die-aufnahmebedingungen-fur-polizisten-aus-65718354


+++POLIZEI FR
Auch Frankreich protestiert gegen Polizeigewalt – Echo der Zeit
Nicht nur in den Grossstädten, auch in der Provinz gingen am Samstag Tausende auf die Strasse – obwohl Demonstrationen wegen der Corona-Pandemie derzeit verboten sind. Trotzdem griff die Polizei kaum ein. Denn ihre Methoden sind Anlass für die Proteste.
https://www.srf.ch/play/radio/echo-der-zeit/audio/auch-frankreich-protestiert-gegen-polizeigewalt?id=c9e8473d-c1e8-4e32-a6dd-c6cadd8a93bb


+++RASSISMUS
Corona-Krise: Weltweite Demonstrationen gegen Rassismus – Tagesschau
Der Slogan «Black Lives Matter» wird weltweit von Demonstrierenden skandiert. Die Protestbewegung gegen Rassismus und Diskriminierung nimmt weiter zu. Die enormen Menschenmassen hinterlassen in Corona-Zeiten aber ein mulmiges Gefühl. Welche Infektions-Risiken sind mit solchen Menschenansammlungen verbunden?
https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/tagesschau-vom-07-06-2020-hauptausgabe?id=0e280699-9568-4c6d-bd59-8af61e0c1ca1


Diskussion über Rassismus und Polizeigewalt: Der ewige Vorwurf des Generalverdachts
Hat Deutschland ein Problem mit rassistischer Polizeigewalt? Allein die Frage halten manche für unanständig. Sie unterbinden die Debatte gern mit einem im Kern unpolitischen Argument.
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/rassismus-und-polizeigewalt-in-deutschland-der-ewige-vorwurf-des-generalverdachts-a-787b0d12-4cb8-4d79-85e7-9312fcbaabee


Globale Proteste gegen Rassismus: Das letzte weiße Aufbäumen
Der Mord an George Floyd, hat weltweite Auswirkungen. Menschen lassen sich nicht mehr damit abspeisen, außen vor gelassen zu werden.
https://taz.de/Globale-Proteste-gegen-Rassismus/!5687774/
-> https://www.jungewelt.de/artikel/379729.tod-george-floyds-genug-ist-genug.html
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1137563.berlin-alexanderplatz-polizeibrutalitaet-bei-black-lives-matter-demonstration.html


Europa: Erfahrungen mit Rassismus
In vielen europäischen Städten protestieren derzeit Menschen gegen Rassismus und Polizeigewalt. Auch in Europa sind Diskriminierung und Gewalt gegen Schwarze ein alltägliches Problem, wenn auch seltener so offensichtlich wie bei George Floyd in Minnesota. Das Europamagazin berichtet aus Belgien, Spanien und Italien.
https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/europamagazin/sendung/europa-erfahrungen-mit-rassismus-100.html


Rassismus in den USA: „White Supremacy dominiert die amerikanische Gesellschaft“
Der gewaltsame Tod des Afroamerikaners George Floyd durch einen weißen Polizisten hat eine Protestwelle in den USA und vielen anderen Ländern ausgelöst, wie es sie seit den 60er-Jahren nicht mehr gab. In gewisser Weise setze sich hier die Lynchjustiz fort, sagte die Historikerin Christine Knauer im Dlf.
https://www.deutschlandfunk.de/rassismus-in-den-usa-white-supremacy-dominiert-die.911.de.html?dram:article_id=478067


Gesellschaft in den USA: Struktureller Rassismus und weiße Privilegien
Struktureller Rassismus führe in den USA zu andauernder Benachteiligung schwarzer Bürger, sagte die Historikerin Britta Waldschmidt-Nelson im Dlf. Ihnen würde etwa der Zugang zu guter Schulbildung verwehrt. Bei der Polizei und an anderen Schaltstellen säßen zudem oft Anhänger rassistischer Ideologien.
https://www.deutschlandfunk.de/gesellschaft-in-den-usa-struktureller-rassismus-und-weisse.694.de.html?dram:article_id=478165


«Sohn einer Affen-Schlampe»: Schweizer Sportler über ihre Erfahrungen mit Rassismus
Am 25. Mai kam Afroamerikaner George Floyd (46) ums Leben. Er wurde vom vom Polizisten Derek Chauvin so lange auf den Boden gedrückt, bis er verstarb. Es folgte Demos weltweit. «Es reicht! Stoppt den Rassimus», sagt jetzt auch Schweizer Sportlerinnen und Sportler.
https://www.blick.ch/sport/sohn-einer-affen-schlampe-schweizer-sportler-ueber-ihre-erfahrungen-mit-rassismus-id15925606.html


Wer waren die N***** Europas? Der 50. Jahrestag der «Schwarzenbach-Initiative gegen Überfremdung» in der Schweiz und die antirassistische Protestbewegung in den USA
Während in den USA die Städte brennen und Rassismus das Land spaltet, müht sich die Schweiz mit der Bewertung des 50. Jahrestags der Abstimmung zur «Schwarzenbach-Initiative gegen Überfremdung» am 7. Juni 1970. Und es stellt sich die Frage, wie diese Ereignisse zusammenhängen.
https://geschichtedergegenwart.ch/wer-waren-die-n-europas-der-50-jahrestag-der-schwarzenbach-initiative-gegen-ueberfremdung-in-der-schweiz-und-die-antirassistische-protestbewegung-in-den-usa/


Black-Lives-Matter-Proteste in Berlin: Aufstehen in Würde
Jugendliche of Color lassen sich nicht mehr gefallen, dass der Staat sie bedroht und nicht beschützt. Allein in Berlin demonstrieren Zehntausende.
https://taz.de/Black-Lives-Matter-Proteste-in-Berlin/!5687710/
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1137594.antirassismus-polizei-agiert-brutal-nach-berliner-demo.html


Gemeinsam stark
In Hamburg beendete die Polizei die Black-Lives-Matter-Demonstration mit Wasserwerfern und Reizgas
Eine große Zahl von Menschen ging am Wochenende gegen Rassismus auch in Deutschland auf die Straßen. In Hamburg beendete die Polizei die Black-Lives-Matter-Demonstration mit Wasserwerfern und Reizgas.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1137589.antirassismus-gemeinsam-stark.html
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1137591.polizeigewalt-i-canrt-breathe.html
-> https://www.jungewelt.de/artikel/379743.antirassismus-provozierte-eskalation.html
-> https://taz.de/Demonstrationen-gegen-Rassismus/!5690832/


Afro.Deutschland
Wie ist es, mit dunkler Hautfarbe in Deutschland zu leben – und was müsste sich ändern? DW-Moderatorin Jana Pareigis begibt sich auf Recherchereise und begegnet anderen Afro-Deutschen, wie dem Künstler Robin Rhode oder dem Rapper Samy Deluxe.
https://youtu.be/VDVLUqqQEa8
-> https://www.dw.com/de/online-start-f%C3%BCr-dw-film-afrodeutschland/a-38140971


Rassemblement Black Lives Matter à Genève
Le 25 mai 2020, à Houston, George Floyd un homme noir de 46 ans est tué par un policier blanc lors de son interpellation. Depuis, de nombreuses manifestions et émeutes ont lieu quotidiennement dans de nombreuses villes des États-Unis pour dénoncer les meurtres policier sur des personnes noires et plus généralement le racisme de la police.
https://renverse.co/infos-locales/article/rassemblement-black-lives-matter-a-geneve-2629


Black Lives Matter – Der Soundtrack
In der afroamerikanischen Kultur hat der systematische Rassismus längst ein schauriges Genre geschaffen, es durchzieht Literatur, Kino, Fernsehen – und Musik
https://www.derstandard.at/story/2000117935928/black-lives-matter-der-soundtrack?ref=rss



derbund.ch 07.06.2020

Rassismus im Alltag: «Alte Damen halten die Tasche ganz fest, wenn ich vorbeigehe»

Die deutsche Autorin Alice Hasters hat ein unbequemes Buch verfasst – über den Rassismus in uns allen. Es passiert nicht nur in den USA.

Alexandra Kedves

 Frau Hasters, Ihre Mutter ist Afroamerikanerin und kommt aus Philadelphia. Auch dort attackierte die Polizei friedliche Demonstranten mit Tränengas und griff hart durch. Wurden Angehörige von Ihnen verletzt?

Ich hatte mit Verwandten und Freunden Facetime-Kontakt: Ihre Gefühle bewegen sich zwischen unfassbar wütend und zutiefst besorgt. Aber zum Glück wurde niemand physisch verletzt. Manche von ihnen können nicht demonstrieren, weil sie zur Corona-Risikogruppe zählen oder arbeiten müssen. Es gehört zum strukturellen Rassismus in den USA, dass Schwarze meist schlechter bezahlte Jobs haben und eine schlechtere – oder gar keine – Gesundheitsversorgung. Und dass sie stärker von der Pandemie betroffen sind. Zudem laufen schon kleine Jungs wie mein zehnjähriger Neffe Gefahr, einfach so von Polizisten niedergestreckt zu werden, wenn sie draussen unterwegs sind.

Die Videos von der Polizeigewalt sind verstörend, vom Mord an George Floyd bis zum brutalen Umgang mit den Demonstranten. In Ihrem Buch beschreiben Sie jedoch, wie Ihnen in den USA jeweils eine Last von den Schultern fällt. Warum?

Rassismus ist ein systemisches Problem, das Erleben von Rassismus ist dagegen individuell. Generell ist das Gewaltpotenzial in der US-Gesellschaft viel höher als bei uns, Waffen sind weit verbreitet, und Polizeigewalt ist ein reales Risiko für schwarze Menschen, besonders schwarze Männer. Dafür guckt in den USA keiner hin, wenn ich in einen Bus steige – anders als in Deutschland. Meine Mutter fand den deutschen Rassismus weniger belastend als den amerikanischen und blieb.

Werden Schwarze in der hiesigen Gesellschaft oft angestarrt?

Während meiner Kindheit in Köln waren Schwarze in Deutschland noch etwas «Exotisches». Die Leute fassten uns in die Haare und wollten immer hören, woher man denn nun «wirklich» kam. Und bis heute gibt es täglich das, was ich im Buch als «Mückenstiche» bezeichne: kleine rassistische Momente, Symptome des Systems der weissen Vorherrschaft, der «white supremacy». Es sind Mikroaggressionen, die der weisse Täter oft nicht mal bemerkt; auch nicht bemerken will. So ist die Vorstellung vom gefährlichen, unberechenbaren schwarzen Geschöpf heute noch allgegenwärtig. Alte Damen halten ihre Handtasche ganz fest, wenn ich an ihnen vorbeigehe. Und das Racial Profiling durch die Polizei ist Realität.

In der Schweiz wie in Deutschland versucht man, dagegen anzugehen.

Ja, aber eine Schwierigkeit liegt darin, dass es keine gesicherten Daten zum Racial Profiling gibt. Die Bevölkerung wird ja nicht nach Hautfarbe erfasst, auch nicht in den Polizeiakten. Das ist auch gut so.

Wie kann Diskriminierung erfasst werden?

In Deutschland sammelt etwa die von Schwarzen kontrollierte Organisation #Afrozensus Berichte und Zahlen – anonym, ohne die Menschen in Gefahr zu bringen: ein guter Ansatz. Man sollte hinterfragen, ob es überhaupt einen Berg an gesicherten Daten braucht, um Gesetze gegen Rassismus zu verabschieden und ihre Einhaltung einzufordern. Müssten Politik und Gesellschaft nicht schon bei einem einzigen Fall reagieren? Der Dienststellenleiter in Dessau, unter dessen Aufsicht der Sierraleoner Oury Jalloh in der Zelle verbrannte, wurde bis heute nicht belangt. Grundsätzlich gilt: Es gibt keinen Freispruch vom systemischen Rassismus.

Führt der Generalverdacht nicht dazu, dass sich die Leute, angesichts der Pauschalverurteilung, hilflos oder genervt anderen Themen zuwenden?

Es ist wunderbar, wenn die Menschen auf Instagram schwarze Kacheln posten und empört sind. Aber es reicht nicht. Auch nicht, wenn sie sich danach schamvoll-zerknirscht geben wegen der simplen, sprachlosen Geste. Wie die Autorin Reni Eddo-Lodge («Warum ich nicht länger mit Weissen über Hautfarbe spreche») habe ich die Erfahrung gemacht, dass gerade linke, offene Leute völlig verstört reagieren, wenn man sie auf ihre rassistischen Verhaltensweisen hinweist. Oder dass sie versuchen, einem die eigene Wahrnehmung abzusprechen. Rassistisch sind immer nur die anderen. Aber inzwischen weiss ich: Schweigen, freundlich lächeln ist der falsche Weg. Und ständige persönliche Aufklärungsarbeit ist eine unglaubliche Belastung. Darum schrieb ich das Buch. Als Erstes muss jeder begreifen, dass wir uns in historisch gewachsenen Machtverhältnissen bewegen, in denen Rassismus die Funktion hatte, die Weissen systematisch zu bevorteilen. Das eigene «white privilege» und das rassistische Grundrauschen der Gesellschaft zu erkennen, ist ein entscheidender Schritt.

Ein rassistisches Grundrauschen?

Es richtet sich gegen alles, was quasi als nicht weiss definiert wurde: hierzulande Schwarze, Asiaten, Osteuropäer, Sinti und Roma, sunnitische Türkinnen, die in der Türkei wiederum eine Vormachtstellung haben… Es sind die Kontexte, die die Kategorien schaffen – die im Grunde gesellschaftspolitische Kategorien sind. Wenn man sich dieses Grundrauschens nicht bewusst ist, kann es sich in einer Krise ratzfatz zu üblen rassistischen Akten ausformen wie jetzt während der Corona-Pandemie gegen asiatische Personen.

Sie sprechen da von BIPoC: «Black, Indigenous, Person of Color».

Bisher habe ich auf Deutsch kein Äquivalent gefunden. Den Begriff «farbig» lehne ich wegen seiner rassistischen Konnotationen ab. Aber es bleiben Unschärfen, die zu diskutieren sind; ob etwa die Menschen aus Osteuropa da nicht leicht vergessen gehen.

Wie sind die Reaktionen auf Ihr Buch?

Manche Weisse fanden rassistisch, dass ich von «Weissen» spreche, als ob alle gleich seien. Die Erfahrung, schubladisiert zu werden, hat man als Weisser nicht. Gerade als weisser Mann ist man der einzigartige Urmeter. Alle anderen sind die defizitäre Abweichung. Vor kurzem beschimpfte mich einer mit «So sieht der Untergang Deutschlands aus». Aber allgemein beobachte ich derzeit eine Bewusstwerdung in der breiteren Masse, wie sie vor ein paar Jahren in Sachen Feminismus stattfand. Jetzt sollte sich der Diskurs über Rassismus für komplexere Probleme öffnen wie die Intersektionalität. So zählt meine Stimme – als die einer Frau mit schwarzer Haut – erst mal wenig.

Man nannte Sie immerhin schon «die Stimme der deutschen Schwarzen».

Und wie crazy ist das denn! Es kann eben nicht die eine Stimme geben, die dann als Quotenfrau für alle spricht.

Stichwort Quote: Braucht es eine quotierte Repräsentanz von People of Color an Theatern, in Firmen?

Ich zögere, das zu beantworten: Die Debatte verbeisst sich oft in solche konkreten Detailthemen; bei Diskussionen über Queers wird plötzlich nur noch über Trans-Toiletten gesprochen. Wir müssen aufpassen, dass der Diskurs über systemischen Rassismus nicht abdriftet oder geschickt von rechts gekapert wird mit dem Streit über Quoten.

Gerade im Kulturbereich bemühen sich viele, das Richtige zu tun. Doch was ist das Richtige? Die weisse Künstlerin Dana Schutz malte den gelynchten Buben Emmett Till und wurde wegen der «Aneignung» heftig kritisiert.

Ich würde nicht sagen, dass eine Weisse keine gelynchten Schwarzen malen darf. Und die sehr heftigen persönlichen Angriffe finde ich falsch. Aber es geht doch darum: Wer darf das Narrativ kontrollieren, die Geschichte erzählen? Wer wird gehört, wer ist sichtbar? Wer bestimmt, was ausgestellt wird? Jetzt wollen endlich Marginalisierte zu Wort kommen! Es ist Zeit, dass weisse Menschen manchmal zur Seite treten, den Weg frei machen.

Lösen solche Forderungen nicht Ängste, gar einen Backlash aus?

Es wäre verkehrt, sie deshalb nicht zu stellen. Ein Backlash ist immer eine latente Gefahr. Aber schweigt man, haben die Ewiggestrigen sowieso gewonnen. Der Kampf gegen Rassismus ist ein lebenslanger Prozess. Schwarzen Eltern bricht es das Herz, dass sie ihre Kinder auf Rassismuserfahrungen vorbereiten müssen. Ich würde mir wünschen, dass es bei meinen eigenen Kindern dereinst eine selbstverständlichere Aufklärung über Rassismus und seine Geschichte gibt als damals bei mir; gerade an den Schulen.

Was raten Sie Weissen, die etwas verändern wollen?

Erkennt eure privilegierte Situation! Das heisst nicht, dass beispielsweise alleinerziehende weisse Arbeitslose nicht selbst auch strukturelle Diskriminierung erleiden; das darf man nicht gegeneinander ausspielen. Hier gehts darum, wahrzunehmen, dass das Problem grösser ist als man selber. Und, wenn man kann, das eigene Privileg zu nutzen, um Diskriminierten zu helfen. Nicht zuletzt an der Wahlurne.



Das Buch und seine Autorin
Alice Hasters: Was weisse Menschen nicht über Rassismus hören wollen – aber wissen sollten. Hanserblau, Berlin. 224 S., ca. 28 Fr.

Es begann 2017 mit einem Facebook-Post. Seither hat die Berlinerin Alice Hasters zahllose anstrengende Diskussionen führen müssen: Denn Weisse wollen ihn oft nicht wahrhaben, den strukturellen Rassismus, der sie bevorteilt, egal, wie ihre individuelle Position in der Gesellschaft ansonsten aussieht. 2019 legte Hasters ihre Erläuterungen als «Service-Buch» in 20 Punkten vor.

1989 in Köln als Tochter einer Afroamerikanerin und eines Weissen geboren, hat die studierte Journalistin, die auch für die «Tagesschau» arbeitet, den Mechanismus hautnah erlebt: Als «auffallen und rausfallen» beschreibt Hasters die Erfahrung, die People of Color in unseren Breiten häufig machen. Mit ihrem anschaulichen Stil zieht sie uns hinein, etwa in ihre Zeit als Kellnerin – wo ein Gast sie ungehemmt mit «der Nancy aus Kenia» vergleicht; in ihre Kindheit als «Wischmopp», die im unkonventionellen Daheim in der Gocherstrasse trotz allem Glück verhiess auf dem langen Weg zur Identität als «Schwarze Frau» (zu der die Grossschreibung gehört). Vom Privaten geht Hasters geschmeidig zum Grundsätzlichen, Historischen, Theoretischen über – und wieder zurück zum Schock, den der unmittelbare, beiläufige Alltagsrassismus auslöst. (ked)
(https://www.derbund.ch/alte-damen-halten-die-tasche-ganz-fest-wenn-ich-vorbeigehe-245819589866)


+++RECHTSPOPULISMUS
Trump’s Attacks on Antifa Are Attacks on Jews
American Jews cannot support Trump’s ‘war’ on anti-fascism and his camp’s conspiracy theories about the ‘hidden hand’ behind legitimate protest and dissent
https://www.haaretz.com/us-news/.premium-attacks-on-antifa-are-attacks-on-jews-1.8902330


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
Auf dem Bahnhofplatz hingegen waren 25 Personen: Corona-Kundgebung am Schwanenplatz: Ausser der Polizei war keiner da
«Glaube wenig, hinterfrage viel, denke selbst»: Unter diesem Motto haben Kritiker der Corona-Massnahmen auf einem Flyer zu einem Treffen aufgerufen. Am Samstag auf dem Luzerner Schwanenplatz. Gefolgt ist dem Aufruf niemand – ausser die Luzerner Polizei. Die Aktivistinnen wichen dann auf den Bahnhofplatz aus.
https://www.zentralplus.ch/corona-kundgebung-am-schwanenplatz-ausser-der-polizei-war-keiner-da-1812975/


+++USA
Diskriminiert, schikaniert, verdrängt
Im kalifornischen Oakland zeigt sich, wie Afroamerikaner in ihren Gemeinden bis heute gegen Rassismus von Polizisten, Bankern und Mitbürgern kämpfen.
https://www.nzz.ch/international/unruhen-in-den-usa-schwarze-werden-in-oakland-verdraengt-ld.1559950


“Defund the police”: Die Mittel der Staatsgewalt
Darf man gegen Polizeibrutalität mit Gewalt protestieren? Die Frage lenkt in den USA gerade ab von der Hauptforderung der Demonstranten: Streicht der Polizei die Gelder.
https://www.zeit.de/kultur/2020-06/defund-the-police-proteste-polizeigewalt-usa-new-york/komplettansicht


Polizei und Bürger:innen in den USA: Vor dem Sommer der Unruhen
Wie könnte das Vertrauen in die US-Polizei wiederhergestellt werden? In Cincinnati haben Bürger:innen einen Forderungskatalog aufgestellt.
https://taz.de/Polizei-und-Buergerinnen-in-den-USA/!5688542/


USA: Die Wut auf die Staatsgewalt
Von Scharfschützen auf dem Dach bewacht, bunkert sich Präsident Donald Trump auch an diesem Wochenende im Weißen Haus ein, während auf den Straßen Washingtons wieder Tausende demonstrieren. Ein aktueller Lagebericht.
https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/weltspiegel/usa-580.html


USA: Kampf gegen Alltagsrassimus
Bei einem brutalen Polizeieinsatz wurde der Schwarze George Floyd getötet. Seitdem demonstrieren Tausende gegen Polizeiwillkür und Rassismus. Am Rand der Demonstrationen in Washington D.C. traf Stefan Niemann die Aktivistin Arianna Evans.
https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/weltspiegel/usa-586.html


USA “The Blue Wall” – latenter Rassismus bei der Polizei
Nach dem gewaltsamen Tod des Schwarzen George Floyd steht die US-Polzei am Pranger – und das nicht zum ersten Mal. Das Polizeisystem muss komplett erneuert werden – dass fordern die Demonstranten. | mehr
https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/weltspiegel/usa-584.html


US-Unruhen: Am Ende eines Ancien Régime
Die Schriftstellerin Margaret Atwood prophezeite den USA schon vor anderthalb Jahren eine Französische Revolution. Die gesellschaftlichen Parallelen sind längst da.
https://www.zeit.de/kultur/literatur/freitext/us-unruhen-protest-rassismus-polizeigewalt-gleichheit-revolution-george-floyd


Es geschah in einer Sommernacht
1955 wurde Emmett Till nach einem Kaugummikauf gelyncht. Darauf reagierte die US-Bürgerrechtsbewegung
Die USA sind ein Staat der rassistischen Gewalt: Vor 75 Jahren wurde der 14-jährige Emmett Till nach einem Kaugummikauf gelyncht. Danach wurde die US-amerikanische Bürgerrechtsbewegung stärker.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1137577.usa-buergerrechtsbewegung-es-geschah-in-einer-sommernacht.html


+++HISTORY
«Überfremd»
Die Korrespondenz mit der Fremdenpolizei als Zeugnisse der Ausgrenzung: Vor 50 Jahren scheiterte die Schwarzenbach-Initiative knapp, am Leben im Konjunktiv für Ausländerinnen in der Schweiz änderte das nichts. Eine Familiengeschichte.
https://www.republik.ch/2020/06/06/ueberfremd


50 Jahre Schwarzenbach-Initiative: «In einem anderen Land wäre das nicht möglich gewesen»
Vor 50 Jahren scheiterte James Schwarzenbach mit seiner Überfremdungs-Initiative knapp an der Urne. Im Interview sagt Migrationsforscher Gianni D’Amato, wie es zur historischen Abstimmung gekommen war und wie sie die Schweiz veränderte.
https://www.watson.ch/!530488040


50 Jahre Schwarzenbach – Die Wirtschaft boomt – die «Italiener-Frage» spaltet
Am 7. Juni 1970 wurde die Schwarzenbach-Initiative mit 54 % abgelehnt. Zuvor versuchte der Bundesrat jahrelang, die Zuwanderung in den Griff zu bekommen. Doch der Druck der Wirtschaft war stärker – bis Schwarzenbach kam.
https://www.srf.ch/news/schweiz/50-jahre-schwarzenbach-die-wirtschaft-boomt-die-italiener-frage-spaltet


50 Jahre Überfremdungsinitiative: «Wir stecken immer noch in der Schwarzenbach-Falle»
Auf den Tag genau vor 50 Jahren stimmte die Schweiz über die Überfremdungsinitiative von James Schwarzenbach ab. Sie wurde abgelehnt. Doch die Angst vor Überfremdung ist geblieben.
https://www.blick.ch/news/50-jahre-ueberfremdungsinitiative-wir-stecken-immer-noch-in-der-schwarzenbach-falle-id15925686.html


Erste Migrations-Initiative kam vor 50 Jahren vor das Stimmvolk
Am 7. Juni 1970 stimmte die Schweiz über die Überfremdungsinitiative des damaligen Nationalrats James Schwarzenbach ab. Die Ausländerpolitik war somit geboren. Diese spaltete bereits damals die Schweiz. Eine Betroffene erzählt.
https://www.telem1.ch/aktuell/erste-migrations-initiative-kam-vor-50-jahren-vor-das-stimmvolk-138108370