Medienspiegel 5. Mai 2020

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++DEUTSCHLAND
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Flüchtlinge klagen gegen Auswertung ihrer Handydaten
Kontakte, Adressen, Fotos: Seit 2017 dürfen Mobilgeräte von Flüchtlingen ausgelesen werden, wenn Ausweisdokumente fehlen. Die Maßnahme liefert selten neue Erkenntnisse, Betroffene wehren sich jetzt juristisch.
https://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/bamf-fluechtlinge-klagen-gegen-auswertung-ihrer-handydaten-a-802f5a2e-19b2-436c-aefe-b97dc52c7e9f
-> https://netzpolitik.org/2020/gefluechtete-klagen-gegen-das-auslesen-ihrer-handys/


+++ITALIEN
Italien will bis zu 600.000 illegale Migranten legalisieren
Um Schwarzarbeit, Sklaverei und Covid-19 zu bekämpfen, will die italienische Regierung hunderttausenden illegal eingewanderten Migranten Aufenthaltspapiere ausstellen
https://www.derstandard.at/story/2000117294330/italien-will-bis-zu-600-000-illegale-migranten-legalisieren?ref=rss
-> https://www.tagblatt.ch/international/italienische-ministerin-will-600000-illegalen-papiere-geben-ld.1217982


+++GRIECHENLAND
Flüchtlingskinder: Von der Hoffnung zum Fiasko
Eigentlich sollte Deutschland kranke und psychisch belastete Flüchtlingskinder aus den überfüllten Lagern in Griechenland aufnehmen. Doch genau das ist nach Recherchen von Report Mainz nicht geschehen.
https://www.tagesschau.de/investigativ/report-mainz/fluechtlinge-griechenland-209.html


Camps in Griechenland: Minister Müller nennt überfüllte Flüchtlingslager “Schande”
“20.000 Menschen zusammengepfercht”: Entwicklungshilfeminister Gerd Müller fordert Hilfe für die Migranten in den überfüllten Flüchtlingslagern in Griechenland.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/fluechtlinge-in-griechenland-gerd-mueller-nennt-ueberfuellte-camps-schande-a-c4f0e494-1d28-4fed-8299-1d940cc0e44a


+++MITTELMEER
Mit der Bundeswehr gegen Geflüchtete im Mittelmeer
Deutschland will bei der EU-Mission IRINI mitmischen. Das verheißt nichts Gutes, meint die Europapolitikerin Özlem Alev Demirel
Bis zu 300 Bundeswehr-Soldat*innen sollen die neue EU-Militäroperation IRINI unterstützen. Am Donnerstag soll der Bundestag entscheiden. Was verbirgt sich hinter IRINI, welche Interessen werden verfolgt?
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1136295.eu-militaeroperation-irini-mit-der-bundeswehr-gegen-gefluechtete-im-mittelmeer.html


Deutsches Schiff sitzt nach Rettungsauftrag auf Mittelmeer fest
Nach Rettungsauftrag: Deutsches Schiff muss warten während Vorräte knapp werden
https://www.rnd.de/politik/nach-rettungsauftrag-deutsches-schiff-muss-warten-wahrend-vorrate-knapp-werden-PL5A6372B4EZIZ2ANVC27TP7QU.html


+++JENISCHE/SINTI/ROMA
Transitplatz Wileroltigen: Junge SVP will Abstimmung vom 9. Februar aufheben
53,5 Prozent des Berner Stimmvolkes hatten sich für den Bau eines Transitplatzes in Wileroltigen ausgesprochen. Gemäss JSVP soll die Abstimmung wiederholt werden.
https://www.bernerzeitung.ch/junge-svp-will-abstimmung-vom-9-februar-aufheben-590909209138
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/transitplatz-wileroltigen-junge-svp-fordert-neue-abstimmung-137808070


+++GASSE
Gassenarbeit zu Corona-Zeiten – RaBe-Info 05.05.2020
Heute im RaBe-Info berichten wir ausführlich über die Situation der Menschen, welche am Rande der Gesellschaft leben: Wir sprechen mit Ruedi Löffel von der Gassenarbeit Bern.
https://rabe.ch/2020/05/05/gassenarbeit-zu-corona-zeiten/


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Klare Richtlinien für freie Meinungsäusserungen im öffentlichen Raum
Amnesty International ist besorgt über Berichte, wonach die Polizei am 1. Mai in diversen Städten, namentlich Bern, Zürich und Lausanne, Meinungsäusserungen im öffentlichen Raum auch dann nicht toleriert hat, wenn sie etwa von Einzelpersonen mit Transparenten ausgingen.
https://www.amnesty.ch/de/laender/europa-zentralasien/schweiz/dok/2020/klare-richtlinien-fuer-freie-meinungsaeusserungen-im-oeffentlichen-raum



(FB Klimastreik Schweiz)
BREAKING:
Die Polizei Bern hat soeben mehrere unserer Aktist*innen vor der Bern Expo grob gestoppt. Sie wollten friedlich gegen den Kredit für die Flugbranche ohne Klimabedingungen protestieren. Mit einem grossen Transparent und Demoschildern aus der ganzen Schweiz wollten wir ein Zeichen setzen, selbstverständlich unter Einhaltung aller BAG-Regeln. Die Polizei hat sich trotzdem im Vorhinein geweigert unser Gesuch für eine Kundgebung entgegenzunehmen und nun hart durchgegriffen. Die Kreditsicherung für die Flugbranche ohne Klimabedingungen ist jedoch schlicht unvereinbar mit einer lebenswerten Zukunft! Darum kämpfen weiter, bis die verfassungsgemäss garantierte Verantwortung gegenüber den jetzigen und zukünftigen Generationen umgesetzt wird!
(https://www.facebook.com/klimastreikschweiz)
-> https://mailchi.mp/climatestrike/klimastreik-macht-schilderdemo-auf-expo-geldnde-gegen-untersttzung-der-swiss
-> Fotos + Videos: https://www.flickr.com/photos/climatestrike/sets/72157714162282251/



Klimastreik kritisiert Polizei für Demo-Stopp
Klimastreikende wollen vor der Bernexpo mit Schutzmasken demonstrieren. Die Polizei lässt sich das nicht bieten. Balthasar Glättli letzteres jedoch auch nicht.
https://www.nau.ch/news/videos/klimastreik-kritisiert-polizei-fur-demo-stopp-65703081



bernerzeitung.ch 05.05.2020

Wegen Versammlungsverbot: Polizei räumt Klimademo vor dem Parlaments-Exil

Klimaaktivisten haben auf dem Expo-Gelände, wo zurzeit das nationale Parlament tagt, gegen Staatsgelder für die Luftfahrt demonstriert. Bis die Polizei einschritt.

Martin Bürki

Mit Schildern, die ihnen aus der ganzen Schweiz zugesandt worden waren, haben Klimaaktivisten am Dienstagmittag vor der Expohalle in Bern demonstriert. Sie stören sich daran, dass der Bund wegen der Corona-Krise die nationalen Fluggesellschaften Swiss und Edelweiss mit maximal 1,275 Milliarden Franken unterstützen möchte.

Insgesamt beträgt das Rettungspaket für die Schweizer Luftfahrt gar 1,9 Milliarden (lesen Sie dazu mehr hier). Es fliesse aber kein Geld, solange sich das Parlament nicht zu der Idee geäussert hat, beteuerte Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga. Und eben jenes Parlament tagt gegenwärtig in der Expohalle.

«Im Jahr 2020 Fluggesellschaften am Leben zu erhalten, ist absolut verantwortungslos», lässt sich Maria Weidtmann in einer Mitteilung des Klimastreiks Schweiz zitieren. Durch diesen Entscheid würden «noch mehr Menschen wegen der Klimakrise leiden und sterben.»

Polizei weist Demonstranten weg

Nach Aussagen der Demo-Organisatoren wurden bei der Kundgebung die Hygienemassnahmen wie zwei Meter Abstand oder Schutzmasken eingehalten. Dennoch schritt die Polizei gegen 13 Uhr ein, gestützt auf die Covid-19-Verordnung, die Versammlungen von mehr als fünf Personen untersagt. Die Gruppe von rund 20 Kundgebungsteilnehmern sei kontrolliert und weggewiesen worden, wie ein Sprecher der Kantonspolizei Bern bestätigt.

Einzelne Teilnehmer hätten der polizeilichen Wegweisung nicht Folge geleistet, entsprechend müssten diese nun mit einer Anzeige rechnen. Dieses Vorgehen war auch letzten Samstag zum Zuge gekommen, als 300 Personen auf dem Bundesplatz gegen den Lockdown demonstriert hatten und sich weigerten, den Platz zu räumen.

Wie so oft in solchen Fällen wird aus linken Kreisen die Verhältnismässigkeit des Polizeieinsatzes infrage gestellt und in den sozialen Medien kritisiert:

Bis ins Innere der Expohalle scheint der Protest auch nicht nachhaltig gedrungen zu sein: Nach dem Ständerat am Montag hat am Dienstag auch der Nationalrat dem Rettungspaket zugestimmt (die Entscheide aus der Parlamentssitzung können Sie im Ticker nachlesen).
(https://www.bernerzeitung.ch/polizei-raeumt-klimademo-vor-dem-parlaments-exil-158910834068)



derbund.ch 05.05.2020

Klimaprotest verhindert

Nur kurz haben jugendliche Klima-Aktivisten am Dienstagnachmittag auf dem Bernexpo-Gelände für ihre Anliegen demonstrieren können. Die Polizei wies die ungefähr 20 Personen umgehend weg.

Sie berief sich dabei auf das Kundgebungsverbot gemäss Corona-Notrecht, wie eine Sprecherin der Kantonspolizei Bern auf Anfrage sagte. Die Demonstrierenden hatten Kartonschilder in die Höhe gehalten, auf denen Parolen wie «Save people not planes» (etwa: Rettet Menschen nicht Flugzeuge) zu lesen waren.

Die Demo-Organisatoren vom Klimastreik kritisierten den Einsatz als unverhältnismässig. Bei der «Schilderdemo» seien die Hygieneregeln eingehalten worden. «Die Aktivistinnen und Aktivisten hielten stets mindestens zwei Meter Abstand voneinander, sie trugen Schutzmasken und benutzten regelmässig Händedesinfektionsmittel.»

Der Protest richtete sich gegen die vom Parlament im Grundsatz gutgeheissene Milliardenhilfe für die Airlines Swiss und Edelweiss. «Im Jahr 2020 Fluggesellschaften am Leben zu erhalten, ist absolut verantwortungslos», erklärte die Aktivistin Maria Weidtmann. «Der Bundesrat und das Parlament nehmen in Kauf, dass dadurch noch mehr Menschen wegen der Klimakrise leiden und sterben werden.»

Klima-Aktivisten im ganzen Land hätten Schilder gemalt und nach Bern geschickt, heisst es im Communiqué der Organisation Klimastreik. Am Dienstag seien die Kartonschilder auf dem Vorplatz des Expo-Geländes ausgelegt worden. Dort ist seit Montag die Sondersession der eidgenössischen Räte im Gang. (sda)
(https://www.derbund.ch/ticker-corona-kanton-bern-594319178143)
-> https://www.20min.ch/story/klima-aktivisten-von-polizei-vertrieben-604532382393
-> https://www.watson.ch/schweiz/coronavirus/987760728-coronahilfen-fuer-swiss-polizei-stoppt-klima-demo-vor-sondersession
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/polizei-unterbindet-klima-demo-auf-bernexpo-gelande-65703147



Service-Public-Kundgebung in Zürich: Das Sicherheitsdepartement hat jegliches Augenmass verloren
Der 1. Mai drohte zur Nullnummer zu werden. Weil sie sich nicht mit einem Topfkonzert am Balkongeländer zufriedengeben wollten, demonstrierten VertreterInnen einiger besonders von den Privatisierungen der letzten Jahre betroffenen Berufsgruppen im Zürcher Kreis 1 trotzdem – friedlich und unter Einhaltung der Sicherheitsregeln. Dann kam die Polizei mit Gummischrotgewehren im Anschlag.
https://daslamm.ch/service-public-kundgebung-in-zuerich-die-sicherheitsdirektion-hat-jegliches-augenmass-verloren/


+++BIG BROTHER
Wer einen Kaffee will, muss seine Telefonnummer angeben
Die Gastrobranche hat ihr Schutzkonzept für die Öffnung der Restaurants am 11. Mai vorgelegt: Nur wer Namen und Telefonnummer angibt, wird bedient.
https://www.derbund.ch/wer-einen-kaffee-will-muss-seine-telefonnummer-angeben-735608757861
-> https://www.gastrosuisse.ch/de/angebot/branchenwissen/informationen-covid-19/branchen-schutzkonzept-unter-covid-19/
-> https://www.tagblatt.ch/news-service/inland-schweiz/gastro-schutzkonzept-wer-im-restaurant-essen-will-muss-seine-telefonnummer-angeben-ld.1217924
-> https://www.watson.ch/schweiz/coronavirus/845552003-coronavirus-beizen-besuche-nur-erlaubt-bei-angabe-persoenlicher-daten
-> https://www.nau.ch/news/wirtschaft/coronavirus-star-gastronom-unterstutzt-contact-tracing-in-beizen-65702321
-> https://www.blick.ch/news/wirtschaft/schutzkonzept-verbietet-anonyme-beizen-besuche-sag-mir-deinen-namen-und-ich-geb-dir-ein-bier-id15875505.html
-> Echo der Zeit: https://www.srf.ch/play/radio/echo-der-zeit/audio/branchenverband-gastrosuisse-stellt-corona-konzept-vor?id=f706d2c5-a9a3-41b7-a084-0c4faac1aeca
-> https://www.tele1.ch/sendungen/1/Nachrichten#540067_4
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/gastrokonzept-koennen-die-beizer-das-schutzkonzept-einhalten-137808052
-> https://www.telezueri.ch/zuerinews/schutzkonzepte-sorgen-fuer-rote-koepfe-in-der-gastroszene-137807798
-> https://www.telem1.ch/aktuell/koennen-restaurants-die-neuen-vorlagen-einhalten-137807919
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/schutzkonzept-fuer-restaurants-muss-der-wirt-jetzt-polizist-spielen


+++POLICE BE
derbund.ch 05.05.2020

Die Spione der Kantonspolizei

Die Berner Kantonspolizei hat ihren eigenen Nachrichtendienst. Eine Rüge der Geheimdienst-Aufsicht gibt einen seltenen Einblick in die Arbeitsweise der Staatsschützer.

Adrian Hopf-Sulc

Ein kantonaler Geheimdienst? Ja, den gibt es. Im Organigramm der Kantonspolizei taucht er bei der Kriminalpolizei als «Fachbereich Staatsschutz» auf. Wo genau die Abteilung ihre Büros hat und wie ihr Chef heisst, will die Kantonspolizei nicht sagen. Sie gibt auf Anfrage einzig bekannt, dass der bernische Staatsschutz 15 Mitarbeitende zählt.

Sie alle sind zwar bei der Kantonspolizei angestellt. Doch finanziert werden ihre Stellen vom Nachrichtendienst des Bundes (NDB), dem nationalen Geheimdienst. Die 15 Berner Staatsschützer sind die «kantonale Vollzugsbehörde» des NDB, so sieht es das Nachrichtendienstgesetz vor. Sie müssen neben Arbeiten für die Kantonspolizei auch Aufträge ausführen, die ihnen der NDB erteilt.

Die kantonalen Nachrichtendienstler sammeln dabei wie ihre Kollegen in der NDB-Zentrale Informationen zu terroristischen, extremistischen und anderen illegalen Aktivitäten. Sie dürfen auch unter falscher Identität arbeiten und mit falschen Ausweispapieren ausgestattet werden, um Zielpersonen oder Organisationen auszuspionieren. Ob der bernische Staatsschutz davon Gebrauch macht, ist nicht bekannt.

Sie füttern den «Index NDB»

Doch auch die kantonalen Geheimdienstler werden einen grösseren Teil ihrer Arbeitszeit am Schreibtisch verbringen. Für die Erledigung der vom NDB erteilten Aufträge arbeiten sie unter anderem mit Datenbanken von Kantonspolizei und Kantonsverwaltung. Der kantonale Staatsschutz selbst darf keine Datenbank anlegen. Die Mitarbeiter speisen ihre Rechercheergebnisse, etwa Berichte über extremistische Gruppierungen, in eine Datenbank des nationalen Nachrichtendienstes ein.

Die Datenbank heisst Index NDB. Sowohl die Angestellten des NDB wie auch alle kantonalen Nachrichtendienste haben Zugriff darauf. Sie enthält laut Nachrichtendienstgesetz die Namen aller vom NDB erfassten extremistischen «Personen, Organisationen, Gruppierungen, Gegenstände und Ereignisse».

Bevor die bernischen Nachrichtendienstler ihre fertigen Berichte in die Datenbank hochladen, speichern sie die im Zuge ihrer Recherche gesammelten Daten im Computernetzwerk der Kantonspolizei. Dabei kann es sich beispielsweise um eine Liste mutmasslicher islamistischer Terroristen handeln.

Daten wurden nicht gelöscht

Genau diese Arbeitsweise zog letztes Jahr die Aufmerksamkeit der nationalen Nachrichtendienst-Aufsichtsbehörde auf sich. Die Behörde kontrolliert im Turnus auch die 26 kantonalen Geheimdienststellen. Am 11. Mai 2019 fand die Prüfung des bernischen Nachrichtendienstes statt. Dabei hat die Aufsichtsbehörde festgestellt, «dass eine nachvollziehbare Kontrolle über Datenlöschungen von nachrichtendienstlichen Informationen in der kantonalen Informatik-Umgebung fehlte», wie es in deren Jahresbericht heisst.

Die Aufseher empfahlen Massnahmen, «um sicherzustellen, dass die für den Import ins Informationssystem des NDB kantonal zwischengespeicherten nachrichtendienstlichen Informationen 60 Tage nach deren Ablage aus der kantonalen Arbeitsumgebung gelöscht würden». Ansonsten seien bei der Kontrolle in Bern aber keine Unrechtmässigkeiten festgestellt worden, heisst es weiter.

Mehr Geld für Geheimdienste

Der festgestellte Mangel sei inzwischen behoben worden, schreibt Thomas Fritschi, Leiter der unabhängigen Aufsichtsbehörde über die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten, auf Anfrage des «Bund»: «Die verwendeten Informationen werden nach Einspeisung in die NDB-Arbeitsumgebung gelöscht.» Dies werde vom Chef des kantonalen Nachrichtendienstes kontrolliert und protokolliert, so Fritschi.

Für die Arbeit der 15 bernischen Staatsschützer erhielt die Kantonspolizei vom NDB bisher 1,35 Millionen Franken pro Jahr. Ab diesem Jahr sollen es gar 1,75 Millionen sein. Denn der Bundesrat hat die Mittel für den Nachrichtendienst letztes Jahr erhöht. In den Kantonen werden deshalb insgesamt 30 zusätzliche Geheimdienststellen geschaffen. Damit zählen die kantonalen Nachrichtendienste künftig total rund 150 Angestellte. Auch in der NDB-Zentrale an der Berner Papiermühlestrasse wird deutlich aufgestockt: Der Nachrichtendienst darf die Zahl seiner Stellen um 100 auf über 400 erhöhen.


Wenn Grossräte den Staatsschutz besuchen

Muss der Kanton Bern seine Staatsschützer beaufsichtigen? Diese Frage war lange ein Politikum. Der zuständige Regierungsrat besuchte den kantonalen Nachrichtendienst zwar einmal pro Jahr und nahm jeweils Stichproben von dessen Arbeit vor. Doch die Aufsicht war nirgends im Gesetz verankert.

Das änderte sich mit dem neuen kantonalen Polizeigesetz, das seit diesem Jahr in Kraft ist. Es besagt, dass die Sicherheitsdirektion über eine Stabsstelle verfügen muss, die ihren Vorsteher bei der Aufsicht des Staatsschutzes unterstützt. Diese Aufgabe wird von Florian Hirte wahrgenommen, dem stellvertretenden Generalsekretär von Sicherheitsdirektor Philippe Müller. Müller wiederum muss seine Regierungsratskollegen einmal jährlich über die Aktivitäten der kantonalen Geheimdienstler orientieren.

An der jährlichen Inspektion des Staatsschutzes in dessen Räumlichkeiten nehmen neben Müller und Hirte auch Mitglieder eines Ausschusses der Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Grossen Rates teil. Auch der Regierungsrat und seine Begleiter dürfen die eigentliche Arbeit der Nachrichtendienstler nicht sehen – weil sich die geheimen Daten zu beobachteten Personen und Organisationen im System des NDB befinden. Stattdessen haben die bernischen Staatsschützer einige ihrer Fälle anonymisiert. Aus diesen nehmen die Besucher dann Stichproben.

Anwesend ist jeweils auch Peter Siegenthaler, SP-Grossrat und Präsident der Geschäftsprüfungskommission. «Ich habe den Eindruck, dass der Regierungsrat seine Aufsichtspflicht wahrnimmt», sagt Siegenthaler. Mit der Anwesenheit der fünf bis sieben Grossräte des GPK-Ausschusses könne der Kreis, der in das sensible Gebiet Einsicht hat, klein gehalten werden und gleichzeitig sei eine demokratische Kontrolle des Staatsschutzes möglich.

Ganz zufrieden sind Siegenthaler und seine Kommissionskollegen aber noch nicht. In ihrem Jahresbericht 2018 bemängelten sie, dass der bernische Staatsschutz über keine statistischen Angaben verfüge. Die Grossräte möchten wissen, an wie vielen Fällen der Fachbereich im Auftrag des NDB gearbeitet hat – und an wie vielen aus eigenem Antrieb. Ob die Forderung umgesetzt wurde, wird im Jahresbericht 2019 der Geschäftsprüfungskommission zu lesen sein, der erst noch publiziert wird. (sul)
(https://www.derbund.ch/die-spione-der-kantonspolizei-294450225855)


+++ANTIRA
«Notorisch islamfeindliche Meinungen» eines SVP-Nationalrats
Jean-Luc Addor wurde auch in zweiter Instanz wegen Rassendiskriminierung schuldig gesprochen. Einsicht zeigt er noch immer nicht.
https://www.infosperber.ch/Artikel/Politik/SVP-Nationalrat-Addor-Notorisch-islamfeindliche-Meinungen


+++VERSCHWÖRUNGSTHEORIEN
tagesanzeiger.ch 05.05.2020

«Social Media ist der Brutofen von Verschwörungsideen»

Im Corona-Podcast fragt Patrick Frey den Regisseur Thomas Hämmerli, ob Messies und Verschwörungstheoretiker im Lockdown die Zeit ihres Lebens haben. Auch Thema: Hämmerlis neuer Kurzfilm «Heimschooling bei Klugscheissers».

Der Schauspieler und Autor Patrick Frey will wissen, wie es den Schweizerinnen und Schweizern während der Corona-Pandemie geht. Er ruft prominente und weniger bekannte Menschen an und führt ein persönliches Gespräch. Daraus entsteht ein authentischer und ungeschnittener Telefon-Podcast in einer «aussergewöhnlichen Lage».

Podcast: https://cdn.simplecast.com/audio/df949a/df949a96-558c-445b-8f77-328c083685b3/f5741d77-770d-47cd-93f7-7eaa547788ee/200505-folge-29-hammerli_tc.mp3?aid=embed

In der aktuellen Folge erzählt der Journalist und Filmemacher Thomas Hämmerli («Die Gentrifizierung bin ich») vom Ehrgeiz, seiner fünfjährigen Tochter das Lesen und seinem sechsjährigen Sohn das Einmaleins beizubringen – und davon, was Verschwörungstheoretiker glauben über Bill Gates zu wissen.
(https://www.derbund.ch/social-media-ist-der-brutofen-von-verschwoerungsideen-685713195856)



Neue Partei von Coronaleugnern: Der Großverschwörung auf der Spur
In mehreren Städten gehen „Coronaskeptiker“ auf die Straße. Nun könnten sie ein Sammelbecken finden: die Neupartei „Widerstand 2020“.
https://taz.de/Neue-Partei-von-Coronaleugnern/!5682965/
-> https://www.deutschlandfunk.de/covid-19-wie-widerstand-2020-die-corona-krise-in-frage.1939.de.html?drn:news_id=1127590
-> https://www.tagesschau.de/inland/widerstand-2020-101.html


+++HISTORY
Davos im Zweiten Weltkrieg – Der weltberühmte Kurort war einst ein Nazi-Nest
1945 war die Erleichterung gross in Davos. Der Kurort hatte bedrohliche Jahre hinter sich, in denen die starke Präsenz von Nationalsozialisten zu Spannungen geführt hatten.
https://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-religion/1945/davos-im-zweiten-weltkrieg-der-weltberuehmte-kurort-war-einst-ein-nazi-nest


+++WORLD OF CORONA
Corona-Krise: Die Alten begehren auf – 10vor10
Viele Menschen in Alters- oder Pflegeheimen fühlen sich zur Zeit wie im Gefängnis. Nun beginnen sie sich zu wehren – Beschwerden bei Ombudsstellen und Senioren-Organisationen häufen sich.
https://www.srf.ch/play/tv/10vor10/video/corona-krise-die-alten-begehren-auf?id=2c5fe34c-9006-4a4e-95c0-c53fccb900e8


Corona drängt Menschen in der Schweiz in die Armut – Rendez-vous
Wer schon vor der Corona-Krise an der Grenze zum Existenzminimum gelebt hat, trifft es besonders hart. Hilfswerke schlagen Alarm und versuchen mit dem Verteilen von Grundnahrungsmitteln etwas Abhilfe zu schaffen.
https://www.srf.ch/play/radio/rendez-vous/audio/corona-draengt-menschen-in-der-schweiz-in-die-armut?id=12a13025-6c92-48f0-8ca6-8b3aaf087ca8



derbund.ch 05.05.2020

Zunehmende Not wegen der Krise: Corona drängt immer mehr Menschen in die Armut

Wegen der Corona-Krise sind in der Schweiz Zehntausende auf kostenlose oder vergünstigte Lebensmittel angewiesen. Die Hilfsorganisation Caritas befürchtet, dass die Armut nun drastisch zunimmt.

Philippe Reichen Genf, Jacqueline Büchi

Die Bilder aus Genf verschreckten Bürger in der ganzen Schweiz: 1500 Menschen versammelten sich am Samstag vor dem Eishockeystadion des HC Genf-Servette. Hilfsbedürftige, die wegen der Corona-Krise in existenzieller Not sind und für ein Päckchen Reis, Teigwaren und Mehl anstanden. Der Wert der Ware: 20 Franken. Die Menschenschlange: ein Kilometer. Die Wartezeit: drei Stunden. Die Hilfesuchenden konnten sich auch auf eine mögliche Corona-Infektion hin testen lassen und eine Sozialberatung in Anspruch nehmen.

Hinter der Aktion stand das Genfer Bürgerkomitee «La Caravane de Solidarité». Auch «Colis du cœur», eine andere Hilfsorganisation, registriert in Genf eine massiv zunehmende Nachfrage nach kostenlosen Lebensmitteln. Sie verschickt Bedürftigen Einkaufsbons für die Migros. Seit Ausbruch der Corona-Krise steigt die Nachfrage um 1000 Gesuche pro Woche.

«Niemand steht drei Stunden im Regen, wenn er Hilfe nicht dringend nötig hat.» So kommentiert Marianne Halle von der Genfer Beratungsstelle «Centre de Contact Suisses-Immigrés» die Bilder vom Samstag. Halle kennt die Situation in Genf genau. Familien hätten ihre Haushaltshilfen oder Kinderbetreuerinnen schon vor Wochen auf die Strasse gestellt und damit in die Prekarität gezwungen. Am Samstag sei die ganze Misere für alle sichtbar geworden.

Nur ein Teil der Betroffenen sei im Übrigen ausweislos, sagt Marianne Halle. Auch Leute mit Aufenthaltsbewilligungen hätten Angst, beim Staat Sozialhilfe zu beantragen. Sie fürchteten, dass der Kanton sie danach mit dem Entzug der Aufenthaltsbewilligung bestrafe. «Um das zu verhindern, litten Betroffene lieber an Hunger», sagt die Genferin. Die Kantonsregierung hat reagiert und klargestellt, dass wegen der Inanspruchnahme von Sozialhilfe während der Corona-Krise niemand seine Bewilligung verliert.
Reis, Teigwaren, Früchte und Mehl enthielten die Lebensmittelpakete des Genfer Bürgerkomitees «La Caravane de Solidarité».

Die Situation in Genf erstaunt Stefan Gribi von der Hilfsorganisation Caritas kaum. Caritas ist in 19 Kantonen präsent. «Zu Beginn des Lockdown gab es einen Ansturm auf unsere Lebensmittelläden», sagt Gribi. Die Not war so gross, dass als Soforthilfe Einkaufsbons abgegeben wurden. Der Absatz von Grundnahrungsmitteln wie Weissmehl, Pflanzenöl, Reis, Teigwaren und Milch hat um durchschnittlich 50 Prozent zugenommen.

Aktuell verteilt Caritas eine zweite Serie Lebensmittelgutscheine im Wert von 100’000 Franken – die erste war innert weniger Tage aufgebraucht. Parallel würden wöchentlich mehrere Hundert neue Einkaufskarten für den Caritas-Markt ausgestellt, die bei der Hilfsorganisation oder bei Sozialämtern beantragt werden, sagt Gribi.

Darüber hinaus steige die Nachfrage nach Sozialberatungen und finanziellen Überbrückungshilfen, auch von Selbstständigerwerbenden, weil die Leute Wohnungs- und Geschäftsmieten und sonstige Rechnungen nicht mehr bezahlen können. Der Caritas-Sprecher sagt: «Gemäss dem Bundesamt für Statistik waren kurz vor Ausbruch der Corona-Krise 660’000 Menschen von Armut betroffen, 500’000 lebten nur knapp über der Armutsgrenze. Wir müssen damit rechnen, dass durch die Wirtschaftskrise immer mehr Leute in die Armut abrutschen.»

Zehnmal mehr Lebensmittel in Bern

Alarmsignale kommen auch aus der Deutschschweiz. Etwa von der kirchlichen Gassenarbeit in Bern: Gaben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor der Krise jeweils am Rande von Beratungen kleinere Mengen von Lebensmitteln ab, stehen die Bedürftigen jetzt zweimal in der Woche Schlange.

«Jeden Dienstag und Donnerstag kommen zwischen 120 und 150 Menschen, die je einen prall gefüllten Sack voller Reis, Pasta, Gemüse und Früchte mitnehmen», sagt Mitarbeiterin Nora Hunziker. Die Menge der abgegebenen Lebensmittel habe sich mindestens verzehnfacht.

Hunziker stellt fest, dass neu auch Personen das Angebot nutzten, die früher nicht darauf angewiesen waren, weil sie ein Einkommen hatten – «etwa Sexarbeiterinnen oder Strassenmusiker». Zudem merke man, dass gewisse Lokale schliessen mussten, die sonst ebenfalls kostenlose oder günstige Nahrungsmittel anbieten. «Deren Kundschaft kommt nun ebenfalls zu uns.»

Dass sich die Zusammensetzung der Kundschaft verändert hat, stellt auch Andy Bensegger, der Leiter der Gassenküche in Basel, fest. Ältere Leute blieben der Gassenküche vermehrt fern, dafür machen nun auch hier einige Prostituierte vom Angebot Gebrauch. «Man merkt, dass die Infrastruktur im Rotlichtmilieu komplett zusammengebrochen ist. Wer vor der Grenzschliessung noch wegkonnte, ist gegangen – die anderen blieben ohne Einkommen zurück und kommen jetzt zu uns», so Bensegger.

Helfer geraten in Finanznöte

In Zürich hat die Heilsarmee zusammen mit dem Verein Netz 4 und der Beratungsstelle Chrischtehüsli ein Take-away-Angebot auf die Beine gestellt – seit dem 20. März geben sie kostenlose Mittagessen ab. «Am Anfang kochten wir 80 Portionen pro Tag – jetzt sind es schon 180», sagt Emmanuel Parvaresh-Glauser, der das Chrischtehüsli leitet. Zusätzlich würden im ganzen Kanton Lebensmittelpäckchen verteilt.

Schon seit Platzspitz-Zeiten organisiert das Chrischtehüsli Angebote für Bedürftige – eine vergleichbare Nachfrage habe er aber noch nie erlebt, sagt Parvaresh-Glauser. Dies schlägt sich auch in den Finanzen der Beratungsstelle nieder: Betragen die Ausgaben normalerweise 30’000 Franken pro Monat, sind es nun über 50’000. «Wir wissen nicht, wie lange wir diese enormen Kosten noch stemmen können», sagt er. In einem Brief bittet er die Stadt Zürich um rasche finanzielle Unterstützung – denn je länger die Corona-Krise andauere, desto grösser werde der Druck für die Menschen am Rande der Gesellschaft.
(https://www.derbund.ch/corona-draengt-immer-mehr-menschen-in-die-armut-499961437435)
-> https://www.20min.ch/story/leute-die-vorher-gut-ueber-die-runden-kamen-brauchen-essenspakete-857160634147
-> https://www.nzz.ch/meinung/schlangenstehen-fuer-reis-kein-zufall-dass-genf-exponierter-ist-ld.1555001
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/corona-und-die-sans-papiers-neben-der-angst-jetzt-auch-noch-keine-arbeit