Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel
+++BASELLAND
Trotz Bundesurteil: Baselland schafft eine Flüchtlingsfamilie nicht aus – zumindest vorerst
Sicherheitsdirektorin Kathrin Schweizer setzt ein Zeichen: In einem
Schreiben an den Gemeinderat von Langenbruck sichert sie einer
Flüchtlingsfamilie Hilfe zu, die der Bund eigentlich seit drei Jahren
ausschaffen lassen will. Die Hoffnung liegt im Herbst.
https://www.bzbasel.ch/basel/baselbiet/trotz-bundesurteil-baselland-schafft-eine-fluechtlingsfamilie-nicht-aus-zumindest-vorerst-136241016
+++ST. GALLEN
Es braucht einen sicheren Ort
In St.Gallen ist seit einem Jahr die IG Sans-Papiers am Werk – Ziel ist
der Aufbau einer Anlauf- und Beratungsstelle. Der Gastbeitrag aus
unserem Januarheft von Laura Cutolo und Gianluca Cavelti von der IG
Sans-Papiers St.Gallen.
https://www.saiten.ch/es-braucht-einen-sicheren-ort/
+++SCHWEIZ
Nach ihrem Schmusekurs mit der SP zeigt Keller-Sutter ihr St. Galler Gesicht: Die Eiserne Lady ist zurück
Im Ständerat hatte Karin Keller-Sutter alle überzeugt. Die zuvor als
Asylhardlinerin schweizweit bekannt gewordene St. Galler Regierungsrätin
gab sich im Stöckli von ihrer konstruktiven Seite. Als Bundesrätin
zeigt sie wieder alte Härte.
https://www.blick.ch/news/politik/nach-ihrem-schmusekurs-mit-der-sp-zeigt-keller-sutter-ihr-st-galler-gesicht-die-eiserne-lady-ist-zurueck-id15708674.html
+++MITTELMEER
Rettungsschiff ALAN KURDI verlässt Palermo Richtung zentrales Mittelmeer
Das Rettungsschiff ALAN KURDI hat am Freitagmittag den Hafen von Palermo
verlassen und ist auf dem Weg ins zentrale Mittelmeer. Während des
Aufenthalts in Palermo wurde die vorherige Crew abgelöst und
Wartungsarbeiten am Schiff vorgenommen.
https://sea-eye.org/rettungsschiff-alan-kurdi-verlaesst-palermo/
+++JENISCHE/SINTI/ROMA
bernerzeitung.ch 18.01.2020
Transitplatz spaltet die SVP
Wileroltigen – Die einen fürchten noch mehr ausländische Fahrende. Die
anderen hoffen auf eine Lösung für gebeutelte Landwirte und Gemeinden.
Der Transitplatz in Wileroltigen spaltet die Gemüter in der SVP.
Sandra Rutschi
Beim Berner Stimmvolk hat der geplante Transitplatz für ausländische
Fahrende einen schweren Stand. Das zeigt eine Tamedia-Umfrage (wir
berichteten). Die einzige Partei, die sich offiziell gegen das
3,3-Millionen-Geschäft ausspricht, ist die SVP. Ihre Jungpartei hat
erfolgreich das Referendum ergriffen. Und doch zeigt die Abstimmung im
Grossen Rat, dass das Geschäft auch in der SVP Befürworter hat: 16 Leute
aus der Fraktion stimmten dafür, 23 dagegen.
Bei der SVP wirft der Platz Grundsatzfragen auf. Im Zentrum steht das
Prinzip der Partei, dass sich der Kanton Bern in erster Linie um seine
Bürger kümmern soll, bevor er sich für die Interessen von Ausländern
einsetzt. Zudem sind ausländische Fahrende meist nicht gern gesehen. In
den letzten Jahren besetzten sie immer wieder Land. Die Kreditgegner
kritisieren Unrat, illegales und umweltschädliches Arbeiten und lästiges
Hausieren. Und sie befürchten, dass der Platz mehr ausländische
Fahrende anziehen könnte.
Dabei argumentieren einige Gegner zum Teil an der Grenze zum Rassismus.
Das zeigen die Schuldsprüche des Regional- als auch des Obergerichts
gegen die Co-Präsidenten der Jungen SVP Nils Fiechter und Adrian Spahr
wegen Rassendiskriminierung. Auslöser war eine Karikatur. Diese zeigt
einen Mann, der in den Büschen seine Notdurft verrichtet, während sich
ein anderer Mann im Sennenmutz die Nase zuhält. Spahr und Fiechter haben
das Urteil ans Bundesgericht weitergezogen.
Die Gemeinden
Doch nicht nur die Ausländerskepsis ist eine Grundhaltung in der SVP.
Sondern auch ein sorgsamer Umgang mit öffentlichen Geldern. Der
Transitplatz ist etlichen Gegnern zu teuer. Und nicht zuletzt will die
Partei, die Gemeindeautonomie grossschreibt, der Gemeinde Wileroltigen
keinen Transitplatz gegen ihren Willen aufzwingen.
Ein SVP-Mann, der für den Kredit gestimmt hat, ist Daniel Bichsel. Der
Zollikofer Gemeindepräsident ist Präsident des Gemeindeverbands (VBG)
und der grossrätlichen Finanzkommission (Fiko) – von Gremien also, die
zentral sind für Kernanliegen der SVP. Er betont, dass seine Haltung
weder jene der Fiko noch des VBG sei. Beide Gremien haben sich nicht mit
der Thematik befasst. Dennoch haben finanzielle und gemeindespezifische
Aspekte den Ausschlag für Bichsels Entscheid gegeben.
«Ja, der Platz ist teuer. Aber das Kosten-Nutzen-Verhältnis in
Wileroltigen ist viel besser, als es in Meinisberg der Fall gewesen
wäre», sagt er. Das frühere Transitplatz-Projekt, das der Grosse Rat
zurückwies, hätte 9,3 Millionen Franken und damit fast dreimal so viel
gekostet wie das aktuelle. Zudem sei die Lage ideal. «Der Platz liegt an
einer Transitachse, das nächste Wohnhaus ist weit weg, und die
Fahrenden gelangen nur via Autobahn zum Platz. Das heisst, es gibt
keinen Verkehr durch die Dörfer.»
Eine Gemeinde treffe es immer, egal, wo man den Platz einrichte. Wichtig
sei ihm als VBG-Präsident, dass die Regierung die Bedingungen
Wileroltigens ernst genommen und zum allergrössten Teil erfüllt habe.
Etwa, dass der Platz umzäunt sein soll und dass die Gemeinde nichts mit
dem Betrieb zu tun habe.
Die Landwirtschaft
Eine weitere Klientel, deren Anliegen die SVP vertritt, sind die
Landwirte. Bei den Bauernvertretern im Grossen Rat zeigte sich der
Graben besonders deutlich: 11 waren für den Platz, 11 dagegen. Für den
Platz stimmte der oberste Berner Bauernvertreter, Verbandspräsident Hans
Jörg Rüegsegger (Riggisberg). Er weibelte als Kommissionssprecher für
den Platz und vertritt auch die offizielle Sprachregelung des Berner
Bauernverbands für einen festen Transitplatz.
Rüegsegger hofft, dass ein fester Platz wie in Wileroltigen die Bauern
entlastet. «Ausländische Fahrende haben in den letzten Jahren oft
illegal Land besetzt. Das hat uns auch im Verband stark beschäftigt.» Er
und Geschäftsführer Andreas Wyss waren immer wieder vor Ort, um zu
unterstützen und zu vermitteln. Sie arbeiteten rechtliche Merkblätter
und Musterverträge für betroffene Landwirte aus. «Dank dem neuen
Polizeigesetz können Fahrende innert 24 Stunden weggewiesen werden, wenn
der Kanton Bern einen festen Platz für ausländische Fahrende betreibt.
Eben einen Platz, wie er in Wileroltigen geplant ist.» Sei dieser voll,
so könnten die Fahrenden in andere Kantone weiterverwiesen werden.
Das Gesetz ist auch für Bichsel ein wichtiges Argument für den Platz.
Allerdings muss das Bundesgericht noch entscheiden, ob der
Wegweisungsartikel rechtens ist. Fahrende-Organisationen wehren sich
dagegen.
«Als wir den geplanten Transitplatz in Meinisberg 2016 zurückwiesen,
opponierte die SVP nicht grundsätzlich gegen einen Halteplatz. Sondern
wir stellten Bedingungen. Diese wurden nun erfüllt», findet Rüegsegger.
Da gelte es nun, leihzuhalten.
Für andere Bauernvertreter hingegen wiegt die Angst davor, dass der
Platz noch mehr ausländische Fahrende anziehen könnte, höher. Martin
Schlup (Schüpfen) begründete in der Grossratsdebatte sein Nein unter
anderem damit, dass das Hausieren für die Bevölkerung so auf Dauer
unzumutbar werde.
Der Verkehr
Bei der SVP ist das Dilemma offensichtlich. Doch auch auf der linken
Seite des Parteienspektrums stellt das Geschäft Grundsätze infrage.
Michel Seiler (Trubschachen, Grüne) stimmte zum Beispiel gegen den
Kredit. «Der Block, der sonst für den Klima- und Kulturlandschutz
kämpft, ist heute dafür, dem Verkehr und seinen Folgen mehr Platz zu
schaffen und dafür Kulturland zu opfern», kritisierte er in der Debatte
seine Gesinnungsgenossen. Der Platz bringe für die Kultur der Fahrenden
keine Lösung. Was diese vielmehr brauche als «Planwirtschaft», sei
Freiraum.
Auch in den Befürworterparteien herrscht also nicht nur Einigkeit. Zudem
ist das Stimmvolk gegenüber Anliegen von Ausländern oft weniger offen
als ein Parlament. Was erklären könnte, weshalb der Platz bei diesem
einen schweren Stand hat.
–
Die Halteplätze im Kanton BernDarum geht es
Der Platz: Beim Autobahn-Rastplatz in der Gemeinde Wileroltigen sollen
36 Halteplätze für bis zu 180 ausländische Fahrende entstehen.
Die Kosten: 3,3 Millionen Franken für die Planung, plus jährlich 20000 bis 60000 Franken Betriebskosten.
Das sagt der Grosse Rat: Ja mit 113 gegen 32 Stimmen. Die Neinstimmen stammen vorab aus der SVP und BDP.
Sie wehren sich: Die junge SVP hat erfolgreich das Referendum ergriffen.
Die Nein-Parole haben die SVP und der Verband Berner KMU beschlossen.
Auch ein Bürgerkomitee aus Wileroltigen wehrt sich.
Das sagen die Befürworter: Laut dem Bundesgericht müssen Anliegen von
Fahrenden in der Raumplanung berücksichtigt werden; mit dem Platz nimmt
der Kanton Bern seine Verantwortung wahr. Der Standort Wileroltigen
liegt ideal an einer Transitachse und ist nur über die Autobahn zu
erreichen. Dank eines offiziellen Platzes halten die Fahrenden nicht
einfach irgendwo unerwünscht. Der Bund stellt das Land kostenlos im
Baurecht zur Verfügung, der Ausbaustandard wird einfach sein.
Das sagen die Gegner: Über 90000 Franken pro Halteplatz ist zu teuer. Es
ist ungerecht, dass der Kanton der Gemeinde Wileroltigen den Platz
aufzwingt. Auch die umliegenden Gemeinden werden belastet. Unerwünschte
Landnahmen wird es weiterhin geben, weil der Bedarf viel grösser ist.
Die Fahrenden sollen sich selbst organisieren, den Eigentümern einen
fairen Preis bieten und sich an die Regeln von Sauberkeit und
Umweltschutz halten.
(https://www.bernerzeitung.ch/news/standard/transitplatz-fuehrt-zum-wertedilemma/story/11984455)
+++GASSE
«Platzspitzbaby» erinnert an Zürichs Drogenszene der 90er-Jahre — wie sieht es heute aus?
«Die Leute konsumieren Drogen im Ausgang, privat zu Hause oder bei der
Arbeit». Ein Vierteljahrhundert ist inzwischen vergangen, seit die Stadt
Zürich im Februar 1995 die offene Drogenszene am Letten endgültig
räumte. Wie sieht die Drogenszene heute aus?
https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/zuerich/platzspitzbaby-erinnert-an-zuerichs-drogenszene-der-90er-jahre-wie-sieht-es-heute-aus-136240042
+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Ein Regenbogen für das Grossmünster
Das Zürcher Wahrzeichen bekennt heute Farbe. Mit einer speziellen Beflaggung machen Aktivisten auf ihre Anliegen aufmerksam.
https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/stadt/ein-regenbogen-fuer-das-grossmuenster/story/21665796
-> https://www.watson.ch/schweiz/z%C3%BCrich/499310302-demo-gegen-hass-riesige-regenbogenfahne-am-zuercher-grossmuenster
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/riesige-regenbogenfahne-am-zurcher-grossmunster-und-demo-gegen-hass-65646942
-> https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/riesige-regenbogenfahne-am-zuercher-grossmuenster-und-demo-gegen-hass-00127424/
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/schweiz/demonstranten-zogen-durch-zuerich-und-haengten-grosse-regenbogenfahne-ans-grossmuenster-136244623
-> https://www.zsz.ch/ueberregional/riesige-regenbogenfahne-am-zuercher-grossmuenster-und-demo-gegen-hass/story/19347060
-> https://www.landbote.ch/ueberregional/riesige-regenbogenfahne-am-zuercher-grossmuenster-und-demo-gegen-hass/story/19347060
Ein Jahr Schülerstreiks: So geht es mit der Luzerner Klimabewegung weiter
Die Luzerner Klimajugend plant für 2020 weitere Aktionen. Dabei hofft
sie auf Know-how vom Frauenstreik – und will vermehrt auf dem Land
punkten. Das Problem: Dort sieht man Demos gar nicht gerne.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/ein-jahr-schuelerstreiks-so-geht-es-mit-der-luzerner-klimabewegung-weiter-ld.1183162?
Szenen vom Klimastreik in Lausanne: Nahkampf um ein Selfie mit Greta
Vor dem WEF in Davos war Klimaaktivistin Greta Thunberg (17) in
Lausanne. Und sorgte dort für Hektik. Für ein Selfie mit der Ikone wurde
gezerrt, gestossen und geschoben.
https://www.blick.ch/news/politik/szenen-vom-klimastreik-in-lausanne-nahkampf-um-ein-selfie-mit-greta-id15709268.html
«Ich habe nicht viel Verständnis für das Urteil»
Der Freispruch der Klima-Aktivisten, die in Lausanne eine CS-Filiale
stürmten, sorgt für Schlagzeilen. Auch in Basel wird der Entscheid
scharf kritisiert.
https://telebasel.ch/2020/01/18/ich-habe-nicht-viel-verstaendnis-fuer-das-urteil
Strafrechtsprofessor kritisiert den Freispruch der Klimaaktivisten: «Diesen Richter müsste man entlassen»
Strafrechtler Marcel Niggli kritisiert, dass sich die Justiz vermehrt
für das Gute statt für das Recht einsetze. Diese Entwicklung hält er für
gefährlich und erinnert ihn an das Recht im Nationalsozialismus.
https://www.bzbasel.ch/schweiz/strafrechtsprofessor-kritisiert-den-freispruch-der-klimaaktivisten-diesen-richter-muesste-man-entlassen-136240459
-> https://www.nzz.ch/schweiz/strafrechtler-niggli-kritisiert-freispruch-fuer-klima-aktivisten-ld.1534829
Dialogverweigerung? Diesen Vorwurf der Klimajugend kann die Credit Suisse nicht nachvollziehen
Sie setze auf den Dialog mit Klimaschützern, mit denen ein konstruktiver
Dialog möglich sei, schreibt die CS in einer Stellungnahme.
Hausbesetzungen oder Sachbeschädigungen nehme sie aber nicht hin.
https://www.luzernerzeitung.ch/schweiz/dialogverweigerung-diesen-vorwurf-der-klimajugend-kann-die-credit-suisse-nicht-nachvollziehen-ld.1186521
+++WEF
Heute zogen rund 1500 Personen durch Bern, um gegen das WEF zu
demonstrieren. Thematisiert wurden die weltweiten Kämpfe in Rojava,
Chile, Paris und weitere Orte. In der Innenstadt wurden Aktionen in
Solidarität mit den Mapuche gemacht. Unterwegs hängte mensch an
zahlreichen Orten Transparente an Dächer und Kräne. Zudem gab es in der
Länggasse verschiedene Sprays und weitere Transparente gegen Aufwertung.
Es war eine grosse Demo, die gezeigt hat, dass das WEF weiterhin
Menschen mobilisieren kann und der Widerstand auch beim 50. Treffen in
Davos notwendig bleibt.
https://www.facebook.com/InfoAGB/posts/1520776404737377
—
Communiqué No WEF Demo 2020
Der Widerstand lebt!
Kommenden Dienstag treffen sich in Davos Staatsoberhäupter und Wirtschaftsvertreter*innen.
Um sicherzustellen, dass alle mitbekommen, wofür das WEF und seine
Besucher*innen wirklich stehen, zog heute eine Demonstration von etwa
2000 Personen durch die Innenstadt und durch die Länggasse. Dabei
hinterliessen wir an verschiedenen Orten Botschaften des Widerstands. So
wurden in der Altstadt einige Brunnen umdekoriert, um auf indigene
Kämpfe in Südamerika, den feministischen Widerstand in Rojava und auf
queerfeministische Beteiligung am Frauen*kampftag aufmerksam zu machen.
Zudem stellten wir sicher, dass die Credit Suisse und die UBS, beides
WEF-Partner, als die kriegstreiberischen, umwelt- und
menschenfeindlichen Kräfte wahrgenommen werden, die sie sind. Wir nahmen
uns dazu die Freiheit, ihre Schaufenster etwas inhaltlicher zu
gestalten.
Auch die Thematik der Gentrifizierung, der steigenden Mieten und
sonstigen Lebenskosten aufgrund von Immobilienspekulation und Aufwertung
wurde einbezogen, indem die neu aufgewertete Migros angesprüht wurde.
Wie bereits vom SonntagsBlick vom 12.1.2020. korrekt analysiert, handelt
es sich hierbei um einen Klassenkampf.
Entlang der gesamten Route wurden Transparente aufgehängt, viele davon
Solidaritätsbotschaften an Protestbewegungen in aller Welt.
Nur schon ein kleiner Einblick in die Besucher*innenliste des WEF ist
vielsagend: Unter anderem der türkische Aussenminister Mevlüt Cavusoglu,
der US Präsident Donald Trump und Angela Merkel werden in einigen Tagen
nach Davos reisen.
Doch nicht nur aufgrund der einzelnen Besuchenden erhob sich heute der
Protest gegen das WEF. Das Forum ist eine Marketingplattform für
Nationalstaaten und Kapitalist*innen, um darüber hinwegzutäuschen, dass
sie Menschen unterdrücken und ausbeuten. Logisch ist es in ihrem
Interesse, wenn das WEF und die dort stattfindende Vernetzung medial
thematisiert werden, statt die Kriege die sie führen. Wenn die
Schlagzeilen gefüllt sind mit ihren heuchlerischen Zitaten statt mit den
Protesten, die sich gegen sie erheben. Hierzu verfolgt das WEF eine
Strategie, die Kapitalist*innen praktizieren, seit es Widerstand gegen
sie gibt. Kritische oder sogar aufständische Bewegungen werden gezielt
integriert, zum Beispiel indem Vertreter*innen von Protestbewegungen
«Mitspracherechte» oder Teilhabe angeboten werden. So wurde Greta
Thunberg als Aushängeschild für die Klimabewegung dieses Jahr schon zum
zweiten Mal an das WEF eingeladen.
Womit sich das WEF hingegen weniger gerne profiliert, ist die massive
Repression, die seit Jahren gegen Anti-WEF-Proteste ausgeübt wird, um
einen reibungslosen Ablauf des neoliberalen Networkings zu
gewährleisten. So wurde beispielsweise 2012 die Demo in Bern gänzlich
von der Polizei verhindert, 130 Bussen wegen Landfriedensbruchs wurden
verteilt. Ein Anti-WEF-Familienfest auf der Schützenmatte im Jahr 2015
wurde von einem massiven Polizeiaufgebot begleitet.
Doch wir sind zurück! Die Demonstration heute hat erneut gezeigt, dass wir uns die Strasse erkämpfen können.
Der Widerstand gegen das WEF ist ein vielfältiger – wir kommen wieder!
Tragen wir den Protest nach Zürich: Am Mittwoch, dem 22.1. alle nach
Zürich in den revolutionären Block: �18:00, Ni-una-menos-Platz (früher
bekannt als Helvetiaplatz) beim Denkmal der Arbeit.
https://www.facebook.com/jugendbern/posts/461801214499647?__tn__=K-R
—
WEF-Gegner zogen durch Bern
In Bern wurde am Samstagnachmittag gegen das WEF demonstriert. Rund 1000 Personen schlossen sich dem Protestzug an.
https://www.derbund.ch/bern/wefgegner-zogen-durch-bern/story/27576466
-> https://www.20min.ch/schweiz/bern/story/Anti-WEF-Demo-zieht-durch-Berner-Innenstadt-19290546
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/kapitalismusgegner-protestieren-in-bern-gegen-das-wef-65646956
-> https://www.cash.ch/news/politik/kapitalismusgegner-protestieren-bern-gegen-das-wef-1464106
-> https://www.blick.ch/news/wirtschaft/newsticker-zum-wef-2020-in-davos-alle-infos-bilder-und-videos-id15691386.html
-> https://www.nzz.ch/wirtschaft/wef-proteste-gegen-weltwirtschaftsforum-in-bern-ld.1534599
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/hunderte-an-anti-wef-demo-in-bern-136245126
-> https://twitter.com/PoliceBern/status/1218589423614464001
-> https://twitter.com/PoliceBern/status/1218574420777803777
-> https://twitter.com/anettselle/status/1218535757301919744
-> https://twitter.com/anettselle/status/1218547804068552704
-> https://twitter.com/anettselle/status/1218561966408634370
-> https://twitter.com/ag_bern/status/1218534433344622592
-> https://twitter.com/ag_bern/status/1218528398148063233
-> https://twitter.com/PoliceBern/status/1218522902112473093
-> https://twitter.com/ag_bern/status/1218516888994635776
-> https://anarchistisch.ch/liveticker-anti-wef-demo-bern/
-> https://revolutionär.ch/?p=4727
-> https://revolutionär.ch/?page_id=4714
—
bernerzeitung.ch 18.01.2020
Anti-WEF-Demo vor der Reitschule beendet
Am Samstag fand in Bern eine unbewilligte Anti-WEF-Demo statt. Die
Polizei war mit einem Grossaufgebot vor Ort und hatte die Lage im Griff.
Grossauflauf an der Anti-WEF-Demo
Wer am Samstag seine Wochenendeinkäufe in Bern erledigen wollte, tat gut
daran, dies vor 15 Uhr hinter sich zu bringen. Denn ab diesem Zeitpunkt
versammelten sich Kapitalismusgegner aus Bern und Umgebung am
Bahnhofplatz, um lautstark gegen das am Dienstag startende
Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos zu protestieren.
Und es waren nicht wenige. Hatten die Anti-WEF-Demos in den vergangenen
Jahren etwas an Zulauf verloren, so schlossen sich am Samstagnachmittag
gegen 1000 Demonstranten zusammen, um durch die Innenstadt zu ziehen.
Polizei gibt Spielregeln per Lautsprecher durch
Anti-WEF-Demos haben in Bern Tradition. Initianten sind stets
linksautonome Kreise. Für die Kundgebung liegt in der Regel keine
Bewilligung von den Behörden vor – so auch am Samstag nicht. Die
Kantonspolizei Bern war dementsprechend mit einem Grossaufgebot in der
Stadt präsent – hielt sich jedoch im Hintergrund.
Die Vorgabe des Gemeinderats hiess offenbar: Demozug laufen lassen.
Kommt es jedoch zu Sachbeschädigungen oder Gewalt, so greift die Polizei
ein. Via Lautsprecher teilte die Polizei den Demonstrierenden diese
Spielregeln mit.
Kurz nach 15 Uhr marschierte der Tross los. Von vorne bot sich der
einkaufenden Bevölkerung ein ziemlich grimmiger Anblick. An der Spitze
trugen allesamt schwarze Kapuzenpullis, über die Nase gezogene schwarze
Halstücher und dunkle Sonnenbrillen. Lauthals skandierten sie
antikapitalistische Hymnen.
Nicht nur gegen das Treffen der wirtschaftlichen und politischen
Machtelite im Bündnerland protestierten die Demonstranten, auch gegen
Faschismus im Allgemeinen, das Patriarchat und gegen die militärische
Offensive der Türkei in Nordsyrien. So überraschte es nicht,
marschierten auch verschiedene kurdische Gruppierungen mit.
https://podcast.newsnetz.tv/podcast/news/414583h.mp4
Anti-WEF-Demo in Bern. Video: Keystone
Zwei Stunden quer durch die Stadt
Zwei Stunden dauerte der Protestmarsch. Obwohl die Polizei mit
Fahrzeugen und Personal vorab ging, um die Verkehrswege freizuhalten,
musste sie immer wieder leicht umdisponieren. Denn wie auch die
Bevölkerung, wusste offenbar auch die Polizei nicht, wo genau die
Marschroute durchführen würde.
Nun, sie führte kreuz und quer durch die obere Altstadt und machte zum
Schluss noch einen Abstecher in die Länggasse, ehe sich die Kundgebung
wie üblich auf der Schützenmatte auflöste.
Unterwegs wurden massiv Rauch- und Knallpetarden gezündet. Mehrmals
hielt der Demozug, so dass ein paar Vermummte Transparente an gut
sichtbaren Orten aufhängen konnten – etwa an Brunnen, auf dem Baldachin
oder auf dem Dach der «Welle» am Bahnhof.
Bei einer Filiale der Credit Suisse – dem derzeitigen
Lieblings-Prügelknabe der Klimabewegung – klebten Aktivisten Plakate ans
Schaufenster, auf denen die Bank als «War Lord» – also als Kriegsherr –
bezeichnet wurde. Und in der Länggasse wurde die Migros-Filiale
versprayt. Offenbar stören sich gewisse Demoteilnehmer an der
«Aufwertung», welche die Migros ihrer Ansicht nach in gewisse Quartiere
bringt. Die Polizei drückte beide Augen zu und griff nicht ein.
Bilanz der Polizei
Die Bilanz der Polizei: Ein brennender Container wurde durch die
Berufsfeuerwehr Bern gelöscht. 3 Personen wurden in
Polizeiräumlichkeiten kontrolliert. Bezüglich Migros-Sprayerei werden
Ermittlungen aufgenommen. Abgesehen davon verlief die Demo friedlich.
Passanten in der Stadt mussten jedoch temporäre Verkehrsbehinderungen
auf sich nehmen oder sich durch dicke Rauchschwaden kämpfen.
Manche schauten dem lauten Treiben amüsiert zu, andere sichtlich
genervt. «Ou, was isch de da Verruckts los?», fragte eine ältere Dame
ihren Mann. «Das isch Bärn», antwortete er kurz und knapp. Auch die
Polizisten, welche den Demozug begleiteten, wurden hie und da in
Gespräche verwickelt. Ein älterer Passant meinte bloss zu einem Beamten:
«Ihr habt eigentlich einen Scheissjob.» Der Polizist lächelte gequält.
(mib)
Die Demo hat sich auf der Schützenmatte aufgelöst. Die Polizei bleibt aber präsent, wie die Kantonspolizei auf Twitter schreibt:
Bernmobil konnte gegen 17 Uhr wieder den Normalbetrieb aufnehmen:-
–
Liveticker:
18:50 Uhr
Brennender Container und Sprayereien
Wie die Kantonspolizei Bern am Abend auf Twitter mitteilt, wurde während
der Demo wenige Sprayereien festgestellt. Die Ermittlungen dazu laufen.
Weiters musste ein brennender Container von der Feuerwehr gelöscht
werden. Die Polizei bleibe aber weiterhin im Einsatz, wie es weiter
heisst.
17:08 Uhr
Demo beendet
Kurz nach 17 Uhr erreicht der Demozug die Schützenmatte. Dort löste sich die Demo auf.
17:01 Uhr
Demozug durch die Länggasse
Die Demonstranten zogen via Mittelstrasse durch die Länggasse. Gegen 17
Uhr marschierten sie auf der Neubrückgasse Richtung Schützenmatte.
Mittlerweile begleiten auch Polizeigrenadiere den Umzug.
16:31 Uhr
Demo auf dem Weg in die Länggasse
https://cdnf.tam-cms.com/image/resize/1000,0,0,0,0,0/S596-FbmPTk/28Jh02AoKC69y-Ao2yNgx1.jpg
Gegen 16.30 Uhr geht es über den Bubenbergplatz via Schanzenstrasse Richtung Länggasse.
16:15 Uhr
Gut geschützte UBS-Filiale
https://cdnf.tam-cms.com/image/resize/1000,0,0,0,0,0/cyMbpH3jQLk/3po84O8laW9BWjG8Ywc0OS.jpg
Die Polizei kennt die Feindbilder und die beliebtesten Ziele der
Demonstranten: Mehrere Grenadiere schützen die UBS-Filiale
Bubenbergplatz beim Loebegge.
16:05 Uhr
Demoroute quer durch die Altstadt
https://cdnf.tam-cms.com/image/resize/1000,0,0,0,0,0/jFlOGupSLzg/7YK45NTSq4OAoUBeN1e33z.jpg
Die Demoroute geht quer durch die Berner Innenstadt. Vom Kornhausplatz
ging es bislang via Nägeligasse über Waisenhaus- und Bärenplatz Richtung
Bundesplatz. Dort bog der Zug aber ab in die Schauplatzgasse (Bild
oben). Da die Demo nicht bewilligt ist, gibt es auch keine festgelegte
und kommunizierte Route. Die Polizei muss jeweils reagieren.
15:50 Uhr
Demohalt beim Kornhausplatz
https://cdnf.tam-cms.com/image/resize/1000,0,0,0,0,0/mTX1JB7OK5c/6uNiD5kd4KYAjivChpryCm.jpg
Der Demozug macht beim Kornhausplatz einen Halt. Bei der Rathausgasse
klettern Vermummte auf einen Baukran und hängen ein Transparent auf: «Es
gibt keinen grünen Kapitalismus»
15:47 Uhr
https://podcast.newsnetz.tv/podcast/news/414579h.mp4
Beim Anna-Seiler-Brunnen in der Marktgasse werden Pyros gezündet und linke Parolen skandiert.
15:45 Uhr
Vermummte führen Demozug an
https://podcast.newsnetz.tv/podcast/news/414577h.mp4
Eher beängstigend: Schwarzgekleidete und vermummte Demoteilnehmer führen
den Umzug durch die Berner Altstadt an. Hier befindet sich der Zug in
der Spitalgasse.
15:37 Uhr
Demozug in der Marktgasse
https://cdnf.tam-cms.com/image/resize/1000,0,0,0,0,0/mI2EOHSs5MQ/ANQzgtc1qe6AavHc9jWV7V.jpg
Demonstrieren statt einkaufen: Gegen 15.35 Uhr erreicht der Demozug die
Marktgasse. Vorneweg die Polizei mit zwei Einsatzfahrzeugen, bereit
einzuschreiten, sollte es zu Sachbeschädigungen kommen.
15:24 Uhr
Der Umzug setzt sich in Bewegung
https://cdnf.tam-cms.com/image/resize/1000,0,0,0,0,0/-dPDRSf3P4s/D3O_yqogaD2BWyYth-Nfwt.jpg
Gegen 15.20 Uhr geht es via Spitalgasse los. Kämpferische Parolen werden
skandiert und Rauchpetarden sowie Feuerwerk gezündet. Die Polizei fährt
voraus und macht die Verkehrswege frei für den Demoumzug
15:10 Uhr
Polizei gibt die Spielregeln durch
Vor Beginn des Umzugs durch die Stadt gab die Polizei per Megafon die
Spielregeln durch. Sie werde die unbewilligte Kundgebung dulden. Sollte
es allerdings zu Sachbeschädigungen oder Aufrufen zu Gewalt kommen,
werde die Polizei sofort einschreiten.
15:07 Uhr
Linie 10 umgeleitet
15:05 Uhr
Rund 200 Teilnehmende
Gegen 15 Uhr versammeln sich rund 200 Kundgebungsteilnehmer auf dem Bahnhofplatz
15:36 Uhr
Linie 9 unterbrochen
14:46 Uhr
Linie 7 und 8 umgeleitet
14:45 Uhr
Linie 6 unterbrochen
14:50 Uhr
Anti-WEF-Demo in Bern
Für heute ist eine Anti-WEF-Demo in Bern angekündigt. Zwischen 15 und 17
Uhr wollen Kapitalismusgegner durch die Innenstadt ziehen und gegen das
nächste Woche in Davos beginnende Weltwirtschaftsforum (WEF)
protestieren. Die unbewilligte Demonstration soll um 15 Uhr beim
Bahnhofplatz.
In den letzten Jahren zogen bei der Anti-WEF-Demo jeweils rund 500
Teilnehmende während rund anderthalb Stunden durch die Innenstadt. Zu
erwarten sind ein grosses Polizeiaufgebot sowie vorübergehende
Verkehrsbehinderungen.
(https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/antiwefdemo-zieht-durch-berner-innenstadt/story/17089741)
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Mit Kunst gegen Klimawandel in Berner Reitschule
Seit über einem Jahr geht die Klimajugend in der Schweiz auf die
Strasse, um zu demonstrieren. Die Klimaaktivisten setzten sich aber auch
auf künstlerische Weise für ihre Ziele ein. Die grosse Halle der
Reitschule wurde kurzerhand in eine Klimahalle umfunktioniert.
https://www.telebaern.tv/telebaern-news/mit-kunst-gegen-klimawandel-in-berner-reitschule-136245140
Proteste gegen Weltwirtschaftsforum: Klima-Protest in Davos
Greta Thunberg und hunderte Aktivistin*innen reisen zum
Firmen-Politik-Gipfel nach Davos. Dort wollen sie für eine bessere
Klimapolitik streiten.
https://taz.de/Proteste-gegen-Weltwirtschaftsforum/!5654187/
Juso empört über WEF-Teilnahme von Sommaruga und Berset: WEF-Hickhack bei den Genossen
Der prominente Auftritt von SP-Magistratin Simonetta Sommaruga am WEF
erhitzt die Gemüter der Genossen. Denn erst kürzlich hat die Parteibasis
entschieden, dass SP-Politiker nicht nach Davos reisen sollen.
https://www.blick.ch/news/politik/juso-empoert-ueber-wef-teilnahme-von-sommaruga-und-berset-wef-hickhack-bei-den-genossen-id15709073.html
Als Personenschützerin, Hundeführer oder Kaderleute in Davos: Das WEF hält die St.Galler Polizei auf Trab
Der Kanton St.Gallen schickt dieses Jahr weniger Polizisten nach Davos. Doch die Belastung während des WEF hat nicht abgenommen.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/wef-halt-st-galler-polizei-auf-trab-ld.1186551
+++POLIZEI ZH
tagesanzeiger.ch 18.01.2020
«Einmal musste ich aus dem Bus flüchten, weil ich erkannt wurde»
Andreas Widmer ist bei der Stadtpolizei Zürich der Spezialist für
Demonstrationen der Linksautonomen. Kurz vor der Pensionierung hat er
ein Buch über seine Arbeit geschrieben.
Yann Cherix
Seit 37 Jahren sind Sie Polizist, 24 Jahre davon als Spezialist für
Linksautonome. Stehen Sie heute dieser Gruppierung ideologisch näher,
oder ist das Gegenteil der Fall?
Sagen wir es so: Ich verstehe sie mittlerweile besser. Und auch ich bin
im Privaten von den Auswüchsen des Kapitalismus betroffen, leide unter
den immer höheren Mietpreisen für Wohnungen in der Stadt.
Also sind Sie nach all den Dienstjahren linker geworden?
Meine Bürokollegen witzeln, dass ich nach meiner Pensionierung Gefahr
laufe, die Seite zu wechseln. So weit wird es ganz sicher nicht kommen.
Mir ging es immer nur darum, die Menschen und ihre Beweggründe zu
verstehen. Ich trainierte mir einen 360-Grad-Blick an, der
ganzheitliches Denken fördert.
Es dürfte nicht wenige Menschen geben, die genau diese Fähigkeit einem Polizisten absprechen.
Natürlich gibt es bei uns die, sagen wir mal, Kleinkarierten. Die
Polizei ist ein Spiegel der Gesellschaft, und sie ist nicht einheitlich.
Schlussendlich sind wir auch nur Menschen . . .
. . . die Fehler machen. Welche haben Sie gemacht?
Einige. Leider. Vor allem zu Beginn meiner Laufbahn, als ich nach zwölf
Jahren auf Streife 1996 zum unfriedlichen Ordnungsdienst wechselte.
Das heisst jene Einheiten, die den Demonstranten in Vollmontur gegenüberstehen.
Genau. Zu Beginn als Aufklärer in Zivil war ich wohl etwas
übermotiviert, wollte meinen Auftrag unbedingt zur Zufriedenheit der
Chefs erfüllen. Ich war sehr auf den Gegner fokussiert, habe überhaupt
nicht hinterfragt, was die Demonstranten wollen, wofür sie auf die
Strasse gehen. Wenn mir einer den Stinkefinger gezeigt hat, kam es schon
mal vor, dass ich die Geste erwiderte. Ich habe diese Dinge zu nahe an
mich rangelassen.
In Ihrem Buch «Scheiss Bullen» schreiben Sie, dass dies einem Polizisten
nicht passieren darf. Er müsse durchaus etwas aushalten können.
Ja, ganz klar. Du durchläufst eine zweijährige Schulung und
repräsentierst danach die Staatsmacht, dafür wirst du entlöhnt. Deine
Affektschwelle muss also viel höher sein als jene eines Demonstranten,
der als Privatperson wegen irgendetwas, meist etwas, das ihn zornig
macht, auf die Strasse geht.
Sie waren im Einsatz, als um die Jahrtausendwende die Demos gegen das
World Economic Forum (WEF) besonders heftig waren. Kamen Sie da an Ihre
Grenzen?
In den ersten Stunden hatte ich damals ein mulmiges Gefühl, vor allem
wegen des Pyromaterials des Schwarzen Blocks. Raketen und Ähnliches sind
einfach sehr unberechenbar. Du bist aber Teil einer Einheit, die auf
Befehle hört und zu funktionieren hat. Wenn es heisst, Feuer frei, dann
schiesst du eben und achtest darauf, mit deinem Gummischrotgewehr nicht
zu hoch zu zielen.
Keine Skrupel gehabt, um abzudrücken?
Nein. Wir konnten aus Selbstversuchen in der Polizeischule die Wirkung der Geschosse ziemlich gut einschätzen.
Trotzdem kommt es immer wiederzu Unfällen. Vor Jahren verlor bei einer Berner Demo ein junger Mann dabei ein Auge.
Das ist sehr bedauerlich und zeigt nur, dass Gummischroteinsatz nur das allerletzte Mittel sein darf.
Den Vorwurf, dass die Polizei zu schnell zu solchen Mitteln greift, gibt es aber seit Jahren. Gerechtfertigt?
Ich kann dazu keine Pauschalantwort geben. In gewissen Momenten, wenn
Vermummte randalierend durch die Strasse ziehen, kann die Polizei gar
nicht anders, als zurückzuschiessen. Aber oberstes Gebot muss zuerst die
Deeskalation sein. Immer.
Wie gelingt das?
Ganz wichtig ist zuerst einmal, die aktuelle Situation richtig
einschätzen zu können. Dafür braucht es Informationen. Mit wem hat man
es zu tun? Was wollen sie? Welche Gruppierungen sind sonst noch vor Ort?
Und dann sucht man das Gespräch.
Sie reden dann also mit einem Vermummten, der gerade daran ist, einen Stein zu werfen?
Nein, natürlich nicht. Man muss sich da nichts vormachen. Militante
Kreise sprechen nicht mit der Polizei. Für die sind wir Schergen des
Unrechtsstaates. Aber es gibt durchaus auch andere, Gemässigtere.
Einzelne kann man ansprechen. Und sei es nur, um eine wichtige
Information der Polizei dem militanten Zirkel zukommen zu lassen.
Wie erfolgreich sind Ihre Bestrebungen zur Deeskalation?
Es gab viele Situationen, die wir entschärfen konnten, in denen ein
würdiger Dialog möglich war. Aber das gibt natürlich keine Schlagzeilen.
Manchmal ist auch einfach Rückzug die beste Lösung.
Wann?
Beim Frauentag im März 2018 zum Beispiel. Die wollten partout nicht
reden mit uns. Und die gemässigteren Demonstrantinnen hatten an diesem
Tag keinerlei Einfluss auf den Umzug. Das muss man dann akzeptieren.
Pragmatische Lösungen sind auch bei illegalen Partys gefragt. Ab einer
gewissen Grösse muss ein Abbruch mitten in der Nacht gut überlegt sein.
Ich kann den Ärger bei den Jungen verstehen. Wer hat es schon gerne,
wenn die Party plötzlich vorbei ist?
Die Klimajugend erobert die Strasse. Wie gehen Sie mit dieser neuen Bewegung um?
Ich habe grosses Verständnis für deren Anliegen. Als Junger wäre ich da
wohl selbst mitgelaufen. Aus Polizeisicht muss ein solcher Umzug, der ja
aus vielen Schülerinnen und Schülern besteht, ganz anders begleitet
werden, zurückhaltender, denke ich. Deshalb war die Devise, sie laufen
zu lassen, sicherlich ein guter Ratgeber.
Diffiziler gestaltet sich das Verhältnis mit Fussballfans. Immer wieder
werden Fälle bekannt, in denen normale Fans Polizeigewalt erleben. Warum
lässt sich das nicht anders regeln?
(seufzt) Die Politik verlangt von uns, die Bösen zu eruieren. Also die
gewaltbereiten Hooligans zu fassen. Aber oftmals ist das extrem
schwierig, die Gruppierungen vermischen sich, reisen gemeinsam an. Darum
kommen immer wieder mal die sogenannt normalen Fans unter die Räder.
Ich als Fan muss also damit rechnen, vor oder nach einem Spiel von
Gummigeschossen getroffen zu werden? Oder stundenlang eingekesselt zu
werden?
Sie sprechen die Einkesselung Hunderter FCZ-Fans auf dem
Albisriederplatz an, dem 2014 sogar ein juristisches Nachspiel folgte.
In diesem Fall ist meine Meinung: Das war nicht ideal. Mit dieser Aktion
haben wir uns bei vielen Menschen einiges verspielt. Jemand, der das
erleben musste, sieht den Polizisten das nächste Mal als Feind. Gewalt
löst Gegengewalt aus. Das ist eine Spirale, die sehr schwierig wieder zu
durchbrechen ist.
An gewissen Demonstrationen hat man aber das Gefühl, dass es eigentlich
gerade darum geht: Gewalt, Randale. Polizei und Gegenseite bekämpfen
sich beinahe lustvoll.
Ja, manchmal ist es wirklich wie Räuber und Poli. Für die anderen steht
die Polizei dann für alles Böse, die man anspucken, beschimpfen kann.
Wie hält man das aus?
Da muss man abstrahieren können. Wir sind Blitzableiter. Aber eine dicke
Haut brauchst du schon. Sonst gehst du kaputt. Ausgleich ist ganz
wichtig.
Wie gleichen Sie aus?
Ich geh in die Natur, treibe Sport, ich male. Da kann ich gut abschalten.
Es gab aber Zeiten, in denen das kaum gelingen konnte. Sie gerieten ins Visier von Linksextremisten.
Ja, das war nicht einfach, vor allem, als meine beiden Kinder noch klein
waren. Mein PC wurde mehrmals gehackt, ich bekam wüste SMS. Einmal
musste ich sogar aus dem Bus flüchten, weil ich erkannt wurde.
Zweifelten Sie in diesen Momenten an Ihrer Jobwahl?
Natürlich. Aber ich bin in einfachen Verhältnissen auf einem Bauernhof
aufgewachsen. Eine gewisse Robustheit wurde mir in die Wiege gelegt. Und
ich selbst hatte ja nie jemanden körperlich angegriffen und nach meinem
Dafürhalten keine eklatanten Entgleisungen begangen. Ich ging einfach
davon aus, dass mir das angerechnet wurde. Und ich hatte für den
äussersten Fall dieses Mandala an meine Hausfassade gemalt. Ein
Feng-Shui-Zeichen zur Abwehr böser Kräfte.
Sie glauben an solche Dinge?
Na ja, passiert ist jedenfalls nichts.
In den letzten Jahren nahm Gewalt gegen Polizisten im Einsatz zu. Selbst
Sanitäter werden zuweilen angegriffen. Ist Ihre Arbeit gefährlicher
geworden?
Blaulichtorganisationen sind für gewisse Personen ein Feindbild, ja. Im
Zusammenspiel mit übermässigem Alkoholkonsum kann es speziell in der
Nacht für uns gefährlich werden. In solchen Situationen ist Deeskalation
gefragt. Eine einzelne Geste, ein Satz kann das Ganze in eine Richtung
kippen lassen. Wenn ich angepöbelt, als Scheissbulle bezeichnet werde,
hilft mir oft die direkte Anrede. «Schau mir ins Gesicht!» So werde ich
von einem anonymen Polizisten zum Menschen.
Aber nicht zum Kumpel.
Ja. Man muss da schon aufpassen, dass das nicht anbiedernd rüberkommt.
Ich habe schon mehrere Leute vor Gericht gebracht. So schliesst man
keine Freundschaften, das ist klar. Aber immerhin habe ich gezeigt, dass
ich keinen Seich erzähle, nichts dazufantasiere. Glaubwürdigkeit ist
für jemanden in meiner Funktion zentral.
Sie lassen sich im Frühling mit 60 Jahren frühpensionieren. Die
diesjährige Ausgabe des WEF wird Ihre letzte sein. Werden Sie die Action
vermissen?
Am Samstag gehts ja in Bern mit einer Demo der WEF-Gegner los. Es stehen
spannende Tage an. Aber danach ist dann gut. Ich bin in meinem Leben
genügend angeprangert worden. Es ist Zeit, das Bild zu drehen.
–
Polizist, Maler und Versteher der Linksautonomen
Der Bauernsohn und gelernte Maler trat 1982 in den Polizeidienst ein.
Nach zwölf Jahren auf Streife wechselte er zum Spezialdienst
(Ex-Geheimdienst KK3) der Stadtpolizei Zürich. Heute ist Widmer in Bezug
auf die linksautonome Szene der Spezialist, zudem Aufklärer an Demos.
Vor kurzem hat der zweifache Vater das Buch «Scheiss Bullen» (Giger)
herausgebracht. Im Frühling geht er mit 60 Jahren in Frühpension. (cix)
(https://www.tagesanzeiger.ch/leben/gesellschaft/Einmal-musste-ich-aus-dem-Bus-fluechten-weil-ich-erkannt-wurde/story/15020514)
+++RECHTSEXTREMISMUS
Shitstorm um Sexfantasie mit Klima-Aktivistin
Ein SVP-Kantonsrat reagierte auf einen Post, in dem die deutsche
Klimaaktivistin Luisa Neubauer Opfer von Sexfantasien wird. In den
sozialen Netzwerken ist die Entrüstung gross.
https://www.20min.ch/schweiz/news/story/Shitstorm-um-Sexfantasie-mit-Klima-Aktivistin-21936061
So ekelhaft & sexistisch äußern sich Rechte über Luisa Neubauer
Kritik an rechten, sexistischen Fantasien im Netz
https://www.volksverpetzer.de/social-media/rechte-neubauer-sexismus/