Medienspiegel 17. Januar 2020

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+++BERN
derbund.ch 17.01.2020

«Kein Mensch kann von acht Franken am Tag leben»

Abgewiesene Flüchtlinge haben in der Schweiz kaum Perspektiven. Für die Tibeterin Tsering Dolmatsang ist aber auch die Rückreise keine Option. Nun kämpft sie für ihre letzte Hoffnung.

Andres Marti

Das kleine Zimmer teilt sich Tsering Dolmatsang mit drei anderen Frauen aus Tibet. An der Wand ein Poster des Dalai Lama, im Gang der Geruch von Javelwasser. Rund 80 Flüchtlinge wohnen in dieser von der Heilsarmee betreuten Unterkunft an der Hauptstrasse in Zollikofen. Die 26-jährige Tsering Dolmatsang ist seit über zwei Jahren hier. Obwohl sie ihre Anwesenheit täglich mit einer Unterschrift bestätigen muss, müsste sie die Schweiz eigentlich längst verlassen haben.

Dolmatsang ist eine von rund 600 Personen, die im Kanton Bern mit einem negativen Asylentscheid leben. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat ihr Asylgesuch rechtskräftig abgelehnt. Das SEM stellt sich auf den Standpunkt, dass diese Menschen gefahrlos in ihr Herkunftsland zurückkehren können. Obwohl sie hier keine Perspektiven haben, weigern sich viele von ihnen, die Schweiz zu verlassen.

Geplatzter Traum

So auch Dolmatsang. 2015 reichte sie ihr Asylgesuch ein. Danach lernte sie Deutsch, half Bauern auf dem Feld und stellte mit anderen Flüchtlingen Taschen und Rucksäcke aus gebrauchten Werbebannern her. Drei Franken pro Stunde zahlte man ihr in diesen Beschäftigungsprogrammen. Dolmatsang war dankbar. Alles war besser, als in der Unterkunft herumzuhocken und zu warten.

Schliesslich konnte sie die Asylunterkunft verlassen und in eine Wohngemeinschaft in Belp einziehen. Als Nächstes wollte sie ihr Deutsch verbessern und eine Ausbildung in Angriff nehmen. Doch im März 2018 lehnte das SEM ihr Gesuch definit ab. «Meine Interviewer glaubten mir nicht, dass ich aus Tibet komme», sagt Dolmatsang.

Alles verboten

Seitdem lebt sie von der Nothilfe. Vom Kanton, der für den Vollzug der Ausschaffungen zuständig ist, gibt es nur noch das Allernötigste: eine Unterkunft, medizinische Grundversorgung und acht Franken Bargeld pro Tag. Jegliche Art von Arbeit ist verboten, auch unbezahlte, Ausbildung sowieso. Mit diesen Bestimmungen soll das Leben der abgewiesenen Asylsuchenden möglichst unangenehm werden. Das funktioniert: «Wenn man den ganzen Tag nichts machen darf, wird man irgendwann verrückt», sagt Tsering Dolmatsang.

Die Schweiz verlassen will sie trotzdem nicht. «Selbst wenn ich wollte, könnte ich nicht zurück», sagt Dolmatsang. Aus Angst, während der Flucht wieder nach China ausgeliefert zu werden, habe sie ihre Papiere zurückgelassen. Seitdem sie von der Nothilfe lebt, fürchtet sie sich auch von der Polizei. Sie versuche sich deshalb möglichst unauffällig zu verhalten.

Nothilfe soll abschrecken

Geht es nach den Plänen der Regierung und des Grossen Rates, soll das Leben der abgewiesenen Asylsuchenden künftig noch unangenehmer werden. So sieht die bernische Asylreform vor, dass Personen mit rechtskräftigem Wegweisungsentscheid getrennt von anerkannten Flüchtlingen, vorläufig Aufgenommenen und Asylsuchenden untergebracht werden.

Das Nothilferegime soll abschrecken. Abgewiesene Asylsuchende wie Dolmatsang würde der Regierungsrat deshalb am liebsten möglichst abgelegen unterbringen. Doch der Plan, aus dem Jugendheim Preles, auf dem Tessenberg, ein sogenanntes Rückkehrzentrum zu machen, fand im Grossen Rat keine Mehrheit. Linke und Flüchtlingshelfer hatten den Betrieb als unmenschlich kritisiert. Letztlich scheiterte das Ansinnen der Regierung jedoch nur, weil auch die SVP wegen Sicherheitsbedenken dagegen war. Nun werden die Abgewiesenen ab Mitte dieses Jahres voraussichtlich auf drei Zentren in Aarwangen, Biel-Bözingen und Gampelen verteilt werden. Die gewinnorientierte Firma ORS hat mit ihrem Angebot die anderen Bewerber, Heilsarmee und Caritas, ausgestochen.

«Perfider Euphemismus»

Die Verschärfungen im Asylbereich rufen vielerorts die Zivilgesellschaft auf den Plan. Neben linken Flüchtlingshelfern sind es oft kirchliche Initiativen, die sich um Flüchtlinge mit einem Negativentscheid kümmern. Sie versuchen sich mit ihren Forderungen von den radikalen Flüchtlingshelfern abzugrenzen, um breite Allianzen zu schmieden.

«Wer einen Negativentscheid bekommen hat und zurückkehren kann, soll dies tun», sagt etwa Daniel Winkler, Pfarrer von Riggisberg. Bei den Tibetern und Eritreern sei dies jedoch nicht möglich. Winkler bezeichnet sie als Staatenlose in einer ausweglosen Situation. Er befürchtet, dass diese künftig in den Rückkehrzentren «verelenden». In der Bevölkerung hätten die meisten Menschen keine Ahnung, was die Nothilfe für die Betroffenen tatsächlich bedeute, ist der Pfarrer überzeugt. Er selber bezeichnet den Begriff als «perfiden Euphemismus», der mit Hilfe wenig zu tun habe: «Kein Mensch kann von acht Franken am Tag leben.»

Letzte Hoffnung Härtefall

In der Unterkunft in Zollikofen setzt Tsering Dolmatsan derweil all ihre Hoffnung auf ein Härtefallgesuch. Ein solches können auch abgewiesene Asylsuchende nach frühestens fünf Jahren einreichen – vorausgesetzt, ihre Integration ist bereits weit fortgeschritten und sie sind nicht straffällig geworden. Zuletzt hatten im November mehr als 20 Tibeterinnen und Tibeter aus Bern beim Migrationsamt der Sicherheitsdirektion Härtefallgesuche eingereicht. Wenn der Kanton der Meinung ist, dass bei Tibeterinnen und Tibeter ein Härtefall vorliegt, kann er die Gesuche ans SEM weiterleiten.
(https://www.derbund.ch/bern/wenn-man-den-ganzen-tag-nichts-machen-darf-wird-man-verrueckt/story/14606522)


+++GENF
[VIDEO] 3ème et 4ème jour d’occupation du Grütli par le collectif lutte des MNA
4 ème jour d’occupation. La ville a accepté toutes les revendications. Le canton fait la sourde oreille. L’occupation est maintenue.
Rassemblement le 17 janvier à 18h sur l’esplanade du Grütli.
Manifestation le 21 février à 18h à la pLace Neuve.
https://renverse.co/VIDEO-3eme-et-4eme-jour-d-occupation-du-Grutli-par-le-collectif-lutte-des-MNA-2403


+++SCHWEIZ
Strengere Kriterien für Dublin-Überstellungen nach Italien
Das Bundesverwaltungsgericht kam bereits kürzlich zum Schluss, dass die von den italienischen Behörden gelieferten Garantien zu unspezifisch waren, da Familien, die aus der Schweiz nach Italien überstellt werden müssten, nach neuer Rechtslage nicht länger Zugang zu den Zweitaufnahmezentren haben. Das Urteil E-962/2019 bestätigt und konkretisiert diese Rechtsprechung: Die italienischen Behörden müssen noch konkretere Garantien betreffend die Aufnahmebedingungen im Einzelfall abgeben. Neu müssen die Schweizer Asylbehörden fÃ
¼r schwer erkrankte Asylsuchende, die sofort nach der Ankunft in Italien auf lückenlose medizinische Versorgung angewiesen sind, individuelle Zusicherungen einholen betreffend die Gewährleistung der nötigen medizinischen Versorgung und Unterbringung.
https://www.bvger.ch/bvger/de/home/medien/medienmitteilungen-2019/strengere_kriterien_.html
-> Urteil: https://jurispub.admin.ch/publiws/download?decisionId=678f28d9-9e9f-4d1e-aae0-b583f403ecc8
-> Rendez-vous: https://www.srf.ch/play/radio/rendez-vous/audio/asyl-politik-italien-muss-garantien-liefern?id=8383d8ac-bafe-479e-bc4a-053a2399c9fb
-> https://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/jede-vierte-rueckfuehrung-eines-fluechtlings-nach-italien-steht-infrage/story/31837237
-> https://www.srf.ch/news/international/strengere-gesetze-salvinis-schweres-erbe-fuer-italiens-asylbewerber
-> https://www.nzz.ch/schweiz/asylsuchende-schweiz-stoppt-jede-vierte-rueckfuehrung-nach-italien-ld.1534321
-> https://www.nzz.ch/meinung/gestoppte-rueckfuehrungen-nach-italien-ein-humanitaerer-entscheid-ld.1534573
-> https://www.luzernerzeitung.ch/schweiz/wegen-salvini-dekret-der-bund-muss-von-rom-garantien-fuer-die-ausschaffung-von-familien-einholen-ld.1186120
-> https://www.luzernerzeitung.ch/schweiz/die-maengel-des-dublin-systems-ld.1186191
-> https://www.20min.ch/schweiz/news/story/Ausschaffungen-nach-Italien-gestoppt-12902217
-> https://www.tagblatt.ch/schweiz/die-maengel-des-dublin-systems-ld.1186191


Gewerkschafterin Mine Çetinkaya plangt auf Asylentscheid
Bomben über Cizre
Sie kämpfte für Demokratie und ein besseres Arbeitsrecht in der Türkei. Dann musste Lehrerin Mine Çetinkaya in die Schweiz fliehen.
https://www.workzeitung.ch/2020/01/bomben-ueber-cizre/


Migration und Integration: Erfahrungsaustausch der OECD-Länder unter dem Vorsitz von Bundesrätin Keller-Sutter
Bundesrätin Keller-Sutter präsidierte am Donnerstag, 16. und Freitag, 17. Januar 2020 in Paris eine Ministerkonferenz der OECD zum Thema Migration und Integration. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer tauschten sich über ihre Erfahrungen aus und erörterten bewährte Praktiken zum Umgang mit den Herausforderungen der Migration sowie der Integration der Ausländerinnen und Ausländer. Für Bundesrätin Keller-Sutter muss eine wirksame Migrationssteuerung zum Ziel haben, die von der Wirtschaft benötigten Talente rekrutieren zu können, ohne den berechtigten Schutz der inländischen Arbeitskräfte zu vernachlässigen.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-77839.html


+++BALKANROUTE
Das Elend hinter den Statistiken
Überfüllte Lager, menschenunwürdige Zustände und systematische Gewalt der Grenzpolizei: Während sich Europa an der sinkenden Anzahl ankommender Flüchtenden erfreut, werden in Bosnien-Herzegowina die Auswirkungen der europäischen Migrationspolitik sichtbar.
https://www.pszeitung.ch/das-elend-hinter-den-statistiken/#top


Auch über östliches Mittelmeer – Mehr unerlaubte Grenzübertritte über den Westbalkan
Der Migrationsdruck über den Westbalkan und das östliche Mittelmeer steigt: Die Zahl unerlaubter Grenzübertritte hat laut Frontex drastisch zugenommen.
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/westbalkan-und-oestliches-mittelmeer-frontex-mehr-unerlaubte-grenzuebertritte-100.html
-> https://www.tagesschau.de/ausland/frontext-jahresbericht-101.html


+++MITTELMEER
Seenotrettung: Oberstes Gericht Italiens bestätigt Freilassung von Carola Rackete
Der Einspruch der italienischen Staatsanwaltschaft gegen die Freilassung der Sea-Watch-Kapitänin ist abgewiesen worden. Rackete sprach von einem Signal für Seenotretter.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-01/carola-rackete-seenotrettung-freilassung-italien-gericht
-> https://www.spiegel.de/politik/ausland/carola-rackete-italienische-justiz-bestaetigt-freilassung-a-9fa0192a-5904-49c4-8fd3-6078b30dcee6
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1131585.carola-rackete-gericht-weist-berufung-gegen-freilassung-von-kapitaenin-ab.html
-> https://www.tagesschau.de/ausland/italien-rackete-101.html


Seenotretter der »Ocean Viking« retten 39 Migranten vor libyscher Küste
Starker Wind und hoher Seegang machen Rettern zu schaffen
Vor Sonnenaufgang wurden die Migranten rund 65 Kilometer vor der libyschen Küste von einem Holzboot geborgen. Den Senotrettern macht vor allem der starke Wind und der hohe Seegang im Mittelmeer zu schaffen.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1131581.seenotrettung-im-mittelmeer-seenotretter-der-ocean-viking-retten-migranten-vor-libyscher-kueste.html


»Es ist seefräuische Pflicht, zu retten«
Stephanie Lehmann ist Schauspielerin und Sängerin. Gerade hält sie Bordwache auf der »Eleonore« von der Seenotrettungsorganisation Mission Lifeline auf Sizilien
Wer mit dem Auto eine Panne hat, ruft den ADAC. Aber was macht man auf dem Meer? Da muss man sich darauf verlassen können, dass andere Schiffe Menschen in Seenot helfen, sagt Stephanie Lehmann, Kapitänin des Seenotrettungsschiffs »Eleonore«
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1131587.seenotrettung-es-ist-seefraeuische-pflicht-zu-retten.html


+++EUROPA
Frontex-Jahresbericht Weniger illegale Einreisen in die EU
Im vergangenen Jahr ist die Zahl der illegalen Grenzübertritte in die EU laut Grenzschutzagentur Frontex zurückgegangen. In Griechenland und auf der Balkanroute nahm der Migrationsdruck aber massiv zu.
https://www.tagesschau.de/ausland/frontext-jahresbericht-101.html


Frontex
„Anfang November hat der Rat der Europäischen Union eine Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache beschlossen. Sie sieht vor, dass die EU-Grenzschutzagentur Frontex mehr Personal und Ausrüstung erhält und Mitgliedstaaten unter anderem bei der Grenzkontrolle stärker unterstützen darf. Am Freitag wollen die EU-Innenminister auf einem informellen Treffen in Zagreb über die Umsetzung der Verordnung beraten. Ebenfalls auf der Tagesordnung steht das Vorgehen gegen Schleuserkriminalität.“ (Mediendienst Integration)
Aus diesem Anlass hier der Hinweis auf die Frontex-Broschüre von Pro Asyl.
FRONTEX: THE MAKING OF A ‘SUPER AGENCY’: https://ffm-online.org/wp-content/uploads/2020/01/20191201-rsa-proasyl-frontex-2.pdf
https://ffm-online.org/frontex/


+++FREIRÄUME
bernerzeitung.ch 17.01.2020

Stadtnomaden dürfen im Schermen bleiben

Die Stadt hat mit der Burgergemeinde eine Vereinbarung abgeschlossen. Die Stadtnomaden dürfen mit ihren Bauwagen vorläufig auf dem Schermenareal bleiben.

von Lea Stuber

Die Stadtnomaden mussten bisher alle sechs Monate umziehen. Doch der Raum für alternatives Wohnen in Bern ist knapp, und so ändert die Stadt nun ihre Praxis. Die Stadtnomaden müssen nicht mehr alle sechs Monate ihren Standplatz wechseln. Wie sich abzeichnete, dürfen sie mit ihren Bauwagen vorläufig auf dem Schermenareal bleiben.

Dies wird möglich, weil die Stadt mit der Burgergemeinde, der das Gelände gehört, eine Vereinbarung abschliessen konnte. Gemäss dieser ist neu die Stadt für das Gelände verantwortlich und nicht mehr die Burgergemeinde. Dies bestätigt der Informationsdienst der Stadt Bern.

Die Stadtnomadinnen und Stadtnomaden sind vor einem Jahr vom Gaswerkareal an der Aare aufs Schermenareal beim Wankdorf gezogen. Eigentlich hätten sie sechs Monate später, also Ende Juli, das Schermenareal wieder verlassen müssen – so sah es das Rotationsprinzip vor. Gemäss diesem wechselten die Stadtnomaden seit Frühling 2017 nur noch alle sechs statt wie zuvor alle drei Monate ihren Standort.

Auf dem Gaswerkareal haben die Stadtnomadinnen aber keinen Platz mehr, weil dort andere Gruppen stationiert sind. Andere Flächen, wie das Viererfeld, das bald bebaut wird, oder der Hirschenpark unterhalb des Bierhübeli, der als Bauplatz für den Bahnhofsumbau genutzt wird, können die Stadtnomaden nicht mehr als Standplatz nutzen. Nun bleiben sie also bis auf weiteres fix auf dem Schermenareal.

Der Platzmangel in Bern hängt auch mit der geplanten Zone für experimentelles Wohnen am Rand der Stadt zusammen, die juristisch blockiert ist. Mehr als sechs Jahre nach der Abstimmung ist das Genehmigungsverfahren für die Zone in Riedbach immer noch beim Kanton hängig.

Nach einem juristischen Hin und Her muss die Stadt Bern prüfen, inwiefern die Zone mit dem revidierten Raumplanungsgesetz sowie mit dem neuen kantonalen Richtplan vereinbar ist. Sie muss etwa auf­zeigen, dass es auf Stadtgebiet keine geeignete Fläche dafür gibt.
(https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/stadtnomaden-duerfen-im-schermen-bleiben/story/29368629)


+++GASSE
Obdachlose Frauen sind unsichtbar
Aber es gibt sie und sie brauchen spezifische Angebote! Das sagt Eva Gammentaler. Sie arbeitet bei der kirchlichen Gassenarbeit in Bern. Diese fordert aktuell eine frauenspezifische Notschlafstelle. Das bestehende Angebot sei zu wenig niederschwellig und für viele Frauen nicht nutzbar. Der Berner Gemeinderat kam zu einem anderen Schluss und lehnte im letzten Herbst eine Motion diesbezüglich ab. Er stützt sich auf die Einschätzung von Pinto, der mobile Interventionsgruppe der Stadt. Wie sieht die Situation effektiv aus? Unsere Redaktorin Susanne Grädel bringt Licht ins Dunkel und spricht sowohl mit der kirchlichen Gassenarbeit als auch mit der Stadt. Die Basler Studie gibts hier: http://www.schwarzerpeter.ch/wp-content/uploads/2019/05/Kein_Daheim-CMS-Publikation-2019.pdf
https://rabe.ch/2020/01/17/obdachlose-frauen-sind-unsichtbar/


Jugendliche dröhnen sich mit Beruhigungsmittel zu
In Gelterkinden im Kanton St. Gallen wurde ein 12-jähriger Junge nach Medikamentenmissbrauch ins Spital eingeliefert. Fachleute befürchten einen negative Entwicklung.
https://www.srf.ch/play/tv/popupvideoplayer?id=f4780a96-28df-48c5-a602-4ce254d533a5&startTime=64.383


«Dass es in der Schweiz keine Armut gibt, ist einfach nicht wahr»
Der Doku-Film «Im Spiegel» feierte am Donnerstagabend Basler Vorpremiere. Vor Ort waren die beiden Protagonistinnen Anna Tschannen und Lilian Senn.
https://telebasel.ch/2020/01/17/dass-es-in-der-schweiz-keine-armut-gibt-ist-einfach-nicht-wahr/


+++DROGENPOLITIK
Platzspitzbaby – «Eine bessere Drogenpolitik hätte viel Elend verhindert»
André Seidenberg kämpfte vor 30 Jahren mit Methadon und sauberen Spritzen gegen die Verwahrlosung der Heroinsüchtigen. Heute fordert er die ärztliche Abgabe aller Drogen.
https://www.beobachter.ch/gesundheit/pravention/platzspitzbaby-eine-bessere-drogenpolitik-hatte-viel-elend-verhindert


+++SEXWORk
Das perfekte Bordell
Sexarbeiterinnen werden bis heute an den Rand der Gesellschaft gedrängt, bemitleidet oder gar verachtet. Es ist höchste Zeit für einen neuen Umgang mit der Prostitution.
https://www.republik.ch/2020/01/17/das-perfekte-bordell
-> https://www.republik.ch/2020/01/17/podcast-warum-wir-das-perfekte-bordell-entworfen-haben


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Sie soll zu zivilem Ungehorsam aufrufen: Radikale Klimaschützer missbrauchen Bundespräsidentin Sommaruga
Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga scheint auf Plakaten zu illegalem Handeln aufzurufen. Nur: Das Plakat ist eine Fälschung. Dahinter stecken radikale Klimaaktivisten.
https://www.blick.ch/news/politik/sie-soll-zu-zivilem-ungehorsam-aufrufen-radikale-klimaschuetzer-missbrauchen-bundespraesidentin-sommaruga-id15707631.html
-> https://www.watson.ch/schweiz/gesellschaft%20&%20politik/659536520-extinction-rebellion-werben-mit-fake-zitat-von-sommaruga


Klimaschutz: Was nützen die Demos dem Klima? – Rendez-vous
Seit einem Jahr gehen immer freitags Jugendliche auf die Strasse und demonstrieren – als Teil der globalen Bewegung «Fridays for Future» – für den Schutz des Weltklimas. Zum Jahrestag reisen Tausende Jugendliche in die Romandie.
https://www.srf.ch/play/radio/rendez-vous/audio/klimaschutz-was-nuetzen-die-demos-dem-klima?id=d2e7484e-7a5b-4969-90eb-9bc0c5285bd7


Greta streikt in Lausanne mit Tausenden Jugendlichen
Menschen aus der ganzen Schweiz demonstrieren in Lausanne fürs Klima. Mit dabei: Greta Thunberg, die auf dem Weg ans WEF ist.
https://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/wir-sehen-uns-um-1030-uhr/story/28629607
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/klimastreik-greta-demonstriert-mit-zehntausend-personen-in-lausanne-65639841
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/popupvideoplayer?id=84040f87-f82b-4ffd-8dbe-50fbe3657751&startTime=379.386


Stadtpolizei Winterthur rückt wegen unbewilligter Demo aus
Am Donnerstagabend hat es in der Winterthurer Altstadt eine unbewilligte Demonstration gegeben. Der Demonstrationszug lief kurz nach 20 Uhr vom Oberen Graben zur Stadtkirche. Die Stadtpolizei rückte aus, griff allerdings nicht ein.
https://www.toponline.ch/news/winterthur/detail/news/stadtpolizei-winterthur-rueckt-wegen-unbewilligter-demo-aus-00127352/


+++WEF
Das Gespenst der Freiheit
im Clinch mit dem Gespenst des Kapitalismus: Ein Hinweis zur Anti-Wef-Demo in Bern am 18. Januar 2020.
https://youtu.be/M0HFDHCO9P8


Polizeikommandant zur Kritik – «Die Kantonspolizei Graubünden hat kein strukturelles Problem»
Im Zusammenhang mit dem Polizeieinsatz gegen Whistleblower Adam Quadroni wurde Walter Schlegel massiv kritisiert. Nun nimmt der Kommandant erstmals ausführlich Stellung zu den Vorwürfen und spricht über das bevorstehende WEF.
https://www.srf.ch/news/regional/graubuenden/polizeikommandant-zur-kritik-die-kantonspolizei-graubuenden-hat-kein-strukturelles-problem


50. World Economic Forum WEF – Schweiz Aktuell
Das Weltwirtschaftsforum WEF feiert dieses Jahr seine 50. Ausgabe. In dieser Zeit haben sich viele Wirtschaftsmächte, Politiker und Stars in Davos getroffen. Doch was hat das WEF in Davos selber verändert?
https://www.srf.ch/play/tv/popupvideoplayer?id=325e0e2b-6047-49e3-8063-5af7b1b4169c&startTime=47.907


So bereitet sich Zürich auf Trumps Ankunft am WEF vor
Die Vorbereitungen für das WEF laufen auf Hochtouren, auch in Zürich: Mehrere hundert Polizisten sind zusätzlich im Einsatz. Auch die Zürcher Hotels haben alle Hände voll zu tun mit den WEF-Gästen und ihrer Entourage.
https://www.telezueri.ch/zuerinews/so-bereitet-sich-zuerich-auf-trumps-ankunft-am-wef-vor-136241891


Hohe Sicherheitskosten am WEF – Mehr Geld für die Zürcher Kantonspolizei gefordert
Auf 800’000 Franken Sicherheitskosten bleibt der Kanton Zürich anlässlich des WEF in Davos sitzen. Das soll sich ändern.
https://www.srf.ch/news/regional/zuerich-schaffhausen/hohe-sicherheitskosten-am-wef-mehr-geld-fuer-die-zuercher-kantonspolizei-gefordert


Einsatz der Stadtpolizei während des World Economic Forums (WEF)
Wie in den vergangenen Jahren werden zu Spitzenzeiten über 300 Stadtpolizistinnen und –polizisten ausschliesslich für das WEF im Einsatz stehen. Sie werden in Davos und Zürich eingesetzt.
https://www.stadt-zuerich.ch/pd/de/index/stadtpolizei_zuerich/medien/medienmitteilungen/2020/januar/einsatz_der_stadtpolizeiwaehrenddesworldeconomicforumswef.html
-> https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/300-zuercher-stadtpolizisten-im-einsatz-fuers-wef-00127372/


Auf allen Kanälen: Schwabs Fanboys
Bessere PR-Sprecher könnte sich das Wef nicht wünschen: Niemand buckelt in so braven Hauptsätzen nach oben wie die Chefredaktoren Christian Dorer und Patrik Müller.
https://www.woz.ch/-a463


Das World Economic Forum spürt den Greta-Effekt
Der doppelzüngige «Davos Man»
Seit es das WEF gibt, huldigt dieser Privatclub der Weltenherrscher dem Raubtierkapitalismus. Damit soll nun fertig sein. Verkündet das neue Manifest zum 50. Geburtstag.
https://www.workzeitung.ch/2020/01/der-doppelzuengige-davos-man/


Liveticker:
-> https://www.derbund.ch/wirtschaft/wef/trump-bestaetigt-ich-werde-nach-davos-gehen/story/25692023
-> https://www.nzz.ch/wirtschaft/trump-haelt-am-wef-besuch-fest-trotz-amtsenthebungsverfahren-ld.1534599
-> https://www.blick.ch/news/wirtschaft/newsticker-zum-wef-2020-in-davos-alle-infos-bilder-und-videos-id15691386.html


Das Programm der Mitglieder des Bundesrates am WEF-Jahrestreffen 2020
Anlässlich des 50. Jahrestreffens des World Economic Forum (WEF) würdigt der Bundesrat die Bedeutung der Veranstaltung in Davos. Dieses Jahr nehmen alle Mitglieder der Landesregierung daran teil; es dürften rund 60 bilaterale Treffen stattfinden. Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga eröffnet den Grossanlass am Dienstag, 21. Januar, gemeinsam mit Prof. Klaus Schwab.
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-77832.html



tagesanzeiger.ch 17.01.2020

 Wo Trump auch Zürich in den Ausnahmezustand versetzt

Während des WEF geht es auch in Zürich hoch her: volle Hotels, aufgestockte Polizei und Anti-WEF-Demonstrationen.

Daniel Pfeifer

Am Dienstag startet in Davos das Weltwirtschaftsforum. Auch Zürich bekommt das zu spüren. Am Flughafen kommen alle Staatsgäste an, bevor sie nach Davos weiterreisen. Und das ist noch lange nicht alles.

Übernachtet Donald Trump in Zürich?

Die US-Regierung hat vorsichtshalber Zimmer in drei Hotels reserviert: im Sheraton (für die White House Communications Agency), im Mövenpick-Flug­hafen-Hotel für den Secret Service und im Marriot für den ­Potus, also für Trump selbst. Ob die Delegation dort tatsächlich unterkommt, ist jedoch streng geheim, und die Hotels sind zu Stillschweigen verpflichtet. Es ist zudem wahrscheinlich, dass Donald Trump am Dienstag direkt vom Flughafen Zürich per Helikopter nach Davos weiterfliegt, ohne die Stadt zu betreten. Helikopter des Präsidenten kamen bereits gestern am Flugplatz Dübendorf an.

Gibt es einen Ansturm auf Zürcher Hotels?

«Das WEF hat sicher eine positive Auswirkung auf die Hotels in der Region», erklärt Martin von Moos, Präsident des Hotelierverbands. «Es sind aber vor allem internationale Hotelketten, die davon profitieren. Und die Flughafenhotels.» Während die ­hohen Gäste weiter nach Davos reisen, wird ein Teil des Anhangs in ­Zürich bleiben. Flugpersonal zum Beispiel. Der grösste Faktor – kaum verwunderlich – ist Trump. «Vor zwei Jahren war ein ziemlicher Ansturm, da waren viele Hotels sehr stark gebucht», erinnert sich von Moos. Die Zusage Trumps habe noch einmal deutlich Interessenten nach Zürich gelockt. Alles in allem ist das WEF für die Hoteliers erfreulich, fällt es doch in den eher schwachen Monat Januar.

Kommt Greta Thunberg auch nach Zürich?

Ein heiss erwarteter Gast ist dieses Jahr wieder Greta Thunberg. Vergangenes Jahr machte sie nur sehr kurz am Hauptbahnhof Zürich halt, bevor sie nach Davos weiterfuhr. Auch dieses Jahr wird sie in Zürich nicht öffentlich in Erscheinung treten, lässt ihr Team wissen. Am 17. Januar nimmt Thunberg noch an einem grossen Streik in Lausanne teil, bei der Protestwanderung vom 19. bis 22. Januar wird sie nach Berichten von CH Media nicht dabei sein. Sollte sie wie üblich per Bahn reisen, wird sie also zumindest auf dem Weg von Lausanne nach Davos im Hauptbahnhof Zürich umsteigen. In Zürich sind während des WEF keine Aktionen der Klimastreikjugend geplant.

Was kommt auf die Zürcher Polizei zu?

Wie jedes Jahr schicken Polizeidienststellen aus der ganzen Schweiz Kräfte nach Davos. Von der Stadtpolizei Zürich sind über 300 Leute speziell fürs WEF eingeplant. «Ein Teil in Davos», sagt Sprecherin Judith Hödl. Vor Ort helfen sie bei der Sicherheit mit, stellen Verkehrspolizisten, fliegende Einsatzleiter und Forensiker. Auch Hundeführer aus ­Zürich werden dabei sein, der Ordnungsdienst für Demonstrationen, Grenadiere für grössere Einsätze und Interventionseinheiten für den Personenschutz.

Wie viel die Kantonspolizei Zürich schickt, ist noch nicht klar. «Es kommt auf die Gäste drauf an und was für Schutz sie brauchen», sagt Sprecher Florian Frei. Jedoch soll es ähnlich ablaufen wie in den vergangenen Jahren. 2018, als Trump zuletzt kam, waren an den Spitzentagen 400 Zürcher Kantonspolizisten fürs WEF im Einsatz, davon rund ein Fünftel in Davos. Der Grossteil blieb in Zürich und kümmerte sich um den Flughafenbereich und die Absicherung der Konvois bis zur Kantonsgrenze. Dabei lassen sie sich von der Sicherheits-Armada rund um Trump nicht reinreden. «Bestimmen tun grundsätzlich wir. Die Hoheit ist bei uns», sagt Frei.

Was macht die Anti-WEF-Bewegung?

Vor Beginn des WEF organisiert die Bewegung für Sozialismus wie seit vielen Jahren wieder die Gegenveranstaltung «Das ­andere Davos». Bei der zweitägigen Konferenz am 17. Und 18. Januar im Volkshaus Zürich feiern die Teilnehmenden dieses Jahr selbst ein Jubiläum: «20 Jahre Widerstand gegen die kapitalistische Globalisierung». Die Referenten der Konferenz kommen aus der ganzen Welt. Unter ihnen Bolsonaro-Gegner, feministische Aktivistinnen und ein Agrarwissenschaftler. Sie sprechen auf zwei Plenen und in zahlreichen Workshops.

Wie verläuft die grosse Demo gegen das WEF?

Am 22. Januar organisiert ein Bündnis aus Jusos und Jungen Grünen auf dem Helvetiaplatz von 18 bis 22 Uhr die Demonstration «Züri gäge WEF». Die Idee: «Gemeinsam wollen wir unsere Kämpfe verbinden und ge­meinsam gegen das WEF protestieren.» Schon vergangenes Jahr war eine unbewilligte Demo unter demselben Namen zur selben Uhrzeit am Helvetiaplatz gestartet. Damals aber noch nicht unter der Leitung von Juso und Grünen. 2019 war ein gewaltiges Polizeiaufgebot vor Ort, ­inklusive Wasserwerfern. Unter den De­monstranten waren ­Vermummte mit Pyrotechnik. Die Demo dieses Jahr habe damit gar nichts zu tun, so Juso-Sprecher Nathan Donno. Es solle «familienfreundlich» ablaufen, friedlich für Linke, Klima- und Frauenstreikende. Nach Bewilligung der Demo wurde das WEF-Polizeikontingent der Stadtpolizei Zürich für Donnerstag dennoch um 100 Einsatzkräfte erhöht.
(https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/region/wo-trump-auch-zuerich-in-den-ausnahmezustand-versetzt/story/21787387)
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/zuerich/volle-hotels-aufgestockte-polizei-und-anti-wef-demos-trump-sorgt-auch-in-zuerich-fuer-ausnahmezustand-136239965


+++REPRESSION DE
„Man muss jeden Zentimeter sofort besetzen“: Literaturnobelpreisträgerin solidarisiert sich mit Berliner Linksautonomen
Elfriede Jelinek will Projekte wie die „Liebig 34“ erhalten wissen. Auch Nina Hagen, Leander Haußmann und René Pollesch unterzeichnen den Aufruf.
https://www.tagesspiegel.de/berlin/man-muss-jeden-zentimeter-sofort-besetzen-literaturnobelpreistraegerin-solidarisiert-sich-mit-berliner-linksautonomen/25444216.html


linksunten.indymedia.org verboten – Archiv bleibt erhalten
Indymedia linksunten wurde am 25. August 2017 vom Bundesinnenminister verboten. Die Seite bleibt als Archiv erhalten. Die einzigen Archive der Bewegungen haben die Bewegungen selbst hervorgebracht und niemand wird unsere Geschichte erzählen, wenn wir es nicht selbst tun. Bewegungen müssen Spuren ihrer Leidenschaft für zukünftige Generationen hinterlassen, denn vergessene Kämpfe sind verlorene Kämpfe.
Indymedia linksunten was banned by the German Federal Minister of the Interior on the 25th August 2017. The website remains as an archive. The only archives of movements are made by the movements themselves, and nobody will tell our history unless we do it ourselves. Movements have to leave traces of their passion for future generations, because forgotten fights are lost fights.
Abajo y a la izquierda está el corazón — siamo tutti indymedia !
Harte Zeiten erfordern unabhängige Medien — vers beaux temps !
https://linksunten.tachanka.org/
-> https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr/indymedia-107.html
-> https://www.mopo.de/hamburg/vor-urteil-linke-aktivisten-veroeffentlichen-millionen-verbotener-dateien-33757868
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1131583.indymedia-linksunten-bewegungsgeschichte-dokumentiert.html
-> https://www.jungewelt.de/artikel/371048.unbekannte-ver%C3%B6ffentlichen-archivbestand-von-linksunten-indymedia.html


Skandalnacht von Connewitz: Leipziger Polizeisprecher mischte sich unter Pseudonym in Gewalt-Debatte ein
Mit einem privaten Account kommentierte der Polizeisprecher die Debatte um Connewitz. Es ist nicht das erste Mal, dass er sich ungefragt einmischt.
https://www.tagesspiegel.de/politik/skandalnacht-von-connewitz-leipziger-polizeisprecher-mischte-sich-unter-pseudonym-in-gewalt-debatte-ein/25444168.html


+++KNAST
Bässlergut kürzt Besuchszeiten im Strafvollzug massiv
Die Besuchszeiten im Strafvollzug des Bässlerguts werden gekürzt. Das sorgt für Kritik und macht sichtbar, wie unterschiedlich Basler Gefängnisse die Besuchszeiten handhaben.
https://www.bajour.ch/a/Y71JGuRfO9/basslergut-kurzt-besuchszeiten-im-strafvollzug-massiv


+++BIG BROTHER
Digitaler Schweizer Pass kommt vors Volk
Gestern wurde bei der Bundeskanzlei in Bern das Referendum gegen das neue E-ID-Gesetz eingereicht. Über 60’000 Unterschriften kamen dafür zustande – damit steht fest, dass die Schweizer Stimmbevölkerung nun an der Urne über den digitalen Schweiz Pass befinden kann. Hinter dem sogenannten „E-ID-Referendum“ steht ein breiter, überparteilicher Zusammenschluss von Organisationen, Netzwerken und Parteien von links bis rechts.
Mit dem Referendum wehrt sich die breite Allianz gegen den derzeitigen Vorschlag des Parlaments, der vorsieht, den digitalen Schweizer Pass zu privatisieren. Geht es nach dem Parlament sollte die elektronische Identität nämlich nicht vom Staat verwaltet werden, sondern von Grossbanken, Versicherungsgesellschaften und staatsnahen Konzernen. Ein Entscheid, der hochgradig problematisch sei, findet Erik Schönenberger von der digitalen Gesellschaft der Schweiz
https://rabe.ch/2020/01/17/elektronische-id-kommt-vors-volk/


+++POLIZEI ZH
Ariana B. (28) gab 1-Sterne-Bewertung auf Google: Polizist im Internet kritisiert – Anzeige!
Die Zürcherin Ariana B. erhielt eine Strafanzeige, weil sie einen Polizisten für dessen Arbeit kritisierte. Nachdem BLICK über den Fall der negativen Google-Bewertung recherchiert hatte, wurde der Polizist strafversetzt.
https://www.blick.ch/news/schweiz/zuerich/ariana-b-28-erst-schikaniert-dann-verklagt-polizist-im-internet-kritisiert-anzeige-id15706508.html
-> https://www.20min.ch/schweiz/zuerich/story/Frau-gibt-Polizei-1-Sterne-Bewertung—Anzeige-19474821
-> https://www.zsz.ch/meilen/bei-der-bewertung-von-polizisten-ist-vorsicht-geboten/story/26895672


+++POLICE FR
Frankreich hat ein Problem mit Polizeigewalt
Polizisten setzten bei Demonstrationen immer wieder Hartgummigeschosse und Tränengas ein. Innerhalb weniger Monate wurden dadurch 82 Menschen schwer verletzt.
https://www.landbote.ch/ausland/europa/Frankreich-hat-ein-Problem-mit-Polizeigewalt/story/29546666


+++HOMOHASS
«Man sollte das komplette Rassismusgesetz neu schreiben»
Das Ja-Komitee zur Gesetzesergänzung gegen Diskriminierung wegen sexueller Orientierung, ist gross. Einzig die SVP sagt am 9. Februar offiziell Nein.
https://telebasel.ch/2020/01/17/man-sollte-das-komplette-rassismusgesetz-neu-schreiben


Wird Hetze gegen Homosexuelle strafbar?
Am 9. Februar wird über die Erweiterung des Antirassismusgesetzes abgestimmt. Hetze gegen Homosexuelle wird so strafbar. Immer noch schwierig ist das Outing im Fussball, die Angst vor Diskriminierung im Männerfussball ist nach wie vor gross.
https://www.srf.ch/play/radio/rendez-vous/audio/wird-hetze-gegen-homosexuelle-strafbar?id=3e6b0597-2596-44c1-8fe4-6cb190449de4


Kontroverse «Antirassismusgesetz»: Hans Moser und Angelo Barrile
Laut Antirassismusgesetz gilt: Wer in der Schweiz Menschen wegen ihrer Religion oder ihrer Rasse diskriminiert oder gegen sie hetzt, macht sich strafbar. Bundesrat und Parlament haben das Strafgesetz erweitert – zum Schutz von Homosexuellen. Das geht Politikern von EDU und der jungen SVP zu weit – sie haben das Referendum ergriffen – darum stimmen wir über die Erweiterung der Antirassismusstrafnorm ab.
Was spricht dafür, was dagegen? EDU-Präsident Hans Moser und SP-Nationalrat Angelo Barrile, er ist Vorstandsmitglied des Schweizerischen Schwuldendachverbandes Pink Cross zu Gast im Studio.
https://www.srf.ch/play/radio/rendez-vous/audio/kontroverse-antirassismusgesetz-hans-moser-und-angelo-barrile?id=348de7b8-456c-4df5-8ca5-fa6963c9cf5f


+++RECHTSPOPULISMUS
Albisgüetli-Tagung der SVP in Zürich: Blocher macht sich über linke und grüne Frauen lustig
An der 32. Albisgüetli-Tagung in Zürich zielt SVP-Übervater auf die neu gewählten Nationalrätinnen der SP und der Grünen. Er zieht ihre Berufe ins Lächerliche.
https://www.blick.ch/news/politik/albisgueetli-tagung-der-svp-in-zuerich-blocher-macht-sich-ueber-linke-und-gruene-frauen-lustig-id15708470.html
-> https://www.20min.ch/schweiz/zuerich/story/Blocher-stichelt-gegen-neugewaehlte-Nationalraete-15820248


SVP sammelt sich am Albisgüetli
Erstmals nach den Wahlschlappen im letzten Jahr trifft sich die Zürcher SVP an der traditionellen Albisgüetli-Tagung . Dort wird diskutiert, wie die Partei wieder zu alter Stärke finden kann.
https://www.telezueri.ch/zuerinews/svp-sammelt-sich-am-albisgueetli-136241908


Die SVP zeigt immer wieder ihr ambivalentes Verhältnis zum rechten Rand
In jüngster Vergangenheit gerieten verschiedene SVP-Mitglieder in die Schlagzeilen, weil sie durch rechtsradikales Gedankengut auffielen.
https://www.nzz.ch/schweiz/die-svp-und-ihr-ambivalentes-verhaeltnis-zum-rechten-rand-ld.1534659


Die Sehnsucht nach einem neuen Polteri: Ist die Wahl des Aargauer SVP-Präsidenten ein Vorzeichen für die nationale Parteiwahl?
Die SVP Aargau hat mit Andreas Glarner einen Hardliner an die Spitze gewählt. Kann seine Wahl als erster Gradmesser dafür gelten, welchen Ton die Partei national einschlagen wird?
https://www.luzernerzeitung.ch/schweiz/die-sehnsucht-nach-einem-neuen-polteri-ist-die-wahl-des-aargauer-svp-praesidenten-ein-vorzeichen-fuer-die-nationale-parteiwahl-ld.1186196
-> https://www.luzernerzeitung.ch/schweiz/die-sehnsucht-nach-einem-neuen-polteri-ist-die-wahl-des-aargauer-svp-praesidenten-ein-vorzeichen-fuer-die-nationale-parteiwahl-ld.1186196
-> https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/andreas-glarner-oder-die-sehnsucht-nach-einem-aargauer-blocher-136237036


+++RECHTSEXTREMISMUS
Hass im Netz: Auf der Spur rechtsextremer Hetze
Auf der Webseite „judas.watch“ wurde jahrelang im Netz gehetzt, vor allem gegen Juden. Den Politmagazinen report München, Kontrovers und „Zeit Online“ ist es nun gelungen, die Spur der Hintermänner zu verfolgen.
https://www.tagesschau.de/investigativ/report-muenchen/judas-watch-103.html


Virtueller Judenstern
Auf der antisemitischen Website Judas.Watch wurden politische Feinde von Rechtsextremen gelistet. Mittlerweile ist die Hassseite vom Netz. Der Drahtzieher sitzt vermutlich in Österreich.
https://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2020/01/17/antisemitismus-rechtsextremismus-neonazis-website-judas-watch_29425



bernerzeitung.ch 17.01.2020

«Hier kannst Du einen Nazi treffen»

Linksextreme nehmen einen Länggasse-Bewohner ins Visier. Sie schlugen bei einer Mietwohnung eine Scheibe ein. Bei der Polizei ist Anzeige erstattet worden.

Michael Bucher

Einen Schrecken erlebte ein Länggasse-Bewohner vor Wochenfrist. Bei seiner Mietwohnung wurde von Unbekannten eine Scheibe eingeschlagen. Wobei: So unbekannt sind die Ur­heber des Sachschadens nicht. Vor ein paar Tagen hat die Re­volutionäre Jugendgruppe Bern auf ihrem Facebook-Profil eine Meldung dazu veröffentlicht.

Darin bekennt sich die linksex­treme Gruppierung zu der Aktion. Auch auf dem einschlägigen Onlineportal Barrikade.info wurde die Meldung hochgeladen. Offenbar galt die Attacke einem Mann vom anderen Ende des politischen Spektrums. «Glasbruch bei Naziwohnung in Bern» nennen die Urheber ihre Aktion. Dazu pu­blizieren sie die Wohnadresse, und auf einem Foto des Wohnblocks ist der betroffene Balkon farblich hervorgehoben. «Hier kannst du einen Nazi treffen!» steht darüber geschrieben.

Auch Türe verunstaltet

Die Kantonspolizei Bern bestätigt den Vorfall. Der Hauseigentümer habe Anzeige eingereicht, die Polizei Ermittlungen aufgenommen. Der Betroffene war für diese Zeitung nicht erreichbar. Hört man sich im Haus um, ist zu erfahren, dass der Mann erst kürzlich eingezogen ist. Ein Augenschein vor Ort zeigt, dass die Täter ausserdem die Wohnungstüre des Mannes verunstaltet haben, «Nazis raus» steht dort geschrieben.

«Mafiöse Methoden»

Laut Reto Nause sind das «bedenkliche Entwicklungen». Der Berner Sicherheitsdirektor spricht gar von «mafiösen Methoden», deren sich die links­extreme Szene bediene. Höchst problematisch findet er auch den Onlinehinweis. Wenn auch verklausuliert formuliert, so sei der Onlineeintrag «faktisch ein Aufruf zu Gewalt und Sachbeschädigung».

Ungeachtet dessen, ob der betroffene Bewohner tatsächlich in Neonazikreisen aktiv ist oder nicht, das Beispiel zeigt einmal mehr, wie gut die linksextreme Szene ihre Feinde im Auge behält. Was Nause dabei stossend findet: «Jene Gruppierungen, die sich ansonsten gegen jegliche Überwachung wehren, wenden genau diese Mittel in perfider Art an.»
(https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/hier-kannst-du-einen-nazi-treffen/story/14729856)
-> https://www.facebook.com/jugendbern/photos/a.409006116445824/457419304937838 (Bekenner*innenschreiben auf barrikade.info)
-> Foto von vor Aktion: Hakenkreuzfahne in der guten Nazistube: https://twitter.com/antifa_bern/status/1218272674276892673


+++FUNDIS
Roger Hallam (53) ist der Anführer einer ultraradikalen Klimabewegung: «Wir wollen Millionen dazu bringen, Gesetze zu brechen»
Er hat die radikalste Umweltschutzbewegung ins Leben gerufen. Nun will XR-Mitgründer Roger Hallam Millionen Menschen für seine Sache gewinnen – mit drastischen Mitteln.
https://www.blick.ch/news/ausland/roger-hallam-53-ist-der-anfuehrer-einer-ultraradikalen-klimabewegung-wir-wollen-millionen-dazu-bringen-gesetze-zu-brechen-id15708514.html


Scientology-Gegner Manfred Harrer von Basler Strafgericht verurteilt: «Die Information ist meine Waffe»
Das Basler Strafgericht hat am Freitagmorgen den Scientology-Gegner Manfred Harrer zu 90 Tagessätzen à 40 Franken verurteilt. Ihm wird bedingter Strafvollzug mit einer Probezeit von drei Jahren gewährt. Der Beschuldigte hatte vor über drei Jahren mehrfach versucht, Scientologen davon abzuhalten, Passanten anzuwerben.
https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/scientology-gegner-manfred-harrer-von-basler-strafgericht-verurteilt-die-information-ist-meine-waffe-136239883
-> https://www.20min.ch/schweiz/basel/story/Scientology-Gegner-von-Gericht-verurteilt-16811702
-> https://telebasel.ch/2020/01/17/scientology-gegner-harrer-schuldig-gesprochen/?channel=105100


+++JENISCHE/SINTI/ROMA
bernerzeitung.ch 17.01.2020

Ein Dorf fühlt sich übergangen

Drei Wochen vor dem Abstimmungstermin ist in Wileroltigen der Ärger über den geplanten Transitplatz für ausländische Fahrende nicht abgeflacht. Ein Besuch an der Kantonsgrenze.

Martin Erdmann

Seit der Rebstock geschlossen hat, ist die Räblus die einzige Beiz in Wileroltigen. Die Wände sind mit Erinnerungsfotos tapeziert, und eine Stange Bier kostet drei Franken. Das kleine Lokal befindet sich im Keller von Kurt Baumann. Der Wirt wartet auf seine Gäste. Kommen diese, ist es nur eine Frage der Zeit, bis das Gespräch auf jenes Thema kommt, das in der 320-Seelen-Gemeinde omnipräsent ist: ausländische Fahrende und der Transitplatz, der für sie gebaut werden soll (lesen Sie hier, worum es geht). In der Räblus sind die Meinungen längst gemacht. «Wir sind klar dagegen», sagt Baumann.

Der Mann, der den Widerstand gegen den Platz im Dorf orchestriert, wohnt wenige Meter von der Räblus entfernt. Auf der Wiese hinter seinem Haus weiden Schafe. Armin Mürner sitzt am Küchentisch und flucht. «Ich könnte kotzen.» Dieses Gefühl hat ihn seit 2017 öfter gepackt. Als in jenem Sommer 500 Fahrende auf der Autobahnraststätte nahe der Gemeindegrenze haltmachten, wurde der gelernte Metzger, ehemalige Seemann und jetzige Rentner aktiv.

Mürner gründete ein Bürgerkomitee. Die Beweggründe dazu hat er auf seinem Wohnzimmertisch ausgebreitet. In mehreren Plastikmäppchen stapeln sich Bildbeweise von Verfehlungen, die Mürner den Fahrenden zuschreibt. Auf den meisten Fotos sind Kothaufen in freier Natur zu sehen. Andere zeigen zerschnittene Zäune oder liegen gelassenen Abfall.

Mehr Härte verlangt

Zigarettenrauch hängt in der Küche. Die Kaffeemaschine gluckert, und Mürner redet über Gerechtigkeit. Dies tut er oft, und das geht so: «Für die ausländischen Fahrenden müssen die gleichen Gesetze gelten wie für uns Schweizer.» Dies sei in Wileroltigen nicht der Fall. «Die Fahrenden können machen, was sie wollen, und die Regierung lässt es zu.»

Mit den 3,3 Millionen Franken, die der Platz kostet, würde bloss «Geld verlocht», sagt Mürner. «Ich glaube kein bisschen daran, dass der etwas bewirkt.» Für Mürner kommen nur strengere Kontrollen und härteres Durchgreifen infrage. Eines will er jedoch festhalten: «Ich bin Demokrat.» Wenn das Stimmvolk den Platz genehmigt, will er ihm eine faire Chance geben und sein Bürgerkomitee auflösen.

Kritik an der Politik

Wileroltigen schrumpft seit Jahren. Dorfladen und Poststelle wurden geschlossen, das Schulhaus soll bald folgen. Vereine gibt es kaum noch. Wenn nicht gerade ein Traktor durch die Strässchen rattert oder Nutzvieh in den Ställen scharrt und muht, ist es hier still. Nur das monotone Rauschen der A 1 ist aus der Ferne zu hören. Sie ist eigentlich schuld am Problem von Wileroltigen. Für den Kanton jedoch entspricht die Lage der Idealvorstellung – weitab vom Dorf, doch direkt an der Transitroute der Fahrenden.

Es ist ein Ideal, das Bernhard Dick nicht teilen kann. Einen Steinwurf von der Raststätte entfernt bewirtschaftet der Landwirt rund 21 Hektaren Land, auf dem er Gemüse- und Ackerbau betreibt. Er steht auf einem seiner Felder und erzählt von Schwalben. Früher habe man diesen Holzlatten in den Stall genagelt, damit sie dort nisten konnten. Doch schnell waren mehr Schwalben da, als es Latten gab. «So wird es auch mit diesem Platz sein. Er wird mehr Fahrende anziehen, als er aufnehmen kann.» Dieses Szenario bereitet ihm Sorgen um die umliegenden Felder. Er befürchtet, dass diese besetzt werden könnten.

Als das Kantonsparlament im März dem Kredit für den Platz zustimmte, sass Dick auf der Zuschauertribüne vom Berner Rathaus. Das Resultat sorgte bei ihm für Ernüchterung. Er geht davon aus, dass die meisten einfach froh waren, dass der Platz nicht in ihrer Gemeinde gebaut wird. «Politik ist ein sehr spezielles Geschäft», sagt er möglichst diplomatisch. Mit einem Nein am 9. Februar könne dem Treiben ein Ende gesetzt werden. Dann wäre der Plan von einem fixen Transitplatz nach dem erfolglosen Versuch Meinisberg auch in Wileroltigen gescheitert. «Einen dritten Anlauf kann sich der Kanton nicht erlauben.»

Wo die Türen offen stehen

Der Gemeindesaal von Wileroltigen ist ein rustikaler Raum mit knarrendem Holzfussboden. Hinnerk Semke sitzt am Kopf des langen Sitzungstischs. Seit 2003 lebt der Deutsche in der Schweiz, seit 2018 ist er Gemeindepräsident von Wileroltigen. «Hier kann ich Auto- und Haustür immer offen lassen, und wer Hilfe braucht, kriegt diese auch.» Ganz anders sieht er die Beziehung zwischen seiner Gemeinde und dem Kanton. Seit dieser in Wileroltigen den Transitplatz bauen will, hat Semke das Vertrauen verloren. Zwar seien Forderungen des Dorfs grösstenteils erfüllt worden, dennoch klagt der Gemeindepräsident über fehlende Unterstützung.

Gerade im Abstimmungskampf verhalte sich der Kanton nicht korrekt. «Da werden taktische Manöver angewendet, die nicht in Ordnung sind.» Konkret meint er die Aussage von Regierungsrätin Evi Allemann (SP), dass der Kanton nur einen Transitplatz im Kanton will (lesen Sie hier das Interview dazu). In einem Regierungsratsbeschluss von 2014 wurde noch nach zwei Plätzen Ausschau gehalten. «Durch diese Kehrtwende werden wohl einige für den Platz stimmen, da das Thema dann vom Tisch wäre.»

«Absurd rassistisch»

Und dann gibt es in Wileroltigen noch jenes Haus, das sich vom Ortsbild abhebt. An Balkon und Gartenzaun hängen Fahnen mit politischen Motiven. Darunter Frauenstreik-Embleme oder Zeichen der Solidarität mit dem kurdischen Autonomiegebiet Rojava in Syrien. Seit zwei Jahren haust hier eine Wohngemeinschaft junger Menschen mit linken Idealen. «Ich glaube, manchmal wird im Dorf über uns gemunkelt», sagt Sofie. Ihren Nachnamen will sie lieber nicht in der Zeitung stehen haben.

Sie und ihre Mitbewohner bilden eine kleine Minderheit, die sich für den Transitplatz ausspricht. «Es ist menschenverachtend, wenn eine Volksgruppe davon abgehalten wird, so zu leben, wie sie es für richtig hält.» Und da es sich bei Fahrenden zudem noch um eine ethnische Minderheit handelt, sei es «absurd rassistisch», gegen den Platz zu sein.

Zu Diskussionen mit der restlichen Dorfbevölkerung ist es bisher nicht gekommen. «Wir wären aber auf jeden Fall offen für Gespräche.» Obwohl sich Sofie in Wileroltigen wohlfühlt, sei es manchmal ein etwas merkwürdiges Gefühl, unter Menschen zu leben, die völlig andere Werte vertreten würden. «Ich frage mich, wieso sie diesen Transitplatz als solche Bedrohung wahrnehmen.»

Provisorium von Brügg

20 Kilometer weiter nördlich fühlte sich Marc Meichtry nicht bedroht. Etwas mulmig war es dem Gemeindepräsidenten von Brügg aber schon zumute, als er vor fünf Jahren ausrückte, weil Fahrende im Ort haltmachten. Es war seine erste Amtswoche, und Meichtry war überfordert. «Ich hatte bis dahin noch nie mit Fahrenden zu tun.» Das sollte sich ändern. In den nächsten drei Jahren diskutierte er rund 30-mal mit ausländischen Fahrenden über ihren Verbleib in seiner Gemeinde.

Meichtry suchte nach einer pragmatischen Methode gegen die «willkürlichen Besuche» und kam zum Schluss: «Wir brauchten einen Transitplatz.» Einen solchen hat die Gemeinde von 2018 bis letzten Herbst betrieben. «Ich bin kein linker Gutmensch, aber das war damals die beste Lösung.» Das Provisorium kostete 120000 Franken, wobei der Grossteil durch Platzgebühren wieder eingenommen werden konnte.

Wie in Wileroltigen herrschte in Brügg zunächst Skepsis. Einwohner fürchteten sich vor Diebstählen. «Dabei passierte genau das Gegenteil», sagt Meichtry. Um den Platz herum hätten Diebstähle sogar abgenommen. «Weil die Fahrenden bis lange in die Nacht draussen sassen, traute sich niemand, in der Nähe einzubrechen.» Waren die Fahrenden weg, sei wieder mehr gestohlen worden.

Keine Sogwirkung

Meichtry zieht nach zwei Jahren eine positive Bilanz. «Wenn klare Spielregeln vorgegeben werden, kann ein solcher Platz funktionieren.» Befürchtungen, dass dadurch nur noch mehr Fahrende angezogen werden, kann er nicht bestätigen. Es sei höchstens einmal ein Wagen eine Nacht zu früh angekommen, es hätten sich aber nie Kolonnen vor dem Platz gebildet. «Die Fahrenden waren untereinander sehr gut organisiert.»

Ganz ohne Probleme ging es dennoch nicht. Teils wurde die Platzordnung nicht eingehalten oder laute Musik gehört. «Wir mussten immer wieder Einfluss nehmen.» Dennoch ist Meichtry überzeugt: «Ein Platz ist besser als kein Platz.»

Langsame Politik

Dann gibt es noch die rechtliche Seite. Wegen dieser macht sich der ehemalige Bundesrichter Giusep Nay für den Transitplatz stark. Dies hat mit einem Bundesgerichtsentscheid zu tun, der Bund, Kantone und Gemeinden dazu verpflichtet, genügend Stand- und Durchgangsplätze für Fahrende zu schaffen. «Das Volk als Organ muss sich an dieses Recht halten.»

Seit dem Bundesgerichtsurteil sind 17 Jahre vergangen. Dass im Kanton Bern erst jetzt über einen fixen Standplatz abgestimmt wird, ärgert Nay. «Das Thema wurde einfach auf die lange Bank geschoben.» Das, obwohl die Schweiz ein internationales Abkommen zum Schutz der Fahrenden als Minderheit demokratisch angenommen hat. Aber es überrascht Nay nicht. «Politiker, die solche Plätze vorantreiben wollen, machen sich leider schnell unpopulär.»

Ein leidiges Thema

Ähnlich unpopulär wäre wohl Nays Meinung in der Räblus in Wileroltigen. In Baumanns Lokal ist der Stammtisch inzwischen besetzt. Unter den Gästen ist auch Mürner vom Bürgerkomitee. Er erzählt Zoten aus seinem Leben auf See. «Schön, wenn es einmal um etwas anderes geht», sagt Baumann. Ob in der Räblus künftig wieder vermehrt über anderes gesprochen wird als über jenen Platz am Gemeinderand, entscheidet sich am 9. Februar.
(https://www.derbund.ch/bern/ein-dorf-fuehlt-sich-uebergangen/story/30285822)



derbund.ch 17.01.2020

«Fahrende pochen heute mehr auf ihr Recht»

Der jenische Historiker Venanz Nobel über Vorurteile, Freiheit und Digitalisierung.

Martin Erdmann

Herr Nobel, Sie waren 25 Jahre unterwegs. Ende der 90er-Jahre wurden Sie sesshaft. Warum?

Der Kampf um Land war nicht mehr auszuhalten. Er hat mich zu viel Energie gekostet. Das war nicht immer so. Als in den 70er-Jahren aufgedeckt wurde, welches Unrecht Pro Juventute den Fahrenden angetan hat, war der Goodwill in Gesellschaft und Politik gegenüber unserer Lebensweise viel grösser. Ab Mitte der 80er-Jahre wurde die Gesetzgebung strenger. Traditionelle Halteplätze, mit deren Besitzern man sich ganz informell per Handschlag geeinigt hatte, verschwanden immer mehr. Es gab fast nur noch offizielle Plätze.

Widerspricht es denn der fahrenden Lebensweise, auf behördlich vorgeschriebenen Plätzen haltzumachen?

Solche Plätze werden als Zeichen der Wiedergutmachung empfunden. Zudem pochen Fahrende heute viel mehr auch auf die rechtliche Verpflichtung, die der Staat ihnen gegenüber hat. Deshalb sind wir um jeden neuen Platz froh.

Aber der Platz in Wileroltigen wird nicht von allen Schweizer Fahrenden unterstützt.

Das ist so. Schweizer Fahrende müssen ja nicht prinzipiell einer Meinung sein. Es gibt verschiedene Vereine, in die verschiedene politische Strömungen einfliessen. Ich sehe den Platz aber als klare Notwendigkeit. Schliesslich ist die Schweiz dazu verpflichtet, dass ein friedliches Zusammenleben zwischen schweizerischen und ausländischen Fahrenden möglich ist.

Ist diese Abstimmung als Indiz zu werten, dass gegenüber Fahrenden immer noch viele Vorurteile herrschen?

Nicht unbedingt. Ich denke, es geht in erster Linie darum, dass keine Gemeinde einen solchen Platz bei sich haben will. Dabei wünschen sich alle eine Lösung. Verantwortung übernehmen will jedoch niemand.

Können Fahrende heute also ein Leben frei von Vorurteilen führen?

Nein, Vorurteile gibt es nach wie vor. Zum Beispiel, dass alle Fahrenden Umweltverschmutzer seien. Da sind wir schnell wieder im Mittelalter, als den Fahrenden vorgeworfen wurde, Brunnen zu vergiften, um die eingesessene Bevölkerung zu beseitigen.

Was haben Vorurteile mit Unwissen zu tun?

Sehr viel. Da, wo Vorurteile geschürt werden, wird Pseudowissen geschaffen. Das Problem dabei: Die breite Bevölkerung ist kaum für die Thematik sensibilisiert. Auch deswegen, weil in den Schulbüchern Fahrende und ihre Lebensweise keinen Platz bekommen.

Worin liegt der Reiz dieses Lebensstils?

Es ist die Lebensform. In Wohnwagen unterwegs zu sein, ist wie in einem Block zu leben, in dem nur Familienmitglieder wohnen. Man ist unter Gleichgesinnten. Wohl aus ähnlichen Gründen leben junge Menschen in Wohngemeinschaften.

Wie wichtig ist für Fahrende der Freiheitsbegriff, und was bedeutet er?

Die ganz grosse Freiheit gibt es nicht. Es gibt bloss gefühlte Freiheit. Und selbst für diese muss ein hoher Preis bezahlt werden. Freiheit verlangt immer grosse Selbstdisziplin. Wenn man nicht weiss, wo morgen gehalten oder gearbeitet werden kann, ist alles sehr ungewiss. Das kann sehr belastend sein, gehört aber schlussendlich zu unserer Lebensart.

Ist das Leben der Fahrenden also nicht so unbekümmert, wie sich das manche vorstellen?

Das war es nie. Dieses Bild entstand während der Romantik, als Freiheit und Ungebundenheit idealisiert wurden und man in den Zigeunern die letzten freien Menschen sah. Solche positiven Vorurteile führten dazu, dass man sich nicht mit dem realen Leben von Fahrenden auseinandergesetzt hat.

Wie wird sich das Leben der Fahrenden verändern?

Fahrende waren immer gut darin, sich der Zeit anzupassen. Sie gehörten zu den Ersten, die Autos und Züge benutzten oder Handys hatten. Zudem schauten sie immer, was die Sesshaften brauchten. Daher werden sich die Dienstleistungen der Fahrenden in den nächsten Jahren vermehrt auch auf digitale Angebote ausweiten.
(https://www.derbund.ch/bern/fahrende-pochen-heute-mehr-auf-ihr-recht/story/12088555)