Medienspiegel 19. November 2019

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+++BERN
bernerzeitung.ch 19.11.2019

Zum Herumsitzen verurteilt

Samuel war das, wovon Lehrmeister träumen: arbeitswillig und bestrebt, in kurzer Zeit möglichst viel zu lernen. Doch er durfte die Lehre nicht beenden, da sein Asylgesuch abgelehnt wurde. Das Gesetz legt ihn lahm.

Susanne Graf

Vor vier Jahren verabschiedete sich ein junger Äthiopier von seiner Mutter. Ob sie sich je wieder sehen werden, ist ungewiss. Sie hatte ihn gedrängt, sein Heimatland zu verlassen und in Europa Schutz zu suchen. All ihr Erspartes habe sie investiert, damit er als Tourist ein Flugzeug besteigen und nach Griechenland fliegen konnte, erzählt der Sohn. Beim Abschied war er kaum dem Kindesalter entwachsen.

Der junge Mann, nennen wir ihn Samuel, war 17 Jahre alt, als ihn Schlepper von Griechenland in die Schweiz brachten, wo er schliesslich auf die Bäregg in der Gemeinde Langnau ins Zentrum für unbegleitete minderjährige Asylbewerber kam. Samuel erzählt seine tragische Geschichte mit erstaunlicher Gelassenheit. Und in gutem Deutsch. Er hat viel gelernt in der Zeit, als er lernen durfte.

Von der Bäregg aus kam er über die Pflegeplatzorganisation Prima in eine Familie im Oberen Emmental. Sie teilte nicht nur den Alltag mit ihm, sondern ermöglichte ihm auch gleich, in ihrem Handwerkerbetrieb eine Lehre zu absolvieren. «Damit einer eine Lehrstelle bekommt, muss er gut sein», sagt der Chef, dessen Name zu Samuels Schutz hier ebenfalls nicht genannt wird. «Er war sehr willig und lernfreudig, man spürte, dass er unbedingt etwas erreichen wollte», lobt der ehemalige Lehrmeister. «Sein Interesse war überdurchschnittlich gross.»

Doch was so vielversprechend begann, nahm ein jähes Ende. Samuels Asylantrag wurde abgewiesen. «Sie haben gewartet, bis ich 18 war, dann schickten sie den negativen Entscheid», sagt er. Das bedeutete: Der junge Mann musste die Lehre abbrechen, die Familie verlassen und in ein Asylzentrum umziehen. Der Lehrmeister und auch politisch Einflussreiche aus dem Dorf hatten sich zwar bei den Behörden für den beliebten, gut integrierten und arbeitswilligen jungen Mann gewehrt, aber alles nützte nichts.

Möchte Architekt werden

Jetzt lebt der ehemalige Musterlehrling von der Sozialhilfe. «Es gibt pro Tag acht Franken für Essen, Kleider und so weiter», sagt er. Dass er trotzdem jeden Freitag nach Zürich reisen und in einer privaten Schule auf ein Bürofachdiplom hin lernen kann, verdankt er einem Verein, der ihn finanziell unterstützt. «Mein Ziel ist, Architekt zu werden», sagt Samuel. Doch er lebt auf dünnem Eis. Erst kürzlich seien zwei Kollegen von der Polizei angehalten und in Ausschaffungshaft genommen worden.

Samuel hat Angst, dass es ihm ebenso ergehen können. Dass ihm die Schlepper seinerzeit die Papiere abgenommen hätten, mache es den Behörden unmöglich, ihn auszuschaffen. «Sobald Reisedokumente vorhanden sind, ist eine zwangsweise Rückführung nach Äthiopien möglich», teilt das Amt für Migration und Personenstand des Kantons Bern auf Nachfrage fest.

Angst vor dem Vater

Eine offizielle Arbeitserlaubnis bekäme er in der Schweiz aber nur, wenn er eine Schweizerin heiraten würde, weiss Samuel. «Doch, eine Frau zu heiraten nur wegen der Papiere, wäre ja schlimmer als zurückzukehren.» Gleichzeitig steht für Samuel fest: «Ich gehe nicht zurück.» In Äthiopien drohe ihm zwar nicht politische Verfolgung, dafür aber der Terror durch seinen Vater und seine Stiefbrüder und -schwestern. Der Vater habe in einer anderen Stadt mit einer zweiten Frau eine Familie gegründet. Deren Clan bedrohe nun seine Mutter, seinen Bruder und ihn. Alles hätten sie der Mutter weggenommen, ihre einzige Hoffnung bleibe nun, dass die Söhne im Ausland in Sicherheit seien.

Auch den Bruder habe sie deshalb vor ein paar Jahren in ein Flugzeug Richtung Europa gesteckt. «Würde ich zurückkehren, würden sie mich finden», ist Samuel überzeugt. «Ich wüsste nicht, wie ich dort schlafen sollte.» Aber der 21-Jährige möchte sich nützlich machen in der Schweiz. Ab und zu erhält er Gelegenheit dazu. Gewerbler, die um seine Tatkraft wissen, setzen ihn hin und wieder in ihrem Betrieb ein. Lohn dürfen sie ihm keinen bezahlen. «Ich gebe ihm etwas zu essen», sagt einer. Wie der ehemalige Lehrmeister kann er nicht begreifen, warum das Gesetz einen jungen Mann wie Samuel zum Herumsitzen zwingt. Er hofft deshalb zusammen mit dem Asylbewerber, dass sich das auf politischer Ebene korrigieren lässt. Damit Leute wie Samuel, die zupacken und ihren Beitrag leisten möchten, nicht länger von Gesetzes wegen lahmgelegt würden.
(https://www.bernerzeitung.ch/region/emmental/glp-will-gegensteuer-geben-zum-herumsitzen-verurteilt/story/25607648)


+++LUZERN
Protest gegen Zwangsausschaffung in Luzern: 2000 Unterschriften gegen Ausschaffung von Mutter und Tochter gesammelt
Vertreter der katholischen Kirche der Stadt Luzern haben über 2000 Unterschriften für eine Petition gesammelt. Damit wollen sie gegen die Zwangsausschaffung einer tschetschenischen Mutter und ihrer Tochter nach Belgien protestieren, denen die Kirche St. Leodegar zuvor Asyl gewährte.
https://www.zentralplus.ch/2000-unterschriften-gegen-ausschaffung-von-mutter-und-tochter-gesammelt-1657067/


+++URI
Der Krieg in Sri Lanka führte Ramanan und Agaliya zu ihrem neuen Leben in Uri
Ramanan und Agaliya Ananthavettivelu erlebten ähnliche Schicksale, bis sie in der Schweiz aufeinander trafen. Dann setzte ein traditionsreicher Mechanismus ein.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/uri/krieg-in-sri-lanka-fuhrt-in-ein-neues-leben-ld.1169685


+++ZÜRICH
tagesanzeiger.ch 19.11.2019

Asylzentrum: Bund missachtet Antifolter-Empfehlungen

Ein Augenschein im neu eröffneten Bundesasylzentrum zeigt: Das Staatssekretariat für Migration setzt einige Empfehlungen der Antifolterkommission nicht um.

Rafaela Roth, Martin Sturzenegger

Schnell mal raus und wieder rein, das kann im neuen Bundesasylzentrum (BAZ) auf dem Dutt­weiler-Areal keiner. Eine Gruppe junger Männer, die an diesem Nachmittag Anfang Woche nach Hause will, wird nach der Eingangsschleuse sogleich in die Winkel zur Körperkontrolle gewinkt. Taschen leeren, abtasten, Quittungen vorweisen. Waren ohne Quittungen werden von der Securitas beschlagnahmt. Sie tragen Pfefferspray auf sich. Man könne es mit den Sicherheitskontrollen beim Eingang eines Eishockeymatchs vergleichen, sagt ein Mitarbeiter des Staatssekretariats für Migration (SEM). Mit dem Unterschied, dass man hier kein Spiel gucken kann.

Kritik der Folterkommission

Letzte Woche geriet das SEM in die Kritik. Mitarbeitende und Bewohner des Asylzentrums bezeichneten das Sicherheitskonzept als zu streng: «Es ist wie in einem Gefängnis hier», sagte ein afghanischer Bub zum TA (lesen Sie hier mehr über die «unhaltbaren Zustände»). Grund für die Aufregung sind vor allem die systematischen Sicherheitskontrollen, die bei jeder Rückkehr ins Zentrum durchgeführt werden. Auch Kinder müssen regelmässig eine Leibesvisitation über sich ergehen lassen. In den Zürcher Testzentren Juch und Halle 9 wurde der Sicherheitsauftrag weniger strikt ausgeführt – meist reichte eine blosse Anwesenheitskontrolle.

In den Testzentren war die Asylorganisation Zürich (AOZ) für Sicherheit und Betreuung zuständig. Auf dem Duttweiler-Areal übernahm das SEM. Dieses setzt auf professionelle Sicherheitsfirmen und damit auf sichtbar mehr Repression: Securitys mit Pfefferspray und stichsicheren Schutzwesten statt Sozialarbeiterinnen in Leuchtweste.

Der Zürcher Stadtrat Raphael Golta (SP) kritisierte letzte Woche das strikte Sicherheitsdispositiv harsch (hier nachzulesen). Er forderte vom SEM, dass der aktuelle Zustand «so schnell wie möglich» verbessert werde. Goltas Kritik überraschte. Zumal schon bekannt war, wie die bereits existierenden Bundeszentren in der Schweiz betrieblich organisiert sind. Inzwischen klingt der Stadtrat versöhnlicher: «Wir gehen davon aus, dass wir eine gemeinsame Lösung finden werden», sagt Golta auf Anfrage.

Es ist nicht das erste Mal, dass das SEM für den Umgang mit Asylsuchenden kritisiert wird. Die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) untersuchte bis Ende 2018 elf Asylunterkünfte in der Schweiz, darunter vier Bundesasylzentren. Sie kam zum Schluss, dass «grundsätzlich eine menschen- und grundrechtskonforme Unterbringung» herrsche.

Die Detailkritik fiel weniger wohlwollend aus. Etwa, was die körperlichen Durchsuchungen betrifft. Die NKVF empfahl, die bestehende Praxis anzupassen. Das SEM solle auf Durchsuchungen an Kindern verzichten, bei Erwachsenen seien Körperkontrollen nur bei Vorliegen eines konkreten Verdachts auszuführen. Die NKVF beruft sich unter anderem auf die geltende Europäische Menschenrechtskonvention. Weiter empfahl die Antifolterkommission einen reduzierten Einsatz von chemischen Reizstoffen (Pfefferspray), einen verbesserten Zugang zu psychiatrischer Versorgung oder die Ausarbeitung eines Konzepts, mit dem sich vulnerable Flüchtlinge – Opfer von Menschenhandel etwa – frühzeitig identifizieren lassen. Das Mitbringen eigener Nahrungsmittel sollte nicht grundsätzlich verboten sein.

Eskalationsspirale droht

Was beim Betrieb des neu eröffneten Bundesasylzentrums auffällt: Die Mehrheit der Empfehlungen der Antifolterkommission wurde vom SEM nicht umgesetzt. Ein Konzept für vulnerable Personen werde zurzeit ausgearbeitet, sagt Sprecher ­Daniel Bach auf Anfrage. Ansonsten sehe das SEM keinen Anlass, an den Sicherheitsbestimmungen etwas zu ändern. «Sie haben sich in vielen Jahren Betrieb bewährt.» Die NKVF hat keine Mittel, um ihre Empfehlungen bei den Behörden durchzusetzen. Geschäftsführerin Sandra Imhof setzt weiter auf Dialog – gerade was die unnötigen Körperkontrollen an Kindern betrifft: «Wir haben in diesem Punkt eine Differenz mit dem SEM, die wir zu bereinigen versuchen.»

«Es ist bedauerlich, dass das SEM die Empfehlungen der NKVF offenbar nicht umsetzt», sagt Reto Rufer von Amnesty International. Das Kontrollbedürfnis des SEM sei in den Bundesasylzentren sehr hoch. «Bei den Bewohnern entsteht so das Gefühl, unter Generalverdacht gestellt zu werden.» Es bestehe die Gefahr einer Eskalationsspirale: Ein sehr rigides Regime erzeuge mehr Spannung bei den Asylsuchenden, was zusätzliche Sicherheitsmassnahmen provoziere, so die Befürchtung von ­Rufer. Die von der Stadt Zürich durchgeführten Testbetriebe hätten gezeigt, dass es auch anders gehe: «Der Betrieb funktionierte offenbar auch mit weniger Kontrolle und Vorschriften.»

Enttäuscht ist auch Nationalrat Balthasar Glättli (GPS). Er hatte sich damals für ein beschleunigtes Asylverfahren eingesetzt – nicht unbedingt zur Freude seiner linken Unterstützer. «Ich erhoffte mir, dass das Zürcher Bundeszentrum ein positives Vorbild sein könnte», sagt Glättli. «So, dass andere Zentren mit der Zeit ihre Regimes auflockern würden.» Nun zeichnet sich das Gegenteil ab: Die Praxis in Zürich wird den bestehenden Bundesasylzentren angepasst. «Das Regime ist massiv zu rigide», sagt Glättli. Er wolle in Zürich ein Bundesasylzentrum, «kein Bundesasylgefängnis».

Diebesgut und Drogen?

SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann spricht von einer künstlichen Aufregung, die ums Bundesasylzentrum erzeugt werde. «Ich habe den Eindruck, dass Stadtrat Golta absichtlich für Wirbel sorgt – um sich für seine linken Wähler in Position zum Stadtpräsidium zu bringen.» Es sei sinnvoll, dass der ­Sicherheitsbetrieb durch Firmen ausgeübt werde, die darauf ­spezialisiert sind. Es komme ­gelegentlich vor, dass Asylsuchende Drogen in die Unterkunft schmuggeln. In Einzelfällen auch geklaute Gegenstände. «Ich vertraue diesen Sicherheitsleuten», sagt Steinemann. «Die haben ein gutes Gespür für mögliche Gefahren.» Die AOZ hingegen sei eine Betreuungs- und keine Sicherheitsfirma. «Die können froh sein, dass sie den Betreuungsauftrag erhalten haben.»

Momentan wohnen in der Unterkunft rund 160 Asylsuchende, 31 davon Kinder, 36 unbegleitete Minderjährige. Konzipiert ist das BAZ für 360 Bewohner. Der Bau ist zweckmässig. Ein von der Stadt konzipierter Modulbau, zwischen 15 und 25 Jahren soll er halten. Die Wände sind aus weiss bemalten Spanplatten, die Decken unverkleidet. Es ist kühl. Im Speisesaal funktioniert die Heizung noch nicht richtig. ­Typische Kinderkrankheiten.

Die Asylsuchenden sind ohnehin mit anderen Problemen beschäftigt. Sie haben Behördentermine. Befragungen, Rechtsberatungen, Medizinchecks, das Programm ist dicht. Eine junge Irakerin und ihr Mann schieben zwei Buggys aus dem Zentrum. Sie hat ihre Mutter besucht. «Sie darf nicht bleiben, obwohl ich hier lebe», sagt sie. «Journalisten sind Sie? Das war ich auch einmal!»
(https://www.tagesanzeiger.ch/zuerich/stadt/asylzentrum-bund-missachtet-antifolterempfehlungen/story/13917392)


+++HOLLAND
Niederlande: 25 Migranten aus Kühlcontainer auf Fähre Richtung England befreit
Das Schiff hatte schon abgelegt: In einem Kühllaster an Bord einer dänischen Frachtfähre wurden mehr als zwei Dutzend blinde Passagiere entdeckt. Der Lkw-Fahrer wurde festgenommen.
https://www.spiegel.de/panorama/justiz/niederlande-25-migranten-in-kuehlcontainer-auf-faehre-richtung-england-entdeckt-a-1297319.html
-> https://www.blick.ch/news/ausland/versteckt-in-kuehlcontainer-25-migranten-auf-faehre-entdeckt-id15623617.html


+++GRIECHENLAND
An einem Wochenende: Mehr als 1350 Flüchtlinge in Griechenland angekommen
Die Lage auf den griechischen Ägäis-Inseln verschärft sich, mehr als 32.000 Menschen warten unter katastrophalen Bedingungen auf ihre Registrierung. Und es kommen immer mehr dazu.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/griechenland-1350-fluechtlinge-am-wochenende-auf-aegaeis-inseln-angekommen-a-1297164.html


+++ITALIEN
Newsletter BORDERLINE SICILIA – Oktober 2019
– Missstände der Aufnahme, Ausbeutung und keine Änderung in Sicht
– Die Kritik an den Hotspots und die Illusion der Umverteilungen
– Endlose Massaker und die Gleichgültigkeit der Institutionen
https://www.borderlinesicilia.org/de/newsletter-borderline-sicilia-oktober-2019/


+++MITTELMEER
»Ocean Viking« rettet 94 Flüchtlinge im Mittelmeer
Die Besatzung des Rettungsschiffes »Ocean Viking« hat im Mittelmeer 94 Menschen gerettet. Darunter seien vier schwangere Frauen und sechs sehr kleine Kinder, teilten »Ärzte ohne Grenzen« und SOS Méditerranée am Dienstag per Twitter. Die beiden Organisationen betreiben das Schiff gemeinsam. Die Flüchtlinge seien in einem Schlauchboot in Seenot geraten.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1128848.seenotrettung-ocean-viking-rettet-fluechtlinge-im-mittelmeer.html
-> https://www.tagesschau.de/ausland/oceanviking-111.html


Wollte Migranten nicht an Land lassen: Ermittlungen gegen Salvini
164 Migranten an Bord des Rettungsschiffes Open Arms durften erst nach drei Wochen an Land.
Italiens Ex-Innenminister Matteo Salvini bekommt weitere Schwierigkeiten mit der Justiz. Die Staatsanwaltschaft der sizilianischen Stadt Agrigent hat Ermittlungen gegen den Chef der Lega wegen Freiheitsberaubung in Zusammenhang mit den 164 Migranten an Bord des Rettungsschiffes Open Arms aufgenommen, die erst nach einer drei Wochen langen Blockade auf dem Mittelmeer auf Lampedusa landen durften.
https://kurier.at/politik/ausland/wollte-migranten-nicht-an-land-lassen-ermittlungen-gegen-salvini/400679282


Dieses Video ist kaum auszuhalten: Rapper Tua prangert das Sterben im Mittelmeer an
Für den Rapper Tua ist es “völliger Wahnsinn”, dass sich Europa seit Jahren auf zivile Seenotretter im Mittelmeer verlässt. Seiner Fassungslosigkeit verleiht er jetzt mit einer gelungenen Aktion Ausdruck.
https://www.stern.de/neon/feierabend/musik-literatur/tua–mit-diesem-krassen-clip-macht-der-rapper-auf-seenotrettung-aufmerksam-9008564.html


+++FLUCHT
UNDP lädt zur Lösungsfindung bei den Themen Migration und Zwangsvertreibung ein
Lokale Akteure kommen zusammen, um Lösungen zu Migration und Vertreibung zu erarbeiten
Das International Forum on Local Solutions to Migration and Displacement wird von der Großstadtverwaltung Gaziantep und dem UNDP in Kooperation mit UNHCR, IOM, WALD, UMT und UCLG-MEWA vom 26. – 27. November in Gaziantep ausgerichtet.
https://www.presseportal.ch/de/pm/100071081/100836944
-> https://www.municipalforum2019.org/


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
bernerzeitung.ch 19.11.2019

Die unbequemen Freunde der Kurden

Die Solidarität der Linksautonomen mit dem kurdischen Widerstand endet nicht selten in Sachbeschädigungen. Damit machen sie sich bei der kurdischen Gemeinde in Bern keine Freunde.

Michael Bucher

15. Oktober: In Muri wird über Nacht die Glasfront der Credit-Suisse-Filiale versprayt.
28. Oktober: In Bern werden nachts die Scheiben eines türkischen Reisebüros eingeschlagen.
5. November: In Bern werden bei der Axa-Versicherungsagentur die Eingänge mit Leim verklebt.
13. November: In Bern werden die Schaufenster einer VW-Garage versprayt und die Reifen eines ausgestellten Autos zerstochen.

Seit rund einem Monat ist die linksextreme Szene Bern nachts häufig unterwegs. Die genannten Sachbeschädigungen gehen allesamt auf ihr Konto. Die Nacht-und-Nebel-Aktionen werden jeweils auf dem linksautonomen Onlineportal Barrikade.info abgefeiert. Als Grund für die Anschläge geben die Urheber die türkische Militärintervention in Nordsyrien an, die seit dem 9. Oktober im Gange ist.

Linksautonomes Utopia

Dass die linksextreme Szene in (west-)europäischen Städten lokale Aktionen mit global gedachtem Antiimperialismus aufzuladen versucht, ist nicht neu. Dass sie sich aktuell jedoch dermassen auf den Brandherd in Syrien einschiesst, mag bei so manchem Fragen aufwerfen.

Die Solidarität mit den kurdischen Widerstandskämpfern wird jeweils mit Schlagworten wie «Fight4Rojava» (engl. Kämpfen für Rojava) ausgedrückt. An unzähligen versprayten Fassaden in Bern ist dieser Aufruf zu lesen. Rojava ist der kurdische Name für die Demokratische Föderation Nord- und Ostsyrien, die 2016 ausgerufen wurde und die nun durch den türkischen Vormarsch bedroht ist.

Beim Projekt Rojava werden offenbar Werte hochgehalten, welche bei den hiesigen Linksautonomen als besonders erstrebenswert gelten. Auf ihren Onlineportalen verweisen sie stets auf die basisdemokratische Selbstverwaltung, die Geschlechtergerechtigkeit und die Wahrung der Minderheitenrechte, die in Rojava gelebt würden.

Gängiger Antikapitalismus

Was hat das mit einer Credit-­Suisse-Filiale oder einer VW-Garage in Bern zu tun? «Wer Handelsbeziehungen mit Türkei-Präsident Erdogan eingeht, unterstützt auch seinen Krieg.» Dies ist die simple Losung der Linksautonomen, welche die Sachbeschädigungen rechtfertigen soll.

Bern ist nicht die einzige Stadt, in der sich solche Aktionen häufen. Auch in Basel und in Zürich ist die linksextreme Szene aktiv. Auf Barrikade.info werden für die letzten fünf ­­Wochen 35 Aktionen aufgeführt. Diese reichen vom Blockieren von Check-in-Schaltern der Turkish Airlines am Euro-Airport Basel bis zum Sprengen des Briefkastens einer türkischen Firma in Zürich.

«Erdogans Krieg gegen Rojava greift uns alle an», schreibt etwa die Revolutionäre Jugendgruppe Bern (RJG) in ihren Onlineeinträgen. Aus den kämpferischen Parolen geht hervor, dass bei den Solidaritätsaktionen für die Kurden auch viel gängige Kapitalismuskritik mitschwingt. «Wir haben aus der Analyse des bestehenden kapitalistischen Systems gelernt, keinem Staat und keiner Regierung zu ver­trauen», so die RJG. Und weiter: «Staaten, seien es die Schweiz, die USA oder die Türkei, handeln nach dem schrecklichen Credo der Profitmaximierung.»

Seit letztem Jahr gibt es das Rojava-Komitee Bern. Nach eigenen Angaben kommen die Mitglieder aus diversen Gruppierungen – etwa aus linken Organisationen und Parteien, aber auch aus kurdischen und türkischen Verbindungen.

Das Komitee gibt sich auf Anfrage zurückhaltend. Über die Aktionen der Linksautonomen habe man intern noch nicht diskutiert, weshalb man keine Haltung kommunizieren könne. Man freue sich aber über die «Diversität der Aktions­­formen», in welcher sich die ­­Solidarität der Menschen manifestiere, schreibt das Komitee.

«Bevölkerung nicht ärgern»

Deutliche Kritik an den linksautonomen Kreisen übt Hasim Sancar. Der Grossrat (Grüne) hat kurdische Wurzeln und kennt die kurdische Gemeinde in Bern gut. Er findet: «Protestaktionen mit Sachbeschädigung sind nicht richtig. Sie schaden den kurdischen Anliegen mehr, als sie ­nützen.» Er bekomme immer wieder Rückmeldungen von kurdischen und türkischen Landsleuten, die seine ablehnende Haltung teilen würden. Der Protest müsse friedlich, koordiniert und mit den Behörden abgesprochen sein.

Laut Stadtbehörden ist er dies auch. Die kurdischen Gruppierungen würden vor einer Demonstration stets eine Bewilligung einholen, sagte Marc Heeb, Co-Leiter des städtischen Polizeiinspektorats, vor einem Monat gegenüber dieser Zeitung. Laut Sancar sollten beim Protest nicht die Quantität der Aktionen im Vordergrund stehen, sondern die Qualität. «Wir dürfen die Bevölkerung nicht ärgern», mahnt er.
(https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/die-unbequemen-freunde-der-kurden/story/22845466)


+++FREE NEKANE
Spanien fordert erneut die Auslieferung der baskischen Aktivistin Nekane Txapartegi
Bereits vor drei Jahren wurde die Baskin Nekane Txapartegi in der Schweiz inhaftiert – und nach 17 Monaten frei gelassen. Nun verlangt Spanien erneut ihre Auslieferung.
https://www.watson.ch/!971290610



Medienmitteilung 19.11.2019 von augenauf und dem FreeNekane-Bündnis:
SPANISCHER STAAT FORDERT ERNEUT DIE AUSLIEFERUNG VON NEKANE TXAPARTEGI

Am 12.11.2019 hat das spanische Sondergericht Audiencia Nacional einen internationalen Haftbefehl gegen Nekane Txapartegi ausgestellt und konfrontiert die Schweiz erneut mit einem Auslieferungsantrag. Der spanische Staat setzt damit die politische Verfolgung der baskischen Aktivistin fort, die 1999 im Folterkeller in Madrid begonnen hat.

Der neue Auslieferungsantrag wird mit den falschen Papieren begründet, die Nekane Txapartegi während ihres Aufenthalts in der Schweiz und ihrer Verhaftung 2016 in Zürich auf sich hatte. Bereits im Mai 2019 stellten die spanischen Behörden ein Rechtshilfegesuch an die Schweiz. Infolgedessen lud die Schweizerische Bundesanwaltschaft Nekane Txapartegi vor, in Bern per Videokonferenz durch das spanische Sondergericht Audiencia Nacional befragt zu werden. Die Schweizerischen Behörden sicherten Nekane Txapartegi und ihren AnwältInnen zu, dass die Einvernahme nicht auf den 1999 unter Folter erzwungenen Aussagen beruhe. Am Tag vor der Einvernahme wurde aus der Akteneinsicht jedoch klar, dass die Folteraussagen erneut die Grundlage der Anklage bilden. Folglich erschien Nekane Txapartegi mit ihrem Anwalt in Bern und folgte damit der Vorladung durch die Schweizerische Bundesanwaltschaft. Ihr Anwalt wies die Schweizer Behörden aber darauf hin, dass sich das Rechtshilfegesuch der Audiencia Nacional ausdrücklich auf den Inhalt des unter Folter erzwungenen Geständnisses bezog und daher der spanische Antrag völkerrechtswidrig und nach Schweizer Recht unzulässig war und Nekane Txapartegi die Einvernahme per Videokonferenz ablehnte. Die Ermittlungen der spanischen Behörden gingen um den Besitz von falschen Papieren sowie eine aktive ETA-Mitgliedschaft nach ihrer Flucht aus dem spanischen Staat.

Am 12. November hat die Audiencia Nacional nun einen internationalen Haftbefehl erlassen, der als alleinigen Vorwurf den Besitz von gefälschten Papieren zum Inhalt hat. Die angebliche Mitgliedschaft von Nekane Txapartegi in der ETA ist allerdings erneut ein zentraler Abschnitt im Dokument. Die konkreten Vorwürfe punkto Mitgliedschaft unterscheiden sich in den Anklagen vom Mai und November 2019 jedoch fundamental. Es wird kein einziger konkreter Tatvorwurf und keine Handlung genannt, die eine Unterstützung der ETA, geschweige denn eine Mitgliedschaft in der Organisation beweisen würden. Trotzdem ist klar, dass nach einer Auslieferung Nekane Txapartegis nach Spanien das Verfahren wegen ETA-Mitgliedschaft die Hauptanklage darstellen wird. Es ist weiter bemerkenswert, dass der spanische Staat ein Delikt verfolgt, das in der Schweiz stattgefunden hat und so eine extraterritoriale Wirkung ihrer Gesetze beansprucht.

Mit diesem Hintergrund ist klar, dass es sich um eine Fortsetzung der politischen Verfolgung der baskischen Aktivistin Nekane Txapartegi durch den spanischen Staat handelt. Diese Verfolgung begann 1999 mit der Verhaftung und Folter durch die Guardia Civil. Die erzwungenen Aussagen waren die Basis für die Verurteilung als Mitglied der ETA im Jahr 2007. Im Rekursverfahren wurde die Mitgliedschaft auf Unterstützung abgeschwächt, was die spanischen Behörden offenbar vergessen haben. Nekane Txapartegis Folteraussagen, die auch vom Schweizer Bundesgericht als glaubhaft erachtet wurden, wurden bis heute nicht untersucht.

Wir fordern von der Schweiz, dass sie die rechtswidrige politische Verfolgung Txapartegis nicht unterstützt, sondern endlich die Foltervorwürfe anerkennt.
https://www.augenauf.ch/aktivitaeten/180-medienmitteilung-spanischer-stat-fordert-erneut-die-auslieferung-von-nekane-txapartegi-19-11-2019.html
http://www.freenekane.ch/medienmitteilung-von-augenauf-und-freenekane-buendnis/#more-1296



Nekane muss frei bleiben!
Demonstration heute vor dem Bundesamt für Justiz gegen die drohende Ausschaffung einer baskischen Aktivistin.
https://youtu.be/eerJbyqUJDg


Free Nekane – Aktion in Bern
Die politische Verfolgung geht weiter! Der spanische Staat hat vergangenen Donnerstag einen internationalen Haftbefehl gegen Nekane erlassen! Nachdem am Samstag im Zürich Menschen für Nekane auf die Strasse gingen, fand am Montag (18.11.2019) eine Aktion in Bern statt.
https://barrikade.info/article/2895


+++BIG BROTHER
Passagierdaten – EU vertagt Überwachung von Bus, Bahn und Schiff
Die meisten EU-Staaten speichern Reisedaten von Flugpassagieren, auch bei innereuropäischen Flügen. Pläne für eine Ausweitung auf alle Verkehrsmittel aber bleiben vorerst in der Schublade.
https://netzpolitik.org/2019/eu-vertagt-ueberwachung-von-bus-bahn-und-schiff/


+++POLIZEI BS
Basler Polizei will «Rettungs-Panzer» für knapp eine Million Franken
Zuerst wollte Sicherheitsdirektor Baschi Dürr (FDP) ein kugelsicheres Fahrzeug. Dann nicht mehr. Jetzt aber offenbar wieder. Am Dienstag beantragt der Regierungsrat für den Kauf 800’000 Franken.
https://www.bazonline.ch/news/standard/basler-polizei-will-panzer-fuer-knapp-eine-million-franken/story/30991022


+++POLIZEI ZH
Erniedrigende Polizeimethoden
Ein Beschuldigter in einer Bagatellstrafsache ist zu einer Einvernahme vorgeführt worden, Die Festnahme erfolgte um 0800 Uhr, die Entlassung um 1800 des Folgetages. Das Obergericht des Kantons Zürich hat diese Zwangsmassnahme als unverhältnismässig qualifiziert, ist aber nicht auf alle Rügen des Betroffenen eingegangen. Dieser hat sich nun (natürlich erfolglos) ans Bundesgericht gewendet (BGer 1B_492/2019 vom 07.11.2019).
Sein Entscheid wirft kein gutes Licht auf die Schweiz.
https://www.strafprozess.ch/erniedrigende-polizeimethoden/


+++ANTIRA
antira-Wochenschau: Integrationslehre, Entwicklungshilfe und SP in der Kritik
https://antira.org/2019/11/19/antira-wochenschau-integrationslehre-entwicklungshilfe-und-sp-in-der-kritik/


Bern: 10. Aktionswoche gegen Rassismus
Vom 21. bis 27. März 2020 wird zum zehnten Mal die Aktionswoche gegen Rassismus durchgeführt. Bis ende Oktober hat das Kompetenzzentrum für Integration Bern Ideen gesammelt. Wie die Projektleiterin Itziar Marañón gegenüber neo1 bestätigt, sind in diesem Jahr mit 39 Vorschlägen so viele wie noch nie zuvor eingegangen. “Wir haben Freude, dass das Thema immer mehr Leute beschäftigt”, so Marañón.
https://www.neo1.ch/news/news/newsansicht/datum/2019/11/19/bern-10-aktionswoche-gegen-rassismus.html


+++RECHTSEXTREMISMUS
Kleine Germanen – Eine Kindheit in der rechten Szene
“Kleine Germanen” erzählt in einer Kombination aus Dokumentar- und Animationsfilm von Kindern, die tagtäglich dazu erzogen werden, das vermeintlich Fremde zu hassen. Wie fühlt es sich an, in einer Welt aufzuwachsen, in der die nationale Identität über allem steht? Eine Aussteigerin erzählt von ihren Erfahrungen.
https://www.arte.tv/de/videos/066288-000-A/kleine-germanen/


«Er denkt, der Mossad sei hinter ihm her»
In Basel kam es zu mehreren Attacken auf Juden und ihre Einrichtungen. Der mutmassliche Täter stammt selber aus einer jüdischen Familie. Nun steht er vor Gericht.
https://www.20min.ch/schweiz/basel/story/-Er-denkt–der-Mossad-sei-hinter-ihm-her–24147488


+++HISTORY
Ein kritisches Stück St.Galler Frauengeschichte: Die «sittlich gefährdeten» Mädchen vom Wienerberg
Eine junge St.Galler Historikerin hat einen speziellen Aspekt der Geschlechtergeschichte recherchiert: In der Kantonshauptstadt wurden junge Frauen, die den Ansprüchen des Bürgertums nicht genügten, im Mädchenheim Wienerberg (1888-1974) zur Nacherziehung versorgt.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/ein-kritisches-stueck-stgaller-frauengeschichte-die-sittlich-gefaehrdeten-maedchen-vom-wienerberg-ld.1169613


Als die RAF in Zürich eine Bank ausraubte und im Shop-Ville tödliche Schüsse fielen
Vor vierzig Jahren wurde eine Bank an der Zürcher Bahnhofstrasse überfallen und über eine halbe Million Schweizerfranken geraubt. Anschliessend kam es in der Einkaufspassage Shop-Ville beim Hauptbahnhof zu einer Schiesserei mit einer Toten, drei weitere Personen wurden verletzt. Die Täter waren Mitglieder der Rote-Armee-Fraktion.
https://www.nzz.ch/zuerich/vor-40-jahren-bankueberfall-und-schiesserei-der-raf-in-zuerich-ld.1520906
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/ueberfall-auf-bank-als-der-raf-terror-nach-zuerich-kam
-> https://www.srf.ch/news/schweiz/bankueberfall-in-zuerich-die-raf-war-immer-sehr-ruecksichtslos
-> 10vor10: https://www.srf.ch/play/tv/popupvideoplayer?id=3f43ee8c-781c-4ba9-87fc-5a2955fe3ecc&startTime=944.947