Medienspiegel 20. November 2019

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++BASEL
Nur wenige Stunden, um für Asylsuchende eine Unterkunft zu finden – Bund setzt Kantone unter Druck
Sie kommen meist aus dem Bundesasylzentrum Bässlergut in Basel und brauchen eine Wohnung in einer der 86 Gemeinden. Der Zeitdruck wird dem Kanton vom Bund auferlegt. Der Grund: Der Prozess habe sich so bewährt und in der Praxis etabliert. Dem Asylkoordinator Rolf Rossi ist derweil klar: «Das Vorgehen erzeugt Stress.» Darum fordert die Asylregion Nordwestschweiz gemeinsam vom Bund, die Frist für die Zuweisung der Asylsuchenden von einem auf drei Arbeitstage auszuweiten.
https://www.bzbasel.ch/basel/basel-stadt/nur-wenige-stunden-um-fuer-asylsuchende-eine-unterkunft-zu-finden-bund-setzt-kantone-unter-druck-135993755


+++GENF
On t’aura cinta !
Ci-dessous, le discours du collecif Lutte des MNA prononcé lors de la manifestation du 16 novembre 2019 pour la commémoration de l’incendie des Tattes (2014) qui a fait un mort et une quarantaine de blessé·e·s. Pour des conditions d’accueil dignes pour toutes les personnes en exil.
https://renverse.co/Discours-du-Collectif-Lutte-des-MNA-2310


+++LUZERN
«Tochter kommt nach Hause und weint um Dana»
Wegen der Ausschaffung der 12-jährigen Dana und ihrer Mutter Luisa wurde eine Petition an den Luzerner Regierungsrat eingereicht. Die Protestierenden sind bestürzt.
https://www.20min.ch/schweiz/zentralschweiz/story/-Meine-Tochter-kommt-nach-Hause-und-weint-um-Dana–12333650
-> https://www.zentralplus.ch/petition-gegen-ausschaffung-von-mutter-und-tochter-ueber-4000-unterschriften-1658405/
-> https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/4000-unterschriften-gesammelt-petition-gegen-ausschaffung-tschetschenischer-mutter-und-tochter-eingereicht-ld.1170283
-> https://www.tele1.ch/sendungen/1/Nachrichten#519718_3


+++ZÜRICH
WoZ 21.11.2019

Bundesasylzentren: Prinzip Einschüchterung

Die menschenunwürdigen Zustände im neuen Bundesasylzentrum auf dem Duttweiler-Areal sind alles andere als überraschend. Die Empörung darüber zuweilen heuchlerisch.

Von Nora Strassmann

Die Welle der Empörung um das neue Bundesasylzentrum (BAZ) in der Stadt Zürich ebbt nicht ab. Erstmals wurde ein BAZ sogar von behördlicher Seite gerügt: Der Zürcher Stadtrat Raphael Golta (SP) übte Mittwoch letzter Woche harsche Kritik am Anfang November eröffneten Zentrum auf dem Duttweiler-Areal.

Seit dem 1. März ist die Asylgesetzrevision in Kraft. Die hiesige Stimmbevölkerung hat die als human und fair angepriesene Revision vor drei Jahren mit deutlicher Mehrheit angenommen. Neu werden Geflüchtete bei ihrer Ankunft auf sechs «Bundesasylregionen» in verschiedene BAZ verteilt, wo sie auf ihren Entscheid oder die «Rückführung» – ein netter klingendes Wort für Ausschaffung – warten müssen.
Im Nothilfestatus

Asylpolitische Aktivistinnen und Beobachter beklagen die Zustände in den neuen Bundesasylzentren schon lange. Eine Gruppe, die im Sommer einen Augenschein aus nächster Nähe auf die verschiedenen BAZ nahm, kritisiert sie scharf: Diese ähnelten jenen in den Nothilfeunterkünften (NUK). Der Vergleich ist vielsagend. Denn in Nothilfe gerät, wer abgewieseneR AsylsuchendeR ist und die Schweiz nicht verlassen hat. Nothilfe bedeutet: 8.50 Franken Taschengeld täglich, sich ein Zimmer mit bis zu sieben Personen teilen müssen; oftmals darf die nähere Umgebung nicht verlassen werden. Der Alltag der NothilfebezügerInnen ist von Restriktion und Perspektivlosigkeit geprägt. Die Ähnlichkeit der BAZ mit den NUKs ist deshalb so alarmierend, weil er die Ausweitung des Zustands der Isolation und der Prekarität auf ausnahmslos alle Asylsuchenden signalisiert. Die Lebensbedingungen in den NUKs sind für sich schon ein Skandal.

Das Onlinemagazin «Das Lamm» veröffentlichte letzte Woche eine umfassende Recherche, die menschenunwürdige Verhältnisse im neuen Zürcher Zentrum aufdeckte. Am selben Abend beklagte der Zürcher Sozialvorsteher Raphael Golta ebendiese Zustände im Stadtrat. Er habe beim Staatssekretariat für Migration (SEM) interveniert, damit sich die Zustände auf dem Duttweiler-Areal schnellstmöglich verbesserten, schreibt der «Tages-Anzeiger».

Im BAZ auf dem Duttweiler-Areal müssen sich die Menschen bei jedem Eintritt einer Ganzkörperkontrolle unterziehen, Sicherheitsangestellte dürfen die Zimmer willkürlich durchsuchen – sogar nachts und ohne Vorankündigung –, und wer zu spät «heimkommt», muss im Eingangsbereich auf einer Matratze schlafen. Um Essen hineinzubringen, ist eine Quittung obligatorisch – um zu beweisen, dass nichts gestohlen ist. Alle diese Regeln zeigen: Die Führung der BAZ, die den Regeln des SEM unterstehen, ist von unverhältnismässigem Sicherheitsdenken bestimmt. Im Jahr 2019 gibt das SEM weitaus mehr Geld für Sicherheitsangestellte als für Betreuungspersonen aus. Anstatt sich auf eine verantwortungsvolle Betreuung von verletzlichen Personen zu konzentrieren, werden die Menschen eingeschüchtert.
«Prison, prison!»

Diese Zustände sind nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Man erinnere sich nur an die Aussage von SEM-Mediensprecher Daniel Bach in der «Neuen Zürcher Zeitung»: «Zürich hat die liberalste Hausordnung aller Bundeszentren schweizweit.» Der einzige Unterschied: Das BAZ in Zürich ist durch seine urbane Lage schwieriger zu ignorieren als beispielsweise das Bundesasylzentrum Glaubenberg. Dieses befindet sich zwischen Obwalden und Luzern auf 1500 Metern Höhe. Hierhin verirren sich höchstens ein paar SonntagsausflüglerInnen. Romantisch ist es hier oben nur, wenn man abends wieder in die warme Stube heimkehren kann, für die Asylsuchenden selbst ist es ein Gefängnis. Die InsassInnen des neuen BAZ in Zürich empfinden ihre Lage ähnlich – bei einem Besuch von SEM-Mitarbeitenden letzte Woche riefen sie laut: «Prison, prison!»

Klar ist: Stadtrat Raphael Goltas Empörung ist geheuchelt, denn die kaltschnäuzige Verwaltung von schutzsuchenden Menschen in den Schweizer BAZ war seit der Annahme der Asylgesetzrevision der Plan. Seine Partei, die SP, hat dieser Revision massgeblich den Weg geebnet. Der Druck gegen die unmenschlichen Zustände muss von der Zivilgesellschaft kommen.
(https://www.woz.ch/1947/bundesasylzentren/prinzip-einschuechterung)



Der Zürcher Stadtrat kritisiert den Bund wegen des Asylzentrums scharf – aber unter seiner Ägide gab es Gewalt, Drogen und organisierte Kriminalität
Das neue Bundesasylzentrum in Zürich-West ist wegen strenger Kontrollen in der Kritik. Allerdings gab es im Vorgängerbetrieb der Stadt erhebliche Sicherheitsmängel. Der Grat zwischen Schikane und Kontrolle ist schmal, wie eine Spurensuche zeigt.
https://www.nzz.ch/zuerich/asylzentrum-der-zuercher-stadtrat-kritisiert-den-bund-scharf-aber-unter-seiner-aegide-gab-es-gewalt-drogen-und-organisierte-kriminalitaet-ld.1523035
-> https://www.nzz.ch/meinung/die-skandalisierung-beim-asylzentrum-laeuft-ins-leere-ld.1523036
-> https://www.blick.ch/news/politik/ex-mitarbeiter-packen-aus-drogen-und-gewalt-im-asylzentrum-id15623824.html
-> https://www.20min.ch/schweiz/zuerich/story/-Mit-Alkohol–Gewalt-und-Drogen-gab-es-Probleme–21135335
-> https://www.toponline.ch/news/zuerich/detail/news/prekaere-zustaende-im-ehemaligen-asylzentrum-juch-00123869/
-> Regionaljournal ZH: https://www.srf.ch/play/radio/popupaudioplayer?id=5a60f54f-003f-4beb-8f95-86f943839aa3


+++SCHWEIZ
Kinderrechte im Asylbereich: Schweiz muss mehr tun
Die UNO-Kinderrechtskonvention gilt auch im Asylbereich. Die Schweizer Behörden setzen die Kinderrechte im Asylverfahren jedoch nur ungenügend um. Daher fordert die SFH, dass die Schweiz ihre Praxis zur Altersschätzung von asylsuchenden Kindern den internationalen Richtlinien anpasst. Zudem müssen die Unterbringungsbedingungen den Bedürfnissen der Kinder gerecht werden.
https://www.fluechtlingshilfe.ch/medien/medienmitteilungen/2019/kinderrechte-im-asylbereich-schweiz-muss-mehr-tun.html


Die ausländerrechtliche Inhaftierung von Kindern und Jugendlichen in der Schweiz bleibt auch 2019 aktuell
Die Praxis der Administrativhaft für Kinder und Jugendliche wird seit Jahren kritisiert – bisher ohne namhafte Folgen.
https://www.humanrights.ch/de/menschenrechte-schweiz/inneres/gruppen/kinder/administrativhaft-jugendliche-schweiz


+++DEUTSCHLAND
Auf die harte Tour: »Freiwillig« ist nicht gleich »Freiwillig«
Nach seiner »freiwilligen Rückkehr« wird ein Iraker erschossen. Die Todesgefahr hatte Finnland im Asylverfahren nicht erkannt. Damit stand der Mann vor der Wahl: Entweder er geht, oder er wird abgeschoben. Deswegen sei die Rückkehr nicht freiwillig und Finnland verantwortlich, urteilte der EGMR. Auf diese Art der Rückkehr setzt auch Deutschland.
https://www.proasyl.de/news/auf-die-harte-tour-freiwillig-ist-nicht-gleich-freiwillig/


„Freiwillige“ Rückkehr: Einmal Kabul und wieder weg
Das Bundesprogramm StarthilfePlus will Geflüchtete freiwillig zur Rückkehr bewegen. Yama Sadat sitzt nun im Flüchtlingscamp auf Lesbos fest.
https://taz.de/Freiwillige-Rueckkehr/!5640075/


+++HOLLAND
Migranten aus Kühlcontainer stammen wohl aus Kuwait und dem Irak
25 Personen wurden auf der Fähre von den Niederlanden nach England entdeckt, der Fahrer des Kühllasters wurde festgenommen
https://www.derstandard.at/story/2000111291153/migranten-aus-kuehlcontainer-stammen-wohl-aus-kuwait-und-dem-irak?ref=rss


+++BALKANROUTE
Flüchtlinge in Bosnien und Herzegowina:  „Das ist kein Leben. Nichts.“
Der Nordwesten von Bosnien und Herzegowina ist ein Anziehungspunkt für Flüchtlinge, die weiter in die EU wollen. Hunderte harren im berüchtigten Elendslager Vucjak aus. Die Region ist überfordert.
https://www.tagesschau.de/ausland/fluechtlinge-bihac-101.html


+++SPANIEN
Anschein von Menschlichkeit
Spanien lässt Stacheldraht an Grenzzäunen in Ceuta und Melilla abmontieren
https://www.jungewelt.de/artikel/367225.spanischs-grenzregime-anschein-von-menschlichkeit.html


+++GRIECHENLAND
Migration: Griechenland will größte Flüchtlingslager auf Inseln schließen
Athen hat einen Kursschwenk seiner Flüchtlingspolitik verkündet: Demnach sollen auf den Inseln in der Ägäis geschlossene Lager entstehen – und 20.000 Migranten aufs Festland gebracht werden.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/griechenland-will-groesste-fluechtlingslager-auf-inseln-schliessen-a-1297386.html
-> https://www.derstandard.at/story/2000111282463/griechenland-will-groesste-fluechtlingslager-auf-inseln-schliessen
-> https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-11/migrationspolitik-griechenland-fluechtlingslager-lesbos-chios-samos-vergroesserung
-> https://www.tagesschau.de/ausland/griechenland-fluechtlingslager-101.html
-> https://www.nzz.ch/international/rund-36-000-menschen-harren-in-griechischen-lagern-aus-die-neuesten-entwicklungen-zur-migrationskrise-im-mittelmeer-ld.1494713
-> https://www.tagesspiegel.de/politik/lesbos-chios-und-samos-griechenland-will-groesste-fluechtlingslager-auf-inseln-schliessen/25248558.html
-> https://www.zdf.de/nachrichten/heute/griechenland-will-tausende-migranten-einsperren-geschlossene-lager-geplant-100.html
-> https://taz.de/Griechenland-plant-geschlossene-Lager/!5640074/


+++MITTELMEER
Das Märchen von den Rettern und vom «Pull-Faktor»
Die Studie zweier italienischer Migrationsforscher widerlegt das beliebteste Argument rechter NGO-Kritiker.
https://www.tagesanzeiger.ch/ausland/europa/das-maerchen-von-den-rettern-und-vom-pullfaktor/story/10027861


+++LIBYEN
Das Elend der Flüchtlinge im Bürgerkriegsland Libyen – SPIEGEL TV vom 18.11.2019
Acht Jahre nach dem Sturz von Endlos-Diktator Gaddafi, herrscht in Libyen Chaos. Milizen kämpfen gegen die aktuelle Regierung und verwandeln das Land in eine Trümmerwüste. Der Bürgerkrieg verschärft zusätzlich das Leid der afrikanischen Flüchtlingen auf der Suche nach neuem besserem Leben. SPIEGEL TV-Reporter Claas Meyer-Heuer und der Kameramann Jochen Blum haben zwei Wochen lang die lebensgefährliche Region bereist.
http://www.spiegel.tv/videos/1643483-spiegel-tv-vom-18112019


+++SRI LANKA
Sri Lanka: Regierungswechsel weckt Ängste bei Minderheiten
Mit der am 16.11. erfolgten Wahl des neuen Präsidenten Gotabaya Rajapaksa droht Sri Lanka die Rückkehr dessen Bruders Mahinda Rajapaksas. In Folge davon befürchten Minderheiten das Wiederaufleben einer autoritären Regierung mit repressiver Justiz und Polizei.
https://www.fluechtlingshilfe.ch/news/archiv/2019/sri-lanka-regierungswechsel-weckt-angste-bei-minderheiten.html


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
WoZ 21.11.2019

 Rechtsstreit um Polizeieinsatz: Der Berner Maulkorb

Ein junger Demonstrant geht juristisch gegen einen Polizeieinsatz vor. In der Folge wird er selbst angeklagt und zum Schweigen verpflichtet. Rekonstruktion eines fragwürdigen juristischen Falls in der Bundeshauptstadt.

Von Benjamin von Wyl (Text) und Florian Bachmann (Foto)

Vor zwei Jahren wollte Benjamin Stückelberger in der Berner Altstadt gegen Faschismus und Rassismus demonstrieren. Aber Polizeikontrollen verhinderten, dass die unbewilligte Demonstration stattfand. Die Verhinderung sei ein klarer Auftrag gewesen, wird ein Polizist später sagen.

Während PolizistInnen Stückelbergers ID kontrollieren, wird er Zeuge einer Verhaftung, bei der jemand zu Boden gedrückt wird. Stückelberger, aktives Juso-Mitglied, zückt das Handy und filmt den Vorfall. Ein Polizist ruft, er solle aufhören. Stückelberger filmt weiter. Dann packt ihn der Polizist am Kragen. Kurz darauf habe der Polizist ihn dazu gedrängt, das Material zu löschen, sagt Stückelberger. Deshalb erstattete er in der Woche nach dem Vorfall Anzeige wegen Nötigung und Amtsmissbrauch.

Später gab der Polizist gegenüber der Staatsanwaltschaft an, Benjamin Stückelberger habe das Video beim Wortwechsel in der Seitenstrasse freiwillig gelöscht. Er erinnere sich an ein ruhiges, beinahe angenehmes Gespräch. Stückelberger beschreibt das Geschehen ganz anders: «Er hat mir gedroht: Wenn ich das Video nicht lösche, würde man mein Handy beschlagnahmen und mich auf den Posten bringen.» Der Polizist habe sogar noch nach dem Ordner mit den gelöschten Dateien gefragt.

So schilderte es Stückelberger auch dem Beamten bei der Einvernahme, als er in der Woche nach dem Geschehen Anzeige gegen unbekannt erstattete. Der Jusstudent sagt, er habe sich für eine Anzeige entschieden, weil er auf die Klärung einer offenen Frage hoffte: Darf man PolizistInnen im Einsatz filmen?

Die Frage ist im Kanton Bern, wo eine Kennzeichnungspflicht für PolizeibeamtInnen fehlt, besonders dringlich. AL-Grossrätin Christa Ammann hat selbst schon Einsätze miterlebt, bei denen PolizistInnen Filmaufnahmen untersagen wollten. «Das staatliche Gewaltmonopol muss das Filmen aushalten», ist die Politikerin überzeugt, alles andere wäre nicht verhältnismässig. Vor rund einem Jahr thematisierte sie dies in einer Anfrage an die Berner Regierung: Manche PolizistInnen würden das Filmen verbieten, verhindern oder erschweren, in dem sie sich «zwischen die filmende Person und das Ereignis stellen». Die Antwort des Regierungsrats: Man dürfe PolizistInnen filmen, wenn die Polizeiaktion im Vordergrund steht. Die Veröffentlichung von Material, bei dem PolizistInnen identifizierbar sind, ist hingegen nicht erlaubt.

Ammann, die ebenfalls gegen öffentliche Pranger ist, fand die Antwort zumindest teilweise erhellend. Sie glaubt, dass eine Ombudsstelle für Beamtenhandlungen – wie sie etwa die Stadt und der Kanton Zürich oder der Kanton Basel-Landschaft kennen – auch bei Verdacht auf polizeiliche Willkür Klärung bringen könnte. Womöglich auch in Situationen, wie sie Stückelberger erlebt hat. Ammann kennt den Fall und findet «besonders den zweiten Teil der Geschichte, der nichts mit dem Filmen zu tun hat, merkwürdig».

Anderthalb Jahre Schweigezwang

Über diesen zweiten Teil darf Stückelberger erst seit Mitte September wieder sprechen. Anderthalb Jahre lang war es ihm untersagt, über das Verfahren zu reden. Anfang März 2018, bei der Einvernahme des beschuldigten Polizisten, stellte dessen Anwältin den Antrag, Stückelberger eine Stillschweigeverfügung aufzuerlegen. Der Staatsanwalt hiess den Antrag gut. Von da an wäre Stückelberger mit einer Busse von bis zu 10 000 Franken bestraft worden, hätte er über das Verfahren gesprochen.

Begründet wurde der Antrag mit der Unschuldsvermutung. Da Stückelberger das in der Polizeikontrolle Erlebte an die Medien gebracht habe, müsse man damit rechnen, dass auch neue Informationen journalistisch verwendet würden. Der beschuldigte Beamte, so liest man im Antrag, wurde vor fast zehn Jahren im Internet als Polizist geoutet und danach bedroht. Nur wenn man Stückelberger das Reden verbiete, sei der Polizist geschützt.

Stückelberger hat noch nie im Internet gehetzt, geschweige denn PolizistInnen geoutet – wieso wird er dann mit einer schweren Persönlichkeitsverletzung in Verbindung gebracht? Die Situation überfordert ihn. Im Juli 2018 holt er sich eine eigene Rechtsvertretung, den Anwalt Dominic Nellen. Nellen sagt, er habe eine Stillschweigeverfügung wie diese noch nie erlebt. Allenfalls würden solche Geheimhaltungspflichten für kurze Zeit angeordnet, etwa damit sich ZeugInnen nicht absprechen. «Ich bin viel im Strafrecht tätig. So was ist mir auch nicht in grossen Verfahren mit weit schwerwiegenderen Vorwürfen begegnet.» Aber es kommt noch dicker: Kaum hat Stückelberger einen Anwalt, wird er selbst zum Beschuldigten. Der Vorwurf: Hinderung einer Amtshandlung.

Die PolizistInnen, die Stückelbergers Gruppe kontrollierten, sollen wegen dessen Kamera – die sich eigentlich auf eine andere PolizistInnengruppe richtete – zu Boden geschaut und sich abgedreht haben. Ihre Konzentration sei gestört gewesen. Stückelberger wird zu einem Beschuldigten, dem es bei Strafe verboten ist, über das Vorgefallene zu sprechen. Nellens Antrag auf Aufhebung der Stillschweigeverfügung lehnt die Staatsanwaltschaft ab.

«Natürlich gilt für Polizistinnen und Polizisten die Unschuldsvermutung», sagt Stückelberger. Der Maulkorb zielte seiner Ansicht nach aber auf etwas anderes: «Es ging darum, kritische Berichterstattung über das Verfahren gegen einen Polizisten zu verhindern.»

Ähnlich beurteilt das Medienanwalt Martin Steiger, dem die WOZ die Verfahrensunterlagen zur Einschätzung vorgelegt hat: Die Verfügung habe sich nur «pro forma» gegen Stückelberger gerichtet. Es bestehe keine Verbindung zwischen diesem Fall und jenem, bei dem der Polizist im Internet geoutet worden sei. Darum sei klar, dass man die eigentliche Gefahr in den Medien gesehen habe. «Das ist im Zusammenhang mit der Medienfreiheit, gerade wenn es um staatlichen Zwang geht, fragwürdig.»

Zum Schutz des Polizisten?

Die Berner Staatsanwaltschaft sieht das anders. «Eine mediale Berichterstattung kann in diesen Fällen spätestens nach Abschluss der geheimen Untersuchung erfolgen», schreibt der verantwortliche Staatsanwalt Florian Walser auf Anfrage. Die Medienberichterstattung werde also nicht verhindert, sondern bloss verschoben. Das Recht der Öffentlichkeit auf Information müsse gegen die Unschuldsvermutung und den Untersuchungszweck, die Wahrheitsfindung, abgewogen werden. Walser war bis Juli 2018 Chef der Kriminalpolizei Freiburg. Mit dem Stellenantritt bei der Berner Staatsanwaltschaft für besondere Aufgaben im August 2018 übernahm er Stückelbergers Fall.

Zwar hat Walsers Vorgänger die Stillschweigeverfügung angeordnet, aber Walser selbst hat sie nach Nellens Wiedererwägungsantrag aufrechterhalten. Er hält sie weiterhin für verhältnismässig. Dass Stückelberger selbst zum Beschuldigten geworden sei, habe daran nichts geändert: «Er hätte nicht über den Sachverhalt reden können, ohne die Unschuldsvermutung des ‹Erstbeschuldigten› zu tangieren.» Ebenfalls wegen der Unschuldsvermutung in Bezug auf den Polizisten sei es «nicht unproblematisch», dass Stückelberger zu den Medien gegangen sei, bevor er Anzeige erstattet habe.

In keinem der Medienberichte über die Polizeikontrolle gibt es Hinweise auf die Identität des Polizisten. Wie auch? Stückelberger hat gar nicht gewusst, um wen es sich handelt. Dieses Pochen auf die Unschuldsvermutung vonseiten der Staatsanwaltschaft hält Stückelbergers Anwalt für vorgeschoben: «Die Unschuldsvermutung gilt immer – dann dürfte nie über ein Strafverfahren gesprochen oder berichtet werden.» Aber das sei ja auch allen bewusst.

«Es ist klar, dass man die Persönlichkeitsrechte von Betroffenen nicht verletzen darf», so Nellen. Das gilt besonders für JournalistInnen: Sie dürfen niemanden an einen öffentlichen Pranger stellen und nicht vorverurteilend berichten. Medienanwalt Steiger sieht es gleich: «Gerade bei Journalisten darf man davon ausgehen, dass sie den Persönlichkeitsschutz berücksichtigen.»

Im Frühjahr entschied die Staatsanwaltschaft, sowohl das Verfahren gegen Stückelberger als auch jenes gegen den Polizisten einzustellen, da eine Verurteilung in beiden Fällen unwahrscheinlich sei. Stückelberger reichte beim Berner Obergericht Beschwerde ein, die Staatsanwaltschaft habe den Sachverhalt falsch dargestellt. Dieses lehnte die Beschwerde jedoch ab.

Stückelberger darf wieder reden. Doch es bleibt ein ungutes Gefühl – auch bei seinem Anwalt Nellen: «Es bleibt der Beigeschmack, dass die Stillschweigeverfügung durch eine Nähe von Staatsanwaltschaft und Polizei zustande gekommen ist.»



Darf man die Polizei filmen?

PolizistInnen müssen es «grundsätzlich dulden», wenn sie im Einsatz gefilmt oder fotografiert werden. So steht es in einem Merkblatt des Verbands Schweizerischer Polizei-Beamter. Die Schweizer Polizeikorps kennen verschiedene Massnahmen, die die BeamtInnen darauf sensibilisieren sollen: Der Umgang mit Filmaufnahmen wird in den Kantonen Zürich, St. Gallen und Basel-Stadt in der Polizeischule thematisiert, die Stadtpolizei Zürich kennt ein internes Merkblatt, die Kantonspolizei Luzern eine entsprechende Weisung.

Das Filmen allein sei nie ein Grund für eine Anzeige wegen Hinderung einer Amtshandlung, sagt der Sprecher der Kantonspolizei Basel-Stadt. Doch es bleibt ein Graubereich: Haben PolizistInnen das Gefühl, dass sie auf einer Aufnahme erkennbar seien oder dass ihr Einsatz durch die filmende Person gestört sei, können sie anordnen, dass die filmende Person mehr Abstand halten muss. Verweigert sich die Person dieser oder anderen Anordnungen, kann ihr ein Strafverfahren drohen.
(https://www.woz.ch/1947/rechtsstreit-um-polizeieinsatz/der-berner-maulkorb)



Demorecht auf dem Bundesplatz nicht unnötig einschränken
Die Fraktion SP/JUSO ist der Meinung, dass mit der vom Gemeinderat vorgeschlagenen Revi-sion des Kundgebungsreglements die vom Stadtrat überwiesene Motion „Gleiche Rechte für alle: Kundgebungen während den eidgenössischen Sessionen auf dem Bundesplatz erlauben“ nicht umsetzt wird. Die Mehrheit der zuständigen Kommission hat zwar Anträge dazu verabschiedet, die in die richtige Richtung, aber zu wenig weit gehen. Die SP/JUSO-Fraktion wird sich im Stadtrat dafür einsetzen, das Demonstrationsrecht in der Stadt Bern mit zusätzlichen Anträgen weiter zu stärken.
http://www.spbern.ch/index.php?id=4580&no_cache=1&tx_t3extblog_blogsystem%5Bpost%5D=3076&tx_t3extblog_blogsystem%5Bday%5D=20&tx_t3extblog_blogsystem%5Bmonth%5D=11&tx_t3extblog_blogsystem%5Byear%5D=2019&tx_t3extblog_blogsystem%5Baction%5D=show&cHash=110becbeeb9dc11b3ad4f06ea0480d9e


Defend Rojava!
Demo „Kämpfe verbinden“ diesen Samstag um 15 Uhr in Bern // vierte Velodemo für Rojava in Bern am 26.11 um 18 Uhr Helvetiaplatz (BE)
https://barrikade.info/article/2905


Velodemo für Rojava von der Uni Zürich aus
Inspiriert von unseren Genoss*innen in Bern und in Solidarität mit unseren kämpfenden Freund*innen in Rojava haben wir heute auf Fahrrädern demonstriert und die Strassen Zürichs blockiert.
https://barrikade.info/article/2901


+++FREE NEKANE
WoZ 21.11.2019

Nekane Txapartegi: Der lange Arm der spanischen Justiz

Von Lorenz Naegeli

Letzten Mai eröffnete Spanien ein neues Verfahren gegen die in der Schweiz lebende baskische Aktivistin Nekane Txapartegi. Am 12. November erging ein internationaler Haftbefehl und nur kurz darauf ein Auslieferungsantrag. Bereits im Mai war ein Rechtshilfeersuchen bei der Schweiz eingegangen. Dieses basierte erneut auf einem 1999 unter Folter erzwungenen Geständnis, aufgrund dessen Txapartegi der Eta-Mitgliedschaft bezichtigt wird. Im Gegensatz dazu beruft sich die spanische Justiz nun auf neue Anklagepunkte. Im Fokus stehen die Papiere, mit denen Txapartegi nach ihrer Flucht aus Spanien 2007 unter falscher Identität in der Schweiz lebte. Gemäss der Menschenrechtsorganisation Augenauf nennt der neue Haftbefehl «als alleinigen Vorwurf den Besitz von gefälschten Papieren». Es sei bemerkenswert, «dass der spanische Staat ein Delikt verfolgt, das in der Schweiz stattgefunden hat»: Damit beanspruche er eine extraterritoriale Wirkung seiner Gesetze.

Möglicherweise versucht Spanien so zu verhindern, dass sich die Schweiz zu den Foltervorwürfen äussern muss. Denn obwohl mehrere ExpertInnen diese Vorwürfe bestätigten, musste sich die Schweiz bisher nicht dazu positionieren. Nachdem das höchste spanische Gericht die Strafe Txapartegis für verjährt erklärte, kam die damals in der Schweiz inhaftierte Aktivistin im September 2017 frei. Daraufhin untersuchten die Schweizer Behörden die Foltervorwürfe bis heute nicht. Würde Txapartegi nun aber wegen falscher Papiere ausgeliefert, dürfte bei einem Prozess in Spanien noch immer die Eta-Mitgliedschaft der Hauptanklagepunkt sein. Damit bleibt das Dilemma für die Schweiz bestehen: Entweder tritt sie auf das neue Auslieferungsgesuch ein und verstösst so insbesondere gegen die Antifolterkonvention. Oder sie verzichtet auf die Auslieferung und anerkennt dadurch die Foltervorwürfe. Letzteres haben Staaten wie Deutschland oder Belgien in ähnlichen Fällen bereits getan. Es gäbe aber noch einen dritten Weg: nämlich dass die Schweiz das Auslieferungsbegehren aus formalen Gründen zurückweist, weil es sich auf hierzulande begangene Straftaten beruft. Tut sie das nicht, delegitimiert sie ihren eigenen Rechtsstaat.
(https://www.woz.ch/1947/nekane-txapartegi/der-lange-arm-der-spanischen-justiz)



Spanischer Staat fordert erneut die Auslieferung von Nekane Txapartegi, Mitarbeiterin von Radio LoRa
 Am 12.11.2019 hat das spanische Sondergericht Audiencia Nacional einen internationalen Haftbefehl gegen die baskische Aktivistin Nekane Txapartegi ausgestellt und konfrontiert die Schweiz erneut mit einem Auslieferungsantrag. Nekane Txapartegi ist seit 2018 Mitarbeiterin von Radio LoRa. Radio LoRa fordert die Schweizer Behörden auf, die rechtswidrige politische Verfolgung Nekane Txapartegis nicht zu unterstützen.
https://www.lora.ch/frauen/aktuelles-frauenredaktion/739-die-verfolgung-gegen-nekane-lora-journalistin-und-frauenstelle-geht-weiter



(FB FrauenstreikKollektiv Zürich)
NEKANE ist eine von uns! Sie ist aktiv in unserem Kollektiv und aktut in Gefahr! Das ist ihre Nachricht:

„Liebe Solidarische, Freund*innen und Compañerxs

An einem 24. November, im Jahr 1999, kam ich aus dem spanischen Gefängnis «Soto del Real» frei. Zwanzig Jahre später, am gleichen Datum, könnte ich wieder in einem Schweizer Knast sein.
Am Montag 18. November wurde bestätigt, dass ein Auslieferungsantrag schon in Bern auf dem Tisch liegt. Der Stempel ist der gleiche wie 2016: der spanische Folterstaat. Die Vorwürfe, die keine konkreten Taten beinhalten, basieren auf den Folteraussagen, die ich während der fünf Tage Incomunicado-Haft in Madrid gemacht habe. Die politische Verfolgung wegen meiner Ideen geht weiter, die Jagd auf mich ist eröffnet. Die Folterer haben damals meinen Frauenkörper als Kriegsfeld benutzt und jetzt werde ich verfolgt, weil ich gegen die sexistische Folter kämpfe, die ich überlebt habe. Ich soll wegen meines Kampfes gegen die staatliche und patriarchale Gewalt verhaftet werden.
In den vergangenen zwanzig Jahren haben Regierungen, Präsidenten und Minister gewechselt. Aber der ganze repressive Apparat bleibt und die das Sondergericht «Audiencia Nacional» ist die Speerspitze dieser Repression. Das sexistische System und die patriarchale Justiz wollen mich peinigen.
Warten wir ab, auf welcher Seite die «neutralen» Schweizer Behörden sich positionieren werden. Wenn es um Folter geht, kann man nicht neutral sein. Man ist dafür oder dagegen.

Ihr seid schon auf meiner/unserer Seite und das gibt uns Kraft, weiter Widerstand zu leisten und für unsere Befreiung zu kämpfen!

Feministische und kämpferische Grüsse
Nekane“
(https://www.facebook.com/frauenstreikenzh/posts/773855953059558:0)


+++REPRESSION DE
Prozess nach G20-Ausschluss Mit Kameras auf Staatsgäste werfen?
Beim G20-Gipfel wurden Journalisten die Akkreditierungen entzogen – mit dubiosen Begründungen. So wurde befürchtet, Reporter könnten mit Kameras auf Staatsgäste werfen. Heute wird über eine Klage von Journalisten verhandelt.
https://www.tagesschau.de/inland/g20-presse-101.html
-> https://taz.de/G20-Gipfel-in-Hamburg/!5642931/
-> https://www.tagesspiegel.de/politik/g20-gipfel-in-hamburg-entzug-der-akkreditierung-zweier-journalisten-nicht-rechtmaessig/25249036.html
-> https://taz.de/Akkreditierungsentzug-nicht-rechtmaessig/!5643170/
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1128934.g-proteste-die-geheimnisvolle-festnahme.html
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1128919.g-gipfel-immer-wieder-rechtswidrig.html
-> https://taz.de/Journalisten-klagen-an/!5640106/
-> ZAPP NDR 30.0832017: https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/medienpolitik/G20-Journalisten-Die-sollen-gefaehrlich-sein,akkreditierungsentzug100.html
-> https://www.tagesschau.de/inland/g20-urteil-105.html
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1128932.g-in-hamburg-rechtswidrige-behinderung-der-berichterstattung.html
-> https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/G20-Aufarbeitung-Urteil-gibt-Journalisten-recht,akkreditierung140.html
-> https://www.spiegel.de/politik/deutschland/g20-entzug-von-akkreditierungen-fuer-journalisten-war-rechtswidrig-a-1297489.html


+++POLICE BE
Austausch über Konflikte mit 
der Polizei
Das Kompetenzzentrum Multimondo lädt am 3. Dezember zu einem Diskussionsabend zum Thema «Wenn die Polizei nur die Hautfarbe sieht – Widerstand und Rechtsverfahren bei Racial Profiling» ein.
https://www.bielertagblatt.ch/nachrichten/biel/austausch-ueber-konflikte-mit-der-polizei
-> https://www.multimondo.ch/events/6778/
-> https://www.facebook.com/events/2464239070300163/


+++POLIZEI LU
Urteil im «Fall Malters» ist rechtskräftig: Luzerner Polizeikader definitiv freigesprochen
Aufatmen bei der Luzerner Polizei: Der Einsatz vom März 2016 in Malters, bei dem eine Frau Suizid beging, war rechtmässig. Zu diesem Schluss kommt das Luzerner Kantonsgericht in einem Urteil, das nun nicht angefochten wird.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/urteil-im-fall-malters-ist-rechtskraeftig-luzerner-polizeikader-definitiv-freigesprochen-ld.1170147
-> https://www.tele1.ch/artikel/157883/fall-malters-polizei-definitiv-freigesprochen
-> https://www.zentralplus.ch/fall-malters-luzerner-polizeichefs-definitiv-freigesprochen-1657941/


+++POLIZEI CHILE
Gewalt gegen Proteste in Chile: Polizei wird gummifrei
Nach hunderten Augenverletzungen: Chiles Carabineros dürfen nur noch in Ausnahmefällen Gummigeschosse gegen Protestierende einsetzen.
https://taz.de/Gewalt-gegen-Proteste-in-Chile/!5643053/


+++ANTIRA
Deep Diversity in Institutionen: Ein steiniger Weg (1/2)
Die Gesellschaft ist divers, bunt und vielfältig. Aber im Theaterfoyer, im Museum oder in Bildungsinstitutionen herrscht oft ein anderes Bild. Das Programm spricht eine bestimmte Schicht an, das Publikum ist meistens weiss und homogen. Was läuft da falsch?
https://www.srf.ch/sendungen/kontext/deep-diversity-in-institutionen-ein-steiniger-weg-1-2


+++RECHTSPOPULISMUS
Roger Hallam: Mitgründer von Extinction Rebellion nennt Holocaust „weiteren Scheiß“
Roger Hallam betrachtet Genozide historisch als „ein fast normales Ereignis“. Er relativiert den Holocaust und bezeichnet die deutsche Haltung in der ZEIT als „lähmend“.
https://www.zeit.de/wirtschaft/2019-11/roger-hallam-extinction-rebellion-mitgruender-klimawandel-holocaust
-> ER Deutschland distanziert sich: https://extinctionrebellion.de/documents/153/Extinction_Rebellion_distanziert_sich_von_Roger_Hallam.pdf
-> https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-11/xr-deutschland-extinction-rebellion-roger-hallam-holocaust-verharmlosung
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1128892.extinction-rebellion-xr-distanziert-sich-von-hallam-nach-holocaustrelativierung.html
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1128903.extinction-rebellion-zu-spaete-distanzierung-von-hallam.html
-> https://www.zeit.de/wirtschaft/2019-11/roger-hallam-xr-mitbegruender-extinction-rebellion-buchveroeffentlichung-zurueckgezogen
-> https://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/roger-hallam-verlag-zieht-buch-des-extinction-rebellion-mitgruenders-zurueck-a-1297429.html
-> https://www.tagesspiegel.de/politik/gruender-von-extinction-rebellion-holocaust-fuer-hallam-nur-ein-weiterer-scheiss-in-der-geschichte/25249024.html
-> https://www.derstandard.at/story/2000111298882/extinction-rebellion-gruender-relativiert-holocaust?ref=rss
-> https://www.blick.ch/news/schweiz/nur-ein-weiterer-scheiss-in-der-menschheitsgeschichte-wirbel-um-holocaust-verharmlosung-von-extinction-rebellion-gruender-id15625162.html
-> https://taz.de/Antisemitismus-bei-Extinction-Rebellion/!5640088/
-> https://www.tagesschau.de/inland/hallam-extinction-rebellion-101.html
-> https://www.deutschlandfunk.de/holocaust-verharmlosung-empoerung-ueber-gruender-von.1939.de.html?drn:news_id=1072034
-> https://www.theguardian.com/environment/2019/nov/20/extinction-rebellion-founders-holocaust-remarks-spark-fury


+++RECHTSEXTREMISMUS
Terror-Import aus den USA
Die «Atomwaffen-Division», ein rechtsextremistisches Netzwerk, ruft in Deutschland zum Rassenkrieg auf und bedroht grüne Politiker mit dem Tod.
https://www.derbund.ch/ausland/europa/terrorimport-aus-den-usa/story/11707966


«Sie sind nicht rechtsradikal, aber krank»
Ein 38-jähriger Basler jüdischer Abstammung attackierte Juden und jüdische Einrichtungen. Das Gericht will ihn in die Psychiatrie schicken, um Schlimmeres zu verhindern.
https://www.20min.ch/schweiz/basel/story/-Eines-Tages-mit-dem-Messer-in-der-Synagoge—16620247
-> https://telebasel.ch/2019/11/20/mann-muss-nach-antisemitischen-angriffen-in-psychiatrie/?channel=105100


+++SEXISMUS
derbund.ch 20.11.2019

Fall Rickli: Ein Urteil, das nicht ins 21. Jahrhundert passt?

«Keine sexuelle Belästigung» urteilt das Gericht zum Text von Berner Rappern gegen Natalie Rickli und sorgt damit für Empörung.

Mathias Streit

Der Text geht unter die Gürtellinie, und die Adressatin scheint klar zu sein: «Natalie Rikkli» heisst der Song von vier Musikern und einer Musikerin aus dem Umfeld des Berner Rap-Kollektivs Chaostruppe. Darin beschimpfen sie die ehemalige SVP-Nationalrätin Natalie Rickli aufs Übelste und fordern sie zum Oralsex auf.

Rickli erstattete Anzeige gegen die fünf. Nun hat das Bundesgericht entschieden: Das Lied ist «zweifellos ein grober verbaler Angriff», um sexuelle Belästigung handelt es sich aber nicht. Die Urteilsbegründung wirft Fragen auf: Gelten für sexuelle Belästigungen im Internet andere Regeln als im analogen Alltag? Und falls ja: Ist so ein Gesetz noch zeitgemäss?

Ausgangspunkt für den Entscheid war ein Urteil des Berner Obergerichts. Dieses sprach die Rapperin und deren vier Mitmusiker im Dezember 2018 für den Tatbestand der üblen Nachrede schuldig, entlastete sie aber im Anklagepunkt der sexuellen Belästigung. Die Berner Generalstaatsanwaltschaft war mit dieser Entlastung nicht einverstanden. Sie zog das Urteil an die höchste Instanz weiter. Weil Verfahren zu sexuellen Belästigungen nur äusserst selten vor Bundesgericht landen, war bereits vor dem Urteil klar, dass dieses Signalwirkung haben wird. Am Bundesgericht war es zu entscheiden, was in Zeiten von Facebook, Twitter und Youtube als sexuelle Belästigung gilt – und was nicht.

Song erst spät entdeckt

Gemäss aktueller Rechtsprechung muss das Opfer eine sexuelle Belästigung «unmittelbar wahrnehmen». Im Fall von Rickli bedeutet das, dass die Richter entscheiden mussten, wie weit die unmittelbare Wahrnehmung einer Person im Internet geht. Ihr Urteil dürfte Betroffenen in ähnlichen Fällen wenig Hoffnung geben: Weil Rickli nie direkt mit dem Inhalt des Songs konfrontiert wurde, könne in diesem Fall gar keine sexuelle Belästigung vorliegen, heisst es im Verdikt. Das erforderliche Kriterium der unmittelbaren Wahrnehmung durch das Opfer sei dadurch nicht gegeben.

Als Grund für seinen Entscheid gibt das Bundesgericht an, dass die Angeklagten das beleidigende Lied nie direkt an Natalie Rickli geschickt hätten. Auch sei der Song niemals in ihrer Anwesenheit gespielt worden. Im Gegenteil: Rickli hatte erst eineinhalb Jahre nach dessen Veröffentlichung davon Kenntnis erlangt. «Natalie Rikkli» war bereits 2014 auf der Website der Rapper erschienen und fand von dort aus seinen Weg auf die Videoplattform Youtube.

Die lange Dauer zwischen Tathandlung und Belästigung ist für das Bundesgericht ein Indiz dafür, dass Rickli gar nicht die eigentliche Adressatin des Liedes war. Stattdessen sei «Natalie Rikkli» an ein Publikum gerichtet gewesen, das der SVP-Frau ebenfalls «kritisch gegenüber eingestellt» sei. Für Rickli habe kein Zwang bestanden, das Video anzuschauen. Sie habe die Möglichkeit gehabt, sich «dem Text zu entziehen», so das Bundesgericht.

Unterstützung von links

Das Beispiel Natalie Rickli mag ein Extremfall sein. Die eineinhalb Jahre zwischen Videoveröffentlichung und Anzeige sind ein langer Zeitraum. Trotzdem: Gemäss Strafrechtsexperten ist das Argument der «fehlenden Unmittelbarkeit» im Internetzeitalter kaum noch zeitgemäss. Ein sexistisches Video auf Youtube, ein beleidigender Kommentar auf Facebook: Was im analogen Leben eindeutig eine sexuelle Belästigung wäre, wird im Internet schnell ungreifbar. Vor allem für die Justiz.

Aus diesem Grund hatte die Staatsanwaltschaft in ihrer Beschwerde argumentiert, dass für den digitalen Tatort eigene Regeln gelten müssen. Die sexuelle Belästigung über das Internet sei für den Täter «einfacher und bequemer». Gleichzeitig habe sie schwerwiegendere Auswirkungen auf das Opfer als die «klassische» Belästigung.

Auf Twitter erhielt Natalie Rickli nach dem Urteil Unterstützung, auch von der politischen Gegenseite. Für die ehemalige Zürcher SP-Nationalrätin Chantal Galladé ist das «Bundesgerichtsurteil ein Schlag in das Gesicht aller Frauen». Und die Berner Nationalrätin Flavia Wasserfallen (SP) findet, dass der Tatbestand der sexuellen Belästigung «im Online-Zeitalter neu diskutiert werden muss».

Ist es Verleumdung?

Natalie Rickli, sie ist inzwischen Zürcher Regierungsrätin, wollte sich gestern nicht persönlich zum Urteil äussern. Über ihren Sprecher Patrick Borer lässt sie allerdings ausrichten, dass sie davon Kenntnis genommen habe. Rickli hoffe, so ihr Sprecher weiter, bei den Urhebern reife die Einsicht, dass es auch für Musiker Grenzen gebe.

Einen kleinen Teilsieg gibt es für Rickli trotzdem: Das Bundesgericht kritisierte den Freispruch des Berner Obergerichts in der Frage, ob es sich beim Lied um Verleumdung handelt. Weil das Obergericht zu diesem Aspekt nicht sorgfältig gearbeitet habe, hob das Bundesgericht das Urteil auf und schickte den Fall zur Neubeurteilung zurück an die Vorinstanz. Diese hatte die fünf Rapper zuvor «nur» der üblen Nachrede schuldig gesprochen.
(https://www.derbund.ch/bern/fall-rickli-ein-urteil-das-nicht-ins-21-jahrhundert-passt/story/24766308)



derbund.ch 20.11.2019

Rickli-Song: Es war keine sexuelle Belästigung

In einem Song forderten Berner Rapper die SVP-Politikerin Natalie Rickli zu Oralsex auf. Sexuelle Belästigung sei das nicht, sagt das Bundesgericht.

Mathias Streit

Vier Musiker und eine Musikerin aus dem Umfeld des Berner Rap-Kollektivs Chaostruppe haben Natalie Rickli (SVP) in einem Lied aufs Übelste beschimpft und zu sexuellen Handlungen aufgefordert. Die ehemalige Nationalrätin und heutige Zürcher Regierungsrätin erstattete daraufhin Strafanzeige. Nun hat das Bundesgericht entschieden, dass der Song zwar beleidigend, aber keine sexuelle Belästigung sei. Gleichzeitig hat das Gericht den Fall zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückgeschickt.

«Lied nicht direkt an Rickli gerichtet»

Mit seinem Entscheid im Anklagepunkt der sexuellen Belästigung bestätigt das Bundesgericht die Urteile der beiden vorhergehenden Instanzen. Das Regionalgericht Bern-Mittelland und das Obergericht des Kantons Bern hatten in diesem Punkt eine Verurteilung ebenfalls abgelehnt. Weil die Staatsanwaltschaft mit den beiden Urteilen nicht einverstanden war, zog sie den Fall vor Bundesgericht.

Als Grund für seinen Entscheid gab das Bundesgericht an, dass Natalie Rickli nicht unmittelbar mit dem Inhalt des Songs konfrontiert wurde. Weder sei ihr das Lied von einem der Angeklagten direkt zugesandt worden, noch sei der Song jemals in ihrer Anwesenheit gespielt worden. Die beschuldigten Musiker hätten sich mit dem Lied an ihr Publikum und nicht direkt an die Politikerin gewandt. Rickli hätte dadurch, so das Bundesgericht, die Möglichkeit gehabt, sich «dem Text zu entziehen». Rickli hat den Song denn auch erst eineinhalb Jahre nach dessen Veröffentlichung wahrgenommen.

Chaostruppe wehrte sich gegen Falschmeldungen

Das Lied «Natalie Rikkli» wurde im Jahr 2014 auf dem Gratis-Mixtape «Focalin und Hüttächäs» von den beiden Rappern Tilt und 200BPM über deren eigene Homepage veröffentlicht. Anschliessend gelangte das Lied auch auf die Videoplattform Youtube, von wo es inzwischen gelöscht wurde.

Nachdem zu Beginn der öffentlichen Berichterstattung fälschlicherweise das ganze Chaostruppe-Kollektiv für den Song verantwortlich gemacht wurde, stellte die Gruppe auf ihrer Homepage klar, dass nur zwei Musiker und eine Musikerin aus der Chaostruppe angeklagt seien. Die anderen beiden Beschuldigten seien nicht Teil des Kollektivs. Die Musikerinnen und Musiker präzisierten zudem, dass sie das Lied nie direkt an Natalie Rickli geschickt oder an deren Facebook-Pinnwand gepostet haben.

Obergericht muss über die Bücher

In einem anderen Punkt kritisierte das Bundesgericht den Entscheid des Obergerichts. Dieses hatte die fünf Angeklagten auch vom Vorwurf der Verleumdung freigesprochen. Weil das Obergericht in diesem Aspekt aber nicht sorgfältig gearbeitet habe, hob das Bundesgericht das vorinstanzliche Urteil auf und schickte den ganzen Fall zur Neubeurteilung zurück ans Obergericht.

In erster Instanz sprach das Regionalgericht Bern-Mittelland die Beschuldigten der Beschimpfung schuldig und verurteilte sie zu einer bedingten Geldstrafe. Das Obergericht korrigierte diesen Entscheid später und verhängte für den Tatbestand der üblen Nachrede unbedingte Geldstrafen.
(https://www.derbund.ch/bern/ricklisong-es-war-keine-sexuelle-belaestigung/story/22559674)



Rickli-Rap geht zurück ans Berner Obergericht
Die Beschwerde gegen das Urteil zu einem Rap über SVP-Politikerin Natalie Rickli wurde teilweise gutgeheissen. Bestätigt hat das Bundesgericht jedoch den Freispruch vom Vorwurf der sexuellen Belästigung.
https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/ricklirap-geht-zurueck-ans-berner-obergericht/story/16072463
-> https://www.srf.ch/news/regional/bern-freiburg-wallis/entscheid-des-bundesgerichts-natalie-rickli-wurde-durch-rap-text-nicht-sexuell-belaestigt
-> https://www.20min.ch/schweiz/bern/story/Rickli-Rap-geht-zurueck-ans-Berner-Obergericht-12522420
-> https://www.blick.ch/news/politik/urteil-des-bundesgerichts-schmaehsong-gegen-svp-rickli-ist-keine-sexuelle-belaestigung-id15624203.html
-> https://www.tagblatt.ch/newsticker/schweiz/rapper-vor-bundesgericht-kleiner-erfolg-fuer-natalie-rickli-ld.1170164
-> https://www.nzz.ch/schweiz/bundesgericht-rickli-rap-geht-zurueck-ans-berner-obergericht-ld.1523240
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/rickli-rap-geht-zuruck-ans-berner-obergericht-65616237
-> https://www.limmattalerzeitung.ch/schweiz/rapper-vor-bundesgericht-ein-kleiner-erfolg-fuer-natalie-rickli-135998222
-> https://www.zsz.ch/ueberregional/natalie-rikklisong-geht-zurueck-ans-berner-obergericht/story/24699799
-> https://www.landbote.ch/ueberregional/natalie-rikklisong-geht-zurueck-ans-berner-obergericht/story/24699799
-> https://www.toponline.ch/news/winterthur/detail/news/urteil-aufgehoben-rickli-rap-geht-zurueck-ans-berner-obergericht-00123886/
-> https://www.tagblatt.ch/newsticker/schweiz/rapper-vor-bundesgericht-kleiner-erfolg-fuer-natalie-rickli-ld.1170164
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/kurznews-136000403
-> https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/natalie-rickli-erhalt-nach-urteil-linken-support-65616375
-> Medienmitteilung Bundesgericht: https://www.bger.ch/files/live/sites/bger/files/pdf/de/6B_69_2019_2019_11_20_T_d_11_40_29.pdf
-> Urteil Bundegericht: https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/aza/http/index.php?highlight_docid=aza%3A%2F%2Faza://04-11-2019-6B_69-2019&lang=de&zoom=&type=show_document