Medienspiegel 4. September 2019

+++ST. GALLEN
Kantonspolizei St.Gallen evakuiert Asylzentrum in Altstätten
Wegen dem Verdacht auf einen Anschlag hat die Kantonspolizei St.Gallen das Asylzentrum in Altstätten evakuiert und durchsucht. Es handelte sich um einen Fehlalarm.
https://www.toponline.ch/news/stgallen/detail/news/kantonspolizei-stgallen-evakuiert-asylzentrum-in-altstaetten-00118949/

«Die prekären Lebensumstände von Sans-Papiers passen nicht zur herausgepützelten Schweiz»
Matthias Rickli und Gianluca Cavelti haben die «IG Sans-Papiers SG» mitgegründet. Ein Gespräch über das Leben unter dem gesellschaftlichen Radar, fehlende Räume und das Abwägen zwischen Autonomie und Zusammenarbeit mit Behörden.
https://www.saiten.ch/die-prekaeren-lebensumstaende-von-sans-papiers-passen-nicht-zur-herausgepuetzelten-schweiz/

+++SCHWEIZ
Der Bund bezahlt immer mehr an private Sicherheitsfirmen, damit sie in Asylzentren für Ordnung sorgen
2019 will der Bund im Asylbereich dreimal so viel für die Sicherheit ausgeben wie noch vor wenigen Jahren. Und das, obwohl deutlich weniger Asylsuchende in die Schweiz kommen.
https://www.nzz.ch/schweiz/asylzentren-das-geschaeft-mit-der-sicherheit-ld.1505871

+++DEUTSCHLAND
Migrationspolitik Deutschland bei Flüchtlingsaufnahme in Verzug
Um die gefährliche Flucht von Schutzbedürftigen zu vermeiden, haben Deutschland und die europäischen Staaten Aufnahmeprogramme ins Leben gerufen. Bei der Umsetzung hakt es allerdings – man hängt dem Zeitplan hinterher.
https://www.tagesschau.de/inland/fluechtlinge-umsiedlung-verzug-101.html

ZDF-Film über Merkels Flüchtlingspolitik: Ein historischer Tag
„Stunden der Entscheidung“ dokumentiert, wie Merkel entschied, Tausende Geflüchtete nach Deutschland zu lassen. Ein Lehrstück über Europas Gewissen.
https://taz.de/ZDF-Film-ueber-Merkels-Fluechtlingspolitik/!5619782/

+++UNGARN
Die Odyssee des Syrers Ahmed H. – RaBe-Info 04.09.2019
Freilassung sitzt der Syrer Ahmed H. immer noch in Ungarn in Ausschaffungshaft.
https://rabe.ch/2019/09/04/odyssee/

+++GRIECHENLAND
Griechenland: Ausschreitungen im Flüchtlingslager auf Lesbos
Im völlig überfüllten griechischen Lager Moria ist es zu gewalttätigen Protesten gekommen. Zuvor hatten Minderjährige gefordert, aufs Festland gebracht zu werden.
https://www.zeit.de/politik/2019-09/griechenland-fluechtlingslager-ueberfuellt-lesbos-fluechtlinge-festland
-> https://www.derstandard.at/story/2000108241874/ausschreitungen-in-ueberfuelltem-fluechtlingslager-auf-lesbos?ref=rss
-> https://www.jungewelt.de/artikel/362472.griechenland-eskalation-bei-protesten-in-migrantenlager-auf-lesbos.html

Überfülltes Flüchtlingslager auf Lesbos: “Platzt der Deal, würden alle verlieren”
Weil wieder vermehrt Menschen aus der Türkei nach Griechenland übersetzen, verschifft Athen massenhaft Asylbewerber von Lesbos aufs Festland. Der Flüchtlingspakt hängt am seidenen Faden.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/fluechtlinge-in-griechenland-wackelt-der-fluechtlingspakt-der-eu-mit-der-tuerkei-a-1285036.html

+++MITTELMEER
Seenotrettung: Menschlichkeit vor Gericht
Er wollte Flüchtlinge aus dem Mittelmeer retten und muss sich dann deswegen vor Gericht verantworten: der Däne Salam Aldeen. Im Falle eine Verurteilung droht ihm eine lebenslängliche Haftstrafe.

Im Herbst 2015 beschliesst Salam Aldeen, dass er der Flüchtlingskrise im Mittelmeer nicht mehr tatenlos zusehen will. Er stellt die gemeinnützige Organisation «Team Humanity» auf die Beine und reist kurzerhand auf die griechische Insel Lesbos. Dort arbeitet er Tag und Nacht und rettet unzählige Flüchtlinge aus dem Mittelmeer. Eines Nachts wird er festgenommen und wegen Menschenschmuggels angeklagt. Mit vier weiteren Flüchtlingshelfern – einem Dänen und drei Spaniern – kommt er ins Gefängnis. Nach zwei Nächten dürfen seine Kollegen nach Hause, Salam jedoch muss bis zum Prozess in Griechenland bleiben. Nach 20 Monaten ist er finanziell und auch psychisch am Ende – dann darf er doch nach Hause. Aber der bevorstehende Prozess hängt auch in Dänemark wie ein Damoklesschwert über ihm. Sein Leben besteht fortan aus Anwaltsterminen und Beratungen mit Politikern. Im Falle einer Verurteilung droht ihm eine lebenslange Haftstrafe. Und immer wieder stellt sich Salam die Frage, wie es so weit kommen konnte, dass er sich für seine Menschlichkeit vor Gericht verantworten und für diesen Prozess nach Griechenland zurückkehren muss.

Salam Aldeen ist mit seinem Schicksal nicht allein. In letzter Zeit werden vermehrt Flüchtlingshelfer wegen Menschenschmuggels angeklagt. Und somit wird der Prozess gegen Salam Aldeen und seine Kollegen zum Präzedenzfall in der Flüchtlingshilfe.
https://www.srf.ch/play/tv/dok/video/seenotrettung-menschlichkeit-vor-gericht?id=4ae7a229-7fa1-46c5-bc50-00adfb9ce885

Lage auf »Alan Kurdi« angespannt
Deutsches Rettungsschiff mit 13 Menschen nimmt Kurs auf Malta
Eindringlich appelliert die Crew der »Alan Kurdi« an Malta, seine Verantwortung zu übernehmen. 13 Migranten harren seit Samstag bei Wind und Wetter auf dem deutschen Rettungsschiff aus.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1125332.seenotrettung-lage-auf-alan-kurdi-angespannt.html

Nach Blockade: Migranten von Rettungsschiff “Elonore” werden auf mehrere EU-Länder verteilt
Tagelang harrten 104 Migranten auf dem zu kleinen Rettungsschiff aus: Dann steuerte der Kapitän trotz Verbots Sizilien an. Für die Verteilung der Menschen ist nun eine Lösung gefunden worden.
https://www.spiegel.de/politik/ausland/migranten-von-rettungsschiff-elonore-werden-auf-mehrere-eu-laender-verteilt-a-1285154.html

Ermittlungen gegen Kapitän der »Eleonore«
Vorwurf der Begünstigung illegaler Einwanderung gegen deutschen Kapitän Claus-Peter Reisch erhoben
Die mehr als 100 Migranten, die von dem Rettungsschiff »Eleonore« aus Seenot geborgen wurden, werden auf unterschiedliche Länder der EU verteilt. Gegen den Kapitän, Claus-Peter Reisch, werden Ermittlungen aufgenommen.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1125311.claus-peter-reisch-ermittlungen-gegen-kapitaen-der-eleonore.html

+++EUROPA
EU-Außengrenzen: Frontex beendet Test mit unbemanntem Luftschiff
Die EU-Grenzagentur Frontex ist für die Sicherung der Außengrenzen zuständig. Zu ihren Aufgaben gehört auch die Erprobung neuer Technologien zur Überwachung. Unterstützung kommt dabei unter anderem von der portugiesischen Nationalgarde.
https://netzpolitik.org/2019/eu-aussengrenzen-frontex-beendet-test-mit-unbemanntem-luftschiff/

+++GASSE
Suchtprävention – Luzern erhält Anlaufstelle für Drogen-Analysen
Mit einem «Drug-Checking»-Angebot will Luzern dem Konsum von Partydrogen entgegenwirken. Andere Städte haben damit gute Erfahrungen gemacht.
https://www.srf.ch/news/regional/zentralschweiz/suchtpraevention-luzern-erhaelt-anlaufstelle-fuer-drogen-analysen

+++DEMO/AKTION/REPRESSON
(FB Welcome to Hell)
Gestern fotografiert – jetzt schon ein historisches Dokument …
Polizeikritische Graffiti im Reitschulumfeld sind den Behörden weiterhin ein Dorn im Auge: Das letzte Woche erstellte Wandbild unter der Eisenbahnbrücke (Bild 1) wurde heute früh am Morgen grau übermalt (Bild 2). Und das, nachdem sich die Berner Kapo wieder einmal international blamiert hat. Beim Aufmarsch des homophoben und rechtsextremen Hooligan-Mobs von Roter Stern Belgrad gab sie an der Hodlerstrasse zwar Warnschüsse ab; von Festnahmen von Typen, die Frauen belästigten, Schlägereien anzettelten, Flaschen gegen das Café Kairo warfen und eine Tankstelle ausraubten, war dagegen nichts zu hören. Einfacher ists halt, friedliche Demonstrant*innen bei einer Afrin-Demo festzunehmen und wg. Landfriedensbruch anzuzeigen …
(https://www.facebook.com/welcometohellisaparadise/posts/2376842825770294)

Empörung im Zürcher Gemeinderat über verletzte Polizisten
Der Vorfall beim Koch-Areal prägt die Debatte im Zürcher Gemeinderat.
https://www.nzz.ch/zuerich/empoerung-ueber-verletzte-polizisten-ld.1506594

+++REPRESSION G7
Festgenommene Deutsche bei G7: Auf der schwarzen Liste
Vier Deutsche wurden am Rande des G7-Gipfels in Frankreich in einer „Präventivmaßnahme“ festgenommen. Drei sind noch immer in Haft.
https://taz.de/Festgenommene-Deutsche-bei-G7/!5620710/

+++KNAST
Elektronische Fussfessel “Swiss Made” erobert die Welt
Die elektronische Überwachung, die günstiger und humaner ist als eine Gefängnisstrafe, ersetzt in vielen Ländern die Kurzzeitstrafen. Das Schweizer Unternehmen Geosatis hat es in nur wenigen Jahren geschafft, sich zu einem der weltweit führenden Anbieter von elektronischen Fussfesseln zu entwickeln.
http://www.swissinfo.ch/ger/geosatis_elektronische-fussfessel–swiss-made–erobert-die-welt/45176284

+++BIG BROTHER
Investition in Informationssysteme für die Sicherheit im Schengen-Raum
Europaweit sollen die Kontrolle der Aussengrenzen verbessert und die Zusammenarbeit der nationalen Sicherheits- und Migrationsbehörden gestärkt werden. Auch der Schweiz bringt das noch mehr Sicherheit, und die Arbeit zur Umsetzung dieser Vorhaben läuft bereits. An seiner Sitzung vom 4. September 2019 hat der Bundesrat nun dem Parlament die Botschaft für den nötigen Verpflichtungskredit überwiesen.
https://www.ejpd.admin.ch/ejpd/de/home/aktuell/news/2019/2019-09-04.html

+++POLIZEI ZH
Erste Zürcher Ombudsfrau – Kämpferin gegen «Racial Profiling» tritt ab
Die Zürcher Ombudsfrau Claudia Kaufmann will ihr Amt Mitte 2020 abgeben.
https://www.srf.ch/news/regional/zuerich-schaffhausen/erste-zuercher-ombudsfrau-kaempferin-gegen-racial-profiling-tritt-ab
-> https://www.stadt-zuerich.ch/portal/de/index/politik_u_recht/ombudsstelle.html

Imagefilm der Stapo Zürich: teure Imagepolitur, mangelhafte Transparenz
neuen Imagefilms hat die Stadtpolizei Zürich offensichtlich kaum Kosten gescheut. Kommuniziert wurden allerdings nur die externen Ausgaben. Tatsächlich dürften die Kosten des Films um ein Vielfaches höher liegen als die veröffentlichte Zahl.
https://daslamm.ch/imagefilm-der-stapo-zuerich-wie-viel-geld-darf-ein-heldenepos-kosten/

+++POLICE DE
Wozu ein Informationsdienst zur Polizeientwicklung im Jahr 2019?
Das Magazin Cilip zeigt, wie man Repression und Staatsgewalt ohne Phrasendrescherei und Moralisieren kritisieren kann, was heute nötiger denn je ist
https://www.heise.de/tp/features/Wozu-ein-Informationsdienst-zur-Polizeientwicklung-im-Jahr-2019-4511352.html
-> https://www.cilip.de/

+++ANTIRA
Bern und seine Kunst – Was soll man mit einem rassistischen Wandbild tun?
In einem Schulhaus in Bern prangt seit Jahrzehnten ein Bild mit rassistischem Inhalt. Nun sind Ideen gefragt.
https://www.srf.ch/news/regional/bern-freiburg-wallis/bern-und-seine-kunst-was-soll-man-mit-einem-rassistischen-wandbild-tun
-> https://www.derbund.ch/bern/stadt/stadt-reagiert-auf-umstrittenes-kunstobjekt-mit-kunst/story/28785716
-> https://www.bern.ch/mediencenter/medienmitteilungen/aktuell_ptk/schule-wylergut-ausschreibung-zum-kolonialen-wandalphabet

+++RECHTSPOPULISMUS
Basler SVP will Härtefallklausel abschaffen
Der SVP sind die Gerichte zu wenig streng, darum soll es bei Ausschaffungen keine Ausnahmen mehr geben. Im Talk streiten sich Gegner und Befürworter darüber.
https://telebasel.ch/2019/09/04/basler-svp-will-haertefallklausel-abschaffen/?channel=105100

«Bis heute kein einziger Beweis, dass das CO2 die Temperatur erhöht»: Gossauer SVP-Stadtparlamentarier leugnet Klimawandel
In Rundmails bestreitet ein SVP-Stadtparlamentarier den Klimawandel. ETH-Klimatologe Reto Knutti findet das erschreckend.
https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/stgallen/frank-albrecht-ist-es-noch-zu-kalt-ld.1149001?=

Die NZZ gegen die Wissenschaft
In einer Desinformationskampagne lässt die NZZ viele Autoren schreiben, welche den Ernst der Klimaerhitzung in Frage stellen.
https://www.infosperber.ch/Artikel/Medien/CO2-Klima-Die-NZZ-gegen-die-Wissenschaft

+++RECHTSTERRORISMUS
US-Rechtsterrorismus und Verschwörungstheorien
Von der Ideologie zum Attentat
In den USA hat das FBI in einem internen Dokument Verschwörungstheorien erstmals als Motivation für Inlandsterrorismus bezeichnet.
https://jungle.world/artikel/2019/35/von-der-ideologie-zum-attentat

+++FUNDIS
Fundamentalismus: Genderwahn und Eurabia
Hinter dem «Marsch fürs Läbe» der AbtreibungsgegnerInnen steht auch die Stiftung Zukunft CH. Sie vertritt antifeministische und antimuslimische Positionen – sogar wenn es um Blindenhunde geht.
https://www.woz.ch/1936/fundamentalismus/genderwahn-und-eurabia

Freiwillige Therapie für Homosexuelle: Elisabeth Augstburger gerät in Shitstorm
Mit einem solchen Sturm der Entrüstung dürfte Elisabeth Augstburger kaum gerechnet haben. In der «Basler Zeitung» wird die Baselbieter EVP-Ständeratskandidatin mit der Aussage zitiert, dass eine sogenannte Konversionstherapie helfen könne, Homosexualität zu heilen – «sofern die oder der Betroffene das auch will. Auf keinen Fall darf hier Zwang ausgeübt werden.»
https://www.bzbasel.ch/basel/baselbiet/freiwillige-therapie-fuer-homosexuelle-elisabeth-augstburger-geraet-in-shitstorm-135569695

+++ANTIFA
Neonazi-Kampfsportszene – Schweizer Unternehmer finanziert Rechtsextremen-Label
«White Rex» ist mehr als ein martialisches Kampfsport-Label: Es ist ein Netzwerk für Rechtsextreme. Die «Rundschau» enthüllt. Ein Geldgeber für den «White Rex»-Versandhandel ist ein bekannter Schweizer Matratzenfabrikant.
https://www.srf.ch/news/schweiz/neonazi-kampfsportszene-schweizer-unternehmer-finanziert-rechtsextremen-label
-> https://twitter.com/antifa_bern
-> https://www.watson.ch/!790864651
-> https://www.20min.ch/schweiz/news/story/Topmanager-posiert-mit-Hakenkreuzen-22041371
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/bekannte-schweizer-matratzenfirma-unterstutzt-rechtsextremen-label-65578949
-> https://www.blick.ch/news/schweiz/verraeterische-instagram-fotos-im-fitness-dress-ist-roviva-ceo-peter-patrik-roth-48-ein-neonazi-id15498925.html
-> Rundschau: https://www.srf.ch/play/tv/rundschau/video/braune-faeuste-rechtsextreme-kampfsportler-im-angriffsmodus?id=08a27ff1-3df0-430e-9ae6-4e936ef8b2c4
-> https://www.swissinfo.ch/eng/politics/white-rex_swiss-mattress-manufacturer-linked-to–neo-nazi–group/45205412#.XXAURAr6jzA.twitter

tagesanzeiger.ch 04.09.2019

Schweizer Firmenchef posiert mit Nazisymbolen

Der CEO einer Matratzenfabrik lässt sich mit versteckten Hakenkreuzen fotografieren. Und er ist Gründer einer Firma, die das rechtsextreme Modelabel White Rex vertreibt.

Kurt Pelda

Seine Muskeln spielen lassen, sich in Massanzügen zur Schau stellen oder auf der Segeljacht am Thunersee posieren: Peter Patrik Roth (48) liebt Selfies. Mit nacktem durchtrainiertem Oberkörper, als biederer Unternehmer vor einem Luxushotel oder als Geschäftsleiter und Alleininhaber der Berner Matratzenfabrik Roviva Roth & Cie. AG an einem Messestand.

Der Firmenchef ist nicht nur in den sozialen Medien aktiv, sondern auch bei Fernsehen und Presse kein Unbekannter. Er trat schon bei Kurt Aeschbacher im Schweizer Fernsehen auf und strahlt laut NZZ «ein gerüttelt Mass Selbstsicherheit und Willenskraft» aus. Wer Roths Instagram-Konto etwas genauer anschaut, der entdeckt allerdings auch verstörende Bilder: der Unternehmer mit Hakenkreuzen und schwarzen Sonnen. Die Nazisymbole sind zwar etwas verschämt, aber doch gut sichtbar auf der Sportbekleidung des studierten Betriebswirts HSG aufgedruckt.

Wie der deutsche Verfassungsschutz in einem Bericht schreibt, handelt es sich bei der schwarzen Sonne um ein in der rechtsextremistischen Szene seit vielen Jahren beliebtes Symbol, das immer häufiger Verwendung findet, insbesondere auf Kleidungsstücken oder als Tattoo. Es besteht aus einem Sonnenrad mit zwölf Speichen. Alternativ kann man darin auch drei übereinander gelegte Hakenkreuze sehen. Das Zurschaustellen von Hakenkreuzen und schwarzen Sonnen in den sozialen Medien ist strafbar, wenn damit für eine rassistische Ideologie geworben wird, wie das Bundesamt für Justiz auf Anfrage schreibt. Ob dies der Fall ist oder nicht, beurteilt im Einzelfall das Gericht.

Auf die Motive am Telefon angesprochen, antwortet Roth nur, dass es sich dabei um blosse Behauptungen des Journalisten handle. Weitere Kommentare will er nicht abgeben – und verweist dann auf seine Rechtsvertreter bei der bekannten Zürcher Anwaltskanzlei von Valentin Landmann. Einer der dort arbeitenden Advokaten lässt die Frage allerdings unbeantwortet, ob Roth Sympathien für Neonazis habe. Keine Antworten gibt es auch auf einen ausführlichen, schriftlich eingereichten Fragenkatalog dieser Zeitung zu Roths Fotos und seinen Bekanntschaften in der Neonaziszene. Landmann selber sagte der SRF-Sendung «Rundschau»: «Mein Klient hat Freude an den Signeten, an der Zeichensprache.»

«Eine private Angelegenheit»

All das ist nicht verboten und macht Peter Roth noch nicht zum Neonazi. Die Medienstelle von Roviva schreibt auf Anfrage: «Den Kleidungsstil unseres CEO im Fitnesstraining zu kommentieren, liegt uns fern. Welche Kleidung Herr Roth in seiner Freizeit trägt, ist seine private Angelegenheit. Dies steht in keinem Zusammenhang mit seiner Rolle bei Roviva.»

Politische Kommentare gibt der Unternehmer in den sozialen Medien nicht ab, bei ihm scheint sich das Leben vor allem im Kraftstudio und im Büro abzuspielen. Ein vollkommen unpolitischer Zeitgenosse also? Selbst an seinem Bürotisch trägt Roth auf einem Instagram-Foto ein schwarzes T-Shirt mit dem Logo des Mode-Labels White Rex, das unter anderem zwei übereinandergelegte Hakenkreuze enthält. Dieses sogenannte Kolowrat ist ein populäres Symbol russischer Neonazis.

White Rex richtet sich an Kampfsportler, die an die Überlegenheit der weissen Rasse glauben. Auf White-Rex-Produkten prangt – in Anlehnung an das Motto «Wir vertrauen auf Gott» der USA – der Spruch «Wir vertrauen auf Gewalt». Was damit gemeint sein könnte, zeigt ein Bild mit dem sinngemäss übersetzten Titel «Gute Nacht ihr Linken», das White Rex auf sein VK-Profil, das russische Facebook, hochgeladen hat – und zwar kurz nach dem Anschlag im amerikanischen Charlottesville vom August 2017, als ein Rechtsextremist mit seinem Auto in eine Menschenmenge linker Demonstranten gefahren war.

Was hat das alles mit Peter Roth zu tun? Der Kraftsportler trägt nicht nur die T-Shirts von White Rex und anderer rechtsextremer russischer Gruppen, sondern ist aktiv, wenn auch sehr diskret in die Geschäfte von White Rex involviert. 2017 gründete er mit einem Compagnon die Fighttex AG im bernischen Lotzwil, nur wenige Kilometer entfernt von der Matratzenfabrik in Wangen an der Aare. Fighttex vertreibt White-Rex-Produkte, und der russische VK-Kanal der Marke ist mit der Website von Fighttex verlinkt. Roth hält laut Handelsregister die Hälfte des Aktienkapitals. Einziger Verwaltungsrat und Geschäftsleiter der Fighttex AG ist ein gewisser Florian Gerber. Flo, wie er in der rechten Szene genannt wird, ist kein unbeschriebenes Blatt, sondern stellvertretender Vorsitzender der rechtsradikalen Partei National Orientierter Schweizer (Pnos).

Zu Roths Engagement bei der Fighttex AG sagt sein Anwalt in einem ersten Gespräch, es gehe dabei nur um eine Investition. Kampfsport sei für Roth eine boomende Branche. Hat Betriebswirt Roth den in der Szene als Hammerskin und Neonazi bekannten Gerber also nur eingestellt, weil dieser ein begnadeter Geschäftsleiter ist? Dass Roth eine gewisse Nähe zur Pnos aufweisen könnte, geht aus den «Gefällt-mir-Angaben» seines Facebook-Profils hervor. So hat er verschiedentlich «Likes» bei Fotos von Pnos-Grössen und bei Wahlpropaganda der rechtsextremen Partei verteilt. Das ist vollkommen legal. Etwas stossend wirkt aber ein «Like» Roths bei einem Post des Pnos-Pressesprechers Raphael Rotzer, in dem Bootsmigranten im Mittelmeer verhöhnt werden. Stossend deshalb, weil Roth in seiner Matratzenfabrik immer wieder Migranten und Menschen mit Migrationshintergrund beschäftigt hat.

Die moderne Welt bekämpfen

Flo Gerber ist nicht der einzige Neonazi bei der Fighttex AG. Die Firma betreibt eine Website, auf der White Rex alle Europäer auffordert, sich den Kriegergeist ihrer Vorfahren zu eigen zu machen und die moderne Welt zu bekämpfen. Die Website hat der bekannte Walliser Neonazi und Unternehmer Silvan Gex-Collet registriert, der früher in einer Rechtsrockband mitmachte.

Neben Flo Gerber scheint Peter Patrik Roth noch mindestens eine weitere Pnos-Grösse persönlich zu kennen. So sprach er den Sicherheitsverantwortlichen der Pnos, Benjamin Rohde, in einem Kommentar auf Facebook mit «Beni» direkt an. Ausserdem vergab Roth ein «Like» für ein Foto, das Rohde zusammen mit anderen Schweizer Rechtsextremisten bei einem Neonazi-Treffen in Deutschland zeigt.

Persönlich kennt Roth auch den Gründer von White Rex, den perfekt Deutsch sprechenden Russen Denis Nikitin, der mit richtigem Familiennamen Kapustin heisst. Auf einem Foto mit ihm kreuzt Roth seine Fäuste, ähnlich wie das Hammerskins oder russische Neonazis häufig tun. Erst vor kurzem erliessen die Behörden von Nordrhein-Westfalen ein Einreiseverbot gegen den Neonazi und gewalttätigen Hooligan Denis Kapustin wegen dessen «Bestrebung gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung». Das Verbot gilt für den Schengen-Raum, also auch für die Schweiz. Er wird seinen Freund in Wangen so bald nicht besuchen können.
(https://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/der-firmenchef-und-die-nazis/story/14026360)

+++SOZIALES
derbund.ch 04.09.2019

Kanton verärgert Agglomeration Bern

Die Gemeinden müssen künftig einen Selbstbehalt bei den Sozialhilfekosten bezahlen. So will es der Grosse Rat. Die Stadt Bern, Ostermundigen und Ittigen befürchten hohe Mehrkosten.

Bernhard Ott

Daniel Bock ist verärgert: «Wie soll Ostermundigen das bezahlen?», fragt sich der Mundiger Sozialabteilungsleiter und Co-Präsident der Berner Konferenz für Sozialhilfe. Bock meint den Selbstbehalt, den die Gemeinden bei den Leistungen der Sozialhilfe künftig bezahlen müssen. Das Kantonsparlament hat gestern eine entsprechende Motion mit 85 zu 68 Stimmen beschlossen.

Gemäss der Motion gehen fünf bis zwanzig Prozent der «effektiven Sozialhilfekosten» zulasten der Gemeinden. Für Ostermundigen geht Bock von Mehrkosten in der Höhe von 1,5 Millionen Franken aus. Die bürgerlichen Motionäre wollen damit «auf einfache Art Anreize schaffen, damit auch die Sozialdienste auf die möglichst schnelle Wiedereingliederung ihrer Klienten hinarbeiten wollen», wie es im Vorstoss heisst. Dabei soll es für Gemeinden mit hohen Soziallasten einen Soziallastenzuschuss geben. Laut SVP-Grossrat Daniel Bichsel hat dieser zum Zweck, eine Zusatzbelastung für die Gemeinden zu verhindern. Bichsel ist auch Präsident des Verbandes Berner Gemeinden (VBG), der unter Leitung der Gesundheits- und Fürsorgedirektion (GEF) an der Ausgestaltung des Zuschusses mitarbeitet.

Aufruf zur «Knochenbüez»

Die Sprecher der rot-grünen Fraktionen liefen trotz Zuschuss Sturm gegen das Anliegen. Sie wiesen darauf hin, dass die Gemeinden auf den Löwenanteil der Kosten wie etwa die Mieten oder die Krankenkassenprämien keinen Einfluss hätten. Die Gemeinden könnten «maximal 16 Prozent» der Sozialhilfekosten selber bestimmen, sagte Bock im Vorfeld der Debatte in einem Interview mit der «Berner Zeitung» – 10,5 Prozent beträfen Kosten im freiwilligen Kindesschutz und die restlichen 5,5 Prozent die situationsbedingten Leistungen. Die Bürgerlichen sahen aber nicht nur auf der Aufwandseite Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung. So wies SVP-Grossrat Bichsel darauf hin, dass es einnahmenseitig ebenfalls «Manövriermasse» gebe, etwa beim Alimenteninkasso. Das Eintreiben von Leistungen sei allerdings «Knochenbüez», sagte Bichsel. «Aber Gemeinden, die sich anstrengen, sollen auch belohnt werden.»

Daniel Bock findet es stossend, dass die Berner Konferenz für Sozialhilfe bei der Ausarbeitung der Kriterien für Selbstbehalt und Zuschuss nicht mitreden kann. Er befürchtet, dass «soziodemografische, wirtschaftliche und regionale Aspekte» unter den Tisch fallen könnten. «Man kann nicht alle Gemeinden über denselben Kamm scheren.»

Fast ein Drittel der Ostermundiger Bevölkerung hat Migrationshintergrund, die Sozialhilfequote liegt bei acht Prozent. Bei der Erarbeitung der Kriterien müssten aber auch die Ursachen für die hohe Soziallast mitberücksichtigt werden, sagt Bock. So lebten vielerorts Sozialhilfebezüger in Häusern, deren Eigentümer kein Geld in eine Sanierung stecken wollten. Agglomerationsgemeinden wie Ostermundigen seien von solchen Phänomenen «stärker betroffen als einige Städte», sagt Bock. Ein weiteres Beispiel dafür ist Ittigen mit einer Sozialhilfequote von über sieben Prozent. Gemeindepräsident Marco Rupp beziffert die möglichen Mehrkosten für die Gemeinde auf 0,6 bis 2,5 Millionen Franken – wobei Letzteres fast einem Steuerzehntel gleichkäme. Ittigen sei auch für eine Senkung der Kosten in der Sozialhilfe, sagt Rupp. «Wir befürchten aber, dass dies auf Kosten der Gemeinden geht.»

Biel sieht es anders

Die grösseren Städte wiederum haben heute eine höhere Sozialhilfequote als kleine Landgemeinden. «Dafür darf man sie nicht mit Selbstbehalten bestrafen, denn sie können die Sozialhilfequote kaum steuern», sagt die Berner Gemeinderätin Franziska Teuscher (GB). Sie geht davon aus, dass der Selbstbehalt zu Mehrkosten von fünf bis zwanzig Millionen Franken führt. Dabei gebe es kaum Steuerungsmöglichkeiten. So seien in der Stadt Mieten und Krankenkassenprämien höher als auf dem Land. Zudem gebe es mehr unterstützte Einpersonenhaushalte, was zu einem Anstieg der durchschnittlichen Fallkosten führe, sagt Teuscher.

Ganz anders sieht dies Teuschers Bieler Pendant Beat Feurer (SVP). Die Stadt hat mit 11,5 Prozent die höchste Sozialhilfequote im Kanton. Feurer spricht sich für einen Selbstbehalt aus, der aber den strukturellen Problemen der Gemeinden Rechnung tragen müsse. So weise Biel viel günstigen Wohnraum auf, was «in prekären Situationen lebende Menschen» anziehe, sagt Feurer.
(https://www.derbund.ch/bern/kanton-veraergert-agglomeration-bern/story/17263648)

Säumige Gemeinden werden in der Sozialhilfe zur Kasse gebeten
Der Grosse Rat will bei den Sozialhilfekosten auf die Bremse treten: Gemeinden, die Klienten nur langsam wieder eingliedern, sollen einen Selbstbehalt berappen.
https://www.derbund.ch/bern/kanton/saeumige-gemeinden-werden-in-der-sozialhilfe-zur-kasse-gebeten/story/29286006
-> https://www.bernerzeitung.ch/region/kanton-bern/berns-grosser-rat-fordert-sozialhilfe-selbstbehalt-fuer-gemeinden/story/17233123
-> https://www.srf.ch/news/regional/bern-freiburg-wallis/neues-abrechnungssystem-die-bernischen-sozialdienste-sollen-effizienter-arbeiten

bernerzeitung.ch 04.09.2019

«Das ist unsinnig»

Der Grosse Rat entscheidet am Mittwoch, ob die Gemeinden bei der Sozialhilfe stärker zur Kasse gebeten werden sollen.Daniel Bock vom Verband der Sozialdienste hält davon nichts.

Marius Aschwanden

Herr Bock, es ist drei Monate her, dass die Sozialhilfekürzungen an der Urne eine Abfuhr erlitten haben. Jetzt kommt schon ein neuer Sparvorschlag. Nervt Sie das langsam?

Ja, es nervt. Und zwar deshalb, weil auch der neue Vorschlag unqualifiziert und nicht faktenbasiert ist. Grundsätzlich wäre es auch das Anliegen der Berner Konferenz für Sozialhilfe (BKSE), dass man sich mit den steigenden Kosten auseinandersetzt. Aber nicht auf diese Art und ­Weise.

Vorgesehen ist, dass die Gemeinden künftig einen Teil ihrer Sozialhilfekosten selber tragen müssen. So etwas wurde auch schon vom BKSE und von den Städten gefordert.

Es stimmt zwar, dass wir Massnahmen auf der Strukturebene vorgeschlagen haben. Die nun vorliegende Idee eines Selbstbehalts geht aber von einer falschen Grundannahme aus. Es wird vorausgesetzt, dass die Sozialdienste die Kosten massgeblich beeinflussen können, etwa wenn sie ihren Integrationsauftrag ein bisschen konsequenter verfolgen würden. Das ist aber schlicht nicht korrekt.

Weshalb nicht?

Die Statistik über die wirtschaftliche Hilfe der Gesundheits- und Fürsorgedirektion zeigt, dass die Sozialdienste von den gesamten Kosten maximal 16 Prozent steuern können. Alles andere ist rechtlich genau vorgegeben. 10,5 Prozent sind Kosten im freiwilligen Kindesschutz und lediglich 5,5 Prozent situationsbedingte Leistungen. Unter dem Strich ist somit nur ein Zwanzigstel der Sozialhilfekosten durch uns direkt beeinflussbar. Das zeigt, wie widersinnig der Vorschlag ist.

Tatsache ist aber auch, dass in manchen Gemeinden die Durchschnittskosten für einen Sozialhilfebezüger 8000 Franken betragen, in anderen 12000. Weshalb?

Es gibt regional grosse Unterschiede betreffend Mietzinse, Krankenkassenprämien oder die Fahrkosten, um zu den Integrationsprogrammen zu gelangen. Wenn jemand von Innertkirchen in Thun ein solches Angebot besucht, dann generiert dies viel höhere Verkehrskosten, als wenn es in der eigenen Gemeinde angesiedelt ist.

Es gibt aber auch Kostenunterschiede zwischen benachbarten Gemeinden.

Da spielt möglicherweise die Zusammensetzung der Sozialhilfebezüger eine Rolle. Je bildungsferner die Personen sind oder je höher die Migrationsquote ist, desto mehr Geld muss auch in Sprachkurse oder andere Grundkompetenzen investiert werden.

Diese unterschiedlichen Rahmenbedingungen würden im Selbstbehaltsystem durch einen Zuschuss an besonders belastete Gemeinden ausgeglichen.

Das ist unsinnig. Man will zuerst bestrafen und anschliessend das System wieder abfedern. Administrativ ist das ein völliger Blödsinn.

Bürgerliche Politiker schliessen aus den Unterschieden, dass manche Sozialdienste ineffizient arbeiten.

Dieser Schluss ist grundfalsch. Nehmen wir als Beispiel die Integrationsquote, die unter den Gemeinden ebenfalls variiert. Sie hängt massgeblich davon ab, wie viele Integrationsangebote es in der näheren Umgebung gibt. Im Jura und im Oberland existieren weniger Programme als in den Städten. Wenn die Anbieter zudem gut arbeiten, finden mehr Sozialhilfebezüger den Weg zurück in den ersten Arbeitsmarkt. Und was ist nun die Aufgabe der Sozialdienste? Sie melden ihre Klienten lediglich in die Programme an. Für die Integration in die Wirtschaft sind dann die Anbieter verantwortlich.

Sie schliessen also a priori aus, dass einige Sozialdienste effizienter arbeiten als andere?

Nein, das tue ich nicht. Das hat auch das gescheiterte Bonus-Malus-System gezeigt. Es war betreffend den Malus zwar untauglich, hat aber dazu geführt, dass die angeprangerten Sozialdienste ihre Strukturen angepasst haben. Insofern gebe ich den bürgerlichen Politikern recht: Man kann die Strukturen verbessern, aber nicht über einen Selbstbehalt, sondern beispielsweise über ein gemeinsames Revisorat.

Das Revisorat wird ja ebenfalls geschaffen. Die Frage ist nur: Reicht das, oder braucht es auch einen gewissen Kostendruck für die Gemeinden?

Nein, das braucht es bestimmt nicht. Mich beelendet diese unsägliche Unterstellung an die Adresse der Sozialdienste, dass sie ihren gesetzlichen Auftrag nicht genügend wahrnehmen. Ich bin jetzt 30 Jahre in diesem Bereich als Leiter tätig, und ich habe noch nie einen Sozialdienstleitenden gesehen, der nicht alles dafür getan hat, die Klienten so rasch wie möglich zu integrieren. Der Anreiz ist zudem ja bereits da. Je mehr Klienten es gibt, desto belasteter ist der Sozialdienst. Die Leitenden arbeiten somit intensiv darauf hin, die Fallbelastung durch eine hohe Integrationsquote möglichst tief zu halten.

Sie kritisierten in der Vergangenheit immer wieder, dass Sie von der Gesundheits- und Fürsorgedirektion nicht einbezogen werden. Ist das nun besser?

Nein, überhaupt nicht. Wir müssen die Anpassungen am Schluss umsetzen, dürfen aber nicht daran mitarbeiten. Das macht uns wütend.

Haben Sie einen Anlauf unternommen, um das Gespräch zu suchen?

Wir haben vierteljährliche Gespräche mit dem kantonalen Sozialamt und sitzen halbjährlich mit der Führungsspitze rund um Regierungsrat Pierre Alain Schnegg zusammen. Aber wir kommen mit unseren Anliegen einfach nicht durch und werden nicht gehört.

Glauben Sie, dass Ihre Kritik am Selbstbehaltsystem wenigstens im Grossen Rat gehört wird?

Ja, diesen Eindruck habe ich. Insbesondere, weil es noch eine weitere Motion gibt, in welcher eine Reform angestrebt wird, die in die richtige Richtung geht. Auch dort wird ein Selbstbehalt gefordert, jedoch nur auf den freiwilligen situationsbedingten Leistungen. Mit einem solchen System und unserer Beteiligung bei der Ausgestaltung könnten wir uns einverstanden erklären.

Daniel Bock ist Co-Präsident der Berner Konferenz für Sozialhilfe, die alle Sozialdienste unter einem Dach vereint.

Das vorgesehene System

Nach dem Volksnein zu den pauschalen Kürzungen in der Sozialhilfe vor drei Monaten sucht der Kanton Bern nach einer neuen Strategie. Mit einer Motion rennen Politiker aus SVP, FDP, BDP und GLP bei der Gesundheits- und Fürsorgedirektion von Pierre Alain Schnegg (SVP) nun offene Türen ein. Sie fordern, dass die Gemeinden zwischen 5 und 20 Prozent der Sozialhilfekosten selber tragen müssen.

Nur der Rest dürfte noch über den Lastenausgleich abgerechnet werden. Damit wollen sie die Sozialdienste dazu animieren, ihre Klienten so rasch wie möglich wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Gemeinden, die besonders viele Sozialhilfebezüger haben, sollen als Ausgleich einen Zuschuss erhalten.

Die Regierung empfiehlt dem Grossen Rat, die Motion anzunehmen. Derzeit erarbeite sie bereits in Zusammenarbeit mit dem Verband Berner Gemeinden ein entsprechendes Modell. Sie ist der Meinung, dass ein Selbstbehalt einen «positiven Einfluss auf die Kosteneffizenz» der Sozialdienste haben könnte. Noch müsse aber geklärt werden, welche Kosten berücksichtigt werden müssten. Heute entscheidet der Grosse Rat über den Vorschlag.

Es ist nicht das erste Mal, dass im Kanton Bern über ein solches Modell diskutiert wird. Bereits 2012 stand ein solches im Raum, wurde dann aber vom Grossen Rat zugunsten des mittlerweile bereits wieder abgeschafften Bonus-Malus-Systems verworfen. (mab)
(https://www.bernerzeitung.ch/region/kanton-bern/das-ist-unsinnig/story/21139406)

Sozialhilfe: Wieder versorgt?
Im Aargau können Gemeinden seit März Menschen, die Sozialhilfe beziehen, in Heime einweisen. Die Regierung hat einen entsprechenden Passus in eine Verordnung aufgenommen. Das weckt Erinnerungen an düstere Zeiten.
https://www.woz.ch/1936/sozialhilfe/wieder-versorgt

Gegen die drohende Willkür: Menschen sollen gegen ihren Willen in Heime untergebracht werden
Eine Gesetzesverordnung, die für den Asylbereich gedacht ist, macht es möglich, Menschen gegen ihren Willen in Heimen zu platzieren.
https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/gegen-die-drohende-willkuer-menschen-sollen-gegen-ihren-willen-in-heime-untergebracht-werden-135563642

Gefälschte Protokolle – Strafanzeige gegen Mitarbeiter des AKW Leibstadt
Das Ensi zeigt einen AKW-Mitarbeiter an. Der Vorwurf: Er soll Prüfprotokolle gefälscht haben.
https://www.srf.ch/news/regional/aargau-solothurn/gefaelschte-protokolle-strafanzeige-gegen-mitarbeiter-des-akw-leibstadt
-> https://www.ensi.ch/de/2019/09/04/protokollfaelschungen-im-kkw-leibstadt-ensi-reicht-strafanzeige-ein/
-> https://www.blick.ch/news/schweiz/jahrelang-daten-gefaelscht-strafanzeige-gegen-mitarbeiter-von-kkw-leibstadt-id15498647.html
-> https://www.20min.ch/schweiz/news/story/AKW-Leibstadt-Mitarbeiter-faelschte-Protokolle-14068886
-> https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/untersuchungsbericht-besagt-die-strahlenschutzmessgeraete-funktionieren-einwandfrei-135567159
-> Schweiz Aktuell: https://www.srf.ch/play/tv/popupvideoplayer?id=e4c92010-10b3-4ef2-8ba4-a5558a9c2de8&startTime=53.34

Ensi: Strafanzeige gegen Mitarbeiter im AKW Leibstadt – Schweiz Aktuell
Ein Mitarbeiter des Kernkraftwerks Leibstadt im Kanton Aargau habe Daten von Strahlenmessgeräten in Prüfprotokolle eingetragen, ohne sie zu kontrollieren – so die Begründung des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats Ensi.
https://www.srf.ch/play/tv/popupvideoplayer?id=e4c92010-10b3-4ef2-8ba4-a5558a9c2de8&startTime=53.34


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