Medienspiegel 27. August 2019

+++ZUG
Der Kredit zum Neubau der Durchgangsstation Steinhausen wird zu reden geben
Am Donnerstag, 29. August, wird im Zuger Kantonsrat ein sensibles Thema diskutiert: der Neubau der Durchgangsstation Steinhausen.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/zug/der-kredit-zum-neubau-der-durchgangsstation-steinhausen-wird-zu-reden-geben-ld.1146593

+++BALKANROUTE
„Bosnien ist erneut zum Brennpunkt der Migration geworden.“
In zwei Monaten schon rechnet man in Bosnien und Herzegowina mit ersten Schneefällen. „Was wird dann aus den mehr als 5.000 Migranten in der Region Bihać“, fragt nicht nur der Journalist und Nothelfer Dirk Planert, der schon seit Wochen im berüchtigten Lager Vučjak in der Nähe der Stadt Bihać im Nordwesten des Landes erste Hilfe leistet.
https://ffm-online.org/bosnien-ist-erneut-zum-brennpunkt-der-migration-geworden/

+++MITTELMEER
Mittelmeer: Die Zeugen des EU-Massenmords in der letzten Nacht
In der letzten Nacht ist im zentralen Mittelmeer ein Massenmord aufgeblitzt. Militärische EU-Macht und NGO-Rettungsversuche sind derart aufeinandergeprallt, dass nun ein grelles Schlaglicht auf die Schreie der Ertrinkenden in der Nacht geworfen ist.
Über das Alarmphone war das Hilferufen, das Wimmern, die Panik zu hören. In der Angst des Ertrinkens konnten die Boat-people, unter ihnen Frauen und Kinder, keine klare GPS-Meldung mehr abgeben.
https://ffm-online.org/mittelmeer-die-zeugen-des-eu-massenmords-in-der-letzten-nacht/

Wieder Schiffskatastrophe vor der libyschen Küste
Schon wieder sind Dutzende von Boat-people bei dem Versuch, Europa zu erreichen, in libyschen Gewässern ertrunken. In den frühen Morgenstunden ging bei Alarmphone ein Hilferuf ein. Die Migrant*innen hatten Al Khums drei Stunden zuvor verlassen und befanden sich in großer Not: „Sie waren verzweifelt, weinten und schrien und sagten uns, dass es bereits Tote gäbe. Wir versuchten, ihre GPS-Position festzustellen, aber die Menschen waren zu panisch, um sie uns vermitteln zu können. Da sich das Boot noch in der Nähe der libyschen Küste befand, blieb uns nichts anderes übrig, als die Behörden von Libyen und Italien zu informieren. Wir glauben nicht, dass jemand nach ihnen gesucht hat.“ Inzwischen hat die IOM das Schiffsunglück bestätigt: „Etwa 60 Überlebende wurden an die Küste zurückgebracht und mehrere Leichen geborgen, darunter viele Kinder.“ AP meldet mindestens 40 Tote.
Unterdessen hat Noch-Innenminister Matteo Salvini der „Eleonore“, die gestern 101 Menschen retten konnte, verboten, in italienische Gewässer einzufahren, sie zu passieren oder sich darin aufzuhalten. Das NGO-Boot ist auf der Suche nach einem offenen Hafen, in dem die Geretteten an Land gehen können. Malta hat sich geweigert, die „Eleonore“ mit Trinkwasser und Lebensmitteln zu versorgen.
https://ffm-online.org/wieder-schiffskatastrophe-vor-der-libyschen-kueste/

Mittelmeer: Libysche Küstenwache birgt Ertrunkene
Ein Boot mit bis zu 100 Flüchtlingen ist im Mittelmeer gesunken. 65 Menschen wurden gerettet, mindestens fünf starben. Nach weiteren Vermissten wird gesucht.
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-08/mittelmeer-libysche-kuestenwache-ertrunkene-fluechtlinge-bergung
-> https://www.spiegel.de/politik/ausland/fluechtlinge-libysche-kuestenwache-rettet-65-migranten-aus-seenot-a-1283942.html
-> https://www.tagesschau.de/ausland/libyen-kuestenwache-103.html

Italy grounds two planes used to search for migrant boats
NGOs Pilotes Volontaires and Sea-Watch blocked from using aircraft for Mediterranean rescues
https://www.theguardian.com/world/2019/aug/27/italy-grounds-two-planes-search-mediterranean-migrant-boats

Migration – Das fliegende Auge
Früher wurden Ertrinkende mit Schiffen gerettet. Heute sehen Drohnen auf sie hinunter
https://www.freitag.de/autoren/the-guardian/das-fliegende-auge

Salvini verbietet deutschem Rettungsschiff Eleonore Einfahrt in Italiens Häfen
An Bord der Eleonore befinden sich rund 100 Migranten. Die Hilfsorganisation Alarm Phone meldet unterdessen einen Schiffbruch vor Libyen
https://www.derstandard.at/story/2000107851964/italien-verbietet-deutschem-rettungsschiff-eleonore-die-einfahrt?ref=rss
-> https://www.tagesschau.de/ausland/mittelmeer-migranten-105.html
-> https://www.deutschlandfunk.de/seenotrettung-italien-verweigert-deutschem-rettungsschiff.1939.de.html?drn:news_id=1042712
-> https://www.nzz.ch/international/italien-verbietet-deutschem-rettungsschiff-eleonore-einfahrt-ld.1504515
-> https://mission-lifeline.de/aktuelles/gerettete-und-crew-brauchen-sicheren-hafen/

Hilfsorganisation „Sea Eye“ startet neue Rettungsmission
Anfang August war das Regensburger Rettungsschiff „Alan Kurdi“ zum letzten Mal im Mittelmeer unterwegs. Damals wurden 40 Flüchtlinge aus Seenot gerettet. Jetzt sind die Regensburger wieder unterwegs.
https://www.br.de/nachrichten/bayern/hilfsorganisation-sea-eye-startet-neue-rettungsmission,RaJkybj

Spanien: Keine Hilfe mehr für Bootsflüchtlinge in marokkanischen Gewässern
Im Juni sind bei der Überfahrt von Marokko nach Spanien 22 afrikanische Flüchtlinge ums Leben gekommen. Hilfswerke werfen Spanien vor, für die Todesfälle mitverantwortlich zu sein. Dabei galt die spanische Seenotrettung einst als vorbildlich.
http://www.migazin.de/2019/08/27/spanien-keine-hilfe-bootsfluechtlinge-gewaessern/

Militär gegen Boat-people: Ausschaltung von Flugzeugen und Funk
Die militärischen und polizeilichen Operationen im zentralen Mittelmeer richten sich jetzt offen gegen das NGO-Monitoring in der Todeszone vor Libyen. Zwei Jahre lang waren die NGO-Rettungseinsätze immer heftiger „an Land“ kriminalisiert worden. Auf offener See hatten bislang „nur“ die libyschen Küstenmilizen Boat-people abgefangen, sie nach Möglichkeit zurück in die libyschen Folterlager deportiert, die Seenotretter*innen drangsaliert. Seit einigen Monaten konnte dokumentiert werden, dass Flugzeuge der EU-Militärmission Eunavfor Med und der EU-Agentur Frontex Boat-people in Seenot aufspürten, aber nicht mehr nach internationaler Vorschrift staatliche SOS-Signale in der betreffenden Seenotregion aussenden liessen, sondern die libyschen Küstenmilizen einschalteten und zu Abfangaktionen hindirigierten.
https://ffm-online.org/militaer-gegen-boat-people-ausschaltung-von-flugzeugen-und-funk/

+++EUROPA
Tödliche Fluchtversuche: Irakischer Flüchtling ertrinkt im Ärmelkanal, Schlepperfahrzeug in Nordgriechenland stürzt um
Ein irakischer Flüchtling ist offenbar bei dem Versuch ertrunken, von Frankreich durch den Ärmelkanal nach Grossbritannien zu schwimmen. Die Leiche des 48-Jährigen wurde vor der belgischen Küste nahe der Stadt Seebrügge entdeckt, wie die Behörden am Montag mitteilten.
https://www.nzz.ch/international/irakischer-fluechtling-im-aermelkanal-ertrunken-schwimmweste-aus-plastikflaschen-ld.1504446

Nearly 900,000 asylum seekers living in limbo in EU, figures show
Backlog of claims persists despite number of arrivals almost halving in two years
https://www.theguardian.com/world/2019/aug/25/asylum-seekers-limbo-eu-countries

+++LIBYEN
Libyen: UNO stellt Resettlementprogramm ein
Laut libyschem Innenminister Fathi Bashagha hat Kelly Clements, die Beauftragte des UNHCR in Tripolis, am gestrigen Montag mitgeteilt, dass die UNO das Resettlementprogramm für libysche Geflüchtete einstellt. In der Tat war die Überstellung von Geflüchteten in den Niger schon seit geraumer Zeit zum Erliegen gekommen, da die dortigen Aufnahmekapazitäten erschöpft sind. Ob der Einstellung des Resettlementprogramms Zwistigkeiten zwischen der UNO und der von der UNO eingesetzten Regierung in Tripolis zugrunde liegen, ist nicht bekannt. Hingegen ist weltweit bekannt, dass in den EU-finanzierten Internierungslagern in Libyen gefoltert wird. Mit dem Resettlementprogramm hatte die UNO versucht, kosmetisch auf die Kunde von den KZ-ähnlichen Lagern für zurückdeportierte Boat-people zu antworten.
https://ffm-online.org/libyen-uno-stellt-resettlementprogramm-ein/

+++FREIRÄUME
(FB Lebenskünstler Bremgartenwald)
Hallo liebe Waldliebhaber.
Es ist schon eine Weile her seit es Neues von uns zu berichten gab.
Jetzt ist es soweit.
Da Uns die ewigen Querellen mit der Burgergemeinde,die ständige Polizei Präsenz sehr zu schaffen machten,haben Wir uns entschieden, einen Neuen Platz zu suchen und umzusiedeln.Wie es der Zufall wollte,haben Wir einen geeigneten Standort in der Nähe von Bethlehem gefunden und Uns dort in Neuer Formation niedergelassen.Zu unserem Glück befindet sich unser Neues Zuhause auf Städtischem Grund in Boden.
Bis auf weiteres sollten Wir nun endlich einmal etwas Ruhe haben vor Behörden Brimmborium.
(https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=2394303717504462&id=1695301340738040)

Der Zauber des Anfangs (Teil 2)
Es war auf Zeit und wurde deshalb möglich. Der damalige Kultursekretär erzählt die Geschichte der Umwandlung des Progers in den PROGR. – Zweiter Teil.
http://www.journal-b.ch/de/082013/kultur/3369/Der-Zauber-des-Anfangs-(Teil-2).htm
-> Teil 1: http://www.journal-b.ch/de/082013/kultur/3368/Der-Zauber-des-Anfangs-(Teil-1).htm

+++GASSE
Wie der bekannte Luzerner Obdachlose lebte: «Felisch ist kein armer Siech gewesen»
Sie hat die letzten sechs Jahre an der Seite von Felisch, dem «Tüechlimaa», verbracht: Veronika Stofer erzählt, wie sie sich unverhofft kennenlernten, wieso sich der Obdachlose nicht helfen lassen wollte – und wie er schliesslich im Spital verstarb.
https://www.zentralplus.ch/felisch-ist-kein-armer-siech-gewesen-1600373/

+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Jetzt streikt die Jugend vor dem Bauernhof
Die Schweizer Klimabewegung will nicht mehr ein rein urbanes Phänomen sein und protestiert nun auf dem Land. Die Landwirte freut das nicht besonders.
https://www.derbund.ch/bern/jetzt-streikt-die-jugend-vor-dem-bauernhof/story/27467013

+++AUSLÄNDER*INNEN-RECHT
Homosexuelle Bosnierin erreicht vor Bundesgericht Etappensieg gegen Luzerner Behörden
Das Luzerner Kantonsgericht muss nochmals prüfen, ob eine lesbische Frau weggewiesen werden darf.
https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/luzern/homosexuelle-bosnierin-erreicht-vor-bundesgericht-etappensieg-gegen-luzerner-behoerden-ld.1146455

+++REPRESSION DE
Das Verbot von „linksunten.indymedia“ und die zweifelhafte Rolle des Verfassungsschutzes
Im August jährte sich das Verbot der Open-Posting-Plattform „linksunten.indymedia.org“ zum zweiten Mal. Eine Anwältin der Betroffenen berichtet von dem Verfahren, der zweifelhaften Rolle des Verfassungsschutzes und der Bedeutung des Falles für die Meinungs- und Pressefreiheit.
https://netzpolitik.org/2019/das-verbot-von-linksunten-indymedia-und-die-zweifelhafte-rolle-des-verfassungsschutzes/

+++REPRESSION G7
G7-Gipfel: Nicht erklärter Ausnahmezustand
Proteste wurden durch eine völlig überzogene Präsenz der Sicherheitskräfte unterdrückt. Im ganzen französischen Baskenland wurde ein Demonstrationsverbot nach türkischem Vorbild durchgesetzt
https://www.heise.de/tp/features/G7-Gipfel-Nicht-erklaerter-Ausnahmezustand-4505930.html?wt_mc=rss.tp.beitrag.atom
-> https://www.neues-deutschland.de/artikel/1124901.g-gipfel-traenengasnebel-in-klein-bayonne.html

RDL-Mitarbeiter berichtet von seiner Behandlung in Biaritz: „Wir sollten nicht einfach still und leise sein“
Zweimal wurde unser Mitarbeiter Luc aus Frankreich abgeschoben, an Händen und Füßen gefesselt und – wie er im Nachgespräch berichtete – so sehr, dass seine auf den Rücken gebundenen  Hände blau anliefen. Trotzdem bekam er noch einiges von der Repression auch gegen andere Protestierende mit. Auch von ganz neuen Methoden der Einschüchterung wie sprechenden Dronen, die aus der Luft mit Computerstimme polizeiliche Anweisungen erteilen.
https://rdl.de/beitrag/wir-sollten-nicht-einfach-still-und-leise-sein
-> https://rdl.de/beitrag/bka-und-verfassungsschutz-agieren-als-gesinnungspolizei

+++REPRESSION GR
Willkommener Vorwand
Von Geflüchteten besetzte Häuser in Athens Bezirk Exarcheia geräumt. Eigentliches Ziel: Anarchisten
https://www.jungewelt.de/artikel/361666.migration-griechenland-willkommener-vorwand.html

+++ANTITERRORSTAAT
derbund.ch 27.08.2019

Steinpoller und Betonbänke gegen Terror

Die Stadt Bern will die Innenstadt für den Ernstfall aufrüsten. Sie plant die grossen Plätze mit versenkbaren Pollern zu versehen.

Simone Klemenz

Rund ein Dutzend Steinpoller sollen zwischen Parlamentsgebäude und Bundesplatz aufgebaut werden – dies wurde letzte Woche publik. Die Poller sollen verhindern, dass Fahrzeuge ins Bundeshaus rasen. Montiert werden sollen die Poller im Frühjahr 2020.

Die Poller vor dem Bundeshaus dürften in der Stadt Bern allerdings nicht die einzigen bleiben. Pläne, die Stadt mit mehr Sicherheitsvorkehrungen auszurüsten, werden bereits im Hintergrund gewälzt. So hat der Gemeinderat Ende 2018 beschlossen, neue Lösungen zu suchen, um die bisher verwendeten, temporär aufgestellten Betonelemente zu ersetzen. «In der Stadt Bern haben wir zahlreiche Veranstaltungen, die eine rege Publikumsnachfrage haben», sagt Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP).

Der Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt im Jahr 2016 habe die Gefahren rasender Fahrzeuge aufgezeigt. Neben dem Terrormotiv gebe es zudem andere Gründe, die zu solch einer Situation führen könnten: «Es kann auch ein medizinischer Notfall für eine Fahrt mitten in eine Menschenmenge verantwortlich sein», so Nause. «Die momentane Situation, bei der Betonelemente ad hoc aufgestellt werden, ist unzureichend und aufwendig.»

Bank als Schutz

Eine erste Massnahme hat die Stadt Bern bereits Anfang August getroffen. «Beim Käfigturm schirmt eine 15 Meter lange Bank aus Betonelementen die direkte Zufahrt auf den Bärenplatz ab», erklärt Nause. Bisher haben mobil eingesetzte Betonpoller diese Schutzfunktion übernommen. Weitere Poller, die man im Boden versenken kann, sollen nun folgen.

Priorisiert werden die vier grossen Plätze Bundesplatz, Bären-, Waisenhaus- und Münsterplatz. Da diese Plätze teils sanierungsbedürftig sind, könnte die Anbringung der Poller gleich mit der Gesamtsanierung einhergehen, so Nause. Der Projektkredit von rund 150’000 Franken wurde bereits gesprochen.

Das Unterfangen sei aber kein leichtes. «Erst muss man sich überlegen, welche Schutzwirkung eine solche Massnahme bewirken soll», sagt Nause. «Ob man einen LKW, der mit 30 oder 50 Kilometern pro Stunde unterwegs ist, abhalten will, spielt eine zentrale Rolle.»

Probleme für Anlieferung?

Bei Bern City werden die Sicherheitspläne mitverfolgt. «Beim Bundeshaus war es eine Frage der Zeit, damit musste man rechnen», sagt Bern-City-Direktor Sven Gubler. Dass nun auch andernorts in der Innenstadt versenkbare Poller kommen sollen, kann Gubler aufgrund der Sicherheit nachvollziehen.

Er wirft jedoch die Frage nach den Anlieferungen auf: «Für uns ist relevant, dass die einzelnen Gewerbe ihre Anlieferungen weiterhin problemlos machen können und der Warenumschlag gewährleistet ist», sagt Gubler.

Solange die Poller also wie bisher nur bei Veranstaltungen zum Tragen kommen und weiterhin die gute Kommunikation der geplanten Einsätze bleibt, habe er nichts dagegen. «Die Funktionalität des jeweiligen Verkehrsregimes muss gewährleistet werden. Ansonsten haben wir ein Problem», sagt Gubler. Bei den bisherigen mobilen Betonblöcken habe die Zusammenarbeit mit der Stadt bisher aber immer sehr gut geklappt.

Grössere Fragezeichen wirft das Projekt bei Stadtrat Luzius Theiler (GaP) auf. «Es wird eine Atmosphäre der Angst geschaffen. Man kann sich sowieso nie gegen alles schützen», sagt Theiler. Es lohne sich daher nicht, in eine Vielzahl von Pollern zu investieren. Diese könnten auch das Gegenteil bewirken: «Sie beflügeln den Ehrgeiz, Sicherheitsmassnahmen zu unterlaufen», so Theiler.

Technik vor Ästhetik

Mit der Umsetzung des Sicherheitsprojektes befasst sich das Polizeiinspektorat mit weiteren städtischen Stellen. Eine Arbeitsgruppe kümmert sich um technische Fragen. «Zusammen mit der Feuerwehr und Bernmobil klären wir, was überhaupt machbar ist», sagt Martin Albrecht, Generalsekretär der Direktion für Sicherheit, Umwelt und Energie.

Dabei ist vor allem der Blick in den bereits sehr dicht besetzten Stadtberner Boden notwendig: «Es ist eine grosse Herausforderung, zu klären, was sich im Untergrund befindet und welche Umlegung von Werkleitung nötig wäre.» Erst wenn solche Grundsatzfragen geklärt seien, gehe es dann auch um ästhetische Fragen. «Die Sicherheitsvorkehrungen müssen ins Stadtbild der Unesco-Welterbe-Stadt passen», so Albrecht.

Die Studie der Arbeitsgruppe soll Ende Jahr mitsamt einer Grobkostenschätzung vorliegen. Danach wird der Gemeinderat über das weitere Vorgehen entscheiden.
(https://www.derbund.ch/bern/steinpoller-und-betonbaenke-gegen-terror/story/14688761)

+++BIG BROTHER
DNA-Fahndung im Praxistest – Gib mir deinen Speichel – und ich sage dir, wer du bist
SRF-Redaktor Tobias Gasser hat den Selbsttest gemacht. Das Ergebnis würde der Polizei kaum helfen – andere Tests schon.
https://www.srf.ch/news/schweiz/dna-fahndung-im-praxistest-gib-mir-deinen-speichel-und-ich-sage-dir-wer-du-bist

DNA-Tests als Fahndungsmittel – Öffnet der Bundesrat die Büchse der Pandora?
Merkmal braune Augen, Herkunft Ostafrika: Kritiker fürchten, dass eine neue Analyse-Methode Rassismus fördert.
https://www.srf.ch/news/schweiz/dna-tests-als-fahndungsmittel-oeffnet-der-bundesrat-die-buechse-der-pandora

Wer in Bern schwarzfährt, wird neu in nationalem Register erfasst
Bernmobil tritt dem nationalen Schwarzfahrerregister bei. Die Personalien von Personen, die ohne Billet erwischt werden, werden neu in jedem Fall erfasst.
https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/wer-in-bern-schwarzfaehrt-wird-neu-in-nationalem-register-erfasst/story/27881259

+++POLIZEI CH
Gewalt: Was können wir tun?
17. Kongress zur urbanen Sicherheit
Donnerstag, 26. September 2019
Kursaal Bern
Programm: https://kssd.ch/cmsfiles/flyer_kongress_urbane_sicherheit_kssd_2019_d.pdf
https://kssd.ch/de/Info/Aktuell

+++RECHTSPOPULISMUS
Die Allzuvielen – Ökofaschismus
Rechte Ideologen entdecken den Klimaschutz für sich. Das ist keine gute Nachricht
https://www.freitag.de/autoren/elsa-koester/die-allzuvielen

Soziologin Franziska Schutzbach (41) über Rechtspopulismus und persönliche Angriffe: «Ich kann provokativ und populistisch sein»
Sie forscht zu Geschlechterfragen und Rechtspopulismus. Und sie ist eine Reizfigur. Im Interview erklärt Franziska Schutzbach (41), was die Rechte so erfolgreich macht und wie eine Barbie-Puppe zu Diskussionen im 
Kinderzimmer führte.
https://www.blick.ch/life/wissen/menschen/soziologin-franziska-schutzbach-41-ueber-rechtspopulismus-und-persoenliche-angriffe-ich-kann-provokativ-und-populistisch-sein-id15485359.html

«Wiedergutmachung» beim politischen Gegner – Ausserrhoder SVP distanziert sich mit Gummibärli vom Apfel-Plakat
Die SVP Schweiz hat viel Wirbel erzeugt mit ihrem wurmstichigen Apfelsujet. In den Kantonen konnten nicht alle Parteimitglieder das Motiv mittragen. Die Ausserrhoder SVP hat sich nun sogar gewissermassen entschuldigt beim politischen Gegner – mit sauren Gummiwürmchen.
https://www.dieostschweiz.ch/artikel/ausserrhoder-svp-distanziert-sich-mit-gummibaerli-vom-apfel-plakat-OQ53n56

Umstrittenes Maden-Plakat der SVP hängt nun doch in Basel
SVP-Präsident Eduard Rutschmann hatte angekündigt, das Sujet auf Stadtboden nicht zu verbreiten.
https://primenews.ch/news/2019/08/umstrittenes-maden-plakat-der-svp-haengt-nun-doch-basel

+++RECHTSTERRORISMUS
Umstrittener Verein „Uniter“: „Hannibals“ Krieger diskutierten offenbar die Nutzung von Material aus Bundeswehrkasernen
Der obskure Verein „Uniter“ mit seinem Anführer „Hannibal“ kommt unter Druck. Sogar die Nutzung von Bundeswehrkasernen soll bei einem Treffen im „Uniter“-Umfeld diskutiert worden sein. Was tun die Behörden?
https://www.stern.de/politik/deutschland/im–uniter–umfeld-wurde-nutzung-von-bundeswehrkasernen-diskutiert-8870626.html

+++ANTIRA
tagesanzeiger.ch 27.08.2019

Mal Farbige anschauen gehen

Gut gemeint – aber rassistisch: Gloria Wekker war am Theaterspektakel und erklärt, wie selbst unsere liberale Gesellschaft Schwarze diskriminiert.

Alexandra Kedves

Sie hat etwas von einer Königin, als sie in leuchtend gelber Robe die Seebühne des Theater Spektakels betritt: Gloria Wekker, Aktivistin und emeritierte Professorin für Gender-Studies der Universität Utrecht. Ein wenig sei sie sich in dem Moment schon wie ein Zootier vorgekommen, erinnert sie sich allerdings während unseres Gesprächs zwei Tage später. «Alle Leute vom Theater Spektakel waren wunderbar und herzlich. Und es ist toll, so viele Künstler aus dem Süden performen zu sehen. Aber das Festival sollte auch seine eigenen Strukturen reflektieren: Wer sind die Entscheidungsträger? Wo ist da die Diversität?» Der künstlerische Leiter ist wie der technische Leiter ein weisser Mann; die kaufmännische Leitung hat eine weisse Frau inne.

Sie wolle keine Jobs gefährden, betont Wekker. Aber Diversität als Programmpunkt zu führen und Schwarze dann nur als Gäste einzuladen: Das sei zu wenig und nicht wirklich ernst zu nehmen. Zu sehr entspreche es dem jahrhundertealten Muster: Ein hauptsächlich weisses Publikum – dessen Homogenität sie erstaunte – guckt sich schwarze Künstler an, die für dieses Publikum auf der Bühne stehen. «Ich will nicht gemein sein, aber es ist meine Rolle und Aufgabe, auf solche strukturellen Probleme hinzuweisen.»

Man empfahl ihr eine Lehre als Coiffeuse

Die dynamische Frau mit den Rastazöpfen, die 1950 in Surinam geboren wurde, damals ein südamerikanischer Teil des Königreichs der Niederlande, hatte selbst strukturelle Stolpersteine überwinden müssen. Als ihre Familie in die Niederlande zog, wurde den Eltern nahegelegt, Gloria und ihre Geschwister in eine Ausbildung zur Coiffeuse oder in eine Lehre im Gartenbau zu schicken; die Möglichkeiten einer akademischen Laufbahn wurden noch nicht mal skizziert. Aber die Eltern hatten andere Pläne für ihre Kinder – und Gloria Wekker sollte 2001 die erste schwarze Lehrstuhlinhaberin der Niederlande und eine der bekanntesten afroeuropäischen Intellektuellen überhaupt werden.

Als studierte Anthropologin hatte sie bereits in den Achtzigern für die Stadt Amsterdam Antirassismusstrategien entwickelt und zudem im Staatsministerium für Gesundheit, Wohlfahrt und Kultur im Bereich ethnische Minderheiten als Beraterin gearbeitet. Dass sie damals bei Treffen mit anderen Mitarbeitern oft anfangs für eine Garderobiere oder eine Serviceangestellte gehalten wurde, selbst von rangniedrigeren Kollegen, spricht Bände.

Schwarze würden für kleine Vergehen, etwa im Verkehr, öfter gebüsst als Weisse und auch schneller vor Gericht gebracht, zitiert Gloria Wekker neue Studien. Und die weissen Richter in den Niederlanden würden über Schwarze erwiesenermassen strenger urteilen als über Weisse. Die Jobs schliesslich, die Schwarze in der niederländischen Gesellschaft innehätten, seien im Durchschnitt schlechter als die der Weissen.

Trotzdem, so Wekker, würden viele Holländer das Etikett «Rassismus» vehement von sich weisen. 2016 hat Gloria Wekker über dieses Phänomen das Buch «White Innocence: Paradoxes of Colonialism and Race» veröffentlicht. Dort führt sie aus, dass die Haltungen aus der Ära des Kolonialismus nicht über Nacht, mit der Unabhängigkeit der Kolonien, von selbst verschwanden. Doch die niederländische Gesellschaft, die sich als Vorreiterin progressiven Gedankenguts sieht, blende das omnipräsente Archiv tradierter Einstellungen einfach aus. Auf entsprechende Hinweise von NGOs, ja selbst der UNO – so tadelt ein UNO-Bericht von 2018 strukturellen Rassismus im Land, etwa bei den Sozialleistungen für Kinder – reagiert man eher verschnupft.

«Weiss-Sein ist kein Faktor, für den es Begriffe und Konzepte gibt. Die Position des Privilegs ist schlicht unsichtbar, weil sie für Weisse hier selbstverständlich ist; bis heute», pointiert die Wissenschaftlerin. Als sich in den 70ern in den Niederlanden erste Stimmen kritisch dazu äusserten, seien sie unterdrückt worden.

Und Wekker vermutet, dass die Schweiz – «ein weiteres kleines Land, das stolz ist auf seine Drittwelthilfe und seine Menschenrechtsorganisationen» – ihre gewachsenen strukturellen Ungleichheiten ebenfalls übersieht. «Die Schweiz hatte selbst keine Kolonien, hat aber beispielsweise in Plantagen in Surinam investiert und vom Kolonialhandel gut profitiert.» Sie verharre in einem «Commodity Racism»: einem Rassismus, der in der DNA diverser Handelsgüter steckt und nicht hinterfragt wird.

Farbenblindheit gibt es nicht

Es sei typisch, dass darüber in den Schulbüchern nicht viel stehe. Unreflektierte Bilder von glücklichen schwarzen Bohnenpflückerinnen etwa habe sie auch auf hiesigen Kaffeepackungen gesehen. Stereotype, die nicht mehr vorkommen sollten, liefen im Alltag locker mit, sagt Wekker: Höchste Zeit, von der Grundschule bis zur Uni über Differenzen und Privilegien zu unterrichten und das Augenmerk auch auf Intersektionalität zu richten – auf Diskriminierungsmuster, die sich überschneiden wie etwa bei schwarzen Lesben.

«Colour-Blindness», Farbenblindheit, sei eine Illusion: «Wir sehen einander an, und im Kopf laufen Einordnungsprozesse ab. Sekundenschnell wird hierarchisch, nach Überlegenheit und Unterlegenheit, sortiert. Das ist ein Fakt, da darf man sich nichts vormachen», fordert Wekker.

Die Niederlande hätten sich zwar für die LGBTQ-Gemeinde starkgemacht. Aber das gelte vor allem für ihre weissen Vertreter, sie bildeten auch die Mehrheit. Zum Rassismus habe man nicht viel zu sagen. Dieses Thema brennt der Forscherin auf den Nägeln; zum Gespräch hat sie ihre Freundin Twie Tjoa mitgebracht. «Was der inhärente Rassismus mit dem Selbstbild und mit den Lebenschancen macht, zeigen schon Studien mit kleinen Kindern. Die weisse Puppe wird der schwarzen grundsätzlich vorgezogen. Und im Alter von drei oder vier Jahren hat sich bei schwarzen Kindern ein Gefühl der Minderwertigkeit eingebrannt.»

Den niederländischen Schmutzli abschaffen

Dagegen wollen die zwei Frauen angehen. Sie setzen auf neue Lehrpläne, auf Quotenregelungen für alle grösseren Organisationen und auf die Abschaffung von Figuren wie den niederländischen Schmutzli. Beide engagieren sich in der 2016 gegründeten Partei der schwarzen, surinamisch-niederländischen Politikerin Sylvana Simons. Ruhestand? Wer Gloria Wekker im Gespräch erlebt, kommt gar nicht erst auf so eine Idee. «Simons vertritt einen radikalen Egalitarismus und wirtschaftliche Gleichheit», beschreibt Wekker die progressive Partei.

Um eine solche Welt gestalten zu können, müsse man erst einmal die eigene Situierung in der heutigen Gesellschaft begreifen. «Man muss sich den Unterschieden und den Diskriminierungen stellen, bevor man sie angehen kann», unterstreicht Wekker. Auch wenn es wehtut, von lieb gewordenen Selbstverständlichkeiten Abschied zu nehmen wie eben der Schmutzli-ähnlichen Gestalt, die auf Niederländisch «Schwarzer Peter» heisst.

Gloria Wekker ist nicht die Erste, die öffentlich zu Abschaffung oder Umbau der geliebten Weihnachtsfigur aufruft, aber eine der einflussreichsten. Schon in den Fünfzigern gab es einen surinamisch-niederländischen Verein, der das rassistische Untergrundrauschen des schwarzen Nikolaus-Begleiters monierte. «Erfunden wurde er 1853 von einem niederländischen Volksschullehrer, als fröhlicher Sklave. Er war eine Kolonialreich-Fantasie», sagt Wekker. Später wurde der Sklave zum dienenden Freund umdefiniert. Doch die karikaturesk dicken Lippen, die kohlschwarze Haut und das Tumbe behielt er.

Aber ist das wirklich so schlimm?, fragen sich viele. Um den Schwarzen Peter ist in den Niederlanden ein Kulturkampf entbrannt. Für Gloria Wekker steht fest: Der Zwarte Piet muss weg. Auch Kinderspiele wie «Wer hat Angst vor dem Schwarzen Mann?». Solche Stereotype seien schädlich für weisse wie schwarze Kinder. In den heterogenen niederländischen Grossstädten wie Amsterdam, Utrecht oder Rotterdam bestehe darüber eher Konsens als in den ländlichen Provinzen.

«Wieso verteidigen manche den Schwarzen Peter mit einer derartigen Passion und Aggression?», möchte die Frau wissen, die auf jedes kritische Nachhaken mit freundlicher Bestimmtheit Kontra gibt: «Daran ist nichts unschuldig!» Schlachten auf dem symbolischen Feld müssten ebenso geschlagen werden wie auf dem strukturellen, realpolitischen. Die hohle «White Innocence» sei wie eine Tarnmaske, die sich die Gesellschaft nicht mehr leisten könne.

Die unermüdliche Streiterin für Minderheiten ist seit der Emeritierung freilich nicht bloss politisch tätig. Sie beendet gerade ihre afroniederländische Enzyklopädie und hat einen semibiografischen Roman über ihre Grossmutter väterlicherseits in der Pipeline. Diese hatte weisse, jüdisch-europäische Wurzeln und heiratete gegen den Protest der Familie 1917 auf Surinam einen dunkelhäutigen Kreolen: eine kraftvolle Frau – wie ihre Enkelin.

Die resümiert am Schluss unseres Treffens mit Nachdruck: «Auch für die Schweizerinnen und Schweizer gilt: Schaut gut hin! Der versteckte Rassismus ist überall, der hat nicht am Schlagbaum haltgemacht. Ich will nicht, dass sich irgendwer schuldig fühlt. Die Schuldfrage ist für mich uninteressant. Wichtig ist die geschärfte Wahrnehmung der eigenen Position. Untersucht eure Privilegien – und fragt euch, wie ihr sie produktiv für alle fruchtbar machen könnt!»

Gloria Wekker: White Innocence – Paradoxes of Colonialism and Race. Combined Academic Publishers, Harrogate 2016. 240 S., ca. 37 Fr.
(https://www.tagesanzeiger.ch/kultur/mal-farbige-anschauen-gehen/story/22305723#overlay)


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