Medienspiegel 6. Dezember 2018

+++BERN
derbund.ch 06.12.2018

Stadt Bern will im Asylwesen selber bestimmen

Die Stadtberner Sozialdirektion hat sich beim Kanton vergeblich darum bemüht, den Auftrag für die Betreuung und Integration von Asylsuchenden und Flüchtlingen direkt zu erhalten.

Bernhard Ott

Die Karten im Asyl- und Flüchtlingsbereich des Kantons Bern werden zurzeit neu gemischt. Bis Mitte Januar können sich Leistungserbringer in einer von fünf Asylregionen bewerben. In der Region Bern-Stadt will nebst der Caritas oder dem Roten Kreuz auch die Stadt selber ins Rennen steigen. Sie hat zu diesem Zweck die Heilsarmee mit ins Boot geholt. Diese bringt insbesondere Know-how im Unterkunftsbereich mit.

Kanton lässt Stadt abblitzen

Der Auftrag ist der Stadt offenbar derart wichtig, dass sie die Ausschreibung sogar umgehen wollte. «Die Stadt ist von ihrer Leistung und ihrer Eignung überzeugt und hat sich deshalb beim Kanton für die Direktvergabe eingesetzt», hält Sven Baumann, Generalsekretär der Sozialdirektion von Franziska Teuscher (GB), auf Anfrage fest. Auf diese Weise hätte man die Umsetzung der Neustrukturierung des Asyl- und Flüchtlingsbereichs «rascher und effizienter» planen können, schreibt Baumann. Die Stadt Bern hat seit acht Jahren ein Direktmandat für die Asylsozialhilfe vom Kanton. Der neue Auftrag würde zusätzlich aber auch die Unterbringung, Betreuung und Integration von anerkannten Flüchtlingen umfassen.

Das Vorprellen der Stadt stiess beim Kanton aber auf wenig Verständnis. Er hat die Direktvergabe des Auftrags abgelehnt. In einem Ausschreibungsverfahren müsse für alle potenziellen künftigen Partner die gleiche Ausgangslage garantiert werden, hält Gundekar Giebel, Sprecher der Gesundheits- und Fürsorgedirektion von Pierre Alain Schnegg (SVP), auf Anfrage fest. «Es müssen gleich lange Spiesse gelten.»

Stadt sucht Support

Bei der Stadt liess man sich von der Absage aber nicht entmutigen. Die Sozialdirektion will nun bei der Ausschreibung mitmachen und versucht zugleich, die sechs Gemeinden der Asylregion hinter sich zu scharen. Dazu hat sie Gemeindevertreter zu einer Veranstaltung eingeladen. Baumann spricht in diesem Zusammenhang von einer «Informationsveranstaltung», bei der es auch darum gegangen sei, die Form der Zusammenarbeit festzulegen. Dabei könnte es unter anderem auch um die Bildung eines «politischen Konsultativgremiums der Gemeinden» gehen.

Die Gemeindevertreter haben den Charakter der Veranstaltung aber unterschiedlich empfunden. So wurde er in Zollikofen oder Köniz nicht nur als Informationsanlass aufgefasst. «Es war eine Art Charmeoffensive», sagt der Zollikofer Gemeindepräsident Daniel Bichsel (SVP). Die Teilnahme an einer Begleitgruppe habe er aber abgelehnt, weil dadurch die Verantwortlichkeiten verwischt würden, sagt Bichsel. Auch der Könizer Sozialvorsteher Hans Peter Kohler (FDP) lehnt eine Unterstützung der Stadt ab. Köniz wolle sich bei der Ausschreibung neutral verhalten, sagt Kohler. «Wir wollen dem Verfahren nicht vorgreifen.»

ORS hat Interesse

Eher verhalten fällt demgegenüber die Reaktion bei den Hilfswerken aus, obwohl Caritas und Rotes Kreuz ihre Aufgaben im Flüchtlingsbereich verlieren könnten. «Jeder Bewerber versucht seine Chancen wahrzunehmen», hält ein Sprecher des Roten Kreuzes fest. Als neuer Mitbewerber könnte auch die gewinnorientierte ORS AG auftreten, die laut «Berner Zeitung» ein Comeback im Kanton Bern plant. Für Grossrat Hasim Sancar (GB) hat ein kommerzieller Anbieter im Asyl- und Flüchtlingsbereich aber nichts zu suchen.

«Es geht nicht an, dass Private auf dem Rücken von Asylsuchenden Profit machen», sagt Sancar. FDP-Kollege Adrian Haas hält dieses Argument für «ideologisch verblendet». Es sei begrüssenswert, dass der Kanton den Asyl- und Flüchtlingsbereich dem Wettbewerb unterstelle. Grundsätzlich habe er auch nichts dagegen, wenn sich die Stadt bewerbe. «Sie darf ihre Leistungen aber nicht quersubventionieren», sagt Haas.

Integrieren oder Ausschaffen

Mit der Neustrukturierung des Asyl- und Flüchtlingsbereiches reagiert der Kanton Bern auf die neue Asylagenda des Bundes. Künftig sollen Asylentscheide beschleunigt werden, sodass den Kantonen nur noch Personen zugeteilt werden, deren Gesuch mit hoher Wahrscheinlichkeit anerkannt wird und die deshalb so rasch wie möglich integriert werden müssen.

Im Kanton Bern ist für Letzteres nun die Gesundheits- und Fürsorgedirektion (GEF) zuständig. Die bisher zuständige Polizei- und Militärdirektion (POM) kümmert sich nurmehr um die Nothilfe und den Vollzug von Ausschaffungen.

Die GEF will die Organisation vereinfachen. Sie hat die Aufträge für Unterbringung, Sozialhilfe und Integration von Asylsuchenden und Flüchtlingen als Gesamtpaket in fünf Asylregionen neu ausgeschrieben.

Die Integrationsziele sind ehrgeizig. So soll zum Beispiel die Hälfte aller vorläufig Aufgenommenen und Flüchtlinge sieben Jahre nach der Einreise «nachhaltig» in den ersten Arbeitsmarkt integriert sein. Die Leistungen werden vom Kanton nur bei Erfolg abgegolten.
(https://www.derbund.ch/bern/stadt/stadt-bern-will-im-asyl-und-fluechtlingswesen-selber-bestimmen/story/29397205)

Gemeinderatsantwort auf Interfraktionelle Motion GB/JA!, GLP, SP, GFL/EVP, AL/GPB-DA/PdA+ (Seraina Patzen, JA!/Cristina Anliker-Mansour, GB/Peter Ammann, GLP/Lena Sorg, SP/Tania Espinoza Haller, GFL/Christa Ammann, AL): Unterstützung für die Beratungsstelle für Sans-Papiers
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=f249b2183ff4432780445d3985cd7a43

Gemeinderatsantwort auf Interfraktionelle Motion AL/GPB-DA/PdA+, SP (Mess Barry, parteilos/Daniel Egloff, PdA/Fuat Köçer, Halua Pinto de Magalhães, SP): Unterstützung von Flüchtlingen beim Abschluss einer Ausbildung
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=307e5fa398ce463cb1ee43eb88fe7472

Gemeinderatsantwort auf Motion Fraktion GB/JA! (Seraina Patzen, JA!): Qualität der Asylunterkünfte in der Stadt Bern prüfen und verbessern
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=ed96df8c7da740b1b13bf6c139e4ead1

+++SCHWEIZ
Menschenrechtsaktivistin Anni Lanz vor Gericht: «Die Abschiebungspolitik der Schweiz finde ich einfach nur empörend»
Letzten Februar versuchte die Menschenrechtsaktivistin, einen kranken Afghanen in die Schweiz zurückholen. Jetzt steht sie deswegen in Brig vor Gericht.
https://www.luzernerzeitung.ch/schweiz/anni-lanz-vor-gericht-die-abschiebungspolitik-der-schweiz-finde-ich-einfach-nur-empoerend-ld.1076439
-> https://www.1815.ch/news/wallis/aktuell/anni-lanz-vor-gericht/

Ungenügender Brandschutz in Asylunterkünften
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe SFH kritisiert die abweichende Handhabung von Brandschutzvorschriften in Asylunterkünften. Diese si
nd im Dezember 2015 gelockert worden, um Asylsuchende rascher unterbringen zu können. Der ursprünglich auf Ende 2017 befristete Beschluss ist jedoch bis Ende 2019 verlängert worden. Die SFH fordert deshalb, dass die Lockerung umgehend aufgehoben wird.
https://www.fluechtlingshilfe.ch/news/archiv/2018/ungenuegender-brandschutz-in-asylunterkuenften.html

Äthiopien soll eine Einheit bleiben
Die Fluchtpunkt-Redaktion hat sich mit einem äthiopischen Geflüchteten getroffen, der seit sechs Jahren in der Schweiz lebt und in der Diaspora gut vernetzt ist. Er hat sein Herkunftsland aus politischen Gründen verlassen müssen, engagiert sich in der Schweiz in der Ethiopian Human Right and Democrazy Tasc Force in Switzerland und ist Mitglied von Amnesty International
https://www.fluechtlingshilfe.ch/news/archiv/2018/athiopien-soll-eine-einheit-bleiben.html

+++DEUTSCHLAND
Flüchtlingshelferin Sarah Mardini Heimkehr aus dem griechischen Gefängnis nach Pankow
Berlin – Für viele Menschen ist sie eine Heldin, für die griechische Justiz eine Schwerverbrecherin und ausländische Spionin – die in Berlin lebende syrische Flüchtlingshelferin Sarah Mardini. Jetzt kommt die junge Frau nach mehr als 100 Tagen in griechischer Untersuchungshaft überraschend auf freien Fuß – vorerst. Am Donnerstag wird Sarah Mardini in Berlin erwartet, teilten ihre Unterstützer mit.
https://www.berliner-zeitung.de/berlin/fluechtlingshelferin-sarah-mardini-heimkehr-aus-dem-griechischen-gefaengnis-nach-pankow-31700422

+++FRANKREICH
Calais police using drones to arrest migrants before they cross Channel
Police in Calais are using drones to locate migrants preparing to cross the Channel by boat, so that they can be arrested before they reach the water.
https://www.telegraph.co.uk/news/2018/12/05/calais-police-using-drones-track-migrants-cross-channel/

+++DÄNEMARK
Geflüchtete in Dänemark: Isolation um jeden Preis
Straffällig gewordene Flüchtlinge, die nicht abgeschoben werden dürfen, sollen auf die Insel Lindholm. Die Kosten dafür sind immens.
http://taz.de/Gefluechtete-in-Daenemark/!5557179/

+++GRIECHENLAND
Flüchtlingslager Moria: Traumatisiert und allein gelassen: So sehr leiden die Flüchtlingskinder auf Lesbos
Hilfsorganisation schlagen Alarm: Das Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos ist hoffnungslos überfüllt, 7000 Menschen leben dort unter katastrophalen Zuständen. Vergessen und zurückgelassen. Die rund 3000 Kinder leiden besonders unter der Situation. So sehr, dass viele von ihnen nicht einmal mehr leben wollen. Eine dringend notwendige Reportage.
https://www.stern.de/tv/fluechtlingslager-moria–so-sehr-leiden-die-kinder-auf-lesbos-unter-den-katastrophalen-zustaenden-8475954.html

+++MITTELMEER
Ende für das Rettungsschiff Aquarius – NGOs können nicht mehr weiter operieren
Die Nichtregierungsorganisationen «Médecins sans frontières» (MSF) und «SOS Méditerranée» haben am Donnerstagabend offiziell angekündigt, mit dem Schiff Aquarius keine weitere Flüchtlinge mehr zu retten.
https://www.watson.ch/!602501400
-> https://www.msf.org/aquarius-forced-end-operations-europe-condemns-people-drown
-> https://derstandard.at/2000093339884/Aerzte-ohne-Grenzen-stellt-Aquarius-Einsatz-ein?ref=rss
-> https://www.derbund.ch/schweiz/standard/aquarius-stellt-betrieb-ein/story/30639142
-> https://www.nzz.ch/international/rettungseinsatz-der-aquarius-im-mittelmeer-am-ende-ld.1442731
-> http://www.spiegel.de/politik/ausland/fluechtlinge-rettungsschiff-aquarius-beendet-einsatz-im-mittelmeer-a-1242407.html#ref=rss

Blockade der Seenotrettung von Flüchtenden im Mittelmeer durchbrochen – Sea-Watch wieder auf hoher See
Die Sea-Watch ist eine Organisation von Freiwilligen, die Flüchtende im Mittelmeer aus Seenot rettet. Mehrere Monate konnte sie das nicht tun, denn sie durfte nicht auslaufen. Wie andere zivile Seenotretter auch. Seit kurzem ist die Sea-Watch wieder unterwegs auf hoher See.
https://www.freie-radios.net/92480

+++EUROPA
EU-Grenzschutz: Frontex-Ausbau verzögert sich
Die EU will ihre Außengrenzen besser schützen. Dafür sollten bis 2020 Tausende neue Frontex-Beamte sorgen. Doch daraus wird nichts – das mussten die EU-Innenminister jetzt einsehen.
https://www.tagesschau.de/ausland/eu-innenministertreffen-101.html

Anschluss an EU-Überwachungsnetz “Seepferdchen Mittelmeer”: Libyen als Türsteher für Flüchtlingsboote im Mittelmeer?
Libyen soll an ein Grenzüberwachungsnetz von EU-Staaten im Mittelmeer angeschlossen werden – und zwar noch dieses Jahr. Ein Bruch mit EU-Recht, sagt ein Europapolitiker der Linken. Er befürchtet, dass sensible Daten ausgetauscht werden.
https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/seepferdchen-mittelmeer-ueberwachung-grenze-libyen-europa-eurosur-eu/

Grenzschutz in Spanien: Wenn Zäune nicht mehr abschrecken
Die EU-Innenminister befassen sich heute mit dem Ausbau der Grenzschutzbehörde Frontex. Für Spanien ist das Thema besonders wichtig. Das Land ist inzwischen wichtigstes Ankunftsziel für illegale Migranten.
https://www.tagesschau.de/ausland/innenminister-treffen-frontex-spanien-grenze-101.html

Verteilung von Flüchtlingen in Europa: Seehofer stellt Verzicht auf Pflicht-Quote in Aussicht
Eine ausgewogenere Verteilung von Flüchtlingen in der EU scheiterte bislang, einige Länder sperren sich gegen die Pflicht-Quote. Deutschland und Frankreich wollen nun erstmals Ausnahmen zulassen. Doch es gibt ein Hindernis – Kanzlerin Merkel.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/fluechtlinge-seehofer-stellt-erstmals-verzicht-auf-eu-pflicht-quote-in-aussicht-a-1242398.html

+++JENISCHE/SINTI/ROMA
Regierungsrat beantragt Kredit für Platz bei Wileroltigen
Der Regierungsrat des Kantons Bern beantragt dem Grossen Rat einen Kredit von rund 3,3 Millionen Franken für einen Transitplatz für ausländische Fahrende südlich des Autobahn-Rastplatzes Wileroltigen. Der Transitplatz soll mindestens 36 Stellplätze für 108 bis 180 Personen bieten. Mit der Realisierung kann frühestens 2022 begonnen werden.
https://www.be.ch/portal/de/index/mediencenter/medienmitteilungen.meldungNeu.mm.html/portal/de/meldungen/mm/2018/12/20181206_1204_regierungsrat_beantragtkreditfuerplatzbeiwileroltigen
-> https://www.derbund.ch/bern/kanton/regierung-treibt-transitplatz-wileroltigen-voran/story/18130229
-> https://www.bernerzeitung.ch/region/kanton-bern/millionen-kredit-fuer-transitplatz-in-wileroltigen/story/10737860
-> https://www.bielertagblatt.ch/nachrichten/seeland/transitplatz-fuer-auslaendische-fahrende-regierungsrat-beantragt-kredit-fuer
-> https://www.neo1.ch/news/news/newsansicht/datum/2018/12/06/transitplatz-fuer-fahrende-soll-in-wileroltigen-entstehen.html
-> https://www.srf.ch/news/regional/bern-freiburg-wallis/auslaendische-fahrende-berner-kantonsregierung-will-einen-platz-bei-wileroltigen
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/definitiver-transitplatz-fuer-fahrende-in-wileroltigen-133815419
-> https://www.bernerzeitung.ch/region/kanton-bern/die-regierung-will-den-fixen-transitplatz/story/10737860

+++FREIRÄUME
Mehr Geld für alle – ausser für die Reitschule
Der Berner Gemeinderat will in den nächsten vier Jahren mehr Geld für die Kultur ausgeben. Der Vertrag mit der Reitschule muss noch fertig verhandelt werden.
https://www.derbund.ch/bern/stadt/kulturvertraege-unter-dach-ausser-fuer-die-reitschule/story/29225234
-> https://www.bernerzeitung.ch/region/bern/stadt-bern-erhoeht-kulturfoerderung-massiv/story/13578390
-> https://www.srf.ch/news/regional/bern-freiburg-wallis/berner-kulturfoerderung-mehr-geld-fuer-stadtberner-kultur
-> https://www.bern.ch/mediencenter/medienmitteilungen/aktuell_ptk/mehr-mittel-fuer-die-kultur-vierjahres-planung-verabschiedet

50 Jahre «Chessu» in Biel – Rendez-vous
Während im Mai 1980 in vielen grossen Schweizer Städten Jugendunruhen herrschten, funktionierte damals in Biel seit Jahren das erste AJZ der Schweiz. Vor 50 Jahren begann die Geschichte des Bieler «Chessu», wie die Bieler ihrem AJZ sagen.
Er lässt sich auch nicht durch die Stadtentwicklung aus der Ruhe bringen, welche ihm auf die Kuppel rückt.
https://www.srf.ch/play/radio/popupaudioplayer?id=fbea92ec-90c2-40f0-91df-a4fc6b7b4762

+++DROGENPOLITIK
Gemeinderatsantwort  auf Motion Fraktion AL/GPB-DA/PdA+ (Christa Ammann, AL): Für einen wissenschaftlichen Pilotversuch für den kontrollierten Kokainverkauf
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=a6b27fc2785b47e6a38445bcf0e4f985

+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Häuser besetzen, spucken, schlagen, davonrennen
Ein 23-jähriger gewaltbereiter Aktivist aus der Zürcher Hausbesetzerszene mit vier Vorstrafen ist wegen sechs neuen Vorfällen erneut vor Gericht gestanden – die Richter gewährten ihm trotzdem eine bedingte Strafe.
https://www.nzz.ch/zuerich/bezirksgericht-zuerich-links-aktivist-erneut-vor-gericht-ld.1442682

Gemeinderatsantwort auf Kleine Anfrage Henri-Charles Beuchat (SVP): Ermittlungsergebnisse der regionalen Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland zu unbewilligter Kundgebung vom 7. April 2018
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=d40e9cea9db64d0b813d9de544abf36a

+++REPRESSION DE/G-20
Verein zur Unterstützung linker Aktivisten: Rote Hilfe unter Druck
Seit mehr als 40 Jahren unterstützt die Rote Hilfe Linke vor Gericht. Nun deutet sich an, dass sie verboten werden könnte. Doch es formiert sich Protest.
http://www.taz.de/Verein-zur-Unterstuetzung-linker-Aktivisten/!5553724/

+++AUSLÄNDER*INNEN-RECHT
Politik fordert ausnahmslose Ausschaffung von Dschihadistinnen und Dschihadisten
Der Nationalrat stellt eines der elementarsten rechtsstaatlichen Prinzipien in Frage: das menschenrechtliche Folterverbot. Eine Auslieferung von Dschihadisten/-innen soll auch dann ohne Ausnahme vollzogen werden, wenn ein Herkunftsland als «unsicher» gilt.
https://www.humanrights.ch/de/menschenrechte-schweiz/inneres/person/sicherheit/ausschaffung-dschihadisten-trotz-non-refoulement

+++JUSTIZ
Medienorientierungen über Straftaten: Die Nennung der Nationalität bleibt restriktiv
Die Justizbehörden im Kanton Bern können nicht gesetzlich dazu verpflichtet werden, die Nationalität von Straftäterinnen und Straftätern in jedem Fall zu nennen. Zu diesem Schluss kommen Abklärungen der Polizei- und Militärdirektion sowie ein externes Gutachten. Der Regierungsrat beantragt deshalb dem Grossen Rat, eine entsprechende Motion als nicht erfüllbar abzuschreiben.
https://www.be.ch/portal/de/index/mediencenter/medienmitteilungen.meldungNeu.mm.html/portal/de/meldungen/mm/2018/12/20181205_1750_die_nennung_der_nationalitaetbleibtrestriktiv
-> https://www.derbund.ch/bern/kanton/polizei-soll-herkunft-von-straftaetern-nicht-automatisch-nennen/story/15825989
-> https://www.srf.ch/news/regional/bern-freiburg-wallis/berner-kantonsregierung-nationalitaet-von-taetern-soll-nicht-automatisch-genannt-werden
-> https://www.bernerzeitung.ch/region/kanton-bern/nationalitaet-von-straftaetern-soll-nicht-automatisch-bekannt-werden/story/14333224
-> https://www.neo1.ch/news/news/newsansicht/datum/2018/12/06/nennung-der-nationalitaet-bleibt-eingeschraenkt.html
-> https://www.20min.ch/schweiz/bern/story/Nennung-der-Nationalitaet-bleibt-restriktiv-10266911

+++KNAST
Hilfsfonds der Landeskirchen – Unterstützung für Luzerner Gefangene und Ex-Sträflinge
Die Luzerner Stiftung unterstützt finanziell die Wiedereingliederung während des Gefängnisaufenthalts oder danach.
https://www.srf.ch/news/regional/zentralschweiz/hilfsfonds-der-landeskirchen-unterstuetzung-fuer-luzerner-gefangene-und-ex-straeflinge

+++ARMEE
Armee schützt weiterhin Botschaften
Der Armeeeinsatz zum Schutz ausländischer Vertretungen ist Ende 2017 ausgelaufen. Trotzdem bewachen Soldaten auch dieses Jahr Botschaften. Nach dem Nationalrat hat am Donnerstag der Ständerat den Armeeeinsatz gutgeheissen.
https://www.parlament.ch/de/services/news/Seiten/2018/20181206084827346194158159041_bsd030.aspx

+++POLICE BE
Hier schlägt Polizist auf Porsche-Fahrer ein
Bei einem nächtlichen Polizeieinsatz verhaftete die Berner Polizei einen Porsche-Fahrer. Ein Video zeigt nun, wie hart das Vorgehen gewesen ist. Die Polizei nimmt Stellung dazu.
https://www.20min.ch/schweiz/bern/story/Polizei-schlaegt-auf-Autofahrer-ein-21658176
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/polizeipruegel-fuer-porschefahrer-war-verhaeltnismaessig-133815371
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/kantonspolizei-bern-stoppt-rennwagenfahrer-nach-raserfahrt-in-stadt-65461930

+++ANTIFA
Kampf gegen Fake News: Journalismus gegen die Macht der Lügen
Angesichts aufgeregter Debatten um Migration und Asyl sind Journalisten mit scharfer Kritik bis hin zu handfesten Drohungen konfrontiert. Wie können Medien und Faktenchecker der Macht der Lüge begegnen?
http://faktenfinder.tagesschau.de/inland/luegen-im-netz-101.html

Von wegen Schweizer Patrioten: Pnos wirbt mit deutschem Bergidyll
Die Rechtsaussen-Partei Pnos sieht sich als Patriotenpartei. Auf ihrer Webseite verwendet sie jedoch ein Bild aus Deutschland. Mit der Aufschrift «Partei der Eidgenossen».
https://www.blick.ch/news/politik/von-wegen-schweizer-patrioten-pnos-wirbt-mit-deutscher-bergidylle-id15055822.html

Weniger islamistischer, dafür mehr rechtsextremer Terror
Die Zahl der Terroropfer ist weltweit zum dritten Mal gesunken. Westeuropa hat aber ein neues Problem.
https://www.tagesanzeiger.ch/ausland/standard/weniger-islamistischer-dafuer-mehr-rechtsextremer-terror/story/14159754

+++ANTIRA
Gemeindeschreiber ruft im Netz zur Selbstjustiz auf
Ein Angestellter der Gemeinde Boswil hat gegen Asylsuchende gehetzt und zur Todesstrafe aufgerufen. Jetzt entschuldigt er sich.
https://www.derbund.ch/panorama/vermischtes/gemeindeschreiber-ruft-im-netz-zur-selbstjustiz-auf/story/10758543
-> https://www.blick.ch/news/schweiz/mittelland/stellvertretender-leiter-der-sozialen-dienste-tickt-aus-gemeindeschreiber-von-boswil-ag-hetzt-gegen-fluechtlinge-id15055451.html
-> https://www.20min.ch/schweiz/zuerich/story/Gemeindeschreiber-ruft-im-Netz-zur-Selbstjustiz-auf-31898698
-> https://www.watson.ch/schweiz/aargau/130004876-aargauer-gemeindeschreiber-hetzt-auf-facebook-gegen-fluechtlinge-ammann-deckt-ihn
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/cedric-wermuth-fordert-entlassung-des-gemeindeschreibers-boswil-ag-65462437
-> https://www.blick.ch/news/schweiz/mittelland/freiaemter-svp-politiker-verteidigt-fluechtlings-hetzer-daniel-wicki-der-chef-zeigt-verstaendnis-id15055521.html
-> https://www.blick.ch/news/gemeindeschreiber-von-boswil-ag-verbreitete-hass-gegen-fluechtlinge-sp-aargau-fordert-entlassung-des-hetzers-id15056973.html
-> https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/gemeindeschreiber-entschuldigt-sich-fuer-aufruf-zur-todesstrafe-133814108
-> https://www.telem1.ch/aktuell/an-die-wand-stellen-und-eine-9-millimeter-impfung-verpassen-133814747
-> https://www.srf.ch/news/regional/aargau-solothurn/gemeindeschreiber-boswil-deutliche-kommentare-gegen-fluechtlinge-und-sozialhilfebezueger

+++GASSE
landbote.ch 06.12.2018

25 Jahre Subita: Bericht von der Gasse

Tanja Polli war die erste «Gassenarbeiterin» in Winterthur, nachdem der Platzspitz geschlossen wurde. Barbara Heusser arbeitet seit 2006 bei der mobilen Sozialarbeit Subita. Ein Gespräch über Freiräume, Brennpunkte und die Polizei.

Michael Graf

Ist es ein Jubiläum? Die zwei Frauen sind sich nicht ganz einig. Gegründet wurde der Verein Subita zwar 1993, doch da war Tanja Polli schon fast ein Jahr fürs Projekt «Gassenarbeit» unterwegs. Wie dem auch sei: Seit gut einem Vierteljahrhundert sind «Streetworker» in Winterthur aktiv.Als Tanja Polli in Winterthur anfing, war sie zwar erst 23 Jahre alt, aber hatte schon viel gesehen. Sie hatte in einer Kontakt- und Anlaufstelle der Stadt Zürich am Zürcher Platzspitz und später am Letten Junkies und Drogenprostituierte betreut, saubere Spritzen, Decken und Essen ausgegeben. Mehr als einmal war sie von Dealern körperlich angegriffen worden, fast täglich reanimierte das Team Süchtige nach einer Überdosis. «Winterthur war dagegen heile Welt», sagt sie und lacht.

Junkies, Punks, Street-Kids

Oder doch nicht? «So etwas gibt es hier nicht» sei lange die Devise der hiesigen Politik gewesen. Doch auch in Winterthur gab es Sucht, Obdachlosigkeit, Beschaffungskriminalität. Allerdings keine Stellen, die sich darum kümmerten: Notschlafstelle? Fixerstube? Gassenküche? Fehlanzeige. Unabhängig von der Stadt, mit Geld der Volkart-Stiftung, wurde das Projekt Gassenarbeit ins Leben gerufen, nachdem Arbeitsgruppen seit 1988 auf die «sich drastisch verschlechternde Situation der Obdachlosen und Drogenabhängigen» hinwiesen.

Die Brennpunkte waren schon damals der Stadtpark samt Musikpavillon und der Hauptbahnhof, bevölkert von einer sehr durchmischten Klientel: Drogenabhängige, Alkoholiker, aber auch Punks und die «Street-Kids», Gruppen von 11 bis 17-Jährigen mit meist migrantischem Hintergrund.

Das Team der Gassenarbeit, Polli und ein Pfarrer und Psychoanalytiker aus Zürich, verstand seinen Auftrag nicht nur darin, Einzelfallhilfe zu leisten. Das Selbstbild der Gassenarbeiter sei vielmehr ein anwaltschaftliches gewesen. «Es ging auch darum dafür zu kämpfen, dass die Menschen, die am Rande der Gesellschaft lebten, ein Recht haben, sich im öffentlichen Raum aufzuhalten.»

1993: Feindbild Polizist

Zur Polizei ging man damals auf Abstand. Das hatte seine Gründe, sagt Polli. Es sei wichtig gewesen, Vertrauen aufzubauen zu Klientinnen und Klienten. «Sowohl Drogenabhängige, als auch Häuserbesetzerinnen oder Jugendliche, die kifften, wurden noch stärker kriminalisiert als heute.» Umso wichtiger seien «sichere» Kontakte gewesen, Menschen, mit denen man reden konnte, ohne eine Anzeige fürchten zu müssen. Die unentgeltliche Rechtsberatung im Büro der Gassenarbeit wurde rege genutzt und auch an Demonstrationen begleitete das Team die vornehmlich jungen politisch Aktiven.

In der breiten Bevölkerung habe die Gassenarbeit viel Goodwill gespürt, sagt Polli. «Es gab eine Aufbruchstimmung, unsere Arbeit wurde von vielen begrüsst.» Das gesellschaftliche Empfinden sei ein anderes gewesen als heute. «In meiner Erinnerung war man mitfühlender mit Menschen, die psychische oder Drogenprobleme hatten.» Der stille Vorwurf, der heute schnell im Raum stehe, wenn jemand nicht funktioniere, sei neu. Heute dächten viele beim Wort IV-Bezüger spontan an Scheininvalide, Arbeitslose seien schnell dem Verdacht ausgesetzt, faul zu sein. «Die Saat der jahrelangen Kampagnen gewisser politischer Kreise ist aufgegangen», sagt Polli. Sie glaubt auch, dass es heute schwieriger wäre als damals, zum Beispiel in einer Gassenküche Menschen mit Drogenproblemen und sogenannt «Normale» zusammenzubringen.

«Diesen Eindruck habe ich auch», sagt Barbara Heusser, seit 2006 bei der Fachstelle Subita, die sich mittlerweile ‘Mobile Sozialarbeit’ nennt. Heusser ist ausgebildete Sozialarbeiterin und brachte vielfältige Erfahrungen aus Gassenarbeit mit, hatte eine regionale Beratungsstelle mitaufgebaut und war auf dem Schweizer Jugendschiff zur See gefahren.

Grassierende Abstiegsängste

Die Gesellschaft sei heute fragmentierter, sagt Heusser. Familien leben weiter verstreut. Berufe sind keine Lebensstellen mehr. Nachbarschaften sind anonymer geworden. Der Druck und die Unsicherheit nehmen laufend zu. «Viele Leute strampeln, aber sie wissen: Ein Schicksalsschlag, eine längere Krankheit oder Lebenskrise und alles bricht weg.» «Wir leben in einer Art kollektivem Erschöpfungszustand», sagt Polli, die mittlerweile Mitinhaberin einer Agentur für Web und Text und Yoga-Lehrerin ist.

Bei der Zwei-Personen-Fachstelle Subita, die von der Stadt seit vielen Jahren durch einen Leistungsauftrag unterstützt wird, gehen Leute ein und aus, die am Limit laufen, sagt Heusser. Doch Subita ist kein Amt: Wie in den Anfängen sind die Hilfestellungen freiwillig, parteilich und gratis. «Menschen können auch anonym zu uns kommen.» Die Themen haben verändert, sagt Heusser. «Mit der zunehmenden Digitalisierung können viele nicht mithalten.» Manchmal ist Subita auch eine Art Blitzableiter, etwas, was eine Amtsstelle nicht bieten kann: «Regelmässig platzen bei uns hoch emotional belastete Leute ins Büro, die ihre gestauten Gefühle von Überforderung, Angst, Stress ungefiltert rausschreien. Hören wir zu, lassen wir sie ausreden, kehrt nach kurzer Zeit Ruhe ein.»

2018 Per Du mit dem Velo-Cop

Viele Brennpunkte und Treffpunkte sind dieselben wie früher. Doch im Stadtpark und um den Bahnhof hat sich einiges geändert, sagt Heusser. «Die Polizei hat heute ein ganz anderes, viel breiteres Sicherheitsverständnis.» Sie setze weniger auf Repression und vernetze sich mit Wirten und sozialen Institutionen. Viele «Stammgäste» am Pavillon seien mit den Bike-Polizisten per Du oder hätten Beamte, denen sie vertrauen.

Das Projekt Merkur, bei dem die Stadtpolizei 2008 die Szene am Musikpavillon auflöste, hatte Heusser aus der Nähe mitverfolgt. Sie ist überzeugt, dass dies damals nötig war: «Der Platz war zum Treffpunkt für Dealer und Süchtige auch aus dem süddeutschen Raum geworden. Regelmässig waren über 100 Leute dort.» Die einheimische Szene, oft etwas ältere Personen, fühlte sich zusehends unwohl. Subita setzte sich mit einem gemeinsamen Brief für einen selbst verwalteten, beheizten Treffpunkt ein, der am Rosenberg auch eingerichtet wurde. Zeitgleich setzte aber auch Anlaufstelle DAS ein Wandel ein, sie wurde wieder vermehrt zum sozialen Treffpunkt der Suchtkranken, was bis heute anhält. «Die Suchtthematik ist in Winterthur heute sehr gut abgedeckt», lobt Heusser.

Im Bürokratiedschungel

Subita konnte sich anderen Themen zuwenden. Zusehends waren es Langzeitarbeitslose und Ausgesteuerte. «Es wurden immer mehr Personen, aus vielfältigen Berufen die uns aufsuchten, auch sehr gut ausgebildete», sagt Barbara Heusser. «Viele haben als Folge der Langzeitarbeitslosigkeit Probleme in allen Lebensbereichen. Sucht ist da kaum ein Thema. Bis heute ist für viele unverständlich, warum sie trotz guten Referenzen und Berufserfahrung keine bezahlte Arbeit bekommen.»

Für viele Probleme gibt es heute Fachstellen und Hilfsangebote, doch die seien oft sehr spezialisiert, sagt Heusser. «Die Leute kommen dann zu uns, weil sie andernorts abgewiesen wurden, man sei nicht zuständig für ihr Anliegen. Viele gelangen an uns mit Rechtsunsicherheiten. Sie wissen nicht, was sie müssen und dürfen und wo die Grenzen sind. Wer ist zuständig? Habe ich Chancen bei einem Rekurs? Oft wird die unentgeltliche Rechtshilfe beigezogen.» Barbara Heusser und ihr Stellenpartner Martin Hartmann sind mehr denn je Übersetzer im Bürokratiedschungel und sind mit allen Amtsstellen in engem Kontakt. Dabei müssen sie auch deren «Sprache» sprechen. Um auf das Problem des bezahlbaren Wohnraums aufmerksam zu machen, liess Subita die ZHAW eine Studie ausarbeiten, weil der Stadtrat Zahlen sehen wollte.

«Ich glaube zu meiner Zeit war einiges einfacher», sagt Polli. «Wir haben mit den Jugendlichen und den Menschen auf der Gasse vieles ausprobiert, vieles ist spontan entstanden, man liess uns gewähren.» Viele der Initiativen entstanden in besetzten Häusern, es gab Konzerte, Partys, politische Aktionen.

Der Siegeszug der Frommen

In die Anfangszeit von Subita fällt auch der Aufstieg der Freikirchen und ihrer diversen Hilfsangebote wie Quellenhofstiftung, Läbesruum und mehr. Die einzige Notschlafstelle betreibt die Heilsarmee. «Die Stadt investiert viel Geld in konfessionell alles andere als neutrale Angebote», sagt Polli. Besonders störend ist für sie, dass für viele dieser stark religiös geprägten Projekte keine städtischen Alternativen gibt. «Würden wir als Stadt anderen Religionsgemeinschaften so exklusiv unsere Schwächsten anvertrauen?», fragt sie rhetorisch.

Ein heikles Terrain. Eine Woche zuvor haben zwei Mitglieder des Stadtrats mit hymnischen Lobesreden den Quellenhof-Neubau in Neuhegi eingeweiht. «Es gibt grosse Unterschiede zwischen den Instititutionen», stellt Heusser fest. Offenes Missionieren erlebe sie fast nie und manche Angebote hilfsbereiter Gemeindemitglieder nehme sie für ihre Klienten gerne in Anspruch.

Die gewachsene «Sozialindustrie» mit ihren zahlreichen (teil-)geschützten Arbeitsangeboten sei für ihre Klienten oft hilfreich, aber nicht immer, sagt Heusser: «Manche, die nicht 100-Prozent leistungsfähig sind, aber nahe dran, arbeiten in Institutionen teils fünf Tage die Woche und bringen gute Leistungen. Trotzdem bekommen sie nur Sozialhilfe und fragen sich: warum krampfe ich und komme trotzdem nicht voran?» Hier stosse das System an seine Grenzen.

Beide Frauen sind sich einig: Vereinsamung ist das grosse Problem der Gegenwart. «Viele haben fünf bis zehn professionelle Bezugspersonen, weil sie niemanden haben und alleine mit allem überfordert sind. Aber Fachpersonen können nicht persönliche Beziehungen ersetzen.» Es sei eindrücklich zu erleben was sich verändert, wenn plötzlich eine private Vertrauensperson da ist. «Dann sind viele professionelle Dienste nicht mehr nötig.»

«Hier müssen wir uns als Gesellschaft was einfallen lassen», sagt Heusser. Mit anderen Menschen in Kontakt kommen, von Mensch zu Mensch, ohne Konsumzwang. Derzeit sucht Subita, alle Treffpunkte, Gratis-Freizeitangebote, Aktivitäten und Möglichkeiten, sich zu engagieren, in einem Online-Kalender zu bündeln.

Freiraum bleibt Mangelware

Es hat sich viel verändert auf Winterthurs Gassen seit 1993. Das Betreuungsangebot hat zugenommen, das kommerzielle Freizeitangebot ebenso. Umkämpft und reguliert ist der öffentliche Raum geblieben, wenn man Polli glaubt. Räume zum Experimentieren seien selten geworden. «Wo können sich Jugendliche treffen, etwas gestalten, prägen?» Wenn sie an das leerstehende Garagen-Haus am Brühlgutpark denke, wo der Besitzer so oft die Polizei holte, denke sie: «Warum hat man nicht versucht, zu vermitteln und für die Zeit des Leerstands eine Zwischennutzung möglich zu machen?»
(https://www.landbote.ch/winterthur/standard/25-jahre-subita-bericht-von-der-gasse/story/20822828)
-> Subita – Mobile Sozialarbeit Winterthur: http://www.subita.ch/