Medienspiegel 2. April 2022

Medienspiegel Online: https://antira.org/category/medienspiegel

+++BERN
Geflüchtete Kinder sollen in Berner Schulen integriert werden
Geflüchtete Kinder aus der Ukraine in die Schule integrieren, das ist ein grosses Ziel vom Kanton Bern. Die Integration bringt aber auch Herausforderungen mit, da die meisten Kinder kein Deutsch verstehen.
https://www.neo1.ch/artikel/gefluechtete-kinder-sollen-in-berner-schulen-integriert-werden


Kanton Bern will Gastfamilien mit 195 Franken pro Person unterstützen
Wer ukrainische Flüchtlinge bei sich aufnimmt, kann bald beim Kanton Bern eine Entschädigung von 195 Franken pro aufgenommene Person und Monat beantragen. Das hat die kantonale Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektion (GSI) entschieden.
https://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/198540/


+++LUZERN
Mehr Unterstützung vom Kanton gefordert: Flüchtlinge in Menzingen: Freiwillige stossen an Grenzen
Täglich erreichen neue Flüchtlinge aus der Ukraine die Schweiz. Manche davon kommen in Menzingen im Kanton Zug unter. So viele, dass die lokale Freiwilligenarbeit an ihre Grenzen stösst. Darum fordert sie mehr Unterstützung von den Behörden.
https://www.zentralplus.ch/leben/fluechtlinge-in-menzingen-freiwillige-stossen-an-grenzen-2337807/


+++SCHWEIZ
«Kirche gegen Frontex-Ausbau»: Gegen «Kreuzigungen» an den EU-Aussengrenzen
Das Bündnis «Kirche gegen Frontex-Ausbau» wirft der europäischen Grenzschutzagentur Menschenrechtsverletzungen vor. «In der Karwoche werden wir in Luzern einen zwölf Meter langen Grenzzaun vor der Hofkirche aufstellen», sagt die Theologin Nicola Neider.
https://www.kath.ch/newsd/kirche-gegen-frontex-ausbau-gegen-kreuzigungen-an-den-eu-aussengrenzen/


Bundesrätin Karin Keller-Sutter im Interview: «Putin versucht, mit Flüchtlingen Europa zu destabilisieren»
Justizministerin Karin Keller-Sutter glaubt, dass Flüchtlinge zum Kalkül des russischen Präsidenten gehören. Im Interview sagt sie, was Europa nun tun kann und warum sie Frontex für wichtig hält.
https://www.tagesanzeiger.ch/putin-versucht-mit-fluechtlingen-europa-zu-destabilisieren-674578197775
-> https://www.luzernerzeitung.ch/news-service/inland-schweiz/ukraine-krieg-fluechtlingsstroeme-keller-sutter-wirft-putin-destabilisierung-europas-vor-ld.2271640


Karin Keller-Sutter: «Aufnahme von Flüchtlingen läuft gut»
Die Aufnahme von Ukraine-Flüchtlingen in der Schweiz läuft gemäss Justizministerin Karin Keller-Sutter «gemessen an der Herausforderung» gut. Sie will demnächst eine Person einsetzen, die für die längerfristige Planung Szenarien entwickelt.
https://www.toponline.ch/news/schweiz/detail/news/karin-keller-sutter-aufnahme-von-fluechtlingen-laeuft-gut-00179977/


Aus Ukraine-Krieg geflüchtete Syrer bekommen auch Schutzstatus S
Tausende flüchten aus dem Ukraine-Krieg. Für manche ist es nicht das erste Mal. Zwei Syrer mussten aus Syrien in die Ukraine und dann in die Schweiz flüchten.
https://www.nau.ch/news/schweiz/aus-ukraine-krieg-gefluchtete-syrer-bekommen-auch-schutzstatus-s-66142494


Flüchtlinge kritisieren Operation Libero für Frontex-Plakat
Helfende Hände, die keine sein sollten und keine sind: Flüchtlinge kritisieren Operation Libero für deren «unerträgliches» Frontex-Plakat.
https://www.nau.ch/politik/bundeshaus/fluchtlinge-kritisieren-operation-libero-fur-frontex-plakat-66145849


+++DEUTSCHLAND
Antiziganismus: »Da fehlte nur noch die Fackel«
Chana Dischereit über Diskriminierung von Roma auf der Flucht, uralte Ressentiments und deutsche Erinnerungslücken
https://www.akweb.de/politik/ukraine-mannheim-antiziganismus-diskriminierung-von-roma-auf-der-flucht/


+++UNGARN
Viktor Orban inszeniert sich als Retter in der Not – und nutzt die ukrainischen Flüchtlinge für seine eigenen Zwecke
Russlands Krieg spaltet die politischen Lager in Ungarn. Am Sonntag wählt das Land eine neues Parlament. Regierungschef Viktor Orban muss um seinen Verbleib an der Macht kämpfen – und schiesst dafür ausgerechnet gegen die Ukrainer.
https://www.tagblatt.ch/international/ungarn-wahlen-viktor-orban-inszeniert-sich-als-retter-in-der-not-und-nutzt-die-ukrainischen-fluechtlinge-fuer-seine-eigenen-zwecke-ld.2271456


+++GASSE
bernerzeitung.ch 02.04.2022

Leitungswechsel im Biwak Burgdorf: Nach 22 Jahren endet für ihn der Beschaffungsstress

Jürg Vogel geht als Leiter der Burgdorfer Drogenabgabestelle in Pension. Geld zu beschaffen, war zuletzt eine der grössten Herausforderungen.

Dölf Barben, Franziska Rothenbühler(Foto)

 «… ich bin dann mal weg. jüre»: Das steht auf der Mitteilung, die Jürg Vogel zu seiner Pensionierung verbreitet hat. Er werde nun vermehrt in die Pedale treten, lässt er die Empfängerinnen und Empfänger wissen. Auf einem Foto sieht man ihn auf seinem Mountainbike in einer kargen Landschaft. 22 Jahre lang, seit es sie gibt, hat er die Drogenabgabestelle Biwak in Burgdorf geleitet.

Ist Jürg Vogel süchtig nach Velofahren? «Ein bisschen vielleicht schon», sagt er. Aber er sei nicht erpicht aufs Kilometersammeln, wichtig seien ihm die Bewegung und das gemeinsame Erlebnis.

Das Behandlungszentrum für substanzgestützte Therapie Biwak, so die vollständige Bezeichnung, befindet sich in der Nähe des Bahnhofs Burgdorf. Der Begriff Biwak soll andeuten, dass dieser Ort nur eine Zwischenstation im Leben eines abhängigen Menschen sein soll.

Jahrelang im Biwak

Für die meisten der 295 Frauen und Männer, die seit dem Jahr 2000 einen Fuss in dieses spezielle Biwak gesetzt haben, war es aber mehr als eine Zwischenstation. Manche blieben jahrelang damit verbunden – wie Jürg Vogel selber ja auch. 71 sind gegenwärtig in Behandlung. Die Kapazität reichte aus für etwa 90 Personen.

Bei einer substanzgestützten Therapie oder kontrollierten Drogenabgabe geht es – wie es der Name sagt – nicht um einen Entzug. Das wichtigste Ziel ist es, einen Menschen, der in die Abhängigkeit abgeglitten ist, zuerst einmal zu stabilisieren. Alles andere ergibt sich später. Stabilität ist ein Wort, das Jürg Vogel im Gespräch oft benutzt.

Bevor es diese Therapieform gab, landeten schwer abhängige Menschen meist auf der Gasse. Die Notwendigkeit, Drogen zu beschaffen, führte zu enormem Stress und machte sie krank. Viele starben jung. Die allerwenigsten schafften es, noch einer geregelten Tätigkeit nachzugehen, geschweige denn, sich um andere zu kümmern.

Erhalten die Abhängigen ihre Drogen oder Ersatzstoffe jedoch bei einer Abgabestelle, fällt dieser Beschaffungsstress schlagartig weg. Und weil die abgegebenen Stoffe richtig dosiert und nicht verunreinigt sind, wird wieder ein ganz anderes Leben möglich. Ein stabiles eben, ein gesünderes und ein längeres. Betrachtet man die Altersstruktur der gegenwärtigen Patientinnen und Patienten, ist mehr als die Hälfte über 50 Jahre alt.

Integriert dank Drogenabgabe

30 Prozent der gegenwärtig im Biwak behandelten Leute seien ganz normal berufstätig, sagt Jürg Vogel. Ihre Arbeitskolleginnen und -kollegen wüssten in der Regel nichts davon. Weitere 30 Prozent seien im sogenannten zweiten Arbeitsmarkt tätig, der geschützte Stellen umfasst. Die übrigen lebten von der Sozialhilfe oder der Invalidenversicherung – «sind aber doch stabil», sagt er.

Das Prinzip der Drogenabgabe beruht auf der Einsicht, dass sich eine Abhängigkeit nicht einfach so aus der Welt schaffen lässt. Wenn eine abhängige Person aber Verpflichtungen wieder erfüllen und einer geregelten Arbeit nachgehen könne, sagt Jürg Vogel, könnten sich weitere Schritte ergeben. «Bei einigen sind es kleine Schritte, bei anderen grosse.»

Und manche beschreiten schliesslich doch den Weg zur Abstinenz. Von den 224 Personen, die das Biwak in den letzten bald 22 Jahren verlassen haben, sind 37 statistisch in der Kategorie «stabiler Austritt ohne Substanzen» eingeordnet. Das ist die grösste Kategorie. Sie konnten ihren Drogenkonsum «auf null abbauen» und dann aus dem Programm austreten, wie Vogel sagt. Viele von ihnen sehe er seither regelmässig, «die meisten sind bestens integriert».

Finanzierung als Problem

Es klingt wie eine gewisse Ironie. Hört man Jürg Vogel zu, stellt man fest, dass eigentlich er als Standortleiter es war, der unter Beschaffungsstress litt – vor allem in den letzten Jahren. Bei den Ersatzstoffen sei es zum Teil sehr schwierig geworden, sagt er und spricht von Lieferengpässen und Lieferstopps, Zulassungsschwierigkeiten und Preissteigerungen.

Und dann das Geld. Die grössten Herausforderungen für Institutionen wie das Biwak sieht Vogel bei deren Finanzierung. Am Anfang habe der Kanton eine Defizitgarantie geleistet, sagt er. Später wechselte das System, und seither sind die Krankenkassen eingebunden. Die Verträge seien aber sehr komplex, und es werde zunehmend schwierig, über die Runden zu kommen. Manche Leistungen wie solche aus dem Bereich der Sozialarbeit könnten nicht abgerechnet werden. Die Patientinnen und Patienten haben laut Vogel zwar die Möglichkeit, den «normalen» Sozialdienst der Gemeinde in Anspruch zu nehmen. Für viele von ihnen sei das aber eine zusätzliche Hürde, die sie unter Umständen nicht schafften.

Jürg Vogel würde sich wünschen, dass Institutionen wie das Biwak gute Arbeit leisten können und «alle Kosten, die entstehen, sauber verrechnen dürfen – wir arbeiten ja nicht gewinnorientiert».

Die über zwanzig Jahre im Biwak seien für ihn sehr bereichernd gewesen, sagt er. Er habe viele «tolle Begegnungen und spannende Debatten» erlebt – mit Kolleginnen und Kollegen, aber auch mit Patientinnen und Patienten. «Alle haben ihre eigene Geschichte, und diese Geschichten sind sehr vielfältig.»



Seit 2020 neu organisiert

Das Biwak-Ambulatorium war im Mai 2000 in Burgdorf eröffnet worden. Schwer abhängige Drogenkonsumierende erhielten dort nebst Heroin auch sonstige Unterstützung. Später wurde das Angebot mit weiteren Präparaten ergänzt, die Drogen ersetzen können. Die Akzeptanz für diese Therapieform nahm zu; 2010 wurde sie im Betäubungsmittelgesetz verankert. Bekannt sind ähnliche Angebote in Bern (Koda) und Biel (Suprax). Unter anderem der Kostendruck hat dazu geführt, dass die drei Institutionen sich 2020 zusammengeschlossen haben im Verein Behandlungszentren für Suchtmedizin (BZS).

Die drei Betriebe bieten ambulante Suchtbehandlungen für rund 480 schwer abhängige, langjährige Drogenkonsumierende an. Insgesamt beschäftigen sie knapp 80 Personen in etwas über 40 Vollzeitstellen. Neue Standortleiterin in Burgdorf und damit Nachfolgerin von Jürg Vogel ist die Sozialarbeiterin Daniela Pfister; sie ist bereits seit zehn Jahren im Biwak tätig. (db)
(https://www.bernerzeitung.ch/nach-22-jahren-endet-fuer-ihn-der-beschaffungsstress-892692517863)


+++DEMO/AKTION/REPRESSION
Breiter Aufruf vieler Organisationen: 8000 demonstrieren in Bern erneut gegen den Krieg
Am Samstag setzen in Bern erneut Menschen ein Zeichen gegen den Krieg und bekunden ihre Solidarität mit den Menschen in der Ukraine.
https://www.derbund.ch/heute-findet-in-bern-die-naechste-friedensdemo-statt-298749810834
-> https://www.blick.ch/schweiz/bern/nationale-friedenskundgebung-2000-personen-versammeln-sich-in-bern-id17372572.html
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/ukraine-krieg-uber-2000-personen-nehmen-an-berner-friedensdemo-teil-66138605
-> https://twitter.com/VPOD_Schweiz
-> https://www.telebaern.tv/telebaern-news/bern-nationale-friedensdemo-146024972
-> https://tv.telezueri.ch/zuerinews/bern-nationale-friedensdemo-146025088
-> Tagesschau: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/ukraine-krieg-mehrere-tausend-demonstrierten-in-bern?urn=urn:srf:video:955f0c0b-08b6-477d-96ce-b648dd94be0c
-> Demoaufruf: https://www.workzeitung.ch/2022/04/%e2%80%8afuer%e2%80%8aden%e2%80%8afrieden-alle-nach-bern/



derbund.ch 02.04.2022

Gegen Russlands Angriffskrieg: Auch Russen gingen in Bern auf die Strasse

Trotz Schnee und eisigen Temperaturen haben in Bern erneut Tausende ein sofortiges Ende der Kampfhandlungen in der Ukraine und Solidarität mit den Flüchtlingen gefordert.

Benjamin Bitoun

Knapp fünf Wochen dauert der Krieg in der Ukraine an – und zum dritten Mal haben am Samstag Tausende Demonstrantinnen und Demonstranten in Bern ein eindrückliches Zeichen für Frieden gesetzt.

Aufgerufen zur Kundgebung hatte die SP Schweiz gemeinsam mit den Gewerkschaften, den Religionsgemeinschaften, etwa 40 Nonprofit-Organisationen und fast allen Schweizer Parteien mit Ausnahme der SVP.

Schätzungsweise 5000 Menschen waren dem Aufruf gefolgt und versammelten sich am frühen Nachmittag auf der Schützenmatte vor der Reitschule. «Peace»-Friedensflaggen, gelb-blaue Ukraine-Fahnen und Anti-Kriegs- und Anti-Putin-Transparente hochhaltend, setzten sie sich kurz nach 14 Uhr in Bewegung Richtung Bundesplatz.

Auch Russinnen und Russen protestieren

Unter ihnen: Junge Aktivisten und Kriegsgegnerinnen und Sozialisten, aber auch Familien und ältere Menschen, die auf selbst gebastelten Schildern die Absetzung des russischen Präsidenten Wladimir Putin forderten. Sie liefen Seite an Seite mit Schweizer Politikerinnen und Politikern wie Grossrätin Nathalie Imboden (Grüne), Alt-Bundesrätin Ruth Dreifuss oder dem Grünen-Nationalrat Balthasar Glättli.

Auch Russinnen und Russen beteiligten sich an dem Umzug. Drei von ihnen trugen die «neue» Flagge der Russischen Föderation, welche für ein friedlicheres Russland stehen soll; «Putin ist ein Mörder», steht in Grossbuchstaben auf ihrem Schild. Schwierig sei die Situation zu Hause, weil auch die Familien sich über den Angriffskrieg zerstritten hätten, erzählt eine von ihnen. «Manchmal wache ich auf und denke, meine Mutter ist eine Faschistin.» Die Leute in Russland lebten in einer isolierten Welt mit viel Desinformation, fügt sie erklärend hinzu.

Horror-Schilderungen und konkrete Forderungen

Auf dem Bundesplatz angekommen, wandten sich Rednerinnen und Redner an die Versammelten, darunter die zwei Russinnen Anjelika Smirnova, Regisseurin und Vertreterin der demokratischen russischen Opposition, und Katja Glikman, Journalistin bei der auf Druck der russischen Regierung eingestellten «Nowaja Gaseta».

«Die russische Regierung hat uns alle zu Komplizen gemacht», sagt Smirnova. Sie verwandle Russland in ein zweites Nordkorea. Denkende Menschen würden mundtot gemacht, unabhängige Medien abgeschaltet. Smirnova: «Ich spreche für die meisten hier wohnhaften Russen: Wir haben uns diesen Krieg nicht ausgesucht!»

Die Journalistin Katja Glikman fügt hinzu: «Alle Russen werden für die Folgen des Kriegs bezahlen müssen, ob verdient oder nicht. Wir sind dafür verantwortlich, ich bin dafür verantwortlich, durch den simplen Fakt, dass ich Russin bin.»

Konkrete Forderungen an die Schweizer Regierung stellte der ukrainische Botschafter Artem Rybchenko. Er fordert Schutzwesten und Helme für Zivilisten und Ärzte im Kriegsgebiet. Zudem wünscht er sich mehr Sanktionen im Finanzbereich. Jeder Euro, der jetzt noch nach Russland fliesse, müsse gestoppt werden.

Deutlich weniger Teilnehmer als erwartet

Schätzungsweise 8000 Demonstrantinnen und Demonstranten hatten sich gegen Ende der Kundgebung auf dem Bundesplatz versammelt. Das sind deutlich weniger als die 20’000, mit denen die Veranstalter gerechnet hatten.

Stellt sich die Frage: Sind die Menschen in der Schweiz bereits abgestumpft, was den Krieg in der Ukraine anbelangt?

Darüber mögen die Organisatoren nicht mutmassen. Dass im Vergleich zu den beiden letzten Grossdemos diesmal viele zu Hause geblieben sind, habe wohl in erster Linie mit dem schlechten Wetter zu tun, vermutet Rebekka Wyler, Co-Generalsekretärin der SP-Schweiz.

Zudem sei die innenpolitische Situation heute eine andere als vor der ersten Kundgebung. «Weil der Bundesrat nach Ausbruch des Kriegs zunächst zögerte, die internationalen Sanktionen gegen Russland mitzutragen, war die politische Notwendigkeit der ersten Kundgebung deutlich grösser», sagt Wyler.

Die Dringlichkeit habe nicht abgenommen, doch habe sich der Fokus nun auf das Humanitäre verlagert. «Es kommen deutlich mehr Menschen, und sie werden länger bleiben, als wir das zu Beginn gedacht haben», sagt SP-Frau Wyler. Wichtig sei deshalb, dass die Unterstützung und die Solidarität gegenüber den Geflüchteten nicht abbrächen.
(https://www.derbund.ch/auch-russen-gingen-in-bern-auf-die-strasse-967764035634)




Gegen Atomkrieg?: Demonstration mit lauter Musik und Böllern zieht nachts durch Bern
Laut der Polizei kam es zu Ruhestörungen, grössere Zwischenfälle seien aber ausgeblieben. Der Hintergrund der Demonstration ist bisher unklar, das «No Future»-Transparent lässt aber die ungefähre Stossrichtung erahnen.
https://www.20min.ch/story/demonstration-mit-lauter-musik-und-boellern-zieht-nachts-durch-bern-401556132061
-> Videoimpressionen: https://twitter.com/JournalB/status/1510326322064674816


+++POLIZEI DE
Unklare Datenlage Racial Profiling: Wenn das Aussehen verdächtig macht
Behandelt die deutsche Polizei Menschen mit Migrationshintergrund anders als ihre blonden Mitbürger? Die Datenlage ist unklar, aber es gibt Hinweise.
https://www.hr-inforadio.de/programm/themen/datenlage-unklar-racial-profiling-bei-der-polizei,racial-profiling-104.html


+++FRAUEN/QUEER
derbund.ch 02.04.2022

Wegen «Kriegsrhetorik»: Stadt soll Waffenweg umbenennen

Linke Politikerinnen wollen die Stadt Bern «entmilitarisieren» und stattdessen Frauen ehren. Kommen sie damit durch?

Andres Marti, Franziska Rothenbühler(Foto)

Während in der Ukraine täglich Bomben auf Wohngebiete fallen, will man in der Stadt Bern abrüsten. Zumindest diskursiv: In einem kürzlich eingereichten Vorstoss fordern das Grüne Bündnis und die Junge Alternative im Stadtrat die Demilitarisierung von Berns Strassennamen.

«Noch immer» gebe es in der Stadt Bern Strassen, Wege und Plätze, die einen «militärischen Bezug» aufwiesen, so die Motionärin Anna Leissing (GB). Das Bollwerk, die Militärstrasse, Waffen-, Schützen- oder Kanonenweg seien nur einige Beispiele.

Geht es nach Leissing, soll die Stadt diese «militärischen Bezeichnungen» nun mit den Namen von Frauen ersetzen, «die sich zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Kontexten aktiv für den Frieden eingesetzt haben». Zur Debatte stehen nach Leissing auch Strassennamen, die nach Männern benannt sind, welche die patriarchale Geschichtsschreibung gefeiert hat: Guisan, Dufour, Winkelried und andere.

Die Frage, ob die Stadt auch die Kleine und die Grosse Schanze, die Bogenschützenstrasse oder die Napoleonsbrücke umbenennen soll, wollte Leissing nicht beantworten. Die konkrete Umsetzung sei Sache der städtischen Kommission für Strassenbenennung.

Als Pazifistin, die etwa Waffenlieferungen in die Ukraine ablehnt, hat Leissing seit Kriegsausbruch argumentativ einen schweren Stand. Sie selber spricht von «besorgniserregenden Dynamiken» und einer «massiv befeuerten Kriegsrhetorik». Selbst bei einigen Linken stünden nun Aufrüstung, Verteidigung und militärische Sicherheit plötzlich im Vordergrund.

«Reine Symbolik»

Mit der Umbenennungsaktion stossen die Grünen selbst bei liberalen Bürgerlichen auf Unverständnis. Zwar finde er das grundsätzliche Ziel, die Verdienste von Frauen in der Öffentlichkeit besser sichtbar zu machen, «sehr gut», so FDP-Stadtrat Tom Berger auf Anfrage.

«Dass diese Forderung nun aber mit dem Krieg in der Ukraine verknüpft wird, erachte ich wirklich als reine Symbolik, an der Grenze zur Polemik.» Auch ist Berger «grundsätzlich skeptisch», was die Umbenennung von historischen Plätzen und Strassennamen betrifft, da diese helfen, den historischen Kontext dieser Orte zu verstehen.

Dass gerade im Breitenrain- und Wylerfeldquartier besondere viele Strassen militärisch klingen, ist tatsächlich kein Zufall und hängt einerseits mit der dort ansässigen Kaserne zusammen. Andererseits mit dem 1889 aufgehobenen Wylerfeld-Schiessstand. Mit dem neu angelegten Waffenweg wollte der Gemeinderat 1909 an den Schiessstand erinnern. Mit der gleichen Absicht wurden auch die Standstrasse, der Schützenweg, der Zielweg, der Zeigerweg und die Scheibenstrasse benannt.

«Historisches Erbe»

Neu ist das Ansinnen, den Waffenweg umzubenennen, indes nicht. Bereits 2018 forderte in einer interfraktionellen Motion FDP/GLP die Umbenennung des Waffenwegs in Gobat-Weg. Die Stadträtinnen wollten damit den Berner Politiker Charles Albert Gobat ehren, der 1902 den Friedensnobelpreis erhalten hatte.

Der Gemeinderat lehnte die Motion damals aus mehreren Gründen ab: Bestehende Strassennamen müssten im Interesse der Anwohnerschaft beibehalten werden. Für die Betroffenen (am Waffenweg wohnen rund hundert Personen an zwanzig unterschiedlichen Adressen) sei die Umbenennung nämlich mit viel Aufwand verbunden. Zudem dokumentierten Strassennamen die jeweiligen Zeitumstände. Als Teil des historischen Erbes sollten sie deshalb wenn möglich nicht geändert werden.
(https://www.derbund.ch/stadt-soll-waffenweg-umbenennen-707203505612)

Motion Fraktion GB/JA! (Anna Leissing, GB/Nora Joos, JA!): Jetzt ein Zeichen gegen Krieg und Militarisierung setzen und die Friedensarbeit von Frauen sichtbar machen!
https://ris.bern.ch/Geschaeft.aspx?obj_guid=6f705853427d487db6077587983514c1


+++RECHTSPOPULISMUS
Leakte Köppel vertrauliche Informationen? Nun schaltet sich die Bundesanwaltschaft ein
Ein Video von SVP-Nationalrat Roger Köppel gibt zu reden. Dabei geht es um beschlagnahmte Uhren in Russland. Im Raum steht der Vorwurf, dass er das Kommissionsgeheimnis verletzt haben könnte. Nun liegt das Dossier auf dem Tisch der Bundesanwaltschaft.
https://www.watson.ch/schweiz/svp/399944655-leakte-roger-koeppel-vertrauliche-infos-die-bundesanwaltschaft-ermittelt
-> https://www.blick.ch/wirtschaft/razzia-bei-uhrenhersteller-audemars-piguet-in-moskau-bundesanwaltschaft-untersucht-koeppels-aussagen-id17372088.html
-> https://www.handelszeitung.ch/unternehmen/bundesanwalte-prufen-aussagen-von-roger-koppel-zu-razzia-in-moskau
-> https://www.nau.ch/news/schweiz/uber-razzia-bundesanwaltschaft-untersucht-aussagen-von-roger-koppel-66146375


+++RECHTSEXTREMISMUS
«Nazis outen»: Antifa betreibt gesetzeswidrige Website – sagt ein Anwalt
Mit Bild, Namen, Telefonnummer, Wohn- und Arbeitsort zeigt die Gruppe Antifa Neonazis auf einer Website. Betroffene müssten sich das nicht gefallen lassen, sagt Anwalt Martin Steiger.
https://www.watson.ch/!461309708


Ukraine-Krieg: Ein Schlachtfeld für Extremisten?
Der Ukraine-Krieg lockt Extremisten an. Deutsche Verfassungsschützer warnen vor Rechtsextremen, die nun auf Seiten der Ukrainer mitkämpfen wollen – während die russische Armee Unterstützung von tschetschenischen Soldaten erhält.
https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/ukraine-krieg-ein-schlachtfeld-fuer-extremisten,T1edioJ


+++VERSCHWÖRUNGSIDEOLOGIEN
tagblatt.ch 02.04.2022

Satanisten-Zirkel in der Schweiz – Ostschweizer Psychiater sagt: «Ich bin in den 37 Jahren meiner Arbeit noch nie auf rituellen Missbrauch gestossen»

Ideen von Satanisten-Zirkeln, die auf Schweizer Friedhöfen Babys opfern, scheinen unter Psychologen und Psychiatern stärker verbreitet, als man glauben möchte. Der forensische Psychiater Thomas Knecht hat ein einziges Mal in seiner Laufbahn einen Satanisten begutachtet.

Ida Sandl

Die Clienia Littenheid hat einen Oberarzt entlassen, weil er an satanistische Untergrundorganisationen glaubt, die Gräueltaten verüben. Er sagte in einer SRF Dok-Sendung vor laufenden Kameras, dass er bei seiner therapeutischen Arbeit des Öfteren auf Opfer solcher Missbräuche stosse.

Herr Knecht, als forensischer Psychiater beurteilen Sie Straftäter, mitunter auch Opfer von Straftaten. Sie sind oft mit menschlichen Abgründen konfrontiert. Sind Sie bei Ihrer Arbeit schon auf Satanismus oder rituellen Missbrauch gestossen?

Thomas Knecht: Ich habe in den 37 Jahren meiner Arbeit ein einziges Mal einen bekennenden Satanisten begutachtet. Aber selbst der war wegen einer ganz normalen Straftat angeklagt und nicht wegen rituellem Missbrauch.

Sie waren noch nie mit rituellem Missbrauch konfrontiert?

Nein, noch nie. Und ich bin überzeugt, dass es in letzter Zeit und in diesem Land auch keinen rituellen Missbrauch gegeben hat. Rituell würde ja bedeuten, man handelt, um einem jenseitigen Wesen, in diesem Fall Satan, zu huldigen. Selbst Satanisten wie Charles Manson haben ihre Straftaten aus weitaus banaleren Motiven wie Rache oder Geldgier verübt. Rituellen Missbrauch gibt es vor allem in Filmen.

Wie kann es dann sein, dass Psychiater wie der gekündigte Oberarzt von Littenheid oder sein Kreuzlinger Kollege von satanistischen Sekten sprechen, deren Gräueltaten während der Therapie ans Licht kommen?

Es gibt Psychologen und Psychiater, die an rituelle Gewalt glauben. Ich denke, es ist aber nur ein harter Kern, der satanistische Rituale wie die Opferung und Verspeisung von Babys in der Schweiz für möglich hält.

Es ist schwer nachvollziehbar, dass ein Mensch mit abgeschlossenem Studium glaubt, auf Schweizer Friedhöfen würden Babys geopfert und keiner merkt etwas.

Die Beziehung zwischen einem Therapeuten und seinem Klienten ist eine besondere. Sie beruht, wenn man es so nennen will, auf einem Deal. Der lautet: Ich vertraue Dir und Du glaubst mir. Der Klient erzählt dem Therapeuten Dinge, die er sonst niemanden erzählt, auch, weil er negative Reaktionen befürchten müsste. Im Gegenzug akzeptiert der Therapeut die Schilderungen des Klienten, ohne sie zu hinterfragen.

Muss der Therapeut selbst die absurdesten Dinge für wahr halten?

Nein, das muss er nicht. Es gibt das sogenannte False Memory Syndrome, das bereits sehr gut erforscht ist. Es besagt, dass Erinnerungen sehr oft trügerisch sein können. Allerdings wird es von vielen Kollegen zu wenig beachtet. Und auch im Studium hört man kaum davon.

Erinnerungen müssen also nicht immer wahr sein?

Nein. Das menschliche Gedächtnis ist weitaus fehleranfälliger als uns bewusst ist. In frühester Kindheit, bis etwa zum dritten Lebensjahr, ist das Langzeitgedächtnis noch gar nicht funktionstüchtig.

Eine junge Appenzellerin kam während der Therapie zur Überzeugung, ihre Eltern gehören einem satanistischen Zirkel an und haben sie als Kind brutal gequält. Den Eltern hat niemand geglaubt.

Darum ist es wichtig, dass solche Dinge öffentlich werden. Die Gesellschaft und auch die Therapeuten müssen für die Möglichkeit einer solchen Fehlentwicklung sensibilisiert werden.

Was würden Sie Angehörigen raten, wenn sie merken, eine Therapie läuft in die falsche Richtung?

Das Naheliegendste wäre, Kontakt mit Klient und Therapeut aufzunehmen. Leider ist dieser Zugang aber oft verbaut, da die Eltern bereits als Täter gebrandmarkt sind. Der Vorgesetzte der Ärzteschaft ist der Kantonsarzt, er könnte den betreffenden Kollegen – allenfalls vertraulich – zur Ordnung rufen. In der Realität können solche Konflikte aber häufig erst mit einem Gutachten geklärt werden.

Braucht es für Psychotherapien eine stärkere Aufsicht?

Wenn eine Psychotherapie aus dem Ruder läuft, dann muss der Kanton seine Verantwortung wahrnehmen und einschreiten. Es ist genauso wie bei Medikamentenmissbrauch. Psychotherapien haben auch ihre Risiken und Nebenwirkungen.

Thomas Knecht ist forensischer Psychiater und wird oft bei Gerichtsprozessen als Gutachter konsultiert. Er ist Leitender Arzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Herisau.
(https://www.tagblatt.ch/ostschweiz/interview-satanisten-zirkel-in-der-schweiz-ostschweizer-psychiater-sagt-ich-bin-in-den-37-jahren-meiner-arbeit-noch-nie-auf-rituellen-missbrauch-gestossen-ld.2271059)